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Kurzarbeit in der Coronakrise Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 13. Januar 2023

2023-3098

BBl 2023 2599

Schlüsselbegriffe Kurzarbeitsentschädigung Kurzarbeit (KA) soll verhindern, dass Betriebe Personal entlassen, wenn sie vorübergehend weniger Arbeit haben. Die Arbeitslosenversicherung übernimmt mit der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) einen Teil der Löhne der Angestellten.

Vollzugsstellen in den Kantonen Der Vollzug der Kurzarbeit geschieht in den Kantonen in zwei Schritten: Die kantonalen Amtsstellen (KAST) bewilligen die Voranmeldungen zur Kurzarbeit, die privaten und öffentlichen Arbeitslosenkassen (ALK) zahlen die Entschädigung aus.

Summarisches Abrechnungsverfahren Um Kurzarbeitsentschädigung zu beziehen, mussten Betriebe während der Coronakrise mit dem summarischen Abrechnungsverfahren lediglich die Gesamtlohnsumme ihrer Belegschaft mitteilen. Angaben zu den einzelnen Angestellten waren im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren nicht nötig.

Arbeitgeberkontrollen Der Bund ist zuständig für die Aufsicht und die Arbeitgeberkontrollen, bei welchen vor Ort geprüft wird, ob Betriebe rechtmässig Kurzarbeitsentschädigung bezogen haben. Die Kontrollen führt die Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung, die dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) angegliedert ist, oder eine von ihr beauftragte Treuhandstelle durch.

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Das Wichtigste in Kürze Die Kurzarbeit war in der Coronakrise ein zweckmässiges Instrument, doch sorgten die vielen rechtlichen Anpassungen mit zunehmender Dauer für Probleme. Das SECO hat die Vollzugsstellen insgesamt angemessen unterstützt. Mit seinen Kontrollen wird es wohl aber nicht verlässlich feststellen können, wie viel der über 16 Milliarden Franken die Betriebe tatsächlich rechtmässig bezogen haben.

Als Teil ihrer Inspektion über die Bewältigung der Covid-19-Pandemie durch die Bundesbehörden haben die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) am 26. Januar 2021 mit einer Evaluation der Kurzarbeit in der Coronakrise beauftragt.

Am 9. September 2021 hat die zuständige Subkommission EFD/WBF der GPK des Nationalrates (GPK-N) präzisiert, dass die PVK die Grundlagen für die mehrmaligen rechtlichen Anpassungen der Kurzarbeit (KA), die Unterstützung der Vollzugsstellen sowie die Aufsicht über die Rechtmässigkeit des Bezugs von Kurzarbeitsentschädigung (KAE) untersuchen soll.

Die Evaluation stützt sich auf Dokumentenanalysen sowie Interviews mit mehr als 40 Personen, hauptsächlich aus der Verwaltung. Ausserdem hat die Ecoplan AG im Auftrag der PVK eine Befragung aller Vollzugsstellen in den Kantonen durchgeführt. Die Evaluation deckt den Zeitraum ab Beginn der Coronakrise im März 2020 bis Juni 2022 ab. Sie kommt zu den nachfolgenden Hauptergebnissen: Die Kurzarbeit war in der Coronakrise ein zweckmässiges Instrument, das aber angepasst werden musste Es war zweckmässig, dass der Bund in der Coronakrise auf die KA zurückgegriffen hat. Das Gesetz sieht deren Anwendung bei von Behörden angeordneten Einschränkungen vor. Zumindest zu Beginn der Krise wurde in den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates zur KAE ausdrücklich auf die Vermeidung von Arbeitslosigkeit als gesetzliches Ziel hingewiesen (Ziff. 3.1). Zudem war die KAE mit anderen wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen in der Coronakrise weitgehend abgestimmt (Ziff. 3.2). Die ordentlichen Verfahren bei der KAE waren angesichts der zahllosen betroffenen Betriebe aber zu aufwendig, weshalb es zweckmässig war, sie zu vereinfachen (Ziff. 3.3.1) und ihre Digitalisierung voranzutreiben (Ziff. 4.3). Es fragt sich diesbezüglich, ob die Verfahren für solch grosse Krisen tauglicher
gemacht werden können.

Die politischen Entscheide zur Anpassung der KAE wurden zu wenig vorausschauend getroffen Der Bundesrat ­ und gelegentlich auch das Parlament ­ traf Entscheidungen sehr kurzfristig und passte die rechtlichen Regelungen der KAE oft rückwirkend an, und zwar nicht nur zu Beginn, sondern auch in späteren Phasen der Coronakrise. Der Verwaltung blieb keine Zeit, um die Auswirkungen der Anpassungen im Detail abzuwägen und deren Umsetzung vorzubereiten. Die Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Bundesrates wiesen nur ungenügend auf die wirtschaftlichen Risiken und die

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Missbrauchsrisiken hin (Ziff. 3.4). Die häufigen und kurzfristigen Anpassungen forderten die Vollzugsstellen in den Kantonen stark heraus (Ziff. 3.3).

Die angepassten Regelungen blieben lange in Kraft, was neue Probleme schuf Viele Anpassungen der KAE wurden im Verlauf der Coronakrise immer wieder verlängert, was neue Probleme verursachte. Zur Verlängerung des summarischen Verfahrens gab es sowohl in der Exekutive als auch im Parlament unterschiedliche Positionen. Schliesslich wurde es zwei Jahre beibehalten, was zu rechtlichen Unsicherheiten führte. Im Falle der Ferien- und Feiertagsentschädigungen mündeten diese nach einem Urteil des Bundesgerichtes in einen Nachtragskredit von zwei Milliarden Franken. Probleme bereiteten die zahlreichen Anpassungen auch im Vollzug, weil bei vielen Betrieben der Anspruch auf KAE nochmals neu beurteilt werden musste (Ziff. 3.3.2). Für die Aufsicht des SECO schliesslich erhöhten die lange weitergeführten vereinfachten Verfahren das Risiko unrechtmässiger Bezüge von KAE (Ziff. 3.4.1) sowie den nachträglichen Kontrollaufwand (Ziff. 5.3). Mit zunehmender Dauer stieg auch das wirtschaftliche Risiko, dass die KAE den Strukturwandel behindert (Ziff. 3.4.2). Waren die angepassten Regelungen einmal eingeführt, stand die Exekutive unter grossem politischem Druck, auch seitens des Parlamentes, sie nicht wieder rückgängig zu machen. Das Ziel der KAE, Arbeitslosigkeit zu vermeiden, trat in den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates immer mehr in den Hintergrund (Ziff. 3.1).

Das SECO und die Vollzugsstellen leisteten einen herausragenden Einsatz In den Kantonen wie auch in der Bundesverwaltung leisteten sehr viele Mitarbeitende einen enormen Einsatz, damit die KAE möglichst rasch an die Betriebe ausbezahlt werden konnte. Bis zur Coronakrise waren auf allen Ebenen nur wenige Personen im Detail mit der KAE vertraut. Das SECO versuchte, möglichst auf die Bedürfnisse der Vollzugsstellen einzugehen (Ziff. 4.4), und richtete eine Hotline für die Betriebe und die Öffentlichkeit ein (Ziff. 4.3). Angesichts der vielen rechtlichen Anpassungen war es für das SECO schwierig, die Vollzugsstellen angemessen zu unterstützen (Ziff. 4.2), doch gaben diese ein mehrheitlich positives Urteil ab (Ziff. 4.1). Allerdings konnte das SECO die einheitliche Rechtsanwendung nicht mehr durchgehend
gewährleisten (Ziff. 4.5).

Bei der Aufsicht setzte das SECO Prioritäten, die EFK verstärkte ihre Tätigkeiten Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht über die KAE wurden in der Coronakrise nicht angepasst, doch setzte das SECO verschiedene Kontrollen aus. Es legte die Priorität auf die Unterstützung des Vollzugs in den Kantonen und die Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben, was der Situation angemessen war. Die Aufsichtskommission über den Fonds der Arbeitslosenversicherung als oberstes Aufsichtsorgan liess sich regelmässig informieren, übte darüber hinaus aber keine aktive Aufsicht aus (Ziff. 5.1). Hingegen weitete die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ihre Aufsichtstätigkeiten im Bereich der KAE aus. Ihre Arbeiten waren gerade zu Beginn, als sie mit der KAE noch wenig vertraut war, nur begrenzt nützlich, doch insbesondere die Datenanalysen, welche sie durchführte, waren für das SECO dienlich (Ziff. 5.5).

Angesichts des grossen finanziellen Engagements des Bundes bei der KAE war die stärkere Rolle der EFK in der Aufsicht aus Sicht der PVK angemessen.

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Die Kontrollen lassen voraussichtlich keine fundierte Gesamtbewertung der Rechtmässigkeit der KAE-Bezüge zu Bundesrat und SECO haben noch während der Coronakrise öffentlich bekräftigt, es gebe trotz der vereinfachten Verfahren nicht mehr Missbrauch und sie würden mit nachträglichen Kontrollen sicherstellen, dass die KAE rechtmässig gewährt werde.

Bereits im Sommer 2020 erstellte das SECO ein Prüfkonzept für die Missbrauchsbekämpfung und vergab frühzeitig externe Aufträge für die Durchführung von Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben. Es aktualisierte das Prüfkonzept aber nicht, obwohl viel mehr Missbrauchsmeldungen eintrafen, als es geschätzt hatte (Ziff. 5.2). Momentan ist ungewiss, ob das SECO innert der fünfjährigen Verjährungsfrist die vielen Meldungen prüfen kann, zumal die Kontrollen vor Ort aufwendiger sind als erwartet.

Die PVK bezweifelt deshalb auch, dass das SECO, wie im Prüfkonzept vorgesehen, zusätzlich noch genügend Stichprobenkontrollen bei zufällig ausgewählten Betrieben wird durchführen können, um verlässlich abschätzen zu können, wie viel KAE insgesamt wegen Fehlern oder Missbräuchen unrechtmässig bezogen wurde (Ziff. 5.3).

Schliesslich stellte die PVK fest, dass das SECO die Möglichkeiten des Gesetzes zur Sanktionierung von Betrieben, die missbräuchlich KAE bezogen haben, nicht ausschöpft (Ziff. 5.4). Es fragt sich insgesamt, inwiefern mit den durchgeführten Kontrollen die angestrebte abschreckende Wirkung gegen Missbräuche erzielt wird.

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Inhaltsverzeichnis Schlüsselbegriffe

2

Das Wichtigste in Kürze

3

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Nutzen und Grenzen der Evaluation 1.4 Aufbau des Berichtes

8 8 9 10 11

2

Kurzarbeit in der Coronakrise 2.1 Ausmass der Kurzarbeit in der Coronakrise 2.2 Rechtsgrundlagen und deren Anpassungen 2.3 Akteure in Vollzug und Aufsicht 2.3.1 Vollzug in den Kantonen 2.3.2 Aufsicht und Kontrollen des Bundes

11 12 13 15 15 17

3

Anpassungen der Rechtsgrundlagen 18 3.1 Zu Beginn waren die Anpassungen mit dem Ziel der Vermeidung von Arbeitslosigkeit begründet 19 3.2 Die Anpassungen bei der KAE waren weitgehend mit anderen Unterstützungsmassnahmen abgestimmt 21 3.3 Die Anpassungen wurden rechtzeitig, aber in zu hoher Kadenz und zu kurzfristig beschlossen 22 3.3.1 Rechtzeitigkeit der Anpassungen 23 3.3.2 Häufigkeit der Anpassungen 25 3.4 Die Risiken wurden zu wenig transparent gemacht 30 3.4.1 Risiken unrechtmässiger Leistungsbezüge 30 3.4.2 Wirtschaftliche Risiken 32

4

Unterstützung der Vollzugsstellen in den Kantonen 34 4.1 Die Vollzugsstellen bewerten die Unterstützung durch das SECO insgesamt mehrheitlich positiv 34 4.2 Die Hilfestellungen des SECO waren nützlich, lagen jedoch wegen der kurzfristigen Entscheide nicht rechtzeitig vor 36 4.3 Das SECO entlastete die Vollzugsstellen durch eine Hotline und digitale Lösungen 37 4.4 Das SECO ging mehrheitlich angemessen auf Fragen und Bedürfnisse der Vollzugsstellen ein 38 4.5 Die Vorgaben des Bundes waren nicht immer eindeutig, weshalb die einheitliche Umsetzung nicht sichergestellt war 41

5

Aufsicht und Kontrollen des Bundes

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43

5.1 5.2 5.3 5.4

Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht waren klar geregelt, konnten aber in der Krise nur teilweise wahrgenommen werden 43 Das Prüfkonzept für die Missbrauchsbekämpfung wurde nicht aktualisiert 44 Es ist fraglich, ob genügend Arbeitgeberkontrollen durchgeführt werden, um die Rechtmässigkeit zu überprüfen 47 Die gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten werden nicht ausgeschöpft 48

5.5 Die EFK übte eine mehrheitlich zweckmässige Aufsicht aus, war aber zu Beginn zu wenig mit der KAE vertraut 49 6

Schlussfolgerungen 50 6.1 Die Kurzarbeit war in der Coronakrise ein zweckmässiges Instrument, das aber angepasst werden musste 51 6.2 Die politischen Entscheide zur Anpassung der KAE wurden zu wenig vorausschauend getroffen 52 6.3 Die angepassten Regelungen blieben lange in Kraft, was neue Probleme schuf 52 6.4 Das SECO und die Vollzugsstellen leisteten einen herausragenden Einsatz 53 6.5 Bei der Aufsicht setzte das SECO Prioritäten, die EFK verstärkte ihre Tätigkeiten 54 6.6 Die Kontrollen lassen voraussichtlich keine fundierte Gesamtbewertung der Rechtmässigkeit der KAE-Bezüge zu 54

Abkürzungsverzeichnis

56

Literatur und Dokumentenverzeichnis

58

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

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Anhänge 1 Herangehensweise der Evaluation 2 Bewertungskriterien 3 Wichtigste Anpassungen der Regelungen zur Kurzarbeit

64 65 67

Impressum

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation

Am 16. März 2020 verkündete der Bundesrat die ausserordentliche Lage1 und schloss mit sofortiger Wirkung alle Restaurationsbetriebe, Freizeiteinrichtungen und nicht essenziellen Geschäfte.2 Bei einem Rückgang der Tätigkeiten wegen solchen behördlichen Einschränkungen können Betriebe für ihre Arbeitnehmenden eine Kurzarbeitsentschädigung (KAE) beantragen,3 die einen Teil der Lohnkosten deckt, was Entlassungen verhindern soll. Aufgrund der grossflächigen behördlichen Schliessungen beantragten ab März 2020 auf einen Schlag unzählige Betriebe Kurzarbeit (KA).

Um dieser Situation Rechnung zu tragen, vereinfachte der Bund ab März 2020 die Verfahren für die KAE. Auch passte er die Dauer und Höhe der Entschädigungen an und erweiterte den Kreis der Anspruchsberechtigten. Im April 2020 waren mehr als eine Million Arbeitnehmende in KA, und alleine im Jahr 2020 wurde KAE in der Höhe von 10 Milliarden Franken ausbezahlt.

Angesichts der vielen Anpassungen der Rechtsgrundlagen, welche 2020 und 2021 oft rückwirkend in Kraft traten und mehrmals verlängert wurden, stellte sich die Frage, auf welchen Grundlagen der Bundesrat jeweils seine Entscheide traf. Auch fragte sich, ob der Bund die Vollzugsstellen in den Kantonen zweckmässig unterstützte und mit seiner Aufsicht sicherstellte, dass der Leistungsbezug rechtmässig erfolgte.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) beschlossen eine Inspektion über den Umgang der Schweizer Behörden mit der Coronakrise.4 Zum Thema Kurzarbeit hörte die GPK des Nationalrates (GPK-N) im Verlaufe des Jahres 2020 den Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und Vertreterinnen und Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) an, während sich die GPK des Ständerates (GPK-S) mit dem Anspruch öffentlich-rechtlicher Unternehmen auf KAE befasste.5 Am 26. Januar 2021 entschieden die GPK, die Kurzarbeit in der Coronakrise im Rahmen einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) untersuchen zu lassen.

1 2 3

4

5

Art. 7 des Bundesgesetzes vom 28.9.2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz; SR 818.101).

Bundesrat (2020): Coronavirus: Bundesrat erklärt die «ausserordentliche Lage» und verschärft die Massnahmen, Medienmitteilung vom 16.3.2022.

Art. 32 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 25.6.1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0); Art. 51 Abs. 1 der Verordnung vom 31.8.1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV; SR 837.02).

Mehr zu den entsprechenden Arbeiten unter: www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Inspektion Covid-19-Pandemie (Stand: 19.8.2022).

Jahresbericht 2020 der GPK und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 26.1.2021 (BBl 2021 570).

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Die für die Evaluation zuständige Subkommission EFD/WBF der GPK-N beschloss am 9. September 2021 auf der Grundlage einer Projektskizze der PVK, dass folgende Fragestellungen untersucht werden sollen: 1.

Wurden die mehrmaligen Anpassungen der Rechtsgrundlagen für die Kurzarbeit in der Coronakrise zweckmässig vorgenommen? (Kap. 3)

2.

Hat der Bund die Vollzugsstellen in den Kantonen angemessen unterstützt?

(Kap. 4)

3.

Ist die Aufsicht des Bundes zweckmässig und stellt sie die Rechtmässigkeit des Leistungsbezugs sicher? (Kap. 5)

Die Evaluation der PVK macht keine Aussagen zur Wirksamkeit des Instruments der Kurzarbeitsentschädigung (siehe Ziff. 1.3).

1.2

Vorgehen

Zur Beantwortung der Evaluationsfragestellungen wendete die PVK verschiedene Methoden der Datenerhebung und Datenanalyse an, welche in Tabelle 1 dargestellt sind. Die Datenerhebungen und -analysen fanden zwischen September 2021 und Juli 2022 statt. Anhang 1 am Ende des Berichtes enthält eine Übersicht über die Herangehensweise der Evaluation, während Anhang 2 die Kriterien erläutert, auf denen die Bewertungen der PVK beruhen.

Tabelle 1 Methodenübersicht Evaluationsfragestellungen

Dokumentenanalyse

Interviews

Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates (1)





Unterstützung der Vollzugsstellen (2)





Aufsicht und Kontrollen (3)





Befragung der Vollzugsstellen



Im Rahmen der Dokumentenanalyse hat die PVK zur Beantwortung von Fragestellung 1 die Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates und die vom SECO verfassten Unterlagen («Notes jaunes») zuhanden des Vorstehers des WBF analysiert. Die Analyse umfasste die Dokumente zu den Anpassungen der KA-Regelungen, die der Bund zwischen März 2020 und März 2022 beschloss. Für Fragestellung 2 zum Vollzug der KA wurden die Weisungen und Hilfsmittel analysiert. Bei Fragestellung 3 standen die in der Coronakrise verfassten strategischen Unterlagen zur Aufsicht und zu den Kontrollen im Vordergrund. Auch berücksichtigte die PVK die Prüfberichte der Internen Revision des SECO sowie der EFK bis Juli 2022.6 6

Die Kontrollen über den rechtmässigen Leistungsbezug erstreckten sich über diesen Zeitraum hinaus (Ziff. 1.3).

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Ergänzt wurden diese Arbeiten durch Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Einheiten der Direktion für Arbeit des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO TC) und der EFK sowie mit den Verantwortlichen der externen Prüfer, die die SECO TC mit Arbeitgeberkontrollen beauftragt hat. Ausgewählte Personen im Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) und im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) wurden zur Koordination interviewt. Ausserdem hat die PVK mit den Sozialpartnern, welchen in der Aufsicht über die Arbeitslosenversicherung (ALV) eine Rolle zukommt, Gespräche geführt.

Namentlich zu Fragestellung 2 bezüglich der Unterstützung des Vollzugs gab die PVK bei der Ecoplan AG eine Online-Befragung der Vollzugsstellen in Auftrag, welche diese im April und Mai 2021 durchführte.7 Alle 26 kantonalen Amtsstellen (KAST) und 25 öffentlichen Arbeitslosenkassen (ALK) nahmen an der Umfrage teil.

Von den sechs angeschriebenen privaten ALK gingen 12 Antworten ein, da teils die regionalen Vertretungen einzeln teilnahmen.8 Um die Ergebnisse der Umfrage zu validieren, führte die Ecoplan AG Leitfadeninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern ausgewählter Vollzugsstellen sowie deren Verbänden durch.9 Die Evaluationsergebnisse diskutierte die PVK im Sommer 2022 auf Leitungsebene mit der Direktion für Arbeit des SECO sowie der EFK. Im November 2022 erhielten das zuständige Departement, das SECO und die EFK ausserdem Gelegenheit, schriftlich zum Berichtsentwurf und zum Bericht der Ecoplan AG Stellung zu nehmen.

1.3

Nutzen und Grenzen der Evaluation

Der Umgang des Bundes mit der Coronakrise ist Gegenstand verschiedener Berichte.

Die EFK hat mehrere Berichte zur KAE veröffentlicht,10 während andere Berichte, wie die Auswertung der Bundeskanzlei (BK) zur Krisenorganisation, die Kurzarbeit nur am Rande erwähnen.11 Die PVK verweist, wo angebracht, auf deren Ergebnisse.

Im Unterschied zu den bestehenden Berichten analysierte die PVK detailliert die Informationen, welche das zuständige Departement WBF dem Bundesrat für seine Entscheide zu den Anpassungen der KAE unterbreitete. Die Konsequenzen der Entscheidungen von Bundesrat oder Parlament für die Vollzugsstellen in den Kantonen beschreibt die Evaluation, hingegen werden die Entscheide nicht inhaltlich bewertet.

7 8 9 10

11

Ecoplan (2022): Kurzarbeit in der Coronakrise. Befragung der Vollzugsstellen und Dokumentenanalyse, Bericht im Auftrag der PVK.

Die Kantone Ob- und Nidwalden betreiben eine gemeinsame öffentliche ALK. Die private ALK Syndicom wurde nicht angeschrieben, da sie keine KAE abgerechnet hatte.

Eine Liste der für diese Evaluation interviewten Personen findet sich im Anhang.

EFK (2020): Covid-19 ­ Prüfung der Sofortmassnahmen im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung: Ergebnisse der Prüfung der Vollzugsstellen der Arbeitslosenversicherung in fünf Kantonen (AG, FR, LU, TI, ZH), 3.11.2020; EFK (2022a): Evaluation des Einsatzes von Dienstpflichtigen der Armee, des Zivilschutzes und des Zivildienstes während der Covid-19-Pandemie, Gruppe Verteidigung, Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Bundesamt für Zivildienst, 30.3.2022; EFK (2022b): Prüfung des Beizugs Dritter in der Umsetzung der Covid-19-Massnahmen, 13.5.2022.

BK (2022): Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements der Bundesverwaltung in der Covid-19-Pandemie (2. Phase / August 2020 bis Oktober 2021), 22.6.2022, 29.

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Die Evaluation bezieht durch die Befragung, welche im Auftrag der PVK bei allen Vollzugsstellen in den Kantonen durchgeführt wurde, deren Erfahrungen und deren Sicht auf die Rolle des Bundes ein. Die Tätigkeit der Vollzugsstellen selbst wird in der vorliegenden Evaluation nicht untersucht.

Auch die Wirkungen der KAE sind nicht Gegenstand der Evaluation. Hierzu wurden bereits Studien publiziert12 oder in Auftrag gegeben13. Wie nach der Finanzkrise 2009 und 2010 lässt sich die Wirksamkeit hinsichtlich der Vermeidung von Arbeitslosigkeit erst längerfristig feststellen.

