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Bericht des

Schweiz. Vicekonsuls in Rotterdam (Hrn. Kaspar J. Koch von Zürich) über das Jahr 1873.

(Datirt 30. Juni, eingegangen 23. Juli 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Allgemeines.

Das Jahr 1873 hat die Hoffnungen, welche man zu Anfang desselben glaubte hegen zu dürfen, zum größten Theil unerfüllt gelassen, und kann geradezu als ein unheilvolles bezeichnet werden, indem es für die Industrie und die wirthschaftlichen Verhältnisse Zustände der Erschlaffung, Entkräftung und Verarmung mit sich brachte, wie man sie seit einer Reihe von Jahren nicht mehr für möglich gehalten hatte.

Die Ursache davon lag in den finanziellen Krisen, wovon die eine zu Anfang Mai von Wien ausgieng und die andere im September in den Vereinigten Staaten ausbrach.

Das Gründen von Aktiengesellschaften und industriellen Unternehmungen aller Art bei freieren Gesetzen (gegenüber der früheren strengen Contrôle der Regierungen) nahm einen fabelhaften Aufschwung , und das Entstehen massenhafter Bankinstitute kam demselben mächtig entgegen. Mit der größten Leichtigkeit und einem beinahe unglaublichen Leichtsinn wurden Unternehmungen zu Stand gebracht, welche einer jeden soliden Grundlage entbehrten.

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Anfangs erregten sie zwar allgemein Bewunderung und Neid; später aber traf sie Hohn und Verwünschung, und der N r.-.e ,,Gründer"wurde zu einem allgemeinen Spottnamen.

Die Betriebskraft von Fabriken, Bergbau und Gewerben nahm eine kolossale Ausdehnung an und machte doppelte und dreifache Vermehrung von Maschinen und Werkzeugen nothwendig; mit beispielloser Zähigkeit wetteiferte man, um die größtmöglichen Resultate in kürzest möglicher Zeit zu erzielen, und so nahm die Produktion derart zu, daß sie schließlich als Ueberproduktion bezeichnet werden muß.

Das eitle Streben nnch prunkendem Reichthum, Gewinn- und Spielsucht beherrschten die Gemüthcr und drängten diese in zügelund planloser Weise immer vorwärts auf der verderblichen Bahn.

Voraussichtlich wird es noch langer Zeit bedürfen, bis sich Industrie, Bergbau und Gewerbe wieder heben können ; die erlittenen Schläge waren zu empfindlich ; dazu kommt der Umstand, daß die Verluste in Effekten und Aktien Leute trafen, welche sie am allerwenigsten zu tragen vermochten.

Beamte, Kleinhändler, Professionistcn und kleine Gewerbsleute ließen sich durch Vorspiegelungen reicher Gewinne zur Betheiligung verleiten und mußten selbstredend in ihrem Haushalt die strengste Einschränkung einführen.

Auch reiche Familien geriethen in Armuth, und es kann daher nicht verwundern, daß der Consum von zur Kleidung und Nahrung erforderlichen Produkten eine Beeinträchtigung erfuhr.

Geldstand.

Da der steigende Disconto von Einkäufen zurückschreckte und den Preis-Rückgang der Waaren verursachte, während die Eigner keine Neigung zeigten, zu niedrigen Preisen abzugeben, so hatte der Handel fortwährend Bedarf an Geld. Doch blieb die Solidität unseres Handels bei all' diesen Widerwärtigkeiten vollkommen behauptet, und es fanden hier keine Fallimente von einiger Bedeutung statt.

Der Wechselcurs auf ( London war im Lauf des Jahres fortwährend gestiegen, und zwar in Folge des Werthrückganges von Silber gegenüber Gold. Man fürchtete ersteren umsomehr, als man allgemein dachte, der Silberstandard werde hier zu Gunsten des Goldstandards verlassen werden.

Gegen Ende des Jahres gieng aber der Curs auf London wieder zurück (von fi. 12 zu Anfang des Jahres stieg derselbe

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bis im Juni auf fl. 12. 11 ; später ließ er wieder nach und stand fl. 11. 91 zu Eudo des Jahres). Die Gencralstaaten haben im Februar 1874 den Goldstandard gegen alles Erwarten verworfen und den Silberstandard beibehalten-; auch ist vom 1. Mai 1874 an Privaten wieder gestattet, Silbermünzen zu prägen, was verboten gewesen war.

