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24.017 Botschaft zum Gütertransportgesetz (Totalrevision des Bundesgesetzes über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen) vom 10. Januar 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Totalrevision des Gütertransportgesetzes und die Entwürfe folgender Bundesbeschlüsse: ­

Bundesbeschluss über den Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene,

­

Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene,

­

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für die Abgeltung des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2020 M 20.3221 Durch Automation Güter auf der Schiene effizienter transportieren (S 04.05.2020) 2020 M 20.3222 Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses (S 04.05.2020) 2020 M 20.3286 Förderung des Gütertransports auf dem Rhein (S 05.05.2020) 2021 P

21.3198 Gütertransport. Warum nicht die bestehenden Eisenbahnanlagen besser nutzen?

(S 16.03.2021)

2024-0113

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Januar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Übersicht Das Parlament hat den Bundesrat mit verschiedenen Motionen beauftragt, die Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr in der Fläche neu auszurichten. Mit dieser Botschaft werden Massnahmen vorgeschlagen, die eine Stärkung des Schienengüterverkehrs zur Folge haben, sodass dieser einen grösseren Beitrag zur Gewährung der Versorgungssicherheit und an die Erreichung der Ziele des Bundes in der Umwelt- und Energiepolitik leisten kann. Auch die Güterschifffahrt soll mit gezielten Massnahmen gestärkt werden.

Ausgangslage Mit den Motionen Dittli vom 4. Mai 2020 (20.3221 «Durch Automation Güter auf der Schiene effizienter transportieren» und 20.3222 «Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses») hat das Parlament dem Bundesrat Aufträge erteilt, die eine Neuausrichtung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr erforderlich machen. Mit der Motion Herzog vom 5. Mai 2020 (20.3286 «Förderung des Gütertransports auf dem Rhein») besteht ein weiterer Auftrag für eine Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen des Güterverkehrs, der ebenfalls Gegenstand dieser Vorlage ist.

Mit der letzten Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG), die 2016 in Kraft trat, erfolgte letztmals eine umfassende Überprüfung und Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Güterverkehr. Das mit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes festgelegte Instrumentarium konnte bis heute nicht die gewünschten Impulse für eine umfassendere Nutzung des Schienengüterverkehrs und einen anhaltend höheren Marktanteil der Schiene im Gütertransport setzen. Dies ist in erster Linie durch die Wettbewerbssituation im Güterverkehrsmarkt auf Strasse und Schiene bedingt, die es Eisenbahnverkehrsunternehmen erschwert, aus der normalen Geschäftstätigkeit attraktive neue Angebote zur Gewinnung neuer Kunden und zusätzlicher Transportmengen aufzubauen.

Inhalt der Vorlage Im Zentrum der Vorlage steht die unter Aspekten der Transportlogistik, Versorgungssicherheit und Regionalpolitik wichtige Frage nach der Zukunft des Einzelwagenladungsverkehrs und dessen Modernisierung. Für die Umsetzung sind zwei unterschiedliche Stossrichtungen denkbar, die der Bundesrat in Vorbereitung dieser Vorlage in die Vernehmlassung gegeben hat. Die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung zeigen, dass von vielen Seiten mittel- bis
langfristig ein Potenzial in einem umfassenden Angebot des Schienengüterverkehrs geortet wird. Auch ist die Redundanz des heutigen Güterverkehrsangebots auf Strasse und Schiene für die Versorgungssicherheit der Schweiz wichtig. Dies spricht für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Angebote im Schienengüterverkehr mit geeigneten verkehrspolitischen Massnahmen, um so auch in Zukunft die volkswirtschaftlichen Vorteile des Bahngüterverkehrs für die Schweiz ausnützen zu können.

Zugleich besteht weiterhin hohe Unsicherheit, ob der Strassengüterverkehr in der Lage ist, durch technische Weiterentwicklungen zeitnah und signifikant einen Beitrag 3 / 128

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zur Dekarbonisierung der Wirtschaft zu leisten und Gütertransportangebote, die heute durch den Schienengüterverkehr erbracht werden, in gleicher Angebotsqualität und zu vergleichbaren Preisen und ohne grössere Auswirkungen auf Raum und Umwelt zu erbringen.

Die Vorlage umfasst somit eine Neuausrichtung der Rahmenbedingungen für den Gütertransportmarkt und hier insbesondere den Bahngüterverkehr. Dies in Form einer Neuformulierung der Zielsetzungen und eines diesen entsprechenden Massnahmenpakets, welches eine Stärkung von Schiene und Rheinschifffahrt anstrebt und bestimmte Transportangebote sicherstellt.

Unter Gesichtspunkten der Transportlogistik, Versorgungssicherheit und Regionalpolitik soll mit dieser Vorlage das Ziel- und Massnahmenspektrum des GüTG so angepasst werden, dass eine massgebliche Verminderung der Treibhausgasemissionen des Gütertransports und eine nachhaltige Nutzung von Raum und Umwelt angestrebt wird und hierbei der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs eine massgebliche Rolle zukommt. Die Vorlage umfasst dabei folgende Massnahmen: 1)

Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr durch die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK);

2)

Weiterentwicklung und finanzielle Förderung des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) als Netzwerkangebot im Schienengüterverkehr;

3)

Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr;

4)

Stärkere Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung des Bundes und der Kantone;

5)

Stärkung der Rheinschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten;

6)

Anreize für den Einsatz dekarbonisierter Antriebe bei Fahrzeugen des Schienengüterverkehrs und der Güterschifffahrt.

Zentraler Gegenstand der Vorlage ist somit eine Totalrevision des Gütertransportgesetzes. Wesentlichste materielle Änderungen sind die Anpassung der Zielsetzungen, die Ergänzung der Fördertatbestände für den EWLV, die Einführung der DAK, die Stärkung der Rheinschifffahrt sowie Anreize für den Einsatz von dekarbonisierten Antrieben im Schienengüterverkehr und in der Güterschifffahrt.

Zur Umsetzung der finanziellen Förderung des EWLV und der Einführung der DAK werden zwei Bundesbeschlüsse über Verpflichtungskredite beantragt. Darüber hinaus soll die Ausgabensteuerung für die Beteiligung des Bundes an der Bestellung von Gütertransportangeboten der Kantone neu über einen Zahlungsrahmen erfolgen. Hierfür wird ebenfalls ein Bundesbeschluss beantragt.

Die mit den zusätzlichen Fördermassnahmen verbundenen Mehrausgaben für den Bund werden ­ sobald diese anfallen und in den Finanzplan aufgenommen werden ­ durch eine Kürzung der Einlage aus dem Bundesanteil am Reinertrag der LSVA in den Bahninfrastrukturfonds BIF vollständig gegenfinanziert, sodass dem Bundeshaushalt keine Mehrbelastung entsteht.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

9 9

Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.1.1 Bedeutung des Gütertransportmarkts in der Schweiz heute und zukünftig 1.1.2 Parlamentarische Vorstösse zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr 1.1.3 Totalrevision des Gütertransportgesetzes 2016 und ihre Wirkungen 1.1.4 Der Gütertransportmarkt in der Schweiz 1.1.5 Verkehrsträgerbetrachtung 1.1.6 Volkswirtschaftliche Bedeutung des Schienengüterverkehrs heute 1.1.7 Die bestehenden Instrumente der öffentlichen Hand ­ aktuelle Rahmenbedingungen für den Gütertransport 1.1.8 Marktprognose für den Güterverkehr 1.1.9 Beurteilung der Zukunftsfähigkeit: Identifikation des Handlungsbedarfs im Gütertransportmarkt 1.1.9.1 Mangelnde Innovationen im Schienengütertransport: Chancen der Automatisierung nutzen 1.1.10 Mit der Modernisierung kann die Eigenwirtschaftlichkeit des Netzwerkangebots hergestellt werden 1.1.11 Komplexität und Inflexibilität behindern Multimodalität: Multimodale Angebote erleichtern 1.1.12 Fehlende Aufmerksamkeit für den Güterverkehr: Position des Gütertransports in Infrastruktur- sowie Raumplanung stärken 1.1.13 Fehlende Verankerung der nationalen Bedeutung der Rheinschifffahrt: Rheinhäfen als Infrastrukturen von nationaler Bedeutung weiterentwickeln 1.1.14 Transportketten sind auch auf Schiene und Schiff noch nicht durchgängig dekarbonisiert: Anreize für den Einsatz innovativer Antriebstechnologien 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.2.1 Geprüfte Alternativen 1.2.2 Gewählte Lösung: Stärkung des Güterverkehrs durch Modernisierung des schweizerischen Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt 1.2.3 Verworfene Varianten 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung, zur Finanzplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

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2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

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Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

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Grundzüge der Vorlage 4.1 Stärkung des Güterverkehrs durch technische und organisatorische Modernisierung des schweizerischen Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt 4.1.1 Anpassung der Ziele des Bundes im Güterverkehr 4.1.2 Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr 4.1.2.1 Ziel der Massnahme: Koordinierte Migration zur digitalen automatischen Kupplung 4.1.2.2 Vorgeschlagene Massnahme: Investitionsbeiträge des Bundes für die Migration zur digitalen automatischen Kupplung 4.1.3 Weiterentwicklung und finanzielle Förderung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr 4.1.3.1 Ziel der Massnahme: Der EWLV soll gezielt als Netzwerkangebot im Schienengüterverkehr modernisiert und weiterentwickelt werden 4.1.3.2 Vorgeschlagene Massnahme: Einführung einer befristeten Leistungsvereinbarung mit dem Netzwerkanbieter zur Modernisierung des EWLV als Netzwerkangebot 4.1.3.3 Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr 4.1.3.4 Ziel der Massnahmen: Stärkung multimodaler Transportketten und einfacher Zugang zu den Leistungen des Schienengüterverkehrs 4.1.3.5 Vorgeschlagene Massnahmen: Ausweitung und Vereinfachung der Finanzierung von Umschlags- und Verladeanlagen und Einführung eines Verladebonus 4.1.4 Stärkere Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung des Bundes und der Kantone 4.1.4.1 Ziel der Massnahme: Stärkung der Anliegen des Güterverkehrs in den raumplanerischen Instrumenten von Bund und Kantonen 4.1.4.2 Vorgeschlagene Massnahme: Gleichberechtigte Berücksichtigung des Güterverkehrs in den bestehenden Instrumenten der Raumplanung des Bundes und der Kantone 4.1.5 Stärkung der Rheinschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten

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4.1.5.1

4.2 4.3 5

6

Ziel der Massnahme: Sicherung und Stärkung der Hafeninfrastruktur zur Einbindung der Rheinschifffahrt in multimodale Transportketten 4.1.5.2 Vorgeschlagene Massnahme: Steuerung über eine Leistungsvereinbarung mit der Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur 4.1.6 Anreize für den Einsatz dekarbonisierter Antriebe in Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt 4.1.6.1 Ziel der Massnahme: Beschleunigung der Diffusion dekarbonisierter Antriebe im Schienengüterverkehr und in der Güterschifffahrt 4.1.6.2 Vorgeschlagene Massnahme: Finanzielle Unterstützung der Umrüstung durch Beiträge des Bundes Abstimmung von Aufgaben und Finanzen Umsetzungsfragen

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Einbettung der Vorlage 5.2 Gütertransportgesetz 5.3 Schwerverkehrsabgabegesetz (SVAG) 5.4 Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel (MinVG) 5.5 Eisenbahngesetz (EBG) 5.6 Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene 5.7 Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene 5.8 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für die Abgeltung des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene

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Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5 Auswirkungen auf die Umwelt 6.6 Andere Auswirkungen

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7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 7.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 7.7 Bedeutung der Subvention für die Erreichung der angestrebten Ziele 7.8 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.9 Datenschutz

120 120 121 122 122 122 123 123 124 124

Abkürzungsverzeichnis

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Glossar

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Bundesgesetz über den Transport von Gütern auf der Schiene, auf dem Wasser und mit Seilbahnen (Gütertransportgesetz, GüTG) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene (Entwurf)

BBl 2024 302

Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene (Entwurf)

BBl 2024 303

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für die Abgeltung des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1

Bedeutung des Gütertransportmarkts in der Schweiz heute und zukünftig

Der Güterverkehr in der Schweiz stellt leistungsfähige und effiziente Logistikketten sicher Das Gesamtverkehrssystem im Güterverkehr stellt leistungsfähige und effiziente Logistikketten sicher. Darüber hinaus trägt es wesentlich zur nationalen Versorgungssicherheit bei. Im Ergebnis unterstützt das Gesamtverkehrssystem so die Wettbewerbsfähigkeit der in der Schweiz erbrachten industriellen Produktion und Dienstleistungen. Die Verkehrsinfrastrukturen und die Angebote im Gütertransport ermöglichen es, die Logistikketten entsprechend den Anforderungen der Wirtschaft und mit den Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung weiterzuentwickeln. Die verschiedenen Potenziale der unterschiedlichen Verkehrsträger*1 ­ vor allem hinsichtlich Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Bündelungs- und Vernetzungsmöglichkeiten ­ können sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich vorteilhaft genutzt und intelligent kombiniert werden. So werden Angebote möglich, welche die Vorteile von Strassen-, Schienen- und Schiffsgüterverkehr sowie allenfalls eines unterirdischen Gütertransportsystems je nach Anforderungen für die unterschiedlichen Warentransporte in geeigneter Weise zusammenfügen.

Die aktuellen Rahmenbedingungen im Güterverkehr sind angesichts der geänderten Anforderungen der Verkehrs-, Umwelt- und Energiepolitik sowie der Versorgungssicherheit zu überprüfen Unter der Prämisse der Wirtschaftsfreiheit sowie der Wettbewerbsneutralität staatlichen Handelns soll im Güterverkehr aus ordnungspolitischen Gründen möglichst der Markt das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, die Ausgestaltung der verschiedenen Transportangebote und der Preisbildung steuern. Der Bund gibt bis anhin den allgemeinen Rahmen vor, innerhalb dessen die wirtschaftlichen Prozesse des Logistikmarktes ablaufen.

Zugleich steht der Güterverkehr zunehmend im Fokus der umwelt-, energie- und versorgungspolitischen Herausforderungen: Alle Wirtschaftssektoren, also der Verkehr allgemein und der Gütertransport im Speziellen, sind gefordert, auch einen massgeblichen Beitrag zum Erreichen der klimapolitischen Ziele der Schweiz zu leisten. Dies ist in der langfristigen Klimastrategie 20502 des Bundes festgehalten. Aus der Energiestrategie 20503 leitet sich zugleich das Erfordernis der Berücksichtigung von Aspekten der Energieeffizienz für den Gütertransport ab.

1 2 3

Die mit einem Sternchen versehenen Begriffe werden im Glossar erklärt.

Klimastrategie 2050. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Umwelt > Klimaschutz.

Energiestrategie 2050. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Energie.

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Auch rückt der Güterverkehr in Verbindung mit Fragen der Versorgungssicherheit in den Vordergrund. Die aktuellen globalen Krisen (Covid-19-Pandemie, UkraineKrieg) und damit verbundene Entwicklungen (Entwicklung der Energiepreise, Unterbrechung der Lieferketten) unterstreichen hier insbesondere die Systemrelevanz leistungsfähiger Gütertransportsysteme. Logistik- und Transportleistungen* müssen durch geeignete verkehrspolitische Massnahmen befähigt werden, angesichts solcher Entwicklungen die Güterversorgung mit der nötigen Resilienz und Robustheit sicherzustellen.

Die Anforderungen der Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik an den Gütertransport verlangen so nach einer Standortbestimmung zur Schweizer Güterverkehrspolitik und einer Überprüfung der politischen Rahmenbedingungen für den Güterverkehrsmarkt.

Politische Standortbestimmung zur zukünftigen Ausrichtung des Schweizer Güterverkehrs Die vorliegende politische Standortbestimmung zeigt Möglichkeiten und Instrumente auf, wie der Güterverkehrsmarkt befähigt werden kann, die Erwartungen aus Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik zu erfüllen. Die aus diesen Politikbereichen erwachsenden Anforderungen sollten sich in direkter und indirekter Weise auf die zukünftige Ausrichtung des Gütertransports auswirken: ­

Die Versorgungssicherheit verlangt redundante und robuste Infrastrukturen und Transportangebote.

­

Aus der Umwelt- und Energiepolitik erfolgt die Erwartung möglichst CO2freier und emissionsfreier Transportketten von der Quelle bis zum Ziel des Transports.

­

Aus der Energiepolitik folgt, dass die Transporte möglichst energieeffizient erfolgen sollen.

Umweltfreundliche, dekarbonisierte und energieeffiziente Transportangebote können nur eine Wirkung entfalten, wenn sie möglichst umfassend für alle Nachfrager von Gütertransportleistungen, also in erster Linie Verlader, zur Verfügung stehen. Hier ist der Ansatzpunkt für das Handeln der Verkehrspolitik gegeben: Die Rahmenbedingungen für Gütertransporte sollen so ausgestaltet werden, dass sowohl die Anforderungen aus Umwelt- und Energiepolitik abgebildet als auch die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft in grösstmöglichem Ausmass befriedigt werden können.

Die aktuell im Gütertransportmarkt zu beobachtenden Entwicklungen sind zu berücksichtigen: Für die verladende Wirtschaft gewinnt die Integration, Steuerung und Beherrschbarkeit der Transportketten an Bedeutung. Hierfür werden die Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung vermehrt genutzt. Zugleich können mit dem Trend zu Automatisierung und Digitalisierung bestehende Gütertransportangebote auf den verschiedenen Verkehrsträgern teils effizienter, zuverlässiger oder ergänzt um zusätzliche Dienstleistungen und Anwendungen erbracht werden.

Zugleich sind auch die zu transportierenden Güter und Güterströme angesichts der umwelt- und energiepolitischen Herausforderungen im Wandel. Auch in Verbindung mit Lehren aus den globalen Krisen (Covid-19, Ukraine-Krieg) wird die Produktelandschaft und die Arbeitsteilung in den kommenden Jahren einem Wandel unterwor10 / 128

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fen sein: Aus der Tatsache, dass andere Produkte hergestellt werden oder Produkte anders hergestellt werden, folgt, dass andere Güter, Vorprodukte und Investitionsgüter ­ dies teils zwischen anderen Standorten ­ transportiert werden.

Hinzu kommen Aspekte der Versorgungssicherheit: Als Erkenntnis aus den globalen Krisen werden erhöhte Anforderungen an die Robustheit und Resilienz der Logistikketten und in der Folge auch der verschiedenen Angebote im Gütertransport gestellt.

Die Krisen führten dazu, dass Logistikketten in kürzester Zeit angepasst werden mussten, da die Güter auf anderen Routen, anderen Verkehrsträgern oder unter erhöhten Anforderungen transportiert werden mussten. Als Konsequenz wird erwartet, dass Redundanzen bei den Angeboten und den Transportinfrastrukturen bzw. Verkehrsträgern bestehen und die Systemrelevanz eines leistungsfähigen Gütertransports sich auch in der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen widerspiegelt.

Die vorliegende Totalrevision des Gütertransportgesetzes ist Folge dieser grundsätzlichen politischen Standortbestimmung zur Frage der Ausgestaltung der zukünftigen Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr. Die mit dieser Vorlage beantragten Rechtsanpassungen und Finanzbeschlüsse sollen massgeblich dazu beitragen, dass der Schweizer Güterverkehr einen signifikanten Beitrag zur Dekarbonisierung leisten kann, ohne dass andere bisherige Zielsetzungen der Verkehrspolitik wie das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger und die nachhaltige Entwicklung des Schienengüterverkehrs in Frage gestellt werden. Gleichzeitig soll damit die Versorgungssicherheit der Schweiz mit Blick auf die Güterversorgung in der Schweiz und wichtige Import- und Exportströme weiterhin gewährleistet werden.

Der Fokus dieser Vorlage liegt auf der Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs, der Güterschifffahrt auf dem Rhein sowie der Entwicklung multimodaler Angebote, die unter Inanspruchnahme verschiedener Verkehrsträger erbracht werden. Strasse und Schiene sind dabei ohne Frage weiterhin die tragenden Säulen für den Gütertransport in der Schweiz. Die auch zukünftig tragende Rolle des Strassengüterverkehrs, insbesondere mit Blick auf die Feinverteilung, bleibt hierbei unbestritten. Die Frage ist folglich, wie die für die Volkswirtschaft wichtige gegenseitige Ergänzung von Strassen-
und Schienengüterverkehr und teilweise Rheinschifffahrt zu entwickeln ist.

Die Rolle des Staates für die Weiterentwicklung des Güterverkehrsmarktes muss überprüft werden Mit den geltenden Rahmenbedingungen für den Gütertransportmarkt ist absehbar, dass unter anhaltender Gewährleistung der Versorgungssicherheit keine rasche Transformation zu dekarbonisierten und die Energieeffizienz steigernden Angeboten erfolgt. Der Bundesrat formuliert daher mit dieser Vorlage für den Gütertransport angepasste Zielsetzungen und schlägt ergänzende Massnahmen vor, damit diese Transformation für den gesamten Transportmarkt und in der Arbeitsteilung zwischen den Verkehrsträgern durch den Bund initiiert, intensiviert oder gesteuert werden kann.

Mit dieser Vorlage wird beantragt, Handlungsmöglichkeiten und Rollenwahrnehmung des Bundes im Güterverkehrsmarkt anzupassen: Es wird als Aufgabe des Staates gesehen, durch gezielte und steuernde Massnahmen sicherzustellen, dass Gütertransportangebote bereitgestellt werden, die unter dem Aspekt der Umwelt- und Energiepolitik sowie weiteren umwelt- und versorgungspolitischen Gründen gewünscht werden, auch wenn durch den Bund weiterhin Anreizinstrumente bevorzugt 11 / 128

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werden, mit denen es Sache der im Markt agierenden Unternehmen ist, Angebote zu entwickeln und bereitzustellen.

1.1.2

Parlamentarische Vorstösse zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr

Das Parlament hat den Bundesrat in verschiedenen Vorstössen mit einer Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Güterverkehr beauftragt. Diese Vorstösse betreffen mehrere Bereiche des Güterverkehrs, fokussieren aber auf den Schienengüterverkehr und die Multimodalität, also auf die Möglichkeit von Transportketten mit Inanspruchnahme verschiedener Verkehrsträger: Mit der Motion Dittli 20.3221 «Durch Automation Güter auf der Schiene effizienter transportieren» ist der Bundesrat beauftragt, dem Parlament ein Konzept für die Finanzierung und für die koordinierte Umsetzung technischer Neuerungen, aufbauend auf der digitalen automatischen Kupplung, zu unterbreiten. Mit diesem Konzept und der Finanzierung und Umsetzung der technischen Neuerungen soll der Schienengüterverkehr befähigt werden, sich stärker in die multimodalen Logistikketten zu integrieren.

Die Motion Dittli 20.3222 «Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2Ausstosses» fordert den Bundesrat auf, einen Massnahmenplan zu unterbreiten ­ gegebenenfalls mit gesetzlichen Anpassungsvorschlägen ­, mit dem dargelegt wird, wie der Bahngüterverkehr und multimodale Logistiklösungen stärker zur Senkung des CO2-Ausstosses im Güterverkehr beitragen können.

Im gleichen Kontext verlangt das Postulat Grossen 20.4627 «Fossilfreien Verkehr bis 2050 ermöglichen» aufzuzeigen, welche gesetzlichen Grundlagen nötig sind, um einen im Betrieb vollständig fossilfreien Verkehr ­ auch im Bereich des Güterverkehrs ­ bis spätestens 2050 zu ermöglichen. Massnahmen zur Stärkung des Gütertransports auf der Schiene sind hier wesentlich.

Die Motion Herzog 20.3286 «Förderung des Gütertransports auf dem Rhein» beauftragt den Bundesrat, dem Parlament eine Konzeption für die zukünftige Förderung des Gütertransports auf dem Rhein vorzulegen. Der Bundesrat soll in diesem Rahmen Massnahmen vorschlagen, wie die Rheinschifffahrt angesichts der Herausforderungen der sich wandelnden Umweltbedingungen weiterhin ihre bedeutende verkehrspolitische Rolle, nicht zuletzt auch zur Sicherung der Landesversorgung der Schweiz, wahrnehmen kann. Der Bundesrat hat ­ falls erforderlich ­ dem Parlament eine Vorlage mit den notwendigen Anpassungen der Rechtsgrundlagen, allenfalls verbunden mit einer Kreditvorlage, vorzulegen.

Die Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe
ist Gegenstand einer separaten Vorlage Auf Seiten des Strassengüterverkehrs ist die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) die zentrale Rahmenbedingung, um die Arbeitsteilung zwischen der Strasse und der Schiene durch die Anlastung der Kosten des Schwerverkehrs für die 12 / 128

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Allgemeinheit zu beeinflussen. Angesichts der gestiegenen umwelt- und energiepolitischen Anforderungen stellt sich auch bezüglich der LSVA die Frage, wie deren Ausgestaltung den Trend zu einem dekarbonisierten und energieeffizienten Gütertransport unterstützen kann.

Im März 2021 hat das Parlament hierzu die Motion KVF-S 19.4381 «Rahmenbedingungen für emissionsärmere Nutzfahrzeuge» überwiesen. Mit dieser Motion ist der Bundesrat beauftragt, Gesetze und Verordnungen im Bereich von Nutzfahrzeugen regelmässig den neuen technologischen Entwicklungen anzupassen. Damit sollen vorteilhafte Rahmenbedingungen geschaffen werden mit dem Ziel, die Umstellung auf fossilfrei angetriebene Nutzfahrzeuge nicht regulatorisch zu hemmen, sondern eher zu fördern.

In einem ersten Schritt schlägt der Bundesrat mit der «Botschaft zur Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024» vom 16. September 2022 vor, elektrisch betriebene schwere Nutzfahrzeuge bis 2030 von der LSVA zu befreien. Das Geschäft befindet sich aktuell in den parlamentarischen Beratungen.4 Die Umsetzung der Motion 19.4381 erfordert darüber hinaus eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Bemessung und Tarifierung der LSVA, was wiederum mit einer umfassenden Revision des Schwerverkehrsabgabegesetzes vom 19. Dezember 19975 (SVAG) und der einschlägigen Bestimmungen des Abkommens vom 21. Juni 19996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse (nachfolgend Landverkehrsabkommen) verbunden ist. Diese Rechtsanpassungen sind Gegenstand einer separaten Vorlage. Im Verlagerungsbericht 2021 hat der Bundesrat hierzu die zentralen Stossrichtungen bereits dargelegt.7 Die Bemessung der LSVA soll weiterhin nach zurückgelegter Fahrdistanz, dem zulässigen Höchstgewicht und der Schadstoffkategorie der Fahrzeuge erfolgen. Die im Landverkehrsabkommen enthaltenen Höchstsätze der LSVA sollen weiterhin Gültigkeit behalten. Jedoch soll ein sukzessiver Ersatz der Bemessung der LSVA nach EURO-Kategorie durch eine Ausrichtung nach Schadstoff- und Treibhausgasausstoss erfolgen. Die Vernehmlassung zu dieser Vorlage soll voraussichtlich im ersten Quartal 2024 eröffnet werden.

1.1.3

Totalrevision des Gütertransportgesetzes 2016 und ihre Wirkungen

Mit der Vorlage Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG)8, die das Parlament 2014 behandelte9 und die 2016 in Kraft trat (im Folgenden: «Totalrevision 2016»), erfolgte eine umfassende Überprüfung und Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Güterverkehr. Im Mittelpunkt der Vorlage stand die Klärung und Präzisierung der Rollen von Staat und Branchenakteuren auf den verschiedenen Stu4 5 6 7 8 9

BBl 2022 2651 SR 641.81 SR 0.740.72 Verlagerungsbericht 2021. Abrufbar unter www.bav.admin.ch > A­Z > Verlagerung.

SR 742.41 14.036 Botschaft zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes, BBl 2014 3827.

13 / 128

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fen der Wertschöpfungskette des Güterverkehrs. Ebenso wurde eine Fokussierung und Modifikation des Förderinstrumentariums für den Schienengüterverkehr vorgenommen. Kernpunkte der Totalrevision waren: ­

Stärkung planerischer und raumplanerischer Anliegen des Schienengüterverkehrs mit den Instrumenten «Konzept für den Gütertransport auf der Schiene» (Art. 3 GüTG) sowie Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne (Art. 9b Eisenbahngesetz [EBG]10).

­

Anpassung bestehender Finanzierungsinstrumente (Investitionsbeiträge für Anschlussgleise*, KV-Umschlagsanlagen*) wurden modifiziert: Als neuer Fördertatbestand wurden Investitionsbeiträge für technische Neuerungen möglich. Auf der anderen Seite erfolgte ein weitgehender Verzicht auf Betriebsabgeltungen für Angebote im Schienengüterverkehr in der Fläche.

­

Stärkung der Branchenakteure des Schienengüterverkehrs durch Partizipation an der Planung für die Entwicklung der Bahninfrastruktur (Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs) sowie bei der Abstimmung und Priorisierung von technischen Neuerungen (Expertengremium technische Neuerungen).

­

Stärkung der unternehmerischen Verantwortung der Schienengüterverkehrsunternehmen (insbesondere durch den Verzicht auf Betriebsabgeltungen).

Das mit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes festgelegte Instrumentarium erfüllt seine Aufgaben im Rahmen der geltenden Ziele und Grundsätze des GüTG. Es hat allerdings bis heute keine signifikanten Anreize für eine umfassendere Nutzung des Schienengüterverkehrs und einen anhaltend höheren Marktanteil der Schiene gesetzt.

Die mit der letzten Totalrevision des Gütertransportgesetzes erfolgte Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen hat viele wichtige Impulse gesetzt. Insbesondere wurde im Bereich der Infrastrukturplanung und Raumplanung mehr Planungssicherheit für unternehmerische Aktivitäten im Schienengüterverkehr geschaffen. Eine Stabilisierung und Aktivitäten zur Ausschöpfung von Verlagerungspotenzialen bzw. zur Erhöhung der Marktanteile der Schiene konnten mit der Totalrevision jedoch nicht initiiert werden. Dies ist in erster Linie durch die Tatsache bedingt, dass es den Unternehmen, vor allem auch SBB Cargo als Bahntransportunternehmen mit den grössten Marktanteilen, aufgrund der Wettbewerbsverhältnisse und der damit verbundenen finanziellen Situation im Logistik- und Gütertransportmarkt nicht möglich ist, aus der normalen Geschäftstätigkeit attraktive neue Angebote zur Gewinnung neuer Kunden und zusätzlicher Transportmengen aufzubauen.

Verantwortlich ist zu einem gewissen Teil auch die mit der Totalrevision 2016 vorgenommene Anpassung der Fördertatbestände: Während mit dem Verzicht auf Betriebsabgeltungen dem Markt finanzielle Mittel entzogen wurden, die nicht durch Mehreinnahmen am Markt kompensiert werden konnten, wirken die neuen Instrumente nur zeitlich verzögert. Das Instrument der finanziellen Förderung der technischen Neuerungen konnte sich bis heute nicht in marktweiten Produktivitätsverbesserungen und 10

SR 742.101

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einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Schiene niederschlagen. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass nur Fördergesuche für punktuelle Pilotprojekte eingereicht wurden. Die Umsetzung und Diffusion umfassender Neuerungen erfordert hingegen eine branchenweite Abstimmung. Seit der Totalrevision des GüTG 2016 konnten noch nicht die nötigen Entscheidungen ­ aufbauend auf den Erfahrungen aus den Pilotprojekten ­ branchenweit gefällt werden.

1.1.4

Der Gütertransportmarkt in der Schweiz

Der Gütertransportmarkt der Schweiz dient der Arbeitsteilung in der Schweiz und mit dem Ausland sowie der Güterversorgung der Schweiz. Lange Zeit dominierte die Eisenbahn den Gütertransport, bis die Strasse durch den starken Ausbau ihrer Infrastruktur im 20. Jahrhundert in den Vordergrund trat. Vor allem in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gewann der Strassengütertransport laufend an Bedeutung. Die Internationalisierung der Wirtschaft und der damit einhergehende internationale Warenaustausch waren auf der Strasse leichter zu bewältigen als auf der Schiene. Während sich die Bahnunternehmen teilweise unterschiedlichen nationalen technischen Normen und Regeln gegenübersahen, stellten sich auf der Strasse bereits früh keine wesentlichen technischen Probleme für den grenzüberschreitenden Verkehr mehr.

In den vergangenen Jahren betrug die gesamte Transportleistung des Schweizer Gütertransportmarktes zwischen 28 und 30 Milliarden Tonnenkilometer (tkm). Die Transportleistung auf der Schiene betrug jeweils rund 12 Milliarden tkm. Heute wird sowohl im Binnenverkehr* als auch im Import-/Exportverkehr ungefähr ein Viertel der gesamten Gütertransportleistung auf der Schiene bewältigt. Damit ist die Schiene ­ neben dem mit Abstand wichtigsten Verkehrsträger Strasse ­ für die Versorgung innerhalb der Schweiz und für den Austausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung. Dies führt auch zur Einschätzung, dass der Schienengüterverkehr als Teilbereich des Schienenverkehrs einen kritischen Verkehrsbereich in der Schweiz darstellt.

Schwerwiegende Ausfälle der Infrastruktur sind darum zu verhindern respektive ist im Ereignisfall die Ausfallzeit zu reduzieren.11 Der konventionelle Güterverkehr (insbesondere der Einzelwagenladungsverkehr*) deckt die grosse Mehrheit des Güterverkehrsaufkommens auf der Schiene ab. Ein geringerer Teil entfällt auf den kombinierten Verkehr (KV)*. Der konventionelle Schienengüterverkehr ist auch beim Import-/Exportverkehr gegenüber dem kombinierten Verkehr dominant. Der Anteil des KV ist jedoch anteilsmässig etwas höher als im Binnenverkehr. Neben Strasse und Schiene sind im Import und Export auch die Rheinschifffahrt sowie Pipelines für den Öl- und Gastransport mengenmässig relevant.

2021 betrugen die Transportleistungen auf den Schweizer Strassen 17,4 Milliarden tkm. Zusätzliche
12 Milliarden tkm wurden auf der Schiene erbracht. Gegenüber dem Vorjahr nahm das Total der Transportleistungen 2021 damit um 5,1 Prozent auf 29,4 Milliarden tkm zu. Der Güterverkehr nahm auf der Strasse weniger stark zu (+2,7 %) als auf der Schiene (+8,7 %). Der Anteil des Schienengüterverkehrs an 11

Siehe Schienenverkehr unter www.babs.admin.ch > Weitere Aufgabenfelder > Schutz kritischer Infrastrukturen > Kritische Infrastrukturen.

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der gesamten Transportleistung, der sogenannte Modalsplit*, belief sich 2021 auf 41 Prozent. Nach einem deutlichen Rückgang in den 1980er- und 1990er-Jahren konnte die Bahn ihren Anteil seit der Jahrtausendwende in einem Bereich zwischen 36 und 42 Prozent halten. Zum Vergleich: Der Schienenanteil im Landverkehr der 27 EU-Länder lag 2020 bei etwa 18 Prozent.

Die schweizerische Verkehrspolitik verfolgt unter anderem das Ziel, den alpenquerenden Güterverkehr* von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. 2022 wurden 74 Prozent des Transportguts per Bahn und 26 Prozent auf der Strasse durch die Schweizer Alpen befördert. In Österreich, wo ebenfalls bedeutende Gütermengen über die Alpen transportiert werden, lag der Anteil der Schiene 2022, genau umgekehrt zu jenem der Schweiz, bei 26 Prozent und jener der Strasse bei 74 Prozent. Im Import- und Exportverkehr sind neben der Strasse und der Schiene auch die Rheinschifffahrt und die Ölleitungen von Bedeutung. 2021 wurden 5,4 Millionen Tonnen Güter mit Rheinschiffen über die Schweizer Grenze transportiert. Das sind 11 Prozent weniger als noch im Jahr 2019 (6,1 Millionen Tonnen). Die Öl-Pipelines trugen 2021 rund 2,9 Millionen Tonnen (2020: 3,4) zum grenzquerenden Gütertransport bei. Zum Vergleich: Mit schweren Strassengüterfahrzeugen wurden im gleichen Jahr 49,2 Millionen Tonnen (2019: 52,2) und auf der Schiene 11,8 Millionen Tonnen (2019: 13,3) ein- oder ausgeführt. Der Beitrag der Luftfahrt zum Import- und Exportverkehr war mit knapp 0,2 Millionen Tonnen im Jahr 2022 mengenmässig gering.

Abbildung 1 Transportleistung Schiene und Strasse Schweiz 2010­2021

Dementsprechend betrug der Marktanteil der Schiene an der Transportleistung in den vergangenen Jahren zwischen 39 und 42 Prozent.

Der hohe Marktanteil der Schiene im gesamten Güterverkehr ist durch den hohen Anteil der Schiene im Transitverkehr* durch die Schweiz (84 %) bedingt. In den Ver16 / 128

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kehrsarten Binnen-, Import- und Exportverkehr liegt der Anteil der Schiene unter dem Anteil im gesamtschweizerischen Schienengüterverkehr. Im Binnenverkehr beträgt der Anteil 21 Prozent, im Importverkehr 28 Prozent und im Exportverkehr 19 Prozent.

