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23.051 Botschaft zur Änderung des Energiegesetzes vom 21. Juni 2023

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zum zur Änderung des Energiegesetzes1.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2020

P

19.3730

Effizientere und kürzere Verfahren für den Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien (N 19.06.2020, Chevalley)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. Juni 2023

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

1

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2023-1908

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Übersicht Die Vorlage zielt darauf ab, die Verfahren für die Planung, den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von grossen Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien zu vereinfachen und damit zu beschleunigen.

Ausserdem soll der Planungsprozess für das schweizerische Übertragungsnetz vereinfacht werden.

Ausgangslage Die unsichere geopolitische Lage und die Abhängigkeit von Stromimporten machen deutlich, dass die inländische Produktion von erneuerbaren Energien dringend ausgebaut werden muss, um eine mögliche Strommangellage in der Schweiz zu verhindern. Zur Umsetzung der in der Volksabstimmung von 2017 bestätigten Energiestrategie 2050 und der langfristigen Klimastrategie der Schweiz sind die Schaffung neuer und der Ausbau bestehender Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien unabdingbar. Dabei kommt der Energiegewinnung aus Wasserkraft sowie der Solar- und Windenergie grosse Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund verabschiedete der Bundesrat am 18. Juni 2021 den Entwurf des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Revision des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes) zuhanden des Parlaments. Diese Vorlage sieht jedoch keine Änderungen der Planungs- und Baubewilligungsverfahren von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien vor. Die Dauer dieser Verfahren gilt aber als einer der wichtigsten Gründe, die den Ausbau solcher Anlagen hemmen. Bisweilen können für Energiegrossanlagen zwischen Projektierungsbeginn und Projektrealisierung über 20 Jahre verstreichen. Gründe dafür sind unter anderem die unzureichende Verfahrenskoordination und die Möglichkeit, die einzelnen Planungs- und Baubewilligungsentscheide einzeln bis vor Bundesgericht zu bringen.

Vor diesem Hintergrund verabschiedete das Parlament das Bundesgesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter (Änderung des Energiegesetzes, sog. «Solaroffensive»), das eine Vereinfachung der Planung von alpinen freistehenden Photovoltaikanlagen und eines einzelnen ausgewählten Wasserkraftprojekts vorsieht. Die parlamentarische Initiative UREK-N vom 22. September 2022 (22.461 «Dringliches Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparkprojekten und von grossen Vorhaben der Speicherwasserkraft»;
sog. «Windexpress») sieht Verfahrensbeschleunigungen für eine Anzahl von Windenergieanlagen von nationalem Interesse bis zu einer bestimmten Jahresproduktion vor. Mit dem vorgelegten Entwurf zur Änderung des Energiegesetzes (sog. «Beschleunigungserlass») will der Bundesrat den Ausbau von einheimischen erneuerbaren Energien weiter vorantreiben, um die Stromversorgungssicherheit der Schweiz weiter zu stärken und die Ausbauziele gemäss dem Energiegesetz sowie der Energiestrategie 2050 rechtzeitig zu erreichen.

Inhalt der Vorlage Die Planungs- und Baubewilligungsverfahren für Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse sowie die Rechtsmittelverfahren für Anlagen zur Erzeugung 2 / 28

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von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien sollen durch Vorgaben an die Kantone und die Gerichte vereinfacht und damit beschleunigt werden. Da der Bund im Bereich der erneuerbaren Energien lediglich über eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz verfügt, kann er betreffend Planung und Bewilligung von Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien keine umfassenden Verfahrensvorschriften erlassen. Der Fokus der vorgelegten Revision liegt daher auf verfahrensbeschleunigenden Massnahmen betreffend grosse Anlagen von nationalem Interesse. Dabei werden keine Abstriche am materiellen Natur- und Umweltschutzrecht vorgeschlagen. Vielmehr wird verlangt, dass solche Anlagen bei der endgültigen Einstellung der Energieproduktion zurückzubauen sind.

Was die Planung anbelangt, sollen die Kantone neben den geeigneten Gewässerstrecken und Gebieten zur Nutzung der Wasserkraft und Windenergie neu in ihren Richtplänen auch geeignete Gebiete für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 des Energiegesetzes festlegen (sog. Eignungsgebiete). Bei der Festlegung dieser Gebiete sollen die Kantone die Interessen des Landschaftsschutzes, des Biotopschutzes, der Walderhaltung, des Kulturlandschutzes und des Schutzes von Fruchtfolgeflächen berücksichtigen müssen. Konkrete Projekte, die in einem Eignungsgebiet liegen und gewichtige Auswirkungen auf Raum und Umwelt haben, brauchen keine projektbezogene Grundlage im Richtplan im Sinn von Artikel 8 Absatz 2 des Raumplanungsgesetzes mehr. Dies beschleunigt den Planungsprozess.

In Bezug auf die Bewilligungsverfahren haben die Kantone ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Solarund Windenergieanlagen von nationalem Interesse vorzusehen, das Nutzungsplanund Baubewilligungsverfahren vereint. Damit wird angestrebt, dass ein entsprechendes Projekt nicht mehr in mehrere, zeitlich auseinanderfallende Etappen aufgeteilt wird und jede Etappe einzeln bis vor Bundesgericht angefochten werden kann. Stattdessen gibt es nur noch einen Rechtsmittelzug, in dem sämtliche Rechtsfragen geklärt werden. Die Gemeinden sind frühzeitig in das kantonale konzentrierte Plangenehmigungsverfahren einzubeziehen. Plangenehmigungsbehörde ist die Kantonsregierung, wenn keine kantonale Verwaltungsstelle
damit betraut wird. Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller kann beantragen, dass anstelle des kantonalen konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens das ordentliche Verfahren durchgeführt wird. Als weitere verfahrensbeschleunigende Massnahmen sollen der Rechtsmittelweg verkürzt und die Beschwerdelegitimation auf kantonaler Ebene eingeschränkt werden. Weitere Vorgaben an die Gerichte sollen zeitlich beschleunigend auf die Rechtsmittelverfahren wirken.

Schliesslich ist vorgesehen, den Sachplanprozess für das schweizerische Übertragungsnetz zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Hierfür soll bei den Leitungsbauvorhaben der Netzebene 1 ­ den Höchstspannungsleitungen ­ künftig auf die formelle Festsetzung eines Planungsgebiets verzichtet und stattdessen direkt ein Planungskorridor festgesetzt werden.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Der Bedarf an Strom wird durch die Dekarbonisierung der Gesellschaft zunehmen, insbesondere durch die Elektrifizierung der Mobilität und des Gebäudesektors. Zur sicheren Stromversorgung braucht es eine ausreichende Eigenproduktion, eine funktionierende Netzinfrastruktur und Stromimporte. Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und aufgrund der grossen Abhängigkeit von Stromimporten hat sich das Risiko einer drohenden Strommangellage in der Schweiz erhöht. Es ist deshalb unbestritten, dass die Schweiz ihre Kapazitäten zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien bedeutend ausbauen muss, und dies innerhalb kurzer Zeit. Besonders wichtig ist dabei der Ausbau der Stromproduktion im Winter, da in den Wintermonaten weniger Strom aus Wasserkraft und vor allem im Mittelland weniger Wasser- und Solarstrom produziert wird. Ergänzend ist die Nutzung der Sonnenenergie zur Bereitstellung von Wärme eine effiziente Möglichkeit, zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors sowie zur Bereitstellung von industrieller Prozesswärme beizutragen.

Der Ausbau von einheimischen erneuerbaren Energien geht bisher nur schleppend voran. Dies ist nicht zuletzt auf die komplexen und langwierigen Planungs-, Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren für die entsprechenden Anlagen zurückzuführen.

So bedürfen Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt einer Grundlage im kantonalen Richtplan (Art. 8 Abs. 2 Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 19792, RPG). Unabhängig davon müssen die Kantone geeignete Gebiete (sog. Eignungsgebiete) für Windenergieanlagen und Gewässerstrecken für Wasserkraftanlagen im kantonalen Richtplan ausscheiden. Für Solaranlagen, also für Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, ist dies bislang nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen (vgl.

Art. 10 Abs. 1 Energiegesetz vom 30. September 2016, EnG, und Art. 8b RPG).

Nach der Richtplanung wird die Nutzungsplanung, allenfalls mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung, durchgeführt. Es folgen die allfällig notwendigen kantonalen Bewilligungsverfahren (z. B. Rodungsbewilligung, gewässerschutz- sowie baurechtliche Bewilligungen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen). In den meisten Kantonen muss die zuständige Behörde ­ in der Regel die Gemeinde ­ schliesslich noch eine Baubewilligung erteilen.3 Die Kantone sind bereits nach geltendem Recht
verpflichtet, die verschiedenen Verfahren zu koordinieren (vgl. Art. 25a RPG).

