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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Expropriation der Liegenschaft Nr. 5 an der Inselgasse in Bern.

(Vom 29. März 1889.)

Tit.

In unserer Botschaft vom 4. Juni 1887 betreffend die Erstellung des neuen Bundesrathhauses haben wir auf die Notwendigkeit des Ankaufes eines Stückes des zu der Besitzung der Herren Leuzinger und Dr. Verdat an der Inselgasse gehörenden Gartens hingedeutet. Die Erwerbung dieses Terrainabschnittes ist, bedingt durch die Situirung des neuen Bundesrathhauses, dessen Ostfacade zum Zwecke möglichster Ausnutzung der Baufläche und um zwischen dem alten und neuen Bundesrathhause genügend Raum für das später zu erstellende Parlamentsgebäude offen z u lassen, möglichst weit nach Osten geschoben wurde. Hierdurch kommt die südöstliche Gebäudeecke in den erwähnten Garten, der sich längs dus Münzraines weiter nach Westen ausdehnt, als der übrige Theil der Besitzung der Herren Leuzinger und Verdat, zu liegen, welcher Umstand den Ankauf des in Frage stehenden Gartenstückes nöthig macht.

Wir verhehlten uns nicht, daß es unter Umständen angezeigt und für den eidgenössischen Fiskus möglicherweise vorteilhafter sein möchte, die Erwerbung der ganzen Besitzung, statt nur eines Theiles derselben, in Aussicht zu nehmen, um so mehr, als die Lokale im Hauptgebäude in ganz zweckmäßiger Weise zur Unterbringung von eidgenössischen Bureaux benutzt werden könnten.

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Die Kaufsunterhandlungen mit den genannten Grundbesitzern erstreckten sich daher nicht nur auf den absolut nothwendigen Theil des Gartens, sondern auch auf die ganze Liegenschaft.

Das Resultat dieser Unterhandlungen war in Betreff der erstem Kombination ein negatives, indem die Eigenthümer erklärten, nur die ganze Liegenschaft, keinesfalls aber bloß einen Theil derselben veräußern zu wollen. Den Verkaufspreis für die Gesammtbesitzung, bestehend aus einem dreistöckigen Wohngebäude, einem bewohnbaren Hinterhause mit Péristyle und Holzhäusern, Hofraum und Garten, an Flächenraum zusammen 10,87 Aren haltend, setzten die Eigenthümer auf Fr. 291,000 fest, eine Summe, die uns im Vergleiche zu den bezüglichen Wertschätzungen, die wir einerseits durch unsere Bauverwaltung und andrerseits durch eine Expertenkommission hatten vornehmen lassen, als bedeutend zu hoch erschien, um auf die Offerte eintreten zu können.

Wir bemerken hier, daß der Hausplatz mit Garten für Fr. 47,000 und die Gebäude für ,, 75,000 Die ganze Liegenschaft für Fr. 122,000 im Grundsteuerregister gesehätzt, während die Gebäude für Fr. 92,500 in der kantonalen bernischen Brandversicherungsanstalt gegen Feuerschaden versichert sind.

Bei dieser Sachlage war es nun zunächst unsere Aufgabe, zu untersuchen, ob der Bund im vorliegenden Falle das Expropriationsrecht zur Anwendung bringen könne. Diese Frage wurde sowohl in einem Gutachten des Herrn Fürsprecher Sahli in Bern, als in einem bezüglichen Bericht unseres Justiz- und Polizeidepartements bejaht und wir beschlossen daher, den Weg der Expropriation nach dem im Bundesgesetze vom I.Mai 1850 vorgeschriebenen ordentlichen Verfahren zu betreten, wobei wir beim Bundesgerichte das Gesuch stellten, es habe sich die Expertenschatzung sowohl auf das GartenStück, als auf die Gesammtbesitzung der Herren Leuzinger und Verdat zu erstrecken.

Die Schatzungskommission hat ihren Befund am 25. Februar 1889 den Parteien zugestellt; ihre Schätzung beträgt für das 305 m 3 haltende Gartenstück allein Fr. 60,000 und für die ganze Liegenschaft Fr. 220,000. Die Expropriaten haben mit Schreiben vom "28. März 1889 die Annahme der Schätzung für die Gesammtbesitzung erklärt.

Hauptsächlich im Hinblick auf die mögliche spätere Bauentwicklung auf der Ostseite des neuen Bundesrathhauses ibt es nun

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unseres Erachtens höchst wünschenswerth, daß bei dem nunmehrigen Kaufpreise von Fr. 220,000 schon jetzt die ganze Liegenschaft durch den Bund erworben werde. Das an der Inselgasse im Alignement mit dem neuen Bundesrathhause stehende Wohugebäude kann auch bei einem allfälligen spätem Umbau des Südflügels des Hotels Bellevue intakt gelassen werden, so daß dasselbe nicht nur für die nächste Zukunft, während welcher sieb ein höchst empfindlicher Mangel an Lokalen für die Unterbringung der eidgenössischen Verwaltungen fühlbar macht, sondern bleibend als Dienstgebäude dienen könnte. Es ist daher auch von diesem Standpunkte aus der Ankauf der ganzen Liegenschaft sehr zu empfehlen.

Für Erstellung von Fensteröffnungen auf der seit dem Abbruch der Dependenzgebäude des alten Inselspitals ganz abgedeckten Westfacade und Instandsetzung derselben, sowie für bauliche Reparaturen und für allfällige besondere Einrichtungen im Innern des Gebäudes werden noch Auslagen entstehen, über die wir Ihnen erst später nähere Mittheilungen machen können.

Handänderungs- und Stipulationsgebühren fallen, da für die Erwerbung der Liegenschaft das Expropriationsverfahren eingeschlagen wurde, ganz weg; dagegen hat der Bund die sämmtlichen Expropriationskosten und einige unbedeutende Entschädigungen für vorzeitige Auflösung von Mietverträgen u. s. w., welche sich im Maximum auf Fr. 3000 belaufen werden, zu übernehmen.

Mit Rücksicht auf die dargelegten Verhältnisse und unter Hinweisung auf die beiliegenden Akten und Pläne beantragen wir die Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfes.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 29. März 1889.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hammer. .

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

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Bundesbeschluß betreffend

Expropriation der Liegenschaft Nr. 5 an der Inselgasse in Bern.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 29. März 1889, beschließt: Art. 1. Die Besitzung der Herren Leuzinger und Dr. Verdat an der Inselgasse in Bern ist auf dem Expropriationswege für den Bund zu erwerben.

Art. 2. Für die Bezahlung der von der eidgenössischen Schatzungskommission festgestellten Schatzungssumme werden Fr. 220,000 und für die Bestreitung der Expropriationskosten und sonstigen Gebühren Fr. 3000, zusammen Fr. 223,000, bewilligt.

Art. 3. Dieser Beschluß tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft.

Art. 4. Der Bundesrath ist mit der Ausführung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Expropriation der Liegenschaft Nr. 5 an der Inselgasse in Bern. (Vom 29. März 1889.)

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06.04.1889

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