Dies wird in den folgenden beiden Abbildungen veranschaulicht: Abbildung 2 Marktanteile 2010­2021

Abbildung 3 Transportleistung und Modalsplit Strasse und Schiene 2021 ­ links absolut, rechts relativ

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1.1.5

Verkehrsträgerbetrachtung

Arbeitsteilung Strassen- und Schienengüterverkehr in der Schweiz Die Verkehrsträger Strasse und Schiene ergänzen sich: Während die regionale Feinverteilung der Waren aufgrund der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur in den meisten Fällen nur über die Strassen erfolgen kann, bietet die Schiene vor allem bei längeren Transportwegen Vorteile. Dies zeigt sich etwa darin, dass die schweren Strassengüterfahrzeuge 2020 in der Schweiz 66 Prozent ihrer Transportleistungen im Binnenverkehr und nur 34 Prozent im internationalen Verkehr (Import, Export, Transit) erbrachten, während bei der Bahn der internationale Verkehr aufgrund des hohen Anteils im Transit mit einem Anteil von 76 Prozent dominierte. Auch sind die mittleren Transportdistanzen im Schienengüterverkehr deutlich grösser als auf der Strasse: 2020 wurden Güter auf dem Schweizer Schienennetz durchschnittlich über eine Distanz von 170 Kilometern befördert, der Vergleichswert auf der Strasse lag bei 45 Kilometern.

Rückblickend ist die Verkehrsleistung auf der Strasse stärker angestiegen als auf der Schiene. Dieses Wachstum gründet vor allem auf dem Zeitraum bis 2008. Ab 2009 hat sich die Verkehrsleistung auf der Strasse nur noch geringfügig verändert. Dies ist auch auf den Güterstruktureffekt sowie die Optimierung der Güterflüsse und der Lagerhaltung zurückzuführen. Durch die Stärkung des Dienstleistungssektors nimmt die Grösse des einzelnen Transportloses in der Feinverteilung ab, während die Anforderungen an die Flexibilität und Just-in-time-Lieferungen steigen. Dies kann dazu führen, dass es zu mehr Fahrten mit leichteren Fahrzeugen kommt.

Abbildung 4 Langjährige Entwicklung der Verkehrsleistung im Güterverkehr

* Bruttoinlandprodukt (BIP); zu laufenden Preisen.

Quellen: BFS: GTS, BFS: ÖV, BFS: STATPOP, BFS: VGR.

Optimale Nutzung aller Verkehrsträger In den Agglomerationen der Schweiz und zwischen den Ballungszentren sind die Infrastrukturkapazitäten auf der Strasse und der Schiene knapp. Es ist somit unerlässlich,

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dass beide Verkehrsträger für den Gütertransport zum Einsatz kommen und sich gegenseitig entlasten.

Ein Schienengüterverkehrsangebot entlastet die Strasseninfrastrukturen und verbessert den Verkehrsfluss. Das gesamte Aufkommen im Schienengüterverkehr (Binnen-, Import-, Export-, Transitverkehr) betrug gemäss BFS 2019 68,7 Millionen Netto-Tonnen*. Die Verkehrsleistung betrug 11 666 Millionen Netto-tkm. Im EWLV von SBB Cargo wurden knapp 600 000 beladene Wagen transportiert, darüber hinaus wurden ca. 370 000 leere Wagen transportiert. Dies aufgrund der Unpaarigkeit der Transporte.

Diese Anzahl transportierter Wagen entspricht grob abgeschätzt einem Anteil des EWLV am gesamten Schienengüterverkehr von rund 23 bzw. am gesamten Güterverkehr von 8,5 Prozent. Bei einem Total von schweizweit ca. 30 Millionen Lastwagenfahrten jährlich entsprechen die Transporte im EWLV zugleich knapp 0,75 bis 1 Millionen Lastwagenfahrten (zuzüglich Leerfahrten und unter Berücksichtigung der Gewichtslimiten der Strassenfahrzeuge). Die durchschnittliche Distanz je beladenen Wagen lag bei ca. 150 Kilometer (die durchschnittliche Distanz einer Lastwagenfahrt liegt bei ca. 35­40 km).

Ohne die im EWLV abgewickelten Transporte würden 8,5 Prozent der heute auf der Schiene erfolgenden Transportleistung über die Strasse erfolgen und sich so Stauhäufigkeit und Staudauer auf der Strasse zusätzlich erhöhen. Der erwartete Zuwachs beim Güterverkehr würde die Problematik steigender Verkehrsbelastungen auf der Strasse weiter verschärfen. Dies akzentuiert sich zusätzlich dadurch, dass die Mengen im EWLV zu einem grossen Teil dort anfallen, wo auch die Strassen heute schon sehr belastet sind. Selbst wenn sich diese zusätzlichen Verkehre gleichmässig auf das Strassennetz verteilen würden, wären bereits heute stark belastete Netzteile stark betroffen.

Markt für Schienengüterverkehr Der Markt für Schienengüterverkehr kann nach verschiedenen Kriterien eingeteilt und unterschieden werden: Unterscheidung nach Produktionsgefäss Wagenladungsverkehr (WLV): Die Güterwagen im WLV sind grundsätzlich an das Transportgut angepasst. Das Transportgut wird direkt in die Güterwagen verladen.

Beispiele sind Kesselwagen für Flüssigkeiten wie Öl, Schüttgutwagen für Landwirtschaftsprodukte, offene Güterwagen, z. B. für den Transport von Schrott, oder Güterwagen
zum Transport neuer Strassenfahrzeuge. Ergänzend dazu verkehren sogenannte Schiebewandwagen, in die das Transportgut meist palettiert eingeladen wird.

Kombinierter Verkehr: Den KV kennzeichnen normierte Transportbehälter für den multimodalen Transport. Diese Transportgefässe sind für den Transport auf verschiedenen Verkehrsträgern (Wasser, Strasse, Schiene) konzipiert. Güterwagen im KV sind für den Transport von Containern*, Sattelaufliegern* oder Wechselbrücken* sowie ganzer schwerer Motorfahrzeuge (inkl. Transport des Fahrpersonals in einem Begleitwagen; sogenannte Rollende Landstrasse) geeignet. Auch die Verknüpfung von Rheinschiff und Bahn beim Containertransport ist eine Form des KV. An den Verladeund Entladeorten stehen Umschlagsanlagen des KV (KV-Umschlagsanlagen), die auch Terminals* genannt werden.

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Unterscheidung nach Transportsystem Einzelwagenladungsverkehr: Einzelne Eisenbahnwagen oder Wagengruppen werden aus Anschlussgleisen oder ab Freiverladeanlagen* regional gesammelt, zu Zügen formiert und in Rangierbahnhöfe* geführt, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt werden. Am Bestimmungsbahnhof werden sie wieder als einzelne Wagen oder Wagengruppen auf Anschlussgleise, an Freiverlade- oder KV-Umschlagsanlagen verteilt. Im System EWLV können sowohl Wagenladungen wie auch Transportbehälter transportiert werden.

Ganzzugsverkehr: Züge, die vom Abgangsort bis ans Ziel nicht rangiert werden müssen, werden als Ganz- oder Blockzüge bzw. als Ganzzugsverkehr bezeichnet. Das Segment Ganzzugsverkehre wird verhältnismässig einfach produziert. Ganzzüge verkehren als Einheit vom Abgangs- zum Zielort (Anschlussgleis oder KV-Umschlagsanlage).

Mit folgender Abbildung kann die Bedeutung der unterschiedlichen Produktionsformen (Transportgefäss, -system) veranschaulicht werden. Von den im Binnen-, Import- und Exportverkehr transportierten Wagen wurden fast 58 Prozent im EWLV transportiert, 30 Prozent in Ganzzügen in konventionellen Wagen und 12 Prozent im kombinierten Verkehr.

Abbildung 5 Anzahl beförderte Wagen nach Produktionsform (2021)

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Folgende Abbildung 6 zeigt, welche Produktionsform (Transportgefäss, -system) beim Transport welcher Warengruppe besonders zum Einsatz kommen.

Abbildung 6 Anzahl beförderter Wagen nach Warengruppe und Produktionsform

EWLV und KV kommen vor allem für Warengruppen zum Einsatz, bei denen die Losgrössen eher klein sind (z. B. Sammelgut, palettierte Ware, landwirtschaftliche Erzeugnisse). Ganzzüge werden hingegen dort eingesetzt, wo grosse Losgrössen (mehrere Wagen) gegeben sind (z. B. Mineralölerzeugnisse, Erze/Steine/Erden).

Die Produktionsformen haben je nach Verkehrsart (Binnen-, Import-, Exportverkehr) eine unterschiedliche Bedeutung. Während im Binnenverkehr 69 Prozent der Wagen im EWLV transportiert werden, sind es im Importverkehr 20 Prozent und im Exportverkehr 30 Prozent. Im Exportverkehr werden im EWLV die einzelnen Wagen über Rangierungen gebündelt und dann als Ganzzug ins Ausland geführt. Im Importverkehr ist es umgekehrt. Der Anteil an Ganzzügen (konventionelle Wagen und KV) ist im Importverkehr mit 80 Prozent und Exportverkehr 70 Prozent deutlich höher als im Binnenverkehr (18 Prozent Ganzzüge mit konventionellen Wagen, 13 Prozent im KV). Im KV verläuft die Entwicklung verhalten. Es werden nur zögerlich zusätzliche Angebote nachgefragt, dies auch aufgrund der fehlenden Entwicklung der Anlagen.

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Abbildung 7 Anzahl beförderter Wagen nach Produktionsform und Verkehrsart

Bedeutung des Einzelwagenladungsverkehrs als Netzwerkprodukt im Schienengütertransport Der EWLV ist im schweizerischen Schienengüterverkehr von zentraler Bedeutung.

Das System EWLV verfügt über eine Vielzahl von Anschlussgleisen und die Möglichkeit, kleine Verkehrsmengen in Rangierbahnhöfen und dezentralen Formationsbahnhöfen zu bündeln. Auch in anderen europäischen Ländern sind konventionelle Wagenladungsverkehre ein wesentlicher Bestandteil von Transport- und Logistikkonzepten von Industrie- und Handelsunternehmen. Im Import-/Exportverkehr sind diese Verkehre mit der Schweiz verknüpft. Einzelne Wagen oder Wagengruppen werden in grenzüberschreitender Zustellung von und zu Anschlussgleisen oder Freiverladeanlagen in der Schweiz geführt. Aufgrund dieser Bündelung auf dem grossen Teil der Transportstrecke ist der Transport kostengünstig. Dieser Effekt kann sich nur entfalten, wenn die nötigen Mengen am Abgangs- wie auch Zielbahnhof vorhanden sind.

Unbegleiteter kombinierter Verkehr als wichtige Ausprägung multimodaler Transporte Wie aus obigen Abbildungen ersichtlich wird, hat der KV im schweizerischen Schienengüterverkehr eine nachgeordnete Rolle. Das Angebot wird derzeit zwar schrittweise ausgebaut, aber die Nachfrage bleibt aktuell hinter den Erwartungen, die auch im Zuge der Totalrevision des GüTG artikuliert wurden, zurück. 2019 wurden rund 200 000 Wagen mit Behältern des KV befördert. Dies zum Teil in KV-Ganzzügen, zu einem gewissen Teil auch innerhalb des EWLV. Heutige Angebote umfassen vor allem den Transport von Gütern des Detailhandels, von Paketen oder anderen zeitsensitiven Gütern. Zugleich können jene Verlader KV-Angebote nutzen, die keinen

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Gleisanschluss besitzen. In vielen Fällen handelt es sich um «Door-to-door»-Leistungen, indem der gesamte Transport vom Bestimmungs- zum Zielort mit verschiedenen Verkehrsmitteln durch einen einzigen Anbieter (Spedition oder KV-Operateur) organisiert wird.

Die mit dem Ausbau der KV-Angebote verbundene Weiterentwicklung der Terminallandschaft ist in Umsetzung. Zentral für die Erschliessung neuer Marktpotenziale und die Steigerung der Effizienz der Angebote im KV, insbesondere im Import- und Exportverkehr, ist die Realisierung des Projekts Gateway Basel-Nord. Mit ihm können zusätzliche Mengen im Import und Export auf der Schiene abgewickelt werden und zugleich die Verkehre ab diesen Terminals mittels Ganzzügen oder im EWLV bis zu einer dezentralen KV-Umschlagsanlage oder zu einem Anschlussgleis weitergeführt werden. Die Verfahren zur Baubewilligung und zur Mitfinanzierung des Projekts Gateway Basel-Nord durch den Bund sind aktuell noch nicht abgeschlossen.

Schiffsgütertransport auf dem Rhein als Teil einer multimodalen Import-/Export-Transportkette Die Rheinhäfen sind wichtiges Eingangstor für die Importe und Exporte Übersee­ Schweiz und damit Teil der Landesversorgung. Ausserdem sind sie Teil der Gütertransportkette im alpenquerenden Verkehr. Im Jahr 2013 gingen mengenmässig rund 80 Prozent der Güterimporte, welche in den Schweizerischen Rheinhäfen umgeschlagen wurden, an Destinationen ausserhalb der Nordwestschweiz. Analoges gilt für die Exporte. Insbesondere im containerbasierten Aussenhandel spielen die Schweizerischen Rheinhäfen eine wichtige Rolle. In den Jahren 2019 bis 2021 wurden wasserseitig jährlich etwa 100 000 TEU umgeschlagen. Zusätzlich erfolgen in den Rheinhäfen auch Umschläge im Bahn-Import und -Export von etwa 25 000 TEU jährlich, der gesamte Containerumschlag der Schweizerischen Rheinhäfen beläuft sich also auf 125 000 TEU jährlich, wobei sich die Import- und Exportanteile in etwa die Waage halten.

Im sogenannten Hinterlandverkehr, also dem Zu- und Abtransport der per Schiff exportierten bzw. importierten Güter, spielt die Bahn eine wichtigere Rolle als die Strasse. Im Jahr 2015 wurden 63 Prozent der Güter mit der Bahn und 37 Prozent mit dem LKW an- oder abtransportiert, wobei der Bahnanteil bei den Exporten (73 %) grösser war als bei den Importen (57 %). Diese Anteile unterliegen
zwar gewissen Schwankungen, sind über die letzten 20 Jahre gesehen aber relativ stabil geblieben.12 Versorgungssicherheitsfunktion der Schweizerischen Rheinhäfen Eine wichtige Funktion der Schweizerischen Rheinhäfen besteht zudem in ihrem Beitrag zur Versorgungssicherheit des Landes. Die Schweizerischen Rheinhäfen ermöglichen nicht nur eine völkerrechtlich abgesicherte Einfuhr von unentbehrlichen Gütern, sondern sie dienen auch als Speicherlager und Infrastrukturpuffer.

12

Siehe auch Volkswirtschaftliche Bedeutung Schweizerische Rheinhäfen, abrufbar unter port-of-switzerland.ch > Rheinhäfen > Mediencenter > Zahlen & Fakten, sowie den Ratschlag betreffend Ausgabenbewilligung zur Realisierung des Hafenbeckens 3 sowie Ausgabenbewilligung zur Durchführung von Planungsarbeiten für die Entwicklung der Hafenbahn in Kleinhüningen, abrufbar unter grosserrat.bs.ch > Suche > 18.1757.

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1.1.6

Volkswirtschaftliche Bedeutung des Schienengüterverkehrs heute

Wie in der Botschaft des Bundesrats zur Totalrevision des Gütertransportgesetztes 2014 festgehalten, dominierte die Eisenbahn den Gütertransport bis Mitte des 20. Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewann der Strassengüterverkehr an Bedeutung, wobei auch die Transportleistung insgesamt stark anstieg.

Abbildung 8 Transportleistungen in Mio. tkm 1950­2021

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Schienengüterverkehrs kann in verschiedene Bereiche gegliedert werden: Beschäftigung und Wertschöpfung Produktionsseitig schafft der Schienenverkehr Arbeitsplätze und Wertschöpfung und trägt damit zum Bruttoinlandsprodukt der Schweiz bei. Es lassen sich drei Ebenen differenzieren: (1) Angebot von Leistungen, (2) Investitionen in den Schienenverkehr sowie (3) Exporte der öV-Industrie. Die direkte und indirekte Wertschöpfung von Angeboten bzw. Leistungen des öffentlichen Schienenverkehrs betrug rund 9,1 Milliarden Franken im Jahr 2018. Der Anteil des Schienengüterverkehrs an der Wertschöpfung des Schienenverkehrs beträgt rund 20 bis 25 Prozent, also knapp 2 Milliarden Franken pro Jahr.

Beitrag für Logistikwirtschaft und verladende Wirtschaft Bahninfrastruktur und güterverkehrsspezifische Bahnanlagen* und die Güterverkehrsangebote bilden ein wichtiges logistisches Rückgrat der schweizerischen Wirt24 / 128

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schaft. Verschiedene Branchen, u. a. die chemische und die metallverarbeitende Industrie, der Detailhandel und die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft, stützen ihre transportlogistischen Prozesse zentral auf die Angebote im Schienengüterverkehr ab. Vielfach ist der Bahntransport vollständig in die komplexen Produktions- und Logistikprozesse integriert. Dies schlägt sich in bedeutsamen Investitionen dieser Unternehmen in Transport- und Logistikinfrastrukturen der Bahn nieder (Ladeeinrichtungen, Anschlussgleise, Wagen etc.).

Abbildung 9 zeigt die regional unterschiedliche Bedeutung des Schienengüterverkehrs in Anzahl beladener Bahnwagen. Die Bedeutung korrespondiert dabei unmittelbar mit den wichtigsten Schweizer Wirtschaftsräumen.

Abbildung 9 Regionale Bedeutung des Schienengüterverkehrs

Angebote im EWLV sind für eine Integration in die unternehmerischen Logistikprozesse besonders geeignet. Sie stellen eine tägliche bzw. regelmässige und gebündelte Belieferung sicher und ermöglichen so den Unternehmen reibungslose Logistik- und Produktionsabläufe ohne aufwändige Pufferungen und Lagerhaltungen.

Verkehrsinfrastruktur Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität und gesellschaftliche Wohlfahrt der Schweiz. Die Schiene ist aufgrund ihrer systemspezifischen Vorteile (Massenleistungsfähigkeit, Schnelligkeit bei direkten Verkehren bzw. Ganzzügen und niedrige Einzelkosten der Produktion bei hoher Auslastung, Überbrückung Nachtfahrverbot) prädestiniert, einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung von Wirtschaftsräumen ­ national wie international ­ zu leisten. Die 25 / 128

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Stärke des Strassengüterverkehrs liegt vor allem auf der Feinverteilung und kurzen Strecken. Die beiden Verkehrsträger Strasse und Schiene ergänzen sich, um eine sichere und vorteilhafte Versorgung der Volkswirtschaft mit Gütern zu gewährleisten.

Für die Flächenversorgung der Schweiz haben Standorte in der Nähe der dicht besiedelten Regionen (Genferseeregion, Espace Mittelland, Nordwestschweiz, Zürich) eine hohe Attraktivität und Anziehungskraft. Im Schienengüterverkehr in der Fläche liegt der Schwerpunkt der Verkehre entsprechend auf der West-Ost-Achse (im Dreieck Basel, Zürich und Lausanne). Eine gute verkehrliche Anbindung von Wirtschaftsräumen in der Schweiz sowohl auf der Strasse als auch der Schiene erhöht die Redundanz und damit deren Standortattraktivität, kann zur Ansiedlung von weiteren Unternehmen führen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erhöhen.

Umweltpolitische Bedeutung In der Schweiz existiert seit vielen Jahren das Nacht- und Sonntagsfahrverbot für Lastwagen. Es schützt die Bevölkerung vor nächtlichem Strassenverkehrslärm besonders dort, wo Zufahrten zu Produktionsstätten durch Wohngebiete führen oder in deren Nähe vorbeiführen. Das Nachtfahrverbot ist sowohl in der Bevölkerung als auch in der Wirtschaft anerkannt und akzeptiert. Die verladende Wirtschaft hat ihre Produktions- und Logistikprozesse auf das Nachtfahrverbot ausgerichtet.

Für den Detailhandel gewährleistet die Schiene die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und auch Frischwaren. Schienengüterverkehrsangebote erhöhen in der Konsequenz die Akzeptanz des Nachtfahrverbots in der Schweiz durch die verladende Wirtschaft und ermöglichen Produktionsstätten in den Siedlungsräumen und Agglomerationen. Nachtfahrverbot und Schienengüterverkehrsangebote können durch die räumliche Koexistenz von Industrie und Wohnen einer weitergehenden industriellen «Zersiedelung» vorbeugen.

Der Schienengüterverkehr wird gegenüber dem Strassengüterverkehr aus umweltpolitischer und gesellschaftlicher Sicht als vorteilhaft betrachtet. Dies betrifft neben den Schadstoff- und Treibhausgasemissionen auch Fragen wie Flächen- und Energieverbrauch.

Der Schienengüterverkehr in der Schweiz trägt wesentlich zur Entlastung der Umwelt im Bereich der Luftschadstoffe (NOX, NO2, PM10) aus Verbrennungsprozessen bei.

Aufgrund des nahezu
CO2-freien Strom-Mix der Schweizer Bahnen ermöglicht der Schienengüterverkehr zudem eine starke Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Strassentransport.

Mit knapp einem Drittel aller CO2-Emissionen ist der Verkehrssektor der grösste inländische Emittent von Treibhausgasen (Anteil Verkehrssektor: 32 Prozent; zum Vergleich: Gebäude 26 Prozent, Industrie 22 Prozent, Übrige 19 Prozent). Drei Viertel der Treibhausgasemissionen im Sektor Verkehr gehen von Personenwagen aus. Der Güterverkehr hat einen Anteil von 18 Prozent, wovon zwei Drittel vom Güterverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen (> 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) emittiert werden. Diesem Anteil von 11 Prozent an allen Verkehrsemissionen steht ein Fahrleistungsanteil von nur 3 Prozent entgegen. Zu beachten ist allerdings, dass ein schweres Nutzfahrzeug je gefahrenem Kilometer mehr Gewicht bewegt als ein Personenwagen und in einem solchen Vergleich deutlich effizienter erscheint.

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Ohne den im internationalen Vergleich hohen Marktanteil der Schiene würden die Emissionen des Güterverkehrs entsprechend höher ausfallen. Simulationen ergeben, dass mit einer Aufkommensverlagerung von +1 Prozent auf den Schienengüterverkehr und Fahrleistungsreduktion auf der Strasse eine Änderung von rund ­2 Prozent der Treibhausgasemissionen des Güterverkehrs verbunden ist (ceteris paribus).

Der Schienenverkehr ist der energieeffizienteste Verkehrsträger im Güterverkehr.

Hinsichtlich des Trends zur Dekarbonisierung des Verkehrs wird sich dieser Vorsprung vergrössern, da Treibstoffe wie Wasserstoff oder Power-to-Liquid zwar emissionsärmer sind als Diesel, aber in der Herstellung auch energieintensiver. Dies unter der Annahme, dass Batteriefahrzeuge vorerst keine Option sind für den Langstreckentransport. Mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen verbessert sich die Energieeffizienz des Gütertransports auf der Strasse hingegen. Es verbleiben jedoch die Vorteile der Bündelung der Mengen auf der Schiene. So betrug der Energieverbrauch für 16,2 Milliarden Tonnenkilometern auf der Strasse 2019 25,5 Petajoule, wohingegen auf der Schiene für 11,7 Milliarden Tonnenkilometer nur 2,1 Petajoule verbraucht wurden.

Ein durchschnittlicher Lastwagen emittiert bezogen auf einen Tonnenkilometer rund 10- bzw. 13-mal mehr Stickoxide bzw. Treibhausgase. Der Primärenergieverbrauch eines Lastwagens ist rund 6-mal höher als auf der Schiene. Für einen zusätzlich auf der Schiene transportierten Tonnenkilometer ist so 6-mal weniger Energie einzusetzen, als wenn dieser auf der Strasse transportiert wird. Im Zuge der weitgehenden Dekarbonisierung des Güterverkehrs erfordert so der Schienengüterverkehr folglich eine deutlich geringere Bereitstellung von Energie.

Der spezifische Flächenbedarf der Strasse liegt bei 6,4 m2 pro 1000 Tonnenkilometern pro Jahr, derjenige der Schiene bei 1,6 m2 pro 1000 tkm pro Jahr. Werden die Werte «ohne Grünflächen» betrachtet, liegen die Werte tiefer. Der Schienengüterverkehr hat demnach einen um den Faktor 4,0 bis 5,4 niedrigeren spezifischen Flächenverbrauch als der Strassengüterverkehr.

Der Schienenverkehr ist ­ verglichen mit dem Strassenverkehr ­ deutlich sicherer.

Obwohl die Unfälle im Strassenverkehr stark abgenommen haben, liegen die Unfallkosten pro Tonnenkilometer im Strassengüterverkehr mit schweren Fahrzeugen rund 8-mal höher im Vergleich zum Schienengüterverkehr.

1.1.7

Die bestehenden Instrumente der öffentlichen Hand ­ aktuelle Rahmenbedingungen für den Gütertransport

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den schweizerischen Güterverkehr sind sowohl in der nationalen Gesetzgebung wie auch in internationalen Abkommen geregelt. Zuletzt wurden diese mit der Vorlage Totalrevision des Gütertransportgesetzes aus dem Jahr 2016 angepasst oder bestätigt. Danach erfolgten kleinere Anpassungen mit der Vorlage Organisation der Bahninfrastruktur (OBI; Inkrafttreten 2020).

Verschiedene der zentralen Rahmenbedingungen des Güterverkehrs sind Landverkehrsabkommen verankert.

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Die im Folgenden kurz beschriebenen Instrumente sind sowohl für den alpenquerenden Güterverkehr als auch den Binnen-, Import- und Exportgüterverkehr gültig.

Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr Die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr umfassen die Abgabepflicht für die Strassenbenützung, Fahrverbote und Beschränkungen für den Marktzutritt. Die meisten Bestimmungen sind in erster Linie umweltpolitisch motiviert, indem sie allgemeine Rahmenbedingungen zum Schutz der Bevölkerung und zur Internalisierung externer Kosten darstellen.

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA): Seit Anfang 2001 wird auf schweren Motorfahrzeugen und Anhängern für den Gütertransport auf allen Schweizer Strassen eine distanz-, gewichts- und emissionsabhängige Schwerverkehrsabgabe erhoben. Zugleich wurde eine pauschale Schwerverkehrsabgabe für eine Reihe anderer Fahrzeuge eingeführt. Die LSVA dient dazu, die Wegekosten und die externen Kosten des Schwerverkehrs zu decken. Die Einnahmen aus der Schwerverkehrsabgabe fliessen zu maximal zwei Dritteln in den Bahninfrastrukturfonds BIF und zu einem Drittel an die Kantone. Für Fahrten im Vor- und Nachlauf zum unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) wird bis anhin die LSVA gestützt auf Artikel 4 Absatz 3 SVAG rückerstattet. Aktuell sind schwere Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, welche Elektrizität oder Wasserstoff als Energiequelle nutzen, von der LSVA befreit.

Sonntags- und Nachtfahrverbot: Das Sonntagsfahrverbot gilt an allen Sonntagen und nationalen Feiertagen. Das Nachtfahrverbot gilt während des ganzen Jahres jeweils von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr. Beide Verbote sind umweltschutzbedingt und dienen in erster Linie der Nacht- und der Sonntagsruhe. Sie reduzieren die externen Kosten des Strassengüterverkehrs. Ein erwünschter Nebeneffekt ist die Begünstigung des Schienengüterverkehrs, denn beide Verbote gelten nur für die Strasse.

Ausmasse und Gewichte schwerer Motorfahrzeuge: Die Gewichtslimite für schwere Motorfahrzeuge wurde parallel mit der Einführung und Erhöhung der LSVA stufenweise auf 40 Tonnen Gesamtgewicht angehoben. Dies erlaubte dem Strassentransport einen Effizienz- und Produktivitätssprung. Im UKV können Vor- und Nachlauffahrten von einer beliebigen schweizerischen Umladestation der Bahn bzw. von oder zu einem schweizerischen
Hafen, ohne dass das Ladegut beim Übergang vom einen zum anderen Verkehrsträger das Transportgefäss wechselt, mit einem Gesamtzugsgewicht bis 44 Tonnen durchgeführt werden. Weitere Beschränkungen gelten für die schweren Motorfahrzeuge bezüglich der maximalen Höhe, Länge usw. Darüber hinaus gelten erhöhte Masse und Gewichte für LKW mit alternativen Antrieben sowie für aerodynamische Optimierungen.

Kabotageverbot*: Der Transport von Gütern zwischen Destinationen innerhalb der Schweiz durch ausländische Strassentransporteure ist verboten. Dasselbe gilt für Schweizer Transporteure im Gebiet eines EU-Mitgliedstaates. Das Verbot schützt die Transporteure im Strassenbinnenverkehr vor Konkurrenz aus dem Ausland.

Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften: Das Landverkehrsabkommen hatte keinen Einfluss auf die geltenden Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften für Berufschauffeusen und -chauffeure. Die diesbezüglichen Vorschriften für berufsmässige Motor-

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fahrzeugführende im Strassenverkehr sind allgemein weniger streng als diejenigen für das Führen von Triebfahrzeugen der Eisenbahnen.

Diese Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr haben sich für das Zusammenspiel von Strasse und Schiene im Gütertransport bewährt und sind aus Sicht des Bundesrats auch für die Zukunft gültig. Dies wird von Seiten der wichtigsten Branchenakteure bestätigt. Sie erwarten in diesen Bereichen Stabilität und Planungssicherheit. Zugleich sind diese Bestimmungen in der Bevölkerung breit akzeptiert.

Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr Marktöffnung und Netzzugang*: Als Voraussetzung für die Einführung von Wettbewerbselementen wurde der freie Netzzugang im Schienengüterverkehr im Rahmen der Bahnreform von 1999 eingeführt, wie er auch im Landverkehrsabkommen vereinbart worden war. Zum Schutz der Qualität und Sicherheit des schweizerischen Eisenbahnverkehrs müssen alle Eisenbahnverkehrsunternehmen als Voraussetzung für den Netzzugang eine Lizenz und eine Sicherheitsbescheinigung für die befahrenen Strecken vorweisen.

Trassenpreise*: Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen zahlt der Infrastrukturbetreiberin für die Nutzung der Bahninfrastruktur ein Entgelt, den Trassenpreis. Das Niveau der Trassenpreise für den Güterverkehr beruht auf den jeweils von einem Transport verursachten Grenzkosten. Darüber sollen über den Trassenpreis Anreize für eine effiziente Infrastrukturnutzung gesetzt werden. Im Unterschied zum Personenverkehr wird auf die Erhebung eines umsatzabhängigen Beitrags (sogenannten Deckungsbeitrag) für die Benutzung des Schienennetzes verzichtet.

Konzept für den Gütertransport auf der Schiene: Das Konzept wurde mit der Vorlage Totalrevision des Gütertransportgesetzes eingeführt. Es bildet die Grundlage des Bundes für die Weiterentwicklung der Infrastrukturen für den Gütertransport auf der Schiene und sichert zugleich den Bestand der heutigen Infrastrukturen. Es spezifiziert Rahmenbedingungen für die Planung und Finanzierung von Anlagen des Schienengüterverkehrs aus der Sicht des Bundes.

Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP): Der Ausbau des Trassenangebots und der dafür benötigten Streckenkapazitäten sowie der Neu- und Ausbau von Anlagen, die nach Artikel 62 Absatz 1 EBG Teil der Infrastruktur sind, erfolgen über das STEP. Die
Partizipation der Branchenakteure des Schienengüterverkehrs bei der Planung wurde durch die Totalrevision des Gütertransportgesetzes gestärkt (zum Beispiel durch eine Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs). Der Bund berücksichtigt im STEP insbesondere die Erreichbarkeit der Verladeanlagen und Annahmebahnhöfe mit bedeutendem Transportaufkommen* sowie die Rangier- und Formationsbahnhöfe.

Netznutzungskonzept, Netznutzungspläne: Für die Sicherung der Fahrrechte (Trassen*) für die verschiedenen Verkehrsarten wurde mit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes das Instrument des Netznutzungskonzepts (Art. 9b EBG) eingeführt. Im Netznutzungskonzept werden die zur Verfügung stehenden Trassenkapazitäten pro Verkehrsart festgelegt. Diese Trassenkapazitäten werden durch die Infrastrukturbetreiberin in Netznutzungsplänen konkretisiert und sind bei der Trassen-

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vergabe gemäss Artikel 12 der Eisenbahn-Netzzugangsverordnung vom 25. November 199813 (NZV) verbindlich einzuhalten.

Investitionsbeiträge für Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen: Diese Beiträge setzen in erster Linie Anreize für eine vermehrte Nutzung der Schiene. Über Investitionsbeiträge für private Anlagen des Schienengüterverkehrs steuert der Bund die Ausgestaltung und die Standortwahl dieser Anlagen im Sinne der Zielsetzungen des Konzepts für den Gütertransport auf der Schiene. Die Mitfinanzierung durch den Bund erfolgt bei privaten Anlagen gemäss dem 2. Abschnitt der Gütertransportverordnung vom 25. Mai 201614 (GüTV). Das Parlament steuert die Investitionsbeiträge über mehrjährige Verpflichtungskredite. Der aktuelle Rahmenkredit für Investitionsbeiträge gemäss GüTG, Güterverkehrsverlagerungsgesetz vom 19. Dezember 2008 15 (GVVG) und Bundesgesetz vom 22. März 198516 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel (MinVG) für die Jahre 2021­2024 beläuft sich auf 300 Millionen Franken.

Investitionsbeiträge für technische Neuerungen: Der Bund kann seit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes Investitionsbeiträge leisten, um Test- oder Pilotanwendungen zu stärken und technische Migrationsprozesse auf neue Standards (z. B. automatische Mittelpufferkupplungen, Standards zur Intrazugskommunikation) zu unterstützen und zu beschleunigen. Voraussetzung dafür ist, dass ein grosser Nutzen für den Gütertransport auf der Schiene besteht und Vertreterinnen und Vertreter der Branche und der Wissenschaft, vertreten in einem Expertengremium für technische Neuerungen, das Projekt für unterstützenswert erachten.

Beteiligung des Bundes an Bestellungen der Kantone: Wenn Kantone Leistungen im Schienengüterverkehr bestellen, kann sich der Bund daran beteiligen. Dabei darf die Finanzhilfe des Bundes die Höhe des Beitrags des Kantons nicht übersteigen. Bei der Abwicklung der Bestellung hat der Kanton die Federführung. Er definiert, welches Angebot bestellt wird. Die Kantone können darüber hinaus zusätzliche Bestellungen in eigener Verantwortung ohne finanzielle Beteiligung des Bundes vornehmen. Ausser im Bereich des Schmalspurgüterverkehrs wurde von der Möglichkeit der Bestellung von Schienengüterverkehrsleistungen bislang noch
nicht Gebrauch gemacht. Die jährlichen Beiträge des Bundes an die Bestellungen der Kantone für den Schmalspurgüterverkehr belaufen sich auf rund 6 Millionen Franken.

Anschubfinanzierungen für neue Angebote im Schienengüterverkehr: Der Bund kann zeitlich begrenzte Beiträge an Angebote im Schienengüterverkehr in der Fläche ausrichten, die im Aufbau begriffen sind. Die Förderung ist längstens für drei Jahre vorgesehen. Dieses Instrument wurde bislang nicht genutzt. Von Bundesseite sind aktuell keine Fördermittel eingeplant.

Leitlinien der Branchenakteure zur Erreichung der Ziele des GüTG: Mit der Vorlage OBI wurde das GüTG um Artikel 3a ergänzt. Mit dieser Bestimmung wird es den Akteuren des Schienengüterverkehrs ermöglicht, gemeinsam Leitlinien zur Errei13 14 15 16

SR 742.122 SR 742.411 SR 740.1 SR 725.116.2

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chung der Ziele des GüTG zu erarbeiten. Diese können insbesondere technische Neuerungen, Effizienzverbesserungen in den Produktionsabläufen und die verbesserte Integration des Schienengüterverkehrs in die Logistikwirtschaft betreffen.

Rahmenbedingungen für die Schifffahrt Schifffahrtsfreiheit auf dem Rhein: Der Grundsatz der Schifffahrtsfreiheit auf internationalen Gewässern gilt seit dem 19. Jahrhundert. Zur Durchsetzung und Überwachung der Schifffahrtsfreiheit wurde die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) gegründet. Die Mannheimer Akte17 aus dem Jahr 1868 umschreibt in Artikel 1 die Schifffahrtsfreiheit. Die Schifffahrt auf dem Rhein soll Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waren und Personen hindernisfrei gestattet sein. Somit garantiert die Mannheimer Akte der Schweiz den freien und unentgeltlichen Zugang zum Meer.

Zugleich schafft die Mannheimer Akte einen integrierten Markt mit gleichlautenden Vorschriften für alle ZKR-Mitgliedstaaten. Zu diesen Staaten zählen die Schweiz, Frankreich, Deutschland, die Niederlande und Belgien.

Das Prinzip der Freiheit der Schifffahrt mit der Mannheimer Akte beinhaltet eine Befreiung von Treibstoffzöllen auf Schiffskraftstoffe auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen. Die Details dazu wurden 1952 in einem entsprechenden internationalen Abkommen geregelt.18 Die Verkehrsminister der fünf Mitgliedsstaaten der ZKR 2018 haben eine Erklärung verabschiedet, welche die weitgehende Emissionsfreiheit der Binnenschifffahrt bis 2050 mit Zwischenzielen vorsieht.19 Die ZKR und die Schweiz als Mitgliedsstaat sind mit der Umsetzung beauftragt worden. Auch die Rolle der Binnenschifffahrt als wirtschaftlich relevanter Verkehrsträger soll dabei gestärkt, die Binnenschifffahrt besser in multimodale Logistikketten eingebunden und nationale Förderprogramme besser aufeinander abgestimmt werden.

Hingegen fehlen hierfür in der Schweiz die rechtlichen Grundlagen für finanzielle Förderungen der Binnenschifffahrt (wie zum Beispiel Investitionsbeiträge für die Umrüstung auf Treibhausgasemissionen vermeidende Schiffsantriebe oder Betriebsbeiträge für die Verlagerungen von Gütertransporten auf Schiffe).