Sowohl gegen den Nutzungsplan als auch gegen die Baubewilligung steht jeweils der Rechtsweg bis vor das Bundesgericht offen. Die Gemeinden können auch Beschwerde gegen die entsprechende Richtplanfestlegung wegen Verletzung ihrer Ge2 3

SR 700 Gewisse Kantone, z. B. der Kanton Neuenburg, kennen bei Projekten betreffend Windenergieanlagen ein kantonales Nutzungsplanverfahren koordiniert mit den erforderlichen Bewilligungen und damit ein einstufiges Planungs- und Bewilligungsverfahren. Demnach ist bei solchen Verfahren in der Regel keine nachfolgende Baubewilligung mehr notwendig.

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meindeautonomie führen. Damit können bei grossen Energieanlagen zwischen Projektierungsbeginn und Realisierung über 20 Jahre verstreichen. Diese lange Verfahrensdauer verzögert nicht nur den dringend nötigen Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien, sondern ist auch verfassungsrechtlich problematisch, da damit das Beschleunigungsgebot nach Artikel 29 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)4 verletzt werden kann.

Am 18. Juni 2021 verabschiedete der Bundesrat den Entwurf des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Änderung des EnG und des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 20075, StromVG)6 zuhanden des Parlaments. Mit der Vorlage will er den Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz stärken, insbesondere auch für den Winter. Verfahrensrechtliche Vorschriften zur Planung und Bewilligung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien sind darin jedoch nicht enthalten. Um die im Energiegesetz und in der Energiestrategie 20507 vorgesehenen Ausbauziele rechtzeitig zu erreichen, sind aber auch die Verfahren für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Anlagen von nationalem Interesse zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien sowie die damit in Zusammenhang stehenden Rechtsmittelverfahren zu optimieren.

Vor diesem Hintergrund verabschiedete das Parlament in der Herbstsession 2022 eine Änderung des Energiegesetzes betreffend dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter (sog. «Solaroffensive»)8.

Um eine schnelle Verabschiedung dieser Vorlage zu ermöglichen, beschränkten sich die eidgenössischen Räte dabei auf alpine Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie auf ein einzelnes ausgewähltes Wasserkraftprojekt und nahmen keine anderen Energiequellen in die Vorlage auf. Die parlamentarische Initiative der UREK-N vom 22. September 20229 ­ sogenannter «Windexpress» ­ sieht vor, dass die Bewilligungsverfahren von weit fortgeschrittenen Projekten, bei denen insbesondere die Einhaltung der Umweltvorschriften bereits geprüft und bestätigt ist, aufgrund von Vorgaben des Bundes beschleunigt werden. Diese beschleunigten Verfahren sollen nur für eine beschränkte Anzahl von Windenergieanlagen von nationalem Interesse bis zu einer schweizweit zusätzlich
installierten Leistung aus solchen Anlagen von 600 MW im Vergleich zum Jahr 2021 zur Anwendung kommen. Damit wird sichergestellt, dass die Windenergie rasch einen spürbaren Beitrag zur Entschärfung der angespannten Stromversorgungslage leisten kann. Beide Vorlagen sind zeitlich befristet.

Der vorliegende Entwurf einer Änderung des Energiegesetzes ist zeitlich nicht befristet. Mit der Vorlage will der Bundesrat die Planungs- und Baubewilligungsverfahren sowie die Rechtsmittelverfahren vereinfachen und damit beschleunigen.

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SR 101 SR 734.7 BBl 2021 1667; 21.047 Abrufbar unter: www.bfe.admin.ch > Politik > Energiestrategie 2050 AS 2022 543 22.461 «Dringliches Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparkprojekten und von grossen Vorhaben der Speicherwasserkraft»

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1.2

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202010 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202011 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Mit der Energiestrategie 2050 richtete die Schweiz ihre Energiepolitik neu aus. Die Energiestrategie 2050 und das EnG legen insbesondere Ziele für den Ausbau der Elektrizität aus erneuerbaren Energien fest. Die Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, die im vorgelegten Entwurf vorgeschlagen werden, sollen dazu beitragen, die gesetzlichen Ausbauziele zu erreichen.

Der Bundesrat beschloss am 28. August 2019, für die Schweiz bis 2050 eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben (Netto-Null-Ziel).12 Die Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, die im vorgelegten Entwurf vorgeschlagen werden, dienen dem Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien und zielen damit darauf ab, das langfristige Klimaziel zu erreichen, nämlich die Treibhausgasemissionen bis ins Jahr 2050 auf netto null Emissionen abzusenken.

1.3

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Das von Nationalrätin Isabelle Chevalley am 20. Juni 2019 eingereichte und vom Nationalrat angenommene Postulat13 beauftragt den Bundesrat, gemeinsam mit den Kantonen einen Bericht vorzulegen, wie die Zeit bis zum Erhalt der Baubewilligung für eine Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien verkürzt werden könnte. Zur Beantwortung dieses Postulates gab das Bundesamt für Energie (BFE) eine Kurzevaluation in Auftrag. Der daraus resultierende Bericht vom 14. Juli 202114 «Externe Kurzevaluation von Projekten zur Produktion erneuerbarer Energie: Bestandesaufnahme, Verzögerungsgründe und Beschleunigungspotential» zeigt auf, wo es Potenzial für Beschleunigungsmassnahmen in diesem Bereich gibt. Die Ergebnisse dieses Berichts sind in den vorliegenden Gesetzesentwurf eingeflossen, weshalb der Bundesrat dem Parlament die Abschreibung des Postulats 19.3730 beantragt.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Der Bundesrat eröffnete am 2. Februar 2022 die Vernehmlassung. Die Vernehmlassung dauerte bis am 23. Mai 2022. Es gingen 258 Stellungnahmen ein. Die Ergebnisse 10 11 12 13 14

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Die Medienmitteilung ist abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 28.8.2019 > «Bundesrat will bis 20150 eine klimaneutrale Schweiz».

19.3730 «Effizientere und kürzere Verfahren für den Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien» Abrufbar unter: www.bfe.admin.ch > News und Medien > Evaluationen

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der Vernehmlassung wurden mit Vertreterinnen und Vertretern der Strombranche sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Kantone und der Gemeinden (Gemeindeund Städteverband) besprochen. Dabei konnte die Vernehmlassungsvorlage weiterentwickelt werden.

Im Hinblick auf die Eröffnung der Vernehmlassung wurde ein Quick-Check zur Regulierungsfolgeabschätzung durchgeführt, um zu beurteilen, welche Art der Ex-anteAnalyse der volkswirtschaftlichen Auswirkungen durchzuführen ist. Gestützt darauf wurde entschieden, keinen separaten Bericht zu erstellen, sondern die Prüfpunkte der Regulierungsfolgeabschätzung in der Botschaft darzulegen (vgl. Ziff. 6). Die Auswirkungen, die von den vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen ausgehen, wurden als gering eingestuft und betrafen hauptsächlich die kantonalen Behörden. Nach der Vernehmlassung wurden die Bestimmungen teilweise optimiert, und auf die Bestimmungen mit den grössten Auswirkungen wurde verzichtet. Demzufolge sind keine zusätzlichen Analysen notwendig.

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Der Vernehmlassungsentwurf regelte die bedeutendsten Wasserkraft- und Windenergieanlagen. Diese sollten im Konzept für erneuerbare Energien im Sinn von Artikel 13 RPG festgesetzt und näher beschrieben werden. Gestützt darauf sollten die Kantone für die darin aufgeführten bedeutendsten Anlagen möglichst rasch standortbezogene Richtplanverfahren durchführen. Die Kantone sollten für solche Anlagen sodann ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren nach Vorgaben des Bundes vorsehen, in dem die Nutzung des erforderlichen Landes festgelegt würde (vgl. Art. 14 Abs. 1 RPG) sowie die Baubewilligung (Art. 22 RPG) und alle durch die Kantone zu erteilenden bundesrechtlichen Spezialbewilligungen erteilt würden. Insbesondere sollten in diesem Plangenehmigungsverfahren die bei der Wasserkraftnutzung erforderlichen Konzessionen verliehen und bei allen Anlagen allenfalls notwendige Enteignungsrechte erteilt werden. Auf diese Weise würde die Realisierung der priorisierten Projekte mit einem einzigen anfechtbaren Rechtsakt ermöglicht, der vom oberen kantonalen Gericht und vom Bundesgericht überprüft werden könnte. Darüber hinaus enthielt der Vernehmlassungsentwurf Regelungen zur Förderung der Solarenergie: So sollten genügend angepasste Solaranlagen an Fassaden von Gebäuden in Bau- und Landwirtschaftszonen baubewilligungsfrei sein und nur noch einem Meldeverfahren unterstehen. Bei Neubauten sollten Kosten zur Erstellung von Solaranlagen bei Liegenschaften im Privatvermögen steuerlich abgezogen werden können. Der Bundesrat stellte den Vernehmlassungsteilnehmenden schliesslich die Frage, wie sie zu einer Pflicht zur Nutzung von Solarenergie auf geeigneten Neubauten in Kombination mit den vorgeschlagenen Steuererleichterungen stehen würden.