Die Bewegungen des Discontos bei der Nieder!. Bank waren wie folgt : Sie veränderte den Satz von 5°/o am 27. Januar auf 4 1 /^°,' ll i am 11. Februar auf 4°/o, am 5. Mai auf 4 l /a "/», ,, 19. Mai auf 5°/o, ,, 3. Nov. auf (>%, ,, 12. November auf Gl/2°/o, ,, 24. ,, ,, «"/o, ,, 2. Dezember ,, 5l/2 % und ,, 9. Oktober auf 5°/o.

Waarenhandel.

Der W a a r e u h a n d e l verkehrte, eiuzelue Artikel ausgenommen, das ganze Jahr 1873 hindurch in einem lahmen Geschäftsgang bei rückwärts gehenden Preisen; die Verluste waren groß und mitunter ruinös, wie z. B. 'bei Petroleum.

Desto großartiger waren die steigenden Conjuncturen der wenigen Ausnahmen : Kaffee, Nelken und Pfeffer.

Erstgenannter Artikel stieg in den 12 Monaten um 33°/o, der zweite nm 91°/o und der letzte um 20°/o.

Auch an Tabak und Getreide wurde viel Geld verdient.

Die Bewegung der hauptsächlichsten Handelsartikel war im Speziellen wie folgt : K a f f e e begann das Jahr 1873 mit 491/* c. für gut ordinär und stieg in der Maatschappy-Auction vom 19. Februar (99,818 Ballen) auf 513/4, in der vom 19. März (88,128 ,, ) ,, 52^, ,, ,, ,, 16. April (87,566 ,, ) ,, 533/4, ,, ,, ,, 14. Mai 1 (86,477 ,, ) ,, 57 /* c.

Von hier an nahm die Bewegung eine andere, Wendung. Der Wiener-Börsenkrach und die darauf folgenden Calanutateli und Geldschwierigkeiten der deutschen Börsen geboten der Kaffeeconjunctur Halt. In London stieg der Discoiito auf 7°/o und da dies mit plötzlichen starken Zufuhren daselbst zusammen traf, so vermochten sich die Preise nicht zu behaupten.

London wich zurück, die Bezugsgegendeii wurden eingeschüchtert und als auch hier die Nachfrage ganz ausblieb, drückte

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sich der Werth nach und nach so weit herunter, daß er in der Maatschappy-Auction vom 18. Juni von 99,956 Ballen auf 531/2 und in den ersten Tagen des Juli auf 50° fiel.

Der Consum kaufte aber selbst zu dem erniedrigtsten Werth nur das Allernöthigste. Erst gegen Ende Juli nahm die Frage wieder zu und der Preis hob .sich bis auf 55 c , welche Ziffer durch die Mäkler am 12. August zur Grundlage ihrer Taxe für die auf den 20. August anberaumte Maatschappy-Auktion von, 73,355 Ballen angenommen wurde.

Kein Mensch hatte ein so kleines Quantum für möglich gehalten, allgemein dachte man an 100,000 Ballen, und als die Maatschappy, auf eine darüber an sie gestellte Anfrage erklärte, daß auch die andern Spätjahrs-Auctionen wahrscheinlich keine größern Quantitäten enthalten werden, als gleichzeitig Berichte von Rio Janeiro die früheren Angaben über die 1873/1874er Mißernte bestätigten, da trat lebhafte Kauflust auf und nahm Alles vom Markt, was zu 551/2 und 56c greifbar war; in der Auction selbst wurde der Preis von 56 1 [i bedungen. Die Auction am 17. September von 95,970 Ballen etablirte den Preis von o? 1 /:* 0 ; am 22. Oktober in Auction gestellte 72,989 Ballen liefen abermals höher und zwar 601/2 und in der Versteigerung am 19. November von 75,582 Ballen wurde sogar 613/4° bezahlt. Doch blieb die Bewegung noch nicht stehen : Die disponiblen Vorräthe hatten in überraschender Weise an den Stapelplätzen abgenommen; der Begehr steigerte sich dagegen immer mehr, die Spekulation trat mit Macht auf und der Preis stieg unter diesem Einfluß bis zu Ende des Jahres auf G5l/2c.

Das durch die Maatschappy im Jahr 1873 versteigerte Quantum betrug 759,850 Ballen, gegen 734,000 und 889,900 Ballen in den Jahren 1872 und 1871.

Durch Privaten wurden während der 12 Monate 301,111 Ballen, 1427 Fässer verkauft gegen 249,904 Ballen, 747 Fässer und 87 Kisten im Jahr 1872 und 245,412 Ballen und 1626 Fässer im Jahr 1871.

