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21.075 Botschaft zur Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Gaubünden und Neuenburg vom 3. Dezember 2021

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Graubünden und Neuenburg.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Dezember 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-4028

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Übersicht Der Bundesversammlung wird beantragt, mit einfachem Bundesbeschluss Änderungen in den Verfassungen der Kantone Zürich, Graubünden und Neuenburg zu gewährleisten. Alle Änderungen sind bundesrechtskonform. Die Gewährleistung ist somit zu erteilen.

Nach Artikel 51 Absatz 1 der Bundesverfassung gibt sich jeder Kanton eine demokratische Verfassung. Diese bedarf der Zustimmung des Volkes und muss revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten es verlangt. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels bedürfen die Kantonsverfassungen der Gewährleistung des Bundes.

Steht eine kantonale Verfassungsbestimmung im Einklang mit dem Bundesrecht, so ist die Gewährleistung zu erteilen; erfüllt sie diese Voraussetzung nicht, so ist die Gewährleistung zu verweigern.

Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand: im Kanton Zürich: ­

die Grenzwerte des Finanzreferendums und der Finanzbefugnisse des Kantonsrats und des Regierungsrats;

im Kanton Graubünden: ­

die Einführung des Verhältniswahlrechts zur Wahl des Grossen Rats;

im Kanton Neuenburg: ­

die Nutzung der Windenergie;

­

die Amtsenthebung von Mitgliedern der Exekutiv- und Gerichtsbehörden;

­

die Transportinfrastrukturen.

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Botschaft 1

Die einzelnen Revisionen

1.1

Verfassung des Kantons Zürich

1.1.1

Volksabstimmung vom 7. März 2021

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben in der Volksabstimmung vom 7. März 2021 den Änderungen der Artikel 33, 56 und 68 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 20051 (KV-ZH) betreffend die Grenzwerte des Finanzreferendums und der Finanzbefugnisse des Kantonsrats und des Regierungsrats mit 346 541 Ja gegen 84 349 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 14. April 2021 ersuchen die Regierungspräsidentin und die Staatsschreiberin im Namen des Regierungsrats um die eidgenössische Gewährleistung.

1.1.2

Grenzwerte des Finanzreferendums und der Finanzbefugnisse des Kantonsrats und des Regierungsrats

Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 33 Fakultatives Referendum 1 Dem Volk werden auf Verlangen zur Abstimmung unterbreitet: d. Beschlüsse des Kantonsrates über: 1. neue einmalige Ausgaben von mehr als 6 Millionen Franken, 2. neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich mehr als 600 000 Franken;

Art. 33 Abs. 1 Bst. d 1 Dem Volk werden auf Verlangen zur Abstimmung unterbreitet: d. Beschlüsse des Kantonsrates über: 1. neue einmalige Ausgaben von mehr als 4 Millionen Franken, 2. neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich mehr als 400 000 Franken;

Art. 56

Art. 56 Abs. 1 Bst. d und 2 Bst. a und b 1 Der Kantonsrat beschliesst mit einfachem Mehr über: d. die Veräusserung von Vermögenswerten über 4 Millionen Franken, die öffentlichen Zwecken dienen.

2 Der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen: a. neue einmalige Ausgaben von mehr als 4 Millionen Franken; b. neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich mehr als 400 000 Franken;

Finanzbefugnisse [des Kantonsrats] 1 Der Kantonsrat beschliesst mit einfachem Mehr über: d. die Veräusserung von Vermögenswerten über 3 Millionen Franken, die öffentlichen Zwecken dienen.

2 Der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen: a. neue einmalige Ausgaben von mehr als 3 Millionen Franken; b. neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich mehr als 300 000 Franken;

1

SR 131.211

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Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 68

Art. 68 Abs. 2 Bst. a und b und 3 2 Er beschliesst im Rahmen des Budgets über: a. neue einmalige Ausgaben bis 4 Millionen Franken; b. neue wiederkehrende Ausgaben bis jährlich 400 000 Franken; 3 Er beschliesst über die Veräusserung von Vermögenswerten bis 4 Millionen Franken, die öffentlichen Zwecken dienen.

Finanzbefugnisse [des Regierungsrats] 2 Er beschliesst im Rahmen des Budgets über: a. neue einmalige Ausgaben bis 3 Millionen Franken; b. neue wiederkehrende Ausgaben bis jährlich 300 000 Franken; 3 Er beschliesst über die Veräusserung von Vermögenswerten bis 3 Millionen Franken, die öffentlichen Zwecken dienen.

