05.069 Botschaft zum Abkommen zwischen der Schweiz und Italien über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft vom 31. August 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Italienischen Republik über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. August 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-1661

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Übersicht Angesichts der durch die Anschläge vom 11. September 2001 veranschaulichten Bedrohung erweist sich eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen mehr denn je als notwendig.

Die kommenden Olympischen Winterspiele werden in der Zeit vom 10. bis 26. Februar 2006 in Turin/Italien stattfinden. Veranstaltungen dieser Art geniessen weltweite Aufmerksamkeit und bieten dadurch extremistischen Gruppierungen die Möglichkeit, durch terroristische Angriffe ihre Ziele zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund erfordern die geografische Nähe des Austragungsortes der Winterolympiade 2006 zur Schweiz sowie der Stellenwert und die Internationalität dieser Veranstaltung eine enge Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien im Bereich der Sicherheit.

Das Ihnen mit der vorliegenden Botschaft zur Genehmigung unterbreitete Abkommen regelt die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien bei der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen. Die Zusammenarbeit soll sich jedoch nicht auf die Dauer der Olympischen Winterspiele beschränken, sondern unabhängig davon weitergeführt werden. Das Abkommen entspricht inhaltlich einer kürzlich zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Vereinbarung und stellt die konsequente Fortsetzung der Politik des Bundesrates zur Wahrung der Sicherheit gegen terroristische Angriffe aus der Luft dar.

Die hier zur Diskussion stehende Kooperation zwischen Italien und der Schweiz bezweckt die Erleichterung des gegenseitigen systematischen Informationsaustausches über die allgemeine Luftlage sowie die Verbesserung der Interventionsmöglichkeiten beider Parteien im Falle einer konkreten Bedrohung. Unter dem Kommando des Gastlandes sind grenzüberschreitende Luftpolizeieinsätze bis hin zum Einsatz von Infrarotlockzielen möglich. Ausgeschlossen sind dagegen der Warnschuss mit scharfer Munition sowie der Zerstörungsschuss.

Auf die Souveränität der beiden Staaten wie auch auf geltende bilaterale Abkommen wird Rücksicht genommen.

Gemäss Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) fallen auswärtige Angelegenheiten in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Da der Abschluss eines Staatsvertrages über die Zusammenarbeit im militärischen Einsatz gemäss dem vorliegenden Abkommen nicht
unter Artikel 7a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) und damit nicht in den selbständigen Kompetenzbereich des Bundesrates fällt, muss das Abkommen nach Artikel 166 Absatz 2 BV der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

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Das vorliegende Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, es ist aber jederzeit kündbar. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, enthält keine wichtigen Recht setzenden Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV und kann ohne den Erlass zusätzlicher Bundesgesetze umgesetzt werden. Somit ist es nicht dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstellt.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Angesichts der durch die Anschläge vom 11. September 2001 veranschaulichten Bedrohung erweist sich eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft mehr denn je als notwendig. Einige unserer Nachbarländer haben sich mit Mitteln und Strategien gerüstet, welche die Sicherheit gegenüber diesen neuen Bedrohungen erhöhen. Auf supranationaler Ebene laufen ausserdem verschiedene Projekte oder sind bereits realisiert worden. Damit soll diese Art von Terrorakten bekämpft werden (während die NATO über das Datenaustauschprogramm Air Situation Data Exchange [ASDE] verfügt, wird in Europa das Projekt European Regional Renegade Information Dissemination System [ERRIDS] entwickelt).

Auf Grund ihrer geostrategischen Lage ist die Schweiz ein Partner von zentraler Bedeutung, der nicht übersehen werden kann. Da die Terrorbedrohung keine Grenzen kennt, muss angesichts der kurzen Vorwarnzeit eine Partnerschaft mit unseren direkten Nachbarn sowie denjenigen supranationalen Organisationen angestrebt werden, die im Bereich des Luftraums und dessen Sicherung tätig sind. Ohne die Einmischung eines Drittlandes in unsere Souveränität dulden zu wollen, sind wir zu einer Zusammenarbeit bereit, um diese Bedrohungen wirksam bekämpfen zu können.