Die Ablieferungen bei der Maatschappy betrugen im Jahr 1873 800,334 Ballen gegen 789,394 und 908,518 Ballen in den Jahren 1872 und 1871.

Z u c k e r . Roher blieb das ganze Jahr hindurch, einzelne Momente der Besserung ausgenommen, in einer rückgängigen Preisbewegung.

789 Die Einfuhren waren, in Folge reicher Ernten von Colonialzucker und guter Runkelrübenernten, größer als die Ablieferungen an den Consum.

Anfangs April wurde in England der Eingangszoll für raffinirten Zucker auf die Hälfte, d. h. auf circa fl. S1/? per 100 Kilo reduzirt. Man schloß hieraus auf eine belangreiche Zunahme des Consums in England und die Preise nahmen einen raschen Flug in die Höhe, fielen aber eben so rasch zurück, als man vernahm, daß die neue Zollermäßigung für rohen Zucker erst am 8. Mai und _für rafflnirten erst am 28. Mai eintreten sollte, sodaß die englischen Raffineurs Gelegenheit hatten, sich für die nach Ablauf des letzten Termines zunehmende Frage wirklich zu versorgen.

Im Mai und Juni giengen die Preise noch mehr zurück. Im Juli trat eine Besserung ein, doch nur für einen Augenblick; der Artikel verkehrte bis zum Ende des Jahres in flauer Stimmung bei weichender Preisrichtung.

Java Nr. 14, zu Anfang des Jahres fl. 37, wurde zu Ende desselben fl. 33 notirt und gieng später noch mehr zurück.

In Folge der Ausbreitung der freien Cultur auf Java und der Verkäufe daselbst durch das Gouvernement waren die Einfuhren bei der Niederl. Handels-Maatschappy im Jahr 1873 viel kleiner als sonst; sie hielt daher nur 2, anstatt (wie sonst) 5, Auctionen ab und verkaufte auf diese Weise nur 67,909 Körbe Java gegen 212,569 und 234,224 Körbe in den Jahren 1872 und 1871.

Die Zufuhren bei Privaten hingegen waren desto bedeutender, so daß stets hinreichender Vorrath da war, um der Bedarfsfrage zu genügen und einen viel größeren Export von Rohzucker zu erzielen, als im Jahr zuvor.

In raffmirtem Zucker hat die Ausfuhr abgenommen; sie betrug 90,554,507 Kilo gegen 102,629,521 und 108,865,104 Kilo in den Jahren 1872 und 1871.

Die Ursache der kleineren Ausfuhr ist theilweise der verminderten Nachfrage von Italien, theilweise auch der starken Concurrenz der französischen Raffinerien zuzuschreiben, welche unter dem Schutz des dortigen Steuergesetzes Anlaß fanden, ihren Betrieb fortwährend auszudehnen und sich besonders darauf zu legen, den höheren Anforderungen der letzten Zeit zu entsprechen.

Raffinirter Nr. l stand zu Anfang 1873 fl. 38y2 und am 31. Dezember fl. 34.

Die Zahl der Runkelrübenzucker-Fabriken in Holland hat sich im Jahr 1873 um 8 vermehrt und beträgt 31, wovon 19 in Nordbrabant, l in Seeland, 2 in Gelderland, 3 in Südholland, l in

790 Utrecht, 2 in Nordholland, l in Overyssel, l in Groningen und l in Limburg.

Von R e i s wurden 61,232 Tons in Niederland imporlirt gegen 48,656 und 46,736 Tons in den Jahren 1872 und 1871. Die Preiso wichen im ersten Seinester wesentlich zurück, zogen aber vom August an, im Einklang mit den aufbessernden Getreidepreisen, wieder an und stiegen im November, bei anhaltenden Berichten über Hungersnoth in Bengalen, beträchtlich.

Die Notirungeu änderten wie folgt: 1873.

Blank Java.

Necransic.

Rangoon.

Bassein.

fl 6 I.Januar fi. 7 3 /4--8 3 /4 fi. 5,1/2 fl. 53/4--6 1. August ,, 7V-8 5 ,, 51/* ,, 5 -5l/-t 3 1 30. Nov.

,, 9 -10 ,, 6V.-61 /4 ,, 1 l --T3 /* ,, 63/*-?1

31. Dez.

,, 9 --10

,, 6 -6 /* ,, 6 /2-6 /i ,, 6Y*-6 /»

T h e e . Von chinesischem wurde viel weniger importirt als im Jahr 1872 und die Preise konnten sich gut behaupten.