1.1.8

Marktprognose für den Güterverkehr

Das Basis-Szenario der Verkehrsperspektiven 2050 des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) geht für 2050 von einem Aufkommen von 544 Millionen Tonnen aus. Dies entspricht einer Zunahme von 24 Prozent gegenüber 2018. Daraus resultiert eine Verkehrsleistung von 35,8 Milliarden tkm, was ein Wachstum von 29 Prozent im Vergleich zu 2018 (27,8 Mrd. tkm) darstellt. Aus Sicht der Verkehrsträger stellen sich keine markanten Veränderungen bei der Aufteilung der Nachfrage im Gesamtmarkt ein. Der Modalsplit in Bezug auf 17 18 19

SR 0.747.224.101 SR 0.631.253.224.1 Siehe Mannheimer Erklärung vom 17. Oktober 2018, Abrufbar unter www.ccr-zkr.org > Dokumente.

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die Verkehrsleistung wird mit 38,2 Prozent Schienen- und 61,8 Prozent Strassenanteil in einer ähnlichen Grössenordnung wie heute liegen. Der aufkommensbezogene Marktanteil der Schiene liegt bei 14,3 Prozent (78 Mio. Tonnen). Dies lässt den Schluss zu, dass die Schiene gemäss den Verkehrsperspektiven im Binnengüterverkehr ihren Marktanteil halten kann. Einen leichten Rückgang gibt es bei der Binnenschifffahrt: Hier geht der Anteil am Aufkommen von 1,3 Prozent im Jahr 2017 auf 0,9 Prozent im Jahr 2050 zurück. Dies ist mit dem Rückgang des Aufkommens in der Warengruppe der in der Binnenschifffahrt mengenmässig wichtigen Energieträger zu erklären.

Trends der Logistikwirtschaft Die Verkehrsperspektiven 2050 des UVEK identifizieren für die Logistikwirtschaft verschiedene Logistiktrends in Form übergeordneter «Megatrends», die von Kundenseite gegenüber heute höhere logistische Anforderungen an die diversen Güterverkehrsangebote stellen: Güterstruktureffekt und wirtschaftlicher Strukturwandel: Die Bedeutung der Schweiz als Industriestandort schwindet seit längerer Zeit und wird weiter abnehmen. Das BIPWachstum wird vorwiegend von den Dienstleistungen getrieben, während produzierende und güterintensive Branchen unterdurchschnittliche Wachstumserwartungen haben. Transportmengen von Rohstoffen und schweren Gütern werden somit sinken.

E-Commerce und Online-Shopping: Der Trend zu E-Commerce ist ein wichtiger Treiber der Zunahme der kleinen Sendungen, die (in der Nahzustellung bzw. Feinverteilung) zu deutlich mehr Verkehr mit kleineren Fahrzeugen (insb. Lieferwagen) führen.

Dies ist mit einer Fragmentierung der letzten Meile verbunden. Das bedeutet, dass zusätzlich zur heutigen Struktur Micro-Hubs und Pick-up-Points entstehen, die gebündelt bedient werden und von wo die Haustürlieferung durchgeführt werden kann.

Digitalisierung: Die Bedeutung von intelligenten Lieferketten und Echtzeitinformationen in den Prozess- und Produktionsketten der Logistik- und Transportwirtschaft steigt. Dies ermöglicht optimierte Abläufe und ein verbessertes bzw. mit Verladern und Speditionen abgestimmtes und integriertes Kapazitäts- und Auslastungsmanagement. Die Transparenz über den Transportlauf steigt. Hierfür stehen organisatorisch die verschiedenen Formen der vertikalen Integration im Vordergrund. Mit der verstärkten
Integration dürfte die vermehrte Entwicklung von logistischen Systemanbietern verbunden sein (sogenannte «supergrid logistics»). Die Digitalisierung erlaubt die Automation von Abläufen in der Logistikwirtschaft. Lade- und Umschlagsvorgänge können automatisiert werden.

Automation: Neben der digitalen Vernetzung werden die Produktionsprozesse in der Transportlogistik zukünftig von Automation geprägt sein. Dies gilt für den Strassengüterverkehr ebenso wie für den Schienengüterverkehr und weitere Wertschöpfungsstufen in der Logistikwirtschaft (z. B. Lagerhaltung, Kommissionierung, insbesondere auch Schnittstellen zu den Transporten). Besonders im Schienengüterverkehr sind konkrete Automatisierungen angestossen worden, die aus der Migration zur digitalen automatischen Kupplung resultieren.

Cargo Sous Terrain (CST): CST stellt ein neues Konzept für ein unterirdisches Transportsystem zur Ergänzung des heutigen Logistiknetzes auf Strasse und Schiene dar.

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In den Verkehrsperspektiven ist CST nicht als Element in den Szenarien aufgenommen. Es ist aktuell damit zu rechnen, dass im Horizont 2040/50 ein Angebot über eine erste Teilstrecke (Zürich ­ Härkingen/Niederbipp) besteht. Jedoch wäre zumindest diese Teilstrecke in die zukünftigen Transport- und Logistikangebote einzubinden und eine entsprechende Verknüpfung der unterirdischen Transportinfrastrukturen mit den Anlagen des Schienengütertransports anzustreben.

Rheinschifffahrt: Das (wasserseitige) Güteraufkommen in den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: in das Wachstum des Güteraussenhandels und in das Wachstum des Schiffverkehrsanteils am Güteraussenhandel. Gemäss einer Studie über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweizerischen Rheinhäfen im Auftrag der SRH20 gibt es verschiedene Entwicklungen, welche den Anteil des Schiffverkehrs am Güteraussenhandel begünstigen dürften: Erstens die Pläne der Häfen Rotterdam und Antwerpen, den Modalsplit im Hinterlandverkehr zugunsten der Binnenschifffahrt (und der Bahn) zu verändern. Zweitens die zunehmende Verflechtung der Schweiz mit Handelspartnern ausserhalb Europas. Drittens die zunehmende Bedeutung der Schweizerischen Rheinhäfen für wachstumsstarke Branchen aus dem hoch- und spitzentechnologischen Spektrum, die vor allem aufgrund der zunehmenden Exporte in ausländische Märkte wachsen werden. Viertens gibt es Entwicklungen (Schliessung der Schweizer Mineralölraffinerie, Verlagerung der Mineralöltransporte durch Basel von der Bahn aufs Schiff), welche den Anteil der Rheinhäfen auch importseitig begünstigen würden.

Im Zuge der zunehmenden Bedeutung der Umwelt- und Energiepolitik sowie angesichts der aktuellen globalen Krisensituationen können die genannten Trends um zwei zusätzliche Dimensionen ergänzt werden: Es besteht die Notwendigkeit, auf dekarbonisierte Logistik- und Transportangebote zurückgreifen zu können. Transport- und Logistikunternehmen werden langfristig nur durch eine nachhaltige Geschäftsausrichtung wettbewerbsfähig bleiben. Hierfür müssen Transportinfrastrukturen, Anlagen und Angebote bestehen oder aufgebaut werden, die dekarbonisierte Transporte ermöglichen. Auf Basis der Lehren aus globalen Krisen (Covid-19, Ukraine-Krieg) besteht für Transport- und Logistikunternehmen zudem vermehrt das
Erfordernis im Vordergrund, redundante beziehungsweise besonders resiliente Transportketten zu ermöglichen und dies auch in Geschäftsmodelle und Angebote zu integrieren. Auch diese Aspekte sind somit Gegenstand der logistischen Anforderungen der Zukunft.

1.1.9

Beurteilung der Zukunftsfähigkeit: Identifikation des Handlungsbedarfs im Gütertransportmarkt

Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden aktuelle Handlungsfelder im Güterverkehr, insbesondere im Gütertransport auf der Schiene und auf dem Rhein, identifiziert und soll in der Folge der entsprechende Bedarf nach Massnahmen ausgewiesen werden. In Kapitel 4 wird dieser Handlungsbedarf aufgenommen und werden die vorgeschlagenen Neuregelungen detailliert beschrieben.

20

Siehe Studie Volkswirtschaftliche Bedeutung Schweizerische Rheinhäfen, abrufbar unter port-of-switzerland.ch > Rheinhäfen > Mediencenter > Zahlen & Fakten.

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Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr haben sich grundsätzlich bewährt Die Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr haben sich für das Zusammenspiel von Strasse und Schiene im Gütertransport bewährt und sollen mit dieser Vorlage nicht geändert werden. Die Weiterentwicklung der LSVA, die unbestritten erforderlich ist, damit der Strassengüterverkehr einen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors leisten kann, ist Gegenstand einer separaten Vorlage, für die im ersten Quartal 2024 die Vernehmlassung eröffnet werden soll.

Aus Sicht des Bundesrats besteht Handlungsbedarf vor allem in den Bereichen der technischen Neuerungen im Schienengüterverkehr und der Erbringung eines flächendeckenden Angebots im Schienengüterverkehr. Darüber hinaus fokussieren viele Fragen auf das effiziente Zusammenspiel der Verkehrsträger.

1.1.9.1

Mangelnde Innovationen im Schienengütertransport: Chancen der Automatisierung nutzen

Komplexe und ressourcenintensive Prozesse senken Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs Den Vorteilen des Schienengüterverkehrs, mit dem eine Bündelung von Gütern und ein energieeffizienter, umweltfreundlicher Transport möglich ist, stehen aktuell noch viele manuelle Arbeitsprozesse und damit verbunden komplizierte und langwierige Vor- und Nachbereitungsprozesse für das Führen eines Zugs gegenüber. Die Zusammenstellung des Zuges im Gleisanschluss, das Auflösen sowie die Neubildung in den Rangierbahnhöfen benötigen einen hohen Ressourceneinsatz. Wird dieser Aufwand mit einberechnet, so kommen die Vorteile der Bahn erst bei längeren Transportdistanzen und grösseren Transportmengen zum Tragen. Durch eine Automatisierung können manuelle Prozesse entfallen. Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene direkt gesteigert werden.

Hoher manueller Aufwand entsteht vor allem beim Kuppeln und Entkuppeln der Wagen. Dies wird bis heute mittels Schraubenkupplungen von den Rangierarbeitenden per Hand durchgeführt. Daneben führen die Mitarbeitenden der Eisenbahnverkehrsunternehmen weitere Prozessschritte durch, wie z. B. die Aufnahme von Daten zu den Güterwagen in mobile Datenerfassungsgeräte, die Ermittlung der Wagenreihung, die Kontrolle der Bremsfunktionalität (sogenannte Bremsprobe), die wagentechnische Untersuchung etc. So dauert es heute bis zu drei Stunden, bis sämtliche betriebsrelevanten Informationen gesammelt sind und ein Güterzug gesichert und abfahrbereit ist.

Automatisierung und Digitalisierung ermöglichen eine Verbesserung der Angebotsqualität im Schienengüterverkehr Damit der Schienengüterverkehr den steigenden Anforderungen der Verlader entsprechen und seine Vorteile ausspielen kann, ist eine Beschleunigung der Vor- und Nachbereitungsprozesse erforderlich. Automatisierung und Digitalisierung können die manuellen Prozesse ersetzen. Güterverkehrsleistungen können so kostengünstiger und schneller erbracht werden. So werden Schienengüterverkehrsangebote auch für 34 / 128

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kürzere Distanzen und zeitkritischere Transporte wettbewerbsfähig ­ sowohl als reiner Schienentransport oder im Rahmen eines multimodalen Transports.

Führt ein einzelnes Unternehmen eine Innovation im Schienengüterverkehr ein, entfaltet sich der Nutzen nur sehr beschränkt, da dieses Unternehmen nicht in der Lage ist, marktweit neue Standards in Technologie oder Prozessen zu setzen. Eine neue Angebotsqualität entsteht erst, wenn die Innovation diffundiert und das Gesamtsystem der Bahn beeinflusst wird.

Technische Neuerungen benötigen eine marktweite Abstimmung Automatisierung und Digitalisierung setzen sich aufgrund der Vernetzung und notwendigen Standardisierung im Bahngüterverkehrsmarkt nicht von selbst durch. Eine branchenweite Einführung neuer Technologien ist mit sehr hohen Investitionen verbunden. Diese verteilen sich zwar auf viele Unternehmen, dennoch muss der Gesamtnutzen die Gesamtinvestitionen und der Nutzen für die einzelnen Akteure die jeweiligen Investitionen überwiegen.

Die Einführung der automatischen Kupplung, wie es sie in Amerika oder Japan schon seit Langem gibt, ist in Europa bisher zweimal gescheitert, da die Ablösung des mechanischen Kupplungsvorgangs allein im Vergleich zur getätigten Investition zu wenig Nutzen generiert.

Ebenso verhindert die lange Lebensdauer von im Güterverkehr eingesetzten Lokomotiven und Wagen einen stetigen technischen Fortschritt. Technische Neuerungen sind so kaum oder nur in grossen Abständen möglich. Zudem werden die Fahrzeuge gestaffelt beschafft, sodass es nie einen geeigneten Zeitpunkt gibt, innovative Lösungen über den regelmässigen Neubeschaffungsprozess einzuführen.

Hinzu kommt ein sogenannter Netzeffekt: Der Schienengüterverkehr im Ganzen profitiert erst, wenn die Automatisierungs- und Digitalisierungsmassnahmen koordiniert zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden können. Notwendig ist eine Innovation, die das ganze Netz umfasst und die in möglichst kurzer Zeit als Standard eingeführt werden kann, ohne die Kundenbedürfnisse zu beeinträchtigen.

Im internationalen Bahnmarkt kann eine Neuerung nicht isoliert für die Schweiz bzw.

einzelnes Land eingeführt werden. Das Verständnis eines einheitlichen europäischen Güterverkehrsmarktes ist, dass die Güter und somit auch die Wagen in ganz Europa zirkulieren können. Das bedeutet, dass die
Funktionalitäten samt technischem Standard diskriminierungsfrei definiert werden müssen. Diese technischen und operationellen Standards müssen den Zulassungsnormen für ganz Europa entsprechen und zugelassen werden.

Das Handlungsfeld erstreckt sich auf die Anpassung der Rahmenbedingungen, um in der Schweiz eine Automatisierung und Digitalisierung des Schienengüterverkehrs umzusetzen. Dieses soll europäisch koordiniert werden und in diesem Zuge netzweite, technisch kompatible Lösungen bieten. Sowohl Alt- und Neufahrzeuge sollen darin eingeschlossen sein. Die neue Technik soll zudem innerhalb eines kurzen Zeitraums einsetzbar sein. Die Rahmenbedingungen müssen ferner sicherstellen, dass der Nutzen für die Akteure genügend hoch ist, um umfassende Investitionen für technische Neuerungen im Schienengüterverkehr zu rechtfertigen.

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1.1.10

Mit der Modernisierung kann die Eigenwirtschaftlichkeit des Netzwerkangebots hergestellt werden

Der durch SBB Cargo allein angebotene Einzelwagenladungsverkehr ist seit vielen Jahren Gegenstand von Restrukturierungen und Redimensionierungen. Im Jahr 2005 hat SBB Cargo die Zahl der Bedienpunkte im Rahmen des Projekts «Fokus» erheblich reduziert. Ein weiterer Abbau erfolgte auf den Fahrplanwechsel 2012/13. Danach erfolgten weitere Ausdünnungen des Angebots. Organisatorisch hat SBB Cargo das Angebot im EWLV zweigeteilt: Im sogenannten «System-Wagenladungsverkehr» wurden schweizweit fixe Bedienpunkte definiert, die regelmässig, in der Regel täglich, bedient werden. An weiteren Bedienpunkten werden Kunden mittels «Kundenlösungen» bedient. Mit dem Konzept «WLV 2017» wurde eine veränderte Produktion mit grundlegend neuem Fahrplan sowie neuem Buchungsmanagement eingeführt.

Diese Sanierungen und Anpassungen der Angebots- und Produktionskonzepte von SBB Cargo haben nicht die erhoffte positive Wirkung mit Blick auf Rentabilität und Effizienzsteigerungen erzielt. Entsprechend erwartet SBB Cargo für die kommenden Jahre erhebliche Defizite, wenn produktions- oder finanzierungsseitig keine Anpassungen erfolgen. So geht SBB Cargo unter der Annahme stabiler Rahmenbedingungen von einer weiterhin flachen bis leicht rückläufigen Nachfrageentwicklung im EWLV aus. Dies würde gemäss Abschätzungen von SBB Cargo über die Planungsperiode bis 2030 zu deutlich negativen Jahresergebnissen führen (zwischen ­20 Mio.

Fr. und knapp ­70 Mio. Fr. pro Jahr). Die Reinvestitionsfähigkeit ist somit nicht gegeben. So würde der Schienengüterverkehr allgemein, insbesondere der als Netzwerkverkehr erbrachte EWLV, geschwächt und die nötigen Mittel für die Weiterentwicklung und Modernisierung dieses Angebotssegments fehlen. Durch den Mangel an Investitionsfähigkeit können mögliche neue attraktive Angebote nicht erbracht und potenzielle neue Marktsegmente nicht erschlossen werden.

Mit dem erodierenden Angebot geht der positive Netzwerkeffekt des EWLV als Systemangebot verloren, da durch die Verkleinerung des Bediennetzes der Nutzen des EWLV für die Kunden gegenüber Transportlösungen im Ganzzugsbereich bzw. im Strassengüterverkehr mehr und mehr sinkt, während die Kosten des EWLV für SBB Cargo nicht im gleichen Ausmass gesenkt werden können.

Aufgrund dieser Problemsituation ist ein weiteres Handlungsfeld die Gewährleistung eines an
den Kundenbedürfnissen orientierten und möglichst flächendeckenden Netzwerkangebots im Schweizer Schienengüterverkehr. Hierfür ist das heutige System zu modernisieren und entsprechend zu einem attraktiven Marktangebot weiterzuentwickeln.

Verlader und Speditionen sehen mittel- bis langfristig ein Potenzial in der Erbringung eines Netzwerkangebots in Form eines weiterentwickelten EWLV. Mit der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung dieses Angebots können attraktive Logistikketten bereitgestellt und ein umwelt- und energiepolitischer Beitrag geleistet werden. Jedoch können die finanziellen Mittel für die erforderliche Modernisierung des Angebots aufgrund der Marktsituation nicht aus dem Segment des EWLV selbst erwirtschaftet wer-

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den. Die Modernisierung braucht somit für eine Übergangsphase eine finanzielle Unterstützung durch den Bund, wie sie in Ziffer 4.1.3 als Massnahme beschrieben wird.

1.1.11

Komplexität und Inflexibilität behindern Multimodalität: Multimodale Angebote erleichtern

Die Verkehrsperspektiven 2050 des UVEK zeigen auf, dass die Schiene in einem zukünftigen Güterverkehrssystem eine zentrale Rolle spielen kann. Neben durchgängigen Transporten auf der Schiene sind für diese Entwicklung sogenannte multimodale Transportketten mit Hauptlauf auf der Schiene und Vor- und Nachlauf auf anderen Verkehrsträgern, vor allem auf der Strasse, das zentrale Element.

Heute werden Transportleistungen sowohl produktions- und angebotsseitig als auch nachfrageseitig häufig isoliert nach den Verkehrsträgern, auf denen sie erbracht werden, betrachtet. Vorteile bei der Bündelung und Bediendichte, aber auch die Möglichkeiten, Transportketten energieeffizienter oder mit geringeren Treibhausgasemissionen zu erbringen, werden so nicht identifiziert.

Die Gründe hierfür liegen einerseits in der Vernachlässigung des Aufbaus und Erhalts von Einrichtungen, die eine effiziente Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger ermöglichen, andererseits aber auch in der Marktorganisation. Bisher wurde in der Förderpolitik des Bundes entweder auf Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr oder auf sogenannte Freiverladeanlagen für den Umschlag herkömmlicher Güter (z. B. Baustoffe, landwirtschaftliche Güter) gesetzt. Die Ausrichtung auf den kombinierten Verkehr hat zur Folge, dass multimodale Transporte im KV auf standardisierten Behältergrössen (Container, Wechselbehälter*, Sattelauflieger) basieren. Diese Behälter sind jedoch für die eigentlich zu transportierenden Losgrössen nicht zwingend die beste Lösung. Der Verlad bzw. Umschlag von Gütern auf Freiverladen kann erfordern, dass das verantwortliche Transportunternehmen beim Verlad anwesend ist oder ihn überwacht. Dies verursacht zusätzlichen Ressourceneinsatz und Dispositionsaufwand.

Multimodale Umschlagsplattformen entwickeln und ermöglichen Ein weiteres Handlungsfeld liegt somit in der Verbesserung der Vernetzungs- und Bündelungsmöglichkeit im Güterverkehr. So sollen die Massnahmen darauf abzielen, Knoten-, Verbindungs- und Bündelungspunkte systematisch zu planen und für alle Verlader zugänglich zu machen. Der Blick ist hierbei vor allem auch auf die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger zu richten, also auf den Strassen- und Schienengüterverkehr, fallweise auch die Güterschifffahrt und zukünftig, in Verbindung mit der in Aussicht stehenden
Realisierung von Cargo sous terrain, auch den unterirdischen Gütertransport.

Im Sachplan Verkehr werden solche Anlagen als «Umschlagsplattformen»21 bezeichnet. Es sind Standorte und Anlagen-Layouts für solche multimodalen Umschläge bzw.

21

Vgl. Sachplan Verkehr, Teil Programm, abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Strategie und Planung > Konzepte und Sachpläne > Sachpläne des Bundes > Verkehr.

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Verlade zu entwickeln. An ihnen soll innerhalb der multimodalen Transportketten eine Veränderung der Losgrösse, sprich das Bündeln oder Entbündeln, ermöglicht und vereinfacht werden. Dabei ist davon auszugehen, dass diese Anlagen zugleich zusätzliche Aufgaben erfüllen können müssen, z. B. für Funktionen der Kommissionierung und Lagerung. Der Fokus liegt somit auf dem Umschlag jeglicher für den Bahntransport geeigneter Transportgefässe und ist nicht auf standardisierte Behälter des kombinierten Verkehrs eingeschränkt.

Die Errichtung von Anlagen, die für multimodale Transportketten notwendig sind bzw. deren Aufbau deutlich vereinfachen können, soll erleichtert werden. Dies betrifft zum einen deren Errichtung, was die systematische Berücksichtigung in der Infrastrukturplanung sowie der Raumplanung erfordert. Zum anderen betrifft es auch deren Finanzierung. Diese muss einfach und geeignet sein, damit solche Einrichtungen durch interessierte Akteure errichtet und betrieben werden können. Ebenso dürfen aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen der Entwicklung und Errichtung solcher Anlagen nicht entgegenstehen.

Finanzielle Anreize für den Aufbau multimodaler Transportketten setzen Weiterer Handlungsbedarf besteht darin, auch bei den Anbietern von Transport- und Speditionsleistungen zusätzliche Anreize zu setzen, Angebote mit multimodalen Transportketten aufzubauen. Auch dies kann in erster Linie mittels finanzieller Unterstützung erfolgen, die am Verlad auf die Schiene bzw. am Umlad zwischen Schiene und Strasse, Binnenschiff oder unterirdischem Gütertransport ansetzt.

Die bestehenden Förderinstrumente in Form von Investitionsbeiträgen für Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen sind etabliert. Sie stellen den Anschluss der Schiene an private Anlagen und Infrastrukturen sicher. Sie setzen bereits Anreize, Logistikketten mit Einbezug der Schiene aufzubauen. Eigenbeteiligung und Transportmengenverpflichtungen sind wichtige Bestandteile einer Risikoteilung zwischen Bund und Unternehmen, können aber bei unsicherer Wirtschaftsentwicklung auch hemmend wirken. Insbesondere die heute erforderliche Verpflichtung zu bestimmten Transportmengen können so als Einstiegshürde für neue Akteure oder auch als Hemmnis, langfristig auf Angebote im Schienengütertransport zu setzen, wirken. Eine Anpassung dieser Praxis ist
daher erforderlich.

Mehr Transparenz und Flexibilität im Umgang mit eisenbahnrechtlichen Bestimmungen für private Güterverkehrsanlagen Für die verladende Wirtschaft ist das Betreiben von Anschlussgleisen kein Kerngeschäft, es gewährleistet nur die notwendige Anbindung an die Bahninfrastruktur. Dennoch müssen die Anschlussgleisbetreiber die komplexen eisenbahnrechtlichen Bestimmungen einhalten und Betriebsvorschriften erarbeiten. Ein Handlungsfeld besteht daher darin, in diesem Bereich mehr Transparenz und Flexibilität zu schaffen.

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1.1.12

Fehlende Aufmerksamkeit für den Güterverkehr: Position des Gütertransports in Infrastruktur- sowie Raumplanung stärken

Die mit der Vorlage Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur FABI und der Totalrevision des Gütertransportgesetzes neu eingeführten Instrumente zur Planung der Bahninfrastruktur, zur Kapazitätssicherung und raumplanerischen Sicherung von Flächen für den Gütertransport sind bei Kantonen und Branchenakteuren anerkannt, wirken aber nur langfristig.

Das vom Bundesrat am 20.12.2017 verabschiedete Konzept für den Gütertransport auf der Schiene22 wirkt in erster Linie als Sicherungsinstrument für bestehende Freiverlade, Annahme-, Formations- und Rangierbahnhöfe. Die Aufhebung oder Anpassung dieser Anlagen ist nur in einem strukturierten Prozess möglich. Das Konzept als Instrument mit seinen Festlegungen vermittelt hingegen bislang wenig Ansatzpunkte, neue, effiziente Anlagen zu entwickeln und bestehende Anlagen entsprechend den Bedürfnissen der verladenden Wirtschaft und der technischen Fortschritte weiterzuentwickeln. Ebenso ist die Abstimmung zwischen den Verkehrsträgern nicht genügend abgebildet, sodass auch die Anlagenentwicklung für die multimodale Zusammenarbeit im Gütertransport nicht gefördert wird.

Fehlende Aufmerksamkeit für Bedürfnisse des Gütertransports Bei vielen Akteuren ­ sowohl den Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand als auch bei diversen Branchenakteuren, insbesondere im Bereich des Personenverkehrs ­ fehlen Aufmerksamkeit und Verständnis für die Bedürfnisse der Logistik und des Gütertransports.

Die Kantone entwickeln nur zögerlich eigene Konzepte und Strategien für den Güterverkehr, die auf den Festlegungen des bundesrätlichen Konzepts aufbauen und dieses weiter operationalisieren. Die Festlegungen des Konzepts zur Entwicklung von Anlagen, im Besonderen KV-Umschlagsanlagen, wurden in der Raumplanung der Kantone bisher kaum berücksichtigt. So fehlt auch die Zusammenführung der Planungen von Strasse und Schiene auf kantonaler bzw. regionaler Ebene durch die Kantone, wie sie für die Logistikwirtschaft und deren Weiterentwicklung jedoch elementar wäre.

Kantone und Bahnen verfolgen oftmals Überlegungen, Anlagen des Güterverkehrs zu «überplanen», wenn diese Anlagen aktuell keine oder nur wenig Gütertransporte abwickeln. Gewisse Anlagen sind so aus unterschiedlichen Gründen unter Druck, sei es durch Stadt- oder Gemeindeentwicklung, Anpassungen der Bahnhöfe für den Personenverkehr,
Park-and-ride-Anlagen etc.

Ähnliches gilt für die Planung zur Entwicklung der Bahninfrastruktur: Mit den Instrumenten Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne erfolgt eine Sicherung der Trassenkapazitäten. Bei Konflikten zwischen Personen- und Güterverkehr ist die Argumentation zugunsten des Güterverkehrs jedoch weiterhin schwierig.

22

Konzept für den Gütertransport auf der Schiene. Abrufbar unter www.bav.admin.ch > Verkehrsmittel > Eisenbahn > Güterverkehr.

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Zur verbesserten Integration des Schienengüterverkehrs in die Logistikwirtschaft müssen diese Defizite im Verständnis für den Güterverkehr und dessen Bedürfnisse sowohl bei der Infrastrukturplanung als auch bei der Raumplanung durch gezielte Massnahmen gestärkt werden. Nur dann können die mit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes eingeführten Instrumente ihren Nutzen für den Güterverkehr wirklich entfalten und beschleunigen.

1.1.13

Fehlende Verankerung der nationalen Bedeutung der Rheinschifffahrt: Rheinhäfen als Infrastrukturen von nationaler Bedeutung weiterentwickeln

In Verbindung mit der Bedeutung der Rheinschifffahrt für den Transport von Importund Exportgütern wird immer wieder auf die nationale verkehrspolitische Bedeutung der Hafeninfrastrukturen hingewiesen.23 Der Bund unterstützt entsprechend die Rheinschifffahrt mit verschiedenen Massnahmen, insbesondere punktuellen Finanzhilfen für die Infrastruktur (Finanzierung des Substanzerhalts der Hafenbahnen, Investitionsbeiträge für KV-Umschlagsanlagen im Hafenareal). Mit der Totalrevision des Gütertransportgesetzes 2016 wurde auch die Möglichkeit geschaffen, an den Bau von Hafenanlagen für den Güterumschlag im kombinierten Verkehr Investitionsbeiträge zu sprechen. Dies im Hinblick auf das Projekt eines neuen Hafenbeckens 3 im Hafen Basel-Kleinhüningen. Die Realisierung ist für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts vorgesehen.

Nationale Bedeutung der Hafeninfrastruktur ist rechtlich nicht verankert Die verkehrspolitische Bedeutung der Hafeninfrastruktur für den Gütertransport ist in den verkehrspolitischen Zielsetzungen des Bundes und den gesetzlichen Rahmenbedingungen nirgends festgehalten oder adäquat abgebildet. Der Bund hat somit keine Möglichkeiten, auf den Erhalt und die Entwicklung der Hafeninfrastrukturen direkt Einfluss zu nehmen.

Zugleich ist die Nutzungskonkurrenz im Raum Basel mit Blick auf die Hafenanlagen gross. Der Erhalt, die Entwicklung und möglicherweise der Ausbau der Hafeninfrastrukturen steht in enger Konkurrenz zur Stadtentwicklung. Somit hängt es heute von den Entscheidungen der Eigner der Schweizerischen Rheinhäfen, also den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft, ab, ob die Hafenareale weiterhin für den Gütertransport zur Verfügung stehen. Dieser Umstand ruft bei einem Teil der Akteure des Gütertransports Unsicherheiten in Bezug auf die Frage hervor, ob zukünftig eine ausreichende Anbindung der Schweiz an die Rheinschifffahrt gewährleistet ist.

Handlungsfeld dieser Vorlage ist daher auch die Schaffung von Instrumenten, mit denen der Bund auf die Entwicklung der Hafeninfrastrukturen Einfluss nehmen und 23

Vgl. z. B. Die Schweizer Schifffahrt soll ihre wichtige Rolle behalten, Medienmitteilung vom 15.10.2009, abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen, oder den Ratschlag des Basler Regierungsrats betreffend Ausgabenbewilligung zur Realisierung des Hafenbeckens 3 sowie Ausgabenbewilligung für die Weiterentwicklung der Hafenbahn in Kleinhüningen (Vorprojekt) vom 8.1.2019; abrufbar unter grosserrat.bs.ch > 18.1757.01.

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diese steuern kann. Ziel soll sein, den Zugang der Schweiz zum Rhein als europäische Wasserstrasse sicherzustellen und eine effiziente Einbindung der Rheinschifffahrt in multimodale Logistikketten zu ermöglichen, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Wasserstrasse für den Import- und Exportverkehr der Schweiz zu stärken und so hier auch attraktive Alternativen zum Strassen- und Schienengütertransport zur Verfügung zu haben.

1.1.14

Transportketten sind auch auf Schiene und Schiff noch nicht durchgängig dekarbonisiert: Anreize für den Einsatz innovativer Antriebstechnologien

Auch im Schienengüterverkehr und in der Binnenschifffahrt sind dekarbonisierte Logistikketten heute nicht der Regelfall. Im Schienengüterverkehr in der Schweiz müssen für die Nahzustellung der Güter an die Anschlussgleise in der Regel Rangierlokomotiven eingesetzt werden. Diese haben heute meistens einen Diesel-Verbrennungsmotor. Um zukünftig auf den Einsatz von Dieselantrieben zu verzichten, ist die Umrüstung von Diesellokomotiven oder die Neubeschaffung von Elektro-Hybridlokomotiven* erforderlich.

In der Binnenschifffahrt sind bisher Antriebe mit Verbrennungsmotoren die Regel.

Neue konventionelle Schiffsmotoren unterliegen heute strengen Abgasnormen. Im Vergleich zum Transport auf der Strasse ist die Menge der Güter, welche ein einzelnes Schiff transportieren kann, in punkto Energieverbrauch und Schadstoffemissionen der transportierten Ware effizient und nachhaltig. Mit Blick auf die Realisierung dekarbonisierter Transportketten ist es für die Binnenschifffahrt jedoch schwierig, die technologische Zukunft der Motorenentwicklung genau vorauszusehen. Die schrittweise Einführung alternativer Antriebe würde zu einer nachhaltigen Modernisierung der Schweizer Flotte in der Binnengüterschifffahrt führen. Die bestehende Flotte müsste umgerüstet und erneuert werden.

Hier besteht ein weiteres Handlungsfeld dieser Vorlage: Es sollen die rechtlichen Grundlagen für Massnahmen geschaffen werden, damit im Schienengüterverkehr rascher Rangierlokomotiven ohne Verbrennungsmotoren eingesetzt und in der Binnenschifffahrt rascher zu alternativen Schiffsantrieben gewechselt wird.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

1.2.1

Geprüfte Alternativen

Die politische Diskussion der Totalrevision des GüTG 2016 war noch nicht von den aktuellen Anstrengungen zur Erreichung der Klimaziele und dem Aspekt der Versorgungssicherheit geprägt. In der «Langfristigen Klimastrategie der Schweiz»24 hält der Bundesrat für den Sektor Verkehr jedoch fest, dass für die Erreichung des Klimaziels bis 2050 auch eine Umstellung auf mit erneuerbaren Treibstoffen betriebene Schwer24

Klimastrategie 2050, S. 36 ff. Abrufbar unter: www.uvek.admin.ch > Umwelt > Klimaschutz.

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verkehrsfahrzeuge, gekoppelt mit einer Verlagerung der Transporte auf die Bahn, notwendig ist.

Der Bundesrat hat eine umfassende Auslegeordnung zu den geprüften Alternativen vorgelegt und diese in Vernehmlassung gegeben Der Bundesrat hat diese neuen Anforderungen für den Gütertransport mit dem Bericht «Zukünftige Ausrichtung des Schienengüterverkehrs in der Fläche» in Erfüllung des Postulats KVF-S 21.3597 «Zukunft des Güterverkehrs» aufgegriffen. Mit diesem Bericht werden zwei grundlegende Stossrichtungen zur zukünftigen Ausrichtung des Schienengüterverkehrs umfassend beschrieben. Sie bilden auch die Grundlage für die beiden Varianten, die mit der Vernehmlassung zu dieser Vorlage unterbreitet wurden.

Sowohl der genannte Bericht als auch die Varianten der Vernehmlassung fokussieren auf die Frage, ob Massnahmen zur Weiterentwicklung und Finanzierung des EWLV als Netzwerkangebot im Schienengüterverkehr zur Anwendung kommen sollen.

Parallel zu diesen Arbeiten haben verschiedene Abstimmungen mit Branchenakteuren stattgefunden. Die mit dieser Vorlage vorgeschlagene Migration zur digitalen automatischen Kupplung (vgl. Ziffer 4.1.2) ist Gegenstand und Ergebnis eines branchenweiten Projekts.25 Im Rahmen des Projekts wurden die Potenziale der Automatisierung für den Schienengüterverkehr bestätigt und konkretisiert. Auch ist dieses Projekt eng mit den diesbezüglichen Entwicklungen auf europäischer Ebene abgestimmt.

Konkretisierung der Entwicklungsfähigkeit der Güterverkehrsangebote Die mit der obigen Auslegeordnung erarbeiteten Stossrichtungen und die damit verbundenen Varianten basierten auf unterschiedlichen Annahmen zur Möglichkeit und Intensivierung der Dekarbonisierung des Strassengüterverkehrs einerseits und zu den Potenzialen der Automatisierung und Digitalisierung im Schienengüterverkehr andererseits. Beide Varianten waren mit dem grundlegenden Anspruch verbunden, die Ziele der Senkung des CO2-Ausstosses und der Energieeffizienz sowie die Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit Massnahmen und Instrumenten zu verfolgen, welche die Transport- und Logistikketten und deren jeweilige betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorteile in möglichst geringer Weise beeinträchtigen. Sie sollten so ausgestaltet sein, dass die Angebote im Gütertransport durch die Branchenakteure so weiterentwickelt werden
können, dass wettbewerbsfähige Logistiklösungen für die verladende Wirtschaft möglich sind.

Die Fragestellung auf wirtschaftlicher Seite fokussiert auf folgende Aspekte: Wenn davon auszugehen ist, dass eine Vielzahl der heutigen Angebote im Schienengüterverkehr von Seiten der Verlader und Speditionen mittel- bis langfristig als nicht mehr genug leistungsfähig, effizient und preislich attraktiv erachtet werden, kann die verkehrspolitische Priorität nicht auf der Aufrechterhaltung solcher Angebote liegen.

Vielmehr kann die Wahl des Verkehrsträgers dem intermodalen Wettbewerb überlassen werden. Wenn andererseits Verlader und Speditionen mittel- bis langfristig ein Potenzial in einem umfassenden Angebot des Schienengüterverkehrs orten, können 25

Vgl. auch Medienmitteilung Bund und Branche wollen Schienengüterverkehr automatisieren vom 28.9.2021, abrufbar unter www.bav.admin.ch > Publikationen > Medienmitteilungen.

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mit der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung dieser Angebote die heutigen volkswirtschaftlichen Vorteile derselben fortgeschrieben werden. Die Rückmeldungen in der Vernehmlassung weisen darauf hin, dass aus Sicht der Kunden und Verlader sowie der Kantone und anderer interessierter Kreise dem Schienengüterverkehr und insbesondere dem EWLV auch zukünftig eine wichtige Rolle zugeschrieben wird.