Die Schweiz verfügt über wertvolle Erfahrungen in der Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Im Rahmen der Organisation des G8-Gipfels in Evian vom 1. bis 3. Juni 2003 wurde die Effizienz des Dispositivs zur Sicherung des französisch-schweizerischen Luftraums unter Beweis gestellt. Mittlerweile wurde die ursprünglich nur auf den G8-Gipfel beschränkte Zusammenarbeit mit Frankreich durch eine auf unbeschränkte Zeit abgeschlossene Vereinbarung auf eine dauernde Zusammenarbeit ausgeweitet. Der Nationalrat und der Ständerat haben den entsprechenden Staatsvertrag am 7. März bzw. am 8. Juni 2005 genehmigt und den Bundesrat ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

Die künftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern wird in diesem Abkommen in einem Rahmen festgelegt, der den Austausch von Informationen zur identifizierten Luftlage ermöglicht und es einem im Einsatz stehenden Flugzeug der Luftpolizei angesichts einer nichtmilitärischen Bedrohung erlaubt, die Grenze zu überfliegen und unter dem Kommando des
Gastlandes die Operationen bis zum Einsatz von Infrarotlockzielen weiter zu verfolgen. Ausgenommen bleiben einzig der Warnschuss mit scharfer Munition sowie der Zerstörungsschuss.

Diese Art der Zusammenarbeit ist im Rahmen einer Kontinuität der Politik der «permanenten Luftraumüberwachung» (Bundesratsbeschluss vom 20. August 2003) zu sehen. Damit wird unter anderem die Identifizierung des gesamten Luftverkehrs über unserem Territorium rund um die Uhr gewährleistet. Diese zusätzliche Zusammenarbeit mit Italien ergab sich auf Grund der Besorgnisse der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates (SIK-S). Diese nahm «Kenntnis von einem Katalog möglicher Massnahmen, welcher unter anderem den Abschluss ständiger Regelungen mit den betroffenen Nachbarländern, eine Verbesserung des Nachrich5426

tenverbundes und ein vermehrtes Üben und Testen der Prozesse und Strukturen vorsieht» (Pressemitteilung der SIK-S vom 18. Februar 2004).

Das Abkommen mit Italien ist ein wichtiger und ­ insbesondere im Hinblick auf die kommenden Olympischen Winterspiele in Turin ­ bedrohungsgerechter Schritt für die Regelung der grenzüberschreitenden luftpolizeilichen Zusammenarbeit. Damit werden spätere multilaterale Regelungen nicht präjudiziert. Es erlaubt jedoch der Schweiz, die Sicherheit im Luftraum gegen nichtmilitärische Bedrohungen in Zusammenarbeit mit Italien entscheidend zu erhöhen und wertvolle Erfahrungen für die nachbarschaftliche Zusammenarbeit und den Abschluss allfälliger ähnlicher Abkommen zu sammeln.

1.2

Projektorganisation

Im Juni 2005 wurde eine italienisch-schweizerische Arbeitsgruppe mit der Organisation des Projektes beauftragt. Dieser gehören juristische, operationelle und technische Vertreter an.

Unter der Leitung der Luftwaffe und in enger Zusammenarbeit mit dem Stab des Chefs der Armee (internationale Beziehungen Verteidigung) hat die Schweizer Delegation ihre Arbeiten mit denjenigen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) und des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) koordiniert. Auf Grund der zeitlichen Dringlichkeit ­ die Olympischen Winterspiele finden bereits im kommenden Februar statt ­ wurde der vorliegende Abkommenstext anlässlich einer Sitzung mit Vertretern der italienischen Luftwaffe in Rom vereinbart; Detailfragen wurden im Anschluss daran auf dem Korrespondenzweg geklärt.

Die Resultate dieser Arbeiten sind im hier erläuterten Gesamtabkommen zwischen Italien und der Schweiz festgehalten.

1.3

Haltung des Bundesrates

Die Anschläge vom 11. September 2001 haben auf dramatische Art und Weise gezeigt, welche Gefahren von nichtmilitärischen Luftfahrzeugen in der Hand von Terroristen ausgehen können. Der Bundesrat ist zwar nach wie vor der Ansicht, dass die Schweiz zurzeit kein primäres Ziel solcher Angriffe darstellt. Die Erfahrungen aus dem G8-Gipfel haben jedoch klar gezeigt, dass der Schutz bedeutender Anlässe, insbesondere am Konferenzstandort Genf, eine angemessene Antwort auf Gefahren aus der Luft erfordert. Gleiches gilt für die kommenden Winterspiele in Turin. Die Schweiz soll sich aktiv an den Massnahmen zur Verbesserung des Schutzes des europäischen Luftraums gegen terroristische Bedrohungen beteiligen; unser Land darf in diesem sensitiven Bereich nicht zur Sicherheitslücke werden. Das vorliegende Abkommen schafft nun die Grundlagen einer dauerhaften und engeren Zusammenarbeit mit Italien bei der Erfüllung luftpolizeilicher Aufgaben, welche über weiten Teilen unseres Staatsgebiets wegen der fehlenden Vorwarnzeit nicht im Alleingang bewältigt werden können. Die oft kurzfristige Ankündigung von wichtigen Konferenzen erlaubt es nicht, fallweise Staatsverträge über die luftpolizeiliche Zusammenarbeit abzuschliessen. Das vorliegende Abkommen mit Italien stellt somit 5427

