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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über einen Rekurs der Wittwe G a r a t t a , betreffend kostenfreie Wiedereinbürgerung in Genf.

(Vom 11. April 1889.)

Tit.

Am 25. vorigen Monats übermittelte uns das Präsidium des Nationalrathes zum Bericht einen Rekurs der Wittwe des Charles Garatta in Genf an die Bundesversammlung gegen unsere Weigerung, derselben kostenfrei und unter Nachlaß der gesetzlichen Gebühren die Bewilligung zu ertheilen, das Genferbürgerrecht wieder zu erwerben. Die Wittwe Garatta ist eine geborne Schweizerin, geb. am 24. Dezember 1842; sie verheiratete sich im Jahr 1871 mit einem italienischen Arbeiter, namens Charles Garatta, der am 25. Juni 1887 verstarb.

In ihrer langen Eingabe beschwert sich die Rekurrentin zunächst über die Verzögerung der Prüfung ihres Naturalisationsbegehrens. Diese Beschwerde ist aber augenscheinlich unbegründet, da dieses dem Departement des Auswärtigen am 21. Dezember 1887 mitgetheilte Begehren durch Beschluß vom 2. März abhin erledigt werden konnte.

* Sodann reklamirt die Wittwe Garatta gegen den Kanzler des Staatsrathes von Genf, der sich geweigert haben soll, ihr die Rechte einer Genferbürgerin wieder zu verleihen, ohne unsere vorgängige Bewilligung, und gegen uns, die wir hätten erklären sollen, daß diese Bewilligung nicht nöthig sei. Diese Thatsachen sollen, der Rekurrentin zufolge, eine Verletzung der Genferverfas-

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sung involviren. Da DUQ das Bundesgesetz vom 3. Juli 1876 über Erwerbung des Schweizerbürgerrechts alle entgegenstehenden kantonalen Gesetze aufhebt und in Avt. 9 ausdrücklich bestimmt, daß für die Wiedereinbürgerung unsere Bewilligung erforderlich ist, so sind die Reklamationen der Wittwe Garatta, die durch ihre Heirat Italienerin geworden ist, offenbar unbegründet. Uebrigens bemerken wir, daß die Rekurrentin über diese zwei Punkte keine Anträge gestellt hat; doch haben wir ihre Beschwerde auch in diesen zwei Beziehungen widerlegen wollen.

Was die Hauptsache, nämlich das Begehren betrifft, es solle der Rekurrentin die Taxe von Fr. 35 erlassen werden, die von ihr für die Bewilligung zum Wiedererwerb des Schweizerbürgerrechts bezogen worden ist, so kann dasselbe nicht berücksichtigt werden. Die Taxe ist durch das Gesetz vom 10. Juni 1879 über Kanzleisporteln (Amtl. Samml. n. F. IV, 335) bestimmt. Während dieses Gesetz den Nachlaß der ändern Kanzleisporteln in Fällen von Dürftigkeit gestaltet, schweigt dasselbe über die Taxe für diese Bewilligung. Damit ist der Wille des Gesetzgebers, weder eine Erlassung noch 'eine Reduktion dieser Gebühr zu gestatten, klar bekundet. Diese scheinbare Strenge des Gesetzes rechtfertigt sich dadurch, daß die Schweiz keinerlei Interesse hat, Dürftigen das Schweizerbürgerrecht zu verleihen.

Wir fügen noch bei, daß die Rekurrentin sich ein Armuthszeugniß erst dann hat ausstellen lassen,' als sie ihr Nat uralisations begehren stellte, und daß sie die gesetzlichen Formalitäten für den.

Genuß der Portofreiheit nicht erfüllt hat.

Aus diesen Gründen haben wir die Ehre, bei Ihnen, Tit., don Antrag zu stellen, es sei der Rekurs der Wittwe Garatta als unbegründet abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die erneuerte Versicherung ausgezeichneter Hochachtung.

B e r n , den 11. April 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathest Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über einen Rekurs der Wittwe Garatta, betreffend kostenfreie Wiedereinbürgerung in Genf. (Vom 11. April 1889.)

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01.05.1889

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