Die Evaluation konzentriert sich auf den Zeitraum zwischen März 2020 und Juni 2022. Die Aufsicht und Kontrollen über den rechtmässigen Bezug von KAE in der Coronakrise haben erst begonnen und werden über diesen Zeitraum hinaus während der Verwirkungsfrist von fünf Jahren weitergeführt.

1.4

Aufbau des Berichtes

Der Bericht stellt im folgenden Kapitel das Instrument der Kurzarbeit in der Coronakrise vor. Danach folgen drei Kapitel, in welchen jeweils eine der drei Fragestellungen beantwortet wird: Das dritte Kapitel befasst sich mit den rechtlichen Anpassungen, das vierte Kapitel mit der Unterstützung der Vollzugsstellen durch den Bund und das fünfte Kapitel mit der Aufsicht und den Kontrollen. Im sechsten Kapitel werden die Schlussfolgerungen gezogen.

2

Kurzarbeit in der Coronakrise

Das vorliegende Kapitel beschreibt zunächst das Ausmass der KA in der Coronakrise (Ziff. 2.1) und umreisst anschliessend die rechtlichen Grundlagen und deren Anpassungen zwischen März 2020 und März 2022 (Ziff. 2.2). Zudem wird anhand einer Abbildung erläutert, wie der Bezug von KAE abläuft und welche Akteure für den Vollzug sowie die Aufsicht und Kontrollen zuständig sind (Ziff. 2.3).

12

13

Brülhart, Marius / Lalive, Rafael / Lehmann, Tobias / Siegenthaler, Michael (2020): Covid-19 financial support to small businesses in Switzerland: evaluation and outlook.

In: Swiss Journal of Economics and Statistics, 165 (15); Götz, Alexander / Kopp, Daniel / Siegenthaler, Michael (2021): Kurzarbeit in der Schweiz während der Covid-19-Krise.

In: KOF Analysen, 2021(4); OECD (2020): Job Retention Schemes during the Covid-19 lockdown and beyond. OECD Publishing, Paris; OECD (2021): Employment Outlook 2021: Navigating the Covid-19 Crisis and Recovery. OECD Publishing, Paris; OECD (2022): OECD Economic Surveys: Switzerland 2022. OECD Publishing, Paris; OECD (2022): Riding the waves: Adjusting job retention schemes through the Covid-19 crisis. OECD Publishing, Paris.

Die Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung (AK ALV) mandatierte die Universität Basel (WWZ) und BSS Volkswirtschaftliche Beratung mit einer Studie zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf den Arbeitsmarkt und die Rolle der ALV. Diese soll im Februar 2023 publiziert werden.

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2.1

Ausmass der Kurzarbeit in der Coronakrise

Zu Beginn der Coronakrise schnellte die Zahl der Beschäftigten in KA infolge der behördlichen Schliessungen ab März 2020 in die Höhe und erreichte im April 2020 mit mehr als einer Million14 ­ bei insgesamt rund 4,7 Millionen Arbeitnehmenden15 ­ einen neuen Höchststand. Auch bei der zweiten Welle von Infektionen im Winter 2020/21 stiegen die Zahlen nochmals an, um dann ab Sommer 2021 merklich zurückzugehen (Abb. 1). Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren 2009 rund 92 000 Arbeitnehmende in KA.

Nebst den hohen Zahlen war in der Coronakrise auch neu, dass Branchen wie der Dienstleistungssektor, die bisher kaum KA beziehen konnten, darunter auch sehr viele Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten, betroffen waren. Viele Betriebe waren also mit dem Instrument und dem Verfahren nicht vertraut, was für zusätzliche Herausforderungen für den Vollzug in den Kantonen sorgte. Auch gab es grosse Unterschiede bezüglich des Umfangs der Inanspruchnahme zwischen den Kantonen.16 Üblicherweise wird die KAE über die ALV mit Beiträgen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebern17 finanziert. 2019 waren dies 32 Millionen Franken.18 In der Coronakrise übernahm dagegen der Bund die Kosten durch einen ausserordentlichen Beitrag, sodass der Schuldenbremsenmechanismus der ALV nicht einsetzte, der ab einer gewissen Schuldenschwelle automatisch eine Gesetzesrevision sowie eine Erhöhung des Beitragssatzes vorsieht.19 Die Aufwendungen des Bundes betrugen 10,78 Milliarden Franken für 2020 und 5,65 Milliarden Franken für 2021.20 Dies war gut zehnmal mehr als in der Finanzkrise, bei der zwischen 2008 und 2010 rund 1,5 Milliarden Franken ausbezahlt worden waren.21 Darin nicht enthalten sind die vom Parlament bewilligten 2,1 Milliarden Franken, die der Bund aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids zur Nachzahlung von Ferien- und Feiertagsentschädigungen für 2020 und 2021 bei geschätzten 200 000 Betrieben bereitstellen musste.22

14 15

16 17

18 19 20 21 22

SECO (2020): Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Juni 2020, publiziert am 8.7.2020.

Bundesamt für Statistik, Tabelle «Erwerbstätige (Inlandkonzept) nach Geschlecht, Nationalität und Erwerbsstatus. Durchschnittliche Quartals- und Jahreswerte», 18.8.2022.

Arbeitnehmende (ohne Selbstständige und mitarbeitende Familienmitglieder) für das 1. Quartal 2020.

Swiss National Covid-19 Science Task Force (2020): Disruption of the Swiss labor market. 2020 Corona crisis and 2008 Financial crisis compared. Policy Brief, 16.6.2020.

Im Gesetz wird der männliche Ausdruck («Arbeitgeber») verwendet (Art. 11 des Bundesgesetzes vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, ATSG; SR 830.1). Im vorliegenden Dokument wird der Einheitlichkeit halber ebenso verfahren.

SECO (2020): Zahlen, Daten, Fakten 2019. Tätigkeitsbericht Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung vom Juli 2020.

Art. 90c Abs. 1 AVIG.

SECO (2022): Arbeitslosenversicherung 2021. Weiterhin schuldenfrei dank Bundesgeldern, Medienmitteilung vom 7.4.2022.

SECO (2012): Bericht des Staatssekretariats fur Wirtschaft SECO uber die Stabilisierungsmassnahmen 2009/2010, 15.5.2012.

Bundesrat (2022): Botschaft über den Nachtrag Ib zum Voranschlag 2022, 30.3.2022 (20.007).

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Abbildung 1 Zahl der Arbeitnehmenden in Kurzarbeit, Januar 2020 bis Juni 2022

Quelle: SECO, Die Lage auf dem Arbeitsmarkt, abgerufen am 18. August 2022.

2.2

Rechtsgrundlagen und deren Anpassungen

Das Instrument der Kurzarbeit dient dazu, drohende Arbeitslosigkeit zu verhindern (Art. 1a Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes [AVIG]23), indem Betriebe bei einem voraussichtlich vorübergehenden Arbeitsausfall (Art. 31 Abs. 1 Bst. d AVIG), der auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar ist (Art. 32 Abs. 1 AVIG), für ihre Arbeitnehmenden eine Entschädigung beantragen können. Dahinter steht die Überlegung, dass Betriebe auf diese Weise danach ihre Tätigkeiten rascher wiederaufnehmen können, als wenn sie zuerst noch Personal suchen müssen, und dass die Eingliederung von Personen nach einer Arbeitslosigkeit höhere Kosten verursachen würde. Das Gesetz sieht die KAE ausdrücklich als Instrument vor bei Arbeitsausfällen, welche auf behördliche Massnahmen zurückzuführen sind (Art. 32 Abs. 3 AVIG), wie dies in der Coronakrise der Fall war.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiebekämpfung abzufedern, hat der Bundesrat ab März 2020 zeitgleich mit den angeordneten Schliessungen vieler Geschäfte

23

Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0).

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in einer notrechtlichen Verordnung24 die Regelungen zur Kurzarbeit angepasst. Viele der rechtlichen Anpassungen wurden rückwirkend eingeführt und zwischen 2020 und 2022 mehrmals verlängert, zwischenzeitlich aber auch ausgesetzt. Die Anpassungen betrafen grob drei Bereiche: 1.

Die Verfahren zur Antragstellung und Abrechnung von Kurzarbeit wurden angepasst mit dem Ziel, sie für die Betriebe und Vollzugsstellen in den Kantonen zu vereinfachen (vgl. Ziff. 2.3.1 für Details zum Verfahren).

2.

Die KAE wurde auf Anspruchsgruppen ausgeweitet, die normalerweise nicht zum Bezug berechtigt sind. So wurden folgende Gruppen in der Coronakrise während gewisser Perioden in die KA aufgenommen: ­ Arbeitnehmende mit befristeten Arbeitsverhältnissen und Temporärangestellte, die normalerweise keine KAE erhalten, da das Ende des Arbeitsverhältnisses bereits festgelegt ist; ­ Angestellte auf Abruf, deren Einsatz stark schwankt, womit ihr Arbeitsausfall nicht bezifferbar ist; ­ Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, die als unselbstständig Erwerbende einer Aktiengesellschaft, GmbH oder Genossenschaft Lohn beziehen und aufgrund ihres massgeblichen Einflusses auf deren Entscheidfindung für sich selber KAE anordnen könnten; ­ Lernende, die normalerweise nicht zum Bezug von KAE berechtigt sind, damit sie ihre Ausbildung möglichst nicht unterbrechen.

3.

Die Dauer und die Höhe der KAE wurden angepasst. Die maximale Bezugsdauer liegt normalerweise bei 12 Monaten innerhalb von zwei Jahren (Art. 35 AVIG). Sie wurde in der Coronakrise zunächst auf 18 und später auf 24 Monate angehoben. Die Höhe der KAE wurde sowohl für die Betriebe als auch für die Angestellten angepasst. Betriebe müssen normalerweise während der sogenannten Karenzfrist von einem bis drei Tagen pro Monat die Lohnkosten selber tragen (Art. 32 Abs. 2 AVIG), was in der Coronakrise weitgehend aufgehoben wurde. Die Angestellten in KA erhalten normalerweise wie bei Arbeitslosigkeit maximal 80 Prozent des Lohns, wobei Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen und Mehrstunden von der KAE abgezogen werden. In der Coronakrise wurde auf den Abzug verzichtet, und für niedrige Einkommen erhöhte das Parlament die Entschädigung ab Dezember 2020 auf bis zu 100 Prozent des Lohns.

Eine Übersicht über die wichtigsten Anpassungen in den drei Bereichen findet sich in Anhang 3. In den Kapiteln 3 bis 5 werden jeweils die für die Beantwortung der Fragestellung relevantesten Aspekte vertiefter diskutiert.

24

Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19) vom 20.3.2020 (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, SR 837.033), Stand 17.3.2020. Hier: AS 2020 877.

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2.3

Akteure in Vollzug und Aufsicht

Das Verfahren zur KA kann grob in die Schritte Voranmeldung und Auszahlung unterteilt werden, wie in Abbildung 2 dargestellt. Für den Vollzug sind jeweils unterschiedliche Stellen in den Kantonen zuständig, wie unter Ziffer 2.3.1 näher erläutert.

Bei beiden Schritten nehmen Stellen des Bundes eine Aufsichts- und Kontrollfunktion wahr (vgl. Ziff. 2.3.2).

2.3.1

Vollzug in den Kantonen

Bei der KAE sind die Kantone für den Vollzug zuständig. Im Folgenden werden die Abläufe zwischen den Betrieben und den Vollzugsstellen in den Kantonen ­ den kantonalen Amtsstellen und Arbeitslosenkassen ­ zum Bezug der KAE beschrieben (Abb. 2, obere Hälfte).

Will ein Betrieb25 in KA, muss er dies bei der kantonalen Amtsstelle (KAST) voranmelden. Jeder Kanton verfügt über eine KAST. Diese prüft die Angaben des Betriebs, wie beispielsweise Anzahl Beschäftigte, Umsatz oder Begründung für KA. Anschliessend verfügt sie eine Bewilligung oder Ablehnung der KA. Die Voranmeldung muss normalerweise zehn Tage vor Beginn der KA eintreffen (Art. 36 Abs. 1 AVIG). So kann die KAST das Gesuch bearbeiten, bevor der Betrieb seine Belegschaft in KA schickt. Diese Voranmeldefrist wurde in der Coronakrise über weite Strecken aufgehoben (vgl. Übersicht der Anpassungen in Anhang 3). Zudem konnten Betriebe im März 2020 und Anfang 2021 eine Voranmeldung einreichen, die rückwirkend ab dem Tag der behördlich angeordneten Schliessungen in Kraft trat. Eine solche rückwirkende Voranmeldung ist weder im AVIG noch in der AVIV vorgesehen und erhielt erst mit dem Covid-19-Gesetz eine rechtliche Grundlage. Weiter wurden in der Coronakrise zwischen März 2020 und August 2021 von den Betrieben weniger Angaben verlangt, um die Voranmeldung zu vereinfachen.

Ist die Voranmeldung bewilligt und der Betrieb in KA, muss er für jede Abrechnungsperiode (meist ein Monat) bei der Arbeitslosenkasse (ALK) eine Abrechnung einreichen (Art. 38 AVIG). Betriebe können sich frei für eine in ihrem Kanton tätige private oder öffentliche ALK entscheiden. In der Coronakrise haben fast nur die öffentlichen ALK KAE ausbezahlt.26 Der Betrieb muss die Abrechnung innerhalb von drei Monaten nach der Abrechnungsperiode einreichen, sonst erlischt der Anspruch. Bei der Abrechnung macht der Betrieb normalerweise eine detaillierte Aufschlüsselung über die Normalarbeitszeit sowie die Ausfallstunden pro Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin. Zudem muss der Betrieb der ALK belegen, dass er die KAE bereits ausbezahlt und die Sozialversicherungsbeiträge beglichen hat. Haben Arbeitnehmende in KA ein Einkommen aus Zwischenbeschäftigung durch eine alternative bezahlte Tätigkeit, muss dieses aufgeführt sein. Es wird durch die ALK verrechnet, damit das Einkommen

25 26

Darunter fallen im vorliegenden Bericht auch die Betriebseinheiten.

2020 betrug der Anteil der öffentlichen ALK 89 %, im Folgejahr 91 %. Quelle: SECO TC (2021): Tätigkeitsbericht Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung 2020, 37 sowie SECO TC (2022): Tätigkeitsbericht Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung 2021, 35.

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nicht höher ausfällt als die KAE. Die Kasse plausibilisiert die Angaben des Betriebs und bezahlt die KAE an den Betrieb aus.

Abbildung 2 Übersicht über den Ablauf und die Akteure in Vollzug und Aufsicht

In der Coronakrise wurde dieses Abrechnungsverfahren unter dem Begriff «summarisches Verfahren» stark vereinfacht: Es reichten Angaben zur Lohnsumme und zu den Ausfallstunden des gesamten Betriebs, um KAE zu erhalten. Angaben zu den Ausfallstunden der einzelnen Arbeitnehmenden waren nicht nötig, und allfällige Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen wurden nicht angerechnet. Die Betriebe mussten jedoch weiterhin intern die Ausfallstunden dokumentieren, um sie bei Kontrollen belegen zu können. Auf diese Weise verringerte sich der Aufwand für die Betriebe sowie für die ALK, da Letztere weniger Angaben kontrollieren und plausibilisieren mussten, bevor sie KAE ausbezahlten. Auch konnten die Betriebe die KAE schon vor Ablauf des Monats vorbeziehen. Das summarische Verfahren wurde mehrfach verlängert und galt schliesslich vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022, wobei ab Juli 2021 wieder eine Auflistung der Ausfallstunden pro Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin verlangt wurde.

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2.3.2

Aufsicht und Kontrollen des Bundes

Der Bund ist bei der KA für die einheitliche Rechtsanwendung (Art. 110 AVIG) und die Aufsicht (Art. 76 Abs. 2 AVIG) zuständig. Um sicherzustellen, dass Leistungen rechtmässig erbracht werden, folgt man bei der ALV dem «Drei-Linien-Modell»27.

Die erste Linie bilden die Vollzugsstellen in den Kantonen. Sie müssen die Weisungen der Ausgleichsstelle der ALV befolgen und über ein internes Kontrollsystem (IKS) verfügen, gemäss welchem beispielsweise nicht dieselbe Person einen Antrag auf KA bewilligen und die Zahlung der KAE auslösen darf. Die Vollzugsstellen müssen die Angaben der Betriebe zu ihrem Arbeitsausfall plausibilisieren, um eine gesetzeskonforme Ausführung sicherzustellen.

In der zweiten Linie des Modells findet sich die Ausgleichsstelle der ALV. Zu deren Kernaufgaben gehört, dass sie die Tätigkeiten der Vollzugsstellen überprüft bzw. revidiert (Ziff. 2.3.1), wobei sie auch Dritte mit dieser Aufgabe betrauen kann (Art. 83 AVIG). Organisatorisch werden diese Aufgaben der Ausgleichsstelle durch den Revisionsdienst des Leistungsbereichs Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung (SECO TCRD) der Direktion für Arbeit des SECO wahrgenommen.28 Zu den Aufgaben der Ausgleichsstelle gehören auch die Kontrollen des rechtmässigen Bezugs von KAE vor Ort in den Betrieben, die sogenannten Arbeitgeberkontrollen.

Die Ausgleichsstelle oder von ihr beauftragte Treuhandstellen prüfen stichprobenweise, ob der Bezug von KAE rechtmässig war und korrekt abgerechnet wurde (Art. 110 Abs. 4 AVIV). Diese Kontrollen sind notwendig, weil die Vollzugsstellen in den Kantonen die Angaben der Betriebe lediglich plausibilisieren. Kann ein Betrieb bei einer Kontrolle die Ausfallstunden für seine Arbeitnehmenden nicht belegen, wird ihm die gesamte KAE aberkannt. Stellt die Ausgleichsstelle einen Fehler in der Abrechnung eines Betriebs fest, fordert sie den zu viel ausbezahlten Betrag zurück. Die Ausgleichsstelle unterscheidet zwischen einem unrechtmässigen Bezug wegen Fehlern oder wegen fehlerhafter Dokumentation und einem Missbrauch, der immer mit einer nachzuweisenden Absicht verbunden ist.29 Bei Missbräuchen erstattet die Ausgleichsstelle Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden.30 Für die KAE gilt eine absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren ab Auszahlung der Leistung (Art. 25 Abs. 2 ATSG).31 In der dritten Linie werden
die Tätigkeiten der Ausgleichsstelle der ALV ihrerseits kontrolliert. Dies geschieht durch die Interne Revision des SECO (DBIR), welche als Stabsstelle direkt der Staatssekretärin unterstellt ist.

27 28 29

30 31

Es handelt sich um ein Modell für Governance und Risikomanagement in Unternehmen, dessen Anwendung auf die ALV im IKS-Organisationshandbuch beschrieben ist.

Im SECO wird häufig die Abkürzung SECO TCRD anstelle des Begriffs «Ausgleichsstelle» verwendet.

SECO TCRD (2020): Strategisches Prüfkonzept Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während und nach Covid-19, Juni 2020, Ziff. 4.1.

Im Folgenden: Prüfkonzept (2020).

Strafverfolgungsbehörden können auch von sich aus Ermittlungen aufnehmen.

Wurde die KAE beispielsweise im März 2020 bewilligt und im Mai 2020 ausbezahlt, beginnt die fünfjährige Verwirkungsfrist erst am Auszahlungsdatum zu laufen.

Die Verwirkungsfrist gilt für jede Zahlung separat.

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Ausserdem führt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) im Rahmen ihres Mandats als Finanzaufsichtsorgan Prüfungen durch. In der Coronakrise weitete die EFK bei der KA ihre Tätigkeiten aus (vgl. Ziff. 5.5). Die EFK ist zudem für die jährlichen Abschlussprüfungen des Fonds der ALV zuständig (Art. 118 AVIV).

Für die Überwachung des Fonds der ALV ist ausserdem die Aufsichtskommission über den Fonds der Arbeitslosenversicherung (AK ALV), eine dem WBF angegliederte ausserparlamentarische Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner, des Bundes, der Kantone und der Wissenschaft, zuständig (Art. 89 AVIG). In der Praxis wird darauf geachtet, dass die Vollzugsstellen, also die KAST sowie die öffentlichen und privaten ALK, alle eine Vertretung in der Kommission haben. Als Präsidenten bzw. Präsidentin wählt der Bundesrat traditionell den Leiter bzw. die Leiterin der Direktion für Arbeit des SECO. Die AK ALV legt unter anderem die Verwaltungskosten fest, welche die Vollzugsstellen dem Fonds verrechnen dürfen, und ist für Informatikprojekte im Bereich ALV zuständig. Sowohl die Ausgleichsstelle als auch die Interne Revision des SECO erstatten ihr Bericht.32 In der Coronakrise bewilligte die AK ALV den Einsatz von externen Prüfungsfirmen für zusätzliche Arbeitgeberkontrollen im Umfang von bis zu 25 Millionen Franken.33

3

Anpassungen der Rechtsgrundlagen

Dieses Kapitel bewertet, ob die mehrmaligen Anpassungen der Rechtsgrundlagen zur KAE zweckmässig vorgenommen wurden. Die PVK hat dazu Evaluationskriterien wie die Ausrichtung der Anpassungen auf die gesetzlichen Ziele der KAE, ihre Abstimmung mit anderen wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen, ihr Timing (Rechtzeitigkeit, Häufigkeit) sowie die Angemessenheit der Risikoabwägungen in den Entscheidungsgrundlagen zu den Anpassungen bewertet (siehe Anhang 2).

Zusammenfassung: Die PVK kommt zum Ergebnis, dass die Anpassungen der Rechtsgrundlagen zur KAE zu Beginn der Coronakrise weitgehend zweckmässig vorgenommen wurden, später hingegen weniger. Am Anfang waren die Anpassungen ausdrücklich auf die Vermeidung von Arbeitslosigkeit als Hauptziel der KAE ausgerichtet (Ziff. 3.1) und mit anderen wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen des Bundes zur Abfederung der Folgen der Coronakrise koordiniert (Ziff. 3.2). Der Bundesrat führte sie rechtzeitig ein, fällte seine Entscheide jedoch oft zu kurzfristig und wenig vorausschauend (Ziff. 3.3). Die Risiken der Anpassungen bei der KAE und ihrer Verlängerungen fanden in den Entscheidungsgrundlagen in wichtigen Fällen ungenügend Erwähnung (Ziff. 3.4).

32 33

Art. 26 Abs. 1 Bst. e sowie Art. 26 Abs. 2 Bst. d des Reglements der AK ALV vom 16.12.2015, Stand 1.1.2021.

SECO (2021): Kurzarbeit: Missbrauchsbekämpfung wird intensiviert, Medienmitteilung vom 7.6.2021.

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3.1

Zu Beginn waren die Anpassungen mit dem Ziel der Vermeidung von Arbeitslosigkeit begründet

Das gesetzliche Ziel der KAE, die Vermeidung von Arbeitslosigkeit (vgl. Ziff. 2.2), findet in den Entscheidungsgrundlagen zum Einsatz des Instruments in der Coronakrise und insbesondere zu dessen Anpassungen, die im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus und den grossflächigen Schliessungen von Betrieben ab 17. März 2020 vorgenommen wurden, mehrfach Erwähnung.