Für den Strassengüterverkehr ist dabei heute jedoch offen, wie und wann die Transformation zur Dekarbonisierung erfolgt und mit welchen Auswirkungen auf die Energieeffizienz dies verbunden ist. Es besteht aus umweltpolitischer Sicht das Erfordernis umfassender technologischer Neuerungen, die eine dekarbonisierte, energieeffiziente Produktion ermöglichen. Es ist somit weitgehend ungeklärt, wie sich die angestrebte Dekarbonisierung und die Verbesserung der Energieeffizienz im Güterverkehr innerhalb der für das Erreichen der Klimaziele gesetzten Fristen und ohne signifikante Kostensteigerungen für die verladende Wirtschaft konkret erreichen lässt.

Aktuell kann nicht davon ausgegangen werden, dass die umfassende Transformation zur Dekarbonisierung im Strassengüterverkehr bereits in den kommenden Jahren ohne Einbussen an die Angebotsqualität erfolgt. Die Einschätzungen der Akteure, ob und bis wann eine Kostenparität zwischen Fahrzeugen mit herkömmlicher Verbrennungstechnologie und alternativen Antrieben erreicht werden kann, sind unterschiedlich.

Die Antworten aus der Vernehmlassung zu dieser Vorlage haben gezeigt, dass hier in breiten Kreisen eine Skepsis vorherrschend ist.

Auch ist aus logistik- und transportwirtschaftlicher Sicht heute fraglich, ob der Strassengüterverkehr in der Lage ist, Transporte, die heute auf der Schiene ­ insbesondere im EWLV ­ erfolgen, in gleicher Qualität und zu vergleichbaren Preisen zu erbringen.

Hier ist vor allem der Verlust an Bündelungsvorteilen für kleine Losgrössen von Relevanz. Unter Einbezug der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung ist davon auszugehen, dass hier Nachteile der Strasse bestehen und für den Schienengüterverkehr in verschiedenen Bereichen weiterhin verkehrliche und ökologische Vorteile verbleiben.

Zugleich ist jedoch unbestritten, dass die Angebote auf der Schiene einer umfassenden Modernisierung bedürfen und weiterentwickelt werden müssen, damit sie
wieder vermehrt den Anforderungen der verladenden Wirtschaft entsprechen und mengenmässig aufrechterhalten oder ausgeweitet werden können. Aus dieser Bewertung der Leistungsfähigkeit folgt unmittelbar die Bedeutung des Schienengüterverkehrs zur Versorgungssicherheit.

Ausweitung des Spektrums der staatlichen Massnahmen zugunsten des Schienengütertransports und multimodaler Angebote Diese Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit der Gütertransportangebote führt zum Schluss, dass der Güterverkehr auf der Schiene nur dann mittel- bis langfristig einen massgeblichen Anteil an die umwelt- und energiepolitischen Zielsetzungen leisten kann, wenn er einen breiten Umfang an Transportangeboten gewährleistet. Es sind entsprechend Instrumente vorzuschlagen, die auf diese Gewährleistung abzielen.

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1.2.2

Gewählte Lösung: Stärkung des Güterverkehrs durch Modernisierung des schweizerischen Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt

Mit der vorliegenden Totalrevision des Gütertransportgesetzes wird eine Modernisierung des schweizerischen Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt angestrebt.

Vorrangiges Ziel der Vorlage ist, dass der Schienengüterverkehr so weiterhin eine tragende Rolle im zukünftigen Gütertransport der Schweiz einnehmen und mittelfristig eigenwirtschaftlich betrieben werden kann. Basis hierfür ist eine umfassende technische und organisatorische Stärkung des Schweizer Schienengüterverkehrs. Nur mit der Modernisierung kann die Schiene ihre Stärke innerhalb multimodaler Angebote und in Arbeitsteilung mit der Strasse als Teil einer leistungsfähigen Transportwirtschaft in der Schweiz wahrnehmen. In Ergänzung hierzu soll auch die Rheinschifffahrt in ihrer wichtigen Funktion für den Import- und Exportgüterverkehr der Schweiz und die Integration in die Transportketten Schiff­Schiene gestärkt werden. Auf diesem Weg können umfassende Verlagerungen von der Schiene auf die Strasse und damit verbundene Nachteile für die verladende Wirtschaft ­ insbesondere in Form eines hohen Investitionsbedarfs in Strassenlogistik und höherer Transportkosten ­ vermieden werden.

Neben Massnahmen zur technischen Modernisierung des Schienengüterverkehrs ist ein Kernelement der Vorlage die gezielte Stärkung des Netzwerkangebots (heutiger EWLV) mittels befristeter Abgeltungen. Die Abgeltungen dienen der Sicherung des Angebots und der Finanzierung von Investitionen, die den EWLV als ein modernes und attraktives Netzwerkangebot ermöglichen. Dieser weiterentwickelte EWLV gibt den Verladern die Möglichkeit, an einer Vielzahl von Orten in der Schweiz Güter zu verladen, die mittels Schiene oder einer Kombination der Verkehrsträger Schiene­ Strasse an eine Vielzahl anderer Orte in der Schweiz transportiert werden können.

Dieses Netzwerk ist zudem in internationale Bahnnetzwerke eingebunden und ermöglicht so auch Transporte im Austausch mit Europa. Ebenso ist die effiziente Anbindung an die Rheinschifffahrt gewährleistet.

Die Priorität der Vorlage liegt auf der Schaffung der organisatorischen, infrastrukturellen und finanziellen Voraussetzungen für eine Modernisierung der Angebote, welche im Schweizer Gütertransport eine tragende Rolle spielen können. Wenn die Schiene für Transporte über lange Distanzen von Bedeutung ist, richtet sich mit
der Entwicklung multimodaler, verkehrsträgerübergreifender Angebote der Fokus der Dekarbonisierung des Strassengüterverkehrs verstärkt auf die Feinverteilung und die City-Logistik. Gütertransporte in Rand- und Gebirgsregionen, die heute von Kantonen zusammen mit dem Bund bestellt und abgegolten werden, sollen aufrechterhalten werden.

Hierfür werden in Ziffer 4.1 mit der detaillierten Beschreibung der Grundzüge der Vorlage für verschiedene Bereiche die erforderlichen Massnahmen beschrieben. Ent-

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sprechend der in Ziffer 1.1.9 ff. identifizierten Handlungsfelder umfasst dies folgende Massnahmen: ­

Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr

­

Weiterentwicklung und finanzielle Förderung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr

­

Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr

­

Stärkere Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung der Kantone und des Bundes

­

Stärkung der Rheinschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten

­

Anreize für den Einsatz dekarbonisierter Antriebe in Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt

1.2.3

Verworfene Varianten

Auf Grundlage der mit dem Bericht in Erfüllung des Po. KVF-S 21.3597 «Zukunft des Güterverkehrs» und der in der Vernehmlassung zu dieser Vorlage diskutierten Stossrichtungen werden verschiedene Varianten zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen verworfen.

Verzicht auf eine grundlegende Anpassung der Rahmenbedingungen und Verzicht auf eine unbefristete Förderung des EWLV Sowohl ein Festhalten am Status quo, also ein Verzicht auf eine Anpassung der Rechtsgrundlagen, als auch die in der Vernehmlassung zu dieser Vorlage vorgestellte Variante zur punktuellen Optimierung des Rechtsrahmens für den Güterverkehr (sogenannte Variante 2) werden verworfen, da bei einem solchen Vorgehen den erwarteten Potenzialen des Schienengüterverkehrs und multimodaler Transporte im Kontext der Dekarbonisierung des Gütertransports, der Steigerung der Energieeffizienz und der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit zu wenig Bedeutung zugemessen würde.

Die mit der Vernehmlassung unterbreitete Variante 2 vertraut darauf, dass die zentralen Weichenstellungen für die Dekarbonisierung im Strassengüterverkehr über die allgemeine CO2-Gesetzgebung und die Weiterentwicklung der LSVA, deren Tarifierung zukünftig auch am Ausstoss von Treibhausgasemissionen ansetzen soll, vorgenommen werden.26 Eine gezielte Stärkung der Schiene ­ insbesondere die weitere Verfügbarkeit eines Netzwerkangebots ­ erübrigt sich gemäss dieser Variante, wenn die Strasse in der Lage ist, die bisher auf der Schiene erbrachten Leistungen in gleicher oder besserer Qualität und zu gleichen oder niedrigeren Kosten zu erbringen.

26

Vgl. die Ausführung zu den Arbeiten zur Weiterentwicklung der LSVA bzw. Umsetzung der Mo. 19.4381 in Ziffer 1.1.2.

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Die Variante beruht so auf einer Optimierung der Rahmenbedingungen, welche über Anreize die Entwicklung und Aufrechterhaltung von komodalen Angeboten Schiene und Strasse unterstützt und den Zugang zu den Angeboten des Schienengüterverkehrs einfacher bzw. attraktiver gestalten soll. Es erfolgt keine substanzielle Stärkung des Schienengüterverkehrs. Angesichts der aktuellen finanziellen Situation im Markt für Schienengüterverkehrsangebote ist so davon auszugehen, dass das aktuelle Angebot im EWLV kurzfristig erodieren wird. Wesentliche Marktanteile der Schiene im Schweizer Güterverkehrsmarkt würden dadurch verloren gehen, die Angebote im Schienengüterverkehr sich folglich in der Zukunft auf das Führen ganzer Züge konzentrieren.

Von Bedeutung ist, dass die Einstellung des EWLV-Angebots irreversibel wäre. Der Aufbau eines neuen Netzwerkangebots nach erfolgter Einstellung kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Verlader und Logistikunternehmen würden ihre Transporte in anderer Form organisieren und in diese neue Organisation der Transporte investieren, begleitet von Desinvestitionen für Anlagen, die für die Nutzung des Schienengütertransports bzw. des EWLV erforderlich sind.

Die volkswirtschaftlichen Vorteile eines dichten Netzwerkangebots im EWLV würden entfallen. Der Strassengüterverkehr oder später Angebote des unterirdischen Gütertransports müssen diese Lücke durch zusätzliche Angebote füllen. Dies führt auch mittel- bis langfristig zu einer zusätzlichen Belastung der Strasseninfrastrukturen. Der Marktanteil der Schiene würde schweizweit betrachtet voraussichtlich um 5­6 Prozentpunkte sinken, im Binnenverkehr um rund 15 Prozentpunkte.

Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft ­ insbesondere KMU, die heute kleine Losgrössen transportieren ­ müssten neue Logistikketten aufbauen und die hierfür erforderlichen Investitionen vornehmen. Eine Abschätzung der damit verbundenen Kosten ist schwierig. Es müssten 400 000 Wagenladungen pro Jahr (entspricht ca.

650 000 Lastwagenfahrten, wovon 50 000 alpenquerend sind) neu organisiert werden.

Dies löst einen hohen logistischen Organisationsaufwand aus. Betroffen wären mehrere Branchen: Detailhandel, Bauwirtschaft, verarbeitende Industrie (Chemie, Zulieferindustrie Automobile) etc.

Die Einstellung des EWLV wäre zudem mit einem Verlust
an Arbeitsplätzen verbunden: Die Transformationskosten zum Abbau der Leistungen und zur Reduktion des Personalbestands liegen bei SBB Cargo bei etwa 190 Millionen Franken. Der Personalbestand würde gemäss Einschätzungen SBB von heute ca. 2350 VZÄ auf 820 VZÄ reduziert (­65 Prozent).

Bei einer Einstellung werden zudem die verschiedenen, teils grossen Investitionen der verladenden Wirtschaft in private Bahnanlagen zum überwiegenden Teil nutz- und wertlos. Bei den Verladern fällt so ein finanzieller Schaden an, grob geschätzt mindestens 500 Millionen Franken.

Diese Nachteile überwiegen klar allfällige Vorteile: Die Zahl der für den Schienengüterverkehr vorgesehenen Trassen und spezifischen Güterverkehrsanlagen, die Teil der Bahninfrastruktur sind, könnte reduziert werden. Dies würde das Potenzial von Arealentwicklungen eröffnen, mit denen wieder eine volkswirtschaftliche Wertschöpfung verbunden sein könnte.

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Einführung von Steuerungs- und Lenkungsmassnahmen im Strassengüterverkehr Der Bundesrat verzichtet bewusst auf den Einsatz von Steuerungs- und Lenkungsmassnahmen, welche den Strassengüterverkehr verteuern oder erschweren. Es ist selbstverständlich, dass mit solchen Instrumenten, die einer Verankerung in der Verfassung bedürfen würden, der Schiene eine stärkere Rolle gegeben werden könnte.

Dies ist jedoch zurzeit politisch nicht erwünscht.

Das Erzwingen einer Verlagerung weg vom Strassengüterverkehr erschwert oder behindert den Aufbau von für die Logistikwirtschaft optimalen Transportketten. So würde die Angebotsqualität verschlechtert, was zulasten der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung geht und die Wettbewerbsfähigkeit der verladenden Wirtschaft negativ beeinflusst.

Steuerungs- und Lenkungsmassnahmen müssen sachlich gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Bereits heute soll mit der Erhebung der LSVA der Schwerverkehr seine Kosten zulasten der Allgemeinheit decken, das heisst: der Schwerverkehr kommt bereits heute für einen Teil der von ihm verursachten Klimakosten auf. Der Kostendeckungsgrad der LSVA liegt derzeit bei 63 Prozent.27 Eine massgebliche Erhöhung der LSVA ist jedoch vor allem aufgrund der Bestimmungen des Landverkehrsabkommens, mit welchem die Höchstsätze der LSVA festgehalten sind, nicht möglich. Nichtsdestotrotz wird mit der Vorlage zur Weiterentwicklung der LSVA eine Erhöhung des Kostendeckungsgrads mit einer gezielteren Kostenanlastung und unter Einhaltung der internationalen Verpflichtungen angestrebt.

Einführung eines Verlagerungsziels für den Güterverkehr in der Fläche Der Bundesrat verzichtet ebenso darauf, ein quantifizierbares Verlagerungsziel für den Güterverkehr in der Fläche zu unterbreiten und entsprechend die rechtlichen Rahmenbedingungen darauf auszurichten. Ein Verlagerungsziel für den Güterverkehr in der Fläche ­ analog der Zielsetzung für den alpenquerenden Schwerkehr in Höhe von 650 000 alpenquerenden Fahrten nach Artikel 3 GVVG ­ würde die Verlagerung von Strassengüterverkehr auf die Schiene zum Ziel haben. Diese Zielsetzung liesse sich auf zwei Arten präzisieren: Durch einen definierten ­ gegenüber heute höheren oder gleichen ­ prozentualen Marktanteil der Schiene, oder aber durch die Festlegung der absoluten Zahl der in der Schweiz erfolgenden
Schwerverkehrsfahrten, der Transportleistung des Strassenschwerverkehrs (in tkm) oder der Fahrzeugleistung des Strassenschwerverkehrs (in Fahrzeug-km).

Die Forderung nach einer Zielsetzung, Güterverkehr in der Fläche von der Strasse auf die Schiene zu verlagern, wird zumeist rein umweltpolitisch begründet, ohne zugleich weitere volkswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Es kann nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass der Schienentransport in einem gesetzlich festgelegten, quantifizierten Ausmass gegenüber dem Strassentransport ­ auch unter adäquater Berücksichtigung der Anliegen der Umwelt- und Energiepolitik sowie der Versor27

Bundesamt für Raumentwicklung (2023), Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz. Strassen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr 2020; Ziffer 2.5; abrufbar unter www.are.admin.ch > Medien & Publikationen > Publikationen > Mobilität > Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz.

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gungssicherheit ­ in jedem Fall volkswirtschaftlich vorteilhaft ist. Ein pauschaler Verlagerungsauftrag und das Ziel eines umfassend flächendeckenden Angebots ohne Ausrichtung an den Bedürfnissen der verladenden Wirtschaft sind so nicht selbstredend geeignet, eine Verbesserung herbeizuführen. Dies gilt auch unter den neuen Herausforderungen aus der Umwelt- und Energiepolitik: Verkehrspolitisches Ziel kann nicht per se eine Erhöhung des Marktanteils der Schiene sein, vielmehr geht es um die übergeordneten Ziele, den CO2-Ausstoss des Gütertransports zu verringern und das Angebot energieeffizient zu erbringen. Anschliessend und nachgeordnet stellt sich die Frage, welchen Beitrag der Schienengüterverkehr hierfür leisten kann.

Die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft wandeln sich ständig, ebenso die technischen Möglichkeiten und die Logistikprozesse im Gütertransport. Ein im Voraus definiertes Verlagerungsziel würde dem nicht gerecht. Zudem ist im Binnen-, Exportund Importverkehr das Zusammenspiel der Verkehrsträger in Form multimodaler Angebote von Bedeutung. Für die Bestimmung des Beitrags des Schienengüterverkehrs sind diese Faktoren adäquat zu berücksichtigen.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung, zur Finanzplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage war weder in der Botschaft vom 29. Januar 2020 zur Legislaturplanung 2019­202328 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 2020 über die Legislaturplanung 2019­202329 angekündigt und die Botschaft zur Legislaturplanung 2023­ 2027 wurde noch nicht verabschiedet.

Die Motionen 20.3221 und 20.3222, welche die wesentlichen politischen Aufträge für diese Vorlage enthalten, waren zum Zeitpunkt der Erstellung der Botschaft zur Legislaturplanung noch nicht verabschiedet. Die Revision des GüTG ist formell angezeigt, damit dem verfassungsmässigen Auftrag, dass alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in Form von Bundesgesetzen zu erlassen sind, nachgekommen wird. Darüber hinaus besteht aufgrund der Dringlichkeit ausversorgungs-, energie-, umwelt- und verkehrspolitischer Sicht die Notwendigkeit, die Vorlage nun zu unterbreiten.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der Vorlage sollen die folgenden parlamentarischen Vorstösse erfüllt werden: 2020 M 20.3221 Durch Automation Güter auf der Schiene effizienter transportieren (S 04.05.2020) 2020 M 20.3222 Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses (S 04.05.2020)

28 29

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385

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2020 M 20.3286 Förderung des Gütertransports auf dem Rhein (S 05.05.2020) 2021 P

21.3198 Gütertransport. Warum nicht die bestehenden Eisenbahnanlagen besser nutzen? (S 16.03.2021)

Der Bundesrat beantragt daher, diese parlamentarischen Vorstösse als erfüllt abzuschreiben.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Die Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport und zu den Bundesbeschlüssen über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs sowie über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen, automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene wurde vom 2. November 2022 bis zum 24. Februar 2023 durchgeführt.

Die Vernehmlassungsvorlage umfasste zwei grundlegende Stossrichtungen und Varianten für die Weiterentwicklung des Güterverkehrs. Diese beiden Varianten wurden in ihren unterschiedlichen Ausprägungen vorgestellt, die unterschiedlichen Auswirkungen beschrieben und zwei Vorschläge für die Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen unterbreitet.

Variante 1 enthielt Instrumente, welche ein umfassendes Angebot im Gütertransport auf der Schiene sichern und weiterentwickeln sollen. Damit soll ein massgeblicher Beitrag an die Versorgungssicherheit sowie die umwelt- und energiepolitischen Zielsetzungen geleistet werden. Variante 2 basiert auf der Annahme, dass diese Angebote vom Strassengüterverkehr bereits in kurzer Zeit in gleicher Kapazität und Qualität sichergestellt werden können und es damit keiner Förderung des Binnenschienengüterverkehrs bedarf. Das würde voraussichtlich zur weitgehenden Einstellung des EWLV führen. In beiden Varianten war die Einführung der digitalen automatischen Kupplung für den Schienengüterverkehr und waren Massnahmen zur Förderung der Rheinschifffahrt vorgesehen.

Zur Stellungnahme eingeladen waren die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft und weitere interessierte Kreise. Insgesamt sind 103 Stellungnahmen eingegangen. Der vollständige Ergebnisbericht kann im Internet konsultiert werden. Die Vorlage wurde mehrheitlich begrüsst. Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden sieht in Variante 1 mit der Sicherstellung eines umfassenden Angebots im Gütertransport auf der Schiene und vor allem in dessen Weiterentwicklung das geeignetere Vorgehen. Einige Teilnehmende lehnten die Vorlage ab und forderten eine Überarbeitung, weitere beantragen eine Umsetzung von Variante 2. Die Einführung der digitalen automatischen Kupplung für den
Schienengüterverkehr war weitgehend unbestritten, wobei einige Teilnehmende die Förderung erhöhen möchten.

Die Massnahmen zur Förderung der Rheinschifffahrt waren unbestritten. Verschie-

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dene Verbände und Kantone forderten darüber hinaus auch eine stärkere Förderung des Schienengüterverkehrs in den Berg- und Randregionen der Schweiz.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Beihilferegelungen der EU im Landverkehr Für Beihilferegeln im Bereich Landverkehr ist in der EU vorrangig Artikel 93 AEUV30 relevant. Demgemäss sind staatliche Beihilfen zum Zweck der Koordinierung des Verkehrs grundsätzlich zulässig. Sie setzen zusätzlich voraus, dass der Staat in die Entwicklung des Verkehrssektors im Interesse der Allgemeinheit lenkend eingreift. Damit eine staatliche Beihilfe den «Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs entspricht», muss sie notwendig und im Hinblick auf das verfolgte Ziel verhältnismässig sein, und die damit einhergehende Wettbewerbsverzerrung darf den allgemeinen Interessen der EU nicht zuwiderlaufen. Zu denken ist hier beispielsweise an staatliche Beihilfen zur Verringerung der externen Kosten des Verkehrs, welche durch die Verkehrsverlagerung auf die Schiene gefördert werden kann, da diese gegenüber anderen Verkehrsträgern wie der Strasse weniger externe Kosten verursacht.

Weiter sind nach Artikel 93 AEUV staatliche Beihilfen zulässig, die der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen. Darüber hinaus bestehen weitere Regelungen für die Gewährung von staatlichen Beihilfen im Landverkehr mit der Verordnung (EU) 2022/258631, welche für den Eisenbahnverkehr und den multimodalen Verkehr die Möglichkeit von Gruppenfreistellungen vorsieht, da diese Sektoren vor dem Hintergrund des europäischen Grünen Deals und der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Staatliche Beihilfen im Anwendungsbereich dieser EU-Verordnung werden ­ sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind ­ als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet und unterlägen nicht mehr der Meldepflicht bei der EU-Kommission.

Aufbauend auf die jeweils gültigen Beihilferegelungen wurden in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ländern Europas unterschiedliche Programme zur Förderung des Schienengüterverkehrs implementiert. Diese wurden durch die Europäische Kommission nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Im Zuge der Covid-19-Krise wurden darüber hinaus zusätzliche Unterstützungsmassnahmen eingeführt. Beispielhaft sollen an dieser Stelle die Fördermassnahmen in Österreich und Deutschland kurz dargestellt werden.

30

31

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 26. Oktober 2012 in der konsolidierten Fassung von 2016, Amtsblatt der Europäischen Union (ABl.) C 202 vom 7.6.2016, S. 47.

Verordnung (EU) 2022/2586 des Rates vom 19. Dezember 2022 über die Anwendung der Artikel 93, 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen staatlicher Beihilfen im Eisenbahn-, Binnenschiffs- und multimodalen Verkehr, ABl. L 338 vom 30.12.2022, S. 35.

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Situation in Österreich In Österreich bestehen mehrere Programme zur Förderung des Schienengütertransports. Diese umfassen das sogenannte «Förderprogramm Schienengüterverkehr»,32 mit welchem direkte Beihilfen für Schienengüterverkehrsleistungen im EWLV und KV ausgerichtet werden. Die Abgeltung ist für den EWLV höher bemessen als für den KV. Sie wird auf Basis der in Österreich beförderten Netto-tkm ermittelt und ist auf kurzen Strecken höher als auf langen, um so den Preis für die erste und letzte Meile attraktiver zu gestalten. Empfänger sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Die Fördersätze werden durch wissenschaftliche Analysen begründet, die den Kostennachteil gegenüber dem Strassengüterverkehr belegen. Jährlich schüttet das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ca.

125 Millionen Euro für diese Förderungen aus. Daneben bestehen ein Programm «Anschlussbahn- und Terminalförderung» sowie ein «Investitionsförderprogramm Kombinierter Verkehr».33 Situation in Deutschland Auch in Deutschland laufen verschiedene Programme zur staatlichen Förderung des Schienengüterverkehrs. Hier ist zum einen die Förderung der Anlagenpreise zu nennen: Es erfolgt eine anteilige Förderung der von den Betreibern von Serviceeinrichtungen des Schienengüterverkehrs in Rechnung gestellten Entgelte für die Nutzung der Serviceeinrichtungen (Anlagen) insbesondere im Einzelwagenverkehr. Daraus ergibt sich eine Verbilligung der Rangierleistungen von bis zu 45 Prozent. Mit der Förderung soll ein wesentlicher Anreiz gesetzt werden, den Schienengüterverkehr gegenüber der Strasse wettbewerbsfähiger zu machen und als Beitrag zum Klimaschutzprogramm 2030 das Verkehrsaufkommen insbesondere im Einzelwagenladungsverkehr in Deutschland zu steigern.34 Darüber hinaus werden auch Anschlussgleise finanziell unterstützt.35 Unternehmen in privater Rechtsform erhalten finanzielle Zuwendungen für die Errichtung, die Reaktivierung, den Ausbau und den Ersatz von Gleisanschlüssen und multifunktionalen Anlagen sowie Zuführungs- und Industriestammgleisen. Mit diesem Förderprogramm wird die Sicherung bisheriger Verkehre auf der Schiene und eine zusätzliche Verlagerung von Anteilen des Güterverkehrs von der Strasse auf den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene angestrebt.

Ebenso wird mit dem Programm «Zukunft
Schienengüterverkehr zur Förderung von Innovationen»36 die Entwicklung und zeitnahe Markteinführung innovativer Technologien im Schienengüterverkehr gefördert. Deutschland hat in diesem Rahmen die Bemühungen für eine Migration zur digitalen automatischen Kupplung auf europäischer Ebene vorangetrieben.

32 33 34 35 36

Vgl. Förderprogramm Schienengüterverkehr 2018­2022, abrufbar unter www.schig.com.

Vgl. Anschlussbahn- und Terminalförderung und IKV ­ Investitionsförderprogramm Kombinierter Verkehr, abrufbar unter www.schig.com.

Förderung Anlagenpreise, abrufbar unter www.eba.bund.de > Themen > Finanzierung.

Anschlussförderung, abrufbar unter www.eba.bund.de > Themen > Finanzierung.

Zukunft Schienengüterverkehr, abrufbar unter www.eba.bund.de > Themen > Finanzierung.

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Weitere Massnahmen in europäischen Ländern und auf europäischer Ebene Im Zuge der Covid-19-Krise hat die Europäische Kommission den Mitgliedsstaaten empfohlen, den von der Krise betroffenen Schienengüterverkehr durch eine Reduktion der Trassenpreise zu unterstützen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten hat in der Folge die Trassenpreise für den Schienengüterverkehr um die Hälfte oder mehr reduziert (u. a. Deutschland, Niederlande, Österreich, Luxemburg). Zurzeit ist eine Verlängerung dieser Massnahmen über das Jahr 2023 hinaus ­ auch mit Blick auf zusätzliche klimapolitische Bemühungen ­ vorgesehen.

In Ungarn können die Eisenbahnverkehrsunternehmen Zuschüsse beantragen, um ihre Einzelwagenverkehrsleistungen aufrechterhalten zu können. Im Zeitraum zwischen 2022 und 2025 beträgt das förderfähige Budget jährlich 6,4 Milliarden Forint (entspricht ca. 16,5 Mio. Fr.).

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Stärkung des Güterverkehrs durch technische und organisatorische Modernisierung des schweizerischen Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt

Ziel der Vorlage ist, dem Schienengüterverkehr eine tragende Rolle im zukünftigen Gütertransport der Schweiz und im Zusammenspiel der verschiedenen Verkehrsträger zu verleihen. Basis hierfür ist eine umfassende technische, finanzielle und organisatorische Stärkung des Schweizer Schienengüterverkehrs. In Ergänzung hierzu soll auch die Rheinschifffahrt gestärkt werden. In den folgenden Ziffern werden die verschiedenen Massnahmen beschrieben und begründet. Kernelement ist die gezielte finanzielle Stärkung des Netzwerkangebots in Form einer Modernisierung des heutigen Einzelwagenladungsverkehrs.

4.1.1

Anpassung der Ziele des Bundes im Güterverkehr

Unter dem Gesichtspunkt der umweltpolitischen Herausforderungen, der Bedeutung energieeffizienter Transportangebote und der Versorgungssicherheit ist das Zielsystem des verkehrspolitischen Handelns im Bereich des Güterverkehrs neu zu formulieren.

Die verkehrspolitischen Zielsetzungen des Bundes für den Schienengüterverkehr sind in den Zielen und Grundsätzen des GüTG (Art. 2) festgehalten. Gemäss diesen setzt der Bund die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports auf der Schiene und ein effizientes Zusammenwirken mit den anderen Verkehrsträgern. In dieser Vorlage soll mit einem angepassten Ziel- und Massnahmenspektrum der Rahmen so gestaltet werden, dass massgebliche Verminderungen der Treibhausgasemissionen des Gütertransports möglich werden.

Nach Artikel 2 Absatz 2 GüTG müssen die Angebote des Schienengüterverkehrs heute eigenwirtschaftlich, also ohne finanzielle Beiträge in Form von Finanzhilfen 52 / 128

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und Abgeltungen des Bundes erbracht werden, wobei jedoch Ausnahmen definiert werden: die Beteiligung an Bestellungen von Angeboten durch Kantone und die Förderung der Entwicklung von neuen Angeboten. Die Aufzählung dieser Ausnahmen ist entsprechend den beschriebenen Tatbeständen zu erweitern. Mit der Ausweitung der Aufgaben ist auch eine Ausweitung der Tätigkeit des Bundes im Gütertransportmarkt verbunden, da er das Marktgeschehen nun über eine grössere Zahl an Massnahmen in direkter oder indirekter Weise beeinflusst.

Diese Anpassung des Zielspektrums hat zugleich Auswirkungen auf das Zusammenwirken der Verkehrsträger, indem Massnahmen zugunsten des Schienengüterverkehrs dessen Position relativ zum Gütertransport ­ insbesondere auf der Strasse ­ stärken.

Gleiches gilt auch für die Rheinschifffahrt. Weiter ist für verschiedene Massnahmen die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen zu präzisieren.

Periodische Evaluation der Zielerreichung zuhanden des Parlaments Zur Überprüfung der Erreichung der Ziele des GüTG wird der Bundesrat regelmässig die Entwicklung im Schienengüterverkehr in der Fläche evaluieren. Mit dieser Vorlage werden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen, zu deren Umsetzung der Bundesrat in regelmässigen Abständen dem Parlament Bundesbeschlüsse zur Finanzierung der Massnahmen vorzulegen hat. Mit diesen Vorlagen wird der Bundesrat jeweils eine Evaluation der Wirkung des bisherigen Mitteleinsatzes vorsehen. Für die Zwischenjahre ist eine jährliche, aber formlose und kurze Berichterstattung des BAV vorgesehen.

4.1.2

Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr

Die Notwendigkeit der Digitalisierung und der Einsatz neuer Technologien im Schienengüterverkehr ist als Grundlage für eine nachhaltige Mobilität im Gütertransport europaweit anerkannt. Ebenso anerkannt ist, dass es dazu einen auf europäischer Ebene abgestimmten Prozess braucht (vgl. Ziffer 1.1.9.1).

Ziel der mit Blick auf die Automatisierung und Digitalisierung vorgeschlagenen Massnahmen ist, die technologischen Grundlagen für massgebliche Produktivitätssteigerungen und eine deutliche Steigerung der Angebotsqualität im Schienengüterverkehr zu legen. Leistungen des Schienengüterverkehrs können insgesamt flexibler, einfacher, zuverlässiger und kostengünstiger erbracht werden. Für die verladende Wirtschaft ergeben sich attraktivere Dienstleistungen in der Wertschöpfungskette des Transport- und Logistikmarkts. In der Folge können auch neue Märkte für den Schienengüterverkehr erschlossen und zusätzliche Transporte für die Schiene gewonnen werden.

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4.1.2.1

Ziel der Massnahme: Koordinierte Migration zur digitalen automatischen Kupplung

Die Motion Dittli 20.3221 beauftragt den Bundesrat, ein Konzept zu unterbreiten, wie eine Automatisierung und Digitalisierung des Schienengüterverkehrs koordiniert umgesetzt werden kann, inklusive eines möglichen Finanzierungskonzepts. Dabei sollen keine neuartigen Technologien initiiert werden, sondern es soll auf praktikablen, schnell umsetzbaren Lösungen aufgebaut werden.

Zentrales Element für die Automatisierung und Digitalisierung ist die Einführung der sogenannten digitalen automatischen Kupplung (DAK) an allen Fahrzeugen des Schienengüterverkehrs. Mit der DAK werden sowohl massgebliche Automatisierungen als auch eine Digitalisierung der bahnbetrieblichen Prozesse ermöglicht. Die DAK bietet das grösste Potenzial für den angestrebten Zugewinn an Produktivität und Angebotsqualität im Schienengüterverkehr, denn sie vereinigt mehrere Nutzenfaktoren. Sie soll so mittelfristig der neue Standard im europäischen Schienengüterverkehr sein.

Der Schweizer Schienengüterverkehr folgt mit der DAK der europäischen Entwicklung Der schweizerische Schienengüterverkehr wird unmittelbar von der europaweiten Umstellung auf die neue Technologie der DAK profitieren. Dabei übernimmt die Schweiz die europaweit entwickelten technischen Spezifikationen der Automatisierung, die in den europäischen Normen zu den technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) verankert werden sollen. Die Interoperabilität mit dem europäischen Bahnverkehrsmarkt ist damit gewährleistet. Die Umstellung ist gemäss aktuellen Planungen ab frühestens 2027 bis etwa 2032 zu erwarten.

Auf europäischer Ebene hat das sogenannte «Europe's Rail Joint Undertaking» (ERJU), ein von der Europäischen Union finanziertes Forschungs- und Innovationskonsortium für den Schienensektor, unter anderem die Aufgabe, diese technischen Spezifikationen der DAK im sogenannten «Flagship Project 5» zu entwickeln.

Bis 2026 soll eine einheitliche Standard-Technologie für die DAK bereitgestellt werden. Die Schweiz ist mit SBB Cargo, finanziert durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, in diesem Konsortium vertreten, bringt die Schweizer Interessen ein und trägt mit ihren Erfahrungen zu den Entscheidungsfindungen bei. So wurde im September 2021 der von SBB Cargo eingesetzte «ScharfenbergKupplungskopf» gesamteuropäisch ausgewählt. Darauf
aufbauend erfolgen die weiteren Entscheide für die einzusetzende Technik für die Strom- und Datenleitungen und weitere Funktionalitäten.

Parallel arbeitet ­ ebenfalls von der EU finanziert ­ das sogenannte «European DAC Delivery Programme» (EDDP) Lösungswege für die Migration zur DAK und mögliche Finanzierungsmechanismen aus. Die Schweiz ist durch BAV und SBB Cargo sowie Unternehmen aus dem Verband der verladenden Wirtschaft VAP vertreten. In Koordination mit den Arbeiten auf europäischer Ebene wurde auf nationaler Ebene unter Führung des BAV und mit Einbezug der Branche ein Projekt gestartet, das die Einführung und Migration zur DAK und weitere Automatisierungen und Digitalisierungen in der Schweiz organisiert. Bei den Schweizer Branchenakteuren herrscht Ein54 / 128

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vernehmen, dass nur eine Übernahme der europäischen Lösungen und Spezifikationen zielführend ist.

Zielbild des zukünftigen Einsatzes der DAK Die Einführung der DAK hat elementare Auswirkungen auf den Betrieb im Schienengüterverkehr. Die Funktionalitäten der DAK sind modular aufeinander aufgebaut, sodass auch eine stufenweise Einführung möglich ist. Es werden folgende Funktionalitätsstufen unterschieden: ­

AK1: Automatische Kupplung für mechanisches Kuppeln;

­

AK2: Automatische Kupplung inkl. Kuppeln der Bremsluftleitungen;

­

DAK3: Digitale automatische Kupplung, zusätzlich Kuppeln der Stromversorgungskabel;

­

DAK4: Digitale automatische Kupplung, zusätzlich Kuppeln der digitalen Datenleitung;

­

DAK5: Digitale automatische Kupplung, zusätzlich automatisches Entkuppeln über Fernsignal.

Die auf europäischer Ebene angestrebte Spezifikation soll mindestens der Stufe «DAK4» mit Aufwärtskompatibilität zur DAK5 entsprechen.37 Mit ihr werden die verschiedenen bahnbetrieblichen Prozesse beschleunigt und vereinfacht. Folgende Faktoren sind hierbei von zentraler Bedeutung:

37

­

Das mechanische Kuppeln der Fahrzeuge und ihrer Bremsluftleitungen erfolgt automatisch (ab Stufe AK2). Dies ersetzt gänzlich den zeitaufwändigen, manuellen Prozess des Kuppelns mit der Schraubenkupplung sowohl in den Anschlussgleisen als auch den Formations- und Rangierbahnhöfen, in denen die Züge neu formiert werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die Funktion des automatischen (Fern-)Entkuppelns (DAK5) ermöglicht werden. Die Kupplung ist hierfür aufwärtskompatibel.

­

Das Verfahren zur Zugsvorbereitung wird digitalisiert (ab Stufe DAK4).

Strom- und Datenleitungen ermöglichen digitale Funktionen für das Führen eines Zugs. So können in der Zugsvorbereitung weitgehend die manuellen Dokumentations- und Prüfprozesse ersetzt werden, die für eine sichere Abfahrt eines Güterzugs notwendig sind (digitale Erfassung der Wagen und deren Reihenfolge im Zug, automatische Bremsprobe durch den Lokführer, digitale Durchführung der technischen Zugskontrolle etc.).

