BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

Indiskretionen im Zusammenhang mit Covid-19-Geschäften des Bundesrates Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 17. November 2023 Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Januar 2024

Sehr geehrte Herren Kommissionspräsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 17. November 20231 betreffend «Indiskretionen im Zusammenhang mit Covid-19-Geschäften des Bundesrates» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Kommissionspräsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Januar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

1

BBl 2024 335

2024-0211

BBl 2024 336

BBl 2024 336

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Im Januar 2023 gelangten verschiedene Informationen aus einem Strafverfahren, das von einem von der Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft eingesetzten ausserordentlichen Staatsanwalt geführt wurde, an die Öffentlichkeit. Es handelte sich dabei namentlich um Inhalte aus Einvernahmeprotokollen und E-Mails des ehemaligen Kommunikationschefs des Eidgenössischen Departements des Inneren (EDI). Gemäss der Medienberichterstattung soll dieser wiederholt den CEO der Ringier AG mit verschiedenen Informationen zu Covid-19-Geschäften des Bundesrates bedient haben, die zum Zeitpunkt der Weitergabe dem Amtsgeheimnis unterlegen haben sollen.

Aufgrund der Medienberichte über diese mutmasslichen Indiskretionen haben die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) am 24. Januar 2023 entschieden, verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Häufung von Indiskretionen zu Covid-19-Geschäften des Bundesrates zu untersuchen.

In ihrem Bericht stellen die GPK gestützt auf eine Liste des Bundesrates und einer darauf basierenden Medienanalyse fest, dass Covid-19-Vorlagen des Bundesrates regelmässig Gegenstand von Indiskretionen waren. Die GPK halten ferner fest, der Bundesrat habe zwar verschiedene Massnahmen getroffen, um die Anzahl an Indiskretionen zu minimieren. Da diese Massnahmen jedoch nicht erfolgreich waren, seien sie kurz nach ihrer Einführung wieder eingestellt worden. Auch wenn das Thema der Indiskretionen in verschiedenen departementsübergreifenden Gremien und an Bundesratssitzungen angesprochen worden sei, seien dennoch keine weiteren Massnahmen ergriffen worden. Ferner hielten die GPK fest, es hätten alle angehörten Departementsvorsteherinnen und Departementsvorsteher betont, dass in ihren Departementen eine Nulltoleranz gegolten habe bzw. gelte. Um so erstaunlicher sei aus Sicht der GPK die Häufung der Indiskretionen. Ferner äusserten sich die GPK erstaunt darüber, dass mit Ausnahme des EDI keines der Departemente und auch nicht die Bundeskanzlei (BK) Strafanzeigen eingereicht hätten. Sie begrüssen aber in diesem Zusammenhang die Einsetzung einer Arbeitsgruppe durch den damaligen Bundeskanzler und die damit zusammenhängenden Aufträge des Bundesrates zur Bekämpfung von Indiskretionen. Die GPK stellten schliesslich fest, dass viele Indiskretionen die Diskussionen an Sitzungen des Bundesrates
betrafen. Sie vermuteten daher, dass ein Zusammenhang mit den Debriefings nach den Bundesratssitzungen besteht. Abschliessend äusserten die GPK ihr Bedauern, dass der Bundesrat es bisher nicht geschafft habe, die Problematik der Indiskretionen effektiver anzugehen. Mit Schreiben vom 17. November 2023 haben die GPK ihren Bericht an den Bundesrat überwiesen. Sie ersuchen den Bundesrat, bis zum 2. Februar 2024 zur ihren Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen.

2 / 10

BBl 2024 336

2

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat verurteilt jegliche Indiskretionen. Er begrüsst daher die Bemühungen der GPK, Indiskretionen seitens des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu verhindern.

Der Bundesrat hat verschiedene Massnahmen gegen Indiskretionen ergriffen. So hat er die BK beauftragt, bei Indiskretionen zu Bundesratsgeschäften konsequent Strafanzeigen bei der Bundesanwaltschaft einzureichen. Im Jahr 2023 erstattete die BK im Namen des Bundesrates zwölf Strafanzeigen gegen unbekannt.