J a v a viel bedeutender als im Jahr 1872; die Preise wichen, namentlich für die besseren Sorten, zurück.

T a b a k , Die 1872er Java-Ernte fiel sehr befriedigend aus ; in Quantität übertraf sie weit die Ernten der vorhergegangenen Jahre.

Trotzdem fanden alle Ausfuhren davon in Niederland sofort zu guten Preisen coulant Nehmer. Von amerikanischen und andern Sorten wurde reichlich so viel als im Jahr 1872 angeführt; gute Sorten giengén im Preis voraus, während geringere oft billiger zu haben waren.

Feine G e w ü r z e . Die Maatsclmppy hat, wie im vorigen Jahresbericht bereits angedeutet, im Jahr 1873 keine Verkäufe abgehalten.

M u s c a t n ü s a e Nr. l gieuge.n von 200 c. bis im Juli auf 170 c. zurück, stiegen aber bis Eude Dezember auf 195 c.

M a ci s E fiel von 265 bis Juli auf 220 zurück und stand Ende Dezember 235 c.

N e l k e n dagegen giengen in Folge sehr ungünstiger Ernteberichte bedeutend in die Hohe, von 43l/a bis. auf 83 c., und es machte die Steigerung später noch weitere Fortschritte.

J a r a - Z i m m t veränderte sich wenig im Preis und es blieb Ende des Jahres 170 à 200 c, für gute Qualität notirt.

791 S c h w a r z e r P f e f f e r stieg von 35 auf 42 c., weil die Atsehinesen im September ihre Pfeffer-Plantagen verbrannt hatten.

Daß B a u m w o l l e , einige bessere Momente ausgenommen, fortwährend in rückgängiger Tendenz verkehrte, mag hauptsächlich dem Umstand zuzuschreiben sein, daß die amerikanische Ernte, anstatt der Schätzung von 31/* Mili. Ballen, 3s/i Mili. Ballen ergab. Unter solchen Umständen ließen alle Importatioiien Verlust; große Posten davon kamen gar nicht an den Markt, weil die Importeurs später höhere Preise zu lösen hofften.

,, Die hiesigen Notirungen richten sich zunächst nach denen von Liverpool. Middling Amerikanische wich von 55l/2 bis im Juli auf 46l/2, stieg dann wieder im September auf 49 c., um das Jahr mit 46 c. zu schließen, was einen Rückgang um 17°, o in 12 Monaten ausmacht.

Fair Oomra gieng von 40 auf 35 c., fair Bengal von 27 auf 22 c. zurück.

Nordamerikanische. Ostindische.

Vorrath am 1. Januar 1873 55,751 Ballen 5,050 in Holland 66,765 28,696 Einfuhr in den 12 Monaten ·n 71,815 84,447 Ballen Vorrath am 31. Dezember 29,370 in Holland 67,819 ·n Ablieferungen in den 12 Mo42,445 naten 1873 .

16,628 Ballen.

R o h e S e i d e . Von 925 Ballen j a p a u e s i s c h e r , die durch die Niederl. Handels-Maatschappy am 2. Oktober in Auction gestellt ward, wurden 370 Ballen in und 134 Ballen nach der Auction verkauft.

In M a n u f a k t u r w a a r e n war der Handel mit den ostindischen Besitzungen im Jahr 1873 noch weniger befriedigend, als in den vorhergegangenen Jahren. Die Ursache davon liegt zunächst darin, daß der indische Markt überführt und das Angebot daselbst viel größer ist, als der Bedarf, und diese Ueberführung des indischen Marktes hat wiede.ium ihren Hauptgrund in dem eigenthümlichen Verhalten der Niederl. Fabrikanten, welche, weit entfernt davon, dem Beispiel der Engländer zu folgen und durch Intelligenz und Energie neue Auswege für ihre Fabrikate zu suchen, ohne auf den Fortschritt der Zeit zu achten, den alten Schlendrian beibehalten.

3u»(l<Ätt. Jahrg. SXYL J3d,JX

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792 Seit vielen Jahren haben Aussenduugeii nach Ostindien stattgefunden; man fahrt ruhig damit fort, ohne zu bedenken, dal» die Zeitumstände ganz anders geworden sind und, sollen sie Nutzen bringen, auch eine andere Auffassung und ein gleiches Vorwärtsstreben erfordern. Dabei fällt es schwer in die Waagschale, daß der Fabrikant anfängt, seine Waare selbst zu exportireu und somit den Exporthandel untergräbt ; denn der Exporteur wird mit Erfolg nicht um den gleichen Preis in Indien verkaufen können, um welchen es dem Fabrikanten nach seinen Operationen jeweilen einfallen mag, sich seiner Waare zu entäußern.