Nach Artikel 39 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)2 regeln die Kantone die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt im Weiteren deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV).

Die Änderungen der KV-ZH sehen vor, die Grenzwerte des Finanzreferendums für neue einmalige Ausgaben von mehr als 6 Millionen Franken auf mehr als 4 Millionen Franken zu senken und für neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich mehr als 600 000 Franken auf jährlich mehr als 400 000 Franken. Diese Ausgaben bedürfen der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder des Kantonsrats, während der Kantonsrat mit einfachem Mehr über die Veräusserung von Vermögenswerten über 4 Millionen Franken beschliesst, die öffentlichen Zwecken dienen. Schliesslich sehen die Änderungen vor, die Finanzbefugnisse des Regierungsrats für neue einmalige Ausgaben und die Veräusserung von Vermögenswerten, die öffentlichen Zwecken dienen, von bis 3 Millionen Franken auf bis 4 Millionen Franken zu erhöhen und für neue wiederkehrende Ausgaben von jährlich bis 300 000 Franken auf jährlich bis 400 000 Franken.

Die Änderungen betreffen die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen Angelegenheiten und fallen in die kantonale Organisationsautonomie. Sie sind bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.2

Verfassung des Kantons Graubünden

1.2.1

Volksabstimmung vom 13. Juni 2021

Die Stimmberechtigten des Kantons Graubünden haben in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 der Änderung von Artikel 27 Absatz 2 der Verfassung des Kantons Graubünden vom 18. Mai 2003 / 14. September 20033 (KV-GR) betreffend die Einführung des Verhältniswahlrechts zur Wahl des Grossen Rats mit 58 866 Ja ge-

2 3

SR 101 SR 131.226

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gen 15 761 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 2. Juli 2021 ersucht die Kanzleidirektor-Stellvertreterin im Namen der Standeskanzlei Graubünden um die eidgenössische Gewährleistung.

1.2.2

Einführung des Verhältniswahlrechts zur Wahl des Grossen Rats

Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 27

Art. 27 Abs. 2 2 Die Wahl erfolgt nach dem Verhältniswahlverfahren. Das Gesetz kann Mindestquoren und eine Majorzbedingung vorsehen.

Zusammensetzung und Wahl [des Grossen Rats] 2 Die Wahl erfolgt nach dem Mehrheitswahlverfahren.

Die Wahl des Grossen Rats des Kantons Graubünden nach dem Mehrheitswahlverfahren war Gegenstand von BGE 145 I 259 vom 29. Juli 2019. Das Bundesgericht hat in diesem Urteil das Wahlverfahren, wie es im Kanton Graubünden bestand, als teilweise verfassungswidrig beurteilt. Einerseits wird die aus Artikel 34 Absatz 2 BV fliessende Stimmkraft- bzw. Stimmgewichtsgleichheit im Wahlkreis Avers nicht eingehalten, da der Wahlkreis eine zu geringe Bevölkerungszahl und damit im Verhältnis zu den anderen Wahlkreisen ein zu grosses Stimmgewicht aufweist.4 Andererseits beurteilt es die Missachtung der ebenfalls aus Artikel 34 Absatz 2 BV fliessenden Erfolgswertgleichheit in denjenigen Wahlkreisen als unzulässig, die eine schweizerische Wohnbevölkerung von 7000 oder mehr Personen aufweisen, d. h. in den sechs grössten Wahlkreisen des Kantons Graubünden.5 Die Änderung von Artikel 27 Absatz 2 KV-GR sieht im ersten Satz vor, dass die Wahl des Grossen Rats nach dem Verhältniswahlverfahren erfolgt und damit nicht mehr nach dem Mehrheitswahlverfahren. Nach Artikel 27 Absatz 2 zweiter Satz KV-GR kann das Gesetz Mindestquoren und eine Majorzbedingung vorsehen. Die neue Fassung von Artikel 27 KV-GR wird im Bündner Grossratswahlgesetz vom 16. Februar 20216 (GRWG-GR) ausgeführt. Nach Artikel 25 Absatz 1 GRWG-GR wird die Wahl des Grossen Rats nach dem doppelproportionalen Sitzzuteilungsverfahren durchgeführt, das auch als «Doppelter Pukelsheim» bekannt ist.7 Nach Artikel 26 GRWG-GR nimmt eine Listengruppe an der Sitzverteilung nur teil, wenn sie gesamtkantonal auf einen Wähleranteil von mindestens 3 Prozent kommt (Quorum). Nach Artikel 28 Absatz 2 GRWG-GR erhält die stimmenstärkste Liste in einem Wahlkreis mindestens einen Sitz (Majorzbedingung). In Wahlkreisen wie demjenigen von Avers, die nur über einen Sitz verfügen, hat die Majorzbedingung zur Folge, dass in diesen Wahlkreisen grundsätzlich das Mehrheitswahlverfahren Anwendung findet.

