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Bundesgesetz betreffend

das Telephonwesen.

(Vom 27. Juni 1889.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 36 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 13. November 1888, beschließt: Art. 1. Die Errichtung und der Betrieb von Telephonanlagen-bildet einen Theil des Telegraphenwesens (Art. 36 der Bundesverfassung) und wird dem Geschäftskreis der Telegraphenverwaltung zugewiesen.

Die auf das Telegraphenwesen bezüglichen Bestimmungen des Bundesstrafrechtes finden auch auf das Telephonwesen Anwendung.

Art. 2. Für die Vermittlung des telephonischen Verkehrs sind bestimmt: a. die Telephonnetze der einzelnen Ortschaften; b. die Gemeindestationen ; c. die Netzverbindungen.

885 Art. 3. Jedermann hat das Recht, den Beitritt zu einem bestehenden Telephonnetz zu verlangen, insofern die Errichtung und Verbindung der verlangten Station auf dem dazu bezeichneten Grundstück ungehindert und unentgeltlich erfolgen kann.

Neue Netze werden erstellt, sobald die Uebernahme der Stationen durch schriftliche Verpflichtung der Theilnehmer gesichert ist.

Oeffentliche Sprechstationen werden in einem Netze errichtet, wenn nach dem Ermessen des Bundesrathes das Bedürfniß hiefür vorhanden ist. Die Stationsinhaber werden durch einen vom Bundesrath zu bestimmenden Antheil an den Taxen für die Ueberlassung des Lokals und die Dienstbesorgung entschädigt.

Art. 4. Gemeindestationen werden in Gemeinden ohne Telephonnetz im Anschluß an das Telephonnetz oder an das Telegraphenbureau einer ändern Gemeinde unter folgenden Bedingungen errichtet : a. Die betreffende Gemeinde bezahlt eine fixe jährliche Gebühr von 120 Franken nebst allfälligem Distanzzuschlag (Art. 12 A, d, und 13) b. Sie stellt ein geeignetes Lokal zur Verfügung und läßt durch einen auf ihren Vorschlag von dem Post- und Eisenbahndepartement zu ernennenden Angestellten den Dienst auf ihre Kosten besorgen.

c. Die gesetzlich vorgeschriebenen Taxen werden zu Händen des Bundes bezogen und verrechnet.

d. Die Gemeinde erhält als Entgelt ihrer Ausgaben einen vom Bundesrath festzusetzenden Antheil an den bezogenen Taxen und ist im Weitern berechtigt, von jedem abgehenden Telegramm neben der gesetzlichen Telegraphentaxe und der in Artikel 12, lit. B$ b, und Artikel 13, lit. c, bezeichneten Gebühr einen Zuschlag von 15 Centimes zu eigenen Händen zu erheben. Ankommende Telegramme sind vorbehaltlich allfälliger Expressengebühren unentgeltlich zu bestellen.

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Art. 5. Der Bundesrath entscheidet über die Frage, welche Netze unter sich verbunden werden sollen. Er ist berechtigt, von Gemeinden, welche eine solche Verbindung wünschen, die Garantie eines bestimmten Minimalertrages der Verbindungslinie zu verlangen.

Netzverbiadungen dürfen nicht erstellt werden, wenn dadurch der Verkehr auf den bestehenden Linien oder deiBau noch ausstehender wichtiger Verbindungen beeinträchtigt wird.

Art. 6. Die aus der Aufnahme in ein Telephonnetz hervorgehenden Rechte und Pflichten beginnen mit dem Tage, welcher auf die Uebergabe des in betriebsfähigem Zustande befindlichen Stationsapparates folgt.

Unter der Bedingung einer monatlichen Voranzeige kann jeder Theilnehmer seinen Rücktritt erklären ; erfolgt derselbe im Laufe des ersten Jahres, so ist eine Entschädigung von Fr. 40, im zweiten eine solche von Fr. 20 zu bezahlen.

