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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Goldleisten- und Rahmen-Fabrikation (Vom 22. April 1949)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 3, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art, l Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 15. Dezember 1947 und der Zusatzvereinbarung vom 22. Januar 1948 für die schweizerische Goldleisten- und Rahmenfabrikation werden die nachstehend wiedergegebenen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

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Art, 2 Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich auf das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Sie gilt für alle Betriebe, die Kehllisten, fertige Goldleisten, Bilderund Photorahmen herstellen und mindestens drei Arbeiter beschäftigen.

3 Sie erfasst alle gelernten, angelernten und ungelernten Arbeiter.

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Art. 8 Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1949.

Bern, den 22. April 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, F ü r den B u n d e s p r ä s i d e n t e n : Etter Der Bundeskanzler: Leimgruber

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Gesamterbeitsvertrag vom

15. Dezember 1947 für die schweizerische Goldleistenund Rahmen-Fabrikation abgeschlossen zwischen dem Verband der schweizerischen Goldleisten- und Rahmenfabrikanten, dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband und dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen: Ziffer i .

Die normale Arbeitszeit beträgt 48 Stunden in der Woche. Die Einteilung bleibt den einzelnen Betrieben überlassen, in der Regel soll jedoch eine Mittagspause- von wenigstens einer Stunde eingehalten werden.

Ziffer 2 1 AufDas Aufräumen des Arbeitsplatzes und das Versorgen des Werkräumungs- Zeuges haben innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen, sofern diese Verarbeiten richtungen dem betreffenden einzelnen Arbeiter obliegen.

2 Die übrigen allgemeinen Aufräumungsarbeiten können von Handlangern und Hilfsarbeitern ausserhalb der Arbeitszeit verrichtet werden und sind nicht zuschlagspflichtig.

Arbeitszeit

Arbeitslohn

Ziffer 3 Die Mindestlöhne sind unter Einschluss der bisher gewährten Lohnaufbesserungen und Teuerungszulagen wie folgt festgesetzt: a. für Berufs- und Facharbeiter . . . . . . Fr. 2.23 pro Stunde 6. für angelernte Arbeiter » 2.03 » » c. für Handlanger und Hilfsarbeiter . . . . » 1.81 » » d. für Anfänger , » 1.31 » . » e. für angelernte Arbeiterinnen » 1.61 » » /. für Handlangerinnen und Hilfsarbeiterinnen, welche das 20. Altersjahr erreicht haben . » 1.45 » » g, für Handlangerinnen und Hilfsarbeiterinnen unter 20 Jahren » 1.41 » » h. für Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren nach einer Anlernzeit von 2 Monaten » 1.20 » » 2 Die Minimallöhne für Handlangerinnen und Hilfsarbeiterinnen haben Gültigkeit nach Ablauf einer Anlernzeit von 3 Monaten.

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"Als Berufs- und'Facharbeiter gelten diejenigen Arbeiter, welche qualifizierte Arbeit in der Leisten- oder Rahmenfabrikation verrichten und selbständig arbeiten können.

4 Als angelernte Arbeiter gelten diejenigen Arbeiter, die Berufsoder Facharbeit verrichten, nicht mehr Anfänger sind, die Qualifikation des Berufs- oder Facharbeiters jedoch noch nicht erreicht haben. Als Anfänger gelten diejenigen Arbeiter, die in die Berufsarbeiten eingeführt werden, das Alter von 20 Jahren noch nicht erreicht haben und noch nicht 2 Jahre im Betriebe tätig sind.

*Als angelernte Arbeiterinnen gelten diejenigen Arbeiterinnen, welche Berufs- oder Facharbeit verrichten.

8 Schwächliche und minderleistungsfähige Arbeitnehmer fallen bezüglich der Mindestlohnansetzung ausser Betracht; sie haben dagegen Anspruch auf die volle, im Betriebe ausgerichtete Teuerungszulage ihrer Kategorie, 7 Für Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird der Stundenlohn garantiert; massgebend ist der Durchschnittslohn zweier aufeinanderfolgender Zahltagsperioden.

Ziffer 5 *'Überzeit-, Nacht-, Samstagnachmittags-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist nur in nachweisbar dringenden Fällen zulässig.

2 Als Nachtarbeit gilt die Arbeit, die zwischen 20 Uhr und 6 Uhr, als Samstagnachmittagsarbeit diejenige, die am Samstag von 12 Uhr an, als Sonn- und Feiertagsarbeit diejenige, die an den betreffenden Sonnund Feiertagen zwischen 00 Uhr und 24 Uhr verrichtet wird. Die übrige Arbeit, die ausserhalb der normalen Arbeitszeit ausgeführt wird, gilt als Überzeit.

3 Wird Arbeit im Sinne von Absatz l verrichtet, so sind folgende Lohnzuschläge zu entrichten: a. für Überstunden und Arbeit an Samstagnachmittagen .