2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

In den eingegangenen Stellungnahmen wurde die Stossrichtung der Vernehmlassungsvorlage begrüsst, die konkrete Ausgestaltung hingegen stiess auf Kritik. Was 7 / 28

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die Planung anbelangt, wurde das Konzept des Bundes für erneuerbare Energien von den Kantonen abgelehnt. In Bezug auf die Bewilligungsverfahren wurde kritisiert, dass das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren für grosse Wasserkraftanlagen nicht geeignet sei. Überdies wurde gewünscht, der Projektträgerschaft die Wahlmöglichkeit zwischen einem konzentrierten und einem mehrstufigen Plangenehmigungsverfahren einzuräumen.

Kantone und Elektrizitätsunternehmen forderten weiter, neben den Verfahren zum Bau von Energieanlagen auch die Verfahren für die Weiterentwicklung der Stromnetze zu beschleunigen. Zudem wurde verlangt, den Behörden und den Gerichten verbindliche und kürzere Fristen zur Beurteilung von Projekten zu setzen. Ausserdem wurde insbesondere seitens der Strombranche die Ansicht vertreten, die Gewichtung der Schutzinteressen bei der Interessenabwägung zu überdenken.

Die Möglichkeit, Investitionen für Solaranlagen auf Neubauten steuerlich abzuziehen, wurde von Vernehmlassungsteilnehmenden positiv aufgenommen. Zudem wurde grundsätzlich begrüsst, dass Solaranlagen an Fassaden von der Bewilligungspflicht befreit werden sollen und nur noch der zuständigen Behörde gemeldet werden müssen. Die Pflicht zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten wurde unterschiedlich beurteilt.

Die Anliegen der Vernehmlassungsteilnehmenden lassen sich im Ergebnisbericht15 finden.

2.3

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die vorliegende Änderung des Energiegesetzes soll sich weiterhin auf die Planungsund Baubewilligungsverfahren für Anlagen von nationalem Interesse zur Nutzung von erneuerbaren Energien beschränken. Damit wird erreicht, dass die erwähnten Anlagen, die für die Erreichung der Ausbauziele gemäss dem EnG immanent wichtig sind, so bald wie möglich realisiert werden. Änderungen des materiellen Umweltrechts, insbesondere hinsichtlich der Gewichtung der Schutz- und Nutzungsinteressen im Rahmen der Interessenabwägung, sind nicht Teil des vorliegenden Gesetzesentwurfes. Das Parlament hat im Rahmen der laufenden Beratungen zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien16 bereits verschiedene Änderungen des materiellen Umweltrechts vorgenommen.

Das vorgeschlagene Konzept des Bundes für erneuerbare Energien wurde insbesondere von den Kantonen abgelehnt. Es ist deshalb nicht mehr im Entwurf enthalten.

Das kantonale konzentrierte Plangenehmigungsverfahren wurde grundsätzlich positiv aufgenommen. Es wird deshalb im vorliegenden Entwurf in etwas abgeänderter Form weiterverfolgt. Es soll sowohl auf Solar- wie auch auf Windenergieanlagen von nationalem Interesse Anwendung finden. Mit der Anwendung des konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens auf Solaranlagen wird der Rückmeldung aus der Vernehmlas15 16

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2022 > UVEK 21.047

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sung Rechnung getragen, wonach die Solarenergie in der Vorlage verstärkt zu berücksichtigen sei. Die Möglichkeit für die Gesuchstellenden, das ordentliche Verfahren zu beantragen, ist ebenfalls im Entwurf enthalten, womit ein weiteres Anliegen von Vernehmlassungsteilnehmenden berücksichtigt wird. Bei Wasserkraftanlagen von nationalem Interesse soll hingegen von einem konzentrierten Plangenehmigungsverfahren abgesehen werden und die heute bestehende Zweiteilung der Verfahren erhalten bleiben. Damit kommt das UVEK einer Forderung der Kantone und der Elektrizitätsbranche nach.

Weiter werden Fristen für die Behandlung von Rechtsmitteln festgelegt, um die Rechtsmittelverfahren zu beschleunigen. Der Kritik, dass sich die Vernehmlassungsvorlage nicht auch mit der Beschleunigung der Planungs- und Bauverfahren von Stromnetzen befasse, trägt der Bundesrat ebenfalls Rechnung und schlägt vor, den Sachplanprozess für das schweizerische Übertragungsnetz dadurch zu entlasten, dass künftig auf eine formelle Festsetzung eines Planungsgebiets verzichtet werden soll.

Damit kann insgesamt eine Beschleunigung des Planungsprozesses für die Übertragungsleitungen erreicht werden. Die Strategie Stromnetze17 ist Mitte 2019 in Kraft getreten. Es konnte erst damit begonnen werden, die darin vorgesehenen Massnahmen umzusetzen. Deshalb hat der Bundesrat darauf verzichtet, weitere Regelungen im Bereich des Stromnetzes in den Entwurf aufzunehmen.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Das EU-Recht kennt die Verordnung 2022/257718 vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien. Mit dieser Verordnung werden vorübergehende Notfallvorschriften festgelegt, um das Verfahren zur Genehmigungserteilung für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu beschleunigen. Damit soll eine kurzfristige Beschleunigung des Ausbaus der Nutzung von erneuerbaren Energien in der Europäischen Union erreicht werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Solaranlagen, auf Energiespeicheranlagen am Standort, wo die Energie produziert wird, auf dem Repowering von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen, auf deren Netzanschlüsse sowie auf Wärmepumpen. Neben materiellen Änderungen sieht die Verordnung 2022/2577 Fristen für die jeweiligen Verfahren zur Genehmigungserteilung vor. Die Mitgliedstaaten können aus bestimmten Gründen Ausnahmen dafür vorsehen. Die Verordnung 2022/2577 gilt für 18 Monate ab ihrem Inkrafttreten.

In den Rechtsordnungen der Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Österreich gibt es keine besonderen Planungsverfahren für grosse Wasserkraft- und Windenergieanlagen. Zur Anwendung kommen hier die allgemeinen Planungsverfahren. Italien hingegen sieht auf nationaler Ebene Leitlinien für die Raumplanung für sogenannte 17 18

Abrufbar unter: www.bfe.admin.ch > Versorgung > Stromversorgung > Stromnetze > Strategie Stromnetze.

Verordnung 2022/2577 des Rates vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien, Fassung gemäss ABl. L 335 vom 29.12.2022, S. 36.

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Quellen erneuerbarer Energien vor, welche sodann auf regionaler und lokaler Ebene umgesetzt werden. Die Rechtsordnungen der erwähnten Staaten haben gemein, dass jeweils verschiedene Raumplanungsinstrumente bestehen, die zur Anwendung kommen können. In Österreich variiert dies zudem von Bundesland zu Bundesland, da den Ländern die entsprechende Gesetzgebungskompetenz zukommt.

Das Baubewilligungsverfahren betreffend Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien richtet sich nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland nach dem Recht der einzelnen Bundesländer. Die Rechtsordnungen der erwähnten Staaten sehen eine Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau von Windenergieanlagen vor, wobei dieses Erfordernis teilweise auf grosse beziehungsweise leistungsstarke Windenergieanlagen beschränkt ist. Für Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus Wasserkraft bestehen meist separate Vorschriften, die entweder kumulativ oder alternativ zu denjenigen über die Windenergie zur Anwendung kommen.

In Rechtsmittelverfahren gegen behördliches Handeln im Planungs- oder Baubewilligungsverfahren findet in den Rechtsordnungen der Nachbarstaaten der Schweiz jeweils das allgemeine Verwaltungsrecht Anwendung. Es bestehen keine Besonderheiten für Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Die Planungs-, Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren für Anlagen von nationalem Interesse zur Nutzung von erneuerbaren Energien sollen vereinfacht und damit beschleunigt werden. Aufgrund der Ergebnisse aus der Vernehmlassung wurde der Vorentwurf wie folgt weiterentwickelt: Bislang müssen die Kantone die für die Nutzung der Wasserkraft und Windenergie geeigneten Gebiete und Gewässerstrecken in ihren kantonalen Richtplänen festlegen (vgl. Art. 10 Abs. 1 EnG; Art. 8b RPG). Neu sollen sie nun auch für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 geeignete Gebiete (Eignungsgebiete) in ihren kantonalen Richtplänen festlegen. Bei der Festlegung dieser Gebiete haben die Kantone die Interessen des Landschaftsschutzes, des Biotopschutzes, der Walderhaltung, des Kulturlandschutzes und des Schutzes von Fruchtfolgeflächen zu berücksichtigen. Konkrete Projekte, die in einem Eignungsgebiet liegen und gewichtige Auswirkungen auf Raum und Umwelt haben, brauchen keine projektbezogene Grundlage im Richtplan im Sinn von Artikel 8 Absatz 2 RPG mehr. Es kann direkt mit dem kantonalen Plangenehmigungsverfahren beziehungsweise dem Nutzungsplanungsund Baubewilligungsverfahren begonnen werden. Dies beschleunigt den Planungsprozess.

Das kantonale konzentrierte Plangenehmigungsverfahren stellt ein zentrales Element zur Verfahrensbeschleunigung dar. Für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse nach den Artikeln 12 Absatz 2 und Artikel 13 Absatz 1 sollen die Kantone ein solches Verfahren vorsehen.