Beträgt die Entfernung zwischen einer Station und der Centralstation mehr als 2 Kilometer, so ist nebstdem eine Entschädigung für die Linienanlage zu bezahlen, und zwar im ersten Jahre Fr. 30, im zweiten Fr. 20 für je 100 Meter Mehrlänge.

a.

b.

c.

d.

Art. 7. Jeder Theilnehmer hat das Recht: zum Verkehr mit den Stationen des eigenen Netzes; zum Verkehr mit denjenigen der angeschlossenen Netze ; zur Bestellung von Mittheilungen, welche der Telephon-Centralstation telephonisch aufgetragen und durch Boten schriftlich an den Adressaten bestellt werden (Phonogramme) ; zur Abgabe und zum Empfang von Telegrammen durch Vermittlung der Centralstation, insofern diese mit dem Telegraphenbüreau verbunden ist.

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Die Verwaltung verpflichtet sich dem Inhaber einer Station gegenüber weder für den Fortbestand der übrigen Stationen, noch für denjenigen der Netzverbindungen (litt, a und b).

Art. 8. Der Theilnehmer ist verpflichtet, die ihm anvertrauten Stationsapparate, sowie die im Innern der Wohnung befindliche Leitung gegen jede Beschädigung zu schützen,, und hat für den Schaden zu haften, welcher der Verwaltung durch sein eigenes oder eines Dritten Verschulden erwächst.

Art. 9. Die mit einem Telephonnetz verbundenen Gemeindestationen, sowie die öffentlichen Sprechstatiouen stehen Jedermann für den gleichen Verkehr zur Verfügung, welcher den Inhabern der übrigen Stationen des Netzes gemäß Art. 7 zusteht.

Die übrigen Gemeindestationen haben, wie die öffentlichen Telegraphenbüreaux, die Abgabe und den Empfang, der Telegramme zu besorgen.

Art. 10. Die Netzverbindungen dienen zum Verkehr mit den einzelnen Stationen der unter sich verbundene» Netze (Art. 7, litt. b). Für Anstände und Störungen, die daraus entstehen, daß eine Netzverbindung verlangt wird, welche durch Zwischenstationen geht, übernimmt die Verwaltung keine Verantwortlichkeit (Art. 16).

Art. 11. Die Gesuche um Benützung der öffentlichen Stationen, sowie der Gemeindestationen und der Netzverbindungen (Art. 7,- litt, b), werden nach der Reihenfolge der Anmeldungen erledigt.

Wenn weitere Anmeldungen dritter Personen vorliegen,, so darf die Dauer eines Gespräches nicht mehr als drei Minuten betragen und die gleiche Person bei nicht mehr als zwei Gesprächen nacheinander betheiligt sein.

Amtlichen Mittheilungen politischer und polizeilicher Behörden muß auf Verlangen der Vorrang vor allen übrigen, sowie unbeschränkte Zeitdauer eingeräumt werden.

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Art. 12. Die Inhaber von Telephonstationen haben folgende Gebühren zu entrichten: A.

Für den Verkehr zwischen den Stationen eines Telephonnetzes (Art. 7, a) beträgt die Jahresgebühr: a. vom Zeitpunkte des Beitrittes (Art. 6) bis zum Beginn des nächsten Kalenderhalbjahres, und in gleicher Weise während des ersten darauffolgenden Jahres: Fr. 120 b. für das zweite Jahr ,, 100 c. für die folgenden Jahre ,, SO Diese Gebühren werden halbjährlich auf 1. Januar und 1. Juli vorausbezahlt.

Die Gebühren für die bereits vorhandenen Stationen werden je nach der Dauer ihres Bestandes im Sinne von litt, b und c hievor ermäßigt.

In folgenden Fällen werden jährliche Zuschläge erhoben: ·d. Wenn die Station mehr als 2 Kilometer von der Centralstation entfernt ist, für je 100 Meter Mehrlänge Fr. 3.