Nichtsdestotrotz sieht Artikel 28 Absätze 3 und 4 GRWG-GR vor, dass in Fällen, in denen die Anwendung der Majorzbedingung zu einer Änderung der dem betreffenden Wahlkreis zugewiesenen oder jeder Listengruppe zustehenden Zahl von Sitzen führen 4 5 6 7

Vgl. BGE 145 I 259 E. 7.3.

Vgl. BGE 145 I 259 E. 8.4 f.

BR 150.400 Vgl. BGE 136 I 364 E. 3.1.

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würde, die Majorzbedingung soweit einzuschränken ist, dass die jedem Wahlkreis zugewiesene und jeder Listengruppe gemäss Oberzuteilung zustehende Zahl von Sitzen eingehalten wird. Schliesslich übernimmt Anhang 1 GRWG-GR die bestehenden 39 Wahlkreise, darunter auch den Wahlkreis Avers und die sechs grössten Wahlkreise.

Mit der Änderung von Artikel 27 Absatz 2 KV-GR wechselt der Kanton Graubünden, in der Folge des Appellentscheids des Bundesgerichts,8 für die Wahl des Grossen Rats vom Majorz- zum Proporzverfahren. Die kantonalen Ausführungsbestimmungen lassen darauf schliessen, dass die neue Verfassungsbestimmung bundesrechtskonform angewendet werden kann: Obwohl die Wahlkreise gleich bleiben, sorgt das Sitzzuteilungsverfahren nach dem Doppelten Pukelsheim dafür, dass auf Kantonsebene die Stimmkraft- bzw. Stimmgewichtsgleichheit und die Erfolgswertgleichheit eingehalten werden. Da im Widerspruchsfall die Sitzzuteilung auf die Wahlkreise und die Listengruppen auf Kantonsebene der Majorzbedingung vorgehen, kann auch die Majorzbedingung bundesrechtskonform angewendet werden. Schliesslich sind gesetzliche Mindestquoren ebenfalls bundesrechtskonform.9 Die Änderung von Artikel 27 Absatz 2 KV-GR ist bundesrechtskonform und die Gewährleistung damit zu erteilen.

1.3

Verfassung von Republik und Kanton Neuenburg

1.3.1

Volksabstimmung vom 18. Mai 2014

Die Stimmberechtigten des Kantons Neuenburg haben in der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 der Änderung von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe l und dem neuen Artikel 5a der Verfassung von Republik und Kanton Neuenburg vom 24. September 200010 (KV-NE) betreffend die Nutzung der Windenergie mit 40 624 Ja gegen 19 128 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 26. März 2021 ersucht die Kanzlerin im Namen der Staatskanzlei des Kantons Neuenburg um die eidgenössische Gewährleistung.

8 9

10

Vgl. BGE 145 I 259 E. 9.

Vgl. z. B. § 61 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980, SR 131.227, der von der Bundesversammlung mit Art. 1 Ziff. 4 des Bundesbeschlusses vom 18. Dez. 2008 über die Gewährleistung geänderter Kantonsverfassungen, BBl 2009 555, gewährleistet wurde.

SR 131.233

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1.3.2

Nutzung der Windenergie

Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 5

Art. 5 Abs. 1 Bst. l 1 Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Ergänzung zur Initiative und Verantwortung der übrigen Gemeinwesen und der Privatpersonen nehmen Staat und Gemeinden die ihnen durch das Gesetz übertragenen Aufgaben wahr, namentlich: l. ausreichende, breit gefächerte, sichere und wirtschaftliche Wasser- und Energieversorgung, haushälterischer Umgang mit den nicht erneuerbaren Ressourcen unter Bevorzugung des Energiesparens sowie Förderung der Nutzung einheimischer und erneuerbarer Ressourcen;

Aufgaben von Staat und Gemeinden 1 Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Ergänzung zur Initiative und Verantwortung der übrigen Gemeinwesen und der Privatpersonen nehmen Staat und Gemeinden die ihnen durch das Gesetz übertragenen Aufgaben wahr, namentlich: l. Wasser- und Energieversorgung, haushälterischer Umgang mit den nicht erneuerbaren Ressourcen sowie Förderung der Nutzung erneuerbarer Ressourcen;

Art. 5a Windenergie [Marginalie] 1 Die Errichtung von Windkraftanlagen ist an höchstens fünf Standorten zulässig.