­

Der Lokführer hat während der Fahrt stets aktuell die Informationen zur Zugsintegrität. Ab Stufe DAK 4 dient die Versorgung des Zuges mit Strom und Daten ebenso zur stetigen Übermittlung von Informationen über den Zustand des Zuges an den Lokführer resp. die Betriebsleitzentrale. Informationen zur Zugsintegrität (geschlossener Zugsverband, ab ETCS Level 3 unabdingbar), Wartungsinformationen einzelner Wagen ergänzt durch weitere Siehe «Konzeptbericht Automatisierung im Schienengüterverkehr der Schweiz, beginnend mit der Migration zur digitalen automatischen Kupplung», BAV 2022, abrufbar unter www.bav.admin.ch.

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dadurch mögliche Funktionen wie Entgleisungsdetektion etc. geben dem Lokführer die Möglichkeit, schnell zu reagieren und so die Sicherheit zu erhöhen.

Für die Realisierung dieser Neuerungen müssen die Wagen mit verschiedenen Komponenten ausgerüstet werden. Dies sind an jedem Ende eines Wagens jeweils eine Kupplung, Kabel für den Energie- und Datenfluss inkl. Kommunikationsknoten, Transformatoren für die Wagenspannung und Sensoren resp. Aktoren und Sensoren für die definierten Funktionalitäten.38 Entsprechend werden auch die Lokomotiven umgerüstet: Da Wagen mit Schraubenkupplung und DAK nicht kompatibel zueinander sind, sollten die Streckenlokomotiven zumindest am Beginn der Migrationsphase Züge beider Kupplungsarten ziehen können. Deshalb soll eine Anzahl der Lokomotiven mit einer sogenannten Hybridkupplung ausgestattet werden. Für Rangierfahrzeuge der Anschlussgleisbetreiber sind einfache Rangierkupplungen ausreichend.

Mit diesen Ausstattungen sind zugleich auch die Voraussetzungen für weitere digitale Anwendungen der DAK in der Wartung, in Logistikprozessen etc. gegeben. Die mit der DAK möglichen Digitalisierungen können somit in verschiedensten Leistungen eines Eisenbahnverkehrsunternehmens, Wagenhalters oder an den Schnittstellen zwischen den Akteuren zum Einsatz kommen. Der Einsatz dieser weiteren Anwendungen ist eine unternehmerische Entscheidung.

Mit der Migration zur DAK entsteht ein umfassender Nutzen für den Schienengüterverkehrsmarkt, die verladende Wirtschaft und die Volkswirtschaft Mit der Automatisierung durch die Migration zur DAK kann für den Schienengüterverkehr ein umfassender Nutzen realisiert werden. Dieser entsteht betriebswirtschaftlich direkt bei der Erbringung der Gütertransportleistungen. Indirekt profitieren mit der Migration auch die Kunden, also die verladende Wirtschaft, die Wagenhalter sowie die Infrastrukturbetreiber als Leistungserbringer im Schienengüterverkehr. Durch die verbesserte Produktivität entstehen letztlich auch volkswirtschaftliche Effekte auf verschiedenen Ebenen: ­

Eisenbahnverkehrsunternehmen: Der grösste Nutzen der DAK entsteht dort, wo alle vorgesehenen Automatisierungsfunktionen mehrmals täglich angewendet werden. Dies ist zuallererst im EWLV der Fall. Wenn die DAK anstelle der Schraubenkupplungen eingesetzt werden kann, können in der Nahzustellung bis zu 60 Prozent Zeit eingespart werden.

Im EWLV der Schweiz werden täglich eine Vielzahl von Anschlussgleisen über Formationsbahnhöfe und Ladestellen bedient. Die Einsparungen belaufen sich im EWLV der Schweiz schätzungsweise auf 310 000 Stunden pro Jahr (ceteris paribus). Dies bedeutet eine Produktivitätssteigerung in der Nahzustellung von durchschnittlich etwa 45 Prozent.39 Für Ganzzüge im konventionellen und kombinierten Verkehr ist die Zahl der Kupplungsvorgänge deutlich niedriger. Nutzen entsteht jedoch vor allem

38 39

Vgl. ebd.

Mengenangaben von SBB Cargo. Siehe Bericht «Vorläufige Kosten-Nutzen-Analyse der digitalen, automatischen Kupplung» BAV und hwh 2022, abrufbar unter www.bav.admin.ch.

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durch die digitalisierten Prozesse in der Zugsvorbereitung. Bei ca. 83 000 Zügen jährlich wird je nach Ausrüstungsstufe eine Einsparung von bis zu 130 000 Stunden pro Jahr erzielt. Die Produktivitätssteigerung in der Nahzustellung beträgt damit bis zu 34 Prozent.40 Darüber hinaus entsteht bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen weiterer indirekter Nutzen. Durch die stärkere Zughakenlast der DAK können schwerere Züge mit höheren Geschwindigkeiten gefahren werden, da der Zugsverband mit der DAK stabiler ist, eine bessere Fahrdynamik zulässt und sich der Bremsweg verringert.

Das schnellere Bereitstellen der Züge und zum Teil schnelleres Fahren verkürzen die Umlaufzeiten. Das Rollmaterial kann optimiert eingesetzt werden und bietet Kapazitäten für mehr Verkehr.

Zudem sind mit der DAK die Zugsdaten digital vorhanden. Dies ist eine Voraussetzung für die Durchdigitalisierung der übrigen mit der Angebotserstellung verbundenen Prozesse, die dann medienbruchfrei Optimierungen bis in die Kundenbetreuung und Abrechnung bieten können. Ebenso sind Lokführer und Betriebsleitzentralen stets zur Zugsintegrität und zum sicheren Betrieb des Zuges informiert, was ohne Energie und Datenleitung auf den Wagen wie im heutigen Betrieb nicht möglich ist.

40

41

­

Wagenhalter: Zentraler indirekter Vorteil für die Wagenhalter ist der Mehrwert, der durch zusätzliche Funktionalitäten des Wagens entsteht. Den Wagen stehen neu digitale Daten zur Verfügung. Dies ermöglicht eine zustandsbasierte Wartung, sodass die Wagen nur dann in die Werkstatt müssen, wenn sich tatsächlich ein Verschleiss von Teilen anbahnt. Dadurch steigt die Verfügbarkeit der Wagen; Leerstände ohne Verdienstmöglichkeit können abgebaut werden. Der Zustand der Wagen kann so stets überprüft werden.

­

Infrastrukturbetreiberinnen: Direkter Nutzen entsteht in den Rangierbahnhöfen,41 die als Anlagen zur Bahninfrastruktur gehören. Die Züge können hier wie auch in den KV-Umschlagsanlagen schneller formiert werden. Ebenso können Trassen für den schweren Güterverkehr wegen der höheren Zugsdynamik mit höheren Geschwindigkeiten geplant werden. Durch harmonisierte Geschwindigkeitsprofile von Güter- und Personenzügen entstehen zusätzliche Kapazitäten, was sich im dicht befahrenen Schweizer Eisenbahnnetz positiv auf die Fahrplanstabilität auswirkt. In gewissem Masse reduziert die DAK den Verschleiss an den Schienen und erhöht dadurch auch die Entgleisungssicherheit. Der durchgehende Datenfluss kann auch für den Infrastrukturbetrieb genutzt werden, da die Zugsdaten schnell, ohne Aufwand und fehlerfrei übertragen und verarbeitet werden können. Die DAK ist auch ein unabdingbares Grundelement für die Weiterentwicklung zum zukünftigen Zugsicherungssystem ETCS Level 3, mit dem die Zugsicherung vollständig digitalisiert werAngaben von diversen Unternehmen. Siehe Bericht «Vorläufige Kosten-Nutzen-Analyse der digitalen, automatischen Kupplung» BAV und hwh 2022, abrufbar unter www.bav.admin.ch.

Vgl. SBB Infrastruktur: Auswirkungen der Digitalen Automatischen Kupplung auf die Infrastrukturbetreiber in der Schweiz, 2022.

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den soll. Sie bildet so die Voraussetzung zum automatisierten Fahren auch im Güterverkehr und für kürzere Zugfolgezeiten.

­

Gütertransportmarkt und Volkswirtschaft: Mit der Erhöhung der Produktivität werden die Leistungen im Schienengüterverkehr für die Kunden attraktiver. Mit flexibleren, schnelleren und kostengünstigeren Angeboten lassen sich die bestehenden Verkehre optimieren. Eine bessere Einbindung in die gesamte Logistikkette mit multimodalen Transportangeboten wird möglich. Dies erhöht grundsätzlich die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs. Auf diesem Weg wird es möglich, dass Verkehre vermehrt auf die dekarbonisierte und energieeffiziente Schiene verlagert werden, der Marktanteil der Schiene stabilisiert oder gesteigert werden kann und der CO2-Ausstoss des Gütertransports sich entsprechend verringert. Ebenso zu erwähnen ist die Erhöhung der Arbeitssicherheit, indem die manuellen Prozesse des Kuppelns wegfallen. Reduzierte Gesundheitskosten sowie attraktivere Berufsbilder in der Schienenverkehrslogistik, aber auch der Innovationsschub wirken positiv auf die gesamte Branche.

Notwendigkeit einer koordinierten Migration zur DAK im Schweizer Güterverkehrsmarkt Wagen mit DAK können nicht mit Wagen mit Schraubenkupplung gekuppelt werden.

Züge können daher nur mit Wagen eines Kupplungstyps gebildet werden. Die Migration von der heutigen Schraubenkupplung zur DAK muss deshalb sehr sorgfältig geplant werden. Da auch Gütertransporte im Import-/Exportverkehr und der Transitgüterverkehr betroffen sind, erfordert die Migrationsplanung auch eine enge europäische Koordination. Dies geschieht durch die Mitarbeit der Schweizer Branchenakteure im EDDP.

Die Migration wird durch die Komplexität des EWLV bestimmt: Einzelne Wagen oder Wagengruppen werden jeden Tag oder mehrmals täglich gemäss den variierenden Transportbedürfnissen in unterschiedlicher Form neu zu Zügen gebildet. Erschwerend kommt hinzu, dass es aufgrund der optimierten Transportabläufe auch Wagen gibt, die abwechselnd sowohl in Ganzzügen als auch im EWLV eingesetzt werden. Für den EWLV wird deshalb ein detailliertes Migrationskonzept erstellt. Es sind verschiedene Phasen oder Wellen der Umrüstung vorgesehen, damit die Transportleistung der Schiene in der Übergangszeit aufrechterhalten werden kann.

Parallel kann ­ einfacher und weniger zeitkritisch ­ der Fahrzeugpark in folgenden Segmenten umgerüstet werden: ­

Ganzzüge, die meist in der gleichen Formation zwischen zwei Punkten pendeln;

­

Wagengruppen, die in klar definierten und isoliert gefahrenen Verkehren betrieben werden (z. B. Wagen für Postverkehre, in sich geschlossene Kundenverkehre, KV-Binnenverkehr etc.);

­

weitere isolierbare Verkehre, die für die Übergangszeit mit vertretbaren Kosten gesondert fahrbar sind (Grosskunden, bestimmte Warengruppen etc.).

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Die Migration soll über einen möglichst kurzen Zeitraum erfolgen, damit der umfassende Nutzen der Migration möglichst früh realisiert werden kann und mögliche Beeinträchtigungen während der Migration möglichst kurz gehalten werden. Für die Kunden soll idealerweise kein Unterbruch im Angebot erfolgen. Aktuell wird ein Migrationszeitraum von circa fünf Jahren (konkret: 2027­2032) als realistisch erachtet.

Die Zeitplanung für die Migration in der Schweiz wird für den grenzüberschreitenden Verkehr auf die Planungen des EDDP abgestimmt. Um mögliche Zeitverzögerungen in Europa aufzufangen, kann der Schweizer Wagenpark in zwei Teilflotten aufgeteilt werden. Wagen, die im Binnenverkehr in gesonderten Zügen verkehren können, sollten so früh wie möglich umgestellt werden können, um die Vorteile der DAK möglichst frühzeitig ausspielen zu können. Wagen, die grenzüberschreitend betrieben werden, werden parallel zur europäischen Migrationsplanung umgestellt. Voraussetzung einer vorgezogenen Schweizer Migration ist die Freigabe der TSI-Normen für die technischen Spezifikationen und die klare Willensbekundung für eine europaweite Umstellung. Ein dauerhafter Schweizer Inselbetrieb mit der DAK parallel zur Schraubenkupplung würde nach aktueller Einschätzung zu Ineffizienzen führen.

Damit die Migration in der stark segmentierten Branche koordiniert und ohne grosse Qualitätsverluste in der Umstellungszeit bewerkstelligt werden kann, soll in der Branche eine unternehmensübergreifende Organisation ­ das sogenannte «DeploymentManagement» gebildet werden, die die gesamte Umstellung plant, steuert und überwacht. Diese soll frühzeitig aufgebaut werden, damit die Vorbereitungsarbeiten wie der Aufbau eines Materialpools, die Kapazitätsplanung der Werkstätten und Bereitstellung der Fahrzeuge innerhalb der Flottenstrategien an die Hand genommen werden können. Insbesondere sind Engineering-Tätigkeiten zu bewerkstelligen, um die verschiedenen Wagen- und Lokomotivtypen im Güterverkehr für den Einbau der DAK vorrüsten zu können. Nach aktueller Schätzung sind diese Pläne für ca. 50 Wagenund für 10 verschiedene Lokomotivtypen auszuarbeiten. Diese Arbeiten sind vor dem Migrationszeitraum fertigzustellen. Das Schweizerische Deployment Management arbeitet eng und subsidiär mit den gleichermassen geplanten europäischen Organisationen
zusammen.

Investitionsvolumen für die Migration zur DAK Zur Einführung der Automatisierungs- und Digitalisierungskomponenten mitsamt der DAK ist im schweizerischen Fahrzeugpark nach erster Abschätzung mit einer Gesamtinvestition von knapp 500 Millionen Franken zu rechnen. Hinzu kommen die Kosten der Vorbereitungsarbeiten, insbesondere der Engineering-Leistungen mit ca.

20 Millionen Franken. Die Gesamtsumme setzt sich folgendermassen zusammen:

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Tabelle 1 Zahlen Stand 11.06.2023

Wagen, leicht umrüstbar Wagen, schwierig umrüstbar Wagen, die ersetzt werden müssen

Anzahl

Umrüstkosten je Stück in Fr.

Summe in Mio. Fr.

7500 7000 500

21 000 31 000 13 000

157 217 7

Summe Wagen Lokomotiven, schwierig umrüstbar Lokomotiven, die ohnehin ersetzt werden müssen oder mit Alternativen (z. B. Hilfskupplungen) ausgerüstet werden können

381 390

250 000

97,5

130

80 000

10,5

Summe Lokomotiven

108

Migrationssteuerung Engineering

10 10

Summe Migrationssteuerung

20

Gesamtinvestition

509

Die Errechnung des mit der Migration zur DAK verbundenen Investitionsvolumens beruht auf den Abschätzungen des EDDP und der im Schweizer Projekt involvierten Akteure. Eingeflossen sind dabei die aufgelaufenen Kosten in den Probebetrieben und die Annahme einer industriellen Produktion auf Basis des gesamteuropäischen Bedarfs von ca. einer Million Kupplungen zur Umrüstung von ca. 500 000 Wagen, die im europäischen Bestand sind.

Die Kosten des Engineerings und der Migrationssteuerung wurden analog dem Vorgehen bei der Lärmsanierung der Schweizer Güterwagen im Rahmen des Schweizer Projekts abgeschätzt.42 Die Engineering-Leistungen erfordern ca. 10 Millionen Franken, ebenso die Vorbereitungsarbeiten.

Die Anzahl der Fahrzeuge wurde über das schweizerische Fahrzeugregister43 ermittelt. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen und Wagenhalter wurden aufgefordert, ihre Daten im Fahrzeugregister bis 31. März 2022 zu aktualisieren. Gleichzeitig wurden sie aufgefordert, die Frage der Umrüstbarkeit der Fahrzeuge zu klären. Nicht vollständig im Fahrzeugregister erfasste Wagen können nicht beachtet werden. Zurzeit wird von 15 000 Wagen und 520 Lokomotiven ausgegangen, die in das Umbauprogramm aufgenommen werden sollen.

42 43

Vgl. SBB Cargo: Analysen SBB Cargo zur Migration Automation zu Handen BAV, 2022.

Siehe Fahrzeugregister unter www.bav.admin.ch > Verkehrsmittel > Eisenbahn > Fachinformationen.

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4.1.2.2

Vorgeschlagene Massnahme: Investitionsbeiträge des Bundes für die Migration zur digitalen automatischen Kupplung

Die Bestimmungen des heutigen Artikels 10 GüTG geben dem Bund bereits heute die Möglichkeit, Investitionen in technische Neuerungen im Gütertransport auf der Schiene zu fördern. Nach Artikel 19 GüTV ist der Zweck dieser Investitionen, Güter effizienter oder ressourcenschonender zu transportieren und die Migration auf neue technische Standards zu unterstützen und zu beschleunigen. Bisher kamen diese Rechtsbestimmungen punktuell für kleinere Pilot- oder Testanwendungen mit geringen finanziellen Volumen zum Zuge. Das Projekt der Migration zur DAK geht über den bisherigen Rahmen hinaus und benötigt daher eine entsprechende verkehrspolitische Legitimation. Die finanziellen Mittel für die Investitionsbeiträge sollen Gegenstand eines eigenen Verpflichtungskredits sein. Die Regelungen zur Mitfinanzierung sind später in den Ausführungsbestimmungen festzuhalten.

Die Wirkungen der Migration zur DAK rechtfertigen ein finanzielles Engagement des Bundes Eine solche Ausweitung des Engagements des Bundes erfordert eine besondere Rechtfertigung, die auf den folgenden Punkten gründet: ­

Beschleunigung der Migrationsdauer: Der Zielzustand mit vollständiger Migration zur DAK soll möglichst schnell hergestellt werden, um den vollen Nutzen zu generieren. Dazu braucht es einmalig und innerhalb kürzester Zeit eine hohe Investition, deren Umsetzung branchenweit abzustimmen ist.

­

Nutzen als Netzeffekt: Der volle Nutzen kann nur durch die Migration des ganzen Fahrzeugsparks im Schweizer Schienengüterverkehr erreicht werden.

Der Bund muss daher Anreize setzen und Massnahmen ergreifen, die eine möglichst umfassende Migration sicherstellen.

­

Koordination mit Europa: Die Güterverkehrsfahrzeuge, insbesondere im Import- und Exportverkehr, verkehren interoperabel in verschiedenen Zügen grenzüberschreitend. Die Kompatibilität und Koordination mit den Entwicklungen und dem Projektverlauf im benachbarten Ausland muss länderübergreifend sichergestellt sein.

­

Effizienzsteigerung: Die einmalige Investition erlaubt effizientere Prozesse im Schienengüterverkehr und damit eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit. Die Realisierung von Produktivitätseffekten senkt die Gefahr dauerhafter Defizite bzw. einer dauerhaften Abhängigkeit von Abgeltungen in verschiedenen Bereichen des Schweizer Schienengüterverkehrs.

­

Nutzen für die Schieneninfrastruktur und das Gesamtsystem Bahn: Prozessbeschleunigungen und Änderungen im Fahrverhalten der Güterzüge durch die DAK sind unmittelbar und mittelbar mit einem Nutzen für die durch den Bund finanzierte Bahninfrastruktur verbunden.

­

Volkswirtschaftlicher Nutzen: Die beschriebenen verschiedenen volkswirtschaftlichen, vor allem umweltpolitisch und durch Aspekte der Sicherheit begründeten, Vorteile der DAK sprechen darüber hinaus für ein Engagement des 61 / 128

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Bundes. Die Migration leistet einen Beitrag an die volkswirtschaftlichen Vorteile eines flächendeckenden Schienengüterverkehrs.

Die finanzielle Beteiligung des Bundes beruht auf klaren Grundsätzen Für eine Mitfinanzierung der DAK durch den Bund sollen aus Sicht des Bundesrats folgende Grundsätze gelten: 1.

Der Bund leistet für die Umrüstung der Wagen einen einmaligen Investitionsbeitrag: Mit der Migration wird dem Schienengüterverkehrsmarkt eine netzweite Verbesserung hinsichtlich Produktivität und Angebotsqualität ermöglicht. Diese Qualitätsverbesserung soll durch den Bund finanziell unterstützt werden. Die nach Abschluss der Migration notwendigen Ersatz- und Neuinvestitionen in Lokomotiven und Rollmaterial sollen wieder eigenwirtschaftlich finanziert werden. Die finanzielle Unterstützung durch den Bund beschränkt sich daher auf die Umrüstung bestehender und bis zum Abschluss der Migration beschaffter Fahrzeuge und der dazu nötigen Engineerings- und Vorbereitungsarbeiten. Es werden nur Fahrzeuge, die in der Schweiz registriert sind und von einem Unternehmen mit einem Sitz in der Schweiz gehalten werden, finanziell unterstützt.

Für die konkrete Umsetzung der finanziellen Förderung heisst dies: ­ Empfänger des Mitfinanzierungsbeitrags des Bundes für den Einbau der DAK sind die Fahrzeughalter.

­ Empfänger für die Mitfinanzierung des Bundes für die Engineering- und Vorbereitungsleistungen ist die von der Branche zu gründende Organisationseinheit zur Migration der DAK ­ das sogenannte «Schweizerische Deployment-Management».

­ Der Mitfinanzierungsbeitrag des Bundes erfolgt als Pauschalbeitrag in Form von A-Fonds-perdu-Beiträgen* für den Fahrzeugumbau und in Form eines Kostendachs für die Tätigkeiten des Deployment-Managements.

­ Von speziellen Massnahmen zur Sicherung eines «Nutzentransfers» wird abgesehen: Empfänger der Finanzhilfe sind die Wagenhalter, welche auch namhafte Eigenmittel einbringen müssen. Der Grossteil des Nutzens im Betrieb fällt hingegen bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und nicht bei den Wagenhaltern an. Der sogenannte «Nutzentransfer» zwischen EVU und Wagenhaltern kann innerhalb der üblichen Marktmechanismen erfolgen. Dies kann über die Wagenmieten geschehen. Idealerweise aktualisieren die Branchenverbände die bestehenden Musterverträge, die auf den Entscheidungsgrundlagen des Bundes aufbauen.

­ Es werden nur eindeutig über die Immatrikulationsnummer identifizierbare Fahrzeuge finanziert. Sie müssen sich zum Stichtag 31.12.2023 mit vollständigen Angaben im Schweizer Fahrzeugregister befunden haben.

Ab 2025 in Betrieb genommene Fahrzeuge müssen im sogenannten «DAK-ready-Zustand» sein. Das heisst, dass die Fahrzeugkonstruktion eine mittige Kraftableitung zulässt, ein entsprechendes Zug-/Federpaket

62 / 128

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­ 2.

zur mittigen Kraftableitung installiert ist, an dem ohne weitere Umbaumassnahmen am Wagen die Schraubenkupplung durch die DAK einfach ersetzt werden kann. Bestehende Wagen müssen im regulären Revisionszyklus ab 2025 in diesen Zustand versetzt worden sein.

Neu- und Ersatzbeschaffungen nach Abschluss der koordinierten Migration (Zeitpunkt voraussichtlich 2032) werden nicht mehr finanziert.

Die Branchenakteure tragen einen signifikanten Anteil an der Finanzierung: Die Branchenakteure sind gefordert, einen signifikanten Teil der Investitionssumme zu übernehmen, da sie von verbesserten Produktionsbedingungen profitieren und so ihren Anteil auch für die Amortisation der DAK einsetzen können. Die finanzielle Unterstützung durch den Bund hat das Ziel, die Amortisationsdauer der Investition zu verkürzen und so eine Migration systemweit zu ermöglichen.

Für die konkrete Umsetzung der finanziellen Förderung folgt aus diesem Grundsatz: ­ Der Bund finanziert einen Anteil, der ca. 30 Prozent der geschätzten Investitionen pro Fahrzeug entspricht.

­ Auf dieser Basis wird die Finanzhilfe in Form eines Pauschalbetrags pro Wagen und Lokomotive definiert. Das entspricht nach den bisherigen Abschätzungen für den vollen Fördersatz ca. 10 000 Franken pro Wagen und ca. 75 000 Franken pro Lokomotive. Die definitiven Beträge werden in den Ausführungsbestimmungen (GüTV) festgelegt werden.

­ Die Arbeiten des sogenannten «Deployment-Managements» samt Engineering werden bis zu einem Kostendach von 20 Millionen Franken vom Bund finanziert.

3.

Die Migration soll auch für eine Optimierung des Fahrzeugparks genutzt werden: Der Bund erwartet bei einer Mitfinanzierung einen Optimierungsschub (Reduktion und Erneuerung des Wagenparks, Erhöhung der Laufleistungen der Wagen, schnellere Umläufe etc.). Die Förderung soll sich daher stufenweise auf Wagen ab dem Baujahr 1995 und jünger beziehen. Damit sind die meisten Wagen, die für die Schweiz aktuell benötigt werden, berücksichtigt.

Am Ende der Migration werden die ältesten umgebauten Wagen 37 Jahre alt sein. Der Ersatz von Wagen, die nicht umbaubar sind, soll ebenfalls gefördert werden können.

Die konkrete Ausgestaltung wird im Rahmen der Ausführungsbestimmungen vorgenommen und sich dabei auch an die für die EU vorgesehenen Förderkriterien anlehnen. Fahrzeuge, die nach dem formellen Ende der Migration beschafft werden, sowie bestehende Fahrzeuge, die aktuell nicht in der Schweiz immatrikuliert sind und erst ab 2024 in der Schweiz immatrikuliert werden, werden nicht gefördert.

Finanzieller Umfang und formeller Rahmen für die Umsetzung Die Mitfinanzierung erfolgt über Zusicherungsverfügungen an die Halter der Fahrzeuge. Die Finanzierung der Umrüstungen wird in den Verfügungen wagenscharf festgehalten. Die Zahl der Auflagen soll sehr geringgehalten werden, indem sie sich allein auf die Pflicht zur Umrüstung und den Einbau der definierten Komponenten 63 / 128

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beziehen. Nur bei Lokomotiven wird eine Mindestbetriebsdauer der DAK verlangt, ansonsten besteht eine Rückerstattungspflicht.

Die für die finanzielle Förderung durch den Bund erforderlichen Mittel werden mit einem Verpflichtungskredit bereitgestellt, der mit dieser Vorlage mit Bundesbeschluss verabschiedet werden und die Fördersumme für das Gesamtprogramm der Migration zur DAK umfassen soll. Insgesamt ergibt sich eine Fördersumme von 180 Millionen Franken für den Bund. Das entspricht mehr als einem Drittel der geschätzten Investitionssumme. Bei einer Migrationsdauer von sechs Jahren fallen pro Jahr durchschnittlich 30 Millionen Schweizer Franken an. Die Fördersumme verteilt sich wie folgt: Tabelle 2 Förderbeitrag in Mio. Fr.

Förderbeitrag Wagen Förderbeitrag Lokomotiven Kostendach Engineering und Migrationssteuerung

120 40 20

Förderbeitrag insgesamt

180

Festlegung des Umsetzungszeitraums Der Bundesrat bestimmt Beginn und Ende des Programms und beantragt die jährlich erforderlichen Mittel im Rahmen der Voranschlagsprozesse. Es wird davon ausgegangen, dass die Umrüstung innerhalb von sechs Jahren erfolgt. Voraussetzung dafür ist ein vollständiger Migrationsplan samt Bestehen einer Organisationseinheit (Deployment Management) seitens der Branche.

Ebenso erfolgt die Festlegung von Start und Ende der Migration in Abstimmung und Abhängigkeit zu den Entscheidungen zur DAK auf europäischer Ebene. Bei einer zeitlichen Verschiebung oder Verzögerungen bei der Migration entweder auf europäischer Ebene oder bei der nationalen Umsetzung soll es in der Kompetenz des Bundesrats sein, Start und Ende der Migration, die damit verbundene Gültigkeit der Zusicherungsverfügungen sowie die Stichtage zu den Baujahren der Wagen anzupassen.

Der Bundesrat erhält auch die Kompetenz, die beschriebenen Fördergrundsätze alternativ an die Finanzierungsbestimmungen der EU bzw. der anderen europäischen Länder anzupassen, sofern diese bis zur Verabschiedung der Botschaft an das Parlament bzw. zur Inkraftsetzung der Ausführungsbestimmungen nicht bekannt sind und gravierend von den hier vorgestellten Grundsätzen abweichen. Sollte dies Auswirkungen auf das Gesamtfördervolumen für die Migration der DAK haben, wird eine entsprechende Anpassung des Bundesbeschlusses über den Verpflichtungskredit im Rahmen der ordentlichen Voranschlagsverfahren dem Parlament unterbreitet werden.

Finanzierung weiterer Migrationskosten Ausser für die technische Umrüstung des Fahrzeugparks fallen für die flächendeckende Migration zur DAK weitere Investitionen an. Die finanziell zu unterstützenden Investitionen werden folgendermassen abgegrenzt:

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­

Die Finanzierung der Migration von Fahrzeugen der Infrastrukturbetreiberinnen erfolgt über die Leistungsvereinbarungen des BAV mit den Infrastrukturbetreiberinnen gemäss Artikel 51 EBG. Dort soll eine vollständige Finanzierung der Umrüstungskosten durch den Bund vorgesehen werden.

­

Allfällige Anpassungen an den Anschlussgleisen und die Beschaffung von Rangierkupplungen für die Fahrzeuge der Anschliesser erfolgen über die ordentliche Mitfinanzierung des Bundes an Anschlussgleise; die Kosten für diese Anpassungen sind anrechenbar. Entsprechend den Vorschlägen für die zukünftige Mitfinanzierung des Bundes bei privaten Güterverkehrsanlagen in Ziffer 4.1.4 wird hierfür eine Kostenpauschale angesetzt.44

­

Während der Migrationszeit wird im EWLV teilweise ein Doppelbetrieb für die unterschiedlichen Kupplungssysteme erforderlich. Dies führt zu höheren Kosten bei der Leistungserbringung für das Netzwerkangebot. Sollten hierfür betriebliche Abgeltungen notwendig werden, fliessen diese in die Förderung des EWLV gemäss Ziffer 4.1.3 ein.

Die Umrüstung der Güterwagen der Schmalspurbahnen ist nicht Gegenstand dieser Massnahme. Die Umrüstung ist durch die bestehende technische Vielfalt und kleine Stückzahlen mit hohen Kosten verbunden. Der Nutzen bleibt hingegen aufgrund der geringen Netzwirkung beschränkt. Die vorgeschlagenen Massnahmen fokussieren somit auf den Wagenpark im interoperablen Normalspurnetz*. Eine allfällige Migration der Schmalspurbahnen kann mit einer gesonderten Vorlage zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden.

4.1.3

Weiterentwicklung und finanzielle Förderung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr

Die technologische Modernisierung des Schienengüterverkehrs ist durch eine geeignete Modernisierung von Angebot, Leistungserbringung und Organisation des heutigen EWLV zu ergänzen. Die Migration zur DAK ermöglicht dem EWLV erhebliche Produktivitätsverbesserungen sowie eine Steigerung von dessen Attraktivität. Mit weiteren Massnahmen in diesem Bereich soll es möglich werden, dass auch zukünftig ein flächendeckendes, an den Bedürfnissen der verladenden Wirtschaft orientiertes Angebot erbracht werden kann. Es soll dabei kein konkretes Angebot herbeigeführt werden. Vielmehr soll das Potenzial für eine an den Bedürfnissen der Kunden orientierte Weiterentwicklung zu einem attraktiven Netzwerkangebot eröffnet werden.

44

Ca. 2500 Prellbockanpassungen à 5000 Franken und 150 Hilfsrangierkupplungen à 5000 Franken ergeben ca. 13 Millionen Franken.

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4.1.3.1

Ziel der Massnahme: Der EWLV soll gezielt als Netzwerkangebot im Schienengüterverkehr modernisiert und weiterentwickelt werden

Die Weiterentwicklung des EWLV basiert auf der Zielsetzung, ein Netzwerkangebot, wie es heute mit dem EWLV besteht, im Schienengüterverkehr zu erhalten und mit gezielten Modernisierungen zu entwickeln, um regelmässige Gütertransporte zwischen den wichtigsten Logistikstandorten der Schweiz bzw. dem Ausland durchzuführen. Durch die Bündelung verschiedener Transporte ab verschiedenen Bahnhöfen soll es weiterhin möglich sein, dass auch Verlader mit kleineren Transportmengen die Schiene nutzen können.

Das heutige System EWLV mit einer garantierten, regelmässigen Bedienung von definierten Punkten muss weiterentwickelt werden, wenn es den steigenden logistischen Anforderungen genügen will. Zugleich müssen, um den Zielsetzungen der Eigenwirtschaftlichkeit und Reinvestitionsfähigkeit zu genügen, Lösungsansätze für eine Anpassung der Kostenstrukturen und für die Tragung des Auslastungsrisikos gefunden werden.

Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des EWLV sind daher aus Sicht des Bundesrats folgende Stossrichtungen in Betracht zu ziehen: Aufrechterhaltung und gezielter punktueller Angebotsausbau als Grundlage für die Entwicklung eines zukünftigen EWLV als Netzwerkangebot Aufbauend auf dem heutigen Angebot im EWLV (Bedienstruktur, -punkte, -häufigkeit) soll die Anbieterin des EWLV als Netzwerk in die Lage versetzt werden, eine Strategie des schrittweisen Ausbaus von Leistungen und Angebot zu entwickeln, mit der Verlader an bestehenden und idealerweise neuen Bedienpunkten flexibel und regelmässig bedient werden können. Neben Anschlussgleisen sind Freiverlade und deren Weiterentwicklung zu multifunktionellen Umschlagsplattformen im Fokus, die einen einfachen Umschlag von der Strasse auf die Schiene zulassen (vgl. hierzu auch Ziffer 4.1.4).

Prioritäres Ziel der angestrebten Weiterentwicklung des Netzwerkangebots ist die Weiterführung der heute bestehenden Transportangebote und die Realisierung von neuen Angeboten. Die Weiterführung eines Netzwerkangebots im EWLV bietet den Branchenakteuren auch weiterhin die Möglichkeit, zwischen allen bedienten Punkten des Netzwerks Gütertransporte in geringen Losgrössen (einzelner Wagen oder Behälter) innerhalb einer garantierten Transportzeit vorzunehmen. Je mehr bediente Punkte Teil des Netzwerks sind, desto mehr Kunden sind potenziell angeschlossen und desto grösser
ist das Potenzial für Gütertransporte auf der Schiene.

Für eine gegenüber heute bessere Wirtschaftlichkeit des Angebots ist es dabei unabdingbar, insgesamt, aber auch in den einzelnen Transportrelationen zusätzliche Mengen zu akquirieren, um so das Auslastungsniveau zu heben. Das Netzwerkangebot muss den Bedürfnissen und Anforderungen der verladenden Wirtschaft entsprechen: Aufgrund der Produktionsabläufe und der Lagerhaltung der Verlader muss diese auf eine terminierte und zuverlässige Lieferung und Abholung zählen können.

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Produktionsseitig sind der Erhalt und die Erweiterung des EWLV als Netzwerkangebot nur anzustreben, wenn die damit erschlossenen Transportmengen mit einer unterproportionalen Kostenentwicklung einhergehen, d. h. die Erlöse stärker steigen als die Kosten. Vorderhand sollen durch die Angebotserweiterung die Fixkosten des Systems nicht steigen und diverse Assets besser ausgelastet werden. Der Schwerpunkt der Erweiterung liegt somit in einem ersten Schritt in einer verbesserten Erschliessung von Bedienpunkten in Regionen, die bereits heute bedient werden.

Potenziale der Flexibilisierung der schienenseitigen Produktion nutzen Die Netzwerkanbieter sollen befähigt werden, durch den Einsatz von modernen informationstechnologischen Anwendungen und intelligenten KapazitätsmanagementSystemen die Leistungen und das Angebot im Netzwerkverkehr flexibel und effizient zu steuern. Die starre Bedienstruktur kann aufgebrochen werden, indem nicht eine jeden Tag gleichförmige und von der tatsächlichen Transportmenge unabhängige Produktion erfolgt, sondern so, dass die verschiedenen Assets ideal genutzt und ausgelastet werden.

Produktion und Angebot des EWLV umfassend automatisieren und digitalisieren Mit einer umfassenden Automation von Teilprozessen werden die Angebote mit einer höheren Produktivität erbracht. Dies umfasst in erster Linie die Nahzustellung. Technische Neuerungen wie die digitale automatische Kupplung sind bei einem flächendeckenden Einsatz somit zwingende Voraussetzung für Prozessinnovationen im EWLV und dessen mittelfristige Weiterentwicklung zu einem eigenwirtschaftlichen Angebot. Personalkosten und unproduktive Standzeiten können reduziert werden. Das gesamthafte Ausmass der Kosteneinsparungen ist heute schwer einzuschätzen, aufbauend auf den Einschätzungen des vorangegangenen Kapitels können diese bis zu 20 Prozent sein.

Neben der DAK reduziert der Einsatz von weiteren Instrumenten der Digitalisierung den hohen Organisationsaufwand beim Management der Ressourcen, der Kapazitätsbewirtschaftung und von Buchungsprozessen sowie der Disposition. Für die Steuerung der komplexen Prozesse im Netzwerkangebot sind daher Investitionen in entsprechende IT-Tools angezeigt: Effektive Instrumente zur Steuerung des Netzwerks sind ein weiteres Schlüsselelement für die Attraktivität des Netzwerkangebots. Ein
wichtiger Bestandteil ist die Kapazitätssteuerung, sodass ausreichend, aber auch nicht zu viele Ressourcen vorgehalten werden. Hierfür muss in die Entwicklung moderner IT-Instrumente zur Netzsteuerung (Vernetzung von Mengenprognosen, Simulationen und Ressourcenplanung) investiert werden. Auch die IT-Systeme der Rangierbahnhöfe sollten hier eingebunden werden.