die logische Fortsetzung der bereits mit Frankreich abgeschlossenen Vereinbarung zu diesem Thema dar.

Der Bundesrat begrüsst daher die Bereitschaft Italiens, diese für unsere Sicherheit wichtige Zusammenarbeit nicht nur im Hinblick auf die kommenden Winterspiele in Turin vereinbaren zu wollen, sondern sie zukunftsgerichtet auf eine dauerhafte Basis zu stellen. Das Abkommen beschränkt sich dabei auf die Kooperation bei der Abwehr nichtmilitärischer Gefahren und kann im Falle einer Krise oder eines Konflikts jederzeit und mit sofortiger Wirkung einseitig sistiert werden. Es schafft somit keinerlei Präjudiz für eine militärische Kooperation im Rahmen eines bewaffneten Konflikts, die mit der Neutralität der Schweiz unvereinbar wäre.

1.4

Notwendigkeit eines Vertragsabschlusses

Die zwischen den beiden Ländern beabsichtigte Zusammenarbeit bei der Sicherung des Luftraums bedingt eine beschränkte gemeinsame Ausübung der Souveränität; sie muss sich daher auf eine formelle Rechtsgrundlage stützen können. Der Abschluss eines bilateralen Staatsvertrags ist deshalb unumgänglich.

1.5

Ablauf der Verhandlungen

Bereits seit längerer Zeit fanden zwischen Vertretern der beiden betroffenen Luftwaffen informelle Gespräche über eine Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Luftpolizei statt. Am 21. Juni 2005 wurde in Rom ­ basierend auf dem bereits zwischen der Schweiz und Frankreich bestehenden Abkommen ­ der vorliegende Text ausgearbeitet. Geringfügige nachträgliche Anpassungen konnten jeweils auf dem Korrespondenzweg vereinbart werden.

2

Besonderer Teil

2.1

Inhalt des Abkommens

Das vorliegende Abkommen regelt die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen. Diese Zusammenarbeit bezweckt die Erleichterung des gegenseitigen systematischen Informationsaustausches über die allgemeine Luftlage sowie die Verbesserung der Interventionsmöglichkeiten beider Parteien im Falle einer konkreten nichtmilitärischen Bedrohung.

Es nimmt Rücksicht auf die Souveränität der beiden Staaten wie auch auf geltende bilaterale Abkommen.

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2.1.1

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1.1.1

Begriffsbestimmungen (Art. 1)

Zunächst ist festzuhalten, dass die luftpolizeilichen Verfahren der beiden Staaten identisch sind. Als «nichtmilitärische Bedrohung aus der Luft» gilt ein ziviles Luftfahrzeug, das entweder unter feindliche Kontrolle geraten ist, oder ein zu feindlichen Zwecken genutztes ziviles Luftfahrzeug. Unter den Begriff «aktive Massnahmen zur Sicherung des Luftraums» fallen die Überwachung, die Befragung, die Identifikation, der Begleitschutz, die Abschreckung und die Intervention, bestehend aus der Erzwingung der Einhaltung der Flugroute sowie der Erzwingung zur Landung.

Dabei werden die Verfahren festgelegt, welche ein Kampfflugzeug bei einer Interzeption in Italien beziehungsweise der Schweiz zu befolgen hat.