Der Bundesrath wird in jeder Ortschaft, unter Berücksichtigung der Interessen der Mehrzahl der Einwohner, den Ausgangspunkt für die Berechnung der Entfernungen festsetzen.

e. Wenn die von einer Station verlangten und ausgeführten Verbindungen mit ändern Stationen die Zahl von 800 übersteigen, so beträgt der Zuschlag für jedes weitere Hundert Verbindungen, sowie für Bruchtheile dieser Zahl Fr. 5.

B. e. Die Gebühr für Abnahme und Zustellung einer jeden Mittheilung an Dritte (Phonogramme) (Art. 7, c) beträgt für jedes Wort l Ct.

nebst einer fixen Grundtaxe von . . 20 Centimes mit allfälliger Aufruudung des Gesammtbetrages.

Bei Entfernungen von mehr als einem Kilometer werden überdies die für den Telegrapheuverkehr festgesetzten Zuschläge erhoben.

b. Für die telephonische Abgabe und die Empfangnahme eines Télégrammes (Art. 7, d) 10 Cts.

889 Die jährlichen Gebühren und Entschädigungen für besondere Einrichtungen (Umschaltvorrichtungen, kombinirte Verbindungen, Zusatzapparate u. dgl.), sowie diejenigen für konzedirte Telephonverbindungen und Stations Verlegungen werden vom Bundesrath festgesetzt.

Die von den Telephonbeamten geführten Verzeichnisse über die Verbindungen (A. litt, e}, die Phonogramme (£. litt, a) und die Telegramme (B. litt, b) sind unter Vorbehalt des Gegenbeweises für die Berechnung der Gebühren maßgebend.

Art. 13. Auf den Gemeindestationen und öffentlichen 'Sprechstationen werden folgende Gebühren erhoben : a. Die Gebühren für den Verkehr mit den Stationen des eigenen Netzes (Art. 9 und Art. 7, a) werden nach der Dauer der Verbindungen berechnet, in der Weise, daß für eine Dauer von je drei Minuten oder einen Bruchtheil dieser Zeit 10 Cts. erhoben werden.

b. Für Mittheilungen au Dritte gilt die Bestimmung des Art. 12, B, a; c. für die Abgabe von Telegrammen diejenige des Art. 12, B, b.

Art. 14. -Die Gebühr für die Benutzung der N e t z ' v e r b i n d u n g e n zum Zwecke des Verkehrs mit den Stationen angeschlossener Netze (Art. 7, litt, b, und Art. 9) beträgt für je drei Minuten oder einen Bruchtheil dieser Zeit: 30 Cts. bis auf eine Entfernung von 50 Kilometer; 50 Cts. bis auf eine Entfernung von 100 Kilometer ; 75 Cts. für größere Entfernungen.

Die Entfernung wird nach der Luftlinie berechnet.

Art. 15. Wenn der Ertrag des Telephonbetriebes es erlaubt, soll der Bundesrath eine Ermäßigung der Taxen eintreten lassen.

Er ist ferner ermächtigt, im Interesse der Verbindung entlegener Landestheile mit größern Verkehrscentren eine Taxermäßiguug eintreten zu lassen.

890 Art. 16. Die Verwaltung sorgt in eigenen Kosten für die Erstellung und den Unterhalt der Telephonanlagen, sowie für die sofortige Hebung von Störuogen des Betriebes.

Dauert die ohne Verschulden des Inhabers eingetretene Störung des Betriebes einer Station (Art. 8) länger als fünf Tage, so wird die bezahlte Gebühr (Art. 12) im Verhältniß.

der weitern Unterbrechungsdauer zurückbezahlt.

Art. 17. Die Beamten und Angestellten der Verwaltung sind verpflichtet, den telephonischen Verkehr geheimzuhalten.

Die Uebertretung dieser Vorschrift wird in leichtern Fällen disziplinarisch geahndet, in schwereren strafrechtlich verfolgt.

Der Buudesrath ist berechtigt, die Fehlbaren zu entlassen.