Die Vereinfachung der Verfahren zur Antragstellung und Abrechnung von KAE wurde ab März 2020 per Weisung34 eingeführt, Anfang April 2020 auf Ebene Verordnung35 und schliesslich im Covid-19-Gesetz36 geregelt. Erklärtes Ziel war es, das Verfahren für Betriebe und Vollzugsstellen zu erleichtern, um durch eine schnelle Auszahlung an die Betriebe zu ermöglichen, Entlassungen zu vermeiden und so Arbeitsplätze zu erhalten. Das SECO legte die Gründe für die Verfahrensanpassungen im Schreiben zu den oben erwähnten Weisungen dar, und das WBF informierte frühzeitig den Bundesrat.37 Die Anpassungen bezüglich der Höhe der KAE stellten eine Folge der soeben erwähnten Verfahrensvereinfachungen dar und wurden auch so begründet: Den Vollzugsstellen standen mit dem summarischen Verfahren gar nicht mehr die nötigen detaillierten Unterlagen zur Verfügung, um Abzüge bei der KAE für Mehrstunden und Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen der Angestellten vorzunehmen, weshalb das WBF dem Bundesrat beantragte, auf deren Anrechnung an die KAE zu verzichten.38 Die Ausweitungen der Anspruchsgruppen jedoch wurden in den Entscheidungsgrundlagen nur teilweise mit der Vermeidung von Arbeitslosigkeit als gesetzlichem Ziel begründet. Zwar wurde bei den Entscheiden zur Ausweitung der KAE auf Temporärangestellte und Mitarbeitende auf Abruf die Gefahr des Verlusts des Arbeitsplatzes als Grund angegeben,39 und eine Ausweitung der KA auf Arbeitnehmende in Privathaushalten lehnte der Bundesrat mit der Begründung ab, dass deren Arbeit zu keinem Zeitpunkt verboten war.40 Bei der Ausweitung der KAE auf Lernende und deren Be-

34 35 36

37 38

39 40

Für die Voranmeldung von KA Weisung 2020/02, 11.3.2020, und für die Auszahlung der KAE Weisung 2020/04, 3.4.2020.

Art. 8i der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 1201).

Art. 17 Bst. d des Bundesgesetzes vom 25.9.2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19Gesetz; SR 818.102).

Aussprachepapier (AsP) WBF/EFD «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Covid-19», 12.3.2020.

Bundesratsantrag (BRA) WBF/EDI «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung, Erwerbsausfall, Arbeits- und Ruhezeiten, Sozialversicherungsbeiträge, Selbständigerwerbende», 19.3.2020.

BRA WBF/EDI, 19.3.2020.

BRA WBF «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung ­ Anpassungen im Bereich Kurzarbeitsentschädigung», 7.4.2020; vgl. auch Stellungnahme des Bundesrates zum Postulat der SP-Fraktion «Kurzarbeit. Entschädigung der Arbeitnehmenden auf Stundenlohnbasis bei Privatpersonen» (20.3200), 19.8.2020.

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treuende sowie auf Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung wurde hingegen nicht explizit auf das gesetzliche Ziel der KAE Bezug genommen.41 Mit dem Fortschreiten der Pandemie wurde die Vermeidung von Arbeitslosigkeit in den Grundlagen zu den Entscheiden des Bundesrates zur Beibehaltung oder Wiedereinführung von Anpassungen bei der KAE nur noch selten erwähnt.

Die Verlängerungen des summarischen Verfahrens begründete das WBF nach der ersten Infektionswelle im Sommer 2020 und nach der zweiten Infektionswelle ab März 2021 wiederholt damit, dass es den Vollzug entlaste und die Kantone genügend Zeit benötigten, um auf das ordentliche Verfahren umzustellen.42 Somit rückte das WBF in Phasen rückläufiger KAE-Anträge (vgl. Abb. 2) praktische Überlegungen anstelle des gesetzlichen Ziels der KAE in den Vordergrund.

Bei der Verlängerung der Bezugsdauer der KAE im Juni 2020 von 12 auf 18 Monate wurden in den Entscheidungsgrundlagen nicht das Arbeitslosigkeitsrisiko, sondern wirtschaftliche Gründe angeführt: Die Verlängerung sei wichtig, damit Betriebe sich «von den teilweise sehr einschneidenden Massnahmen des Bundesrates und den Auswirkungen des Covid-19» erholen könnten. Zudem wurde die Planungssicherheit für die Betriebe erwähnt und diskutiert, dass die Verlängerung angesichts der negativen Konjunkturprognosen angemessen sei.43 Somit wurde diese Anpassung nur indirekt mit dem gesetzlichen Ziel der KAE begründet.

Die Erhöhung der KAE von 80 auf bis zu 100 Prozent des Verdienstes für Geringverdienende, die das Parlament im Herbst 2020 beschloss, lehnten das WBF und der Gesamtbundesrat ab. Sie verwiesen dabei bereits im Sommer 2020 und anschliessend auch in der parlamentarischen Debatte wie auch in den Entscheidungsgrundlagen auf die Sozialhilfe, welche im Bedarfsfall Unterstützung bieten würde.44 Damit stützte sich die Exekutive in diesem Fall auf das gesetzliche Ziel der KAE, während dieses nach der ersten Phase der Coronakrise bei anderen Anpassungen keine explizite Erwähnung mehr fand.

41 42

43 44

BRA WBF/EDI, 19.3.2020.

BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung», 5.8.2020; BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Verlängerung des vereinfachten Verfahrens und der Aufhebung der Karenzzeit», 15.3.2021; AsP WBF «Covid-19: Verlängerung der Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung und weiteres Vorgehen zu den Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung», 10.5.2021.

BRA WBF «Änderung der Arbeitslosenversicherungsverordnung; Verlängerung der Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung», 29.6.2020, Ziff. 2.1.

Stellungnahme des Bundesrates zur Motion Wermuth «Kurzarbeitsentschädigung bei tiefen Einkommen anheben», 26.8.2020 (20.3192); Debatte im Ständerat zum Covid-19Gesetz, 16.12.2020 (20.084); AsP WBF «Covid-19: Analyse und weiteres Vorgehen für individuelle soziale Härtefälle», 17.12.2020.

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3.2

Die Anpassungen bei der KAE waren weitgehend mit anderen Unterstützungsmassnahmen abgestimmt

Die PVK bewertete, inwiefern die Anpassungen der KAE mit weiteren wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen des Bundes während der Pandemie, wie den Covid19-Krediten, dem Erwerbsersatz für Selbstständige und der Härtefallregelung, zweckmässig abgestimmt waren. Die PVK stellte dabei fest, dass die Abstimmung hinsichtlich der KAE grundsätzlich gewährleistet war: Die Massnahmen kamen in unterschiedlichen Bereichen zum Tragen. So deckte die KAE nur die Angestellten ab, nicht hingegen die Selbstständigen, für die der Corona-Erwerbsersatz geschaffen wurde.

Bei der Härtefallregelung bemühte sich das EFD bei der Erarbeitung der entsprechenden Verordnung um eine Koordination, indem es vorschlug, die KAE und den Corona-Erwerbsersatz als Erträge zu behandeln, die bei der Berechnung der Härtefälle angerechnet werden sollten,45 was der Bundesrat schliesslich ablehnte.46 In den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates zur KAE wurde die unterschiedliche Ausrichtung der Massnahmen weiter nicht explizit erwähnt, laut den Gesprächspartnerinnen und -partnern fanden jedoch zwischen dem SECO und den jeweils betroffenen Bundesstellen zweckmässige Absprachen auf den erforderlichen Hierarchieebenen statt.

Die Frage nach der Koordination der Anpassungen der KAE stellte sich konkret vor allem bei der Ausweitung der Anspruchsgruppen auf Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung sowie im Betrieb mitarbeitende Eheleute und eingetragene Partnerinnen und Partner. Aufgrund der behördlichen Schliessungen ganzer Betriebe in der ersten Phase der Coronakrise wurde ihnen ab dem 17. März 2020 ein Anspruch auf KAE gewährt.47 In den Entscheidungsgrundlagen wurde diese Anpassung angemessen begründet (fehlende alternative Erwerbsmöglichkeiten und nur, wenn der gesamte Betrieb in KA ist).48 Nach den erfolgten Öffnungsschritten wurde die Regelung Ende Mai 2020 parallel zur Aufhebung der Massnahmen für Selbstständigerwerbende wieder abgeschafft.49 In der Folge entstand jedoch ein erheblicher politischer Druck, für diese Personengruppe eine Lösung zu finden. Deshalb fanden Absprachen zwischen dem SECO und dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) über den Einschluss dieser Personengruppe in der KAE oder den Erwerbsersatz für Selbstständige statt.

Die Zusammenarbeit beurteilten beide Seiten auf Fachebene als angemessen, doch sprachen sich
beide wegen des hohen Missbrauchsrisikos gegen die Abdeckung dieser Personen durch ihr jeweiliges Instrument aus. Schliesslich unterbreitete der Bundesrat dem Parlament einen Vorschlag zum Einschluss dieser Personengruppe in den Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende. Er begründete den Verzicht auf den KAEAnspruch in der Botschaft damit, dass das Ziel der KAE den Erhalt von Arbeitsplätzen darstelle und das Risiko des Stellenverlusts gerade bei dieser Personengruppe, die in der Regel Führungspositionen besetze, gering sei, während das Missbrauchspotenzial 45 46 47 48 49

BRA EFD «Botschaft zu Änderungen des Covid-19-Gesetzes und des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes», 17.11.2020.

Bundesrat (2020): Coronavirus: Bundesrat verabschiedet Verordnung zu Corona-Härtefallhilfe, Medienmitteilung vom 25.11.2020.

Art. 1 und Art. 2 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877).

BRA WBF/EDI, 19.3.2020.

BRA WBF «Transition Covid-Massnahmen der Arbeitslosenversicherung und der öffentlichen Arbeitsvermittlung», 18.5.2020.

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sehr hoch sei.50 Die gefundene Koordinationslösung erachtet die PVK hinsichtlich des gesetzlichen Ziels der KAE als zweckmässig.51 Problematik 1

KAE für öffentlich-rechtliche Betriebe

Ein Fall, bei welchem die Koordination zwischen den verschiedenen Bundesstellen mangelhaft war, betrifft die Frage, ob öffentlich-rechtliche Betriebe Anspruch auf KAE hatten. Im März 2020 forderte das Bundesamt für Verkehr laut Medienberichten Verkehrsbetriebe auf, KAE zu beantragen.52 Das SECO verneinte dagegen mit Verweis auf die bisherige Rechtsprechung53, dass öffentlich-rechtliche Betriebe generell Anspruch auf KAE haben, da dieser nur bestehe, wenn ein unmittelbarer Arbeitsplatzverlust drohe. Dies sei bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen und solchen mit einer staatlichen Defizitgarantie meist nicht der Fall. 54 Da die Vollzugsstellen in manchen Kantonen bereits Voranmeldungen für KAE solcher Betriebe bewilligt hatten, erhob das SECO ­ unter anderem gestützt auf Analysen der EFK ­ ab Mai 2020 mehr als 800 Einsprachen gegen die entsprechenden Entscheide. Daraufhin mussten die KAST den Anspruch auf KAE nochmals im Einzelfall überprüfen und begründen.

3.3

Die Anpassungen wurden rechtzeitig, aber in zu hoher Kadenz und zu kurzfristig beschlossen

Dieser Abschnitt widmet sich dem Timing der Anpassungen der KAE. Es wird dargelegt, dass die Anpassungen in der Regel fristgerecht eingeführt, jedoch erst spät beendet wurden (Ziff. 3.3.1). Zudem wurden sehr viele sehr kurzfristige und zuweilen gar rückwirkende Entscheide getroffen, was im Vollzug Schwierigkeiten bereitete (Ziff. 3.3.2).

50

51

52 53 54

Bundesrat (2020): Botschaft vom 12.8.2020 zum Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) (BBl 2020 6563, Ziff. 2.3.8).

Die EFK (2022c: Evaluation des Corona-Erwerbsersatzes für Selbständigerwerbende, 29.7.2022) zeigte auf, dass gewisse Personen sowohl KAE als auch Corona-Erwerbsersatz für Selbstständige bezogen haben, und bemängelte deren Koordination. Aus Sicht der PVK weist dies allerdings nicht direkt auf eine ungenügende Koordination oder einen unrechtmässigen Leistungsbezug hin, da es verschiedene Konstellationen gab, in welchen Ansprüche bei beiden Instrumenten vorkommen konnten.

Dem ÖV entgehen Hunderte Millionen ­ jetzt soll der Staat helfen. In: Sonntags-Zeitung, 21.6.2020.

Vgl. BGE 121 V 362.

Für eine kurze Darstellung der Rechtslage vgl. Mischa Morgenbesser, Kurzpapier «Kurzarbeit und Staatsbetriebe», 8.5.2020, Badertscher Rechtsanwälte, https://www.b-legal.ch/kurzarbeit-und-staatspapiere/ (26.10.2022).

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3.3.1

Rechtzeitigkeit der Anpassungen

Damit Firmen Arbeitsplätze erhalten können, müssen sie liquide bleiben. Für eine wirksame staatliche Unterstützung sind laut OECD deshalb bei staatlichen Unterstützungsmassnahmen reibungslose Verfahren bei der Antragstellung, Bewilligung und Auszahlung wichtig.55 In der Coronakrise waren innerhalb kürzester Zeit mehr als eine Million Arbeitnehmende in der Schweiz in KA, oftmals aus Branchen, die bis dahin keine Erfahrungen mit der KA hatten (vgl. Ziff. 2.1). Die Vollzugsstellen gaben in der Befragung, welche die PVK durchführen liess, klar an, dass die Zahl der zu bearbeitenden Gesuche eine der grössten Herausforderungen in der Coronakrise war.56 Damit die Vollzugsstellen die grosse Zahl von Gesuchen der Betriebe genügend schnell bearbeiten konnten, vereinfachte das SECO Anfang März 2020 das Verfahren zur Antragstellung57 und führte Anfang April 2020 rückwirkend per Anfang März das summarische Abrechnungsverfahren ein,58 indem es die Weisungen an die Vollzugsstellen anpasste. Dies hat das WBF gegenüber dem Bundesrat mit dem Ziel begründet, «während der ausserordentlichen Lage den betroffenen Betrieben unbürokratisch schnellstmöglich Zahlungen leisten zu können».59 Auf Antrag des WBF hob der Bundesrat im März 2020 zudem die Voranmeldefrist auf und eröffnete Betrieben die Möglichkeit, bis Ende März 2020 rückwirkend ab dem 17. März 2020 statt dem Tag, an dem der Antrag eingereicht wurde, KAE zu erhalten. Dies wurde damit begründet, dass die behördlichen Einschränkungen der betrieblichen Tätigkeiten nicht vorhersehbar gewesen seien.60 Die von der PVK Interviewten beim SECO, bei der EFK, den Vollzugsstellen und den Sozialpartnern waren sich einig, dass die Verfahren in einer ersten Phase fristgerecht und zielführend vereinfacht wurden, um die schnelle Bearbeitung und Auszahlung zu gewährleisten. Dies bestätigt auch die Befragung der Vollzugsstellen: Von gut zwei Dritteln bis zu mehr als vier Fünfteln der Vollzugsstellen fanden, dass die für sie relevanten Anpassungen der Verfahren ihre Arbeit erleichterten und dazu beitrugen, dass die vielen Gesuche für KAE genügend rasch bearbeitet werden konnten.61 Die Verfahrensanpassungen sind für die PVK angesichts dieser Ergebnisse rechtzeitig erfolgt.

Das SECO erarbeitete in Anbetracht der Situation in der ersten Welle der Coronakrise auch zeitgerecht Grundlagen für eine Ausweitung der KAE auf weitere Anspruchs55 56 57 58 59

60

61

OECD (2021), 107.

Ecoplan (2022), Abb. A-1.

SECO (2020): Erleichterung der Voranmeldung von Kurzarbeit in Zusammenhang mit dem Coronavirus, Weisung 2020/02, 11.3.2020.

SECO (2020): Aktualisierung «Sonderregelungen bei eingeschränkter Vollzugstätigkeit aufgrund der Pandemie», Weisung 2020/04, 3.4.2020.

BRA WBF «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung ­ Anpassungen im Bereich Kurzarbeitsentschädigung», 7.4.2020, Ziff. 3.5.

BRA WBF «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung, Kurzarbeitsentschädigung und Stellenmeldepflicht», 24.3.2020.

Ecoplan (2022), Abb. 3-2 und Abb. A-3. Für die KAST waren das vereinfachte Verfahren zur Voranmeldung, die Aufhebung der Frist zur Voranmeldung sowie die Verlängerung der Bewilligungsdauer für KAE relevant, für die ALK das summarische Verfahren. Vgl.

auch SECO TCRD (2020): Bericht über die System-Prüfungen zur Gewährung von Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während des Notrechts von März bis August 2020, Kap. 3.2.

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gruppen, wie Personen mit befristeten Anstellungen, Temporärangestellte und Lernende. Die entsprechende Verordnung wurde vom Bundesrat am 20. März 2020 beschlossen und zunächst rückwirkend per 17. März 2020 in Kraft gesetzt.62 Am 8. April 2020 beschloss der Bundesrat dann ihre rückwirkende Geltung ab 1. März 2020 und schloss zusätzlich unbefristet Angestellte auf Abruf mit stark schwankender Beschäftigung ein.63 Auch die Problematik der maximalen Bezugsdauer der KAE hat das WBF frühzeitig, nämlich bereits im März 2020, erstmals gegenüber dem Bundesrat erwähnt,64 worauf dieser am 1. Juli 2020 beschloss, sie von 12 auf 18 Monate zu erhöhen.65 Erst ein Jahr später, am 10. Mai 2021, machte das Departement in einem Aussprachepapier darauf aufmerksam, dass der Anspruch von Betrieben, die seit Beginn der Coronakrise KAE beziehen, per Ende August 2021 auslaufen werde. Ein allfälliger Entscheid, die Bezugsdauer nochmals zu verlängern, müsse frühzeitig vor Ablauf dieser Frist kommuniziert werden, um zu verhindern, dass Betriebe ihre Angestellten aufgrund der oft dreimonatigen Kündigungsfristen bereits entlassen.66 Die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit der eidgenössischen Räte (SGK) hatten ihrerseits den Bundesrat bereits im April 2021 darauf hingewiesen, dass ein baldiger Entscheid nötig sei, um den Unternehmen Planungssicherheit zu bieten.67 Der Entscheid des Bundesrates, die maximale Bezugsdauer auf 24 Monate zu verlängern, fiel schliesslich erst am 23. Juni 2021,68 also zwar rechtzeitig vor dem Auslaufen der maximalen Frist, jedoch unter Umständen zu spät, um Entlassungen zu vermeiden. Damit war die Rechtzeitigkeit in diesem Fall nicht gewährleistet.

Ebenfalls zuweilen nicht rechtzeitig erfolgte die Beendigung von Anpassungen, so namentlich beim summarischen Verfahren. Personen aus unterschiedlichen Bereichen des SECO gaben der PVK zu Protokoll, dass die Auszahlung der KAE im summarischen Verfahren mit den verschiedenen Anpassungen immer komplizierter wurde. So setzte die vom Parlament im Herbst 2020 beschlossene Geringverdienerregelung eine Abrechnung pro beschäftigte Person voraus, doch auf diese war im summarischen Verfahren zugunsten einer pauschalen Abrechnung über die gesamte Belegschaft verzichtet worden. Der Bundesrat hatte sich denn auch klar dagegen ausgesprochen: «Die Regelung
für Geringverdienende führt sowohl bei den Betrieben als auch bei den Durchführungsstellen zu bedeutendem Mehraufwand und widerspricht der ursprünglichen Absicht des vereinfachten Verfahrens.»69 In den Gesprächen mit der PVK äus62 63 64 65 66 67

68 69

Art. 4 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877).

BRA WBF, 7.4.2020.

AsP WBF/EFD, 12.3.2020.

Bundesratsbeschluss WBF «Änderung der Arbeitslosenversicherungsverordnung; Verlängerung der Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung», 1.7.2020.

AsP WBF, 10.5.2021.

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (2021): Indirekter Gegenvorschlag zur Initiative über Tabakwerbung, Medienmitteilung vom 15.4.2021; SGK-N: Empfehlungen der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates: Test- und Impfstrategie, Massnahmen zur Entschädigung der Kurzarbeit und des Erwerbsausfalls, Brief an den Bundesrat vom 30.4.2021.

AS 2021 382.

Bundesrat (2021): Botschaft vom 17.2.2021 zum revidierten Covid-19-Gesetz, Ziff. 1.6.2 (BBl 2021 285). Vgl. auch die frühere Debatte zum Covid-19-Gesetz im Ständerat, 16.12.2020 (20.084).

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serten Mitarbeitende des SECO die Meinung, dass das summarische Verfahren durch die vielen Anpassungen, die ab Sommer 2020 folgten, zu einem Flickwerk wurde.

Spätestens ab der Einführung der Geringverdienerregelung wäre laut ihnen eine Abrechnung im ordentlichen Verfahren gerade auch für die Betriebe einfacher gewesen (vgl. auch Ziff. 3.3.2).70 Das WBF präsentierte dem Bundesrat erst im Sommer 2021 Szenarien dazu, bei welchen behördlichen Einschränkungen die verschiedenen Anpassungen der KAE noch notwendig sind und mit welchen Risiken sie verbunden sind (vgl. auch Ziff. 3.4).71 Eine vorausschauende Planung für die Beendigung der Anpassungen fand somit lange nicht statt.

3.3.2

Häufigkeit der Anpassungen

Die Regelungen zur KAE wurden zumindest zu Beginn der Krise sehr häufig und jeweils auch sehr kurzfristig angepasst. Die erste Anpassung nahm der Bundesrat am 13. März 2020 in der AVIV vor, indem er die Karenzfrist für die KA auf einen Tag reduzierte, sodass die Unternehmen nur den Arbeitsausfall von einem Tag selbstständig zu tragen hatten. Am 20. März 2020 erliess er dann ein Bündel von Anpassungen in der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung. Diese Verordnung hat er bis zum Ende des Untersuchungszeitraums der Evaluation im Juni 2022 insgesamt 13-mal angepasst, achtmal allein im ersten Jahr nach ihrer Inkraftsetzung.

Die Anpassungen erfolgten zudem mehrheitlich sehr kurzfristig, d. h., sie traten oft noch gleichentags in Kraft. Zahlreiche Anpassungen wurden ausserdem rückwirkend vorgenommen. So erfolgte bereits der Erlass der Verordnung am 20. März 2020 rückwirkend per 17. März 2020, dem Tag, an dem der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» nach Epidemiengesetz ausrief und Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe schloss. Am 9. April 2020 verlängerte der Bundesrat die rückwirkende Gültigkeit bis zum 1. März 2020, dem Tag nach Beginn der «besonderen Lage», als zunächst Grossveranstaltungen verboten wurden, bevor ab dem 13. März 2020 für sämtliche Veranstaltungen sowie Restaurants, Bars und Diskotheken Besucher-Obergrenzen eingeführt und Ausbildungsstätten geschlossen wurden.

70

71

Dass das Departement Ende 2021 gegenüber dem Bundesrat argumentierte, die Geringverdienerregelung könne im summarischen Verfahren «deutlich einfacher und damit wirkungsvoller umgesetzt werden», ist laut Konsultationsantwort vom 18.11.2022 auch für das SECO nicht nachvollziehbar (BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Verlängerung des summarischen Abrechnungsverfahrens», 29.9.2021, Ziff. 2).

AsP WBF, 10.5.2021; BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Erhöhung der Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitsentschädigung und Verlängerung der Geltungsdauer weiterer Massnahmen», 21.6.2021.