Der Katalog möglicher Abschreckungsmassnahmen konnte noch nicht abschliessend festgelegt werden; aus diesem Grund wird diesbezüglich auf eine Ausführungsvereinbarung (vgl. Ziff. 2.1.1.4) verwiesen, welche diesen Bereich noch näher definieren muss. Allerdings kommen nur Massnahmen in Frage, die auch nach den Vorschriften der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO zulässig sind. Im Vordergrund steht der Einsatz von sog. Infrarotlockzielen (flares). Dabei handelt es sich um eine pyrotechnische Munition, welche bei ihrer Verwendung helles Licht und starke Hitze entwickelt und am Tag wie während der Nacht vom abgefangenen Flugzeug aus deutlich zu sehen ist. Diese für die Umwelt nicht schädliche Munition wird von unseren Flugzeugen im Rahmen von Trainingsflügen regelmässig eingesetzt. Der Warnschuss mit scharfer Munition sowie der Zerstörungsschuss verbleiben hingegen in der ausschliesslichen Kompetenz des Staates, der die jeweiligen Hoheitsrechte ausübt.

2.1.1.2

Gegenstand, Souveränität (Art. 2 und 3)

Gegenstand (Art. 2) Der Vertrag regelt die Zusammenarbeit der Parteien bei der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen, indem der systematische Informationsaustausch über die allgemeine Luftlage erleichtert und die Interventionsmöglichkeiten gegen konkrete nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft verbessert werden.

Die Parteien bemühen sich, Luftannäherungen im gegenseitigen Interessenraum zu überwachen und die in Artikel 1 definierten Massnahmen zur Sicherung des Luftraums zu ergreifen, die Art der Bedrohung aufzuklären und zu evaluieren, den zuständigen Organen der anderen Vertragspartei diejenigen Elemente der Luftlage mitzuteilen, die deren Entscheidfindung ermöglichen, und einer konkreten nichtmilitärischen Bedrohung aus der Luft vorbeugend oder abwehrend mit den in Artikel 1 definierten Massnahmen zu begegnen.

Souveränität (Art. 3) Die im Abkommen vorgesehene Zusammenarbeit erfolgt unter Achtung der Souveränität und der jeweiligen Zuständigkeiten der Schweiz und Italiens. Zur Sicherstellung einer effektiven und effizienten Zusammenarbeit besitzen die Behörden der beiden Länder indes eine beschränkte Handlungskompetenz im Hoheitsgebiet des anderen Staats. Der Einsatz von Schusswaffen bleibt in jedem Fall alleinige Kompetenz des Staates, welcher die Hoheitsrechte ausübt.

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2.1.1.3

Umfang der Zusammenarbeit (Art. 4)

In Artikel 4 wird der Umfang der Zusammenarbeit geregelt und es werden Massnahmen beschrieben, welche für den erfolgreichen Ablauf der Operationen erforderlich sind. So ist beispielsweise die Möglichkeit der Luftbetankung eines Flugzeugs vorzusehen, wenn sich diese als notwendig erweisen sollte. Ebenso muss die Logistik bei der Landung eines Flugzeugs im Partnerstaat organisiert werden. Absatz 2 bildet die Grundlage für den Abschluss von Ausführungsvereinbarungen, in denen die konkrete Umsetzung der einzelnen Massnahme festgelegt wird. In diesem für die operationelle Leitung unerlässlichen Dokument werden die Verfahren beschrieben.

Während das Gesamtabkommen den Rahmen festlegt, regelt die Ausführungsvereinbarung die Details. Zuständig für den Abschluss von Ausführungsvereinbarungen ist der Bundesrat (Art. 7a Abs. 2 Bst. b RVOG).

2.1.1.4

Konkrete Umsetzung (Art. 5)

Die Zusammenarbeit im Falle einer konkreten nichtmilitärischen Bedrohung durch ein Luftfahrzeug beruht auf einer klaren Kommandoregelung, welche zur erfolgreichen Durchführung solcher Aktionen unerlässlich ist. Der Entsendestaat erteilt seinen Einsatzkräften die Erlaubnis zum Einsatz über dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei. Von diesem Zeitpunkt an werden sämtliche Massnahmen der Sicherung des Luftraums von der Einsatzzentrale des Aufenthaltsstaates geleitet.

Dieses Vorgehen erfordert eine Koordination auf taktischer Stufe durch die Einsatzzentralen beider Vertragsstaaten und die Übergabe der taktischen Kontrolle an die Einsatzzentrale des Aufnahmestaates für die Dauer der Aktion. Der Einsatz von Schusswaffen bleibt unter alleiniger Verantwortung des Aufnahmestaates und darf nur mit nationalen Mitteln erfolgen. Luftfahrzeuge des Entsendestaates verfügen somit über keine Kompetenz, Schusswaffen über fremdem Hoheitsgebiet einzusetzen. Immerhin sieht das Abkommen vor, dass Waffen und Munition von Luftfahrzeugen des Entsendestaates über dem Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates mitgeführt werden dürfen. Dies ist deshalb erforderlich, weil dieselben Luftfahrzeuge unter Umständen während des gleichen Einsatzes erneut über eigenem Staatsgebiet fliegen und dort nach den Bestimmungen ihrer nationalen Gesetzgebung ihre Waffen einsetzen müssen. Die Parteien verpflichten sich, regelmässig grenzüberschreitende Übungen zur gemeinsamen Sicherung des Luftraums durchzuführen.