Ausfuhr von Baumwollenwaaren nach Niederl. Ostindien aus Niederland : Mit Ursprungs-Certiflcat :

1869.

1870.

Stilck.

Werth.

1,390,830 fl. 9,345,040

Stück.

1,703,193

1871.

Stück.

2,140,127

Stück.

Werth.

1,951,291 fl. 11,132,268

Werth.

fl. 10,02(5,480

1872.

Werth.

fl. 13,062,302

1873.

Stück.

1,839,356

fl.

Werth.

11,109,034

Mit und ohne Ursprungs-Certificat :

1873.

Stück.

3,241,718

Werth.

fl. 16,208,590

Z i n n war beinahe das ganze Jahr hindurch in rückgängiger Tendenz. Der Preis für Banca gieng von fl. 871/2 bis auf fl. (i(> zu Anfang Dezember zurück und stieg in den letzten 3 Wochen auf fl. 70*/2- Die Ursache des starken Rückganges wird theil weise der colossalen Zunahme der Londoner Zufuhren aus Australien (3517 Tous gegen 314 Tons im Jahr 1872) und dann dem neuen Verkaufssystem der Niederl. Handels-Maatschappy zuzuschreiben sein, welche bekanntlich statt, wie sonst, halbjährliche, jetzt zweimonatliche Auctionen abhält.

In F a r b w a a r e n sind die Resultate des vorigen Jahres nichts weniger als befriedigend zu nennen.

Die Ausfuhren waren ziemlich belangreich, konnten aber selten mit Gewinn verkauft werden und brachten oft große Verluste.

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J a v a - I n d i g o gieng im Preis bedeutend zurück, von fl. 5 T /2-- fl. 6 /* bis auf fl. 3--fl. 3l/2 für gute Msüelwaarc.

Von Bengal-Indigo trafen bedeutende Partien ein, welche aber nur zu Verlust lassenden Preisen verkauft werden konnten. Erst gegen Ende des Jahres zeigte sich mehr Vertrauen und zogen die Preise wieder etwas an.

In K r a p p war Anfangs regelmäßiger Handel, da sowohl für Epxort als für unsere Garancir-Fabriken Frage bestand. Später aber änderte dies ganz und konnte man selbst zu einem bedeutenden Preisnachlaß nur sehr wenig absetzen. Die Ursache davon lag hauptsächlich in dem zunehmenden Gebrauch von Alizamine.

Von den übrigen Farbwaaren dürften nur wenige sein, welche nicht im Preis zurück giengen.

Auch die meisten unter F e t t w a a r e n gehörenden Artikel erfuhren, bei nicht unbedeutendem Handel, eine wesentliche Wertherniedrigung.

Von raffinirtem p e n s y l v a n i s c h e m P e t r o l e u m betrugen die Ausfuhren circa 50°/o mehr als im Jahr 1872, daher auch der Umsatz einen viel größeren Umfang als je zuvor erlangte.

Leider giengen die Preise dabei fortwährend zurück, blank in loco von fl. 25*/4 bis auf fl. 15.

In G e t r e i d e , betrugen die Zufuhren von Roggen, Waizen und Gerste bedeutend mehr als im vorigen Jahre, nämlich: Roggen 68,500 Last gegen 34,700 im Jahr 1872 Waizen 58,500 ,, ,, 37.750 ,, ,, ,, Gerste 36,000 ,, ,, 25,200 ,, ^ -n Die niedrigsten und höchsten Preise für obige Gattungen während der letzten drei Jahre waren folgende: 1

117 ff Ruß.

Njedr., höchst. Preis.

1871 fl. 175-- fl. 220 1872 _ 170-- _ 200 1873 .,, 185-- ,, 255

R o g g en.

121 STPreiiß.

Niedr., höchst. Preis.

fl.

205 -- fl. 235 _ 210 -- ,, 230 ,, 200 -- r 260

HSS'Kurl.

Niedr., höchst. Preis.

fl.

195 -- fl. 225 205-- ,, 220 .,, 220-- ,, 260

W a i z en.

Prima Seeländer.

1871 fl. 350-- fl. 400 1872 ,, 335- ,, 375 1873 ,, 355-- ,, 435

134/134 & hochl. Cleve.

fl. 380 -- fl. 407 ,, 385-- _ 405 ,, 370- ,, 440

794 Gerste.

103--106 S Kui-1.