25 / 70

Abbildung 3 Herausforderungen für die Vollzugsstellen in der Coronakrise

Quelle: Ecoplan (2022), Abb. 3-1; N=63

Die Menge von Anpassungen wie auch ihre Kurzfristigkeit und rückwirkende Gültigkeit wurden in den im Rahmen der Evaluation geführten Gesprächen immer wieder als Belastung für die Vollzugsunterstützung beim SECO und den Vollzug in den Kantonen erwähnt. In der Befragung, welche die PVK durchführen liess, gaben auch praktisch alle Vollzugsstellen ­ also sämtliche KAST und ALK ­ an, dass die Schnelligkeit der Anpassungen sowie die Tatsache, dass manche rückwirkend eingeführt wurden, Herausforderungen darstellten (vgl. Abb. 3). Gemäss den Gesprächen war es für alle Beteiligten, einschliesslich der Betriebe, schwierig, den Überblick über die geltenden Regeln zu behalten.

Aus Sicht der PVK sind die vielen und rückwirkenden Anpassungen das Ergebnis davon, dass der Bund versuchte, die KAE den jeweils geltenden behördlichen Einschränkungsmassnahmen anzupassen, um den Bedürfnissen der Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft entgegenzukommen, doch fehlte ein vorausschauendes Handeln.

Dazu kam, dass der Bundesrat die Anpassungen jeweils bis zu einem fixen Datum, unabhängig von den bis dahin geltenden behördlichen Einschränkungen, beschloss.

Teilweise wurden die Einschränkungen zwischenzeitlich aufgehoben, doch bis zum Ablauf der Gültigkeit war oft schon die nächste Infektionswelle da. Dies führte dazu, dass die sanitarischen Massnahmen und die Regelungen zur KAE wenig koordiniert schienen und der Bund letztlich sehr kurzfristig oder rückwirkend entschied, Anpassungen zu verlängern.

So sind in Bezug auf die zusätzlichen Anspruchsgruppen nur die Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung und im Betrieb mitarbeitende Eheleute oder eingetragene 26 / 70

Partnerinnen und Partner (per 31. Mai 2020) sowie Temporärangestellte (per 31. August 2020) wieder aus der KAE ausgeschlossen worden. Die Ansprüche der übrigen Gruppen hat der Bundesrat dagegen in der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung auf der Grundlage von Artikel 17 des Covid-19-Gesetzes, mit welchem ihm das Parlament hierfür die Kompetenz erteilte, mehrmals nahtlos bis zum 30. September 2021 verlängert und nach einem knapp dreimonatigen Unterbruch nochmals ab 20. Dezember 2021 bis 31. März 2022 reaktiviert, als sich die Schweiz in einer weiteren Infektionswelle befand (vgl. Übersicht in Anhang 3). Diese Anpassungen des Kreises der Anspruchsberechtigten haben denn auch die Arbeit der Vollzugsstellen erheblich erschwert, weil beispielsweise die bereits erteilten Bewilligungen zum Bezug von KAE nochmals überprüft werden mussten.72 Auch das summarische Abrechnungsverfahren hat der Bundesrat, wie unter Ziffer 3.1 erwähnt, mit der Begründung, dass es den Vollzug entlaste, in einer Reihe von Entscheidungen letztlich nahtlos bis am 31. März 2022 verlängert (vgl. Tab. 2).

Ursprünglich gingen das SECO und das WBF davon aus, mit dem Auslaufen der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung im Herbst 2020 zum ordentlichen Verfahren zurückzukehren.73 Das SECO setzte sich gemäss zahlreichen Gesprächsaussagen von Mitarbeitenden sowie der Stellungnahme zum Entwurf des vorliegenden Berichtes74 dafür ein, das summarische Abrechnungsverfahren zu beenden. In den Entscheidungsgrundlagen des WBF zuhanden des Bundesrates ist die Position des SECO allerdings nicht ausgewiesen. Die Kantone befürworteten Ende 2020 klar eine Weiterführung des summarischen Verfahrens.75 Seitens des Parlamentes sprach sich die Finanzdelegation (FinDel) aufgrund von befürchteten Risiken bereits früher gegen eine Verlängerung aus (vgl. Ziff. 3.4.1), während die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit 2021 in Phasen mit hohen bzw. steigenden Infektionszahlen dessen Verlängerung unterstützten oder empfahlen, eine solche zu prüfen.76

72 73 74 75 76

Ecoplan (2022), Abb. 3-2.

BRA WBF, 18.5.2020.

Konsultationsantwort des SECO vom 18.11.2022 zum Entwurf des Berichtes der PVK, Pkt. 19 und 27.

Konferenz der Kantonsregierungen: Covid-19-Pandemie: Das Krisenmanagement in der ersten Welle aus Sicht der Kantone, Zwischenbericht vom 18.12.2020, Abs. 4.2.2, 20.

SGK-N: Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie: Empfehlungen der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, Brief an den Bundesrat vom 19.2.2021; SGK-S: Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Empfehlung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates, Brief an den Bundesrat vom 1.9.2021.

27 / 70

Tabelle 2 Einführung und Verlängerungen des summarischen Abrechnungsverfahrens Entscheid Bundesrat

Datum Inkrafttreten

Gültigkeit bis

03.04.202077

01.03.2020

31.08.2020

08.04.2020

09.04.2020

31.08.2020

12.08.2020

01.09.2020

31.12.2020

15.12.2020

01.01.2021

31.03.2021

19.03.2021

01.04.2021

30.06.2021

23.06.2021

01.07.2021

30.09.2021

01.10.2021

01.10.2021

31.12.2021

26.01.2022

01.01.2022

31.03.2022

Quelle: Versionen der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung.

Auch Anpassungen bei den Anspruchsgruppen zogen jeweils nach sich, dass die entsprechenden Formulare, Weisungen und Informationen angepasst werden mussten, was teils wöchentlich geschah. Die extrem kurzen Fristen hätten, so wurde in Gesprächen immer wieder erwähnt, dazu geführt, dass praktisch keine Zeit blieb, die Auswirkungen der Anpassungen ausreichend zu erfassen und abzuwägen. Die Bundesverwaltung und die Vollzugsstellen mussten immer wieder innerhalb von Stunden oder Tagen Grundlagen erarbeiten und Entscheidungen treffen, für die in normalen Prozessen Wochen oder Monate vorgesehen waren. Die rückwirkenden Anpassungen bedeuteten doppelten Aufwand für die Betriebe und Vollzugsstellen, da sie meist eine neue Voranmeldung oder Abrechnung oder beides einreichen bzw. bearbeiten mussten.

Die Anpassungen bei der KAE führten denn auch zu rechtlichen Problemen. So konnten Betriebe, welche ihre Voranmeldung vor Ende März 2020 einreichten, rückwirkend bereits ab dem 17. März 2020, dem Tag der grossflächigen Schliessungen, eine Bewilligung für die KA erhalten.78 Diese Anpassung führte zu Rechtsunsicherheit. So verlangte ein Fussballclub beispielsweise schon ab dem 13. März 2020 KAE, weil sein Betrieb aufgrund der bereits ab damals geltenden Einschränkungen faktisch schon nicht mehr möglich gewesen sei, was das Bundesgericht jedoch ablehnte. Es begründete dies damit, dass ein bestimmter Stichtag viel eher Gewähr für eine schnelle und unbürokratische Hilfe für die Arbeitgebenden biete als eine Prüfung des Einzelfalls. Problematisch war die Regelung zudem für Betriebe, die ihre Voranmeldung am 31. März oder erst Anfang April 2020 einreichten und deshalb von der Rückwirkung nicht mehr profitierten, wogegen einzelne ebenfalls vor Gericht gingen, zumal die Regelung lediglich in einer Weisung des SECO festgehalten war und ihr die

77 78

Das SECO führte das Verfahren per Weisung an die Vollzugsstellen ein (Weisung 2020/04, vgl. Ziff. 3.3.1).

SECO (2020): Aktualisierung Sonderregelung aufgrund der Pandemie, Weisung 2020/06, 9.4.2020.

28 / 70

rechtliche Grundlage fehlte. Im Covid-19-Gesetz79 hat das Parlament die Möglichkeit der rückwirkenden Voranmeldung im März 2021 gesetzlich verankert. Es beschloss, wie von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates empfohlen80 und vom Bundesrat in seiner Botschaft vorgesehen, dass Unternehmen bis Ende April 2021 eine rückwirkende Voranmeldung einreichen und so ab den im Dezember 2020 behördlich verfügten Schliessungen KAE beziehen konnten. Gemäss Bundesrat wurde diese Möglichkeit nur auf Gesuch hin gewährt, um einen deutlichen Mehraufwand zu vermeiden.81 Dennoch führte sie im Vollzug zu einem erheblichen zusätzlichen Aufwand, weil zahlreiche bereits erteilte Bewilligungen nochmals überprüft werden mussten.

Problematik 2

Nachzahlung von Ferien-/Feiertagsentschädigungen

Im November 2021 entschied das Bundesgericht, dass Angestellte im Stundenund im Monatslohn im summarischen Abrechnungsverfahren ungleich behandelt worden waren, weil erstere eine Ferien- und Feiertagsentschädigung erhielten, letztere dagegen nicht.82 Ab Januar 2022 passte das SECO die Abrechnung entsprechend an. Offen blieb jedoch die Frage, wie mit Betrieben umgegangen werden sollte, die in den Jahren 2020 und 2021 im summarischen Verfahren für Personen im Monatslohn KAE bezogen hatten. Der Bundesrat entschied, dass diese Betriebe einen Antrag auf Nachzahlung stellen könnten. Im Parlament sorgte der entsprechende Nachtragskredit von 2 Milliarden Franken für Diskussionen,83 wurde aber schliesslich genehmigt.

Die Analysen im Rahmen der Evaluation zeigen, dass das WBF den Bundesrat bereits im April 2020 darüber informiert hatte, dass es im summarischen Verfahren gegenüber der ordentlichen Abrechnung zu Abweichungen kommen könne.84 Mehrere Personen im SECO erwähnten gegenüber der PVK, dass man davon ausgegangen war, dass das summarische Verfahren nur wenige Monate beibehalten würde. Die Überführung des summarischen Verfahrens von der Verordnung ins Covid-19-Gesetz sei im SECO für viele überraschend gekommen. Vor der Botschaft blieb keine Zeit, um die Folgen des Entscheids abzuklären. Wie ein Bericht

79 80 81

82 83

84

Art. 17b Abs. 2 des Covid-19-Gesetzes (SR 818.102).

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates: AP 22+: Zurück auf Feld eins, Medienmitteilung vom 2.2.2021.

Bundesrat (2021): Botschaft zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes betreffend Härtefälle, Arbeitslosenversicherung, familienergänzende Kinderbetreuung und Kulturschaffende, zu einem Bundesbeschluss über die Finanzierung von Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz und zu einer Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, 17.2.2022, Ziff. 5.1, BBl 2021 285.

BGE 8C 272/2021; Medienberichterstattung, z. B.: Tausende Luzerner Firmen dürfen mit Nachzahlungen rechnen. In: Zentralplus, 10.12.2021.

Finanzkommission des Ständerates (2022): Kommission genehmigt Staatsrechnung 2021 und reduziert bundesrätliche Vorlage für den Nachtrag Ib 2022 um mehr als 2 Milliarden Franken, Medienmitteilung vom 23.5.2022.

BRA WBF, 7.4.2020.

29 / 70

der Internen Revision (DBIR) des SECO kritisiert, wurden diese Abklärungen aber auch nicht nachgeholt und fehlte ein unabhängiges Rechtsgutachten.85

3.4

Die Risiken wurden zu wenig transparent gemacht

Die PVK beurteilte die Entscheidungsgrundlagen zu den Anpassungen der KAE auch in Bezug darauf, ob die Risiken genügend beleuchtet wurden. Sie stellte fest, dass sowohl die Risiken für einen unberechtigten Bezug von KAE (Ziff. 3.4.1) als auch die wirtschaftlichen Risiken, die mit den Anpassungen verbunden waren (Ziff. 3.4.2), insgesamt wenig Erwähnung in den Unterlagen fanden. In Anbetracht der ausserordentlichen Situation im März 2020 ist es für die PVK nachvollziehbar, dass die Ausführungen in den Entscheidungsgrundlagen für den Bundesrat zu Beginn der Coronakrise oft kompakt gehalten waren. Jedoch wurden die Risiken auch mit zunehmender Dauer der Coronakrise wenig diskutiert, obwohl sie teilweise anstiegen.

3.4.1

Risiken unrechtmässiger Leistungsbezüge

Die PVK bewertet die Darstellung der Risiken unrechtmässiger KAE-Bezüge in den Entscheidungsgrundlagen zur KAE als unvollständig. Dies zeigt sich insbesondere bei den Anpassungen des Verfahrens: Im summarischen Abrechnungsverfahren mussten Betriebe im Vergleich zum ordentlichen Verfahren weniger Angaben zum Arbeitsausfall einreichen. Entsprechend konnten die Vollzugsstellen weniger Angaben plausibilisieren, bevor sie die Gelder ausbezahlten. Damit war das Risiko unrechtmässiger Leistungsbezüge im Allgemeinen und jenes absichtlicher Missbräuche im Besonderen höher. Bei der erstmaligen Erwähnung der Vereinfachungen in den Unterlagen des Bundesrates vom 7. April 2020 wurden die Schnelligkeit der Auszahlungen und die Genauigkeit der Abrechnungen gegeneinander abgewogen.86 Bei den mehrmaligen Entscheiden zur Verlängerung des summarischen Verfahrens wurden dessen Vor- und Nachteile dagegen nicht mehr klar ausgeführt, obwohl der zu Beginn offensichtliche Vorteil der Schnelligkeit mit der sinkenden Anzahl Gesuche abnahm.

Im August 2020 begründete das WBF die Verlängerung bis Ende Jahr damit, dass den Kantonen Zeit bleiben müsse, (technische) Lösungen zu finden, um ins ordentliche Verfahren zurückzukehren.87 Mit Verweis auf die Risiken unrechtmässiger Bezüge kritisierten FinDel88 und EFK diese und die weiteren Verlängerungen des summarischen Verfahrens, die der Bundesrat beschloss. In den Entscheidungsgrundlagen wird lediglich bei zwei von insgesamt sechs Anträgen auf Verlängerung dieses Verfahrens 85 86 87 88

SECO DBIR (2022): Kurzbericht über den Prozess zur Entstehung des summarischen Verfahrens der Kurzarbeitsentschädigung (KAE), 1.3.2022.

BRA WBF, 7.4.2020.

BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung», 5.8.2020.

Vgl. Bericht der FinDel an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2020, 17.3.2021 (BBl 2021 1690), Ziff. 5.7.3, sowie ihren Bericht über die Bundesfinanzen im Jahre 2021, 10.3.2022 (BBl 2022 1625), Ziff. 5.5.3.

30 / 70

auf diese Kritik eingegangen,89 auch weil sie laut SECO zu kurz griff: Beim vereinfachten Verfahren sei ausschliesslich auf Angaben verzichtet worden, welche auch im ordentlichen Verfahren nicht digitalisiert zur Verfügung standen und somit nicht automatisiert hätten geprüft werden können. Manuelle Prüfungen seien angesichts der grossen Menge an Gesuchen sowieso kaum möglich gewesen.90 Der Bundesrat hielt allerdings selbst fest, dass durch mehr verlangte Informationen Missbräuche vermieden werden können, indem es Unternehmen davon abschreckt, Falschangaben zu liefern.91 Zudem erwiesen sich die nachträglichen Kontrollen aufgrund der fehlenden Angaben als aufwendiger (vgl. Ziff. 5.2).

Auch die Risiken anderer Abweichungen vom normalen Verfahren wurden in den Entscheidungsgrundlagen entweder gar nicht erwähnt oder zuweilen erst dann, wenn das WBF ihre Aufhebung beantragte. Nicht angesprochen wurde beispielsweise das Risiko des Verzichts auf die Bescheinigung der Betriebe, Lohn und Sozialbeiträge bezahlt zu haben, bevor sie KAE erhielten.92 Ebenfalls nicht erwähnt wurde das Risiko unrechtmässiger Bezüge, das durch die Vorauszahlung der KAE an die Betriebe bereits vor Ende eines Monats und ohne Abrechnung entstand.93 Das Risiko unrechtmässiger Bezüge wurde zusätzlich dadurch erhöht, dass es für die ALK schwieriger wurde, die Abrechnungen der Betriebe zu plausibilisieren, weil der Bundesrat die Bewilligungsdauer für den KAE-Bezug von drei auf sechs Monate erhöht hatte und sich die Krisensituation wie auch die geltenden Bestimmungen zur KAE innerhalb dieser längeren Periode jeweils stark veränderten. Im Falle der schriftlichen Zustimmung der Mitarbeitenden zur Kurzarbeit und der damit einhergehenden Lohneinbusse, auf die im vereinfachten Verfahren verzichtet wurde, erwähnte das WBF das damit verbundene Missbrauchspotenzial erst mit dem Antrag, die entsprechende Bestätigung per 1. Juli 2021 wieder zu verlangen.94 Die Risiken der Verlängerungen der Vereinfachungen der Verfahren wurden damit insgesamt gegenüber dem Gesamtbundesrat unzureichend beleuchtet.

Eine Ausnahme bildet die Ausweitung der Anspruchsgruppen für KAE auf Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung und im Betrieb mitarbeitende Eheleute oder eingetragene Partnerinnen und Partner. Hier wurde bereits bei Einführung auf das Missbrauchsrisiko
hingewiesen, da diese Personen selber über ihren Anspruch entscheiden könnten.95 Nach der ersten Phase von Betriebsschliessungen wurde diese Gruppe denn auch schnell ausgeschlossen (per 31. Mai 2020), und auch bei den Temporärangestellten wurde die Aufhebung mit dem Missbrauchsrisiko begründet (per 31. August 2020). Bei den Anpassungen bezüglich anderer Anspruchsgruppen wurden keine Missbrauchsrisiken erwähnt.

89

90 91 92 93 94 95

BRA WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (Verlängerung des summarischen Verfahrens im Zusammenhang mit Kurzarbeit)», 14.12.2020, Ziff. 2.1; AsP WBF «Covid-19: Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung», 16.12.2021.

Konsultationsantwort des SECO vom 18.11.2022 zum Entwurf des Berichtes der PVK, Pkt. 26.

Stellungnahme des Bundesrates vom 25.11.2020 auf die Motion Bauer 20.4169.

Art. 7 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877).

Art. 6 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877).

AsP WBF, 10.5.2021.

BRA WBF/EDI, 19.3.2020.

31 / 70

3.4.2

Wirtschaftliche Risiken

Das hauptsächliche wirtschaftliche Risiko der KAE besteht darin, dass Arbeitsplätze oder ganze Betriebe erhalten werden, die keine Zukunft haben.96 Diese Weiterbeschäftigung kann es zukunftsträchtigeren Betrieben erschweren, die benötigten Arbeitskräfte zu finden. Die KAE kann somit den für das wirtschaftliche Wachstum wichtigen strukturellen Wandel behindern.97 Weiter besteht das Risiko, dass Betriebe KAE für Arbeitnehmende beziehen, deren Arbeitsplatz gar nicht in Gefahr ist, denen also trotz Auftragseinbussen keine Entlassung droht (sog. Mitnahmeeffekte).98 Demgegenüber kann eine zu frühe Beendigung der KA zu einer Kündigungswelle führen, wenn sich die Betriebe finanziell noch nicht ausreichend erholt haben. Der mit Entlassungen verbundene Wissens- und Erfahrungsverlust kann Betriebe längerfristig schwächen.

Diese verschiedenen Risiken sind bei der Ausgestaltung der KAE zu berücksichtigen, wobei gemäss OECD zwei Aspekte zentral sind. Zum einen ist darauf zu achten, dass die Unterstützung jeweils zeitlich befristet ist, womit die Dauer der KAE in den Fokus kommt. Zum andern ist wichtig, dass die KAE zielgerichtet erfolgt; in diesem Zusammenhang sind die Anspruchsgruppen, die im Verfahren vorgesehenen Voraussetzungen für den Bezug sowie die Höhe der KAE wesentlich.99 Die mit den verschiedenen Anpassungen verbundenen wirtschaftlichen Risiken wurden in den Entscheidungsgrundlagen nur punktuell angesprochen. Die Bezugsdauer erhöhte der Bundesrat im Juni 2020 zuerst von 12 auf 18 Monate, ein Jahr später dann auf 24 Monate. Die erste Verlängerung wurde in den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates damit begründet, sie sei wichtig, damit sich Betriebe «von den teilweise sehr einschneidenden Massnahmen des Bundesrates und den Auswirkungen des Covid-19» erholen könnten.100 Bei beiden Verlängerungen wurde zudem auf die negativen Konjunkturprognosen verwiesen und die Planungssicherheit für die Betriebe als Argument angeführt. Die zweite Verlängerung 2021 wurde in den Entscheidungsgrundlagen insbesondere für Branchen wie das Gastgewerbe oder den Handel als angebracht bewertet, die seit Beginn der Coronakrise KAE beziehen würden.101 Die Risiken der Strukturerhaltung, die mit der zunehmenden Dauer ansteigen, blieben dagegen beide Male unerwähnt.

Bei gewissen Anspruchsgruppen, wie den unbefristet Angestellten
auf Abruf sowie befristet angestellten Mitarbeitenden, bei welchen Mitnahmeeffekte möglich sind, hat der Bundesrat den Anspruch auf KAE nach der ersten Phase jeweils an die Bedingung geknüpft, dass die Tätigkeiten des Betriebs durch die behördlichen Massnahmen eingeschränkt sind (vgl. Anhang 3). Dadurch wurden wirtschaftliche Risiken minimiert.

96

Kopp, Daniel / Siegenthaler, Michael (2017): Does Short-Time Work Prevent Unemployment? In: Arbeitsmarktpolitik, 49 (12).

97 OECD (2021), 122.

98 Kopp/Siegenthaler (2017).

99 OECD (2021), 122.

100 BRA WBF «Änderung der Arbeitslosenversicherungsverordnung; Verlängerung der Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung», 29.6.2020.

101 BRA WBF, 21.6.2021, Ziff. 4.3.

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Das Verfahren für die Beantragung von KAE hat der Bundesrat bereits zu Beginn der Coronakrise dahin gehend vereinfacht, dass die KAST die Anträge zumindest zu Beginn der Krise nur oberflächlich prüfen mussten, da sie weniger Angaben zur Verfügung hatten, und anschliessend KA-Bewilligungen für sechs statt normalerweise drei Monate ausstellten.102 Das WBF begründete die Verlängerung der Dauer damit, dass dies die Betriebe und Vollzugsstellen entlasten würde.103 Die Bewilligungsdauer war unabhängig von geltenden Einschränkungen. Auf das wirtschaftliche Risiko, dass Betriebe länger KAE beziehen könnten als nötig, wenn zwischenzeitlich die behördlichen Einschränkungen aufgehoben würden, wies das Departement nicht hin. Die Voraussetzungen für den Bezug von KAE mussten somit jeweils vor Auszahlung der KAE nochmals durch die Vollzugsstellen überprüft und, falls kein Anspruch mehr bestand, mit viel Aufwand bearbeitet werden. Dies führte dazu, dass die Ansprüche möglicherweise weniger genau und regelmässig geprüft wurden, womit die wirtschaftlichen Risiken erhöht waren, ohne dass der Bundesrat bei seinem Entscheid darüber ins Bild gesetzt worden wäre.