Plangenehmigungsbehörde soll die Kantonsregierung sein oder eine kantonale Verwaltungsstelle, wenn die Kantonsregierung ihr diese Aufgabe übertragen hat. Die Pro10 / 28

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jektanten haben die Möglichkeit, anstelle des konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens die Durchführung des ordentlichen Planungs- und Bewilligungsverfahrens zu beantragen. Die zuständige Behörde entscheidet, ob ein konzentriertes oder ordentliches Verfahren durchgeführt wird. Im konzentrierten Plangenehmigungsverfahren werden die zulässige Nutzung des Bodens festgelegt und sämtliche kantonalen und bisher kommunalen Bewilligungen erteilt, die für den Bau der Anlage nötig sind, so z. B. auch Rodungsbewilligungen oder gewässerschutzrechtliche Bewilligungen.

Dadurch wird verhindert, dass ein Projekt in mehrere, zeitlich auseinanderfallende Etappen aufgeteilt wird und die in den jeweiligen Etappen ergehenden Entscheide jeweils bis vor Bundesgericht angefochten werden können. Damit die angestrebte Verfahrensbeschleunigung so schnell wie möglich greifen kann, sollen für das vorgeschlagene konzentrierte Plangenehmigungsverfahren nach Inkrafttreten der vorgeschlagenen Änderung des EnG zunächst die Artikel 16­17 des Elektrizitätsgesetzes vom 24. Juni 190219 (EleG) als kantonales Recht sinngemäss zur Anwendung kommen, falls noch keine kantonalen Regelungen dazu vorliegen.

Der Rechtsmittelweg wird mit der Einführung von Behandlungsfristen bei Rechtsmittelverfahren gestrafft. Die Straffung des Rechtsmittelwegs soll auch für Nutzungspläne, Bewilligungen und Konzessionsentscheide betreffend Wasserkraftwerke von nationalem Interesse nach den Artikeln 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 gelten.

Planungs- und Bewilligungsverfahren werden oftmals auch deshalb verzögert, weil kantonale und kommunale Umweltorganisationen Rechtsmittel gegen Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien ergreifen könnten. Eine solche Beschwerdelegitimation ist in Bezug auf Vorhaben von nationalem Interesse nicht gerechtfertigt. Neu soll die Beschwerdelegitimation bei Rechtsmittelverfahren betreffend Anlagen von nationalem Interesse nur noch im Umfang der Beschwerdelegitimation an das Bundesgericht gegeben sein. Damit bleiben Organisationen wie WWF Schweiz, Pro Natura, Schweizer Vogelschutz SVS / Birdlife Schweiz, Schweizer Alpen-Club, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz oder der Schweizerische Fischerei-Verband zur Beschwerde berechtigt. Weiterhin beschwerdeberechtigt sind die betroffenen Kantone und Gemeinden (insbesondere die Standortkantone
und -gemeinden, allenfalls benachbarte Kantone und Gemeinden) sowie gesamtschweizerisch tätige Organisationen.

Zur Beschleunigung des Netzausbaus wird auf die derzeit im Sachplanprozess für das schweizerische Übertragungsnetz formell verlangte Festsetzung eines Planungsgebiets durch den Bundesrat verzichtet. Stattdessen soll der Bundesrat direkt den Planungskorridor sowie die Übertragungstechnologie ­ Freileitung oder Kabel ­ festsetzen. Der Verzicht auf die formelle Festsetzung eines Planungsgebiets vereinfacht die Erarbeitung des Sachplans Übertragungsleitungen (SÜL) und ermöglicht damit einen rascheren Ausbau des schweizerischen Übertragungsnetzes. Dies trägt insbesondere dazu bei, dass die für die Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien notwendigen Netzinfrastrukturen rascher bereitgestellt werden können.

19

SR 734.0

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4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Entwurf betrifft zur Hauptsache die Verfahren der Kantone. Sie haben in ihren Richtplänen Eignungsgebiete für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 festzulegen. Die daraus resultierenden Richtplananpassungen müssen dem Bund zur Genehmigung vorgelegt werden. Die dabei neu anfallenden Geschäfte kann die Bundesverwaltung im ordentlichen Rahmen erfüllen. Zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen sind daher nicht nötig. Mit dem Verzicht auf die Festsetzung eines Planungsgebiets durch den Bundesrat wird der Sachplanprozess für den SÜL vereinfacht. Dadurch werden sowohl die Bundesbehörden als auch die vom jeweiligen Leitungsbauvorhaben betroffenen kantonalen Behörden entlastet.

4.3

Umsetzungsfragen

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Neuerungen obliegt grösstenteils den Kantonen.

Sie haben ihre Organisations- und Verfahrensrechte an die vorgeschlagenen bundesrechtlichen Vorgaben anzupassen. Nach Massgabe dieser Rechtsänderung müssen allenfalls auch Gemeinden ihre Erlasse anpassen. Einzelne Kantone kennen bereits konzentrierte Plangenehmigungsverfahren. Für diese Kantone besteht somit kein rechtlicher Anpassungsbedarf mehr. Der Bundesrat behält die Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben gemäss dem vorgelegten Entwurf im Auge und sammelt daraus resultierende Erfahrungen, um dem Parlament zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls nötige Optimierungsvorschläge unterbreiten zu können.

Als Folge der vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen sind verschiedene Bestimmungen in der Verordnung vom 2. Februar 200020 über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (VPeA) anzupassen. Allenfalls wird auch das Bundesgericht sein Reglement vom 20. November 200621 an die Vorgaben des vorliegenden Entwurfs anzupassen haben. In der Vernehmlassung äusserte es sich nicht dazu.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Energiegesetz

Art. 10 Die vorgeschlagene Änderung von Artikel 10 bedarf allenfalls einer Koordination mit den Bestimmungen des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien22, das zurzeit in der parlamentarischen Beratung ist.

Abs. 1 Zur Verbesserung der planerischen Grundlagen für die Nutzung erneuerbarer Energien soll der bestehende Auftrag an die kantonale Richtplanung im Bereich der Was20 21 22

SR 734.25 SR 173.110.131 21.047

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serkraft und Windenergie auf die Nutzung der Sonnenenergie ausgedehnt werden. Danach sind die Gebiete in den kantonalen Richtplänen festzulegen, die für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 geeignet sind. Die Pflicht bezieht sich ausdrücklich auf die Anlagen von nationalem Interesse, da nur für diese eine planerische Steuerung erforderlich ist. Kleinere Anlagen sind häufig mit Infrastrukturbauten verbunden (z. B. Hausdächer, Ställe, Stauseen). Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass die Gemeinden in den Planungsprozess einbezogen werden. Wie nach geltendem Recht sollen die Gemeinden die Möglichkeit haben, die Richtplanfestlegung wegen Verletzung ihrer Gemeindeautonomie anfechten zu können.

Abs. 2 Schon nach geltendem Recht müssen die Kantone gemäss Absatz 2 dafür sorgen, dass Nutzungspläne erstellt oder bestehende Nutzungspläne angepasst werden, die für die Realisierung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien nötig sind. Ergänzend dazu soll nun klargestellt werden, dass diese nutzungsplanerischen Schritte auch im Rahmen eines konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens nach Artikel 14a erfolgen können. Dementsprechend soll in der Plangenehmigung auch die zulässige Nutzung des Bodens geordnet werden (siehe nachfolgend Art. 14a Abs. 2). Die Konzentration von Nutzungsplanung und Baubewilligung in einem Verfahren trägt zur Verfahrensbeschleunigung bei, da in diesem Verfahren nur noch ein einziger Entscheid gefällt wird. Das Nutzungsplanverfahren als verfahrensrechtlich eigenständiger Zwischenschritt entfällt und es kann daher nicht mehr separat gegen den Nutzungsplan und danach gegen die Baubewilligung Beschwerde bis ans Bundesgericht geführt werden.

Abs. 3 Bereits nach geltendem Recht gibt das RPG in Artikel 25a vor, dass einzelne Verfahren möglichst gleichzeitig eröffnet werden sollten. Für Anlagen, die eine projektbezogene Richtplanfestsetzung benötigen, kann dieses Richtplanverfahren also zeitlich parallel mit dem Nutzungsplanungsverfahren (oder einem kantonalen Plangenehmigungsverfahren) durchgeführt werden. Auf diese Weise können die Information der Bevölkerung und die öffentliche Mitwirkung gleichzeitig durchgeführt werden. Solche parallelen Verfahren sparen Zeit.

Neu soll grundsätzlich bei allen geeigneten Vorhaben das Richtplanverfahren parallel zum
Nutzungsplan- beziehungsweise Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Nur in begründeten Fällen sollen diese Schritte nacheinander erfolgen.

Anders präsentiert sich die Situation bei Projekten, die in einem Eignungsgebiet geplant werden, das die Anforderungen gemäss Artikel 8 Absatz 3 erfüllt. In einem solchen Fall ist ohnehin keine projektbezogene Grundlage im Richtplan erforderlich.