Darüber hinaus ist der Zugang zu den Angeboten im Netzwerkverkehr für die Kundschaft zu vereinfachen, indem die Möglichkeiten der digitalen Angebotserstellung und des Verkaufs via Website mit direkter Buchungsmöglichkeit auf Basis einer intelligenten Buchungsplattform geschaffen oder verbessert werden. Seitens des Bundes befindet sich die Vorlage zu einem «Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfra-

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struktur (MODIG)» in Vorbereitung, deren Vernehmlassung im Mai 2022 endete.45 Im Rahmen der Vorlage MODIG wird unter anderem geprüft, welche Rechtsanpassungen erforderlich sind, um die Mobilitätsdateninfrastruktur auch für den Bereich des Güterverkehrs so auszugestalten, dass sie den Zugang zu den Daten über Angebote auf den verschiedenen Verkehrsträgern und die Verknüpfung dieser Angebote vereinfachen kann. Im Rahmen der Vorlage zum GüTG sind daher keine ergänzenden Massnahmen vorgesehen.

Kunden sowie mögliche Leistungserbringer sind in die Weiterentwicklung einzubeziehen Grundlage für die Weiterentwicklungen des EWLV als Netzwerkangebot ist eine Abstimmung der groben Stossrichtungen innerhalb der Branchenakteure. Bevor Abgeltungen für ein bestimmtes Netzwerkangebot entrichtet und massgebliche Investitionen vorgenommen werden, sind als Basis für eine Förderung durch die Branche «Leitlinien» für die Weiterentwicklung des heutigen EWLV in ein modernes Netzwerkangebot zu erarbeiten, mit denen die Eckpunkte für das zukünftige Angebot im Netzwerk festgelegt werden. Die Leitlinien sollten die Branchenerwartung insbesondere zu Umfang und Verfügbarkeit von Angeboten des Netzwerks umfassen. Dies vor allem in geographischer Form, sodass Entwicklungsschwerpunkte identifiziert werden können; darüber hinaus wären auch Aussagen zur Bedienqualität (z. B. Bedienungshäufigkeit) wünschenswert.

Neben neuen und angepassten Angeboten sind auch eine Abkehr von herkömmlichen Formen des Sammelns und Bündelns über Rangier- und Formationsbahnhöfe und eine Durchmischung der Produktion mit Kuppeln/Entkuppeln der Fahrzeuge und Wechsel von Behältern oder Wagenoberbauten denkbar. Produktionstechnisch und unter dem Aspekt der Integration in Logistik- und Transportketten hat die Nahzustellung nicht in jedem Fall auf der Schiene und mit Bahnwagen zu erfolgen. Bedienpunkte werden zu Anschlusspunkten oder Umschlagsplattformen, von denen die Bedienung je nach Mengen und Verladestruktur auf Schiene, Strasse oder einem Mix aus beidem erfolgt.

Wichtig ist, dass durch die Einigung der Branchenakteure über zentrale Eckpunkte und deren formale Festlegung sowohl für den Netzwerkanbieter als auch für die Kundschaft eine genügend verbindliche Planungsgrundlage für Angebot und Produktionsweise in diesem Netzwerk besteht. Aus Kunden- oder
Verladersicht soll vor allem weiterhin die Möglichkeit aufrechterhalten werden, einen einfachen Zugang zu den Transportangeboten zu erhalten und ein Angebot aus einer Hand beziehen zu können, über welches verschiedenste Relationen in der Schweiz und mit dem Ausland bedient werden.

45

Vernehmlassung 2022/2 zum Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur, abrufbar unter www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2022.

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4.1.3.2

Vorgeschlagene Massnahme: Einführung einer befristeten Leistungsvereinbarung mit dem Netzwerkanbieter zur Modernisierung des EWLV als Netzwerkangebot

Die Weiterentwicklung des EWLV als Netzwerkangebot soll mit dem Bund abgestimmt und durch den Bund in geeigneter Weise finanziell unterstützt werden.

Die volkswirtschaftlichen Vorteile eines Netzwerkangebots rechtfertigen ein Modernisierungsprogramm zu dessen Weiterentwicklung und Abgeltungen zur Überbrückung Eine Ausdehnung des güterverkehrspolitischen Engagements des Bundes erfordert eine besondere Fundierung, die auf den folgenden Punkten gründet: ­

Nutzen als Netzwerkeffekt: Mit einer Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Netzwerkangebots kann der heutige Nutzen erhalten und ausgebaut werden. Das Netzwerkangebot ist unmittelbar mit einem positiven Netzwerkeffekt verbunden: Durch jeden neuen Kunden im Netzwerk erhöht sich der Gesamtnutzen, während die Kosten nicht proportional steigen. Jeder zusätzliche Anschluss an das Netzwerk erhöht die Anzahl möglicher Verbindungen und damit die Anzahl der potenziell erreichbaren Anschlüsse und Verladestellen.

Die einzelnen Kunden des Netzwerks berücksichtigen den positiven Netzwerkeffekt in ihren Nachfrageentscheidungen und bei der Anbieterwahl nicht, da sie nicht den Nutzen des Netzwerks für alle anderen Kunden berücksichtigen.

Das Engagement des Bundes für die adäquate Aufrechterhaltung und Stärkung des Netzwerks kann dieses Defizit ausgleichen.

­

Effizienzsteigerung: Die Finanzierung von Investitionen in das Netzwerkangebot erlaubt ­ wie in Ziffer 4.1.2.1 beschrieben ­ eine effizientere Produktion, eine bessere Steuerung und eine bessere Ausgestaltung der Angebote des Netzwerks. In der heutigen Marktsituation kann SBB Cargo als Netzwerkanbieterin im EWLV die notwendige Modernisierung und Weiterentwicklung des EWLV nicht mit eigenen Mitteln aus der laufenden Geschäftstätigkeit leisten. Massgebliche Schritte zur Modernisierung des Angebots sind so nur mit einer vorübergehenden Unterstützung durch den Bund realisierbar.

­

Volkswirtschaftlicher Nutzen: Die Aufrechterhaltung des Netzwerkangebots ist mit der Aufrechterhaltung der in Ziffer 1.1.6 beschriebenen volkswirtschaftlichen Vorteile des Schienengüterverkehrs, insbesondere des EWLV, verbunden. Zuvorderst stehen hier die umwelt- und klimapolitische Bedeutung und die Versorgungssicherheit.

Die Weiterentwicklung des EWLV als Netzwerkangebot wird durch eine Leistungsvereinbarung mit den Anbieterinnen gesteuert In einer verbindlichen, mehrjährigen «Leistungsvereinbarung» zwischen Bund und der Anbieterin des Netzwerks ­ also SBB Cargo, einer Tochter von SBB Cargo oder alternativen Betreiberinnen ­ werden die wesentlichen Elemente festgehalten werden.

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Die Vereinbarung enthält die Beiträge für benannte Investitionen, entweder in Form einer Vollfinanzierung durch den Bund oder als Mitfinanzierung unter EigenmittelBeteiligung der Anbieterin. Sie enthält zudem den Abgeltungsbedarf zur Umsetzung des Angebots. Sie umfasst neben den vereinbarten Investitionen und Abgeltungen die Verpflichtung, das Angebot im EWLV für einen bestimmten Zeitraum fortzuführen sowie gewisse vorab definierte Festlegungen zu Angebot und Bedienstruktur sowie die Festlegung von Spielräumen für die Preisentwicklung. Zudem enthält die Leistungsvereinbarung Festlegungen zur Einhaltung subventionsrechtlicher Vorgaben und den diskriminierungsfreien Zugang zum Angebot für Dritte (auch für Teilleistungen). Dies gilt insbesondere, wenn das Unternehmen zugleich Leistungen in wettbewerblichen Bereichen (Ganzzüge, Kundennetzwerke) erbringt.

Die Leistungsvereinbarung mit der Netzwerkanbieterin setzt sich aus Elementen zu Angebot, Investitionen und zur finanziellen Beteiligung des Bundes zusammen Als Elemente der Leistungsvereinbarung sind folgende Punkte zentral: ­

Angebote im Netzwerkverkehr: Die Leistungsvereinbarung legt ­ entsprechend den von den Branchenakteuren gemeinsam festgelegten Leitlinien und dem vom Parlament genehmigten finanziellen Rahmen ­ das vorgesehene Angebot fest. Dies umfasst Bedienpunkte, Schwerpunkte für die Erschliessung neuer Angebote (geografisch, Marktsegmente) und die angestrebte Bedienqualität (z. B. Häufigkeit der Bedienung).

Das Angebot kann z. B. aufgrund veränderter wirtschaftlicher Eckdaten, Kundenwünschen oder technischer Entwicklungen während der Laufzeit der Leistungsvereinbarung angepasst werden. Die Anpassung folgt einem strukturierten Prozess, der mit der Leistungsvereinbarung zu definieren ist.

­

Preisentwicklung für die Netzwerkangebote: Die Leistungsvereinbarung macht Vorgaben zur Entwicklung der Preise für die verschiedenen Netzwerkangebote. Die Angebote sind als «Warenkorb» zu verstehen, für den die Preisentwicklung definiert wird. Der Index soll sich in erster Linie an der allgemeinen Preisentwicklung und jener im Transportmarkt (insbesondere Strassengüterverkehr) orientieren.

Bezogen auf die einzelnen Kunden sind unterschiedliche Preisentwicklungen möglich. Ebenso können begrenzende «Leitplanken» bei der Preisentwicklung definiert werden. Hiermit werden auch generelle Preissenkungen verhindert, um sicher zu stellen, dass die Fördermittel vorrangig für die Modernisierung des Angebots sowie die Sicherstellung der Eigenwirtschaftlichkeit eingesetzt werden. Zugleich werden so allfällige Dumpingangebote zulasten bestehender Schienengüterverkehrsangebote von Konkurrenten verhindert.

Auch für die Preisentwicklung sind während der Laufzeit der Leistungsvereinbarung Anpassungen bei unerwarteten Entwicklungen gemäss einem strukturierten Prozess möglich.

­

Vereinbarung eines Investitionsprogramms zur Weiterentwicklung des Netzwerkangebots und der hierfür eingesetzten Investitionsbeiträge des Bundes: Investitionen zur Modernisierung des Angebots werden in der Leistungsver-

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einbarung festgelegt und der Beitrag des Bundes wird definiert. Der Fokus liegt auf Investitionen, die Produktivitätsverbesserungen im Betrieb, eine effektivere Kapazitätsbewirtschaftung und einen verbesserten Zugang der Kunden zu den Angeboten ermöglichen. Auch hier ist eine Orientierung an den durch die Branchenakteure erarbeiteten Leitlinien für Art und Umfang des Netzwerkangebots geboten.

Im Vordergrund stehen zum einen Investitionen in IT-Anwendungen, die Buchungsplattformen verbessern und zukunftsfähig ausrichten, mit denen die ganzheitliche Systemsteuerung, das Kapazitätsmanagement und die Schnittstelle zum Kunden standardisiert und neue Vertriebswege erschlossen werden. Zum anderen sind Investitionen für eine Automatisierung der Nahzustellung ab den Annahme- oder Formationsbahnhöfen anzustreben. Auch die Nahzustellung eines Ganzzugs ins Anschlussgleis würde hiervon profitieren.

­

Vereinbarung der erforderlichen Abgeltungen für den Betrieb des Netzwerkangebots: In der Leistungsvereinbarung werden die jährlichen Abgeltungen für die Aufrechterhaltung des vereinbarten Netzwerkangebots festgehalten.

Für die Ausgestaltung und Bemessung der Abgeltungen sind jährliche Fixbeträge ­ gemäss den vom Parlament genehmigten Voranschlagskrediten ­ vorgesehen. Diese leiten sich ­ ausgehend vom heute im EWLV erzielten Defizit ­ aus der oben beschriebenen Festlegung von Angebot, Preisentwicklung und der angestrebten Wirkung der Investitionen auf Produktivität und Angebot ab. Die vereinbarten Investitionen sollen im Zeitablauf das Kostenniveau senken, sodass in der Folge schrittweise die Abgeltungssumme sinken kann.

Die Reduktion der Abgeltungen im Zeitablauf soll im Rahmen der Leistungsvereinbarungen festgelegt und detailliert werden.

Bei der Festlegung des Abgeltungsbetrags ist vorgesehen, kalkulatorische Abschreibungen zu Wiederbeschaffungswerten zu hinterlegen. Ebenso soll den verschiedenen Leistungserbringern die Möglichkeit gegeben werden, das eingesetzte Kapital risikogerecht zu verzinsen. In der Leistungsvereinbarung soll die maximal zulässige Kapitalverzinsung der Netzwerkanbieterin festgehalten werden. So wird in der Bemessung der Preise und Abgeltungen bereits die Reinvestitionsfähigkeit sichergestellt.

­

Gewinnerzielung und -verwendung: Wenn das Netzwerkangebot zu niedrigeren Kosten, als in der Offerte hinterlegt, erstellt werden kann oder grössere Transportvolumen als hinterlegt transportiert werden, kann die Netzwerkanbieterin einen finanziellen Überschuss erzielen. Gewinne aus dem Netzwerkangebot sind den Reserven zweckgebunden zuzuweisen und für die Entwicklung des Angebots im EWLV zu verwenden. So sind der Leistungsvereinbarung Anreize inhärent, sowohl bei der Investitionstätigkeit als auch im Betrieb «besser» zu sein, als dies vereinbart wurde. Zugleich ist so die Netzwerkanbieterin verpflichtet, auf die Reserven zurückzugreifen, wenn die Marktentwicklung hinter den erwarteten Mengen zurückbleibt.

­

Verpflichtung zur Einhaltung spezieller subventions- und wettbewerbsrechtlicher Vorgaben: Unter wettbewerbspolitischen und subventionsrechtlichen Aspekten werden hohe Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung der 71 / 128

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Leistungsvereinbarung und die damit verbundenen Anforderungen an die Organisation des Netzwerkangebots gestellt. Der Gütertransport auf der Schiene ist grundsätzlich eine privatwirtschaftliche Tätigkeit, die durch die Wirtschaftsfreiheit geschützt ist. Somit muss die finanzielle Förderung des Netzwerkangebots so ausgestaltet sein, dass im Sinne der Verhältnismässigkeit die Auswirkungen auf Wettbewerb und Wirtschaftsfreiheit möglichst gering sind.

Es ist in der Verantwortung der Netzwerkanbieterin, für die nötigen organisatorischen Vorkehrungen zu sorgen, um Querfinanzierungen aus dem Netzwerk in dem Wettbewerb unterstehende Unternehmensbereiche und andere Wettbewerbsverzerrungen auszuschliessen. Interne Leistungserbringer haben für Leistungen dieselben Preise und Konditionen zu verrechnen, als wenn diese am Markt beschafft oder angeboten würden. Die Beweislast hierfür liegt bei der Netzwerkanbieterin und muss einer vertieften Überprüfung Stand halten.

Im Vordergrund stehen hierbei die Möglichkeiten der Netzwerkanbieterin, auf Ebene der Leistungserbringung für das Netzwerkangebot wettbewerbliche oder wettbewerbsähnliche Elemente zu implementieren, z. B. durch die Ausschreibung von Leistungen (auch in Form von Teillosen), die Einholung von Konkurrenzofferten für die verschiedenen Leistungen oder allenfalls Benchmark-Analysen. In jedem Fall muss eine effiziente Leistungserbringung nachgewiesen werden können. Auch sollen die Angebote des Netzwerks allen interessierten Vertriebsgesellschaften offenstehen. Diese sollen diskriminierungsfreien Zugang zu den Verkaufssystemen und Buchungsplattformen erhalten.

­

Besondere Bestimmungen zur Nahzustellung: Unternehmen, die heute Dienstleistungen in der Zustellung von Zügen, Wagen oder Wagengruppen zwischen der Eisenbahninfrastruktur und Anschlussgleisen oder KV-Umschlagsanlagen erbringen, haben heute gemäss Artikel 6a GüTV den diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Dienstleistungen sicherzustellen. Im Rahmen der Leistungsvereinbarungen sind für die Nahzustellung mit der Netzwerkanbieterin besondere Bestimmungen festzuhalten, die die Sicherstellung dieses Zugangs präzisieren (z. B. Aufnahme eines Katalogs von Leistungen, die die Netzwerkanbieterin Dritten bereitstellen muss). Die Nahzustellung im Netzwerkangebot ist heute und auch zukünftig ressourcenintensiv und ein massgeblicher Kostenfaktor. Mit der Leistungsvereinbarung sollen so auch die Konditionen für das Angebot der Dienstleistungen in der Nahzustellung, die Planung und Zuteilung der Ressourcen sowie die zu publizierenden Preise vereinbart werden. Es ist in der Folge zu prüfen, ob Artikel 6a GüTV gestrichen werden kann.

Die Leistungsvereinbarung mit den Netzwerkanbieterinnen soll als Steuerungsinstrument periodisch und befristet eingesetzt werden Der Bund schliesst mit der Netzwerkanbieterin die Leistungsvereinbarung über jeweils vier Jahre ab. Innerhalb der Leistungsvereinbarung werden die finanziellen Aspekte (Investitionsbeiträge, Abgeltungen) für jeweils vier Jahre verpflichtend gere-

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gelt. Aus finanzpolitischen Gründen ist hier der zeitliche Horizont massgeblich, für den sich der Bund zu Ausgaben verpflichten kann.

Wenn der EWLV in ein modernes Netzwerkangebot weiterentwickelt werden soll, muss die Leistungsvereinbarung eine langfristige Entwicklungsperspektive ermöglichen. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb von einer oder zwei Leistungsvereinbarungsperioden das Angebot im Netzwerkverkehr eigenwirtschaftlich erstellt werden kann, sofern die Umsetzung der Modernisierungen in erhofftem Ausmass stattfindet. Jedoch benötigen die Migrationsprozesse im Bereich Automatisierung und Digitalisierung eine gewisse Zeit, sodass sich deren positive Wirkung auf Produktivität und Angebot erst nach und nach entfalten kann.

Die vom Bund angestrebte Modernisierung ist jedoch in Verbindung mit der Migration zur DAK ein befristeter Prozess. Nach einer gewissen Zeit ist eine Überführung in ein selbsttragendes, wirtschaftlich ohne Beiträge des Bundes auskommendes Angebot möglich. Die dann vom Markt gewünschten Weiterentwicklungen des Netzwerkangebots können dann anschliessend vom Markt allein getragen werden. Die entsprechende Rechtsgrundlage soll daher für acht Jahre, also zwei Leistungsvereinbarungsperioden, in Kraft sein. Im Vorfeld des Ablaufes der acht Jahre prüft der Bundesrat den Stand der Weiterentwicklung des EWLV und wird über eine Verlängerung der Förderung um weitere vier Jahre entscheiden. Bei einer Verlängerung wird dem Parlament der erforderliche dritte Verpflichtungskredit vorgelegt.

Der Bundesrat ist überzeugt, dass mit einem abgestimmten und mit hoher Intensität vorangetriebenen Modernisierungsprogramm die Netzwerkverkehre so weiterentwickelt werden können, dass mit attraktiven Angeboten und Mehrnachfrage keine finanzielle Förderung des Betriebs mehr erforderlich sein wird und dieser aus den Marktaktivitäten heraus finanziert werden kann. Die Befristung setzt der Netzwerkanbieterin auch Anreize, die notwendigen Anpassungen schnell anzugehen. Nach acht Jahren erhalten der Bundesrat und das Parlament so die Möglichkeit zu prüfen, ob eine Verlängerung der Förderung angezeigt ist oder nicht. Aus Sicht des Bundesrats ist eine weitere Erstreckung der finanziellen Förderung nur angezeigt, wenn bis dann die DAK aufgrund von Verzögerungen auf europäischer Ebene noch nicht ihren vollen
Nutzen entfalten kann.

Für den Abschluss der Leistungsvereinbarungen besteht ein rollender Prozess zwischen Bund, Branche und Netzwerkanbieterin Der Abschluss der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und Netzwerkanbieterin setzt eine enge und strukturierte Abstimmung zwischen Bund, Branchenakteuren und Netzwerkanbieterin voraus: ­

Finanzieller Rahmen: Ausgangspunkt für den Abstimmungsprozess ist die Festlegung des finanziellen Rahmens für eine Leistungsvereinbarungsperiode. Er ist vom Abgeltungsbedarf so bemessen, dass zunächst eine Aufrechterhaltung des bestehenden Angebots grundsätzlich möglich bleiben soll, sodass die Netzwerkanbietern das bestehende Angebot als Startpunkt für Weiterentwicklungsmöglichkeiten wählen kann.

­

Leitlinien: Mit den Leitlinien der Branche sollen die Erwartungen der Branchenakteure insbesondere der verladenden Wirtschaft für die Weiterentwick73 / 128

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lung des Netzwerkangebots konkretisiert werden. Für die erste Leistungsvereinbarung sollen die Leitlinien die von der Branche erwartete Angebotsentwicklung über einen längeren Horizont aufzeigen, im Sinne der Darstellung eines gewünschten Zielzustands (z. B. für 2035­2040). Auf dieser Basis können Erwartungen für einzelne Perioden und ein Entwicklungspfad hinterlegt werden. Die Leitlinien sind zugleich regelmässig zu überprüfen, damit sie jeweils im Vorfeld einer neuen Leistungsvereinbarung massgebend sein können. Dies auch im Sinne einer Überprüfung der Zielerreichung in den zurückliegenden Perioden, der Kohärenz der Entwicklungen mit dem Zielzustand und allfälligen Anpassungen an diesem Zielzustand.

Die Leitlinien sollen Aussagen zum erwarteten Angebot in Form geografischer Räume und Entwicklungsschwerpunkte und zur Transport- und Bedienqualität (z. B. Bedienungshäufigkeit), darüber hinaus Aussagen zu gewünschten Vertriebskanälen u. ä. enthalten. Wichtig ist, dass möglichst viele unternehmerische Freiheiten für die Erbringung des Angebots verbleiben.

­

Angebotskonzept und Offerte: Alle Unternehmen, die zukünftig EWLV als Netzwerk anbieten möchten, sind mit den Leitlinien aufgefordert, ein Angebotskonzept auszuarbeiten, welches den Anforderungen aus Leitlinien ­ unter Einhaltung der finanziellen Vorgaben des Bundes ­ möglichst gerecht wird, sowohl mit Blick auf den längerfristig angestrebten Zielzustand sowie heruntergebrochen auf die einzelnen Vereinbarungsperioden. Es können auch Varianten für das Angebotskonzept erarbeitet werden. Im Austausch zwischen Branchenakteuren und Netzwerkanbieterin sind auch weitere Optimierungen am Angebotskonzept möglich, um den in den Leitlinien formulierten Erwartungen besser zu entsprechen.

Aufbauend auf diesem Angebotskonzept erarbeiten die Netzwerkanbieterinnen Offerten zuhanden des Bundes, die zusätzlich zu dem aus den Anforderungen der Leitlinien abgeleiteten Angebot konkrete Investitionen zur Weiterentwicklung sowie die Umsetzung der oben genannten weiteren Anforderungen, insbesondere zur Einhaltung spezieller subventions- und wettbewerbsrechtlicher Vorgaben, aufzeigen. Für die Offerterstellung und -einreichung legt das BAV das Verfahren fest, ebenso die konkreten Kriterien für die Bewertung der Offerten.

­

Abschluss Leistungsvereinbarung: Auf Basis der Offerte und in Erarbeitung der oben aufgeführten Elemente der Leistungsvereinbarung können die Bestimmungen der Leistungsvereinbarung festgelegt werden. Die Leistungsvereinbarung soll zwischen BAV als Vertretung des Bundes und der Netzwerkanbieterin abgeschlossen werden. Die Offerte ist integraler Bestandteil der Vereinbarung.

Finanzieller Umfang und formeller Rahmen für den Abschluss der Leistungsvereinbarung Die Modernisierung und Weiterentwicklung des EWLV als Netzwerkangebot erfordert finanzielle Beiträge seitens des Bundes in Form von Abgeltungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs und in Form von Investitionsbeiträgen für Modernisierungsmassnahmen.

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Gemäss obigen Ausführungen sollen über zwei Mal vier Jahre Leistungsvereinbarungen mit Netzwerkanbieterinnen abgeschlossen werden. Die Höhe der Beiträge über den gesamten Zeitraum von acht Jahren kann heute noch nicht abgeschätzt werden.

Für die erste Leistungsvereinbarungsperiode werden Abgeltungen etwa in Höhe des heutigen Defizits im EWLV angesetzt, sodass als Ausgangspunkt eine Fortführung des Angebots im heutigen Umfang möglich sein sollte. Für Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung sind in der Summe ca. 100 Millionen Franken vorgesehen. Die konkrete Aufteilung baut aber auf der Offerte der Netzwerkanbieterin auf.

Der Umfang der finanziellen Förderung ist im Folgenden überblicksartig zusammengestellt: Tabelle 3

Investitionsbeiträge als Teil der Leistungsvereinbarung Abgeltungen als Teil der Leistungsvereinbarung

Jährliches Budget

Budget für 4 Jahre

(keine jahresscharfe Zuteilung möglich) 40­60 Mio. Fr. pro Jahr

ca. 100 Mio. Fr.

ca. 160 Mio. Fr.

Entsprechend der Laufzeit der ersten Leistungsvereinbarung mit Netzwerkanbieterinnen wird ein Verpflichtungskredit beantragt, aus dem die Mittel für die Leistungsvereinbarungen gespiesen werden.

Fortführung der Beteiligung des Bundes an den Bestellungen der Kantone als flankierende Massnahme zur Förderung des EWLV Bestellt ein Kanton heute ein Angebot des Gütertransports auf der Schiene, so kann der Bund gemäss heutigem Artikel 9 Absatz 1 GüTG sich an der Bestellung beteiligen. Diese Bestimmung ist aktuell bis 2027 befristet. Die Möglichkeit, dass Kantone Verkehre bestellen können, die nicht Gegenstand des Netzwerkangebots sind, soll als flankierende Massnahme zur Förderung und Modernisierung des EWLV weiterhin bestehen bleiben. Entsprechend wird vorgeschlagen, die Befristung bis 2027 aufzuheben. Mit der Steuerung dieser Förderung über einen eigenen Zahlungsrahmen soll den Kantonen und den betroffenen Bahnen zukünftig mehr Planungssicherheit ermöglicht werden. Der Bund geht davon aus, dass dieses Instrument wie bis anhin vor allem zur Förderung des Güterverkehrs der Schmalspurbahnen zur Anwendung kommt.

Der Umfang der finanziellen Unterstützung der Angebote des Schmalspurgüterverkehrs durch den Bund soll aufgrund gestiegener Kosten und veränderter Rahmenbedingungen bei der Produktion des Güterverkehrs auf Schmalspurstrecken vorerst von heute sechs auf zehn Millionen Franken jährlich erhöht werden. Dies ist mit der Erwartung des Bundesrates verbunden, dass durch eine Modernisierung der Produktion und die konsequente Ausrichtung des Angebots auf die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft die Förderung auch für den Gütertransport auf Schmalspurstrecken mittelfristig reduziert oder ganz wegfallen kann. Zugleich müssen die von den Kantonen zusammen mit dem Bund bestellten Angebote in den jeweiligen kantonalen Güterverkehrskonzepten klar beschrieben und ausgewiesen sein (vgl. Ziffer 4.1.5). Für den ersten vierjährigen Zahlungsrahmen beantragt der Bundesrat 40 Millionen Franken.

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Die bisher vom Bund mitbestellten Angebote im Schmalspurgüterverkehr sind nicht durch Charakteristika eines Netzwerkverkehrs gekennzeichnet, sondern sind in der Regel Ganzzugsverkehre. Insofern sind diese Verkehre von den Regelungen zum Netzwerkangebot nicht betroffen. Die heutige Praxis der Kantone bei der Bestellung von Güterverkehrsangeboten soll fortgeführt werden. Umfasst das zukünftige Netzwerkangebot auch die Bedienung von Punkten auf dem Schmalspurnetz, können auch diese Leistungen bzw. Angebote im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit der Netzwerkanbieterin vereinbart werden.

4.1.3.3

Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr

Es wird ergänzend zu den Massnahmen der Automatisierung bzw. Digitalisierung und zur Weiterentwicklung des Netzwerkangebots ein Massnahmenpaket vorgeschlagen, das auf Kunden- und Verladerseite den Zugang zum Schienengüterverkehr verbessern und den Aufbau multimodaler Transportketten begünstigen soll. Es werden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen, die zum einen die Entwicklung von Anlagen an der Schnittstelle der Schiene zu den komplementären Logistik- und Transportprozessen verbessern und zum anderen die Attraktivität der Nutzung von Leistungen des Schienengüterverkehrs für den Verlader erhöhen.

4.1.3.4

Ziel der Massnahmen: Stärkung multimodaler Transportketten und einfacher Zugang zu den Leistungen des Schienengüterverkehrs

Multimodale Umschlagsplattformen und Freiverlade in den Agglomerationen zum Aufbau multimodaler Transportketten etablieren Aus Sicht des Bundesrats besteht ein besonderes Entwicklungspotenzial in der Erschliessung der Agglomerationen für Güterverkehrsangebote. Infolge des Rückzugs der Industrie aus den städtischen Gebieten wurden in der Vergangenheit die Anschlüsse für den Schienengüterverkehr vielfach aufgehoben oder fielen Projekten der Stadtentwicklung zum Opfer. Mit der zunehmenden Bedeutung der Citylogistik besteht kurz- bis mittelfristig Potenzial für deren Neuerschliessung durch Bahnangebote sowie Angebote der Ver- und Entsorgung (z. B. Baumaterialen, Recycling). Zentral ist die Verbindung zwischen den Zentrallagern und den Geschäften des Detailhandels und Handwerksbetrieben in den Agglomerationen.

Zentrumsnahe multimodale Umschlagsplattformen (City-Hubs), wie sie mit dem aktualisierten Konzeptteil des Sachplans Verkehr46 vorgesehen sind, sind hierfür eine notwendige Voraussetzung. Umschlagsplattformen im Güterverkehr sollen gemäss Sachplan ein Schlüsselelement für die Vernetzung und Bündelung sein. Auch werden hierüber die verschiedenen Verkehrsträger Strasse und Schiene sowie ergänzend 46

Vgl. Sachplan Verkehr, Teil Programm, sowie die Massnahmen in folgender Ziffer 4.1.4.

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Schiff und zukünftig auch unterirdischer Güterverkehr ermöglicht. Bis heute erfolgt die Organisation der Logistikketten dezentral durch die verschiedenen Anbieter von Logistikdienstleistungen. Die Entwicklung einer Vielzahl von parallel und individuell organisierten Logistikketten ist raum- und verkehrsintensiv. Für Logistikanbieter wird es zudem aufgrund des starken Siedlungsdruckes immer schwieriger, bestehende Standorte zu halten oder neue Standorte an geeigneter Lage zu entwickeln.

Multimodale Umschlagsplattformen sollen den Umschlag von Gütern zwischen den Verkehrsträgern und die Aufteilung von gebündelten, grossen Losgrössen in kleinere Losgrössen für die Feinverteilung sowie Ver- und Entsorgung (und umgekehrt) ermöglichen. Auch sind an den Standorten Möglichkeiten für das Angebot von zusätzlichen Funktionalitäten (Zwischenlagerung, Sortierung) vorzusehen. Umschlagsplattformen enthalten so, anders als Freiverlade, die Möglichkeit zur Pufferung von Teilladungen und Abstellflächen für die Pufferung von nicht zeitkritischen Wagen bzw. Waren.

Damit multimodale Umschlagsplattformen in der beschriebenen Form entwickelt und etabliert werden können, muss in erster Linie der rechtliche Status solcher «Umschlagsplattformen» geklärt werden und ­ falls notwendig ­ eine Abgrenzung zu KV-Umschlagsanlagen, Freiverladen und Anschlussgleisen erfolgen. Dies ist verbunden mit der Klärung der Frage, welche Betreiber- und Organisationsmodelle für die Angebote der Umschlagsplattformen in Frage kommen und ob rechtliche Vorgaben hierfür getroffen werden müssen.

Hier schliesst sich die Klärung der Frage der Finanzierung an, damit bestimmt werden kann, welche Anlagenteile des Baus, der Erweiterung und der Erneuerung von Umschlagsplattformen durch den Bund mitfinanziert werden können.

Einfache und kohärente Finanzierung von Investitionen in KV-Umschlagsanlagen, Anschlussgleise und Umschlagsplattformen Der Bundesrat strebt eine möglichst effiziente und einfache Form der Mitfinanzierung von Investitionen in private Güterverkehrsanlagen an. Dies gilt für bestehende Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen, aber auch für Umschlagsplattformen als neue Anlagenkategorie. Die oben genannten Anlagenkategorien werden im Folgenden als Umschlags- und Verladeanlagen bezeichnet.

Der Bund kann heute Investitionsbeiträge an den Bau,
die Erweiterung und die Erneuerung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen leisten. Bei der Gewährung und der Bemessung der Beiträge sind verkehrs-, energie- und umweltpolitische Ziele, wirtschaftliche Kriterien, die Vorteile Dritter und insbesondere das Konzept nach Artikel 4 GüTG angemessen zu berücksichtigen. Über diese Bestimmung werden heute eine Vielzahl an Gesuchen für Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen bearbeitet. Die Bestimmung der anrechenbaren Kosten (auf Basis von Offerten und effektiven Rechnungen) sowie des jeweiligen Fördersatzes auf Basis der Kriterien des GüTG bindet hierbei viele Ressourcen und der Aufwand auf Basis einer generellen Nutzen-Kosten-Betrachtung ist für diese Förderung unverhältnismässig. Daher schlägt der Bundesrat weitere Vereinheitlichungen und deutliche Vereinfachungen für Gesuchstellung und -prüfung vor. Auch soll bei Anschlussgleisen eine Ausweitung der Anrechenbarkeit vorgenommen werden, indem auch Anlagenteile, die dem Verlad zur Schiene dienen, in den Genuss von Investitionsbeiträgen kommen können. Dies 77 / 128

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soll in Kohärenz zur finanziellen Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Umschlagsplattformen stehen, für die solche Anlagenteile ebenfalls als förderwürdig betrachtet werden.

Finanzielle Anreize für möglichst hohe Transportmengen auf der Schiene oder in intermodalen Angeboten Mittels finanzieller Anreize für Verlader und Speditionen können verstärkte Impulse für die Aufrechterhaltung und die zusätzliche Nutzung des Schienengüterverkehrs gesetzt werden. Durch die Verbilligung des Umschlags oder des Verlads auf die Bahn wird indirekt auf die Preissetzung bzw. -gestaltung Einfluss genommen und die Zahlungsbereitschaft der Kunden für den reinen Transport auf der Schiene erhöht. Es sollen möglichst einfache und pauschale Formen finanzieller Anreize implementiert werden. Dabei soll irrelevant sein, welche konkreten Produktionsformen (EWLV, Ganzund Linienzüge, Transporte in herkömmlichen Wagen oder UKV) für die von den Verladern oder Speditionen nachgefragten Angebote zur Anwendung kommen. Wichtig ist auch eine administrativ einfache und unkomplizierte Umsetzung dieser Anreizinstrumente. Das bestehende Instrument der pauschalen Rückerstattung der LSVA für den Vor- und Nachlauf im kombinierten Verkehr, welches heute die gleichen Anreize eingeschränkt auf den KV setzt, soll in dieses Instrument integriert werden.

Verbilligung von Rangierungen und Nahzustellung Die Produktionsprozesse im Schienengüterverkehr sind komplex und erfordern den Bezug besonderer Leistungen der Infrastruktur für Rangierungen, sowohl in den Rangierbahnhöfen als auch bei der Formation der Züge für die Nahzustellung. Mittels gezielter Verbilligung dieser Leistungen können Anreize gesetzt werden, auch komplexe Produktionsprozesse beizubehalten, um weiterhin eine direkte Zustellung von Wagen bis zum Verlader zu ermöglichen.

Mehr Transparenz und Flexibilität im Umgang mit eisenbahnrechtlichen Bestimmungen für private Güterverkehrsanlagen Verladern und Betreibern von Güterverkehrsanlagen soll der Umgang mit den verschiedenen Förderinstrumenten, aber auch weiteren Bestimmungen für die Anlagen möglichst einfach gemacht werden. Daher werden neue Foren zur Regelung der Beziehungen zwischen Bund und Verladern und Anlagenbetreibern vorgesehen. Dies soll für Verlader und Anlagenbetreiber mehr Transparenz und Flexibilität ermöglichen.

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4.1.3.5

Vorgeschlagene Massnahmen: Ausweitung und Vereinfachung der Finanzierung von Umschlagsund Verladeanlagen und Einführung eines Verladebonus

Definition von Umschlagsplattformen, Abgrenzung zu anderen Anlagenkategorien Multimodale Umschlagsplattformen ermöglichen den Umschlag von Gütern zwischen den Verkehrsträgern und die Aufteilung von gebündelten, grossen Losgrössen in kleinere Losgrössen für Feinverteilung/Ver- und Entsorgung (und umgekehrt).