Bezüglich der Höhe der KAE ist mit Blick auf die wirtschaftlichen Risiken wichtig, dass die Betriebe wie die Arbeitnehmenden einen Anreiz haben, möglichst kurze Zeit KAE zu beziehen. Deshalb werden normalerweise Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen von der KAE abgezogen, damit Arbeitnehmende mit der KAE keinen höheren Verdienst erreichen können als ohne. Aufgrund des summarischen Verfahrens fehlten den Vollzugsstellen aber die Angaben, um den entsprechenden Abzug zu machen (vgl. Ziff. 3.1). Die Entscheidungsgrundlagen erwähnten das mit dieser Anpassung verbundene wirtschaftliche Risiko, dass dies die Arbeitsplatzmobilität behindern kann, jedoch nicht.104 Auch die wirtschaftlichen Risiken in Bezug auf die Karenztage beleuchtete das WBF gegenüber dem Bundesrat erst dann differenziert, als zur Situation vor der Coronakrise, als ein Karenztag galt, zurückgekehrt werden sollte. Artikel 32 Absatz 2 AVIG sieht einen bis drei Karenztage pro Monat vor, für die der Betrieb die KAE finanzieren muss. Diese wurden rückwirkend per 1. März 2020 abgeschafft.105 Im Juni 2020 beantragte das WBF dem Bundesrat, mit dem Auslaufen der Covid-19Verordnung Arbeitslosenversicherung
am 30. August 2020 wieder einen Karenztag einzuführen, um für die Betriebe einen Anreiz zu schaffen, sich um Aufträge zu bemühen.106 Im Rahmen der nachfolgenden mehrmaligen, teils rückwirkenden Aussetzung der Karenzfrist (vgl. Ziff. 3.3.2) wies das WBF dagegen nicht mehr auf dieses Argument hin. Entgegen der Empfehlung der SGK des Ständerates107 wurde die Karenzfrist schliesslich per 1. Juli 2021 wiedereingeführt. Dabei argumentierte das WBF in den Entscheidungsgrundlagen aus wirtschaftlicher Sicht, dass die Aufhebung der 102 103 104 105

Art. 8c der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 1075).

BRA WBF, 24.3.2020.

BRA WBF, 7.4.2020.

AsP WBF/EFD, 12.3.2020; Art. 3 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877).

106 BRA WBF, 29.6.2020.

107 Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates: Vorgeschlagene Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Empfehlung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates, Brief an den Bundesrat vom 15.6.2021.

33 / 70

Karenztage nur bei behördlich angeordneten Schliessungen gerechtfertigt sei. Da die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder aufgenommen worden seien, sei das Risiko für Entlassungen gesunken und die Arbeitgeber könnten wieder einen Teil der Kosten tragen.108 Die Karenztage wurden auch Anfang 2022 nochmals aufgehoben, doch diesmal wies das WBF den Bundesrat im Aussprachepapier ausführlich auf mögliche Risiken hin.109 Somit hat der Bundesrat in Bezug auf die Karenztage erhöhte wirtschaftliche Risiken in Kauf genommen, über welche das WBF den Bundesrat zumindest teilweise in Kenntnis setzte.

4

Unterstützung der Vollzugsstellen in den Kantonen

In diesem Kapitel wird bewertet, ob der Bund die Vollzugsstellen in den Kantonen während der Coronakrise bei der Umsetzung der KA angemessen unterstützt hat. Dabei hat die PVK untersucht, ob die Unterstützung aus Sicht der Vollzugsstellen zweckmässig und fristgerecht erfolgte sowie ob der Bund eine einheitliche Behandlung der Anträge sicherstellen konnte (siehe Anhang 2). Das Kapitel stützt sich im Wesentlichen auf die im Auftrag der PVK extern durchgeführte Befragung der Vollzugsstellen ab (vgl. Ziff. 1.3).110 Zusammenfassung: Die PVK stellt fest, dass der Bund die Vollzugsstellen weitgehend angemessen unterstützt hat. Die Mehrheit der Vollzugsstellen beurteilt die Unterstützung des Bundes angesichts der Krisensituation als angemessen (Ziff. 4.1) und die Hilfsmittel und Instrumente als zweckmässig, auch wenn diese oftmals erst sehr spät vorlagen (Ziff. 4.2). Die Vollzugsstellen geben an, die öffentliche Hotline des SECO sowie die digitalen Services hätten ihre Arbeit erleichtert (Ziff. 4.3). Das SECO ging zudem mehrheitlich angemessen auf Fragen und Bedürfnisse der Vollzugsstellen ein (Ziff. 4.3). Schliesslich gibt es Hinweise, dass bei den Weisungen des SECO Interpretationsspielraum bestand und daher die KA nicht in allen Kantonen einheitlich umgesetzt wurde (Ziff. 4.5).

4.1

Die Vollzugsstellen bewerten die Unterstützung durch das SECO insgesamt mehrheitlich positiv

Mehrheitlich gaben die Vollzugsstellen zur Unterstützung durch das SECO übers Ganze gesehen ein positives Urteil ab: 80 Prozent der KAST sowie 68 Prozent der ALK gaben an, dass sie die Unterstützung des SECO während der Coronakrise als eher oder sehr nützlich einschätzten. Die übrigen Vollzugsstellen schätzten sie als eher nicht nützlich ein, nur vereinzelte ALK verneinten den Nutzen ganz (vgl.

Abb. 4).

108 109 110

AsP WBF, 10.5.2021.

AsP WBF, 16.12.2021.

Ecoplan (2022).

34 / 70

Abbildung 4 Nützlichkeit der Unterstützung durch das SECO

Quelle: Ecoplan (2022), Abb. 3-3; N: ALK=37; KAST=26

Eine Mehrheit der Vollzugsstellen gab zudem die Einschätzung ab, dass die Unterstützung im Verlaufe der Krise besser wurde, während sie gemäss den allermeisten übrigen gleich blieb. Kaum eine Stelle stellte eine Verschlechterung der Unterstützung durch das SECO fest.111 Aus den Kommentaren in der Befragung wie auch aus den Interviews, welche im Zusammenhang mit der Befragung geführt wurden, geht zudem hervor, dass die Vollzugsstellen die Coronakrise ganz klar als aussergewöhnliche Situation betrachten, in welcher nicht nur ihr eigenes Personal, sondern auch jenes des SECO an den Anschlag kam und einen grossen Einsatz leistete, um die KAE schnell auszubezahlen.

Während die PVK zum Schluss kommt, dass die rechtlichen Anpassungen rechtzeitig erfolgten (vgl. Ziff. 3.3.1), waren dagegen lediglich etwas mehr als die Hälfte befragten Stellen der Meinung, dass die Unterstützung des SECO für den Vollzug insgesamt genügend rasch erfolgte, damit die Unternehmen innerhalb der für sie nötigen Fristen KAE beziehen konnten.112 Dabei gab es Unterschiede zwischen den Sprachregionen: Während drei Viertel der französisch- und italienischsprachigen Vollzugsstellen fanden, die Unterstützung sei genügend rasch erfolgt, war eine knappe Mehrheit der deutschsprachigen Stellen der Meinung, dies sei nicht der Fall. Die Schnelligkeit wurde, wie nachfolgend dargelegt, auch in Bezug auf die konkreten Hilfestellungen kritisch bewertet.

111 112

Ecoplan (2022), Abb. A-5.

Ecoplan (2022), Abb. A-6.

35 / 70

4.2

Die Hilfestellungen des SECO waren nützlich, lagen jedoch wegen der kurzfristigen Entscheide nicht rechtzeitig vor

Bei der Vollzugsunterstützung bewertet die PVK, ob die Hilfestellungen des SECO für die Vollzugsstellen nützlich waren und fristgerecht zur Verfügung standen.

Das zentrale Instrument des SECO sind die Weisungen an die Vollzugsstellen, welche ausführen, wie Anpassungen in Verordnung oder Gesetz umgesetzt werden sollen.

Ziel ist die einheitliche Rechtsanwendung in den Kantonen (vgl. Ziff. 4.5). Die Weisung zur «Sonderregelung bei eingeschränkter Vollzugstätigkeit aufgrund der Pandemie» ist, wie die zugrunde liegende Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (vgl. Ziff. 3.3.2), bis Ende 2021 insgesamt 13-mal angepasst worden. Die Weisungen haben die Arbeit von gut 80 Prozent der KAST gemäss Befragung erleichtert. Bei den ALK fiel dieser Anteil mit gut 60 Prozent geringer aus, was die Mandatnehmer damit erklären, dass vor allem diese Stellen von den mehrmaligen Anpassungen, welche nach der ersten Phase der Coronakrise folgten, betroffen waren.113 Für eine deutliche Mehrheit der Vollzugsstellen nützlich waren ausserdem die Erläuterungen zu den Weisungen in den FAQ, die das SECO den Stellen zu häufigen Unklarheiten zur Verfügung stellte und laufend ergänzte. Einige Kantone hätten sich einen noch ausführlicheren Antworten-Katalog gewünscht.114 Weiter fanden relativ rasch nach Ausbruch der Krise zunächst wöchentliche, ab Mai 2021 dann zweiwöchentliche Telefonkonferenzen zwischen dem SECO und den KAST bzw. ALK statt. Bei den KAST und ALK nahmen jeweils ihre Verbände sowie Vertreterinnen oder Vertreter der einzelnen Regionen daran teil. Klar als nützlich wurden denn auch die Protokolle dieser Telefonkonferenzen bewertet, wobei kritisiert wurde, dass die Konferenzen erst ab Oktober 2020 protokolliert wurden und die Informationen erst ab diesem Zeitpunkt systematisch auch den Stellen zur Verfügung standen, die nicht an den Telefonkonferenzen teilnahmen.115 Neben den genannten Hilfestellungen bot das SECO für die Vollzugsstellen auch in der Coronakrise weiterhin online Schulungen und Workshops an. Diese Angebote wurden gemäss den Antworten in der Befragung aber nur etwa von der Hälfte der Vollzugsstellen genutzt. Dies erstaunt, weil doch einige Stellen in den Kommentaren angaben, die Schulung von Personal sei eine grosse Herausforderung gewesen, und da die Mehrheit derjenigen, welche die Angebote genutzt
hatten, angab, sie hätten ihnen die Arbeit erleichtert.116 Während die Hilfestellungen insgesamt nützlich waren, ist der zeitliche Aspekt kritischer bewertet worden. Rund drei Viertel der Vollzugsstellen fanden, dass Anpassungen in den Weisungen nicht oder eher nicht fristgerecht kommuniziert wurden.117 In der Befragung sowie in Gesprächen wiesen die Vollzugsstellen darauf hin, dass sie oftmals erst mit der Medienkonferenz des Bundesrates von Änderungen erfuhren und 113 114 115 116 117

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2 und Abb. 3-4.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2 und Abb. 3-4.

Ecoplan (2022), Abb. 3-4.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2 und Abb. A-5.

Ecoplan (2022), Abb. 3-5.

36 / 70

sie sich mehr Vorlaufzeit gewünscht hätten.118 Das trifft allerdings auch auf die Personen im SECO zu, wie die Interviews der PVK ergaben: Sie erfuhren ebenfalls oft erst praktisch zeitgleich mit der Öffentlichkeit von den Entscheiden des Bundesrates.

Die PVK bewertet die Kritik der Vollzugsstellen an der Information des SECO denn auch in erster Linie als eine Folge der zu hohen Kadenz an kurzfristigen politischen Entscheidungen (vgl. Ziff. 3.3.2). Die Kritik der Vollzugsstellen an der kurzfristigen Kommunikation der Anpassungen bezog sich denn auch ausdrücklich weniger auf die erste als auf die nachfolgenden Wellen der Coronakrise.119 Die Vollzugsstellen bemängelten in Kommentaren und Gesprächen ferner, dass auch die Protokolle der Telefonkonferenzen erst relativ spät verfügbar waren, weil sie zuerst konsolidiert und übersetzt wurden. Einige wenige Stellen bedauerten, dass Dokumente auf Französisch und Italienisch teilweise erst später vorlagen als auf Deutsch, zeigten dafür angesichts der Menge von kurzfristigen Anpassungen aber auch ein gewisses Verständnis.120 Die fehlende Fristgerechtigkeit der Hilfestellungen war somit stark durch die zahlreichen kurzfristigen Entscheidungen auf politischer Ebene bedingt.

4.3

Das SECO entlastete die Vollzugsstellen durch eine Hotline und digitale Lösungen

Für den Vollzug der KA sind die Kantone zuständig, womit es grundsätzlich ihre Aufgabe und nicht Aufgabe des SECO ist, mit den Betrieben zu kommunizieren. Sämtliche KAST wie auch eine überwiegende Mehrheit der ALK schätzten die Unklarheiten bei den Unternehmen über die geltenden Bestimmungen als Herausforderung während der Coronakrise ein (vgl. Abb. 3). Für 20 Prozent der ALK war dies die grösste Herausforderung.121 Das SECO richtete eine Hotline für Betriebe und Bürgerinnen und Bürger ein, die zwischen dem 19. März 2020 und ihrer Einstellung am 1. September 2021 über 45 000 Anrufe und 28 500 E-Mails beantwortete, wobei unklar ist, welcher Anteil die KAE betraf. Trotz dieser Unterstützung fand in der Befragung deutlich weniger als die Hälfte der Vollzugsstellen, das SECO habe die Betriebe genügend unterstützt, um ihre eigene Arbeit zu erleichtern. Und jeweils nur knapp die Hälfte gab an, das SECO habe Kommunikationskanäle gegenüber den Unternehmen genügend genutzt. Aus den Antworten auf offene Fragen geht hervor, dass Anfragen von Unternehmen bei den Vollzugsstellen trotz der SECO-Hotline zu Mehrbelastungen führten und einige Kantone auch eigene Hotlines betrieben. Dem SECO war es zudem rechtlich nicht erlaubt, Auskünfte zu konkreten Sachverhalten zu geben, da Entscheide der Vollzugsstellen in den Kantonen nicht vorweggenommen werden durften. Insgesamt kommt die PVK anhand der verschiedenen Feststellungen aber dennoch zum Schluss, dass das SECO die Vollzugsstellen bei ihrer Aufgabe, die Unternehmen zu unterstützen, zu einem gewissen Teil mit dieser Hotline entlastet haben dürfte.

118 119 120 121

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.3.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.4.2.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.2, Abb. A-1.

37 / 70

Eine klare Entlastung für die Vollzugsstellen stellte ausserdem die Einführung der eServices für die Voranmeldung der KA dar, mittels welcher die Unternehmen ab September 2020 ihre Angaben auf elektronischen Formularen einreichen konnten.122 Zuvor erhielten die Vollzugsstellen vieles auf Papier und mussten die Angaben von Hand ins System eingeben bzw. einscannen, wobei einzelne Kantone aufgrund der hohen Gesuchszahlen ab Beginn der Pandemie eigene Webformulare zur Verfügung gestellt hatten.123 Aus der Befragung der Vollzugsstellen geht klar hervor, dass es ihre Arbeit erleichtert hätte, wären die eServices früher eingeführt worden.124 Dank Automatisierungen entlastete das SECO die Vollzugsstellen gemäss Gesprächen punktuell sehr stark. Nachdem der Bundesrat am 20. Januar 2021 beispielsweise entschied, die Karenzfrist der Betriebe rückwirkend ab 1. September 2020 aufzuheben, hätten die Vollzugsstellen Tausende Gesuche und Auszahlungen erneut bearbeiten müssen, wenn das SECO nicht eine technische Lösung hätte umsetzen können, die ihren Aufwand deutlich verringerte.

Das WBF erwartet dank der Digitalisierung auch künftige Effizienzgewinne bei der KAE.125 Die mehrmaligen kurzfristigen Anpassungen und Verlängerungen der Regelungen zur KAE während der Coronakrise waren jeweils mit viel Aufwand verbunden, weil sie erforderten, dass das SECO teils auch die komplexen Informatiksysteme der ALV anpasste. So hat das SECO beispielsweise mehrmals auf technischer Ebene die Rückkehr zum ordentlichen Abrechnungsverfahren vorbereitet, musste dann aber aufgrund der kurzfristig beschlossenen Verlängerungen des summarischen Verfahrens wiederum alles rückgängig machen. Die kurzfristigen Entscheidungen führten somit zu einem ineffizienten Ressourceneinsatz beim SECO.

4.4

Das SECO ging mehrheitlich angemessen auf Fragen und Bedürfnisse der Vollzugsstellen ein

Die PVK untersuchte weiter, ob die Abläufe geeignet waren, um Fragen der Vollzugsstellen zu beantworten, und ob deren Bedürfnisse ausreichend einbezogen wurden.

Die Interviews der PVK mit Personen im SECO ergaben, dass die Abläufe innerhalb des Amtes für die Kontakte mit den Vollzugsstellen zu Beginn der Coronakrise nicht gut geklärt waren. Anstelle des ordentlichen Ablaufs mit einem Servicedesk als Anlaufstelle, die, wenn nötig, weitere Einheiten einschaltet, liefen die Kontakte mit den Vollzugsstellen parallel über verschiedene Einheiten (juristischer Dienst, fachliche Vollzugsunterstützung, Führungsebene). Für die Vollzugsstellen war gemäss Befragung dagegen insgesamt klar, an welche Stelle beim SECO sie sich mit spezifischen Fragen wenden konnten. Nur 12 Prozent der KAST und 5 Prozent der ALK gaben an,

122 123

EFK (2021): Prüfung des IKT-Schlüsselprojekts ASALfutur, 24.8.2021, Ziff. 6.2.

Vgl. z. B.: Kanton Zürich verarbeitet Kurzarbeitsgesuche neu digital. In: Computerworld, 16.4.2020.

124 Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2.

125 Debatte im Ständerat zur Motion Bauer «Kurzarbeitsentschädigung. Weitere administrative Hürden abbauen», 24.9.2020 (20.4169).

38 / 70

dass dies nicht klar gewesen sei.126 Die SECO-internen Abläufe stellten somit kein erhebliches Problem dar und wurden laut den Interviewten ab Sommer 2020 geklärt.

Unterschiedlich bewerteten die Vollzugsstellen in der Befragung, ob ihre Fragen vom SECO befriedigend und innert einer nützlichen Frist beantwortet werden konnten.

Eine deutliche Mehrheit der ALK stimmte dem zu. Bei den KAST dagegen fanden zwar noch knapp 60 Prozent, die Fragen seien befriedigend beantwortet worden, jedoch geschah dies nur für 46 Prozent innert nützlicher Frist. Die unterschiedliche Bewertung kann allenfalls durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten von KAST (Voranmeldung) und ALK (Auszahlung) erklärt werden, die einen unterschiedlichen Unterstützungsbedarf begründen. Vor allem private ALK, die nur wenige KAEGesuche bearbeiteten, und ALK aus der französisch- und italienischsprachigen Schweiz gaben zudem an, gar keinen direkten Kontakt zum SECO gehabt zu haben.127 Eine Mehrheit der Vollzugsstellen gab an, das SECO habe die Kanäle für die Kommunikation mit ihnen genügend genutzt. Der Anteil jener, die fanden, dass die Kanäle nicht oder eher nicht genügend genutzt worden seien, lag allerdings bei über einem Drittel.128 Aus den Gesprächen und Kommentaren geht hervor, dass die Telefonkonferenzen für die Vollzugsstellen wichtig waren, um ihre Anliegen einzubringen (vgl.

Ziff. 4.2). Bei den Vernehmlassungen waren die Fristen für die Vollzugsstellen hingegen oftmals zu kurz, um Stellung zu nehmen.129 Manche Vollzugsstellen hätten sich eine Hotline oder einen Chat des SECO für die Fragen der Fachspezialistinnen und Fachspezialisten gewünscht.130 Eine Mehrheit der ALK war der Ansicht, dass sie ihre Anliegen einbringen konnten und diese berücksichtigt wurden. Bei den KAST lag der Anteil jener, die fanden, dass sie ihre Anliegen einbringen konnten, etwas höher, doch war auch ein kleinerer Anteil der Meinung, dass diese Anliegen auch tatsächlich berücksichtigt wurden (vgl.

Abb. 5).

126 127 128 129 130

Ecoplan (2022), Abb. A-12.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.3 und Abb. 3-6.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.4.2, Abb. A-10.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.4.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2.

39 / 70

Abbildung 5 Berücksichtigung der Anliegen der Vollzugsstellen durch das SECO

Bemerkung: Auswertung bezieht sich auf folgende Fragen: 1) «Konnten Sie bei den Anpassungen zur KAE während der Coronakrise Ihre Anliegen dem SECO gegenüber insgesamt zum Ausdruck bringen?» 2) «Sind Ihre Anliegen bei der Überarbeitung von Instrumenten und Hilfsmitteln berücksichtigt worden?» Quelle: Ecoplan (2022), Abb. 3-7; N: KAST=26; ALK=36

Einige Vollzugsstellen kommentierten in der Befragung, dass insbesondere bei der Anspruchsberechtigung gewisser Gruppen sowie bei der Ferien- und Feiertagsentschädigung nicht auf ihre Anliegen eingegangen wurde. Beim zweiten Thema gab es zwischen dem SECO und gewissen Kantonen öffentliche Unstimmigkeiten.131 Auch bei rückwirkenden Anpassungen, die in der Umsetzung zu Schwierigkeiten führten (vgl. Ziff. 3.3.2), sahen die Vollzugsstellen ihre Anliegen nicht berücksichtigt,132 was das SECO allerdings kaum beeinflussen konnte, da sie vom Bundesrat und teils vom Parlament beschlossen wurden.

Die praktischen Schwierigkeiten beim Vollzug führten auch dazu, dass bei den KAST und den öffentlichen ALK, welche einen Grossteil der KAE-Gesuche bearbeiteten, über die Hälfte angab, das SECO habe die kantonsspezifischen Situationen und Herausforderungen zu wenig berücksichtigt. Mehrere Stellen wiesen jedoch darauf hin, dass es in der aussergewöhnlichen Krisensituation auch gar nicht möglich war, auf die kantonsspezifischen Bedürfnisse einzugehen.133 131 132 133

Eskalation mit Ansage. In: Neue Zürcher Zeitung, 10.12.2020.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.4.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.4.3 und Abb. A-12.

40 / 70

Das SECO hat somit mehrheitlich angemessen mit den Vollzugsstellen kommuniziert und ist im Rahmen des Möglichen auf ihre Anliegen eingegangen, doch wurde beides insbesondere durch die zahlreichen kurzfristigen Entscheidungen auf politischer Ebene (vgl. Ziff. 3.3.2) erschwert.

4.5

Die Vorgaben des Bundes waren nicht immer eindeutig, weshalb die einheitliche Umsetzung nicht sichergestellt war

Der Bund ist zuständig für die Aufsicht bei der ALV und dabei insbesondere für die einheitliche Rechtsanwendung verantwortlich (Art. 76 und 110 AVIG). Die Evaluation der PVK untersuchte in diesem Zusammenhang, inwiefern die Weisungen des SECO zur KAE in der Coronakrise eindeutig und klar waren und inwiefern das Amt mit seinen Hilfestellungen eine einheitliche Umsetzung in den Kantonen sicherstellte.

Vor der Coronakrise wurde in sehr bescheidenem Ausmass KAE bezogen, weshalb sowohl beim SECO wie auch bei den Vollzugsstellen zu Beginn der Krise nur wenige Personen detaillierte Kenntnisse dieses Instruments hatten. Die einzelnen Fälle konnten das SECO und die Vollzugsstellen gemäss den interviewten Personen miteinander absprechen, falls die Weisungen Interpretationsspielraum offen liessen, und so eine einheitliche Anwendung gewährleisten.134 In der Krise wurden dann aber rasch zahlreiche Anpassungen an den Regelungen vorgenommen, und mit der hohen Anzahl Gesuche in der Krise fehlten sowohl seitens des SECO als auch seitens der Vollzugsstellen die Kapazitäten für eine Absprache, während sich gleichzeitig viele Fragen zum ersten Mal überhaupt stellten. Zwei Drittel der KAST und gut 40 Prozent der ALK beurteilten die Weisungen und deren Anpassungen in der Befragung denn auch nicht als klar und verständlich, sondern sahen einen Interpretationsspielraum. Mehr als drei Viertel der Vollzugsstellen bezeichneten diesen Interpretationsspielraum in den Weisungen als Herausforderung in der Coronakrise (vgl. Abb. 3).

