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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom

11. Januar 1889.)

Durch Urtheil des aargauischen Obergerichts vom 17. Dezember 1886 wurde Wachtmeister N. in Z. mit zwei Tagen Gefängniß bestraft, weil er sich als Bürger betrügerischer Handlungen schuldig gemacht hatte. Auf Antrag des Bataillonskommandos wurde derselbe überdies von der Militärdirektion des Kantons Aargau degradirt, als aktiver Militär in den Kontrolen gestrichen und der Besteuerung unterworfen. Das schweizerische Militärdepartement hob auf Beschwerde N.'s dessen Kassation als Soldat auf, da er durch das obergerichtliche Urtheil seiner bürgerlichen Rechte und Ehren nicht verlustig erklärt worden sei, bestätigte dagegen dessen Degradation.

Gegen den letztern Entscheid des schweizerischen Militärdepartements, soweit er die Degradation betrifft, führt N. Besehwerde beim Bundesrath. Auf dieselbe wird jedoch nicht eingetreten, gestützt auf folgende Erwägungen: Wachtmeister N. hat sieh außer Dienst einer unredlichen Handlung schuldig gemacht und ist dafür gerichtlich bestraft worden.

Durch diese Handlung hat er sich unwürdig erzeigt, fernerhin einen Grad in der Armee zu bekleiden. Die Degradation ist daher materiell vollständig gerechtfertigt, und zwar um so mehr, als bei schweizerischen Verhältnissen die Bekleidung eines Grades wesentlich von der Ehrenhaftigkeit des Betreifenden abhängig und beim Fehlen dieser Ehrenhaftigkeit die nöthige Autorität von vornherein nicht vorhanden ist. In formeller Beziehung ist die Militärdirektion des Kantons Aargau zur Degradation vollständig befugt gewesen, indem nach Art. 181 des Militärstrafgesetzbuches ihr dieses Recht unbedingt zustand. Ein Grund zur Intervention durch den Bundesrath liegt demnach nicht vor.

Mittelst Eingabe vom 11. Oktober v. J. hat die Direktion der Nordostbahn Beschwerde geführt gegen eine Verfügung der Regierung des Kantons Thurgau, vom 8. September 1888, wodurch genannte Behörde, wesentlich auf das thurgauisehe Straßengesetz sich stützend, die Straßenstrecke vom Unterdorfe in Weinfelden nicht bloß bis

133 zur dortigen Station, sondern auch längs derselben, resp. über den Stationsvorplatz bis zur Landstraße Weinfelden-Rothenhausen als Straße II. Klasse erklärt und die Direktion der Nordostbahn eingeladen hatte, sich bei der Ausmarkung des Straßengebietes vor dem Stationsgebäude vertreten zu lassen. Die Nordostbahn stellt das Gesuch, der Bundesrath wolle erklären, die Regierung des Kantons Thurgaii sei nicht berechtigt, irgend einen innert der Bahnvermarkung liegenden Theil des Stationsplatzes Weinfelden oder der Einfahrt in denselben als öffentliche Straße zu erklären und als solche zu vermarken.

Der Bundesrath hat diese Beschwerde als begründet erklärt.

(Vom 15. Januar 1889.)

Der Situationsplan und das Längenprofil für die Strecke von Visp bis zur Gemeindegrenze Visperterbinen-Zeneggen und die Normalquerproftle für den Unterbau der ganzen Bahn Visp-Zermatt sind mit gewissen Vorbehalten genehmigt worden.

Das von der Regierung von Bern gestellte Gesuch um Erhöhung des im Jahr 1880 für die Berechnung des Bundesbeitrages an die Kosten von Verbauungsarbeiten am Riedernbache zu Oberhofen festgesetzten Prozentsatzes von 33 Va auf den in solchen Fällen nunmehr üblichen Beitrag von 40 °/o wird abgewiesen, da der Konsequenzen halber auf frühere Subventionsbeschlüsse nicht mehr zurückgekommen werden dürfe.

Von der Ansicht ausgehend, daß die Ausführung des Rheindurchstiches bei Fussach einen ungünstigen Einfluß auf die Wasserstände des Bodensee's ausüben werde, und unter Hinweis auf die Nachtheile, welche dies für die thurgauischen Ufer am Untersee veranlaßen könnte, wie denn auch auf die s. Z. bezüglich Regulirung dieser Wasserstände stattgehabten Projektirungen .und Verhandlungen, stellt die Regierung des Kantons Thurgau mit Schreiben vom 7. Dezember 1888 das Ansuchen, der Bundesrath möchte sich dafür verwenden, daß gleichzeitig mit dem Staatsvertrage mit Oesterreich betr. den genannten Rheindurchstich ein solcher auch zwischen den Uferstaaten des Bodensee's über die Senkung der Hochwasser dieses letztern zu Stande komme.

Da bei den früheren Verhandlungen die Initiative von dem großherzoglich badischen Staatsministerium ausging, wird dieses um

134 Mittheilung seiner Anschauungsweise über eine Wiederaufnahme bezüglicher Verhandlungen ersucht.

Dem Kanton Graubünden wird an die auf Fr. 124,900 veranschlagten Kosten der Korrektion des Vorderrheins hei Ilanz und an die zu Fr. 3960 veranschlagten Kosten für Wuhrverstärkungen am Vorderrhein bei Somvix ein Bundesbeitrag von 40 °/o zugesichert.

(Vom 18. Januar 1889.)

Der Bundesrath genehmigte das MilitTirschultableau pro 1889.