Idealerweise können an den Umschlagsplattformen auch zusätzliche Logistikfunktionen (v. a. Lagerung und Kommissionierung) angeboten werden. Das «Neue» an Umschlagsplattformen gegenüber bestehenden Anlagenkategorien des Schienengütertransports kann folgendermassen identifiziert werden: ­

Freiverladeanlagen des Bahninfrastrukturbetreibers: Diese sind heute ­ auch durch die Definition in Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f EBG ­ dadurch gekennzeichnet, dass auf den Verladegleisen und Verladeplätzen selbstständig und unabhängig Güter umgeschlagen werden können. Für die Entwicklung von Umschlagsplattformen ist hingegen die Möglichkeit einer zentralen Organisation und Steuerung der Anlage eine wichtige Voraussetzung, damit auf einer Anlage parallel verschiedene Aktivitäten in geregelten und sicheren Abläufen erfolgen können.

­

Anschlussgleise: Bereits heute bestehen Anlagen, über die der Umschlag von Gütern und Waren, vor allem Stückgütern und Teilladungen, vorgenommen wird. Die Entwicklung und der Betrieb dieser Anlagen sind heute rein privatwirtschaftlich organisiert. Diese Anlagen sind in der Regel integrierender Bestandteil eines Sammel- und Verteilnetzes von intermodal agierenden Speditionen und nicht für Dritte bzw. alle Zugangswilligen geöffnet. Diese Anlagen sind heute schienenseitig mittels Anschlussgleisen erschlossen. Dies führt aber dazu, dass diese Anlagen sowohl unter dem Fokus der Identifizierung der Potenziale multimodaler Transporte als auch aus raumplanerischer Sicht für eine Modernisierung und Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs zu wenig Beachtung erfahren.

Rechtliche Anpassungen und Anreize zur Entwicklung von multimodalen Umschlagsplattformen Eine eigenständige Definition von «multimodalen Umschlagsplattformen» ist auf Basis dieser Abgrenzungen nicht erforderlich. Vielmehr sind Vorkehrungen auf Stufe der Rechtsbestimmungen für Umschlags- und Verladeanlagen nötig, die eine Entwicklung dieser Plattformen nicht behindern und ergänzend Anreize für die Entwicklung solcher Anlagen ­ insbesondere in Verbindung mit der Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern ­ setzen: ­

Durch eine Anpassung der Rechtsbestimmungen ist sicherzustellen, dass der Betreiber der Bahninfrastruktur die Möglichkeit besitzt, Freiverladeanlagen so weiterzuentwickeln, dass auch ein bedienter Betrieb möglich ist und zu-

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sätzliche Leistungen wie Kommissionierung und Pufferung/kurzzeitige Lagerung erbracht werden können.

­

Für Umschlagsplattformen ist von Bedeutung, dass ausreichende Manipulationsflächen für den Umschlag von Gütern und Waren sowie Kommissionierungen und Pufferungen bestehen und idealerweise an einem Ort auch Flächen für zusätzliche Funktionalitäten wie zum Beispiel die Einlagerung angeboten werden. Auch müssen Flächen vorgesehen werden, die eine Verknüpfung oder den Umlad auf andere Verkehrsträger ermöglichen. Neben der Strasse ist das zukünftig auch der unterirdische Gütertransport (Cargo sous terrain).

Diese Flächen sind raumplanerisch zu entwickeln und zu sichern. Dies ist in den Massnahmen in Ziffer 4.1.5 enthalten. Dies gilt auch für die schienenund strassenseitige Erschliessung und für eine allfällige Inbetriebnahme von Strecken des unterirdischen Gütertransports.

­

Zugleich soll der Bund zukünftig einen finanziellen Beitrag an die Finanzierung der Errichtung oder Erweiterung solcher Umschlags- bzw. Manipulationsflächen leisten können. Dies bedingt, dass zukünftig auch Kosten für Investitionen in Verladeflächen und -einrichtungen, die also der Einrichtung und dem Betrieb dieser Manipulationsflächen dienen sollen, ganz oder teilweise anrechenbar sind. Die Details dieser Massnahme werden unten unter den für die Anpassung der Finanzierung von Umschlags- und Verladeanlagen vorgesehenen Massnahmen dargestellt.

­

Für die Umschlagsplattformen werden keine Organisationsmodelle vorgegeben. Mit Blick auf die Potenziale der City-Logistik besteht jedoch ein besonderes Interesse daran, dass diese Plattformen von möglichst vielen Akteuren genutzt und zugleich die Leistungen der unterschiedlichen Akteure schienenund/oder strassenseitig gebündelt werden können. Dies soll mit Anreizen sichergestellt werden, indem der Bund höhere Förderbeiträge entrichten kann, wenn Zugang für Dritte besteht und gemeinsame Nutzungen vorgesehen sind. Auf einen Kooperations- oder Kontrahierungszwang wird hingegen verzichtet.

­

Multimodale Umschlagsplattformen können auch Umschlagsanlagen bzw.

Umschlagsmöglichkeiten für den kombinierten Verkehr enthalten. Bei der Finanzierung kommen für diese Anlagenteile die Kriterien für die Anrechenbarkeit gemäss heutiger Praxis zur Anwendung.

Für Umschlags- und Verladeanlagen sollen zukünftig zusätzliche Anlagenteile finanziell gefördert werden Die heute für den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von Anschlussgleisen vom Bund ausgerichteten Investitionsbeiträge umfassen lediglich Beiträge für den bahntechnischen Teil einer Anschlussgleisanlage. Hingegen sind für KV-Umschlagsanlagen Anlagenteile im gesamten Perimeter der Anlage anrechenbar. Insbesondere unter der Perspektive, die Entwicklung von Umschlagsplattformen zu ermöglichen, aber auch generell zur Vereinfachung des Zugangs zum Gütertransport auf der Schiene sollen neu für alle Umschlags- und Verladeanlagen Kosten für Umschlagsflächen und Verladeeinrichtungen, die zum überwiegenden Teil dem Bahnverlad dienen und daher letztlich auch Investitionen in den Schienengüterverkehr sind, anre80 / 128

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chenbar sein. Dies kann Elemente wie Kräne, mobile Umschlagsgeräte wie Stapler, Mobilkräne etc., ortsfeste Umschlagsgeräte wie Schüttgossen, Be- und Entladeeinrichtungen und Förderbänder und Abfüllstationen im unmittelbaren Umschlagsbereich des Anschlussgleises umfassen. Ebenso ist eine Finanzierung von Investitionen für einen automatisierten Betrieb von Anschlussgleisen möglich, sofern sie ausschliesslich dem Betrieb des förderfähigen Anschlussgleises dienen. Darüber hinaus können anteilig auch Verladerampen, strassenseitige Anbindungen sowie Umschlagsflächen zwischen Schiene und Strasse oder im Hochbau betriebsnotwendige Überdachungen anrechenbar sein. Die Konkretisierung der Anrechenbarkeit wird mit den Ausführungsbestimmungen zu dieser Vorlage vorgenommen.

Finanzierung von Investitionen in Umschlags- und Verladeanlagen mittels Pauschalen Die finanzielle Förderung von Güterverkehrsanlagen mittels Investitionsbeiträgen an den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung dieser Anlagen soll vereinfacht werden.

Mittels dieser Vereinfachungen soll für die verschiedenen förderfähigen Anlagenkategorien ­ KV-Umschlagsanlagen, Umschlagsplattformen und Anschlussgleise ­ ein einheitlicher, transparenter und einfacher Prozess für die Entrichtung von Investitionsbeiträge möglich werden: ­

Pauschale Kostenansätze für Anlagenelemente: Für die verschiedenen Elemente einer Anlage werden zukünftig einheitliche Kostenansätze festgelegt, die für die Bestimmung der anrechenbaren Kosten eines jeweiligen Anlagenelements massgeblich sind. Die Kostenansätze haben so den Zweck einer Pauschale. Der konkrete Mitfinanzierungsbeitrag des Bundes wird als Summe dieser Pauschalen ermittelt.

Die bereits heute bestehende Möglichkeit, bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten Obergrenzen je Kostenelement zu setzen,47 wird somit ausgeweitet und nicht nur als Deckelung, sondern auch als Anreiz eingesetzt: Gesuchsteller, die vergleichsweise teuer bauen und für die die Kosten der Anlagenteile über den Richtwerten liegen, müssen im Ergebnis einen höheren Eigenmittelanteil leisten, während Unternehmen belohnt werden, die im Vergleich zu den Richtwerten günstiger bauen.

47

­

Neubauten und Erweiterungen mit Investitionsvolumen < 5 Millionen Franken: Für Projekte zum Bau und die Erweiterung von Anlagen mit einem Investitionsvolumen von höchstens fünf Millionen Franken soll der Investitionsbeitrag des Bundes künftig pauschal 50 Prozent der anrechenbaren Kosten betragen. Die Vereinheitlichung des Fördersatzes empfiehlt sich aufgrund der Tatsache, dass eine differenzierte Beurteilung dieser in der Regel kleinen Anlagen nach verkehrs-, energie- und umweltpolitischen Zielen und wirtschaftlichen Kriterien kaum möglich ist.

­

Neubauten und Erweiterungen mit Investitionsvolumen > 5 Millionen Franken: Für grössere Projekte ist weiterhin eine Differenzierung des Förderanteils des Bundes möglich. Hier ist ­ entsprechend der aktuellen Praxis ­ für den Vgl. Art. 7 Abs. 5 GüTV; SR 742.411.

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Förderanteil eine Spanne zwischen 40 und 60 Prozent der anrechenbaren Kosten möglich. Für Projekte von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung ist weiterhin ein Förderanteil von bis zu 80 Prozent möglich. Je mehr das Projekt den verkehrs-, energie- und umweltpolitischen Zielen und wirtschaftlichen Kriterien entspricht, desto höher ist der Förderanteil. Entsprechend können Anreize gesetzt werden, effiziente und kostengünstige Anlagen mit guter Anbindung an Schienen- und Strasseninfrastruktur zu errichten.

­

Erneuerungen: Für die Erneuerung von privaten Güterverkehrsanlagen aller Kategorien soll zukünftig ein Förderanteil des Bundes von 40 Prozent gelten.

Bei Erneuerungen bestehen in der Regel nur geringe Möglichkeiten, Anlagen in ihrem Layout grundlegend anzupassen und auf diesem Weg effizienter oder wirtschaftlicher auszugestalten. Eine differenzierte Beurteilung ist daher auch für solche Projekte schwierig.

­

Verzicht auf Mindestmengen und sonstige Transportmengen-Verpflichtungen: Zur weiteren Vereinfachung wird für die Anlagen mit einem Investitionsvolumen von geringer als fünf Millionen Franken bzw. generell nach Erneuerungen auf die Festlegung von Mindesttransport- oder Mindestumschlagsmengen in Form einer Auflage verzichtet. Es bleibt nur mehr die Verpflichtung, eine Anlage mindestens zwanzig Jahre in Betrieb zu halten.

Beim Bau und der Erweiterung von Anlagen mit einem Investitionsvolumen von mehr als fünf Millionen Franken werden weiterhin Mindestumschlagsmengen vereinbart, bei deren Nichteinhaltung Rückforderungsmöglichkeiten des Bundes bestehen. Dies gilt insbesondere für grössere KV-Umschlagsanlagen.

­

Verzicht auf Auflage der Diskriminierungsfreiheit bei reinen Anschlussgleisen: Mit der letzten Totalrevision des GüTG wurde auf Gesetzesstufe das Erfordernis der Diskriminierungsfreiheit pauschal für alle Umschlags- und Verladeanlagen festgelegt. Anschlussgleise dienen jedoch in der Regel ausschliesslich unternehmensinternen Logistikprozessen, die durch den Zugang Dritter möglicherweise behindert werden. Daher ist die Auflage des diskriminierungsfreien Zugangs für Dritte nicht oder nur erschwert umsetzbar und auch ohne erkennbaren verkehrspolitischen Mehrwert. Daher sollen zukünftig Anschlussgleisbetreiber nicht mehr der Pflicht zur Gewährung des diskriminierungsfreien Zugangs unterstellt werden. Die gegenseitigen Pflichten unter Anschliessern gemäss heutigem Artikel 24 GüTG bleiben davon unberührt.

Die zukünftigen Regelungen zur Finanzierung von Güterverkehrsanlagen sehen auch weiterhin vor, dass zur Förderung der Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs Neubauten und Erweiterungen von KV-Umschlagsanlagen im Ausland finanziell unterstützt werden können. Für diese Förderung soll aber zukünftig auf die Möglichkeit einer Förderung mit Darlehen verzichtet werden. Die entsprechende Regelung im heutigen Artikel 8 Absatz 5 fand in der Vergangenheit keine Anwendung.

Einführung eines Bonus an Verlader in Form eines Verbilligungsbeitrags Mittels der Entrichtung eines «Umschlags- und Verladebeitrags» an Verlader für den Ver- oder Umlad von Gütern zwischen den Verkehrsträgern Schiene­Strasse oder 82 / 128

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Schiene­Schiff sollen verladerseitig Anreize für eine verstärkte Nutzung des Schienengüterverkehrs oder den Einsatz von Leistungen des Schienengüterverkehrs innerhalb multimodaler Transportketten gesetzt werden. Der Beitrag im Sinne eines Bonus soll unabhängig von der konkreten Transportform auf der Schiene gelten, also sowohl für Transporte mit konventionellen Wagen als auch für den kombinierten Verkehr mit standardisierten Transportgefässen. Die heutige Rückerstattung der LSVA für den Vor- und Nachlauf im kombinierten Verkehr auf der Strasse wird in diesen Bonus überführt. Für die Ausgestaltung sind folgende Faktoren vorgesehen: ­

Für die Nutzung des Schienengüterverkehrs wird eine pauschale Abgeltung pro Wagen entrichtet. Die Abgeltung wird für den Verlad ab Abgangsort, den Entlad am Bestimmungsort und für den Umlad herkömmlicher Güter von der Schiene auf die Strasse vice versa oder von der Schiene auf das Güterschiff (auch Binnenseen) vice versa In der Regel kommt so jeder Transport zweimal in den Genuss des Bonus.

­

Der Umschlags- und Verladebeitrag wird je Bahnwagen entrichtet. Der Bahnwagen ist die Grösse, die heute bereits an jedem Anschlussgleis oder Freiverlad erfasst wird. Mit der Orientierung am Bahnwagen wird vermieden, dass die Verlader schwerer und damit eher für den Bahntransport geeigneter Güter bevorteilt werden. Der Wagen ist zugleich in der Regel die Gefässgrösse, die Eisenbahnverkehrsunternehmen am Markt als Leistung anbieten.

­

Die Rückerstattung der LSVA gemäss Artikel 4 Absatz 3 SVAG wird zugunsten des Umschlags- und Verladebonus aufgehoben und in diesen Bonus integriert, sodass er auch für Transporte im kombinierten Verkehr zur Anwendung kommt. Da Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, welche Elektrizität oder Wasserstoff als Energiequelle nutzen, heute und voraussichtlich bis 2030 keine LSVA entrichten, wird damit die Möglichkeit geschaffen, dass auch die mit diesen Fahrzeugen transportierten Güter in den Genuss des Bonus kommen. Die Bestimmung im SVAG, aufgrund welcher Fahrten im unbegleiteten kombinierten Verkehr Anspruch auf eine pauschale Rückerstattung haben, wird gestrichen.

­

Der Umschlags- und Verladebeitrag soll via die Betreiber von Anschlussgleisen oder multimodalen Umschlagsplattformen entrichtet werden. Ist der Anlagenbetreiber nicht die für den Transport marktlich verantwortliche Person, ist davon auszugehen, dass die Weitergabe des Bonus via die marktlichen Vertragsbeziehungen erfolgt. Bei KV-Umschlagsanlagen ist eine direkte Weitergabe durch verbilligte Umschlagspreise möglich. Bei Freiverladen soll eine direkte Abrechnung durch den Verlader möglich sein. Die Entrichtung der Abgeltungen über diese Kanäle ist der administrativ einfachste Weg.

­

Für die Bemessung des Umschlags- und Verladebeitrags kann im Rahmen der Ausführungsbestimmungen je nach Funktionalität der Anlage eine Unter- und Obergrenze der Anzahl geförderter Bahnwagen je Umschlags- und Verladeanlage gesetzt werden. Für KV-Umschlagsanlagen wird keine Obergrenze vorgesehen.

­

Die Höhe des je Wagen zu entrichtenden Umschlags- und Verladebeitrags soll in den Ausführungsbestimmungen festgelegt werden. Die Höhe des Bonus 83 / 128

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richtet sich nach der heutigen Rückerstattung der LSVA für im UKV eingesetzte Fahrzeuge.48 Abschätzungen und Gespräche mit Branchenakteuren zeigen, dass mit dieser Beitragshöhe ein massgeblicher Einfluss auf den Verkehrsträgerentscheid erreicht wird, da die Kostendifferenz zum Strassengüterverkehr so deutlich verkleinert oder nivelliert werden kann. Dies würde gemäss ersten Abschätzungen einen Umschlags- und Verladebeitrags von durchschnittlich 40 Franken je abgehenden resp. ankommenden Wagen zur Folge haben. Die Gesamtsumme dieser Förderung würde ­ berechnet anhand der Zahl der aktuell in der Schweiz transportierten Wagen und unter Berücksichtigung gewisser Unter- und Obergrenzen ­ 25 Millionen Franken betragen, zuzüglich der heute für die Rückerstattung der LSVA im KV eingesetzten Mittel, welche ebenfalls ungefähr 25 Millionen Franken betragen und neu direkt als Bonus ausgerichtet werden.

Verbilligter Zugang zu Leistungen der Infrastrukturbetreiberinnen für Rangierungen In der Produktion des EWLV in der Schweiz erbringen die Infrastrukturbetreiberinnen auf dem Normalspurnetz heute wichtige Aufgaben: Sie übernehmen das Rangieren in Rangierbahnhöfen, was das Zerlegen, Sortieren und Formieren von Güterzügen, üblicherweise über einen Ablaufberg umfasst. Diese Leistungen werden durch SBB Infrastruktur in den Rangierbahnhöfen Basel SBB RB (Basel SBB RB I und II), Buchs SG, Chiasso SM, Lausanne Triage und Rangierbahnhof Limmattal erbracht. Für diese Leistungen werden den Eisenbahnverkehrsunternehmen heute jährlich ca. 20 Millionen Franken in Rechnung gestellt. Ca. 80 Prozent der Rangierungen in den Rangierbahnhöfen betreffen dabei den EWLV. Rangierungen, die in anderen Bahnhöfen der Infrastrukturbetreiberinnen (Formations-, Annahmebahnhöfe) erfolgen, werden durch die Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgeführt. Als Rangierungen gelten Rangierfahrten vom Start bis zum Ziel innerhalb eines Bahnhofes, Umfahren des Zuges mit Lok ohne Lasten/Formationsänderungen des Zuges und Wagenzustellungen und -abholung. Die Leistungen, die durch die Infrastrukturbetreiberinnen in Rechnungen gestellt werden, umfassen die Kommunikation über den Ablauf, die Stellwerkbedienung, die Fahrerlaubnis und die Benutzung der Verkehrsanlagen. Für diese Leistungen werden heute den Eisenbahnverkehrsunternehmen jährlich ca. 5 Millionen
Franken in Rechnung gestellt, auch hiervon der allergrösste Teil für den EWLV.

Gemäss den geltenden Bestimmungen des Eisenbahngesetzes und der EisenbahnNetzzugangsverordnung bemessen sich die Preise für diese Leistungen als Teil des Trassenpreises in Form von Zusatzleistungen nach den jeweiligen Grenzkosten. Dabei erweist es sich als sehr schwierig, die Grenzkosten für solche Leistungen objektiv zu bemessen. Um den Zugang zu diesen Leistungen attraktiver zu gestalten und Planungssicherheit zu gewährleisten, wird als Massnahme vorgeschlagen, dass das Rangieren in Rangierbahnhöfen zusammen mit weiteren Leistungen für Rangierungen von den Infrastrukturbetreiberinnen zukünftig zu günstigeren Preisen und ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Grenzkosten angeboten werden kann. Von dieser Massnahme profitieren alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die die Leistungen der Infra48

Nach Art. 8 SVAV zwischen 15 und 33 Franken, je nach Länge des Ladebehälters oder Sattelaufliegers.

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strukturbetreiberinnen in Anspruch nehmen. Zuvorderst ist dies für die Erstellung des Netzwerkangebots im EWLV der Fall.

Eine entsprechende Bestimmung soll in das EBG aufgenommen werden. Es ist eine Verbilligung gegenüber heute in Höhe von 10 Millionen Franken vorgesehen. Dies führt zu Mindereinnahmen bei den Infrastrukturbetreiberinnen und wird durch eine Erhöhung der Betriebsbeiträge an die betroffenen Infrastrukturbetreiberinnen im Rahmen derer Leistungsvereinbarungen kompensiert. Die Vergünstigung der Zusatzleistungen wird in den Ausführungsbestimmungen konkretisiert.

Auf die Förderung neuer Angebote wird zukünftig verzichtet Im Gegenzug zu den beschriebenen Massnahmen ist die Bestimmung im heutigen Artikel 9 Absatz 2 GüTG, mit der der Bund neue Angebote des Gütertransports auf der Schiene fördern kann, bis sie eigenwirtschaftlich erbracht werden können, längstens jedoch während drei Jahren, aufzuheben. Diese Bestimmung ist ohnehin bis 2027 befristet.

Dieser Fördertatbestand kam bisher nicht zur Anwendung. Seine administrative Umsetzung ist zudem aufwändig. Zugleich zielt das heutige CO2-Kompensationsprogramm des Bundesamts für Umwelt (BAFU), welches auch für Projekte im Güterverkehr zum Zuge kommen kann, auf den gleichen Tatbestand ab ­ nämlich die Verlagerung von Neuverkehren auf die Schiene.49 Im Gegenzug zur Schaffung zusätzlicher Fördertatbestände, die gezielt auf eine Stärkung von Angeboten im Schienengütertransport setzen, wird vorgeschlagen, auf dieses Instrument zu verzichten und die Bestimmung im GüTG ersatzlos zu streichen.

Regelung der Beziehungen zwischen Bund und Anschliesser bzw.

Anlagenbetreiber mittels Vereinbarung Um die aus Bau und Betrieb von privaten Güterverkehrsanlagen hervorgehenden Beziehungen zwischen Bund resp. BAV und den Eigentümerinnen oder Betreiberinnen von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen transparent zu regeln, sollen diese Parteien zukünftig mehrjährige Vereinbarungen miteinander abschliessen können, mit denen zum einen die Höhe der Investitionsbeiträge für Neubauten, Erweiterungen und Erneuerungen sowie die damit verbundenen Verpflichtungen vereinbart werden. Zum anderen bildet die Vereinbarung die Grundlage für die Entrichtung der oben beschriebenen «Umschlags- und Verladebeiträge». Ebenso sollen mit diesen Vereinbarungen Angelegenheiten nach
dem heutigen 4. Abschnitt GüTG (z. B. bewilligungsrechtliche Fragen zu Bau und Betrieb von Anschlussgleisen, Anwendbarkeit von eisenbahnrechtlichen Bestimmungen und Betriebsvorschriften) geregelt werden können, soweit dies sowohl für das BAV als Aufsichtsbehörde als auch den Anschliesser von Mehrwert ist. Als Anschliesser gilt, wer das Anschlussgleis tatsächlich betreibt. Im Zweifelsfall gilt der Eigentümer der Anlage als Anschliesser.

49

Vgl. hier eine Liste der vom BAFU geförderten Projekte im Güterverkehr: 5.1 Effizienzverbesserung bei Personentransport oder Güterverkehr, abrufbar unter www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Klima > Fachinformationen > Massnahmen CO2-Gesetz > CO2-Kompensation Projekte im Inland > Registrierte Projekte.

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4.1.4

Stärkere Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung des Bundes und der Kantone

Mit der stärkeren Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung des Bundes und der Kantone soll erreicht werden, dass die Infrastrukturen und Anlagen für den Gütertransport kohärent zu den Bedürfnissen der verladenden Wirtschaft in der Raumplanung berücksichtigt werden.

4.1.4.1

Ziel der Massnahme: Stärkung der Anliegen des Güterverkehrs in den raumplanerischen Instrumenten von Bund und Kantonen

Ziel der im Bereich der Raumplanung vorgeschlagenen Massnahmen ist die angemessene Berücksichtigung der Anliegen des Güterverkehrs. Idealerweise gelten für den Güterverkehr in der Raumplanung gleich lange Spiesse wie für Anliegen des Personenverkehrs. Dies betrifft einerseits die raumplanerische Sicherung der Anlagen und andererseits die Ermittlung des Flächenbedarfs bzw. die Bezeichnung konkreter Vorranggebiete für Nutzungen für den Güterverkehr. Dies impliziert die Sicherstellung einer effizienten Erreichbarkeit der Anlagen im Schienengüterverkehr und die multimodale Verknüpfung, insbesondere mit der Strasse.

Dies unter Wahrung der raumplanerischen Kompetenzen der Kantone, sodass für den Bund nur subsidiär direkter Handlungsbedarf besteht. Wesentliche Anforderungen des Schienengüterverkehrs und multimodaler Angebote sollen in geeigneter Weise in der kantonalen Richtplanung festgehalten werden. Festlegungen zum Güterverkehr in Sachplänen des Bundes sind zudem eng mit der Richtplanung abgestimmt und spiegeln sich dort wider. Das Konzept für den Gütertransport auf der Schiene nach Artikel 4 GüTG gibt den übergeordneten Rahmen und sorgt für eine enge Abstimmung mit den Planungen des Bundes zum Ausbau der Bahninfrastrukturen.

4.1.4.2

Vorgeschlagene Massnahme: Gleichberechtigte Berücksichtigung des Güterverkehrs in den bestehenden Instrumenten der Raumplanung des Bundes und der Kantone

Mit punktuellen Massnahmen bzw. Rechtsanpassungen im GüTG soll die gleichberechtigte Berücksichtigung des Güterverkehrs in den raumplanerischen Instrumenten des Bundes ermöglicht werden.

Konzept für den Gütertransport auf der Schiene zu einem verkehrsträgerintegrierenden Konzept weiterentwickeln Das Konzept nach Artikel 4 GüTG stellt in seiner heutigen Form Erhalt und Entwicklung der Anlagen für den Gütertransport auf der Schiene in den Vordergrund. Das Konzept kann als Instrument weiterentwickelt werden, indem es ergänzend vermehrt auch Aussagen zum Güterverkehr auf der Strasse, auf dem Rhein und den Schweizer 86 / 128

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Seen enthält und zudem die Abstimmung mit dem Handlungs- und Abstimmungsbedarf sicherstellt, der aus dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 202150 über den unterirdischen Gütertransport (UGüTG) bzw. den sich in Erarbeitung befindenden Sachplanungen zum unterirdischen Gütertransport erwächst.

Das Konzept ist zudem um Aussagen und Festlegungen zu Räumen und verkehrlichen Anforderungen für Umschlagsplattformen zu ergänzen. Die behördenverbindlichen Aussagen und Festlegungen im Sachplan Verkehr, Teil Programm, sind zuhanden der Kantone und weiterer planender Instanzen in geeigneter Weise zu konkretisieren und operationalisieren. Dazu können die im Sachplan Verkehr, Teil Programm, vorgesehenen sogenannten Handlungsraumgespräche genutzt werden.51 Mit dem Konzept sind Aussagen zu machen, wie die Umschlagsplattformen als Knoten-, Verbindungsund Bündelungspunkte systematisch geplant und für alle Verlader zugänglich gemacht werden können. Die intelligente Verknüpfung aller Verkehrsträger mittels raumplanerisch gesicherter, zentraler Umschlagsplattformen sowie verkehrstechnisch gut erschlossener Produktions- oder Distributionsstandorte via Konzept und geeigneter Adressierung an die Richtplanung der Kantone bietet somit das Potenzial für eine verbesserte Bündelung und Vernetzung sowohl in den Transporten über längere Distanzen als auch in der Feinzustellung sowie der Ver- und Entsorgung.

Für alle im Konzept enthaltenen Anlagenkategorien, die eine Verknüpfung der Verkehrsträger ermöglichen (Freiverlade, KV-Umschlagsanlagen, Umschlagsplattformen und Hafeninfrastrukturen für den Gütertransport auf der Schiene), sind zudem die Grundlagen für den Anschluss an das Strassennetz zu bestimmen.

Aufgrund der Tatsache, dass die direkt an die Kantone adressierten Festlegungen des Konzepts bis anhin nur zögerlich in die Richtplanungen der Kantone Eingang gefunden haben, soll in den Gesetzesbestimmungen zum Konzept in Artikel 4 GüTG nochmals ausdrücklich auf diese Verpflichtung der Kantone hingewiesen werden.

Stärkere Verpflichtung der Kantone für den Güterverkehr in der Verkehrsund Raumplanung Darüber hinaus ist vorgesehen, dass im GüTG präzisiert wird, wie die Kantone aus dem GüTG erwachsende Verpflichtungen umzusetzen haben. Von Seiten der Verladerschaft und Eisenbahnverkehrsunternehmen besteht die Erwartung, dass die Kantone hier weitere Anstrengungen unternehmen. Dies betrifft die folgenden Sachverhalte:

50 51

­

Standorte für KV-Umschlagsanlagen: Die Kantone berücksichtigen den im Konzept für den Gütertransport auf der Schiene ausgewiesenen Bedarf an zusätzlichen Umschlagskapazitäten in der kantonalen Richtplanung, evaluieren die hierfür geeigneten Standorte und weisen diese in den Richtplänen aus.

­

Standorte für multimodale Umschlagsplattformen: Die Kantone evaluieren auf der Basis der Aussagen des Sachplans Verkehr, Teil Programm, die geSR 749.1 Im Rahmen der Überarbeitung oder Aktualisierung des Sachplans Verkehr, Teil Programm, führt der Bund in den Handlungsräumen gemäss Raumkonzept Schweiz regelmässig Gespräche mit den Kantonen, Städten und Gemeinden (Handlungsraumdiskussionen). Siehe dort Kapitel 4.4.

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eigneten Standorte und weisen diese in den Richtplänen aus. Sie berücksichtigen dabei die Konkretisierungen im Konzept für den Gütertransport auf der Schiene (sobald vorliegend). In Bezug auf die Agglomerationen ist hierfür die Thematik der Umsetzung von City-Logistik-Konzepten in geeigneter Weise aufzunehmen. Zudem kann diese Frage im Rahmen der im Sachplan Verkehr, Teil Programm, vorgesehenen Handlungsraumgespräche mit den Kantonen, Städten und Gemeinden angegangen werden.

­

Erschliessung von Industrie- und Gewerbezonen mit Anschlussgleisen: Kantone und Gemeinden haben bereits gemäss heutigem Artikel 12 GüTG die gesetzliche Pflicht, mit Massnahmen der Raumplanung dafür zu sorgen, dass die Industrie- und Gewerbezonen soweit möglich und wirtschaftlich vertretbar mit Anschlussgleisen erschlossen werden. Es ist offen, ob und wie diese Verpflichtung durch die Kantone umgesetzt wird. Daher wird neu festgelegt, dass die Kantone diese Massnahmen in den Richtplänen festlegen. Sie sind so auch verbindlich für die Nutzungsplanung der Gemeinden. Zur Klärung der Machbarkeit und Tragbarkeit sollen durch die Kantone idealerweise auch Vorgaben zur Unterstützung der Gemeinden erarbeitet werden.

In den Schlussbestimmungen zum GüTG soll zudem festgehalten werden, dass die Kantone diese Punkte innerhalb von drei Jahren in ihrer Richtplanung oder anderen adäquaten Instrumenten umzusetzen und in geeigneter Weise für die Umsetzung der Nutzungsplanung der Gemeinden zu sorgen haben.

4.1.5

Stärkung der Rheinschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten

Gemäss der Motion Herzog 20.3286 soll geprüft werden, ob der Bund für die erforderliche Bereitstellung der verschiedenen für den Gütertransport und -umschlag erforderlichen Hafeninfrastrukturen eine finanzielle Unterstützung leisten soll. Diese Frage ist im Rahmen der Vorlage im umfassenden Kontext der zukünftigen Ausrichtung des Güterverkehrs zu stellen. Die Güterversorgung über den Rhein ist für die Schweiz von grosser Bedeutung. Auch bietet der Rhein die Möglichkeit von zu Strasse und Schiene redundanten und zugleich kostengünstigen und umweltfreundlichen Transportangeboten. Daher soll es Ziel des Bundes sein, über die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen auf die Verfügbarkeit der für den Gütertransport auf dem Rhein und die Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern erforderlichen Infrastrukturen und Anlagen Einfluss nehmen zu können.

4.1.5.1

Ziel der Massnahme: Sicherung und Stärkung der Hafeninfrastruktur zur Einbindung der Rheinschifffahrt in multimodale Transportketten

Ziel dieser Massnahme ist die Sicherung der Schweizerischen Rheinhäfen als Gütertransportinfrastruktur von nationaler Bedeutung sowie die koordinierte Weiterent-

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wicklung dieser Infrastrukturen entsprechend den Bedürfnissen der verladenden Wirtschaft und zur nachhaltigen Sicherung der Landesversorgung.

Die Rheinhäfen sollen moderne und leistungsfähige Logistikanlagen bereitstellen Aus Sicht des Bundesrats sollen die von den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) als Anstalt öffentlichen Rechts betriebenen Rheinhäfen als moderne und leistungsfähige, an den Marktbedürfnissen orientierte Logistikanlagen weiterentwickelt werden. Dafür sind die erforderlichen Kapazitäten für einen effizienten Umschlag und die notwendige (Zwischen-)Lagerung der verschiedenen Güter bereitzustellen. Dies gilt in gleichem Masse für den Umschlag Schiff­Schiene im kombinierten und konventionellen Verkehr und die Umschlagsvorgänge zwischen Schiff und Strasse.

Hierfür ist die langfristige Verfügbarkeit der bestehenden Areale für Transport, Güterumschlag und Logistikdienstleistungen in den Häfen Basel-Kleinhüningen (mit Ausnahme der Westquaiinsel), Birsfelden und Auhafen Muttenz sicherzustellen. Dies ist in den raumplanerischen Instrumenten des Bundes und der Kantone bereits so verankert. Die Funktionalitäten der Hafenbahnhöfe der heutigen Hafenbahn Schweiz AG im Hafen Kleinhüningen sowie im Hafen Birsfelden und im Auhafen Muttenz sollen langfristig erhalten bleiben und gemäss dem Stand der Technik und den Erfordernissen des Verkehrs modernisiert werden. Dies soll gegenüber heute auch einen moderneren und kostengünstigeren Schienengütertransport und so auch eine effiziente Transportkette Rheinschiff­Schiene ermöglichen.

Die verkehrspolitische Steuerung der Weiterentwicklung der Rheinhäfen über eine Beteiligung ist nicht ausreichend Der Bund hat diese Zielsetzungen bereits 2017 in einer gemeinsamen Absichtserklärung zur Weiterentwicklung der Schweizerischen Rheinhäfen zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt, dem Kanton Basel-Landschaft und den Schweizerischen Rheinhäfen festgehalten.52 Er hat dort die Absicht bekundet, dass die Hafenanlagen in Basel-Kleinhüningen um ein drittes Hafenbecken erweitert werden sollen, welches den Anschluss der Rheinschifffahrt an die zukünftige KV-Umschlagsanlage Gateway Basel-Nord ermöglicht, und dass der Bund sich entsprechend den Bestimmungen des GüTG und des GüTV an der Finanzierung dieses Hafenbeckens beteiligen wird. Vorgesehen ist, dass der Bund auf Basis
des heutigen Artikels 8 Absatz 6 GüTG bedingt rückzahlbare Darlehen für den Bau des geplanten Hafenbeckens zusichert und zugleich beabsichtigt, die Miteigentümerschaft an den Infrastrukturen der SRH zu erlangen.

Der Bund hat diese Absicht auf Basis der mit der letzten Totalrevision des Gütertransportgesetzes geltenden Gesetzesbestimmungen bekundet. Es ist jedoch offensichtlich, dass der Bund durch eine Minderheitsbeteiligung nicht den oben formulierten gewünschten Einfluss geltend machen kann. Mit dieser Vorlage ergibt sich nun die

52

Vgl. Medienmitteilung Bund, beide Basel und SRH unterzeichnen Absichtserklärung zur Weiterentwicklung der Rheinhäfen vom 27.9.2017, abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen.

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Möglichkeit, die verkehrspolitische Steuerung der Entwicklung der Rheinhäfen zielgerichtet zu regeln.

Notwendigkeit der Anpassung der Organisationsstruktur der Schweizerischen Rheinhäfen Die Frage der Steuerung der Entwicklung betrifft aus verkehrspolitischer Sicht lediglich die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Hafeninfrastruktur für den Gütertransport. Die Schweizerischen Rheinhäfen nehmen heute darüber hinaus auch Aufgaben der Bewirtschaftung und Vermarktung der Hafengebiete sowie hoheitliche Aufgaben auf Basis verschiedener Rechtsbestimmungen wahr. Hierfür besteht aus Bundessicht kein Bedarf für eine konkrete Steuerung.

Für eine transparente Kompetenzregelung wird daher eine geeignete gesellschaftsrechtliche Trennung angestrebt zwischen dem Bereich Hafeninfrastruktur (Verkehrsflächen mit Hafenanlagen) einerseits und Immobilienbewirtschaftung und hoheitliche Aufgaben andererseits, welche direkt unter dem Dach der SRH bleiben sollen. Vorgesehen ist die Gründung einer neuen Aktiengesellschaft im Eigentum der SRH, in welche die Hafeninfrastrukturen überführt werden. Zu den Hafeninfrastrukturen zählen insbesondere Hafenbecken, Quais/Bermen, nicht öffentliche Strassen, Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen, betrieblich genutzte Hochbauten (u. a. Revierzentrale, Bootsgaragen) und Arbeitsschiffe.

Diese Unternehmensstruktur mit einer Hafeninfrastruktur AG kann wie folgt dargestellt werden. Der Bedarf der Steuerung durch den Bund konzentriert sich auf die Hafeninfrastruktur Schweiz AG. Die Hafenbahnen werden bereits heute über Leistungsvereinbarungen nach Artikel 51 EBG gesteuert und finanziert.