Gleichzeitig gaben die Vollzugsstellen, wie unter Ziffer 4.2 dargelegt, in der Befragung mehrheitlich an, die Weisungen und insbesondere die Erläuterungen dazu in Form der FAQ und der Telefonkonferenzprotokolle hätten ihre Arbeit erleichtert. Gerade die FAQ und die Telefonkonferenzprotokolle hat eine deutliche Mehrheit der KAST und ALK auch als klar verständlich eingestuft. Eine deutliche Mehrheit der ALK sah dank der Hilfsmittel des SECO auch eine einheitliche Umsetzung gewährleistet, während eine knappe Mehrheit der KAST dies verneinte (vgl. Abb. 6). Die negative Einschätzung durch die KAST ist insofern relevant, als es diese Stellen sind, die über den Anspruch der Betriebe auf KAE entscheiden, während sich die ALK im Nachgang um die Auszahlung kümmern.

134

Ecoplan (2022), Ziff. 3.4.1.

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Abbildung 6 Einheitlichkeit der Umsetzung in den Kantonen

Bemerkung: Auswertung bezieht sich auf folgende Frage: «Ermöglichten Ihrer Meinung nach die vom SECO zur Verfügung gestellten Hilfsmittel und Instrumente, dass die Anpassungen der KAE in den Kantonen einheitlich umgesetzt wurden?» Quelle: Ecoplan (2022), Abb. 3-9; N: ALK=37; KAST=26

Aus Sicht der Vollzugsstellen wurden die Anpassungen im Prozess und in den Weisungen auch nicht klar kommuniziert. Gut drei Viertel der KAST und rund die Hälfte der ALK, darunter vor allem die öffentlichen, fanden die Kommunikation der Weisungen nicht klar.135 Dies könnte auch daran liegen, dass die Regelungen durch die mehrmaligen Anpassungen im Verlaufe der Krise immer komplexer wurden.136 Gut die Hälfte der KAST fand, das SECO habe nicht genügend schnell auf gemeldete Unklarheiten reagiert bzw. Präzisierungen vorgenommen. Bei den ALK war dagegen nur gut ein Drittel dieser Meinung, darunter vergleichsweise viele öffentliche ALK und solche aus der Deutschschweiz.137 Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die Vorgaben des SECO nicht immer eindeutig kommuniziert und verstanden wurden. Insbesondere aufgrund der Überlastung aller beteiligten Stellen war deshalb die einheitliche Umsetzung nicht gewährleistet.138

135 136 137 138

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.3 und Abb. 3-5.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.3.2.

Ecoplan (2022), Ziff. 3.4.1.

Vgl. auch SECO TCRD (2020).

42 / 70

5

Aufsicht und Kontrollen des Bundes

Dieses Kapitel befasst sich mit der Zweckmässigkeit der Aufsicht und der Kontrollen des Bundes. Die PVK hat die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht, die Prüfstrategien sowie deren Umsetzung untersucht (siehe Anhang 2). Sie betrachtete dabei den Zeitraum von März 2020 bis Juni 2022 (vgl. Ziff. 1.3).

Zusammenfassung: Die Evaluation kommt zum Ergebnis, dass bei der Aufsicht insgesamt zweckmässig priorisiert wurde, doch werden die Arbeitgeberkontrollen voraussichtlich keine verlässliche Gesamtbewertung der Rechtmässigkeit des Leistungsbezugs erlauben. Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht des Bundes über den Bezug von KAE waren klar und zweckmässig geregelt, konnten aber während der Coronakrise nur beschränkt wahrgenommen werden (Ziff. 5.1). Die zuständige Stelle des SECO erstellte ein zweckmässiges Prüfkonzept, hat dieses aber während zwei Jahren nicht der veränderten Ausgangslage angepasst (Ziff. 5.2). Zudem ist noch unklar, ob die zusätzlichen Ressourcen für Arbeitgeberkontrollen, die das SECO grundsätzlich frühzeitig mobilisierte, ausreichen werden, um die Rechtmässigkeit der KAEBezüge zu prüfen (Ziff. 5.3). Die PVK stellte auch fest, dass das SECO die gesetzlichen Möglichkeiten zur Sanktionierung fehlbarer Betriebe nicht ausschöpft (Ziff. 5.4). Die EFK weitete ihre Aufsicht während der Krise aus, was weitgehend zweckmässig war, wobei ihr anfänglich teils das notwendige Wissen fehlte (Ziff. 5.5).

5.1

Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht waren klar geregelt, konnten aber in der Krise nur teilweise wahrgenommen werden

Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht mit dem «Drei-Linien-Modell» (Ziff. 2.3.2) und der EFK wurden in der Coronakrise nicht angepasst. Diese Verantwortlichkeiten der verschiedenen Stellen beurteilt die PVK sowohl auf der Grundlage der Dokumente als auch gemäss Aussagen der befragten Akteure grundsätzlich als klar.

Während der Coronakrise haben verschiedene Akteure ihre Aufsichtstätigkeiten jedoch nicht mehr wie zuvor wahrgenommen. Im Unterschied zu den normalen Abläufen prüfte die Ausgleichsstelle der ALV die von den Vollzugsstellen bewilligten Voranmeldungen für KA nur noch vereinzelt. Dies war auch eine Folge davon, dass bei der vereinfachten Voranmeldung Angaben fehlten, die notwendig gewesen wären, um die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Die Ausgleichsstelle stellte in einer Prüfung ihrerseits fest, dass auch die Vollzugsstellen die Anspruchsvoraussetzungen unterschiedlich stark kontrollierten.139 Aufgrund der Handlungsspielräume der Vollzugsstellen stellten sich auch Fragen bezüglich der Rechtsgleichheit zwischen den Kantonen (vgl. auch die Problematik der öffentlich-rechtlichen Unternehmen).140 Kontrollen des SECO und der EFK in den Vollzugsstellen ausgewählter Kantone

139 140

SECO TCRD (2020), Ziff. 3.2.

Konferenz der Kantonsregierungen (2020): Covid-19-Pandemie: Das Krisenmanagement in der ersten Welle aus Sicht der Kantone, Zwischenbericht vom 18.12.2020, Abs. 4.2.2, 20.

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stellten allerdings, unter Berücksichtigung der ausserordentlichen Situation der Coronakrise, keine systematischen Verfehlungen fest.141 Seit 2020 hat die Ausgleichsstelle die Revisionen der ALK mit Zustimmung der AK ALV im Rahmen des Gesetzes bis 2023 ausgesetzt. Die Priorisierung der Tätigkeiten wurde vorgenommen, um Ressourcen für die Umsetzung der KA und für die Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben (Ziff. 5.2), bei welchen eine fünfjährige Verjährungsfrist gilt, verfügbar zu machen. Es wurden somit in der Coronakrise bewusst Prioritäten bei der Wahrnehmung der Verantwortlichkeiten in der Aufsicht gesetzt.

Dass die Ausgleichsstelle gewisse Aufgaben ausgesetzt hat, könnte auch erklären, dass von den Vollzugsstellen in der Befragung nur jeweils gut die Hälfte angab, das SECO habe seine Aufsichtsfunktion in der Coronakrise genügend wahrgenommen.142 Die PVK beurteilt die Priorisierung der Aufsichtstätigkeiten als zweckmässig, sofern die Revisionen der ALK innerhalb nützlicher Frist nachgeholt werden.

Das oberste Aufsichtsorgan über den Fonds der ALV ist die AK ALV. Mitglieder dieser Kommission erwähnten in Gesprächen mit der PVK, dass die Kommission die Problematik des unrechtmässigen Bezugs von KAE diskutiert habe und regelmässig über den Stand der Prüfungen auf dem Laufenden gehalten werde. Eine kritische Auseinandersetzung damit war jedoch für die PVK nicht erkennbar. Frühere Studien der PVK und der EFK hatten bereits festgestellt, dass dieses Gremium aufgrund seiner Zusammensetzung aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundesverwaltung, der Sozialpartner und der Vollzugsstellen zwar den direkten Informationsfluss zwischen allen Akteuren sicherstellt, dass aber fraglich ist, inwiefern die Kommission eine unabhängige Aufsicht wahrnehmen kann.143

5.2

Das Prüfkonzept für die Missbrauchsbekämpfung wurde nicht aktualisiert

Im Sommer 2020 erstellte die Ausgleichsstelle der ALV für die Missbrauchsbekämpfung im Bereich der KAE, für die sie zuständig ist (Ziff. 2.3.2), ein Prüfkonzept, das sie auch veröffentlichte.144 Das Konzept war zentral, weil der Bundesrat mit der Einführung des summarischen Abrechnungsverfahrens klar die Schnelligkeit der Auszahlung über die Sicherstellung der Rechtmässigkeit stellte und damit vor der Auszahlung der KAE weniger Angaben als gewöhnlich verlangt und überprüft wurden (Ziff. 3.4.1). Das Prüfkonzept beschrieb unter anderem den Prozess vom Antrag bis zur Auszahlung der KAE und die Verantwortlichkeiten der Unternehmen, der Vollzugsstellen, der Ausgleichsstelle und der EFK (Ziff. 2.3.2). So wurden verschiedene Risiken für unrechtmässige Bezüge von KAE beschrieben und gewichtet und Angaben zur Anzahl der geplanten Arbeitgeberkontrollen gemacht. Die PVK beurteilt das

141 142 143

SECO TCRD (2020); EFK (2020).

Ecoplan (2022), Kap. 4 und Abb. A-13.

Evaluation der Führung und Beaufsichtigung der Arbeitslosenversicherung durch den Bund, Bericht der PVK vom 27.3.2008 zuhanden der GPK-S (BBl 2009 2807); EFK (2018): Governanceprüfung bei der Arbeitslosenversicherung, 22.5.2018.

144 Prüfkonzept (2020).

44 / 70

innerhalb nützlicher Frist erstellte Prüfkonzept grundsätzlich als klar und die Darstellung und Gewichtung der Risiken als zweckmässig.

Abbildung 7 Kumulierte Zahl von Missbrauchsmeldungen nach Art der Behandlung

Bemerkung: beinhaltet Meldungen von Vollzugsstellen, EFK, Dritten.

Quelle: Daten SECO TCRD (Stand: 24.11.2022), eigene Darstellung PVK.

Problematisch ist jedoch, dass die Ausgleichsstelle beim SECO das Prüfkonzept nach seiner Publikation im Sommer 2020 über zwei Jahre lang nicht aktualisiert und vervollständigt hat, obwohl sich die Ausgangslage stark veränderte. So ging das Konzept von insgesamt 300 bis 400 Missbrauchsmeldungen von Vollzugsstellen ans SECO und an die Meldestelle für Whistleblowing der EFK aus, welche von Amtes wegen zu überprüfen sein würden.145 Bereits im September 2020 waren jedoch doppelt so viele Missbrauchsmeldungen eingetroffen, bis April 2022 schliesslich waren es mehr als 2000 (vgl. Abb. 7). Nicht im Prüfkonzept vorgesehen ist ausserdem die Praxis, dass die Ausgleichsstelle einen Teil der Meldungen nach einer Vorprüfung abschreibt. Es handelt sich dabei zum einen um nicht stichhaltige Meldungen, bei welchen Betriebe beispielsweise gar keine KAE bezogen. Zum andern bestimmte die Ausgleichsstelle einen Schwellenwert bezüglich der ausbezahlten KAE eines Betriebs, damit eine Arbeitgeberkontrolle vor Ort durchgeführt wird. Fast jede dritte Meldung seitens der ALK lag darunter, während bei den anderen Missbrauchsmeldungen jede zehnte aus diesem Grund nicht weiter geprüft wurde. Trotz der Abschreibungen musste die Aus145

Prüfkonzept (2020).

45 / 70

gleichsstelle viel mehr Ressourcen für die Kontrolle der Missbrauchsmeldungen einsetzen als erwartet. Hinzu kam, dass auch nach der Publikation des Prüfkonzepts im Sommer 2020 weiterhin eine hohe Zahl von Betrieben KAE bezog (vgl. Abb. 1). Da mehr Ressourcen für die Missbrauchsmeldungen eingesetzt wurden und mehr Betriebe KAE abrechneten als im Konzept vorgesehen, waren die Zahlen im Prüfkonzept schnell überholt. Eine eindeutige Priorisierung der zu verfolgenden Fälle wäre angesichts ihrer hohen Zahl und der Verwirkungsfrist von fünf Jahren (vgl. Ziff. 2.3.2, Fussnote 31) aber umso wichtiger, wie auch die EFK bereits anmerkte.146 Mangels eines rechtzeitig aufdatierten Prüfkonzepts fehlte aber während mehr als zwei Jahren eine umfassende Prüfstrategie.147 Unklar bleibt wegen des nicht aktualisierten Prüfkonzepts auch, wie die Ausgleichsstelle den Schwierigkeiten begegnen will, die sich für die Aufsicht aus den Entwicklungen in der KAE nach dem Sommer 2020 ergaben. So wurde das summarische Abrechnungsverfahren letztlich bis März 2022 beibehalten statt, wie vom Revisionsdienst der Ausgleichsstelle bei Erstellung des Prüfkonzepts angenommen, im Herbst 2020 abgeschafft. Auch nach den Verlängerungen lautete die offizielle Position des SECO auf Kritik der FinDel und der EFK, dass vom summarischen Verfahren keine erhöhte Missbrauchsgefahr ausgehe, weil die Arbeitgeber zwar der ALK weniger Dokumente einreichten, bei einer Arbeitgeberkontrolle die Ausfallstunden jedoch sehr wohl belegen müssten. Gegenüber der PVK wurde jedoch auch die Aussage gemacht, dass die Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben wegen der vereinfachten Verfahren aufwendiger seien, weil bei den Vollzugsstellen weniger Informationen vorlägen und bei den Kontrollen vor Ort verlangt werden müssten. Weiter führen die zahlreichen Anpassungen der KAE, die nach dem Sommer 2020 vorgenommen wurden (vgl. auch Ziff. 3.3), dazu, dass immer nach anderen Vorgaben kontrolliert werden muss. Diese Anpassungen waren zudem eine Herausforderung für die Vollzugsstellen (vgl.

Abb. 3) und die Betriebe, weshalb bei fast zwei von drei Arbeitgeberkontrollen, welche bis Juni 2022 durchgeführt wurden, Fehler festgestellt wurden. Da all diese Aspekte im Prüfkonzept nicht berücksichtigt sind, bewertet es die PVK als ungenügend, dass die zuständige Stelle des SECO dieses während mehr als zwei Jahren nicht vervollständigt und aktualisiert hat.

146

Die EFK beurteilte es als nicht nachvollziehbar, dass für die Priorisierung der Meldungen der Vollzugsstellen und der Whistleblowing-Plattform nicht dieselben Schwellenwerte verwendet werden (EFK [2022b], Ziff. 4.3).

147 In der Konsultationsantwort vom 18.11.2022 zum Entwurf dieses Berichts gab das SECO an, dass ein aktualisiertes Prüfkonzept vorliege. Auf Nachfrage der PVK erklärte es, dass es sich noch nicht um die definitive Fassung handle. Am 4.1.2023 hat das SECO ein auf den 9.9.2022 datiertes aktualisiertes Prüfkonzept auf www.arbeit.swiss veröffentlicht. Die PVK konnte dieses zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fundiert bewerten.

46 / 70

5.3

Es ist fraglich, ob genügend Arbeitgeberkontrollen durchgeführt werden, um die Rechtmässigkeit zu überprüfen

Vor der Coronakrise führte die Ausgleichsstelle jährlich zwischen 50 und 150 Arbeitgeberkontrollen durch.148 Damit prüfte sie praktisch alle Entscheide und Auszahlungen für KAE, was mit dem grossen Anstieg von KAE-Bezügen in der Coronakrise nicht mehr möglich war. Die PVK bewertet es als zweckmässig, dass das SECO der AK ALV bereits im August 2020 beantragte, bis zu 25 Millionen Franken einzusetzen, um externe Prüfer beizuziehen.149 Den Antrag zuhanden der AK ALV begründete das SECO detailliert und legte ihm ausführliche Unterlagen, darunter das Prüfkonzept für die Missbrauchsbekämpfung (Ziff. 5.2), bei. Den Bedarf an externer Unterstützung beurteilte die EFK als nachvollziehbar.150 Die entsprechende Beschaffung sowie die Schulung der knapp 40 Personen zweier Wirtschaftsprüfungsfirmen beurteilte der interne Revisionsdienst des SECO (DBIR) als zweckmässig.151 Obwohl die Schulung und die Unterlagen des SECO zuhanden der externen Prüfungsfirmen auch von diesen positiv gewürdigt wurden, ergaben sich bei der Durchführung der Kontrollen Schwierigkeiten. Gegenüber einer externen Prüfungsfirma sprach die Ausgleichsstelle Ende 2021 Verwarnungen aus und entschied im Sommer 2022, dieser keine weiteren Aufträge mehr zu erteilen. Laut den Auftragnehmern, mit welchen die PVK ebenfalls Gespräche geführt hat, benötigt ihr Personal trotz der Schulung mehrere Monate, um sich in die komplexe Thematik einzuarbeiten, und muss über viel Verhandlungsgeschick für die Kontrollen in den Betrieben verfügen. Sie unterstrichen auch die hohen Qualitätsansprüche der Ausgleichsstelle. Die PVK anerkennt diese Herausforderungen, bewertet den Einsatz der externen Prüfungsfirmen in der gegebenen Situation aber, wie auch die EFK und die Interne Revision SECO, als zweckmässig. Unklar bleibt für die PVK nach Beendigung der Zusammenarbeit mit einer externen Prüfungsfirma aber umso mehr, ob mit den vorhandenen Ressourcen innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren alle Missbrauchsmeldungen abgearbeitet und genügend weitere Arbeitgeberkontrollen durchgeführt werden können.

Laut SECO ist dies jedoch durch das Auftragsmanagement gewährleistet.152 Bundesrat und Verwaltung haben öffentlich behauptet, in der Coronakrise sei trotz der stark vereinfachten Verfahren und der vielen Anpassungen nicht öfter unrechtmässig KAE ausbezahlt worden als sonst.153 Dies müsste allerdings erst überprüft werden, indem bei genügend zufällig ausgewählten Betrieben Arbeitgeberkontrollen 148 149 150 151

152 153

Prüfkonzept (2020).

SECO (2021): Kurzarbeit: Missbrauchsbekämpfung wird intensiviert, Medienmitteilung vom 7.6.2021.

EFK (2022b).

SECO DBIR (2020): Kurzbericht über die Beschaffung der externen Ressourcen bei der Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung (KAE), 20.8.2020; SECO DBIR (2022): Revisionsbericht über die Prüfungen von TCRD betreffend die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während Covid-19: Einsatz der externen Ressourcen, 16.2.2022.

Konsultationsantwort des SECO vom 18.11.2022 zum Entwurf des Berichtes der PVK, Pkt. 5.

Vgl. Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Suter «Bekämpfung des Missbrauchs von Kurzarbeit infolge Corona-Massnahmen», 26.8.2020 (20.3881); FinDel (2020).

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durchgeführt werden. Nur so sind verlässliche Aussagen zum Ausmass des unrechtmässigen Bezugs von KAE in der Coronakrise überhaupt möglich. Das SECO bekannte sich in seinem veröffentlichten Prüfkonzept vom Sommer 2020 dazu, auch unter den aussergewöhnlichen Bedingungen der Pandemie rechtsstaatliches Handeln und die rechtskonforme Gewährung der Leistungen sicherzustellen.154 Im Konzept ging das SECO von 300 bis 400 Missbrauchsmeldungen (vgl. Ziff. 5.2) sowie von zusätzlich 2500 Stichprobenkontrollen aus. In den verwaltungsinternen Unterlagen und in den Gesprächen der PVK mit Personen aus dem Amt auf verschiedenen Hierarchiestufen wurde hingegen immer wieder erwähnt, es würden total 2500 Kontrollen angestrebt. Die Zahl der Missbrauchsmeldungen allein liegt jedoch bereits viel höher als im Prüfkonzept angenommen.

Die EFK kam zudem kürzlich zum Schluss, dass es kaum möglich sein wird, bis Mitte 2025, wenn die Auszahlungen der ersten Welle der Coronakrise (vgl. Abb. 1) haufenweise zu verjähren beginnen, nur schon 2500 Arbeitgeberkontrollen durchzuführen.155 Das SECO hielt gegenüber der PVK dagegen fest, dass im Rahmen des bewilligten Budgets bei der Ausgleichsstelle mehrere bis Ende 2026 befristete Stellen geschaffen und die Zusammenarbeit mit der verbleibenden externen Prüfungsfirma ausgebaut werden soll. Aufgrund der Komplexität der Kontrollen und der damit verbundenen Einarbeitungszeit der Mitarbeitenden sowie der grösseren Zahl an KAEBezügen und Missbrauchsmeldungen hat die PVK jedoch trotz dieser Massnahmen klare Zweifel, dass das SECO innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist genügend Kontrollen durchführen kann, um eine fundierte Gesamtbewertung der Rechtmässigkeit der Bezüge abzugeben.156

5.4

Die gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten werden nicht ausgeschöpft

Die Ausgleichsstelle der ALV führt vor Ort in Betrieben Arbeitgeberkontrollen durch, um zu überprüfen, ob diese rechtmässig KAE bezogen haben. Bei mehr als der Hälfte der Kontrollen der KAE-Bezüge in der Coronakrise stellte die Ausgleichsstelle bisher Fehler in der Abrechnung fest. Sie unterscheidet Fehler klar vom Verdacht auf Missbrauch: Bei knapp 10 Prozent der bis Juni 2022 durchgeführten Kontrollen reichte die Ausgleichsstelle aufgrund von verlässlichen Hinweisen auf einen absichtlich unrechtmässigen Bezug Strafanzeige ein.

Nicht nur bei Fehlern, sondern auch bei Missbrauch fordert die Ausgleichsstelle über die zuständige ALK lediglich die unrechtmässig bezogene KAE zurück, obwohl sie 154 155 156

Prüfkonzept (2020), 3.

EFK (2022b), 30.

Laut Konsultationsantwort des SECO vom 18.11.2022 zum Entwurf dieses Berichtes erwartet das SECO, «bis Ende 2025 rund 4500 bis 6000 Prüfungen» abzuschliessen.

Diese Zahl enthält aber nicht nur die Arbeitgeberkontrollen, sondern auch alle nach der Vorprüfung abgeschriebenen Fälle, die bis anhin die Mehrheit ausmachten (vgl. Ziff. 5.2).

Das aktualisierte Prüfkonzept spricht nach wie vor von 2500 zusätzlichen Kontrollen, wobei unklar bleibt, welche Prüfungen darin enthalten sind. Zudem kann die PVK die im Konzept vorgenommene Berechnung der Grösse der repräsentativen Stichprobe nicht nachvollziehen und beurteilt sie als fragwürdig.