Art. 14a

Kantonales Plangenehmigungsverfahren bei Solarund Windenergieanlagen von nationalem Interesse

Artikel 14a enthält einen Gesetzgebungsauftrag an die Kantone. Danach müssen sie für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse nach den Artikeln 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 ein kon13 / 28

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zentriertes Plangenehmigungsverfahren vorsehen. Die vorgeschlagene Bestimmung enthält den Grundsatzauftrag sowie einzelne Anforderungen, die bei der Ausgestaltung des Verfahrens von den Kantonen zu berücksichtigen sind.

Abs. 1 Das von den Kantonen zu schaffende konzentrierte Plangenehmigungsverfahren bezieht sich auf den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse. Soweit ein Kanton bereits über ein konzentriertes Planungs- und Bewilligungsverfahren verfügt, das auf eine umfassende räumliche Koordination ausgerichtet ist, kann er bei der Umsetzung des Gesetzgebungsauftrags darauf aufbauen und das bestehende Verfahren, soweit nötig, nach den Vorgaben von Artikel 14a weiterentwickeln.

Über den Gesetzgebungsauftrag von Artikel 14a hinaus können die Kantone von sich aus auch für weitere Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren vorsehen. Nach Artikel 14 Absatz 1 müssen sie für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien bereits nach geltendem Recht rasche Bewilligungsverfahren schaffen und nach Artikel 10 Absatz 2 wenn nötig dafür sorgen, dass Nutzungspläne erstellt oder angepasst werden. Im Verhältnis zu den genannten beiden Rahmenbestimmungen stellt Artikel 14a eine Spezialvorschrift für die Anlagen nach den Artikeln 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 dar. Die Kantone sollen die Gemeinden frühzeitig, d. h.

noch vor der öffentlichen Auflage des Projekts, in die Plangenehmigungsverfahren miteinbeziehen. Wie die Bevölkerung zusätzlich zur öffentlichen Auflage noch eingebunden werden soll, wird vom Bund nicht vorgeschrieben, sondern ist den Kantonen überlassen.

Abs. 2 Solange die kantonalen Gesetzesbestimmungen zum kantonalen konzentrierten Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a fehlen, sollen gemäss Absatz 2 die Vorschriften der Artikel 16­17 EleG als kantonales Recht sinngemäss anwendbar sein.

Den Kantonsregierungen steht es indessen frei, das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a auf dem Verordnungsweg zu regeln, bis die verlangten kantonalen Gesetzesvorschriften in Kraft treten. Gleichwohl ist die Kantonsregierung gehalten, in Bezug auf das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren dem kantonalen Parlament baldmöglichst eine
Gesetzesvorlage zu unterbreiten. Eine solche Regelung ist nötig, um das neue Bundesrecht sofort operabel zu machen.

Abs. 3 Absatz 3 bestimmt den Inhalt der im konzentrierten Plangenehmigungsverfahren zu erteilenden Plangenehmigung. Darin ist die zulässige Nutzung des Bodens gemäss Artikel 14 Absatz 1 RPG zu ordnen. Zu den betreffenden Inhalten ist daher auch eine hinreichende Information und Mitwirkung der Bevölkerung sicherzustellen (Art. 4 RPG). Bestehende Nutzungspläne werden durch die Plangenehmigung verdrängt.

Zudem sind in der Plangenehmigung sämtliche für ein bestimmtes Projekt notwendigen, der kantonalen oder bisher der kommunalen Zuständigkeit unterliegenden Bewilligungen zu erteilen und es sollen auch die für den Bau, die Erweiterung oder die 14 / 28

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Erneuerung eines Vorhabens nötigen Enteignungsrechte eingeräumt werden. Zu den erwähnten Bewilligungen gehören auch die bundesrechtlich geregelten Spezialbewilligungen, deren Erteilung Sache der Kantone oder Gemeinden ist (z. B. Rodungsbewilligungen, gewässerschutzrechtliche Bewilligungen). Soweit erforderlich muss in der Begründung der Plangenehmigung auf die entsprechenden Bewilligungstatbestände eingegangen werden. Weiter muss sich dazu auch das Dispositiv der Plangenehmigung zur Bewilligungserteilung äussern und allfällige Auflagen und Bedingungen sind hier aufzuführen. Die Kantone sollten den Teil der Plangenehmigung, der inhaltlich den heutigen Baubewilligungen entspricht (Bst. b und c von Absatz 3) zeitlich befristen. Damit können sie zu einer Beschleunigung der Projektrealisierung beitragen.

Das Planungs- und Bewilligungsverfahren für die Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse soll nicht mehr in zeitlich auseinanderliegende, separate Etappen wie Nutzungsplan-, Baubewilligungs-, Spezialbewilligungs-, Enteignungs- und Erschliessungsverfahren unterteilt werden. Solche separat geführten Verfahren bergen die Gefahr in sich, dass die Koordinationspflicht gemäss Artikel 25a RPG nicht erfüllt und die notwendige umfassende raumplanerische Interessenabwägung (vgl. Art. 2 Abs. 1 und 2 RPG und Art. 3 Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 200023) nicht hinreichend durchgeführt wird. Die Aufteilung in unterschiedliche, separat geführte Verfahren kann zudem bei umstrittenen Vorhaben zu einer erheblichen Verlängerung der gesamten Verfahrensdauer führen, weil jeder Entscheid für sich wieder einem eigenen Rechtsmittelverfahren unterliegt. Das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren, das die verschiedenen Verfahren in einem Umsetzungsschritt zusammenfasst, hilft, die beschriebenen Probleme in bundesrechtskonformer, zweckmässiger und effizienter Weise zu lösen. Es sorgt zudem dafür, dass gegen ein Vorhaben nur ein einziges Rechtsschutzverfahren zur Verfügung steht.

Der elektrische Teil der Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien unterliegt weiterhin dem Plangenehmigungsverfahren gemäss den Artikeln 16­17 EleG. Dieser Anlagenteil bedarf einer separaten bundesrechtlichen Plangenehmigung im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 EleG, mit der die erforderlichen Bewilligungen erteilt werden (Art. 16 Abs. 3
EleG). Kantonale Bewilligungen sind für diesen Anlageteil nicht erforderlich (Art. 16 Abs. 4 EleG). Das Plangenehmigungsverfahren nach den Artikeln 16­17 EleG wird von den zuständigen Bundesbehörden und somit getrennt vom kantonalen Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a durchgeführt. Das Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a, in dem die planungs-, bau- und enteignungsrechtlichen Fragen behandelt werden, muss jedoch mit dem bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren nach den Artikeln 16­17 EleG formell, materiell und in zeitlicher Hinsicht koordiniert werden.

Nach wie vor muss auch bei jeder einzelnen Windenergieanlage das erforderliche bundesrechtliche Bewilligungsverfahren des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL) betreffend die Luftfahrtsicherheit durchgeführt werden. Das BAZL stellt dabei gestützt auf das Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 194824 eine luftfahrtrechtliche Bewilligung für die Anlage als Luftfahrthindernis mit den erforderlichen Auflagen 23 24

SR 700.1 SR 748.0

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und Bedingungen aus, sofern der Einfluss der entsprechenden Windenergieanlage(n) auf die Flugsicherungsanlagen und den allgemeinen Luftverkehr als sicherheitstechnisch zulässig beurteilt wird. Die bei diesem separat durchzuführenden bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren insbesondere in zeitlicher Hinsicht erforderliche Koordination mit den kantonalen Verfahren findet weiterhin seitens BAZL in Zusammenarbeit mit dem Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin beziehungsweise dem Projektverfasser oder der der Projektverfasserin statt und hat bisher auch nie Probleme bereitet. Die Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen beim BAZL dauern in aller Regel nur einige Monate.

Abs. 4 Nach Absatz 4 ist die Kantonsregierung die zuständige Behörde für die Erteilung der Plangenehmigung im kantonalen konzentrierten Plangenehmigungsverfahren. Sie kann diese Aufgabe jedoch an eine Stelle der kantonalen Verwaltung delegieren. Falls für eine Solar- oder Windenergieanlage von nationalem Interesse ein Standort in mehreren Kantonen vorgesehen ist, sind die beteiligten Kantone angehalten, ihre Verfahren miteinander zu koordinieren.

Abs. 5 Die vorgegebene Behandlungsfrist von 180 Tagen für die zuständige Plangenehmigungsbehörde soll zur Beschleunigung des Plangenehmigungsverfahrens nach Artikel 14a beitragen. Bei dieser Frist handelt es sich um eine Ordnungsfrist. Dementsprechend hat deren Nichteinhaltung keine Sanktion zur Folge.

Die Frist beginnt mit dem Vorliegen der vollständigen Gesuchsunterlagen zu laufen.

Die Zeit, die zur Verbesserung und Vervollständigung der eingereichten, aber unvollständigen Unterlagen benötigt wird, ist dabei nicht anzurechnen. Der Einbezug der Fachdienste erfolgt während der laufenden Frist. Deren abschliessende Stellungnahme setzt das Vorliegen vollständiger Gesuchsunterlagen voraus.