Weiter hat der Bundesrat am 20. Februar 2023 gestützt auf einen Bericht der von der BK eingesetzten Arbeitsgruppe «Indiskretionen/Rechtsgrundlagen» die BK beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Departementen regelmässig die Notwendigkeit von Zugriffen auf die Datenbank der Bundesratsgeschäfte sowie die Anzahl der Zugriffsberechtigten zu prüfen, die Abwicklung von GEHEIM klassifizierten Geschäften zu optimieren und dem Bundesrat jährlich Bericht zu erstatten. Die BK hat dem Bundesrat am 10. Januar 2024 Bericht erstattet.

Ebenfalls am 20. Februar 2023 wurde die BK mit vertieften Abklärungen zu möglichen Massnahmen gegen Indiskretionen beauftragt. Gestützt auf diese Abklärungen hat der Bundesrat am 22. September 2023 die BK beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ein Merkblatt über die Aufklärung und Ahndung von Indiskretionen und Amtsgeheimnisverletzungen (Aufnahme von Sensibilisierungsmassnahmen, Durchführung formloser Untersuchungen, Möglichkeit einer Administrativuntersuchung, Erstattung von Strafanzeigen in schweren Fällen) zu erstellen und dem Bundesrat bis Ende Juni 2024 zur Kenntnis zu bringen. Gleichzeitig soll die BK Vorschläge unterbreiten, wie die Wirksamkeit der Sensibilisierungsmassnahmen gewährleistet werden kann. Zudem hat der Bundesrat die BK beauftragt, ihm bis Ende Juni 2024 eine Botschaft zur Änderung des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19972 (RVOG) zu unterbreiten, die den erleichterten Zugriff auf Randdaten von Systemen, die der Bearbeitung von Bundesratsgeschäften dienen, regelt.

Ebenfalls am 22. September 2023 wurde das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt zu prüfen, wie die Nutzung der bestehenden WhistleblowingMeldestelle der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) für die Meldung von Indiskretionen gestärkt werden
kann und ob die bestehenden Rechtsgrundlagen dafür ausreichend sind. Gestützt auf die Ergebnisse der Prüfung des EFD hat der Bundesrat am 22. Dezember 2023 das EFD beauftragt, den Verhaltenskodex Bundesverwaltung vom 15. August 2012 zu überarbeiten und dem Bundesrat bis zum 30. Juni 2024 neu vorzulegen. Dabei soll insbesondere die gesetzliche Verpflichtung der Bundesangestellten zur Erstattung von Anzeigen nach Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 20003 (BPG) deutlicher hervorgehoben und ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass Indiskretionen meldepflichtig sind. Weiter soll festgehalten werden, dass die Anzeige neben der Whistleblower-Meldestelle auch an die Vorgesetzten oder die Strafverfolgungsbehörde erfolgen kann. Ferner nahm der Bundesrat zur 2 3

SR 172.010 SR 172.220.1

3 / 10

BBl 2024 336

Kenntnis, dass die EFK bis zum 30. Juni 2024 Präzisierungen auf ihrer Whistleblower-Website vornehmen wird. Die Präzisierungen sollen klarstellen, dass Indiskretionen der EFK über die Whistleblowing-Meldestelle gemeldet werden können und wie gemeldete Personendaten bearbeitet werden. Schliesslich wurde das EFD beauftragt, die Rechtsgrundlagen für die Bearbeitung von Daten natürlicher und juristischer Personen bei Whistleblower-Meldungen zu erarbeiten und dem Bundesrat bis zum 30. Juni 2024 vorzulegen, damit sie noch in den laufenden Arbeiten zur Revision des BPG berücksichtigt werden können.