48 / 70

im zweiten Fall auf der Grundlage zweier Gesetzesartikel zur Haftung der Arbeitgeber, welche auf Vorschlag des Bundesrates mit der Revision des AVIG 2002 157 eingeführt wurden, weiter gehen könnte: Erstens bietet das Gesetz die Möglichkeit, die durch den versuchten oder vollendeten Missbrauch entstandenen Kosten für Arbeitgeberkontrollen auf den Betrieb abzuwälzen (Art. 88 Abs. 2bis AVIG, Umsetzung von Art. 45 Abs. 4 ATSG). Zweitens sieht das Gesetz vor, dass von Betrieben, die missbräuchlich KAE bezogen haben, Beträge bis zum Doppelten der ausbezahlten Leistungen zurückgefordert werden können (Art. 88 Abs. 2ter AVIG, in Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG), was einen Beitrag zur Missbrauchsbekämpfung leisten soll.158 Gegenüber der PVK gaben Personen des SECO an, dass beide Gesetzesartikel bisher nicht angewendet wurden, auch wenn Beweise für einen Missbrauch sichergestellt werden und die Ausgleichsstelle eine Strafanzeige einreicht. Zur Erklärung verwies der Revisionsdienst der Ausgleichsstelle im SECO auf interne Korrespondenzen aus den Jahren 2005 und 2006.159 In den Dokumenten wird aus wirtschaftlicher Sicht argumentiert, dass bereits für die Rückforderung der unrechtmässigen Beträge mit Betrieben teils mehrjährige Rückzahlungsvereinbarungen getroffen werden müssten.

Wenn Betriebe wegen noch höherer Rückforderungen schliessen müssten, würde dies dem Ziel der KAE, also dem Erhalt von Arbeitsplätzen, widersprechen. Aus juristischer Sicht wird dargelegt, dass die Anwendung des Gesetzesartikels zu einer Ungleichbehandlung zwischen Betrieben führen könne, da in der Praxis der missbräuchlich erlangte Betrag kaum bezifferbar sei. Inwiefern sich der Verzicht auf die Anwendung der Gesetzesartikel auf die vom Gesetzgeber angestrebte Missbrauchsbekämpfung auswirkt, wird in den Dokumenten nicht thematisiert. Obwohl die Verwaltung die Gesetzesartikel nicht anwendet, hat sie es ausserdem bisher unterlassen, bei Revisionen des AVIG ihre Streichung vorzuschlagen.

5.5

Die EFK übte eine mehrheitlich zweckmässige Aufsicht aus, war aber zu Beginn zu wenig mit der KAE vertraut

Die Tätigkeiten der EFK im Bereich der KAE konzentrierten sich bis zum Ausbruch der Coronakrise auf die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung der Buchführung des Fonds der ALV. Die KAE hatte dabei wegen des vergleichsweise geringen Volumens für die EFK keine Priorität, was sich mit der Coronakrise änderte. Die EFK kündigte beim SECO mit einem Schreiben an, dass sie ihre Tätigkeiten ausweiten und eine begleitende Aufsichtsfunktion wahrnehmen werde.160 Der EFK waren zu Beginn der Coronakrise allerdings nicht alle Details des Instruments der KAE bekannt. Mitarbeitende des SECO beurteilten beispielsweise die von der EFK in der Anfangsphase gegebenen Rückmeldungen auf Weisungen als wenig nützlich. In Interviews beschrie157 158 159

AS 2003 1728.

Botschaft zum revidierten AVIG vom 28.2.2001 (BBl 2001 2245).

Notiz «Arbeitgeberkontrollen ­ Anwendung von Art. 88 Abs. 2ter AVIG», 13.6.2005, sowie Notiz «Anwendung des Art. 88 Abs. 2ter AVIG», 20.7.2006 (interne Korrespondenz SECO).

160 EFK (2020): Die Eidgenössische Finanzkontrolle richtet ihre Prüftätigkeiten neu aus und unterstützt die Bundesverwaltung, Medienmitteilung vom 24.3.2020.

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ben sowohl Personen aus dem SECO, als auch solche aus der EFK den Austausch als nicht immer konstruktiv. Im Verlauf der Coronakrise kritisierte die EFK den Umgang des SECO bzw. der Ausgleichsstelle mit den Missbrauchsmeldungen immer deutlicher, teils auch öffentlich.161 Andererseits gab es auf Fachebene durchaus eine von beiden Seiten geschätzte Zusammenarbeit. Dazu gehört, dass die EFK und die Ausgleichsstelle im Sommer 2020 gemeinsam Vollzugsstellen in einigen Kantonen besuchten und danach separate Prüfberichte erstellten,162 wobei die Abgrenzung zwischen den beiden laut Auskunft der Involvierten klar war.

Die EFK hat zudem ihre bestehenden Datenanalysen zur Missbrauchsbekämpfung bei den Sozialversicherungen auf die KAE und andere wirtschaftliche Unterstützungsmassnahmen des Bundes während der Coronakrise erweitert. Die Ergebnisse teilte die EFK dem SECO wie auch der FinDel regelmässig mit. Die Datenanalysen zur KAE waren eine Unterstützung für das SECO, das selber nicht über die entsprechenden Kenntnisse zur Analyse von grossen Datensätzen verfügte und teils rechtlich auch gar nicht dazu befugt gewesen wäre. Stellte die EFK Auffälligkeiten fest, übergab sie die Fälle dem SECO zur weiteren Abklärung. Diese Unterstützung wurde geschätzt und die Zusammenarbeit bezeichneten die beteiligten Personen aufseiten des SECO wie der EFK als gut.

Ein reger Kontakt entstand zwischen der EFK und der Ausgleichsstelle ab Sommer 2020 wegen der von der EFK betriebenen Meldestelle für Whistleblowing. Bis Anfang 2022 leitete die EFK rund 500 Meldungen an die Ausgleichsstelle weiter, über deren Bearbeitung sie regelmässig Auskunft verlangte. In einer Anfangsphase klassifizierte die EFK die eingegangenen Meldungen vor der Weiterleitung und versah sie mit zusätzlichen Informationen. Diese Arbeiten waren jedoch nicht immer abgesprochen und scheinen letztlich keinen wirklichen Nutzen gebracht zu haben. So beurteilt die PVK die Tätigkeiten der EFK im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion zwar mehrheitlich als zweckmässig, doch hat die EFK gerade zu Beginn der Coronakrise insbesondere aus mangelnder Sachkenntnis heraus auch Ressourcen investiert, die nur bedingt einen Nutzen hatten.

6

Schlussfolgerungen

Die PVK kommt insgesamt zum Ergebnis, dass die Kurzarbeit in der Coronakrise grundsätzlich zweckmässig eingesetzt wurde. Das Instrument hat zum Ziel, Arbeitslosigkeit zu verhindern, indem Betriebe bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall für die Lohnkosten ihrer Arbeitnehmenden eine Entschädigung erhalten. Sein Einsatz bei behördlichen Einschränkungen ist ausdrücklich im Gesetz vorgesehen. In der Coronakrise mussten die Verfahren jedoch aufgrund der grossen Zahl von betroffenen Betrieben vereinfacht werden (Ziff. 6.1). Zahlreiche rechtliche Anpassungen wurden sehr kurzfristig entschieden; ein vorausschauendes Handeln fehlte (Ziff. 6.2). Zudem 161

Vgl. z. B.: Chômer un peu, beaucoup, pas du tout: la tentation de l'abus. In: Le Temps, 2.7.2020; EFK «schockiert» über Missbrauch bei Kurzarbeitsentschädigung. SRF, 31.5.2021 (online); Fehler oder Missbrauch: Das ist hier die Frage. In: St. Galler Tagblatt, 8.9.2021.

162 SECO TCRD (2020); EFK (2020).

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blieben die angepassten Regelungen teils lange in Kraft, was zu neuen Problemen führte (Ziff. 6.3). Um die vielen Anpassungen umzusetzen, unternahmen beim Bund, aber auch in den Kantonen sehr viele Personen enorme Anstrengungen (Ziff. 6.4). In der Aufsicht musste das SECO Prioritäten setzen, während die EFK ihre Tätigkeiten ausweitete (Ziff. 6.5). Die Kontrollen des SECO werden allerdings wahrscheinlich keine verlässliche Einschätzung dazu erlauben, welchen Anteil der KAE die Betriebe unrechtmässig bezogen haben (Ziff. 6.6).

6.1

Die Kurzarbeit war in der Coronakrise ein zweckmässiges Instrument, das aber angepasst werden musste

Das Gesetz sieht die KA ausdrücklich auch als Instrument bei Arbeitsausfällen vor, welche auf behördliche Massnahmen zurückzuführen sind (Art. 32 Abs. 3 AVIG), wie dies in der Coronakrise der Fall war (Ziff. 2.2). Daher war es zweckmässig, dass der Bund in der Coronakrise auf dieses bestehende Instrument zurückgegriffen hat, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der behördlich angeordneten Schliessungen abzufedern. Die Bundesbehörden begründeten den Einsatz der KAE und deren rechtliche Anpassungen zumindest zu Beginn der Krise in den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates auch ausdrücklich mit dem gesetzlichen Ziel des Instruments, der Vermeidung von Arbeitslosigkeit (Ziff. 3.1).

Die KAE und die anderen wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen des Bundes, wie die Covid-19-Kredite, der Erwerbsersatz für Selbstständige oder die Härtefallregelung, ergänzten sich. Die Unterstützungsmassnahmen, die häufig in der Coronakrise neu geschaffen wurden, waren auf unterschiedliche Unternehmenskosten oder Personengruppen ausgerichtet (Ziff. 3.2).

Das Verfahren zur KAE ist im Arbeitslosenversicherungsrecht aber nicht so ausgestaltet, dass Betriebe sehr rasch unterstützt werden können. In der Finanzkrise passte der Bund die rechtlichen Vorgaben der KAE nur hinsichtlich der maximalen Bezugsdauer und der Karenztage, welche die Unternehmen selber zu tragen haben, an.163 Hingegen blieb man damals beim ordentlichen Verfahren, bei dem die Vollzugsstellen in den Kantonen zahlreiche Angaben prüfen müssen, bevor die KAE ausbezahlt wird. Damit die Unternehmen liquide bleiben und keine Mitarbeitenden entlassen, muss das Verfahren für die KAE jedoch genügend schnell ablaufen. Da die Geschäftstätigkeit in der ersten Phase der Coronakrise in sehr vielen Branchen eingeschränkt wurde, erhielten die Vollzugsstellen Unmengen an Anträgen. Ein Grossteil der Betriebe kannte die KA zudem noch nicht. Sämtliche von der PVK befragten Akteure ­ dazu gehören das SECO, die Sozialpartner und die Vollzugsstellen in den Kantonen ­ sind sich einig, dass die neu eingeführten vereinfachten Verfahren in dieser ersten Phase der Coronakrise nötig waren, um Entlassungen zu verhindern (Ziff. 3.3.1).

Digitalisierte Formulare und Prozesse können den Aufwand für den Vollzug der KAE verringern, wie die während der Krise eingeführte digitale Voranmeldung bestätigt hat. Digitalisierte Abläufe anzupassen ist jedoch laut IT-Fachpersonen ebenfalls mit 163

SECO (2012).

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grossem Aufwand verbunden. Die in der Coronakrise in hoher Kadenz beschlossenen rechtlichen Anpassungen der KAE hätten wohl mit stärker digitalisierten Verfahren kaum so rasch umgesetzt werden können (Ziff. 4.3). Auch angesichts der nachfolgend dargelegten Probleme mit den eilig getroffenen Anpassungen der KAE fragt es sich, ob die Verfahren für grosse Krisen tauglicher gemacht werden können.

6.2

Die politischen Entscheide zur Anpassung der KAE wurden zu wenig vorausschauend getroffen

Die Coronapandemie und die damit einhergehenden behördlich angeordneten Schliessungen stellten ein aussergewöhnliches und unerwartetes Ereignis dar. Im Nachhinein ist klar, dass die Bundesbehörden die Dauer der Krise wiederholt unterschätzt haben.

Das SECO ging anfangs davon aus, dass die Anpassungen wenige Monate in Kraft bleiben würden. Als sich abzeichnete, dass die Krise länger dauern würde, entschied der Bundesrat ­ und mit der Überführung ins Covid-19-Gesetz teilweise auch das Parlament ­ kurzfristig, viele der Anpassungen bei der KAE weiterzuführen. Auch im weiteren Verlauf der Krise beschloss der Bundesrat wiederholt jeweils kurz vor Ablauf der Gültigkeit der entsprechenden Verordnungen eine Verlängerung der Anpassungen der KAE. Er tat dies zumeist rechtzeitig, doch fehlte ein vorausschauendes Planen und Handeln, bei welchem die Verwaltung verschiedene mögliche Verläufe der Pandemie in Betracht gezogen und dem Bundesrat Alternativen vorgelegt hätte (Ziff. 3.3). Stattdessen hat sie immer wieder äusserst kurzfristig Grundlagen für den Bundesrat zur Verlängerung bestehender Anpassungen erarbeitet, die nur beschränkt auf die damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken und das Risiko unrechtmässiger Bezüge hinwiesen (Ziff. 3.4). Es blieb keine Zeit, um vor dem Beschluss die Auswirkungen einer Anpassung im Detail abzuwägen oder um die Umsetzung vorzubereiten.

Alleine im ersten Jahr der Coronakrise wurde die Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung achtmal angepasst. Häufig wurden die Anpassungen zudem rückwirkend beschlossen. Die Vollzugsstellen stellte all dies vor sehr grosse Herausforderungen (Ziff. 3.3).

6.3

Die angepassten Regelungen blieben lange in Kraft, was neue Probleme schuf

Das SECO ging bei vielen Anpassungen davon aus, dass sie nur kurzfristig gelten würden. Doch wurden Regelungen, beispielsweise zur Vereinfachung der Verfahren, im Verlauf der Coronakrise mehrfach verlängert oder wiederholt in Kraft gesetzt (Ziff. 3.3.1). Dies führte zu Problemen auf rechtlicher Ebene, im Vollzug und in der Aufsicht. So wurde das summarische Verfahren beispielsweise nahtlos bis im März 2022 weitergeführt, obschon die Zahl der KAE-Anträge nie mehr das Niveau der ersten Phase der Krise im April 2020 erreichte (Ziff. 2.1). Für Ferien- und Feiertagsentschädigungen, die in diesem vereinfachten Verfahren nicht für alle Arbeitnehmenden gleich abgerechnet worden waren, musste der Bund aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids schliesslich einen Nachtragskredit für das Jahr 2022 in der Höhe von zwei Milliarden Franken beschliessen (Ziff. 3.3.2, Problematik 2). Probleme gab es auch 52 / 70

im Vollzug, indem etwa wegen der mehrmaligen Anpassungen bei den anspruchsberechtigten Gruppen bereits erteilte Bewilligungen nochmals bearbeitet werden mussten (Ziff. 3.3.2). Für die Aufsicht schliesslich erhöhten die vereinfachten Verfahren das Risiko unrechtmässiger Bezüge von KAE (Ziff. 3.4.1) und den nachträglichen Kontrollaufwand (Ziff. 5.3).

Mit den Verlängerungen der verschiedenen Anpassungen stiegen zudem die wirtschaftlichen Risiken des Instruments: Die KA kann Strukturwandel behindern, indem Arbeitsplätze oder Betriebe erhalten werden, die nicht zukunftsträchtig sind. Zudem steigt mit zunehmender Dauer die Wahrscheinlichkeit, dass Betriebe weiter KAE beziehen, obgleich sie diese gar nicht mehr benötigen. Diese Risiken wurden in den Entscheidungsgrundlagen ungenügend dargelegt (Ziff. 3.4.2).

Die wiederholten Verlängerungen der Anpassungen erklären sich laut Personen aus der Bundesverwaltung und Stellen ausserhalb massgeblich durch den politischen Druck, der auf die Bundesbehörden ausgeübt worden sei ­ auch durch das Parlament.

Das Ziel der KA, Arbeitslosigkeit zu vermeiden, trat in den Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Bundesrates immer mehr in den Hintergrund (Ziff. 3.1). Waren die Anpassungen einmal eingeführt, wurde es schwierig, sie wieder rückgängig zu machen, weil verschiedene Gruppen davon profitierten. Diese Problematik hat das SECO bereits in seinem Bericht zur KAE in der Finanzkrise beschrieben164 und hätte sie deshalb bei der Ausgestaltung der Anpassungen besser berücksichtigen können. Beispielsweise hätte die Gültigkeit der Anpassungen an Bedingungen geknüpft werden können, wie z. B. an die Dauer behördlicher Massnahmen, an wirtschaftliche Indikatoren oder an die epidemiologische Lage. In der Coronakrise galten die allermeisten Anpassungen unabhängig vom Verlauf der Krise bis zu einem bestimmten Datum.

Wenn zum Zeitpunkt des Auslaufens die Infektionszahlen wieder anstiegen, wurden sie kurzfristig verlängert. Die Regelungen zur KAE und die behördlichen Massnahmen zur Einschränkung der Pandemie waren somit nur beschränkt aufeinander abgestimmt (Ziff. 3.3.2).

6.4

Das SECO und die Vollzugsstellen leisteten einen herausragenden Einsatz

In den Kantonen wie auch in der Bundesverwaltung leisteten sehr viele Mitarbeitende einen enormen Einsatz, damit die KAE möglichst rasch an die Betriebe ausbezahlt werden konnte. Sie erarbeiteten Weisungen, behandelten eine Unmenge von Gesuchen, beantworteten Anfragen oder sorgten für die Auszahlungen. Wie in Gesprächen mit der PVK immer wieder betont wurde, waren bis zur Coronakrise auf allen Ebenen nur wenige Personen im Detail mit der KAE vertraut. Verschiedene Einheiten beim SECO versuchten, möglichst gut auf die Bedürfnisse der Vollzugsstellen einzugehen.

Die Abläufe innerhalb des SECO liefen in der ersten Phase allerdings noch nicht reibungslos, verbesserten sich aber im Verlaufe der Coronakrise (Ziff. 4.4). Zudem richtete das SECO eine Hotline ein, über welche es direkt mit den Betrieben und der Öffentlichkeit kommunizierte, was auch die Vollzugsstellen in den Kantonen zu einem 164

SECO (2012), Ziff. 5.2.2.

53 / 70

gewissen Grad entlastet haben dürfte (Ziff. 4.3). Die Vollzugsstellen bewerteten in der von der PVK in Auftrag gegebenen Befragung die Unterstützung des SECO in der Coronakrise denn auch mehrheitlich positiv (Ziff. 4.1), obwohl die vielen Anpassungen der Regelungen zur KAE diese Aufgabe für das SECO erschwerten (Ziff. 4.2).

Die Anpassungen eröffneten zudem einen gewissen Interpretationsspielraum, weshalb das SECO die einheitliche Rechtsanwendung nicht mehr durchgehend gewährleisten konnte (Ziff. 4.5).

6.5

Bei der Aufsicht setzte das SECO Prioritäten, die EFK verstärkte ihre Tätigkeiten

Die Verantwortlichkeiten in der Aufsicht über die KAE wurden in der Coronakrise nicht angepasst, doch hat namentlich der Revisionsdienst der Ausgleichsstelle beim SECO gewisse Aufsichtstätigkeiten, die er normalerweise regelmässig wahrnahm, eingeschränkt. Er überprüfte z. B. die Voranmeldungen, die von den Vollzugsstellen bewilligt worden waren, nur noch vereinzelt und setzte die Revisionen der Kassen aus. Stattdessen legte er die Priorität in einer ersten Phase auf die Unterstützung des Vollzugs durch die Kantone und später auch auf die Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben, was aus Sicht der PVK der Situation angemessen war (Ziff. 5.1).

Die AK ALV als oberstes Aufsichtsorgan über die gesamte Arbeitslosenversicherung liess sich zwar regelmässig informieren, übte ansonsten aber, wie bereits in früheren Berichten von PVK und EFK festgehalten, keine aktivere Aufsicht aus. Dies dürfte auch an der Zusammensetzung des Gremiums liegen, in welchem die massgeblich am Vollzug beteiligten Akteure sowie die Sozialpartner als zentrale Begünstigte der KAE vertreten sind (Ziff. 5.1).

Die EFK weitete ihre Aufsichtstätigkeiten in der Coronakrise dagegen aus. Ihre Arbeiten waren gerade zu Beginn, als sie mit der KAE noch wenig vertraut war, nur begrenzt nützlich, doch insbesondere die Datenanalysen, welche sie durchführte, waren für das SECO dienlich. Ausserdem warf die EFK im Rahmen von einzelnen Prüfungen einen kritischen Blick etwa auf den Vollzug in den Kantonen (Ziff. 5.5). Angesichts des grossen finanziellen Engagements des Bundes bei der KAE war die stärkere Rolle der EFK in der Aufsicht aus Sicht der PVK angemessen.

6.6

Die Kontrollen lassen voraussichtlich keine fundierte Gesamtbewertung der Rechtmässigkeit der KAE-Bezüge zu

Bundesrat und SECO haben noch während der Coronakrise öffentlich bekräftigt, es gebe bei der KAE trotz der vereinfachten Verfahren nicht mehr Missbrauch und sie würden sicherstellen, dass die KAE rechtmässig gewährt werde. Angesichts der grossen Zahl von Betrieben, die KAE bezogen haben, war für das SECO schnell klar, dass die Zahl der Arbeitgeberkontrollen in den Betrieben erhöht werden musste. Die zuständige Stelle des SECO hat deshalb bereits im Sommer 2020 ein Prüfkonzept für die Missbrauchsbekämpfung im Bereich der KAE erstellt und auf dieser Grundlage 54 / 70

frühzeitig externe Aufträge für die Durchführung von Kontrollen vergeben (Ziff. 5.2 bis 5.3).

Das SECO versäumte es jedoch während mehr als zwei Jahren, das Prüfkonzept angesichts der weiteren Entwicklungen bei der KAE zu aktualisieren. Denn auch nach dem Sommer 2020 gab es bei der KAE eine Fülle von Anpassungen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit von Fehlern im Vollzug erhöhte. Zudem erhöhte die lange Beibehaltung des summarischen Verfahrens, bei welchem die Betriebe nur wenige Angaben machen mussten, den Aufwand für die nachträglichen Arbeitgeberkontrollen. Dies hat zur Folge, dass mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen weniger Kontrollen durchgeführt werden können. Schliesslich waren die im Prüfkonzept enthaltenen Angaben zur notwendigen Zahl an Kontrollen innert Kürze überholt. Bis Juni 2022 trafen statt der angenommenen 300 bis 400 Missbrauchsmeldungen seit Beginn der Coronakrise fast deren 2000 beim SECO ein, welche überprüft werden müssen.

Zusätzlich hatte das SECO im Prüfkonzept in Aussicht gestellt, dass 2500 Stichprobenkontrollen durchgeführt würden. Zusätzliche Kontrollen bei zufällig ausgewählten Betrieben sind unabdingbar, um die Fehler- und Missbrauchsquoten bei den KAE insgesamt ausweisen zu können (Ziff. 5.2). Es ist jedoch ungewiss, ob innert der fünfjährigen Verjährungsfrist überhaupt alle Meldungen bearbeitet werden können. Denn die Kontrollen erweisen sich als komplex, was mitunter ein Grund war, weshalb das SECO die Zusammenarbeit mit einer von zwei externen Treuhandfirmen, welche in seinem Auftrag Kontrollen durchführte, wegen Qualitätsmängeln vorzeitig beendete.

Zwar sollen nun für die Kontrollen befristet Mitarbeitende direkt beim SECO angestellt werden, doch erfordert dies wiederum eine Einarbeitungszeit. Die PVK hat deshalb klare Zweifel, dass die Ressourcen ausreichen werden, um nebst den Missbrauchsmeldungen auch genügend zufällig ausgewählte Betriebe zu kontrollieren, damit fundierte Schätzungen dazu möglich sind, wie viel der über 16 Milliarden Franken an KAE die Betriebe rechtmässig bezogen haben (Ziff. 5.3).