Abs. 6 Gemäss Artikel 14 Absatz 3 reichen die Kommissionen und Fachstellen nach Artikel 25 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196625 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) ihre Gutachten innert dreier Monate nach der Aufforderung der Bewilligungsbehörde bei dieser ein. Wird innerhalb der gesetzten Fristen kein Gutachten eingereicht, so entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund der Akten. Diese Bestimmung gilt sinngemäss auch für das kantonale konzentrierte Plangenehmigungsverfahren. Einzureichen sind die
jeweiligen Gutachten bei der zuständigen Plangenehmigungsbehörde nach Artikel 14a Absatz 4.

Die Durchführung des konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens nach Artikel 14a erfolgt in Erfüllung einer Bundesaufgabe, da es sich in der Regel um Vorhaben ausserhalb der Bauzonen handelt, bundesrechtlich geregelte Bewilligungen insbesondere des Umweltrechts erteilt werden müssen und dafür Bundessubventionen gewährt werden (vgl. Art. 2 NHG). Falls die im vorliegenden Entwurf interessierenden Solar- und Windenergieanlagen ein Objekt betreffen, das in einem Inventar des Bundes gemäss 25

SR 451

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Artikel 5 NHG aufgeführt ist, muss ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) eingeholt werden, wenn die Voraussetzungen der obligatorischen Begutachtung nach Artikel 7 Absatz 2 NHG erfüllt sind. Im Zweifelsfall entscheidet die kantonale Fachstelle im Sinne von Artikel 25 Absatz 2 NHG über den Beizug der ENHK (Art. 7 Abs. 1 NHG).

Abs. 7 Mit dieser Bestimmung gilt von Gesetzes wegen, dass Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse nach den Artikeln 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 bei der endgültigen Einstellung der Energieproduktion zurückzubauen sind. Die Plangenehmigungsbehörde nach Absatz 4 soll diese Pflicht im Rahmen der Plangenehmigung als Auflage aufnehmen. Sie entscheidet, inwieweit der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen ist. Damit soll ein Beitrag zur Schonung von Raum, Landschaft und Umwelt geleistet werden. Eine solche Bestimmung gibt es auch in Artikel 19 des Seilbahngesetzes vom 23. Juni 200626.

Art. 14b

Durchführung des ordentlichen Verfahrens anstelle des kantonalen Plangenehmigungsverfahrens bei Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse

Unter dem ordentlichen Planungs- und Baubewilligungsverfahren werden das Nutzungsplanverfahren nach Artikel 14 RPG und das Baubewilligungsverfahren nach Artikel 22 RPG verstanden. Gemäss der vorgeschlagenen Bestimmung soll die Zulassung von Solar- und von Windenergieanlagen von nationalem Interesse nach den Artikeln 12 Absatz 2 und 13 Absatz 1 grundsätzlich im konzentrierten Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a erfolgen. Der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller wird jedoch das Recht eingeräumt, die Durchführung des ordentlichen Planungsund Baubewilligungsverfahrens zu beantragen. Der Entscheid darüber, welches Verfahren zur Anwendung kommt, steht der Plangenehmigungsbehörde nach Artikel 14a Absatz 4 zu. Bei der Entscheidfindung muss diese Behörde jedenfalls die Absicht des Bundesgesetzgebers berücksichtigen, die Verfahren für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse zu beschleunigen. Die Wahl des ordentlichen Verfahrens ist nur in jenen Fällen gerechtfertigt, bei denen es klare Anhaltspunkte gibt, dass im konkreten Fall in diesen Verfahren schneller entschieden werden kann. Bei der Wahl des ordentlichen Verfahrens bleiben die bisherigen Rechtsmittelverfahren anwendbar.

Art. 14c

Rechtsschutz im Zusammenhang mit Solar- und Windenergieanlagen und Wasserkraftwerken von nationalem Interesse

Abs. 1 Für Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse, die im konzentrierten Plangenehmigungsverfahren bewilligt werden, soll es nur noch eine kantonale Rechtsmittelinstanz, das obere kantonale Gericht, geben (Bst. a). Gleiches gilt für 26

SR 743.01

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Wasserkraftwerke von nationalem Interesse (Bst. b). In der Regel ist dies das kantonale Verwaltungsgericht.

Abs. 2 Der Entscheid des oberen kantonalen Gerichts kann mit Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 82 Bst. a und Art. 86 Abs. 1 Bst. d Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200527, BGG). Dies ist zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der gesamtschweizerisch einheitlichen Anwendung des Bundesrechts nötig.

Abs. 3 Absatz 3 hält einerseits fest, dass betroffene Kantone und Gemeinden (insbesondere Standortkantone und -gemeinden, allenfalls benachbarte Kantone und Gemeinden) berechtigt sind, gegen erstinstanzliche Entscheide nach Absatz 1 Beschwerde an die oberen kantonalen Gerichte zu erheben (vgl. Art. 89 Absatz 2 Bst. d BGG). Gegen Entscheide oberer kantonaler Gerichte können sie zudem Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht führen. Andrerseits soll das Beschwerderecht bei Anlagen von nationalem Interesse auf jene Organisationen beschränkt werden, die gesamtschweizerisch tätig und daher gemäss der Verordnung vom 27. Juni 199028 über die Bezeichnung der im Bereich des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes beschwerdeberechtigten Organisationen beschwerdeberechtigt sind, z. B. WWF Schweiz, Pro Natura, Schweizer Vogelschutz SVS / Birdlife Schweiz, Schweizer Alpen-Club, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizer Wanderwege, Mountain Wilderness. Diese können an die oberen kantonalen Gerichte und schliesslich ans Bundesgericht gelangen (vgl. Art. 89 BGG).

Abs. 4 Um unerwünschte Rückweisungsentscheide zu vermeiden, sieht Absatz 4 vor, dass die Gerichte so weit als möglich in der Sache selbst entscheiden sollen.

Auch für die Rechtsmittelverfahren soll für die Gerichte als verfahrensbeschleunigende Massnahme eine Entscheidungsfrist von 180 Tagen eingeführt werden. Bei dieser Frist handelt es sich ebenfalls um eine Ordnungsfrist. Sie soll die Gerichte zu rascher Verfahrensführung anhalten. Dementsprechend hat deren Nichteinhaltung keine Sanktion zur Folge. Damit bleibt die richterliche Unabhängigkeit gewahrt. Die Entscheidungsfrist beginnt mit dem Abschluss des Schriftenwechsels zu laufen.

Art. 75c

Übergangsbestimmung

Diese Bestimmung zielt darauf ab, dass das kantonale Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a so bald wie möglich zur Anwendung kommt. Sie dient somit der Verfahrensbeschleunigung. Eine sofortige Anwendung des neuen Rechts in Verfahren, die erstinstanzlich bei der Planungs- und/oder Bewilligungsbehörde hängig sind, lässt sich deshalb rechtfertigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass gemäss Arti27 28

SR 173.110 SR 814.076

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kel 14b die neue Plangenehmigungsbehörde auf Antrag der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers entscheiden kann, dass anstelle des konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens das ordentliche Planungs- und Baubewilligungsverfahren durchgeführt beziehungsweise weitergeführt wird.

Die sofortige Anwendung des neuen Rechts auf hängige Verfahren vor erster Instanz hat hier ­ je nach Ausgestaltung der bisherigen kantonalen und kommunalen Zuständigkeiten ­ allenfalls zur Folge, dass die Zuständigkeit für die Behandlung des Gesuchs nach Einleitung des Verfahrens wechselt und das Gesuch weitergeleitet werden muss. Allenfalls müssen auch weitere Unterlagen ­ z. B. nicht nur Unterlagen für die Nutzungsplanung, sondern auch sämtliche Unterlagen für alle benötigten Bewilligungen ­ nachgereicht werden. Zudem ändert sich in Kantonen, die noch kein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren kennen, der Charakter des erstinstanzlichen Verfahrens, da es nicht mehr ein reines Planungs- oder Bewilligungsverfahren, sondern ein kombiniertes und konzentriertes Verfahren ist. Nicht zuletzt sind beim Inkrafttreten des vorliegenden Erlasses die kantonalen Gesetzesbestimmungen möglicherweise noch nicht in Kraft, sodass sich das Verfahren nach kantonalem Verordnungsrecht oder sinngemäss nach den Artikeln 16­17 EleG richtet (Art. 14a Abs. 2).

5.2

Raumplanungsgesetz

Art. 8 Abs. 2 zweiter Satz Mit Urteil des Bundesgerichts BGE 147 II 164 (Grimsel) ist eine Unsicherheit entstanden: Erwägung 3.2 dieses Entscheids könnte nämlich dahingehend interpretiert werden, dass neu alle Vorhaben von nationaler Bedeutung nach Artikel 12 Absatz 2 EnG, also auch kleine Anlagen ohne gewichtige Auswirkungen auf Raum und Umwelt, einer Grundlage im kantonalen Richtplan bedürfen. Das ergäbe insbesondere auch aus raumplanerischer Sicht keinen Sinn, weshalb Absatz 2 zweiter Satz diese Frage nun klärt und damit die Unsicherheit beseitigt.

Dasselbe gilt auch für Vorhaben für die Nutzung nicht erneuerbarer Energien, die keine gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt haben. Auch sie bedürfen keiner Grundlage im Richtplan, auch wenn es sich um Anlagen von nationalem Interesse handelt.