1871 fl. 185 -- fl. 220 1872 ,, 190- ,, 215 1873 ,, 195- ,, 220

104--105 il. 180 -- 180-- ,, 190 -

W Diiu.

ti. 220 ,, 210 ,, 215

B u c h w a i ·/, e n verkehrte mit unbedeutendem Ge.-sehäft und eiuer Zufuhr von 2300 Last. Die Preise, giengen von fl. 11. 91 nach und nach auf fl. T2l/-i per Netto 100 Kilo.

Von H a f e r wurden circa 1850 Last importirt. Anfangs fl. 8. 87 stieg der Preis successiv bis auf fl. 10. 32 per Netto 100 Kilo.

Industrie.

Der Bau von Segelschiffen nimmt immer mehr ab. Die hier bestehenden Werften beschäftigten sich meist nur noch mit Reparaturen, welche allein den verwandten Fächern, Block- und Segelmachereien, Schmiedewerkstätten etc., noch einige Lebhaftigkeit gaben.

Das große (Etablissement der .^Nederlaudsche Stoombot-Maatschappy1'- in Feyenoord hat die günstigen Resultate nicht erzielt, welche man von der zunehmenden Lebhaftigkeit des Betriebes hätte erwarten sollen. Die Hauptiirsaehe davon ist die außergewöhnliche und unvorhergesehene Steigerung der Preise aller benöthigteu Rohstoffe, besonders von Metallen und Steinkohlen, während anderseits die starke Coneurrenz die gleichmäßige Erhöhung der Preise des Fabrikates nicht zuläßt.

An der Verbesserung und am Ausbau des Etablissementes hat man energisch forfgearbeitet. Es sind neue Eisen- und Metallgießereien auf großem Fuße angelegt worden und beinahe vollendet.

Einige große und starke Gebäude in der Nähe, die während eines Viertel-Jahrhunderts nicht gebraucht wurden, sind zu Werkstätten für den Schiffbau eingerichtet und mit nianigfaltigeu Dampfmaschinen ausgerüstet worden. Ea sind also Mittel genug vorhanden, große Seedampfer zu bauen, und die Maatschappi ist in den Stand gesetzt, der Concurrent anderer Länder die Spitze zu bieten. Die, Zahl der Arbeiter belief sich, wie 1872, auf 1000 bis 1200 Mann.

Die Brennereien und Distillerien haben wenig Veränderung erfahren. Die Ausfuhr von Genièvre nach Ostindien, Australien, Canada und Buenos-Ayres war belangreich, jedoch nach den Vereinigten Staaten noch immer von relativ geringer Bedeutung.

795 Die Bierbrauereien giengen hier vorwärts, obschon der Sommer wenig warm und also weniger günstig war. Gegen l ,025,000 Kilo Malz im Jahr 1872 wurden im Jahr 1873 1,196,500 Kilo angegegeben, also 171,500 Kilo mehr.

Die sehr hohen Preise der Gerste wirkten nachtheilig und man hat demzufolge im November die Bierpreise allgemein erhöht. Eine große bayerische Bierbrauerei ist hier gebaut worden, die ,,Heineken's Bierbrouwcry Maatschappy Rotterdam'1, die nun bereits abzuliefern begonnen und durch die Vorzüglichkeit des fabrizirten Stoffes sich der allgemeinen Zufriedenheit zu erfreuen hat.

An der Vollendung des neuen Rotterdamer-Wasserweges wurde auch im Jahre 1873 unaufhörlich und mit aller Kraft gearbeitet.

Längs des Weges sind für die Schifffahrt zur Nachtzeit Leuchten angebracht worden.

4417 Dampf- und Segelschiffe habet: 1873 diesen Weg passili gegen 416 im Jahr 1872, und es sind hierunter die Logger, Hocker und andere Fischerfahrzeuge nicht Inbegriffen.

Der größte Tiefgang, womit der Weg befahren wurde, betrug 45 Decimeter.

Mit der Verbesserung unseres Wasserweges nach der See hängen die Vollendung der Arbeiten an der Südeisenbahn (Zuidersporrweg) und die Einrichtung von Feyenoord zu einer neuen Handelsstadt eng zusammen. An der Eisenbahnverbindung mit dem Süden wird eifrig fortgearbeitet und man hofft bald Handels-Etablissements auf Feyenoord und die Ueberbringung des Reichs-Entrepôts dahin zu sehen.