2 Das Gesetz umschreibt die Standorte und bestimmt die Höchstzahl von Windkraftanlagen pro Standort.

Nach Artikel 89 Absätze 1 und 2 BV setzen sich Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ein für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch. Der Bund legt Grundsätze fest über die Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien und über den sparsamen und rationellen Energieverbrauch.

Nach Artikel 75 Absatz 1 BV legt der Bund Grundsätze der Raumplanung fest. Diese obliegt den Kantonen und dient der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes.11 Schliesslich sind die Kantone in Anwendung von Artikel 3 BV zuständig, die kantonalen öffentlichen Aufgaben zu regeln.

Die Änderung von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe l KV-NE sieht vor, dass im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in Ergänzung zur Initiative und Verantwortung der übrigen Gemeinwesen und der Privatpersonen Kanton und Gemeinden die ihnen durch das Gesetz übertragenen Aufgaben wahrnehmen, namentlich die ausreichende, breit gefächerte, sichere und wirtschaftliche Wasser- und Energieversorgung, den haushälterischen Umgang mit den nicht erneuerbaren Ressourcen unter Bevorzugung des Energiesparens sowie die Förderung der Nutzung einheimischer und erneuerbarer Ressourcen. Nach dem neuen Artikel 5a KV-NE ist die Errichtung von Windkraftanlagen an höchstens fünf Standorten zulässig. Das Gesetz umschreibt die Standorte und bestimmt die Höchstzahl von Windkraftanlagen pro Standort.

11

Vgl. auch Art. 10 Abs. 1 des Energiegesetzes vom 30. Sept. 2016, SR 730.0.

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Die vorliegenden Änderungen der KV-NE betreffen die Raumplanung und die Energiepolitik, insbesondere auf dem Gebiet der Windenergie. Sie fallen in die Kompetenz der Kantone, die kantonalen öffentlichen Aufgaben zu regeln, und die Kompetenzen, welche die Artikel 75 Absatz 1 und 89 Absätze 1 und 2 BV den Kantonen belassen.

Sie sind bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

1.3.3

Volksabstimmung vom 30. November 2014

Die Stimmberechtigten des Kantons Neuenburg haben in der Volksabstimmung vom 30. November 2014 den neuen Artikeln 50a und 95 Absatz 6 KV-NE betreffend die Amtsenthebung von Mitgliedern der Exekutiv- und Gerichtsbehörden mit 43 455 Ja gegen 4498 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 26. März 2021 ersucht die Kanzlerin im Namen der Staatskanzlei des Kantons Neuenburg um die eidgenössische Gewährleistung.

1.3.4

Amtsenthebung von Mitgliedern der Exekutivund Gerichtsbehörden

Bisheriger Text

Neuer Text Art. 50a Amtsenthebung [Marginalie] Das Gesetz kann die Amtsenthebung von Mitglieder des Staatsrates und der richterlichen Behörden vorsehen, ebenso wie die Abberufung des Staatsrates. Es regelt das Verfahren und die Voraussetzungen.

Art. 95

Organisation

Art. 95 Abs. 6 6 Das Gesetz kann die Amtsenthebung von Mitgliedern des Gemeinderats vorsehen. Es regelt das Verfahren und die Voraussetzungen.

Nach den Artikeln 122 Absatz 2 und 123 Absatz 2 BV sind für die Organisation der Gerichte und die Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen die Kantone zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Nach Artikel 50 Absatz 1 BV ist die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet. In die Souveränität der Kantone nach Artikel 3 BV fällt auch deren Organisationsautonomie. Der Bund beachtet diese (Art. 47 Abs. 2 BV). Nach den neuen Artikeln 50a und 95 Absatz 6 KV-NE kann das Gesetz die Amtsenthebung von Mitglieder des Staatsrates, des Gemeinderats und der richterlichen Behörden vorsehen, ebenso wie die Abberufung des Staatsrates. Es regelt das Verfahren und die Voraussetzungen. Die vorliegenden Änderungen der KV-NE fallen in die Organisationsautonomie der Kantone und die Kompetenzen, welche die Artikel 50 Absatz 1, 122 Absatz 2 und 123 Absatz 2 BV den Kantonen belassen. Sie sind bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

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1.3.5

Volksabstimmung vom 28. Februar 2016

Die Stimmberechtigten des Kantons Neuenburg haben in der Volksabstimmung vom 28. Februar 2016 dem neuen Artikel 5b KV-NE und den dazugehörenden Übergangsbestimmungen betreffend die Transportinfrastrukturen mit 54 664 Ja gegen 10 277 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 26. März 2021 ersucht die Kanzlerin im Namen der Staatskanzlei des Kantons Neuenburg um die eidgenössische Gewährleistung.