2.1.1.5

Sicherheit und Umweltschutz (Art. 6 und 7)

Sicherung und Sicherheit von Personen und Sachen (Art. 6) Der Entsendestaat ist im Hoheitsgebiet des Aufenthaltsstaates für die Betriebssicherheit seiner eingesetzten Luftfahrzeuge, des Materials, der Waffen und der Munition verantwortlich. Der Aufenthaltsstaat sorgt für die Sicherung (z. B. Bewachung). Beide Parteien arbeiten in Sicherheitsbelangen zusammen.

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Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften (Art. 7) Die Parteien beachten die in Kraft stehenden Sicherheits- und Umweltschutzbestimmungen, insbesondere was die eingesetzten Luftfahrzeuge sowie Material, Waffen und Munition betrifft.

2.1.1.6

Austausch von Informationen (Art. 8)

Der Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten erfolgt nach den jeweiligen nationalen Vorschriften. Der Informationsaustausch über die allgemeine Luftlage wird in einem separaten technischen Abkommen geregelt. Die Parteien tauschen zudem gegenseitig Informationen über operationelle Belange aus, welche geeignet sind, ihren Informationsstand zu verbessern.

2.1.1.7

Ausgaben (Art. 9)

Jede Partei trägt ihre bei der Umsetzung des vorliegenden Abkommens anfallenden Kosten.

2.1.1.8

Rechtsstellung der Streitkräfte (Art. 10)

Beim Einsatz der Streitkräfte im Rahmen dieses Abkommens werden diejenigen Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (PfP-Truppenstatut, SR 0.510.1) sowie des Zusatzprotokolls vom 19. Juni 1995 zum Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (Zusatzprotokoll zum PfP-Truppenstatut, SR 0.510.11) angewendet, die den Status der eingesetzten Militärpersonen umfassend regeln.

2.1.1.9

Untersuchung von Flugunfällen und medizinische Unterstützung (Art. 11 und 12)

Untersuchung von Flugunfällen oder -zwischenfällen (Art. 11) Im Zusammenhang mit der Untersuchung von Flugunfällen auf dem Territorium eines Vertragsstaates unter Beteiligung eines Luftfahrzeuges des anderen Staates hat Letzterer das Recht auf Einsitznahme in der Flugunfallkommission.

Medizinische Unterstützung (Art. 12) Der gegenseitige Zugang zu medizinischer Versorgung wird gewährt. Der Aufenthaltsstaat sichert die kostenlose medizinische Versorgung bis zum Erstellen der Transportfähigkeit zu; alle darüber hinausgehenden Kosten müssen vom Entsendestaat getragen werden.

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2.1.1.10

Suspendierungsklausel (Art. 13)

Beide Parteien behalten sich vor, im Falle eines Krieges, eines Belagerungszustandes, einer Krise oder beim Vorliegen nationaler Interessen die Durchführung des Abkommens einseitig und gegebenenfalls mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Es obliegt somit den politischen Behörden des Bundes, beim Vorliegen von Gründen gemäss Artikel 13 zu entscheiden, ob der Vertrag aus neutralitätsrechtlichen oder -politischen Gründen ausgesetzt werden muss.

2.1.1.11

Beilegung von Streitigkeiten (Art. 14)

Die Klärung unterschiedlicher Auffassungen in Zusammenhang mit der Umsetzung oder Auslegung des Abkommens erfolgt auf dem Konsultationsweg.

2.1.1.12

Schlussbestimmungen (Art. 15)

Die Parteien informieren sich über den Abschluss der notwendigen Ratifikationsverfahren. Das Abkommen tritt am Tage des Eintreffens der zweiten Notifikation in Kraft. Es kann jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann jedoch jederzeit durch eine Partei unter Beachtung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden. Die bereits entstandenen Verpflichtungen bleiben dadurch unberührt.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Das Abkommen ist mit keinerlei finanziellen Verpflichtungen für den Bund verbunden. So müssen weder Italien noch die Schweiz für die Leistungen ihrer Luftpolizei entschädigt werden.