25 % b. für Nachtarbeit 50 % c. Für Sonntagsarbeit und Arbeit an gesetzlichen Feiertagen 100%

Lohnzuschlage

Ziffer 6 Die Auszahlung des Lohnes findet alle 14 Tage, an einem Werktag Lohnzahlung mit Ausnahme des Samstags, innerhalb der normalen Arbeitszeit statt.

a Als Standgeld dürfen nicht mehr als drei Taglöhne zurückbehalten werden.

Ziffer 7 1 Die Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf beFerien zahlte Ferien. Die Dauer der bezahlten Ferien, beträgt nach Ablauf des 1. Dienstjahres 6 Arbeitstage des 5. DienstJahres .

9 Arbeitstage des 10. DienstJahres 12 Arbeitstage 2 Ein Ferientag wird zu 8 Stunden bezahlt.

3 Als Stichtag für die Berechnung der Dienstjahre gilt der 30. Juni.

Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin, die mindestens 3 Monate im Betrieb beschäftigt sind, haben schon im 1. Dienstjahr Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar einen halben Tag pro Monat der Beschäftigungsdauer, 1

840 4 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen.

Anspruch auf Ferien pro rata vom L Juli an.

5 Bei Betriebseinschränkung oder bei Arbeitsausfall durch Selbstverschulden von mehr als 2 Monaten besteht nur ein Anspruch pro rata auf Ferien.

8 Eine Barentschädigung an Stelle von Ferien ist nicht gestattet.

Schwarzarbeit Bezahlte Feiertage

Ziffer 8 Es ist dem Arbeitnehmer untersagt, während seiner Frei- oder Ferienzeit Berufsarbeiten für Dritte auszuführen.

Ziffer 9 °ie Arbeitgeber sind gegenüber ihren Arbeitnehmern zur EntSchädigung von jährlich 6 Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, verpflichtet.

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2 Die Feiertage, für welche eine Entschädigung bezahlt werden soll, sind im voraus durch Verständigung zwischen Arbeitgeber und Belegschaft festzusetzen.

3 Als Feiertagsentschädigung kommen im allgemeinen folgende Pauschalansätze zur Auszahlung: a. an verheiratete Arbeiter Fr. 16 b. an ledige Arbeiter und alle Arbeiterinnen, die das 20. Altersjahr erreicht haben »12 c. an ledige Arbeiter und Arbeiterinnen unter 20 Jahren .

» 8 4 Im Maximum wird der effektive Lohnausfall vergütet, den der Arbeitnehmer bei Annahme normaler Arbeitszeit am betreffenden Tage erleidet. Die Feiertagsentschädigung ist den Arbeitnehmern jeweils mit dem laufenden Zahltag auszurichten.

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Ziffer 10 aD e Kranken^ Arbeitgeber sind verpflichtet, sämtlichen Arbeitnehmern einen Versicherung Beitrag, an die Krankenkassenprämie zu verabfolgen. Dieser bémisst sich auf Fr. 1.30 wöchentlich.

2 Vorbehalten bleiben Sonderabkommen einzelner Betriebe mit ihrer Arbeiterschaft.

3 Jeder Arbeiter hat sich angemessen gegen den Verdienstausfall infolge Krankheit zu versichern, wobei die wöchentliche Prämie mindestens Fr. l. 95 zu betragen hat.

· 4 Durch die vorerwähnte Beitragsleistung werden die Arbeitgeber von den Verpflichtungen aus Artikel 335 OR befreit.

Kündigung

Ziffer 11 Die ersten 2 Wochen nach der Anstellung gelten als Probezeit, innert welcher das Dienstverhältnis täglich auf das Ende des Arbeitstages gelöst werden kann.

2 Nach der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist, auch im überjährigen Dienstverhältnis, 14 Tage. Sie muss an einem Zahltag oder Samstag abteufen.

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841 Zusatz Vereinbarung vom 21. Januar 1948 betreffend die Kontrolle 1 Die von den Berufsverbänden eingesetzte paritätische Kommission der Goldleisten- und Rahrnenfabrikation kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen durchführen.

2 Bei festgestellter Nichtbezahlung der allgemeinverbindlich erklärten Löhne, Teuerungszulagen, Ferien, Lohnzuschläge, Feiertage und Beiträge an die Krankenkassenprämien hat der Arbeitgeber diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren; überdies hat er 25 % der geschuldeten Nachzahlung in die Kasse der paritätischen Berufskommission für die schweizerische Goldleisten- und Rahmenfabrikation einzuzahlen. Die Nachzahlungen an die Arbeiter haben ebenfalls in die obige Kasse zu erfolgen und werden den Arbeitern direkt von der paritätischen Berufskommission überwiesen. Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindlicherklärung sowie für die Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden. Zum Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 % sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die paritätische Berufskommission als Anspruchsberechtigte einziehen.

'J Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat das Recht, jederzeit die Kassenführung der paritätischen Berufskommission zu kontrollieren und nachzuprüfen, ob die Nachzahlungen an die Arbeiter .weitergeleitet wurden und ob die 25 % ausschliesslich für die vorgeschriebenen Zwecke Verwendung finden, 9511

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Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Goldleisten- und Rahmen-Fabrikation (Vom 22. April 1949)

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28.04.1949

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