Zu den Empfehlungen des Berichts der GPK nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung: Empfehlung 1 Der Bundesrat sorgt in Zusammenarbeit mit der BK dafür, die Kriterien zur Durchführung eines Hintergrundgesprächs einerseits generell und andererseits im Krisenfall klar festzuhalten, rechtlich verbindlich zu regeln und den Kommissionen anzugeben, in welchem Produkt diese Empfehlung umgesetzt wird.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die bestehenden gesetzlichen Grundlagen betreffend die Amtsgeheimnisverletzung (Art. 320 des Strafgesetzbuchs4), die Vertraulichkeit der Beratungen im Bundesrat (Art. 21 RVOG), die Informationssicherheit (Art. 1 i. V. m. Art. 13 des Informationssicherheitsgesetzes vom 18. Dezember 20205; ISG) und die Nichtöffentlichkeit von Ämterkonsultationsunterlagen vor dem Entscheid des Bundesrates (Art. 8 Abs. 1 des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 20046; BGÖ) klar sind. Hintergrundgespräche sind in erster Linie vertrauliche und nicht zitierfähige Gespräche («off the record»), die der Kontextualisierung von Entscheiden dienen. Indiskretionen, also die Kommunikation von Informationen, die dem Amtsgeheimnis oder anderen Geheimhaltungsbestimmungen unterliegen, sind dabei verboten. Eine zusätzliche Regelung würde keinen Mehrwert bringen. Der Bundesrat lehnt Empfehlung 1 daher ab.

Empfehlung 2 Der Bundesrat sorgt dafür, dass eine konkrete gesetzliche Grundlage zur Löschung der E-Mails von austretenden Personen aus der Bundesverwaltung geschaffen wird. Hierbei soll er einen differenzierten Ansatz verfolgen, in dem die Löschfrist für Departementsvorsteherinnen und -vorsteher und weiterer Personen in Kaderfunktionen im Vergleich zu den heute geltenden 135 Tagen deutlich verlängert wird. Der Bundesrat soll dabei auch bestimmen, welche Personen als Kader im Sinne dieser Bestimmung gelten.

4 5 6

SR 311.0 SR 128 SR 152.3

4 / 10

BBl 2024 336

In ihrem Bericht vom 10. Oktober 20237 über die Archivierung und Ablage von Dokumenten sowie Verfahren bei Zugangsgesuchen nach BGÖ (allgemeine Abklärungen zu den Vorgaben und im Kontext des Vorwurfes von nicht auffindbaren E-Mails im GS-EDI) lädt die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) im Rahmen ihrer Empfehlung 2 den Bundesrat ein zu prüfen, ob im Falle der Beendigung der Anstellung beim Bund für die betroffenen Personen, insbesondere solche in höheren Kaderfunktionen, besondere Massnahmen im Hinblick auf die Einhaltung der Aufbewahrungs- und Archivierungspflicht sinnvoll sind. In der Empfehlung 3 des gleichen Berichts lädt die GPK-S den Bundesrat ein, die Möglichkeit zu prüfen, dass beim Weggang von Mitarbeitenden elektronische Daten länger verfügbar sind, um diese wiederherstellen zu können.

In seiner Stellungnahme vom 10. Januar 20248 zum Bericht der GPK-S führt der Bundesrat aus, dass er mit den beiden Empfehlungen einverstanden ist. Er hat daher das EJPD zusammen mit den weiteren mitinteressierten Stellen mit der Prüfung von besonderen Massnahmen betreffend die Aufbewahrungs- und Archivierungspflicht bis Ende 2024 beauftragt (Empfehlung 2 der GPK-S). Der Bundesrat hat zudem das EJPD beauftragt, in Zusammenarbeit mit den weiteren mitinteressierten Stellen bis Ende 2024 zu prüfen, ob die Frist von 135 Tagen für die Aufbewahrung von gelöschten Mails verlängert werden soll bzw. kann, um die elektronischen Daten ausgeschiedener Mitarbeitenden länger verfügbar zu machen (Empfehlung 3 der GPK-S).

Der Bundesrat ist somit bereit, die vorliegende Empfehlung 2 im Sinne seiner Stellungnahme zum Bericht der GPK-S als Prüfauftrag anzunehmen.

Empfehlung 3 Der Bundesrat wird aufgefordert zu prüfen, wie die Thematik der Indiskretionen häufiger aufgenommen und die laufenden Arbeiten der Arbeitsgruppe Indiskretionen/Rechtsgrundlagen genutzt werden könnten, um mit griffigeren Massnahmen tatsächlich eine Änderung herbeizuführen. Unter anderem ist dabei sicherzustellen, dass im Sinne einer Definition des Begriffes einer Indiskretion festgehalten wird, welche Informationen nicht mit Unberechtigten geteilt werden dürfen.