Die PVK stellte zudem fest, dass fehlbare Betriebe lediglich die unrechtmässig bezogene KAE zurückzahlen müssen. Damit schöpft das SECO die Möglichkeiten des Gesetzes zur Sanktionierung von Betrieben, die missbräuchlich KAE bezogen haben, nicht aus (Ziff. 5.4). Es fragt sich insgesamt, inwiefern mit den durchgeführten Kontrollen die angestrebte abschreckende Wirkung gegen Missbräuche erzielt wird.

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Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

AK ALV

Aufsichtskommission über den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung

ALK

Arbeitslosenkasse (privat oder öffentlich)

ALV

Arbeitslosenversicherung

Art.

Artikel

AS

Amtliche Sammlung

AsP

Aussprachepapier zuhanden des Bundesrates

ATSG

Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1)

AVIG

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, SR 837.0)

AVIV

Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung; SR 837.02)

BBl

Bundesblatt

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BK

Bundeskanzlei

BRA

Bundesratsantrag

Bst.

Buchstabe

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

bzw.

beziehungsweise

DBIR

Interne Revision des SECO

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

FinDel

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte

FKG

Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle (SR 614.0)

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

KA

Kurzarbeit

56 / 70

KAE

Kurzarbeitsentschädigung

Kap.

Kapitel

KAST

Kantonale Amtsstelle

KOF

KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SECO TC

Staatssekretariat für Wirtschaft, Direktion für Arbeit, Leistungsbereich Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung

SGK

Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit

SR

Systematische Rechtssammlung

TCRD

Revisionsdienst des Leistungsbereichs Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung der Direktion für Arbeit des SECO

VAK

Verband der öffentlichen Arbeitslosenkassen

vgl.

vergleiche

VSAA

Verband der Schweizerischen Arbeitsmarktbehörden

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

Ziff.

Ziffer

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Bundesrat (2021): Botschaft vom 17.2.2021 zum revidierten Covid-19-Gesetz (BBl 2021 285).

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SECO (2020): Erleichterung der Voranmeldung von Kurzarbeit in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Weisung 2020/02, 11.3.2020.

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SECO (2020): Sonderregelung aufgrund der Pandemie. Aktualisierte Weisung 2020/06, 9.4.2020.

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SECO (2021): Zahlen, Daten, Fakten 2020. Tätigkeitsbericht Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung 2020, 8.7.2021.

SECO (2022). Zahlen, Daten, Fakten 2021. Tätigkeitsbericht Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung, 7.6.2022.

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SECO DBIR (2020): Kurzbericht über die Beschaffung der externen Ressourcen bei der Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung (KAE), 20.8.2020 (nicht veröffentlicht).

SECO DBIR (2021): Revisionsbericht über die Prüfungen des Revisionsdienstes TCRD betreffend die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während Covid-19, 22.2.2021.

SECO DBIR (2022): Kurzbericht über den Prozess zur Entstehung des summarischen Verfahrens der Kurzarbeitsentschädigung (KAE), 1.3.2022 (nicht veröffentlicht).

SECO DBIR (2022): Revisionsbericht über die Prüfungen von TCRD betreffend die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während Covid-19: Einsatz der externen Ressourcen, 16.2.2022.

SECO TCRD (2020): Bericht über die System-Prüfungen zur Gewährung von Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während des Notrechts von März bis August 2020 (nicht veröffentlicht).

SECO TCRD (2020): Strategisches Prüfkonzept. Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) während und nach Covid-19, Juni 2020.

Zitiert: Prüfkonzept (2020).

Zitierte Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates Aussprachepapier WBF/EFD «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Covid-19», 12.3.2020.

Bundesratsantrag WBF/EDI «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung, Erwerbsausfall, Arbeits- und Ruhezeiten, Sozialversicherungsbeiträge, Selbständigerwerbende», 19.3.2020.

Bundesratsantrag WBF «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung, Kurzarbeitsentschädigung und Stellenmeldepflicht», 24.3.2020.

Bundesratsantrag WBF «Wirtschaftliche Abfederung der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19): Arbeitslosenversicherung ­ Anpassungen im Bereich Kurzarbeitsentschädigung», 7.4.2020.

Bundesratsantrag WBF «Transition Covid-Massnahmen der Arbeitslosenversicherung und der öffentlichen Arbeitsvermittlung», 18.5.2020.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Arbeitslosenversicherungsverordnung; Verlängerung der Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung», 29.6.2020.

Bundesratsbeschluss «Änderung der Arbeitslosenversicherungsverordnung; Verlängerung der Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung», 1.7.2020.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung», 5.8.2020.

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Bundesratsantrag EFD «Botschaft zu Änderungen des Covid-19-Gesetzes und des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes», 17.11.2020.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (Verlängerung des summarischen Verfahrens im Zusammenhang mit Kurzarbeit)», 14.12.2020.

Aussprachepapier WBF «Covid-19: Analyse und weiteres Vorgehen für individuelle soziale Härtefälle», 17.12.2020.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Verlängerung des vereinfachten Verfahrens und der Aufhebung der Karenzzeit», 15.3.2021.

Aussprachepapier WBF «Covid-19: Verlängerung der Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung und weiteres Vorgehen zu den Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung», 10.5.2021.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Erhöhung der Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitsentschädigung und Verlängerung der Geltungsdauer weiterer Massnahmen», 21.6.2021.

Bundesratsantrag WBF «Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Verlängerung des summarischen Abrechnungsverfahrens», 29.9.2021.

Aussprachepapier WBF «Covid-19: Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung», 16.12.2021.

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Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Im nachstehenden Verzeichnis ist die Funktion der betreffenden Person zum Zeitpunkt, in dem sie von der PVK interviewt wurde, aufgeführt.

Aebersold, Andreas

Projektleiter, PwC

Amman, Sophie

Juristin, SECO TC Juristischer Dienst

Basset, Maryline

Referentin SECO, Generalsekretariat WBF

Bosshart, Elisabeth

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, SECO TC

Brunetti, Aymo

Professor und geschäftsführender Direktor des Instituts für Volkswirtschaftslehre, Universität Bern

Carrapa, Gabriela

Mandatsleiterin Prüfbereich 6, EFK

Christ, Brigitte

Stellvertretende Direktorin der Eidgenössischen Finanzkontrolle

De Reyff, Charles

Vorstand VSAA, Dienstchef AWA Kanton Fribourg

Démaurex, Grégoire

Prüfungsexperte Finanz 1, EFK

Eichenberger, Milena

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Sozialversicherungen, EFK

Fischer, Gabriel

Leiter Wirtschaftspolitik (bis Ende 2021), Travail Suisse, und Mitglied AK ALV

Frei, Cynthia

Prüfungsexpertin Finanz 3, EFK

Frésard, Jean-Claude

Präsident VAK, Leiter Arbeitslosenkasse Kanton Fribourg

Gaetani, Irene

Gruppenleiterin AM, SECO TC Juristischer Dienst

Gemperle, Daniela

Leiterin Arbeitslosenversicherung, Kanton Zürich

Hayoz, Erich

Inspektor und stv. Gruppenleiter TCRD, SECO TC Revisionsdienst

Heierli, Fabian

Gruppenleiter VK TCMI, SECO TC

Helbling, Hubert

Vorsteher Amt für Arbeit Kanton Schwyz

Hostettler, Nicole

Präsidentin VSAA, Amtsleiterin AWA Kanton BaselStadt

Huissoud, Michel

Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Jevedenic, Natasa

Leiterin Fachführung Arbeitslosenkasse Unia

Jung, Karin

Vorstand VSAA, Amtsleiterin AWA Kanton St. Gallen

Kalbermatten, Peter

Vorsteher Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit Kanton Wallis

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Kläy, Dieter

Ressortleiter Arbeitsmarkt, Schweizerischer Gewerbeverband, und Mitglied AK ALV

Knöpfel, Hans

Bereichsleiter Arbeitslosenversicherung & Arbeitslosenkassen Kanton Zürich sowie in Personalunion Leiter Arbeitslosenkasse

Koci, Martin

Prüfungsexperte Finanz 4, EFK

Lampart, Daniel

Chefökonom, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, und Mitglied AK ALV

Lanzeray, Jean Christophe Leiter SECO TCRD und stv. Leiter SECO TC Lützelschwab, Daniella

Ressortleiterin Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, Schweizerischer Arbeitgeberverband, und Mitglied AK ALV

Meier, Kaja

Juristin, SECO TC Juristischer Dienst

Meuwly, Stefan

Fachliche Vollzugsunterstützung ALK, SECO TC

Peyer, Markus

Prüfungsexperte Finanz 3, EFK

Santi, Daniel

Direktor Arbeitslosenkasse Unia

Schaffner, Rolf

Revisionsexperte Fachbereich 8 Informatikprüfungen, EFK

Schärli, Olivier

Leiter Leistungsbereich Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung, SECO TC

Schilling, Marvin

Projektleiter, Ernst & Young

Siegenthaler, Michael

Leiter Forschungsbereich Schweizer Arbeitsmarkt, KOF Konjunkturforschungsstelle, ETH Zürich

Stano, Ivana

Leiterin Arbeitslosenkasse Kanton Waadt

Studer, Patrick

Teamleiter KAE, Kanton Zürich

Thum, Jessica

Gruppenleiterin KA und co-stv. Ressortleiterin, SECO TC Juristischer Dienst

Tomeo, Mauro

Fachliche Vollzugsunterstützung RAV/LAM/KAST, SECO TC

Truong Dinh, An-Lac

Fachreferent, Generalsekretariat EDI

Vaisbrot, Kareen

Bereichsleiterin Arbeitgeberpolitik, Swissmem

Von der Crone, Andreas

Inspektor TCRD, SECO TC

Wegmann, Adrian

Stv. Leiter Arbeitslosenkasse sowie Abteilungsleiter Dienste & Vollständigkeit, Leiter Support Center KAE, Kanton Zürich

Widmer, Marianne

Stv. Abteilungsleiterin, Leiterin Finanzdienst 1 AK ALV, Bundesamt für Sozialversicherungen, und Mitglied AK ALV

Zürcher, Boris

Leiter der Direktion für Arbeit, SECO 63 / 70

Anhang 1

Herangehensweise der Evaluation

Ziele der Politik:

Die Kurzarbeitsentschädigung ist Teil der Arbeitslosenversicherung und verfolgt das Ziel, Arbeitslosigkeit zu verhindern.


Mittel, diese zu erreichen:

Hat ein Betrieb einen Arbeitsausfall, der auf behördliche Anordnungen oder wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und nur vorübergehend ist, übernimmt die Arbeitslosenversicherung für einen gewissen Zeitraum mit der Kurzarbeitsentschädigung einen Teil der Lohnkosten der Angestellten.


Gegenstand der Evaluation:

In der Coronakrise hat der Bund die bestehenden Regelungen angepasst und Kurzarbeitsentschädigungen von mehr als 16 Milliarden Franken ausbezahlt. Die Evaluation untersucht die Anpassungen der Regelungen zur Kurzarbeit, die Unterstützung der Vollzugsstellen durch den Bund und die Aufsicht und Kontrollen zum rechtmässigen Leistungsbezug.


Fragestellungen der Evaluation:

Wurden die mehrmaligen Anpassungen der Rechtsgrundlagen für die Kurzarbeit in der Coronakrise zweckmässig vorgenommen?


Durchgeführte Analysen:

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Dokumentenanalyse; Interviews


Hat der Bund die Vollzugsstellen in den Kantonen angemessen unterstützt?


Dokumentenanalyse; Befragung der Vollzugsstellen (externes Mandat); Interviews


Ist die Aufsicht des Bundes zweckmässig und stellt sie die Rechtmässigkeit des Leistungsbezugs sicher?


Dokumentenanalyse; Interviews

Anhang 2

Bewertungskriterien Kriterium

Bewertungselemente

Zweckmässigkeit der Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates (Frage 1) Zweckmässigkeit des Die in der Krise vorgenommenen Anpassungen der RechtsAnpassungsprozesses grundlagen und Weisungen für die Kurzarbeit waren koordiniert mit den anderen Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft. Die Koordination erfolgte auf einer sinnvollen hierarchischen Ebene der beteiligten Einheiten. Mögliche Überschneidungen zwischen der Kurzarbeit und den anderen Unterstützungsmassnahmen wurden erkannt, analysiert und dokumentiert.

Angemessene Beurteilung der Risiken und Chancen im Anpassungsprozess

Jede Anpassung der Rechtsgrundlagen und Weisungen für die Kurzarbeit erfolgte auf der Grundlage einer angemessenen Analyse der Risiken und Chancen. Die verschiedenen Risiken und Chancen wurden erkannt. Die Beurteilung der Risiken und Chancen wurde dokumentiert, sodass sie nachvollziehbar ist.

Zweckmässigkeit Der Bundesrat wurde in den Entscheidungsgrundlagen für der Entscheidungsdie Anpassung der Rechtsgrundlagen vollständig, aktuell, grundlagen zuhanden klar und präzise sowie zum richtigen Zeitpunkt informiert.

des Bundesrates Kohärenz der Rechtsgrundlagen und Weisungen für die verschiedenen Unterstützungsmassnahmen

Die angepassten Rechtsgrundlagen und Weisungen für die Kurzarbeit standen im Einklang mit den sonstigen Rechtsgrundlagen. Sie standen nicht im Widerspruch zu diesen, waren nicht redundant und liessen keine Bereiche unberücksichtigt (z. B. bestimmte Angestelltengruppen oder Sektoren).

Zweckmässigkeit der Ziele der Kurzarbeit

Die Ziele der Kurzarbeit waren in den angepassten Rechtsgrundlagen und Weisungen ausdrücklich genannt und somit klar erkennbar. Sie waren präzise und verständlich formuliert. Die verschiedenen Zielebenen standen miteinander im Einklang.

Klarheit der Prozessvorgaben

Die Verfahren für den Vollzug der Kurzarbeit waren in den angepassten Rechtsgrundlagen und Weisungen klar und präzise dargelegt (auf dem Papier). Die Voraussetzungen für die KAE-Berechtigung waren verständlich und zweckmässig.

Die Kategorien der Anspruchsberechtigten waren klar und präzise definiert.

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Kriterium

Bewertungselemente

Angemessenheit der Unterstützung der Vollzugsstellen (Frage 2) Fristgerechtigkeit der Unterstützung

Der Bund unterstützte die Vollzugsstellen genügend rasch, um den Bezug der KAE innerhalb der für die Unternehmen nötigen Fristen zu ermöglichen. Die Unterstützung erfolgte innerhalb der für die Vollzugsstellen nötigen Fristen. Auf Rückmeldungen der Vollzugsstellen wurde angemessen reagiert. Der Bund stellte den Vollzugsstellen zweckmässige Hilfsmittel zur Verfügung.

Gewährleistung der Rechtsgleichheit

Die Vorgaben des Bundes waren aus Sicht der Vollzugsstellen eindeutig und wurden durch den Bund klar kommuniziert. Die Unterstützung war an die jeweiligen Situationen in den Kantonen angepasst.

Zweckmässigkeit von Aufsicht und Kontrollen (Frage 3) Zweckmässigkeit Die Kontrollprozesse, einschliesslich der Kompetenzverteider Aufsichtsstrategie lung zwischen den Akteuren, waren klar und präzise. Die risikoorientierten Ziele der Aufsicht wurden klar definiert und standen im Einklang mit den allgemeinen Zielen der Kurzarbeit. Der Zeitplan für die Kontrollen war angemessen und erlaubte es vor allem, die Kontrollen vor einer allfälligen Verjährung abzuschliessen.

Zweckmässigkeit der Aufsicht

Die Zuständigkeiten waren stufengerecht verteilt (d. h., die zuständigen Stellen verfügten über die hierarchische Position, die Ressourcen, die Instrumente und die Unabhängigkeit, die für die Aufsicht erforderlich waren). Die Aufsicht erfolgte entsprechend den Rechtsgrundlagen und den einschlägigen Weisungen. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen ermöglichten eine effiziente Aufsicht (optimaler Einsatz der Ressourcen und Einhaltung der Fristen). Wenn bei den Kontrollen Verstösse der Arbeitgeber aufgedeckt wurden, wurden diese angemessen weiterverfolgt (Sanktionen, Rückzahlungen, Strafanzeige usw.).

Zweckmässigkeit der Aufsicht durch die EFK

Die EFK verfügte über eine klare Aufsichtsstrategie mit klar definierten und zeitlich begrenzten Zielen, angemessenen Rechten (z. B. Informationsrechten), klar festgelegten Zuständigkeiten und klar definierten Modalitäten für die Zusammenarbeit mit den Vollzugsstellen. Die Aufsicht der EFK erfolgte entsprechend den Rechtsgrundlagen, den einschlägigen Weisungen und der Aufsichtsstrategie der EFK.

Die Aufsicht erreichte ihre Ziele und die Ergebnisse wurden nachvollziehbar dokumentiert. Die Dauer der mitschreitenden Aufsicht und die Kontrollhäufigkeit waren zweckmässig.

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Anhang 3

Wichtigste Anpassungen der Regelungen zur Kurzarbeit Die untenstehende Übersicht basiert auf AVIG, AVIV und den verschiedenen Versionen der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung sowie relevanten Artikeln des Covid-19-Gesetzes.

Regelung vor der Coronakrise

Anpassungen im Verfahren Voranmeldung von KA Voranmeldefrist von 10 Tagen

Regelung in der Coronakrise

Gültigkeit

Rückwirkende Voranmeldung möglich [per Datum]

bis 30.3.2020 [17.3.2020] 18.12.2020­30.4.2021 [18.12.2020]

Keine Voranmeldefrist

1.3.2020­31.12.2022

Arbeitnehmer/in gibt Zustimmung zur KA, U. a. keine Bestätigung der Mitarbeitenden nötig, Betrieb begründet den Ausfall, Unterlagen zum Umsatz Verweis auf Covid-19 genügt (vereinfachte (ordentliche Voranmeldung) Voranmeldung)

1.3.2020­31.8.2021

Bewilligungsdauer der KA

Bis zu drei Monate

18.12.2020­30.4.2021

Abrechnung der KA

Detaillierte Angaben sind nötig (ordentliches Verfahren) Angabe zur Lohnsumme des Betriebs reicht aus (summarisches Verfahren) ­ Rapport über die wirtschaftlich bedingten ­ Kein Rapport nötig Ausfallstunden (Auflistung pro Mitarbeiter/in)

1.3.2020­31.3.2022

Auszahlung der KAE

Betrieb erhält KAE, wenn er zeigt, dass er die Löhne und Sozialabgaben bezahlt hat

KAE kann noch vor Ablauf der Abrechnungsperiode ausbezahlt werden

20.3.2021­31.12.2022

Arbeitszeitkontrolle im Betrieb

Muss geführt werden, 5 Jahre aufbewahren

Muss geführt werden, 5 Jahre aufbewahren

Bis zu sechs Monate

1.3.2020­30.6.2021

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Regelung vor der Coronakrise

Regelung in der Coronakrise

Gültigkeit

Anpassungen in Dauer und Höhe der Kurzarbeitsentschädigung Entschädigter Lohn 80 %

Bis zu 100 % für Einkommen bis Fr. 4340

1.12.2020­31.12.2022

Mehrstunden

Müssen vorher mehrheitlich abgebaut werden

Müssen nicht vorher abgebaut werden

1.3.2020­31.3.2022

Einkommen aus Zwischenbeschäftigungen

Werden durch die ALK abgezogen

Werden nicht abgezogen

1.3.2020­31.3.2022

Maximale Dauer

12 Monate innerhalb von zwei Jahren

24 Monate innerhalb von zwei Jahren

1.7.2021­30.6.2022

Selbstbehalt für Betrieb

Karenzfrist von zwei Tagen, ab der 7. Abrechnungsperi- Karenzfrist abgeschafft ode drei Tage (1.7.­31.12.2021 ein Tag)

Arbeitsausfall im Betrieb

Mindestens 10 % je Abrechnungsperiode; innerhalb Mindestens 10 % je Abrechnungsperiode; Ausfälle 1.3.2020­31.3.2021 der Rahmenfrist (2 Jahre) maximal 4 Monaten mehr als von mehr als 85 % der betrieblichen Arbeitszeit und 1.1.­31.3.2022 85 % der betrieblichen Arbeitszeit werden nicht an die 4 maximal zulässigen Monate angerechnet

Ausweitung der Anspruchsberechtigten Angestellte von Kein Anspruch Temporärbüros Personen in Kein Anspruch arbeitgeberähnlicher Stellung und deren Partner/innen

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1.3.2020­30.6.2021 und 1.1.­31.3.2022

Anspruch

1.3.­ 31.8.2020

Anspruch

1.3.­ 31.5.2020

Personen in befristetem Arbeitsverhältnis

Regelung vor der Coronakrise

Regelung in der Coronakrise

Gültigkeit

Kein Anspruch

Anspruch

1.3.­31.8.2020 1.1.­30.9.2021 20.12.2021­31.3.2022

­ Wenn Betrieb der 2G+ Pflicht165 untersteht Personen mit stark schwankendem Beschäftigungsgrad (unbefristetes Arbeitsverhältnis)

Lernende

Berufsbildner/innen von Lernenden

Kein Anspruch

Kein Anspruch

Keine spezielle Regelung, gehen wie andere Mitarbeitende in KA

Personen in Privathaushalten Kein Anspruch

Anspruch

1.3.­31.8.2020 1.9.2020­30.6.2021

­ Wenn Betrieb auf behördliche Anordnung geschlossen ­ Wenn Betrieb der 2G+-Pflicht165 untersteht

1.7.­30.9.2021

Anspruch ­ Wenn Betrieb auf behördliche Anordnung geschlossen ­ Wenn Betrieb der 2G+-Pflicht165 untersteht

1.3.­31.8.2020 1.1.­30.9.2021

Können KA beziehen und weiterhin Lernende betreuen (Umsetzung der Motion Bühler 16.3884)

1.9.2020­31.12.2023

20.12.2021­31.3.2022

20.12.2021­31.3.2022

Kein Anspruch

Legende: Die Spalte zur Regelung vor der Coronakrise bezieht sich auf die Zeit vor März 2020; die Spalte zur Regelung in der Coronakrise bezieht sich auf die wichtigsten Anpassungen ab März 2020. Entscheide bis Juni 2022 sind berücksichtigt.

165

Bei der 2G+-Pflicht war der Zutritt zu bestimmten Innenräumen nur für die in den letzten vier Monaten geimpften bzw. genesenen Personen oder geimpften bzw. genesenen Personen in Kombination mit einem negativen Test erlaubt. Diese Bestimmung galt vom 20.12.2021 bis am 16.2.2022.

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BBl 2023 2599

Impressum Durchführung der Evaluation Dr. Luzia Helfer, PVK (Projektleitung ab 1.2.2022) Dr. Raoul Kaenzig, PVK (Projektleitung bis 31.1.2022) Dr. Simone Ledermann, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Selina Stoller, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Andreas Tobler, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit)

Befragung der Vollzugsstellen in den Kantonen (externes Mandat) Dr. Fabienne Liechti, Ecoplan Dr. Michael Marti, Ecoplan Rafaela Catena, Ecoplan

Dank Die PVK bedankt sich bei allen an der Evaluation beteiligten Personen, insbesondere bei den Mitarbeitenden der Direktion für Arbeit des SECO und der EFK für die Bereitstellung von Dokumenten sowie ihre Abklärungen und Auskünfte. Den Mitarbeitenden der Vollzugsstellen danken wir für die Teilnahme an der Umfrage und der Ecoplan AG für deren Durchführung und die gute Zusammenarbeit. Ein Dank gilt zudem allen weiteren Gesprächspartnerinnen und -partnern für ihre bereitwillige Teilnahme an den Interviews und für die erteilten Auskünfte.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > PVK Originalsprache des Berichtes: Deutsch

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