Art. 8 Abs. 3 Sollen Energieproduktionsanlagen, wie zum Beispiel Solaranlangen, vermehrt ausserhalb der Bauzonen realisiert werden, ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer gewissen planerischen Steuerung der Standorte über die Richtpläne. Diese Steuerung erfolgt unter anderem mit dem Instrument der Eignungsgebiete nach Artikel 10 Absatz 1 EnG. Bei Windenergieanlagen wird dies in der Richtplanung bereits heute so gehandhabt: Werden für die Windenergie Eignungsgebiete nach Artikel 10 Absatz 1 EnG festgelegt, so kann auf die anschliessende Festsetzung einzelner Anlagen im Richtplan verzichtet werden, falls diese Gebiete den Anforderungen des Bundes genügen. Neu soll diese Praxis ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen werden, und es sollen solche Eignungsgebiete auch für Solarenergieanlagen festgelegt werden. Damit 19 / 28

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kann das Planungsverfahren beschleunigt werden. Das Gesetz legt fest, welche Voraussetzung erfüllt sein muss, damit ein konkretes Vorhaben zur Nutzung von Solaroder Windenergie mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt mit einem Standort in einem solchen Gebiet nicht noch einer projektbezogenen Grundlage im Richtplan im Sinn von Artikel 8 Absatz 2 RPG bedarf. Voraussetzung ist, dass der Kanton bei der Festlegung des betreffenden Gebiets eine Interessenabwägung durchgeführt hat, bei der insbesondere die Interessen des Landschaftsschutzes, des Biotopschutzes, der Walderhaltung, des Kulturlandschutzes und des Schutzes der Fruchtfolgeflächen berücksichtigt wurden. Daneben sind im Einzelfall auch noch die weiteren relevanten Interessen zu berücksichtigen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kann der Bundesrat im Rahmen der Genehmigung nach Artikel 11 Absatz 1 entscheiden, dass die Festlegung des Gebiets für Vorhaben für die Nutzung von Solar- und Windenergie gleichzeitig als projektbezogene Grundlage im Richtplan nach Artikel 8 Absatz 2 gilt. Dies führt zu einer Beschleunigung der einzelnen Vorhaben, da nach der Festlegung der Eignungsgebiete direkt mit der Nutzungsplanung begonnen werden kann.

Die Wasserkraft wird von Absatz 3 nicht erfasst. Soweit es sich um Speicherwasserkraftwerke nach Artikel 9bis Absatz 2 StromVG handelt, ist in Bezug auf die Planungspflicht auf Artikel 9bis Absatz 2 Buchstabe a zu verweisen. Diese Bestimmung befindet sich derzeit noch in den parlamentarischen Beratungen zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien29.

Art. 8 Abs. 4 Diese Bestimmung regelt, dass Vorhaben zur Nutzung erneuerbarer Energien und damit auch Vorhaben zur Nutzung der Wasserkraft keinen Standort in einem Eignungsgebiet oder einer Gewässerstrecke nach Artikel 8b RPG und 10 Absatz 1 EnG haben müssen. Damit soll insbesondere vermieden werden, dass mit der Planung und dem Bau solcher Anlagen zugewartet werden muss, bis im betreffenden Kanton entsprechende Eignungsgebiete oder Gewässerstrecken festgelegt worden sind. Mit diesem Absatz wird somit klargestellt, dass der Gesetzgeber mit den Artikeln 8b RPG und 10 Absatz 1 EnG im Rahmen der Energiestrategie die Planung für die Nutzung erneuerbarer Energien vereinfachen, nicht jedoch neue, zwingende Planungsvoraussetzungen
für einzelne Vorhaben schaffen wollte.

Handelt es sich um ein Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt und sind im betreffenden Kanton noch keine Eignungsgebiete oder Gewässerstrecken nach Artikel 8b RPG und Artikel 10 Absatz 1 EnG festgelegt worden oder ist ein Standort ausserhalb eines Eignungsgebiets oder einer Gewässerstrecke nach Artikel 8b RPG und Artikel 10 Absatz 1 EnG vorgesehen, so ist für ein solches Vorhaben ein projektbezogenes Richtplanverfahren nach Artikel 8 Absatz 2 RPG durchzuführen.

29

21.047

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5.3

Elektrizitätsgesetz

Art. 15b Abs. 2 Diese Anpassung erfolgt aus redaktionellen Gründen, da der Begriff des Planungsgebiets aus dem EleG gestrichen werden soll. Die neue Formulierung, wonach sich die im Artikel genannten Starkstromanlagen in der Regel innerhalb «der von der geplanten Leitung betroffenen Gegend» befinden müssen, erfolgt in Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Ersatzmassnahmen.30 Gemäss dieser Praxis sind Ersatzmassnahmen grundsätzlich im «gleichen Gebiet» zu realisieren, in welchem die Beeinträchtigung eines Natur- und/oder Landschaftswertes erfolgt.

Art. 15h Die räumliche Koordination eines Vorhabens auf der Netzebene 1 (sog. Höchstspannungsebene), das erhebliche Auswirkungen auf Raum und Umwelt hat, mit anderen Ansprüchen an den Raum erfolgt seit 2013 grundsätzlich in einem zweistufigen Sachplanverfahren (Änderung vom 9. Oktober 201331 der VPeA). Aus einer anfänglich übergeordneten und grossräumigen Betrachtungsweise folgt eine immer detailliertere und konkretere Sicht, d. h., es wird nach dem Trichterprinzip geplant: In einem ersten Schritt wird im SÜL ein Planungsgebiet und in einem zweiten Schritt ein Planungskorridor für das entsprechende Leitungsbauvorhaben festgesetzt. Im Rahmen der Strategie Stromnetze wurde dieser Verfahrensablauf per 1. Juni 2019 im EleG in den Artikeln 15e­15k EleG verankert (Änderung vom 15. Dezember 201732). Dieses Vorgehen bewährte sich nicht, denn in den letzten Jahren zeigte sich in verschiedenen Fällen, dass das formelle Festsetzen eins Planungsgebiets für die Planung der Netzbauprojekte keinen Mehrwert bieten würde. Mit der vorgeschlagenen Streichung von Artikel 15h soll daher zum «regulären», einstufigen raumplanungsrechtlichen Sachplanverfahren zurückgekehrt werden, d. h. zu einer Planung ohne Festsetzung von Planungsgebieten durch den Bundesrat.

Sollte bei einem konkreten Vorhaben erkennbar sein, dass die Festlegung eines Planungsgebiets einen Nutzen stiften könnte, besteht nach wie vor die Möglichkeit, ein solches Gebiet als Zwischenergebnis im Sinne der Raumplanungsgesetzgebung im SÜL festzulegen. Eine grundsätzliche Verpflichtung soll aber nicht mehr bestehen.

Art. 15k Auch hier erfolgt lediglich eine redaktionelle Anpassung: Der Begriff «Planungsgebiet» wird gestrichen.

30

31 32

Siehe FAHRLÄNDER KARL-LUDWIG, in: Keller Peter M., Zufferey Jean-Baptiste, Fahrländer Karl-Ludwig (Hrsg.), Kommentar NHG / Commentaire LPN, Ergänzt um Erläuterungen zu JSG und BGF / Augmenté d'aspects choisis LChP et LFSP, 2. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2019, Art. 18 Schutz von Tier- und Pflanzenarten N 37, mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung.

AS 2013 3509 AS 2019 1349

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6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Vorlage verlangt hauptsächlich Anpassungen der Organisations- und Verfahrensgesetze auf kantonaler und kommunaler Ebene. Die Festlegung von Eignungsgebieten für Solaranlagen von nationalem Interesse nach Artikel 12 Absatz 2 in den kantonalen Richtplänen sind vom Bund zu genehmigen; die Prüfung und Vorbereitung der Genehmigung nimmt die Bundesverwaltung vor, was entsprechend Personal und Ressourcen bindet. Das Bundesgericht muss aufgrund der einzuführenden Ordnungsfristen schneller entscheiden und hat dadurch einen Mehraufwand zu leisten.

Hinsichtlich der vorgesehenen Änderungen im Elektrizitätsrecht ist festzuhalten, dass mit dem Verzicht auf die Festsetzung eines Planungsgebiets durch den Bundesrat der Sachplanprozess für den SÜL vereinfacht wird. Die Bundesbehörden werden dadurch entlastet.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Kantone müssen ihr Organisations- und Verfahrensrecht hinsichtlich der Planung und den Bau von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse sowie die Rechtsmittelverfahren betreffend die Entscheide, welche die Planung und den Bau von Anlagen von nationalem Interesse zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien zum Gegenstand haben, an die hier vorgeschlagenen bundesrechtlichen Vorgaben anpassen. Bis zum Inkrafttreten der nötigen Bestimmungen wird den Kantonsregierungen die Möglichkeit eingeräumt, das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren nach Artikel 14a auf Verordnungsstufe zu regeln. Die Plangenehmigungsbehörde und die obere kantonale Rechtsmittelinstanz erhalten mit den neuen Regelungen einen weiteren Aufgabenbereich. Weiter haben die Kantone Eignungsgebiete für Solaranlagen in ihren Richtplänen festzulegen. Für die zuständigen kantonalen Behörden und das obere kantonale Gericht bedeuten die beschriebenen Neuerungen einen organisatorischen und administrativen Mehraufwand. Die beschriebenen Neuerungen bedeuten für die zuständigen kantonalen Behörden und das obere kantonale Gericht einen organisatorischen und administrativen Mehraufwand.