Schifffahrt Die niederländische Kauffahrtei-Flotte zählte Ende 1873: 1705 Segelschiffe und 105 Dampfboote, zusammen 1810 Schiffe mit 262,541 Lasten, gegen 1856 Schiffe mit 261,184 Lasten Ende 1872 und 1902 Schiffen mit 260,549 Lasten Ende 1871.

Im Jahr 1873 wurden einklarirt 3828 Schiffe, ausklarh-t 3889 Schiffe, gegen 1872 3570 ,, resp.

3710 ,, und 1871 3613 ,, ,, 3603 ,, .

Bezüglich des Tonnengehalts ergeben sich folgende Ziffern : 1873 1,658,765, resp. 1,661,179.

1872 1,428,209, ,, 1,438,895.

1871 1,407,928, ,, 1,391,669.

796 Hieraus ist zu ersehen, daß die Bewegung der Schifffahrt und der damit in enger Verbindung stehende Güterverkehr 1873 nicht unbedeutend zugenommen hat.

Hinsichtlich der Frachten waren die Resultate im Allgemeinen ziemlich günstig, besonders ili der Fahrt von Nordamerika her, wo der Betroleum-Export vielen unserer älteren Ostindienfahrer eine lohnende Beschäftigung gab.

Die Dampfboot-Verbindungen haben eine große Ausdehnung erfahren, namentlich diejenigen mit Java und Nordamerika, und es sind für den Transport von Passagieren und Auswanderern die Dampfer aufs Best e und Comfortabelste eingerichtet : sie können nicht allein jeder Konkurrenz die Spitze bieten, sondern sie in mancher Hinsicht noch übertreffen. Die Nederlandsche-Amerikanische Stoomvaart-Matschappy hat 2 neue große Dampfer bauen lassen, die zur Fahrt nach New-York bestimmt sind. Sie hat ihnen die, Namen W. A. Schölten und P. Caland gegeben.

Die Einrichtung O o O derselben ist wahrhaft prachtvoll und namentlich ist für Auswanderer .so gesorgt, daß in jeder Hinsicht den Anforderungen eines ordentlichen Menschen genügt wird. Schlaf- und Waschstellen, namentlich Hospitäler für beiderlei Geschlecht, Koch-, Eis- und sonstige erforderliche Apparate bieten Alles, was billigerweise nur verlangt werden kann. Es ist unter Anderem ein Condensor an Bord, womit aus Seewasser per Minute 41/2 Liter Süsswasser verfertigt werden. Jedes dieser Dampfboote ist zum Transport von 700--800 Passagieren 3. Klasse à fi. 53, 24 -- 30 Passagieren 2. Klasse a, fl. 125, und 24--30 Passagieren 1. Klasse à II. 220 eingerichtet.

Jeden zweiten Sonntag geht hier ein Steamer dieser Gesellschaft nach New-York ab, und jeden zweiten Donnerstag einer von NewYork nach hier.

An A u s w a n d e r e r n sind nach dem Ausweis der hiesigen Staatscommission für Ueberwachung derselben im Jahre 1873 über den hiesigen Hafen und aus demselben 5001 Personen befördert worden, die größte seit 12 Jahren erreichte Ziffer; in den Jahren 1872, 1871, 1870, 1809 und 1868 betrug sie 3662, 2S44, 3411, 2726 und 2846. Von obigen 5091 Personen waren 1337 Männer, 814 Frauen und 1021 Kinder aus Niederland und 1173 Männer, 432 Frauen und 314 Kinder vom Ausland.

Nach Nordamerika giengen 2977 Personen direct, 1994 via Liverpool, 38 via Glasgow, 23 via London und 9 via Antwerpen ; nach Brasilien 9 via Liverpoool; nach Australien 9 via London; nach dein Kap der guten Hoffnung lo via London; nach Chili 17 via Liverpool.

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Banken und Handelsgesellschaften.

Die R o t t e r d a m e r - B a n k hatte Ende 1872 über ein Kapital von fl. 8,893,625 zu verfügen. Durch Einzahlung von weiteren 2493 Antheilen war ihr Kapital Ende 1873 bis auf fl. 9,205,250 gestiegen. Durch diese Kapitalzunahme ist, ihre Position so kräftig geworden, daß sie während des in mancher Hinsicht so verhängnißvollen Jahres 1873 nicht allein allen gerechten Anforderungen des Handels genügen konnte, sondern auch für alle Actionäre nach Abzug aller Verluste ein befriedigendes Resultat erreichte, so daß sie, nach Abschreibung einer ansehnlichen Summe auf das ReserveConto, im Stande war, eine Netto-Dividende von 5 °/o auszurichten.