Da die Zahl der freiwilligen Schießvereine im Jahr 1888 gegenüber 1887 um zirka 70 und die Zahl der auf einen Bundesbeitrag von Fr. 3 berechtigten Mitglieder sich um zirka 2500 vermehrt hat, wird der bewilligte Kredit von Fr. 230,000 um beinahe Fr. 10,000 überschritten. Die Uebersehreitung wird im Rechenschaftsbericht begründet werden.

Als Direktor der Alkohol Verwaltung ist Herr E. W. M i 11 i e t, von Basel, zurzeit Direktor des statistischen Bureau und interimistischer Direktor der Alkoholverwaltung, gewählt worden.

In Nr. 50 der in Berlin herausgegebenen Zeitschrift für das Versicherungswesen, vom 22. Dezember abbin, hat das eidg. Versicherungsamt ein Regulativ abgedruckt gefunden, nach welchem die Basler Lebensversieherungsgesellschaft in Basel beschlossen haben soll, das Kriegsrisiko für ihre dem deutsehen Landheere und der deutschen Marine angehörenden Versicherten nach dem gleichen System zu übernehmen wie für die Schweiz. Versicherten.

Dieses System besteht darin, daß die Gesellschaft sich zur Ausbezahlung der Versicherungssummen von im Kriege Gefallenen bis zum Maximum von Fr. 25,000 per Police verpflichtet, ohne vor dem Kriege eine Extraprämie zu erheben. Nach dem Kriege wird von den gegen Kriegsgefahr Versicherten zur Deckung der Kriegsschäden ein Beitrag von höchstens 5°/o ihrer Versicherungssumme einkassirt. Der allfällige Mehrbetrag des Schadens fällt der Gesellschaft zur Last.

135 Da die Gesellschaft unterlassen hatte, die bezügliche Beschlußfassung dem Bundesrathe zur Einsicht und Genehmigung vorzulegen, ein solches Verfahren aber den Art. 2, 3 und 4 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens und der Ziff. 2 der bundesräthlichen Konzessionsbedingungen widerspricht, so hat diese Behörde der Gesellschaft untersagt, weitere Schritte zur Vollziehung ihres neuen Kriegsversicherungsregulativs für Deutschland .zu thun, ehe dasselbe ihre Genehmigung erhalten habe.

Dem vom Verwaltungsrath der Berner Oberland- Bahnen für ·die Linien Interlaken (Zollhaus)-Lauterbrunnen und ZweiltltechinenGrindelwald vorgelegten Finanzausweis wird vorbehaltlich immerhin des Entscheides über die Baupläne, sowie nach Bauvollendung über die Baurechnung die Genehmigung ertheilt.

Der Bundesrath wählte: (am 15. Januar 1889) als Telegraphist in Ölten : Hrn. Emil Sommer, von Sumiswald (Bern), bisher Telegraphist in Schaffhausen ; (am 18. Januar 1889) als Hülfsinstruktor des Genie: Hrn. FeldweibelEmil Maillard, von Siviriez, in Bulle; ,, Postkommis in Bern : ,, Johann Emil Keller, von Bonaduz (Graubünden), Postaspirant, in Bern.

Anleihens-Conyersion der

eidgenössischen Alkoholverwaltung.

Bundesbeschluß d. d. 29. Juni 1887.

1. Das Anleihen beträgt Fr. 6,000,000. -- und wird in Obligationen von Fr. 1000. -- ausgegeben, welche auf den Inhabeilauten.

Einschreibungen auf den Namen finden nicht statt.

136 2. Die Obligationen sind jährlich zu 3 1/2% verzinslich und mit je am 30. Juni und 31. Dezember verfallenden halbjährlichen Coupons versehen, deren erster am 30. Juni 1889 fällig wird.

3. Das Anleihen ist am 31. Dezember 1898 rückzahlbar.

Die Eidgenossenschaft behält sich jedoch das Recht vor, vom Jahr 1890 an, alljährlich auf den 31. Dezember, höchstens 10°/o des Nominalbetrages zurückzubezahlen.

Die zurückzuzahlenden Obligationen werden durch öffentliche Ausloosung bestimmt, welche jeweilen im Monat September stattfindet,

4. Kapital- und Zinszahlung erfolgen kostenfrei bei der eidgStaatskasse in Bern, sowie bei sämmtlichen Hauptzoll- und Kreispostkassen; in Paris bei der Banque de Paris et des Pays-Bas, in Straßburg bei der Bank für Elsaß und Lothringen, in Frankfurt a. M.

bei der Filiale der Bank für Handel und Industrie und in Berlin bei der Internationalen Bank.

5. Der Emissionskurs ist auf 102 1/4°/o festgesetzt. Die Inhaber der 3°/o einjährigen Kassascheine genießen bis auf den Betrag ihrer Forderung von Fr. 5,200,000. -- das Recht zur Conversion.

Die verbleibende Restanz des Anleihens, sowie ein allfälliger durch die Conversion nicht gedeckter Betrag desselben sind zum Emissionskurse übernommen.

6. Conversions-Anmeldungen, wozu die Formulare vom Finanzdepartement geliefert werden, sind demselben spätestens bis zum 25. dieses Monats nächsthin ausgefüllt einzureichen.

7. Den Inhabern der konvertirten Kassascheine werden gegen Rückgabe derselben, sowie gegen Vergütung der Kursdifferenz und des Marchzinses auf Verfallzeit die definitiven Titel ausgehändigt.

B e r n , den 3.Januar 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rillgier.

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19.01.1889

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