Infolge der vorgesehenen Vereinfachung des Sachplanprozesses für die Festsetzung von Leitungsbauvorhaben des Übertragungsnetzes wird der Koordinationsaufwand zwischen dem Bund und den vom jeweiligen Vorhaben betroffenen kantonalen Behörden reduziert. Die kantonalen Behörden werden dadurch entlastet.

Mit dem vorgeschlagenen konzentrierten Plangenehmigungsverfahren entfallen die kommunale Nutzungsplanung und die kommunale Baubewilligung. Die Gemeinden werden damit entlastet. Gleiches gilt für die erstinstanzlichen Rechtsmittelinstanzen, da auf kantonaler Ebene nur noch die oberen kantonalen Gerichte für Entscheide betreffend Solar-, Wasserkraft- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse zuständig sind. Da mit dem Beschleunigungserlass einzig die Verfahren neu geregelt

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werden, bestehen keine neuen Auswirkungen auf die urbanen Zentren und Agglomerationen.

Die Beschleunigung der Verfahren kommt den Berggebieten zugute, die häufig Standort von Anlagen von nationalem Interesse sein dürften: Mit der Einführung eines kantonalen konzentrierten Plangenehmigungsverfahrens werden kommunale Behörden in den Berggebieten insbesondere davon befreit, komplexe und ressourcenbindende Planungs- und Bewilligungsverfahren für Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse durchzuführen.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die Gesellschaft

Mit den vorgeschlagenen Änderungen ist davon auszugehen, dass die Verfahrensdauer für die Planung und den Bau von Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse verkürzt werden kann. Dies senkt auch die Verfahrenskosten und reduziert den administrativen Aufwand der Projektanden. Diese müssen anstelle mehrerer Gesuche an verschiedene Gemeinwesen nur noch ein Gesuch bei der kantonalen Stelle einreichen. Davon profitiert auch die Wirtschaft.

6.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage sieht keine Anpassungen am materiellen Natur- und Umweltrecht vor.

Der Bau neuer Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050, indem die fossile Energieproduktion durch die Produktion von Elektrizität und Wärme aus erneuerbaren Energien ersetzt werden kann. Bei endgültiger Einstellung der Energieproduktion sind die Solar- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse zurückzubauen. Dies kommt der Umwelt zugute.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorgesehenen Änderungen stützen sich auf Artikel 89 BV zur Energiepolitik und Artikel 75 BV zur Raumplanung. Artikel 89 Absatz 2 BV überträgt dem Bund den Auftrag zur Grundsatzgesetzgebung im Bereich der Nutzung von einheimischen erneuerbaren Energien. Der Bund verfügt demnach über begrenzte Rechtsetzungskompetenzen. Er ist zuständig für den Erlass von Bestimmungen mit hohem Abstrahierungsgrad und nur ausnahmsweise von konkreten, auf den Einzelfall anwendbaren Bestimmungen, wenn dies für die Verwirklichung zentraler Anliegen notwendig ist.33 Im Bereich der Raumplanung legt der Bund die Grundsätze fest (Art. 75 Abs. 1 BV) 33

JAGMETTI RICCARDO, Energierecht Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band VII, Basel etc. 2005, N. 1321 f.

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und verfügt damit ebenfalls über eine begrenzte Gesetzgebungskompetenz. Diesen Vorgaben trägt die Vorlage Rechnung, indem sie es den Kantonen ermöglicht, das kantonale Plangenehmigungsverfahren mit eigenen Vorschriften umzusetzen. Ausserdem ist zu beachten, dass die Standorte der Solar- und Windenergieanlagen oft ausserhalb der Bauzonen liegen. In diesem Gebiet darf das Bundesrecht nach anerkannter Praxis detaillierte Bestimmungen aufstellen.34 Die vorgeschlagenen Änderungen haben Auswirkungen auf die Organisations- und Verfahrensautonomie der Kantone (Art. 47 Abs. 2 BV) und der Gemeinden (Art. 50 Abs. 2 BV). Die kantonale Organisations- und Verfahrensautonomie gilt nicht absolut und kann gemäss Praxis und Lehre bei Vorliegen hinreichend gewichtiger Gründe beschränkt werden.35 Aufgrund der eingetretenen und für die nächsten Jahre voraussichtlich anhaltenden angespannten Stromversorgungslage ist die Beschleunigung der Planungs- und Bewilligungsverfahren unverzichtbar. Die vorgeschlagenen Änderungen beschränken sich auf Solar-, Wasserkraft- und Windenergieanlagen von nationalem Interesse und sind daher punktueller Natur. Indem die Kantone dafür sorgen müssen, dass die betroffenen Gemeinden frühzeitig in das konzentrierte Plangenehmigungsverfahren einbezogen werden, wird der Situation der Gemeinden Rechnung getragen.

Zudem muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts «sichergestellt werden, dass das Verfahren insgesamt dem verfassungsrechtlichen Gebot genügt, im Rahmen eines fairen Verfahrens innert angemessener Frist einen wirksamen Rechtsschutz zu gewähren (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 der Konvention vom 4. November 195036 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK).»37 Dieser verfassungsrechtliche Anspruch von Gesuchstellenden und Gesuchsgegnerinnen und -gegnern bei Projekten für Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien auf ein faires Verfahren ist derzeit nicht gewährleistet. Die Verfahren für die Planung und die Bewilligung von vorliegend interessierenden Anlagen dauern heute zu lange, als dass sie diesem Anspruch gerecht werden könnten. Die in dieser Vorlage enthaltenen Gesetzgebungsvorschläge sind daher auch mit Blick auf die BV und auf die EMRK nötig.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage tangiert keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

34 35

36 37

Vgl. GRIFFEL ALAIN, Die Grundsatzgesetzgebungskompetenz gemäss Art. 75 Abs. 1 BV: Tragweite und Grenzen, 20. Februar 2017, S. 14 mit Hinweisen.

Vgl. EGLI PATRICIA, in: Ehrenzeller Bernhard, Benjamin Schindler, Rainer J. Schweizer, Klus A. Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl., St. Gallen 2014, N. 21 zu Art. 47.

SR 0.101 BGE 142 II 20 E. 3­7 S. 25 ff. und E. 1.4 S. 24 f. (Spreitenbach/AG); BGE 136 II 165 E. 1.2.2 S. 171 (Flughafen Zürich, mit Hinweisen).

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7.3

Erlassform

Der vorgelegte Entwurf enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV. Die Vorlage untersteht dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

Der Bundesrat schlägt dem Parlament für die beschriebenen Anliegen die Änderung des Energiegesetzes vor. Ausserdem werden Änderungen des RPG und des EleG vorgeschlagen.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Mit den vorgeschlagenen Bestimmungen bleibt die Zuständigkeit der Kantone in den Bereichen des kantonalen Organisations- und Verfahrensrechts gewahrt. Die im vorgelegten Entwurf enthaltenen Vorgaben wirken nur minim auf die kantonalen Planungs- und Baubewilligungsverfahren sowie das Rechtsmittelverfahren ein. Die Verfahren, die nach dem hier vorgeschlagenen Bundesrecht zu ändern sind, betreffen wiederum nur eine reduzierte Anzahl von Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien, nämlich solche, die von nationalem Interesse sind. Im Übrigen verlangt bereits das geltende Recht von den Kantonen, dass sie für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien rasche Bewilligungsverfahren vorsehen (Art. 14 Abs. 1 EnG). Die im Entwurf enthaltenen Vorgaben sind nötig, um die Ausbauziele gemäss dem EnG und der Energiestrategie 2050 zu erfüllen. Das Subsidiaritätsprinzip ist somit berücksichtigt.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Vorlage enthält weder Gesetzesbestimmungen über Subventionen noch werden Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beantragt; die Grundsätze des Subventionsgesetzes finden hier somit keine Anwendung.

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7.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält keine neue Delegationsnorm, mit der der Bundesrat oder eine andere Instanz zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht ermächtigt wird.

7.8

Datenschutz

Die Vorlage ist aus Sicht des Datenschutzes ohne Relevanz.

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Abkürzungsverzeichnis ARE

Bundesamt für Raumentwicklung

BAZL

Bundesamt für Zivilluftfahrt

BFE

Bundesamt für Energie

BGG

Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (SR 173.110)

BV

Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101)

EleG

Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 1902 (SR 734.0)

EMRK

Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR 0.101)

EnG

Energiegesetz vom 30. September 2016 (SR 730.0)

MW

Megawatt

NHG

Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (SR 451)

StromVG

Stromversorgungsgesetz vom 23. März 2007 (SR 734.7)

SÜL

Sachplan Übertragungsleitungen

TWh

Terrawattstunde

UREK-N

Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates

UREK-S

Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates

VPeA

Verordnung vom 2. Februar 2000 über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (SR 734.25)

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