Art. 18. Der Wortlaut der zur Bestellung an Dritte eingehenden Mittheilungen (Art. 7, c), wie derjenige der Telegramme (Art. 7, d), ist vom Telephonisten sofort niederzuschreiben und an den Aufgeber mit der Aufforderung zu allfälliger Berichtigung telephonisch zurückzumelden. Die Zustellung an den Adressaten darf erst nach erfolgter Anerkennung der Richtigkeit stattfinden.

Art. 19. Wenn die Bedürfnisse des Verkehrs die Umgestaltung eines Netzes oder einzelner Verbindungen nothwendig machen, ist die Verwaltung jederzeit berechtigt, bestehende Verträge auf monatliche Voranzeige hin zu künden.

Die Verwaltung ist befugt, eine Station ohne Entschädigung jederzeit aufzuheben, wenn der Inhaber einer Aufforderung zur Bezahlung schuldiger Gebühren nicht innert Monatsfrist Folge leistet, und ebenso, wenn derselbe, ungeachtet erfolgter Verwarnung, das Telephon zu Beleidigungen von Telephonangestellten mißbraucht oder mißbrauchen läßt.

Die Aufhebung erfolgt in letzterem Fall nach stattgehabter amtlicher Untersuchung durch das Post- und Eisenbahndepartement.

891 Art. 20. Der Bundesrath ist befugt, für die Erstellung telephonischer Verbindungen, welche von der öffentlichen Telephonanstalt unabhängig sind und deren Benutzung auf bestimmte Personen beschränkt wird, Konzessionen zu ert heilen.

Wird für die Anlage einer solchen Verbindung kein Eigenthum Dritter in Anspruch genommen, so ist eine Konzession nicht erforderlich.

».

Art. 21. Die Ertheilung einer Konzession schließt keinerlei Reohte in Bezug auf die Benutzung fremden Eigenthums, sei es des Staates, der Gemeinden oder von Privaten, in sich, und es hat somit der Konzessionär die bezügliche Bewilligung von den Eigenthümern selbst einzuholen und sich in Betreff einer allfälligen Entschädigung ·direkt mit ihnen abzufinden.

Art. 22. Eine Konzession wird nur dann ertheilt, wenn durch die Ausführung derselben die öffentliche Telegraphenund Telephonanstalt weder in ihrem Bestände und Betriebe, noch in der weitern Entwicklung beeinträchtigt wird.

Solche Konzessionen sind jederzeit ohne Entschädigung widerruflich.

Art. 23. Der Bundesrath wird über die Ausführung dieses Gesetzes die nöthigen Verordnungen erlassen.

Art. 24. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, das gegenwärtige Gesetz bekanntzumachen -und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens zu bestimmen.

Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 22. Juni 1889.

Der Präsident: H. Haber]in.

Der Protokollführer: Ringier.

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Also beschlossen vom Ständei-athe, B e r n , den 27. Juni 1889.

Der Präsident: C. Hoffmann.

Der Protokollführer: Scliatzmann,

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesetzes in das Bundesblatt.

B e r n , den 9. Juli 1889.

0

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers :..

Schatzmann.

Note. Datum der Publikation: 13. Juli 1889.

Ablauf der Einspruchsfrist: 11. Oktober 1889..

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Bundesgesetz betreffend

die Hülfskassen der Eisenbahn- und Dampfschiffgesellschaften.

(Vom 28. Juni 1889.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Vollziehung des Art. 34, Alinea 2, der Bundesverfassung; nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes vom 24. November 1888, beschließt: Art. 1. Die Statuten oder Vorschriften der Hülfskassen, der Bisenbahn- und Dampfschiffgesellschaften für ihre Beamten, Angestellten oder Arbeiter sind dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 2. Die Statuten oder Vorschriften derjenigen Kassen, welche die Invaliditäts- oder Alters- und Todesversicherung zum Zwecke haben, müssen den folgenden Bestimmungen entsprechen :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz betreffend das Telephonwesen. (Vom 27. Juni 1889.)

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1889

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30

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13.07.1889

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884-893

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