Hingegen muss die Einrichtung technischer Systeme zum Informationsaustausch finanziert werden. Während die Grundkosten auf 70 000 Franken geschätzt werden, belaufen sich die jährlichen Kosten inklusive Wartung auf 110 000 Franken. Sowohl die Grundkosten als auch die wiederkehrenden Aufwendungen werden mit Mitteln aus dem ordentlichen Budget des VBS finanziert.

Es ist kein zusätzliches Personal vorzusehen.

Die Trainingsmissionen der Luftpolizei sind im aktuellen Budget der Luftwaffe enthalten. Es genügt somit, die Verfahren anzupassen, was mit keinerlei Kostensteigerungen verbunden ist.

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Geschäft ist im Bericht des Bundesrates über die Legislaturplanung 2003­2007 vom 25. Februar 2004 (BBl 2004 1148) nicht angekündigt. Der Grund liegt darin, dass die Auswertung der G8-Erfahrungen im Zeitpunkt der Verabschiedung der Legislaturplanung immer noch im Gange war und die Bereitschaft von Italien zur bilateralen Regelung noch nicht vorhanden war.

Das vorliegende Abkommen trägt zur Umsetzung der sicherheitspolitischen Strategie des Bundesrates bei, die er im Bericht «Sicherheit durch Kooperation» vom 7. Juni 1999 dargelegt hat.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das vorliegende Abkommen hat keinen Bezug zum europäischen Recht.

6

Verfassungsmässigkeit

Gemäss Artikel 54 Absatz 1 BV fallen auswärtige Angelegenheiten in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Dieser ist für den Abschluss von Verträgen mit ausländischen Staaten zuständig. Auf Grund von Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung internationaler Verträge zuständig.

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen internationale Verträge dem fakultativen Referendum, sofern sie von unbestimmter Dauer und nicht kündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige Recht setzende Bestimmungen enthalten oder solche, deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das vorliegende Abkommen kann jederzeit gekündigt werden (siehe Art. 15 Abs. 3) und sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Es bleibt damit zu klären, ob das Abkommen wichtige Recht setzende Bestimmungen enthält oder ob seine Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Unter Recht setzenden Bestimmungen sind gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Wichtige Bestimmungen sind im Übrigen solche, welche nach innerstaatlichem Recht gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV in einem Gesetz im formellen Sinne zu erlassen sind. Das vorliegende Abkommen regelt den juristischen Rahmen einer militärischen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien im Bereich der Sicherung des Luftraums. Es bezweckt einen erleichterten systematischen Austausch von Informationen, insbesondere zur allgemeinen Luftlagesituation, und eine Verbesserung der Kapazitäten zur Intervention der Luftwaffen der Vertragsstaaten gegenüber einer nichtmilitärischen Bedrohung aus der Luft. Es enthält somit Recht setzende Bestimmungen. Diese sind jedoch nicht wichtig genug, denn sollten sie auf nationaler Ebene erlassen werden, hätte dies nach Artikel 164 Absatz 1 BV nicht in Form eines Gesetzes im formellen Sinne zu erfolgen. Im Übrigen wird die militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten im Bereich der Luftpolizei «unter Einhaltung der Souveränität sowie der jeweiligen Befugnisse jeder Partei» (vgl. Art. 3) erfolgen. Die Anwendung von Waffen und der Abschuss fallen ausser5433

dem «ausschliesslich in den Zuständigkeitsbereich und die Kompetenz jeder Partei und können somit nur mit einem nationalen Interventionsmittel über nationalem Hoheitsgebiet unter nationalen Kontroll- und Einsatzketten und nach nationaler Authentifizierung in Betracht gezogen werden» (siehe Art. 5 Abs. 2).

Wird mit Massnahmen der Luftpolizei auf eine nichtmilitärische Bedrohung aus der Luft reagiert, so wird dies schliesslich auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechtes des Vertragsstaates geschehen, in dessen nationalem Raum die Intervention stattfindet. Andererseits erfordert die Umsetzung des Abkommens keinerlei Gesetzesänderung in der Schweiz. Aus dem Vorhergehenden resultiert, dass der Bundesbeschluss über die Genehmigung dieses Abkommens nicht dem Referendum in Sachen internationale Verträge auf Grund von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegt.

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