Wie bereits erwähnt, hat der Bundesrat am 22. September 2023 die BK und das EJPD beauftragt, bis Ende Juni 2024 ein Merkblatt über die Aufklärung und Ahndung von Indiskretionen
und Amtsgeheimnisverletzungen auszuarbeiten. Das Merkblatt soll namentlich Sensibilisierungsmassnahmen aufzeigen und auf die Anzeigepflicht nach Artikel 22a BPG, die Möglichkeit der Nutzung der Whistleblowing-Meldestelle der EFK, die Durchführung formloser Untersuchungen nach Artikel 24 der Regierungsund Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19989 (RVOV), die Möglichkeit einer Administrativuntersuchung und die Erstattung von Strafanzeigen in schweren Fällen hinweisen. Ferner wurde, wie ebenfalls erwähnt, das EFD am 22. Dezember 2023 beauftragt, den Verhaltenskodex Bundesverwaltung vom 15. Au7 8 9

BBl 2023 2703 BBl 2024 83 SR 172.010.1

5 / 10

BBl 2024 336

gust 2012 bis Ende 2024 zu überarbeiten und dem Bundesrat neu zu unterbreiten.

Schliesslich erstellt das Eidgenössische Personalamt zurzeit ein webbasiertes LernModul zur Korruptionsprävention, das auch die Problematik der Indiskretionen thematisieren wird. Die Absolvierung dieses Moduls wird für sämtliche Angestellten der Bundesverwaltung obligatorisch sein. Es ist vorgesehen, dass dieses Modul bis Mitte 2025 erscheinen wird. Damit ist Empfehlung 3 bereits teilweise erfüllt.

Hingegen lehnt es der Bundesrat ab, den Begriff der «Indiskretion» zu definieren, da dies zu problematischen Überschneidungen mit dem Begriff der «Amtsgeheimnisverletzung» führen würde. Zudem können mit einer solchen Definition kaum je alle möglichen Aspekte einer Indiskretion griffig erfasst werden. Welche Informationen nicht mit Unberechtigten geteilt werden dürfen, wird durch das ISG und die dazugehörigen Ausführungsverordnungen, weitere Bestimmungen des Bundesrechts (z. B. Art. 21 RVOG betreffend die Vertraulichkeit der Verhandlungen des Bundesrates und des Mitberichtsverfahrens und Art. 8 Abs. 1 BGÖ betreffend die Nichtöffentlichkeit von Ämterkonsultationsunterlagen vor dem Entscheid des Bundesrates) sowie spezialgesetzliche Geheimnisbestimmungen (z. B. das Steuergeheimnis) geregelt.

Empfehlung 4 Der Bundesrat und insbesondere die Bundeskanzlei sorgen dafür, dass die Bundesratsprotokolle in einer Art und Weise abgefasst sind, dass sie die Diskussion und die Beschlussfassung im Bundesrat in nachvollziehbarer Art und Weise wiedergeben.

Der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und die Beschlüsse des Bundesrates werden entsprechend den Vorgaben nach Artikel 13 Absatz 3 RVOG mit den Beschlussprotokollen, den Beschlussdispositiven und allen Akten inklusive Mitberichte, die zu den Beschlüssen geführt haben, durchgehend schriftlich, lückenlos und nachvollziehbar festgehalten, auch wenn kein eigentliches Wortprotokoll erstellt wird (vgl. Votum von Bundesrätin Widmer-Schlumpf zu Art. 13 Abs. 3 RVOG, Amtl. Bull. 2012 S 475). Die Bundesratsprotokolle geben somit nach Auffassung des Bundesrates bereits heute seine Diskussionen und die Beschlussfassung in nachvollziehbarer Weise wieder.

Der Bundesrat verweist zudem auf seine Stellungnahme zum Bericht der GPK vom 15. März 201310 zum Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Januar
2012. Demnach sollen die Mitglieder des Bundesrates «ohne Druck von aussen, in möglichst grosser Freiheit, ihre Gedanken äussern und ihre Überlegungen austauschen können, Meinungen diskutieren und insbesondere während der Beratungen auch wechseln können. Sie sollen sich nicht später dafür rechtfertigen müssen. In diesem Sinne wäre eine allzu ausführliche Protokollierung kontraproduktiv und könnte negative Auswirkungen auf die Qualität der Regierungsberatungen und der Regierungsbeschlüsse haben. Dies gilt insbesondere für eine Protokollierung der einzelnen Voten mit namentlicher Bezeichnung der Votantin oder des Votanten.» 10

BBl 2013 5723

6 / 10

BBl 2024 336

Der Bundesrat erachtet daher Empfehlung 4 als erfüllt.