1.3.6 Bisheriger Text

Transportinfrastrukturen Neuer Text Art. 5b Transporte [Marginalie] 1 Der Unterhalt und der Ausbau der Transportinfrastrukturen werden durch eine langfristige und umfassende Mobilitätspolitik bestimmt.

2 Diese bevorzugt die Komplementarität von Transportarten, den Anschluss aller Regionen des Kantons und die Verbindungen nach ausserhalb.

3 Das Gesetz umschreibt die Modalitäten zur Umsetzung der umfassenden Mobilitätspolitik.

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. Dezember 2015 1 Um im Gesamtrahmen des Projekts «RER neuchâtelois» unverzüglich eine direkte Eisenbahnverbindung zwischen Neuenburg und La Chaux-de-Fonds zu realisieren, im Falle eines positiven Bescheids des Bundes über die finanzielle Beteiligung an dieser Infrastruktur, ist der Kanton Neuenburg oder eine von ihm beauftrage Finanzierungsgesellschaft befugt, einen Kredit aufzunehmen und die Schuldzinsen zu übernehmen.

2 Das Gesetz umschreibt die Finanzierungsmodalitäten und die entsprechenden Fälligkeiten.

3 Die vorliegenden Übergangsbestimmungen sind anwendbar, bis die mit der direkten Eisenbahnverbindung verbundenen Schuldzinsen abschliessend bezahlt sind.

4 Der Grosse Rat stellt den Zeitpunkt des Abschlusses per Dekret fest, dessen Verkündung die Aufhebung der vorliegenden Übergangsbestimmung bewirkt.

Nach Artikel 87 BV ist die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr, die Seilbahnen und die Schifffahrt Sache des Bundes. Nach Artikel 83 Absatz 1 BV sorgen Bund und Kantone für eine ausreichende Strasseninfrastruktur in allen Landesgegenden. Bund 9 / 10

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und Kantone sorgen für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen in allen Landesgegenden (Art. 81a Abs. 1 BV). Nach Artikel 87a Absätze 1 und 3 BV trägt der Bund die Hauptlast der Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur. Die Kantone beteiligen sich angemessen daran.

Nach dem neuen Artikel 5b KV-NE werden der Unterhalt und der Ausbau der Transportinfrastrukturen durch eine langfristige und umfassende Mobilitätspolitik bestimmt. Diese bevorzugt die Komplementarität von Transportarten, den Anschluss aller Regionen des Kantons und die Verbindungen nach ausserhalb. Das Gesetz umschreibt die Modalitäten zur Umsetzung der umfassenden Mobilitätspolitik. Die dazu gehörenden Übergangsbestimmungen sehen insbesondere vor, dass der Kanton Neuenburg oder eine von ihm beauftrage Finanzierungsgesellschaft befugt ist, einen Kredit aufzunehmen und die Schuldzinsen zu übernehmen, um im Gesamtrahmen des Projekts «RER neuchâtelois», im Falle eines positiven Bescheids des Bundes über die finanzielle Beteiligung an dieser Infrastruktur, unverzüglich eine direkte Eisenbahnverbindung zwischen Neuenburg und La Chaux-de-Fonds zu realisieren.

Die vorliegenden Änderungen der KV-NE fallen in die Kompetenzen, welche die Artikel 81a Absatz 1, 83 Absatz 1 und 87a Absatz 3 BV den Kantonen belassen. Sie widersprechen weder den Artikeln 87 und 87a Absatz 1 BV noch dem in diesen Bereichen anwendbaren Bundesrecht. Sie sind bundesrechtskonform und damit zu gewährleisten.

2

Rechtliche Aspekte

2.1

Bundesrechtskonformität

Die Prüfung hat ergeben, dass die Änderungen der Verfassungen der Kantone Zürich, Graubünden und Neuenburg die Anforderungen von Artikel 51 BV erfüllen. Somit ist ihnen die Gewährleistung zu erteilen.

2.2

Zuständigkeit der Bundesversammlung

Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 51 Absatz 2 und 172 Absatz 2 BV für die Gewährleistung zuständig.

2.3

Erlassform

Die Gewährleistung erfolgt mit einfachem Bundesbeschluss, da weder die BV noch ein Gesetz das Referendum vorsehen (vgl. Art. 141 Abs. 1 Bst. c i. V. m. Art. 163 Abs. 2 BV).

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