Im Verein mit der unter ihren Auspizien früher errichteten Rotterdamer - Handelsvereinigung und andern bedeutenden Häusern hat sie der Errichtung und Ausbreitung verschiedener industrieller Unternehmungen kräf'tig in die Hände gearbeitet, und es verdient namentlich lobender und anerkennender Erwähnung, daß sie mit 17 bedeutenden Firmen in Holland bei der Regierung die Conzession zum Bau von inländischen Eisenbahnen nachgesucht hat, um die Verbindung mit ausländischen Eisenbahnen zu erreichen, wodurch der Verkehr mit dem Ausland nach allen Seiten hin mächtig gehoben würde.

Diese Conzession ist ihr seitdem auch ertheilt worden.

Die ,, R o t t e r d a m e r Handelsvereeniging" hatte beim Bücherabschluß am 31. December 1873 auf dem Gewinn- und Verlust-Conto einen Saldo-Gewinn von fl. 445,061. 72l/2 c. aufzuweisen, wovon fl. 59,004. 94 c. auf Reserve-Rechnung gebracht und den Antheilhabern eine Dividende von 71/2% ausgerichtet wurde.

Die ,, R o t t e r d a m s c h e I n d i s c h e C u l t u r Maatschappy" hat am 7. November 1873 ihr Capital auf fl. 3,000,000 gebracht und sich für die Zeit von 25 Jahren verbunden. Alle Antheile müssen innerhalb 6 Jahren an den Markt gebracht werden und es darf dies nie unter pari geschehen. Jeder der beiden Directoren und der fünf Commissäre muß für fl. 10,000 Actien auf seinen Namen besitzen und diese Actien sind unveräußerlich. Der Bücherabschluß soll vom 30. Juni 1874 an alljährlich geschehen.

Die Internationale C r é d i t - und Handelsvereenigng R o t t e r d a m " , jetzt ein belangreicher Factor des Handels von Rotterdam, welche sich besonders mit dem Import- und Exporthandel von und nach
den Ostindisch-Niederländischen Besitzungen beschäftigt, hat im vorigen Jahre ein ganz außergewöhnlich günstiges Resultat erreicht; ihr Netto-Gewinn pro 1873 beträgt nämlich

798

fi. 513,55(5. 47. Die Actionäre bekommen eine Dividende, von 26*/io°/<>, während auf Reserve-Conto 20°/o übergebucht werden.

Eisenbahnen.

Die Bilanz der ,,hollandsche Yzeren Sporr" hat für 1873 eine Dividende von 6,80 °/o ergeben ; sie hat beschlossen, mit der Niederländisch-Westphälischcn Eisenbahngesellschaft über Ausnutzung der ihr gehörigen Strecke, von der preußischen Gren/e über Winterswyk nach Zutphen einen Contract einzugehen und ihr Capital bis auf 15 Millionen Gulden zu bringen.

Die R h e i n e i s e n b a h n hat in der ,,Staatspoortt eine gewaltige Concurrenz im Gütertransport bekommen ; sie hat 1873 71,724 Tonnen Güter weniger expedirt als 1872, aber fl. 97,434. 3(5 c. mehr Fracht eingenommen. Die Anzahl der Reisenden liât sieh vermehrt um 92,352 und die Einnahmen daraus um fl. 65,944. (58'/^ e. Die, Dividende pro 1873 betrug fl. 18. 60 pro Antheil von ii. 250.

Die N o r d b r a b a n t er- d e u t s c h e E i s e n b a h n Boxte,l-Wesel ist bis Goch bereits fertig und man hat sicli zu einer neuen Anleihe entschlossen, um auch die weitere Strecke von Goch nach Wesel zu vollenden.

Die Niederländische Staatseisenbahn hat im September die Vollendung der Strecke Antwerpen-Rotterdam übernommen.

Alle Linien zusammen genommen gaben 1873 einen Durehsehnittsertrag per Tag und Kilometer von fl. 16. 69 c. gegen il. 15.

11 c. im Jahr 1872, oder ca. 10 lk °/<> mehr. Die Unkosten betrugen fl. 8. 79 c. oder 1.4 °/o mehr als'1872.

Die Stadt Rotterdam hatte am 31. December 1873 eine Bevölkerung von 125,843 Seelen gegen 122,471 am 31. Dee. 1872.

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Bericht des schweiz. Vicekonsuls in Rotterdam (Hrn. Kaspar J. Koch von Zürich) über das Jahr 1873. (Datirt 30. Juni, eingegangen 23. Juli 1874.)

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1874

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12.09.1874

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785-798

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