Empfehlung 5 Der Bundesrat stellt sicher, dass neue Mitglieder des Bundesrates, neue Kommunikationsverantwortliche in den Departementen und neue Generalsekretärinnen und Generalsekretäre in genügendem Masse auf die Problematik der Indiskretionen sensibilisiert und geschult werden. Der Bundesrat wird aufgefordert, hierzu ein Konzept zu erarbeiten. Dieses soll auch das Thema der Briefings und Debriefings von Bundesratssitzungen, sowie des Informationsflusses zur eigenen Partei enthalten und ist den Kommissionen vorzulegen. Falls ein solches Konzept bereits besteht, bitten die Kommissionen um dessen Zustellung.

Der Bundesrat ist bereit, Empfehlung 5 teilweise anzunehmen. Bereits heute werden neu gemäss ständiger Praxis eintretende Personen, insbesondere solche, die leitenden Positionen übernehmen, in Bezug auf die Problematik der Indiskretionen sensibilisiert. Um die Sensibilisierung zu stärken werden die BK und das EJPD gemäss dem oben erwähnten Auftrag des Bundesrates vom 22. September 2023 bis Ende Juni 2024 ein Merkblatt über Massnahmen gegen Indiskretionen ausarbeiten. In dieses Dokument können namentlich auch Sensibilisierungsmassnahmen gegen Indiskretionen beim Eintritt von neuen Magistratspersonen und ihren engsten Mitarbeitern aufgenommen werden. Die Ausarbeitung eines zusätzlichen Konzepts neben dem Merkblatt ist aus Sicht des Bundesrates nicht nötig.

Empfehlung 6 Der Bundesrat und die Bundeskanzlei werden aufgefordert, die Regelungen im Zusammenhang mit dem Mitberichtsverfahren zu konkretisieren und darauf hinzuweisen, dass nur aus sehr wichtigen Gründen auf schriftliche Mitberichte verzichtet werden sollte.

Vorab hält der Bundesrat fest, dass während der Covid-19-Pandemie von den Departementen und der BK überdurchschnittlich viele Mitberichte eingereicht wurden.

Der Bundesrat teilt die Einschätzung der GPK, dass es für eine gute Sitzungsführung und Entscheidungsfindung wichtig ist, dass Anträge bereits vor der Sitzung in der Form eines schriftlichen Mitberichtes vorliegen. Die geltenden Regeln (insb. die Regeln zum Mitberichtsverfahren in den Richtlinien für Bundesratsgeschäfte) bringen dies bereits heute zum Ausdruck. In der Praxis funktioniert das gut. Selbstverständlich können die Mitglieder des Bundesrates an einer Bundesratssitzung
aber auch mündliche Anträge stellen, indem sie beispielweise die Unterstützung eines Mitberichts beantragen.

Die neuen Mitglieder des Bundesrates werden bei der Einführung auf die Vorgaben und die Praxis aufmerksam gemacht. In diesem Sinne betrachtet der Bundesrat Empfehlung 6 als erfüllt.

7 / 10

BBl 2024 336

Empfehlung 7 Der Bundesrat und die Bundeskanzlei werden aufgefordert, Leitlinien für die Durchführung von Debriefings zu den Sitzungen des Bundesrates in den Departementen und in der Bundeskanzlei zu erarbeiten und diese umzusetzen. Ziel hierbei ist es, dass diese Debriefings möglichst homogen stattfinden. Die Einarbeitung eines neuen Mitglieds des Bundesrates soll künftig auf der Basis dieser Leitlinien erfolgen.

