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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 12. November 1889.)

Das von der schweizerischen Bundeskanzlei am 12. November im Auftrag des schweizerischen Bundesrathes an Herrn Karl Messing in Zürich erlassene Schreiben, in welchem diesem die Ablehnung seines Gesuches, die schweizerische Flagge zur See zu führen, mitgetheilt wurde, spricht sich im Wesentlichen folgendermaßen aus: Ganz abgesehen davon, daß die Betheiligung schweizerischen Kapitals an und für sich die zur Führung der schweizerischen Flagge nöthige Legitimation noch nicht zu schaffen vermöchte, sondern dazu der weitere Nachweis erforderlich wäre, daß der Schiffseigenthümer schweizerischer Nationalität sei, so stellen sich der Ausführung der angeregten Idee der Einführung der schweizerischen Flagge in den maritimen Verkehr, durch welche die Ertheilung der Ermächtigung zur Führung derselben im Einzelfalle selbstverständlich bedingt ist, so viele und ernstliche Bedenken entgegen, daß dem Gesuche zur Zeit wenigstens nicht entsprochen werden kann, wie denn auch diese Bedenken der Grund waren, warum der Anregung, welche der Bundesrath im Jahr 1864 ganz im Sinne der vom Potenten vertretenen Ansichten an die Hand genommen hatte, keine weitere Folge gegeben wurde.

Die Schwierigkeiten sind doppelter Art : Es sind solche, die aus unsern innerstaatlichen Verhältnissen entspringen; es sind sodann solche internationalen Charakters.

Was die erstem betrifft, so würde die Schaffung einer schweizerischen Handelsmarine -- und diese läge thatsächlich vor, wenn, mit der Einwilligung der Behörden, die schweizerische Flagge auf dem Mäste eines beliebigen Schiffes aufgehisst würde -- der Kreirung eines schweizerischen See- und Schifffahr tsrechtes rufen, oder es müßte vielmehr umgekehrt, eine derartige Kodifikation vorausgehen, bevor von einer nationalen Marine, in völkerrechtlichem Sinne, gesprochen werden könnte. Nun haben aber die Bundesbehörden die Kompetenz, in dieser Materie zu legiferiren, vor der Hand nicht; sie müßte durch eine bezügliche Revision der Bundesverfassung noch geschaffen werden. Uebrigens würde, ganz abgesehen hievon, die Ausarbeitung der diesfalls nöthigen Gesetze und Verordnungen über Seehandelsrecht, über Seeversicherung, über die civilstandsamtlichen Beziehungen, über die auf schweizerischen

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Schiffen begangenen Verbrechen, Vergehen u. s. w. Jahre in Anspruch nehmen, während deren von einer Erlaubniß zu Führung der schweizerischen Flagge ohnehin nicht die Rede sein könnte.

Was die Schwierigkeiten internationaler Natur betrifft, so stehen allerdings Rechtsgründe dem Gebrauch der schweizerischen Flagge nicht entgegen. Die Schweiz hat ohne allen Zweifel das Recht der freien Benutzung des Meeres mittelst nationaler Schiffe, unter nationaler Flagge. Allein die Ausübung dieses Rechts hängt in Ermangelung eigenen Küstengebietes und eigener Häfen, mehr oder weniger von dem guten Willen fremder Mächte ab. Diese Abhängigkeit würde die Ausübung ihrer Civil- und Kriminaljurisdiktion in hohem Maße erschweren und, ohne ihre Verantwortlichkeit für den Mißbrauch der Flagge abzuschwächen, der Unterdrückung und Bestrafung solchen Mißbrauches fast unübersteigliche Hindernisse in den Weg legen.

(Vom 19. November 1889.)

Herr Heinrich L a n g s d o r f , welcher von der Regierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika zum dortigen Konsularagenten in Winterthur erannnt wurde, hat vom Bundesrathe das eidg.

Exequatur erhalten.

An die zu Fr. 100,990 veranschlagten Kosten von im Kanton Graubünden projektirten Alpverbesserungen wurden Bundesbeiträge vou Fr. 16,298 zugesichert, unter der Bedingung, daß der Kanton Graubünden an diese Unternehmungen einen mindestens eben so hohen Beitrag wie der Bund verabfolge.

(Vom 22. November 1889.)

Der Bundesrath hat dem Herrn Jan Aikes van Kregten als niederländischem Vizekonsul in D a v o s - P l a t z das eidgenössische Exequatur ertheilt.

Der regelmäßige Bahnbetrieb auf der schmalspurigen Bahn Bchallens-Bereher wird auf den 24. November nächsthin gestattet.

Zur Telegraphistin in Dazio Grande (Tessin) wurde Jgfr. Sabina Gianella von Prato gewählt.

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

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1889

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49

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23.11.1889

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735-736

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