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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Strafnachlaßgesuch des Wirthes Théophil Gigandet.

Sohn, in Vendlincourt.

(Vom 2. April 1889.)

Tit.

Durch einen Herrn Déchaux, Inhaber eines Spritdepot in Réchésy.

einer in nächster Nähe der schweizerischen Grenze gelegenen französischen Ortschaft, von welcher aus hauptsächlich der Schmuggel mit Sprit nach schweizerischem Gebiet betrieben wird, sind unter'm 7. November 1888 bei der Zollstätte Beurnevésin drei Fässer Sprit, 95 gradig, 301 kg., zur Geleitscheinabfertigung nach Lucelle angemeldet worden, um innert der vorschriftsgemäßen Frist von vier und zwanzig Stunden im Transit durch schweizerisches Gebiet über letztere Zollstätte wieder ausgeführt zu werden. Anstatt aber die Ausfuhr zu bewerkstelligen, ließ der Wirth Theophile Gigandet, Sohn, in Vendlincourt, den Sprit in seinen Keller einlagern, begab sich sodann am 8. November auf die Zollstätte Lucelle und suchte den dortigen Einnehmer unter Geldanerbietungen zu veranlaßen, durch Löschung des Geleitscheines den Austritt der Sendung zu bescheinigen.

Der Einnehmer, Landjäger Gfeller, ließ sich hierauf jedoch nicht ein, sondern begab sich nach Vendlincourt, wo in Gegenwart eines Gemeinderathsmitgliedes die Wohnung des Gigandet einer Durchsuchung unterstellt wurde, welche die drei Fässer zu Tage förderte und die Beschlagnahme derselben zur Folge hatte.

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Dieser Thatbestand qualifizirt die Handlungsweise des Gigandet als Uebertretung des Zoll- und des Alkoholgesetzes, indem derselbe versuchte, durch ein falsches Attest, zu dem er den Einnehmer in Lucelle zu verleiten beabsichtigte, den Sprit ohne Entrichtung der gesetzlichen Gebühren einzuführen. Die Zollstätte Bonfbi, zu welcher der beschlagnahmte Sprit verbracht wurde, leitete daher das Strafverfahren gegen Gigandet ein, infolge dessen demselben vom Zolldepartement eine Buße vom zehnfachen Betrage des umgangenen Zolles von Fr. 57. 19 mit Fr. 571. 90 und des umgangenen Monopolgewinnes von Fr. 228. 76 mit ,, 2,287. 60 zusammen Fr. 2,859. 50 auferlegt wurde, unter Zusicherung eines Viertheils Nachlaß gemäß Artikel 12 des Fiskalstrafgesetzes vom 30. Juni 1849, falls der Beklagte sich diesem Entscheide innert der Frist von acht Tagen unterziehen würde. Da Gigandet dies aber unterließ und auch die Bezahlung der ausgesprochenen Buße nicht erfolgte, so wurde bei der zuständigen Gerichtsbehörde in Pruntrut die gerichtliche Verfolgung des Straffälligen beantragt, welche zu einer Bestätigung des Strafentscheides des Zolldepartements geführt hat.

Da Gigandet Huf dem gerichtlichen Wege nicht den gewünschten Erfolg gefunden hat, so wendet er sich nun in mitfolgender Eingabe vom 14. März an den Bundesrath, bezw. an die Bundesversammlung, mit dem Gesuch, es möchte die ihm auferlegte Buße im Gnadenwege ganz erlassen oder doch, da der wirkliehe Inhalt der drei Fässer um 15 bis 20 Liter weniger betragen habe, als hei der Geleitscheinabfertigung deklarir worden sei, um etwas ermäßigt werden.

Die Erhebungen des Zolldepartements haben nun ergeben, daß Gigandet bereits dem Landjäger Mouche in Lugnez seiner Zeit unzweideutige Offerten gemacht hat, derselbe könnte auf leichte Weise Geld verdienen, wenn er weniger exakt sein wollte. Dem Landjäger Gfeller in Lucelle machte er am 5. November bestimmte Geldanerbieten ; so habe er ihm Fr. 1000 versprochen, wenn Gfeller die ihm von Gigandet vorzuweisenden Geleitscheine löschen würde, ohne die Waare zu kontroliren; er, Gigandet, würde dann den Sprit behalten und anstatt desselben nur Wasser zur Ausfuhr bringen.

Ebenso habe er ihm eine Gratifikation von Fr. 15 per Hektoliter, bezw. Fr. 45 per Fuhre, da er jeweilen ein, Quantium von circa 3 Hektolitern expedire, in Aussicht
gestellt, wenn Gfeller ihm bei .seinen Manipulationen behülflich sein wolle. Gigaudet hat sich selbst öffentlich gebrüstet, daß er nun großartig mit Sprit handeln könne, da er die Mithülfe eines Beamten erkauft habe, u. a. w.

874 Die Angaben des Gigandet in seinem Bittgesuch sind vielfach unrichtig, insbesondere auch die Behauptung, daß er am 8. November nach Lucelle gegangen sei, um die Zoll- und Monopolgebühren für die fraglichen drei Fässer Sprit zu entrichten. Er hatte zur Bezahlung dieser Gebühren nicht einmal die nöthige Baarschaft mitgenommen und mußte das Fehlende erst noch entleihen. Das Geld warf er dann, in Abwesenheit des Einnehmers, der Frau desselben hin, trotzdem die letztere die Annahme verweigerte, um, nachdem er sich bereits entdeckt wußte, glauben zu machen, daß er die Gebühren wirklich hätte entrichten wollen.

Was die Angabe anbelangt, daß die drei Fässer nur 280 bis 285 Liter Sprit enthalten hätten, für welche Behauptung indeß jeglicher Nachweis fehlt, so kann hierauf keine Rücksicht genommen werden, da der Zollverwaltung gegenüber einzig das hei der Geleischeinabfertigung vorgemerkte und vom Waarenführer durch Unterzeichnung des Geleitscheines ebenfalls als richtig anerkannte Gewicht maßgebend ist.

Gigandet ist im Uebrigen mit den Zollvorschriften genau bekannt, da er seit Jahren den Wein- und Schnapshandel betreibt; auch ist derselbe im Jahre 1875 wegen Spritschmuggels schon bestraft worden.

Der Bundesrath muß daher finden, daß Gigandet keine Nachsicht verdiene, und beantragt, dessen Bußnachlaßgesuch anzuweisen, um so mehr, als der im bernischen Jura im Schwünge gehende gewerbsmäßige Schmuggel die Strenge der Behörde herausfordert.

Des Fernern ist zu bemerken, daß Gigandet sich dem Strafentscheid nur rechtzeitig zu unterziehen hatte, um wenigstens den Nachlaß eines Viertheils der Buße zu erlangen, von welchem Mittel er indeß nicht Gehrauch gemacht hat.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 2. April 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes Der Bundespräsident:

Hammer.

Der Kauzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Strafnachlaßgesuch des Wirthes Théophil Gigandet, Sohn, in Vendlincourt. (Vom 2. April 1889.)

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