Der Bundesrat lehnt Empfehlung 7 ab. Die Departemente und die BK sind je nach Grösse und Aufgabenbereich unterschiedlich organisiert. Für alle Departemente und die BK einheitliche und verbindliche Leitlinien über die Durchführung von Debriefings sind schon aus diesem Grund kaum sinnvoll. Zudem dürften sie kaum durchsetzbar sein. Der Bundesrat verweist auch hinsichtlich dieser Empfehlung auf den Auftrag an die BK und das EJPD, bis Ende Juni 2024 ein Merkblatt über Massnahmen gegen Indiskretionen auszuarbeiten. Im Rahmen dieser Arbeiten wird geprüft werden, ob Empfehlungen zur Durchführung von Debriefings in das Merkblatt aufgenommen werden sollen.

Empfehlung 8 Der Bundesrat wird aufgefordert, Indiskretionen in regelmässigen Abständen sowie beim Anschein eines groben Vertrauensverlustes innerhalb des Bundesrates, im Rahmen einer allgemeinen Aussprache zu thematisieren. Dabei soll insbesondere Empfehlung 4 Rechnung getragen und ein ausführliches Protokoll im Sinne von Artikel 13 Absatz 3 RVOG erstellt werden, das auch über den Beschluss bzgl.

allfälliger Massnahmen und des weiteren Vorgehens Rechenschaft ablegt.

Die Bundeskanzlei wird gebeten, aufzuzeigen, welche Rolle ihr betreffend die Beobachtung und Beratung des Bundesrates zukommen könnte.

Der Bundesrat behandelt das Thema Indiskretionen bereits heute regelmässig an seinen Sitzungen. Er beauftragt die BK regelmässig mit der Einreichung von Strafanzeigen bei Indiskretionen im Zusammenhang mit Bundesratsgeschäften. Weiter unterbreitet die BK dem Bundesrat periodisch eine Übersicht der Bundesanwaltschaft über den Stand der Verfahren, die im Auftrag des Bundesrates eingeleitet wurden. Die Übersicht gibt Auskunft darüber, ob die Strafverfahren pendent, sistiert, oder erledigt sind. Auf weitere Informationen haben Bundesrat und BK aufgrund der geltenden Regeln der Strafprozessordnung keinen Anspruch. Schliesslich berät die BK den Bundesrat
beim Umgang mit Indiskretionen; ein Beispiel dafür ist die oben erwähnte Arbeitsgruppe Indiskretionen/Rechtsgrundlagen. Was die Erstellung des Protokolls betrifft, kann auf die Stellungnahme zu Empfehlung 4 verwiesen werden. Somit ist Empfehlung 8 aus Sicht des Bundesrates erfüllt.

8 / 10

BBl 2024 336

Empfehlung 9 Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher stellen sicher, dass sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb des Departementes (inklusive Bundesämter, Staatssekretariate, etc.) und der Bundeskanzlei breit und in periodischen Abständen wiederkehrend für das Thema der Indiskretionen sensibilisiert werden.

Die Vorsteherinnen und Vorsteher sowie der Bundeskanzler erstatten zu den konkret ergriffenen oder geplanten Massnahmen Bericht an die Bundeskanzlei.

Was die Sensibilisierungsmassnahmen zum Thema Indiskretionen angeht, verweist der Bundesrat auch hinsichtlich Empfehlung 9 auf den Auftrag an die BK und das EJPD, bis Ende Juni 2024 ein Merkblatt über Massnahmen gegen Indiskretionen auszuarbeiten. Die BK wird das Merkblatt dem Bundesrat zur Kenntnis zu bringen und ihm gleichzeitig Vorschläge unterbreiten, wie die Wirksamkeit der Sensibilisierungsmassnahmen gewährleistet werden kann. Zudem weist der Bundesrat auf seinen Auftrag an das EFD hin, ebenfalls bis Ende Juni 2024 den Verhaltenskodex Bundesverwaltung vom 15. August 2012 zu überarbeiten. Weiter verweist der Bundesrat auf die Stellungnahmen zu den Empfehlungen 3, 5 und 7. Somit erachtet er Empfehlung 9 in diesem Punkt als erfüllt.

Die Einführung einer Berichterstattungspflicht der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher über die Massnahmen gegenüber der BK erscheint hingegen nicht stufengerecht und administrativ zu aufwendig im Vergleich zum zu erwartenden Nutzen.

Der Bundesrat lehnt daher Empfehlung 9 in Bezug auf die Berichterstattungspflicht ab.

9 / 10

BBl 2024 336

10 / 10