Die dargestellte Unternehmensstruktur ist bereits in der gemeinsamen Absichtserklärung zur Weiterentwicklung der Schweizerischen Rheinhäfen skizziert. Die Eignerkantone und die SRH selbst befürworten diese organisatorische Anpassung. Sie soll voraussichtlich in die durch Neustrukturierung der Anlagen im Hafen Basel-Kleinhüningen (Klybeck und Westquai) erforderliche Anpassung des sogenannten «Rhein90 / 128

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hafen-Vertrags zwischen den beiden Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt»53 einfliessen.

Die Schweizerischen Rheinhäfen sollen hierauf aufbauend weiterhin nach dem sogenannten «Landlord-Prinzip» betrieben werden: Dies bedeutet, dass einerseits das Infrastrukturmanagement (u. a. Strassen, Hafenbahn, Quaianlagen, Liegestellen und Steiger) durch die SRH verantwortet werden und andererseits Transport, Lagerung, Umschlag und Produktion von privaten Baurechtsnehmern wahrgenommen werden.

Die SRH bewirtschaften die Parzellen im Baurecht und treten für die Eignerkantone als Baurechtsgeber auf. Die privaten Baurechtsnehmer entschädigen die SRH in Form von Baurechtszinsen und Abgaben auf den umgeschlagenen Gütern. Auch an diesem Prinzip soll festgehalten werden.

4.1.5.2

Vorgeschlagene Massnahme: Steuerung über eine Leistungsvereinbarung mit der Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur

Zur Steuerung der Entwicklung der Hafeninfrastrukturen für den Gütertransport sieht der Bundesrat als neue verkehrspolitische Massnahme das Instrument einer Leistungsvereinbarung mit der Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur (in Gestalt der zukünftigen «Hafeninfrastruktur Schweiz AG») vor.

Mit dem Abschluss einer Leistungsvereinbarung kann der Bund direkten Einfluss auf die Leistungen einer Hafeninfrastruktur nehmen. Zudem kann jeweils nach Ablauf der Leistungsperiode eine rollende Beurteilung der erforderlichen Entwicklung und der nötigen Leistungen vorgenommen werden. In eine solche Leistungsvereinbarung könnten auch Aspekte der Landesversorgung einfliessen.

Im Rahmen der Leistungsvereinbarung werden Leistungsumfang und wichtige Infrastrukturentwicklungen der Rheinhäfen definiert Der Fokus der Leistungsvereinbarung liegt auf der Vereinbarung des Leistungsumfangs im Betrieb und Unterhalt sowie im Substanzerhalt und in der Erneuerung der Hafeninfrastruktur. Durch die Bestellung von relevanten Infrastrukturen im Rahmen der Leistungsvereinbarung kann der Bund einerseits auf die Bemessung der Hafenabgaben (Abgaben auf Grund der umgeschlagenen Mengen in den Hafenarealen, entspricht einer Infrastrukturabgabe wie die Trassengebühren im Schienenverkehr) Einfluss nehmen. Andererseits macht der Bund direkten Einfluss auf die Sicherung des Hafenperimeters und dessen Infrastrukturen als Basis der Entwicklung von (dekarbonisierten) Transportketten geltend. Der Ausbau des Hafens ist nebensächlich, da dessen Finanzierung abgesehen vom neuen Hafenbecken in Basel-Kleinhüningen weitgehend geklärt ist und keine weiteren Erweiterungen geplant sind.

53

Staatsvertrag über die Zusammenlegung der Rheinschifffahrtsdirektion Basel und der Rheinhäfen des Kantons Basel-Landschaft zu einer Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter dem Namen «Schweizer Rheinhäfen» («Ports Rhénans Suisses», «Swiss Rhine Ports»); abrufbar unter www.gesetzessammlung.bs.ch > 955.400.

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So kann der Bund ohne eine direkte Risikoübernahme Einfluss auf den konkreten Leistungsumfang nehmen. Über die Periodizität der vierjährigen Leistungsvereinbarungen ist eine flexible Steuerung der benötigten Leistungen entsprechend den Marktentwicklungen und geänderten umwelt- oder versorgungspolitischen Anforderungen möglich.

Über Abgeltungen an den Betrieb besteht eine direkte Möglichkeit, Anreize für attraktive und dekarbonisierte Transportketten zu setzen Vorderhand spielt die Frage der Abgeltung des vereinbarten Leistungsumfangs eine untergeordnete Rolle. Wenn Abgeltungen entrichtet werden, hat der Hafeninfrastrukturbetreiber die Möglichkeit, die Hafenabgaben zu reduzieren und so die Wettbewerbsfähigkeit von Transportketten mit Umschlag zwischen Schiff und anderen Verkehrsträgern zu erhöhen. Andererseits sind mittelfristig relevante Investitionen in die Modernisierung und Erneuerung der Hafeninfrastruktur zu erwarten. Dies betrifft u. a.

auch Investitionen in dekarbonisierte Transportketten (z. B. Ladestationen oder Betankungsinfrastrukturen für Wasserstoff oder andere erneuerbare Energieträger, Erneuerungen der Bauwerke etc.). Eine Finanzierung via Hafenabgaben würde zu höheren Hafenabgaben führen, die durch Abgeltungen möglicherweise vermieden werden können.

Ersten Schätzungen der Schweizerischen Rheinhäfen zufolge könnten sich die Abgeltungen auf ungefähr 5 Millionen Franken pro Jahr belaufen.

Ein Zielbild für die Hafenanlagen ist wichtiges Element der Leistungsvereinbarung Wichtiges Element der Leistungsvereinbarung ist ein Zielbild zur Entwicklung der Hafenanlagen. Die Raumplanung in den Häfen und in deren Umgebung ist von höchster Relevanz für die zukünftige Entwicklung der Hafenanlagen und der ansässigen Industrie. Um zu verhindern, dass die Weiterentwicklung der Häfen durch anderweitige Gebietsentwicklungen eingeschränkt oder verhindert wird, soll ein Zielbild für die Hafenanlagen definiert werden. Dieses Zielbild soll den Rahmen für die zukünftige Festlegung von freizuhaltenden Flächen vorgeben. In diesem Zusammenhang muss auch die Frage nach dem Umfang der Vorhalteleistungen des durch die Standortkantone zur Verfügung gestellten Landes abgeklärt werden.

Alle auf der Hafeninfrastruktur verfügbaren Funktionalitäten sollen grundsätzlich aufrechterhalten werden. Dies gilt sowohl
wasser- als auch landseitig. Mit Blick auf den Schienengüterverkehr sollen die Bündelung und Formierung von Zügen mindestens entsprechend den heutigen Schweizer Standards (Zugslänge, Achslast, Lichtraumprofil, schweizerische Betriebsvorschriften etc.) erhalten werden. Ebenso sind die Bedienqualitäten für die Ladegleise an den Quaianlagen mindestens auf heutigem Niveau zu halten oder effizienter zu gestalten.

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Mit der Botschaft an das Parlament wird noch keine Leistungsvereinbarung vorgelegt Die vorliegende Botschaft beantragt keinen Beschluss für die Finanzierung von Hafeninfrastrukturen. Bis zum Abschluss der ersten Leistungsvereinbarung mit der Betreiberin der Hafeninfrastruktur sind folgende Schritte vorgesehen: ­

Klärung der Inhalte des sogenannten «Rheinhafen-Vertrags» der Eignerkantone: Das Instrument einer Leistungsvereinbarung zwischen Hafeninfrastrukturbetreiberin und Bund wird von den heutigen Eignern der Rheinhäfen und den SRH begrüsst. Die Kantone verzichten jedoch auf eine Steuerung mittels Leistungsvereinbarung. In der anstehenden Revision des Rheinhafen-Vertrages zwischen den Kantonen soll definiert werden, dass die Vorgaben bzw. die Steuerung der Hafeninfrastrukturbetreiberin durch die SRH als Muttergesellschaft erfolgt, welche wiederum über die Festlegung von Eignerzielen geführt wird. Auf diesem Weg bringen die Kantone ihre Interessen in die Bestimmung des Leistungsumfangs und die Offertstellung durch die Hafeninfrastrukturbetreiberin ein. Dies bedingt die Klärung der Inhalte des zukünftigen Staatsvertrags zwischen den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft und den SRH.

­

Auftrag zur Erarbeitung und Aushandlung eines Entwurfs der Leistungsvereinbarung an das BAV: Das Instrument der Leistungsvereinbarung mit der Hafeninfrastrukturbetreiberin soll als Kann-Bestimmung in das GüTG aufgenommen werden. Mit Inkrafttreten der Rechtsgrundlage wird das BAV die Arbeiten aufnehmen, um den Entwurf für eine entsprechende erste Leistungsvereinbarung mit der Hafeninfrastrukturbetreiberin auszuhandeln und den damit verbundenen allfälligen Entwurf eines Bundesbeschlusses über einen Zahlungsrahmen vorzulegen, voraussichtlich für eine Periode ab 2029.

Möglichkeit der Umwandlung bedingt rückzahlbarer Darlehen in eine Bundesbeteiligung an der Hafeninfrastrukturbetreiberin Gemäss den Beschlüssen zur Totalrevision des GüTG 2016 leistet der Bund seinen Beitrag an den Bau eines neuen Hafenbeckens in Basel-Kleinhüningen zuhanden der Schweizerischen Rheinhäfen als zinsloses, bedingt rückzahlbares Darlehen. Dies in der damaligen Absicht, das Darlehen bei der Gründung der Hafeninfrastruktur AG in einen Eigenkapitalanteil des Bundes umzuwandeln. So erfolgt die beabsichtigte Beteiligung ferner entsprechend dem in der Gemeinsamen Absichtserklärung festgehaltenen Vorgehen, welches auch Grundlage für den Ratschlag der Regierung des Kantons Basel-Stadt für die Bewilligung des Kantonsanteils an der Finanzierung des neuen Hafenbeckens bildete.54 Der Bundesrat schlägt die Aufnahme einer Formulierung im GüTG vor, welche es dem Bund in Form einer Kann-Bestimmung erlaubt, die bedingt rückzahlbaren Darlehen des Bundes unter Vorbehalt der notwendigen aktienrechtlichen Beschlüsse der Hafeninfrastrukturbetreiberin in Eigenkapital umzuwandeln.

54

Ratschlag betreffend Ausgabenbewilligung zur Realisierung des Hafenbeckens 3 sowie Ausgabenbewilligung für die Weiterentwicklung der Hafenbahn in Kleinhüningen (Vorprojekt), abrufbar unter grosserrat.bs.ch > 18.1757.01.

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4.1.6

Anreize für den Einsatz dekarbonisierter Antriebe in Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt

4.1.6.1

Ziel der Massnahme: Beschleunigung der Diffusion dekarbonisierter Antriebe im Schienengüterverkehr und in der Güterschifffahrt

In der Begründung zur Motion Herzog 20.3286 werden finanzielle Anreize für den Einsatz dekarbonisierte Antriebe als Element für die zukünftige Förderung des Gütertransports auf dem Rhein benannt. In der Motion Dittli 20.3222 werden solche Anreize für den Schienengüterverkehr nicht explizit benannt, jedoch kann der Analogieschluss gezogen werden: Mit dem Einsatz von batterieelektrischen Hybridfahrzeugen kann auch die Nahzustellung im Schienengüterverkehr CO2-neutral erfolgen.

Dekarbonisierte Produktion der Güterschifffahrt und des Schienengüterverkehrs sicherstellen Ziel der Massnahme ist entsprechend den Zielsetzungen der parlamentarischen Aufträge, dass mit finanziellen Anreizen die Diffusion «dekarbonisierter» Antriebstechnologien bei Güterschiffen und Rangierlokomotiven beschleunigt wird, unabhängig davon, ob bestehende Schiffe resp. Fahrzeuge umgebaut oder diese früher ausgemustert und neue Schiffe resp. Fahrzeuge angeschafft bzw. gemietet werden. Auf dieser Basis soll es möglich sein, die Schiffe und Fahrzeuge zeitlich vorgezogen, also vor Ende der Lebensdauer, grösseren Umbaumassnahmen zu unterziehen oder auszumustern.

Mit Um- und Nachrüstungen oder Neubeschaffungen kann so der Beitrag von Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt an die umweltpolitischen Ziele weiter verbessert werden, indem die Flotte der Güterschiffe55 für emissionsarme Antriebe und alternative Kraftstoffe aus- oder umgerüstet wird und die im Schienengüterverkehr vor allem im Rangierbetrieb eingesetzten Fahrzeuge zukünftig rein batterieelektrisch angetrieben werden oder als batterieelektrische Hybridfahrzeuge zur Anwendung kommen.

4.1.6.2

Vorgeschlagene Massnahme: Finanzielle Unterstützung der Umrüstung durch Beiträge des Bundes

Finanzielle Beiträge an Bau und Umrüstung klimaneutraler Fahrzeuge und Schiffe Als Massnahmen werden vorgeschlagen: ­

55

Für den Gütertransport auf der Schiene: finanzielle Beiträge zur Unterstützung von Investitionen in Anlagen und Fahrzeuge, wenn diese eine massge-

Es gilt die Klassifizierung als «Güterschiff» gemäss Art. 2 Abs. 1 Binnenschifffahrtsverordnung, BSV; SR 747.201.1.

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bliche Reduktion des Ausstosses von Treibhausgasemissionen bei der Erbringung der Transportangebote ermöglichen.

­

Für die Güterschifffahrt: finanzielle Beiträge an den Bau von Schiffen, die arm an Treibhausgasemissionen oder für Niedrigwasser geeignet sind, und an die Umrüstung und die Erneuerung von Schiffen auf dekarbonisierte Antriebe.

Es soll die Rechtsgrundlage geschaffen werden, dass Beiträge als A-Fonds-perdu-Beiträge entrichtet werden können. Orientierungspunkt für die Höhe sind die Umrüstkosten bzw. bei Neuanschaffungen die Mehrkosten der Investition in ein Fahrzeug oder Schiff mit treibhausgasemissionsarmen Antrieben gegenüber der Investition in ein herkömmliches Fahrzeug oder Schiff. Auch kann die Entrichtung der Beiträge auf Basis von Pauschalen und unabhängig von den tatsächlichen Kosten erfolgen. Die finanzielle Förderung soll dabei einen massgeblichen Mitfinanzierungsbeitrag umfassen.

Anwendung in den Bereichen Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt Aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung und Standardisierung zukünftiger dekarbonisierter Antriebstechnologien sowohl in der Schifffahrt als auch für batterieelektrische Triebfahrzeuge auf der Schiene sollen mit dieser Vorlage lediglich die nötigen Rechtsgrundlagen, aber noch kein Kreditbeschluss unterbreitet werden.

Sobald die Antriebstechnologien marktreif sind, kann ein Verpflichtungskredit beantragt werden. Die allfällige Finanzierung von Test- und Pilotbetrieben erfolgt über die Beantragung spezifischer Voranschlagskredite. Für die Rheinschifffahrt ist die Beantragung der nötigen Rechtsgrundlagen auch erforderlich, um den Zusagen der Schweiz für eine dekarbonisierte Schifffahrt Rechnung tragen zu können.

Mengengerüst für die Umrüstung Die Umrüstung auf alternative, Treibhausgasemissionen reduzierende Antriebe in der Binnenschifffahrt umfasst etwa 300 Güterschiffe, die auf Schweizer Seen und auf dem Rhein in der Schweiz registriert sind. Im Schienengüterverkehr handelt es sich um rund 90 Fahrzeuge von Güterverkehrsunternehmen, die vor allem im Rangierbetrieb eingesetzt werden.

4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Bund übernimmt neue Aufgaben zur Modernisierung des Schienengüterverkehrs, zur Weiterentwicklung eines Netzwerkangebots und zur Stärkung der Rheinschifffahrt Mit den vorgeschlagenen Massnahmen erhält der Bund verschiedene neue Aufgaben: ­

Zur Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr finanziert der Bund die Migration zur digitalen automatischen Kupplung und sorgt auf diesem Weg für einen geordneten Ablauf der Migration.

­

Mit dem Abschluss einer Leistungsvereinbarung mit Anbieterinnen des EWLV im Schienengüterverkehr sorgt der Bund für eine Modernisierung und Weiterentwicklung der Angebote im Schienengüterverkehr. Er finanziert in 95 / 128

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diesem Rahmen neu Investitionen und richtet Abgeltungen aus, bis ein kostendeckendes Angebot möglich ist. Die Massnahme soll auf acht Jahre (mit der Option einer einmaligen Verlängerung in Kompetenz des Bundesrats) befristet werden.

­

Mit dem Abschluss einer Leistungsvereinbarung mit der Hafeninfrastrukturbetreiberin sorgt der Bund für eine Sicherung und Stärkung der Hafeninfrastrukturen und eine bessere Einbindung der Rheinschifffahrt in die nationale Güterverkehrspolitik.

Alle weiteren Massnahmen und Anpassungen stellen keine neuen Massnahmen dar, vielmehr werden verschiedene bestehende Aufgaben oder Anreizinstrumente fortgeführt, modifiziert oder ausgeweitet.

Zur Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben sind für das für deren Umsetzung zuständige BAV zusätzliche Ressourcen erforderlich (vgl. Ziffer 6.1.2).

4.3

Umsetzungsfragen

Die Massnahmen und Instrumente zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport erfordern Anpassungen auf Gesetzesstufe. Die diversen Änderungen im Gütertransportgesetz machen gewisse Anpassungen auf Verordnungsstufe erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Konkretisierung der verschiedenen Massnahmen der finanziellen Förderung. In Kapitel 4.1. wurde bei den verschiedenen beantragten Massnahmen jeweils darauf hingewiesen, wenn eine Konkretisierung auf Verordnungsstufe notwendig ist. Für die neu vorgesehenen Leistungsvereinbarungen mit der Betreiberin des EWLV sowie der Betreiberin der Hafeninfrastruktur wurde jeweils beschrieben, wie die Prozesse bis zum Abschluss der Vereinbarungen ausgestaltet werden sollen.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Einbettung der Vorlage

Totalrevision des Gütertransportgesetzes Zentraler Gegenstand der Vorlage ist eine Totalrevision des GüTG. An den Inhalten des aktuellen GüTG soll grundsätzlich festgehalten werden. Wesentlichste materielle Änderungen sind die Anpassung der Zielsetzungen und die Ergänzung der Fördertatbestände für den EWLV, die Einführung der DAK, die Stärkung der der Rheinschifffahrt sowie Anreize für den Einsatz von dekarbonisierten Antrieben im Schienengüterverkehr sowie in der Güterschifffahrt. Im Übrigen wurden die bestehenden Inhalte des GüTG bereinigt, wo eine Regelung auf Verordnungsstufe genügt.

Teilrevision von drei weiteren Gesetzen Die Möglichkeit, für Rangierleistungen im Schienenverkehr vom Prinzip der Deckung der Normgrenzkosten abzuweichen, und die Anpassungen der Definition des

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Umfangs der Eisenbahninfrastruktur bedingen die Anpassung des EBG. Daneben werden im EBG die Zuständigkeiten der RailCom präzisiert.

Die neue Definition der Umschlags- und Verladeanlagen sowie die ausgeweiteten Fördertatbestände für förderfähige Anlagenbestandteile bedingen auch eine Anpassung des MinVG.56 Durch die Streichung und Integration der heutigen LSVA-Rückerstattung in den Umschlags- und Verladebeitrag wird auch eine Anpassung des SVAG notwendig.

Die folgende Konkordanztabelle gibt einen Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage: Tabelle 4 Konkordanztabelle mit Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage Gesetz

Bereich

Bisher

GüTG

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

GüTG 2016

Art. 1 Gegenstand

Art. 1

Präzisierungen zum Gegenstand

Art. 2 Begriffe

­

neu aufgenommen: Begriffsbestimmungen und -klärungen

Art. 3 Ziele und Grundsatz

Art. 2

Aufnahme einer Referenz zur Klimapolitik; Aufnahme zusätzlicher Regelungsbereiche und Ausnahmen von der Eigenwirtschaftlichkeit etc.

Art. 4 Konzept für den Gütertransport

Art. 3

punktuelle Ergänzungen und Präzisierungen

Art. 5 Gemeinsame Leitlinien für den Gütertransport auf der Schiene Art. 6 Enteignung

Art. 3a

Ergänzung um EWLV

Art. 4

Anpassung der Begrifflichkeiten

Art. 7 Transport gefährlicher Güter

Art. 5

Ergänzung der Berücksichtigung internationaler Regelwerke sowie Anpassung der Begrifflichkeiten

Art. 8 ransporte im Rahmen des Sicherheitsverbundes Schweiz Art. 9 Ausservertragliche Haftung

Art. 6

Anpassung der Begrifflichkeiten

Art. 7

unverändert

56

Neuer oder geänderter Inhalt

SR 725.116.2

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Gesetz

Bereich

Bisher

Neuer oder geänderter Inhalt

Art. 8

Ausweitung der Anrechenbarkeit von Anlagenteilen; Aufnahme von Pauschalen für Anlagenteile, Möglichkeit von Vereinbarungen zwischen BAV und Anlagenbetreibern; Präzisierung zum Geltungsbereich der Diskriminierungsfreiheit; Investitionsbeiträge für Hafenanlagen neu in Art. 11

Art. 11 Förderung der Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein

­

neu aufgenommen: Möglichkeit der finanziellen Förderung mit Instrument der Leistungsvereinbarung

Art. 12 Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene Art. 13 Förderung des EWLV

Art. 9

Streichung der Förderung neuer Angebote, sonst Präzisierungen

­

neu aufgenommen: Möglichkeit der finanziellen Förderung des EWLV mit Instrument der Leistungsvereinbarung

Art. 14 Umschlags- und Verladebeiträge

­

neu aufgenommene Möglichkeit der Entrichtung von Pauschalbeiträgen je Wagen

Art. 15 Investitionsbeiträge für technische Neuerungen

Art. 10

Ergänzung um Pauschalen für Einführung der DAK; Ergänzung um Möglichkeit der Förderung technischer Neuerungen für den Gütertransport auf dem Wasser

Art. 16 Investitionsbeiträge für klimafreundliche Fahrzeuge

­

neu aufgenommen: Möglichkeit der finanziellen Förderung

Art. 12

Ergänzung um Festlegung von Massnahmen in den Richtplänen

Art. 13

redaktionelle Anpassung

Art. 14

unverändert

Art. 15

unverändert

Art. 16

Präzisierung zum Eigentum der Anschlussvorrichtungen

2. Abschnitt: Finanzielle Förderung Art. 10 Investitionsbeiträge für Umschlags- und Verladeanlagen

3. Abschnitt: Bau und Betrieb von Anschlussgleisen Art. 17 Erschliessung Art. 18 Baubewilligung, Betriebsbewilligung Art. 19 Eisenbahnrechtliche Bestimmungen, Betriebsvorschriften Art. 20 Pflicht zur Anschlussgewährung Art. 21 Eigentumsverhältnisse

Art. 22 Vertragliche Regelungen Art. 17

redaktionelle Anpassung

Art. 23 Kosten

redaktionelle Anpassung

98 / 128

Art. 18

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Gesetz

Bereich

Bisher

Neuer oder geänderter Inhalt

Art. 24 Gegenseitige Pflichten unter Anschliessern 4. Abschnitt: Bau und Änderung von KV-Umschlagsanlagen Art. 25

Art. 19

redaktionelle Anpassung

Art. 11

verschoben von Art. 11; Klärung des Verfahrens für Bau von KV-Umschlagsanlagen; Präzisierung der raumplanerischen Aufgaben des Bundes und der Kantone

5. Abschnitt: Wagenverwendungsvertrag und Beförderungsvertrag Art. 26 Wagenverwendungsvertrag Art. 27 Beförderungsvertrag

unverändert Art. 20

redaktionelle Anpassung

Art. 21

redaktionelle Anpassung

6. Abschnitt: Aufsicht, Rechtsschutz und Strafbestimmungen Art. 28 Aufsicht über die Anschlussgleise Art. 29 Streitigkeiten über Leistungsvereinbarungen

Art. 22

unverändert

­

neu aufgenommen: Klärung der Zuständigkeiten bei Streitigkeiten zu Leistungsvereinbarungen nach Art. 11 und 13

Art. 30 Weitere Streitigkeiten

Art. 23

redaktionelle Anpassungen

Art. 31 Strafbestimmungen

Art. 24

unverändert

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 32 Vollzug

Art. 25

neuer Absatz zur Umsetzung der Massnahmen der Raumplanung

Art. 33 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse Art. 34 Evaluation

Art. 26

unverändert

­

neu aufgenommen: Durchführung einer Evaluation der Förderwirkung des EWLV zur Beurteilung der Verlängerung der Förderung

Art. 35 Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

Art. 28

Befristung von Art. 9 wird aufgehoben und in Abs. 3 wird Art. 13 befristet

SVAG Art. 4 Ausnahmen und Befreiung

­

Abs. 3: die Rückerstattung der LSVA im UKV wird gestrichen

MinVG Art. 18

­

redaktionelle Anpassungen angepasste Anwendbarkeit des GüTG

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Gesetz

Bereich

Bisher

Neuer oder geänderter Inhalt

EBG

Art. 9c Trassenpreis

­

neuer Absatz zur Festlegung der Trassenpreise für Rangierungen im Schienengüterverkehr

Art. 40ater Aufgaben

­

Präzisierung Aufgaben der RailCom

Art. 48a Ziele

­

betrifft nur den französischen Text

Art. 48e Projektierung und Ausführung der Massnahmen Art. 49 Grundsätze

­

betrifft nur den französischen Text

­

Korrektur Verweis

Art. 62 Umfang der Infrastruktur ­

5.2

Präzisierung der Definition des Umfangs der Eisenbahninfrastruktur, hier: Freiverladeanlagen

Gütertransportgesetz

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand

Der Gegenstand des Gesetzes wird präzisiert und ausgeweitet. War der Fokus des Gesetzes bisher auf dem Gütertransport auf der Schiene, so wird in Absatz 1 nun festgehalten, dass das Gesetz nicht nur den Gütertransport auf der Schiene, sondern auch auf dem Wasser und mit Seilbahnen zum Gegenstand hat. Anstelle der Nennung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen wird neu der Sammelbegriff «Umschlags- und Verladeanlagen», welcher in Artikel 2 neu definiert werden soll, eingeführt. Dies ist mit Blick auf die verstärkte Entwicklung multimodaler Umschlagsplattformen sowie der ­ vor allem finanziellen ­ Vereinfachung des Zugangs zur Schiene für Verlader und Logistikunternehmen von Bedeutung. Die bisherige Aufzählung von Bau und Betrieb wird neu um die Änderung dieser Anlagen ergänzt, um so eine Abgrenzung zwischen Neubau und Anpassungen bzw. Änderungen vornehmen zu können.

Art. 2

Begriffe

Neu wird zur Begriffsbestimmung und -klärung ein eigener Artikel zu den Begriffen eingeführt. Die Begriffe Einzelwagenladungsverkehr, kombinierter Verkehr, Anschlussgleise, KV-Umschlagsanlagen und Anschlussvorrichtungen sind heute in Artikel 2 GüTV definiert. Die Begriffe sollen neu auf Gesetzesstufe umschrieben werden. Die Definitionen aus der GüTV haben sich grundsätzlich bewährt und werden lediglich präzisiert. Es ist insbesondere zu beachten, dass Einzelwagenladungsverkehr und kombinierter Verkehr keine gegensätzlichen Begriffe darstellen. Insbesondere können Transporte des kombinierten Verkehrs auch als Einzelwagenladungsverkehr befördert werden. Der Begriff Freiverladeanlage ist heute in Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f EBG unter dem Begriff öffentliche Verladeanlage umschrieben. Der Begriff wird neu auch in das GüTG aufgenommen, da für Einrichtungen auf diesen Anlagen auch zukünftig Fördermöglichkeiten bestehen sollen.

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Es wird in Buchstabe c festgehalten, dass Anschlussgleise, KV-Umschlagsanlagen und Freiverladeanlagen zukünftig unter dem Begriff Umschlags- und Verladeanlagen zusammengefasst werden.

Art. 3

Ziele und Grundsatz

Mit diesem Artikel zur Festlegung der wesentlichen Ziele und zum Grundsatz für den Güterverkehr soll im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht werden, was der Bund im Güterverkehr anstrebt und wofür er selbst in welchem Umfang die Verantwortung übernimmt.

Mit den Anpassungen in Absatz 1 soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Gütertransport in der Schweiz nachhaltig erbracht werden soll und hierfür auch eine explizite Erwähnung und Berücksichtigung der Zielsetzung der Vermeidung der Emission von Treibhausgasen wie auch Luftschadstoffen erforderlich ist. Somit wird im Zielartikel des GüTG auch ein Bezug zu den Reduktionszielen nach Artikel 3 des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen57 hergestellt. Darüber hinaus wird die Aufzählung der Bereiche, für die der Bund Rahmenbedingungen setzt, um die Sicherstellung einer leistungsfähigen Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein ergänzt (Buchstabe b). Dies ist die Grundlage, dass der Bund entsprechende Massnahmen in diesem Bereich definieren kann. Entsprechend ist auch die Hafeninfrastruktur neu dem diskriminierungsfreien Zugang zu unterstellen. In Buchstabe d wird auch hier der neue Begriff der Umschlags- und Verladeanlagen eingeführt. In Buchstabe e wird präzisiert, dass der Bund für die Gewährung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Anschlussgleisen keine Vorgaben macht.

Absatz 2 listet die Tatbestände auf, in denen der Bund abweichend vom Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit finanzielle Unterstützung leisten kann. Wie bisher soll sich der Bund an den Bestellungen von Angeboten des Schienengüterverkehrs durch die Kantone beteiligen können. Selbstredend ist die hier benannte Eigenwirtschaftlichkeit keine Vorgabe an die Unternehmen im Gütertransport. Da neu auch finanzielle Unterstützung für die Rheinschifffahrt direkt oder indirekt möglich sein kann, wird auch der Gütertransport auf dem Wasser dem Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit unterstellt. Die Liste der Tatbestände wird entsprechend den Massnahmenvorschlägen um Leistungsvereinbarungen für die Erbringung des Angebots im EWLV und damit verbunden finanzielle Beiträge sowie um pauschale Beiträge für den Verlad von Gütern auf die Schiene und den Güterumschlag zwischen der Schiene und anderen Verkehrsträgern ergänzt. Die Möglichkeit, die Entwicklung von neuen Angeboten
zu fördern wird hingegen gestrichen.

Absatz 3 wird aus dem bisherigen Gesetz übernommen. Die Regelung soll weiterhin sicherstellen, dass der Bund im Sinne einer Ultima Ratio Anforderungen an die Qualität des Gütertransports definieren kann. Dies muss in Abstimmung mit allfälligen internationalen Regelungen erfolgen.

57

SR 641.71

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Art. 4

Konzept für den Gütertransport

Das Konzept für den Gütertransport auf der Schiene ist ein Instrument der Raumplanung und in Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197958 geregelt. Geltungsbereich und Umfang des Konzepts sollen ausgeweitet werden, indem im Konzept auch die Grundlagen für die Entwicklung der Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein und die Grundlagen für den Anschluss der verschiedenen Anlagen an die Strasseninfrastruktur festgelegt werden können. Entsprechende Ergänzungen und Präzisierungen werden in Absatz 2 vorgenommen. Damit besteht die Möglichkeit, im Konzept auch Festlegungen zur Entwicklung der Rheinhäfen und zu Anforderungen an die Strassenanbindung bestimmter Anlagen vorzunehmen.

Absatz 3 regelt heute die Abstimmung des Konzepts mit der Entwicklung der anderen Landverkehrsträger. Hier wird neu auch der unterirdische Gütertransport aufgenommen, sodass das Konzept auch die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Güterverkehrsanlagen nach Absatz 2 und den Anlagen des unterirdischen Gütertransports (voraussichtlich Cargo sous terrain) ­ vor allem mit Blick auf die Entwicklung multimodaler Umschlagsplattformen ­ thematisieren kann. Der Vollständigkeit halber werden auch die Seilbahnen in die Bestimmung aufgenommen, obwohl dies für die Festlegungen im Konzept kaum von Relevanz sein dürfte.

Mit dem neu aufgenommenen Absatz 5 werden die Kantone explizit verpflichtet, die im Konzept an sie adressierten Festlegungen in ihrer Richtplanung zu berücksichtigen.

In der Konsequenz wird auch die Sachüberschrift des Artikels angepasst, sodass es sich beim Konzept nicht mehr allein um ein Konzept für den Schienengüterverkehr handeln soll, sondern vermehrt auch verkehrsträgerübergreifende Bereiche festgelegt werden.

Art. 5

Gemeinsame Leitlinien für den Gütertransport auf der Schiene

Dieser mit der Vorlage «Organisation der Bahninfrastruktur»59 neu ins GüTG aufgenommene Artikel wird präzisiert, indem in Absatz 1 klargestellt wird, dass der Bund die Erarbeitung der gemeinsamen Leitlinien durch die Akteure des Schienengüterverkehrs erwartet, um die Ziele des GüTG zu erreichen. In die Liste der Gegenstände der Leitlinien wird neu die Entwicklung des EWLV aufgenommen. Die Eckpunkte in Form von Aussagen zu Art und Umfang des EWLV als Netzwerkangebot stellen die Basis für die Offertstellung möglicher Anbieterinnen und die Aushandlung einer Leistungsvereinbarung des Bundes mit den Erbringerinnen des EWLV-Angebots dar.

Art. 6

Enteignung

Der Artikel wird entsprechend den Begriffspräzisierungen in den Artikeln 1 und 2 durch den Begriff Umschlags- und Verladeanlagen angepasst, wird ansonsten jedoch unverändert aus dem bisherigen GüTG übernommen.

58 59

SR 700 Vgl. Geschäft 16.075 Organisation Bahninfrastruktur, abrufbar unter www.parlament.ch.

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Art. 7

Transport gefährlicher Güter

In den Bereichen betreffend die Beförderung von Gefahrgütern kommt dem Bundesrat die Aufgabe zu, die notwendigen nationalen Vorschriften zu erlassen. Dazu gehören die Verordnung vom 31. Oktober 201260 über die Beförderung gefährlicher Güter mit Eisenbahnen und Seilbahnen (RSD), die Binnenschifffahrtsverordnung vom 8. November 197861 (BSV) sowie die Gefahrgutumschliessungsverordnung vom 31. Oktober 201262 (GGUV). Diese Vorschriften nehmen Bezug auf die grundlegenden Anforderungen der internationalen Gefahrgutvorschriften (Regelwerke) wie die Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) sowie das Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (ADR).

Art. 8

Transporte im Rahmen des Sicherheitsverbundes Schweiz

In der Sachüberschrift und in Absatz 1 werden die Begriffe angepasst. Die bisherige Nationale Sicherheitskooperation wird in Analogie zum Militärgesetz vom 3. Februar 199563 durch den Sicherheitsverbund Schweiz ersetzt.

Art. 9

Ausservertragliche Haftung

Artikel 7 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

2. Abschnitt: Finanzielle Förderung Art. 10

Investitionsbeiträge für Umschlags- und Verladeanlagen

Die Anpassungen des bisherigen Artikels 8 betreffen vor allem die Vereinfachung der Finanzierung von Umschlags- und Verladeanlagen. Nach Absatz 1 kann der Bund neu für Umschlags- und Verladeanlagen Investitionsbeiträge als Finanzhilfe leisten ­ anstelle wie bisher für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise. Dies impliziert, dass auch Anlagen und Einrichtungen nach Artikel 62 Absatz 2 Buchstaben g und h EBG Investitionsbeiträge erhalten können. Die aktuellen Regelungen verlangen von der Infrastrukturbetreiberin, dass der Betrieb von Kränen und anderen Umschlagsgeräten auf Freiverladen bzw. Umschlagsanlagen für den Gütertransport einschliesslich der Kran- und Verladegleise zu vollen Kosten den Leistungsbezügern verrechnet werden muss (Art. 64 EBG). Diese Regelung hat zur Folge, dass die Infrastrukturbetreiberin gegenüber einer Anschlussgleisbetreiberin, die einen Umschlag für Dritte anbietet, schlechter gestellt wäre, weil sie keine finanzielle Förderung nach Artikel 10 GüTG erhalten kann. Entsprechend bezweckt diese Anpassung, dass für Infrastruktur nach Artikel 62 Absatz 2 Buchstaben g und h (Kräne und andere Umschlagsgeräte auf Freiverladen; Umschlagsanlagen für den Gütertransport einschliesslich der Kran- und Verladegleise) Investitionsbeiträge nach Artikel 10 GüTG beantragt werden können.

60 61 62 63

SR 742.412 SR 747.201.1 SR 930.111.4 SR 510.10

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Der bisherige Absatz 4, mit dem geregelt wird, dass der Bund an Neubauten und Erweiterungen von KV-Umschlagsanlagen im Ausland neben A-Fonds-perdu-Beiträgen auch rückzahlbare Darlehen sprechen kann, wird nach vorne (Absatz 2) verschoben und dahingehend angepasst, dass eine Förderung nur erfolgt, wenn mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Beitrag der Investition zur Verlagerung des alpenquerenden Güterschwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene erwartet werden kann. Hingegen wird zukünftig auf die Entrichtung von Darlehen verzichtet. In den vergangenen Jahren wurden keine Projekte mit Darlehen unterstützt. Wenn Zweifel an der wahrscheinlichen Verlagerungswirkung eines Projekts bestehen, soll vielmehr auf eine Förderung gänzlich verzichtet werden.

Bis anhin wurden für die Investitionsbeiträge des Bundes Obergrenzen in Form eines Prozentsatzes der anrechenbaren Kosten festgehalten: 60 Prozent für die Grosszahl der Projekte und bei Projekten von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung höchstens 80 Prozent. Mit dem neuen Absatz 3 wird nun auch eine Untergrenze für den Förderanteil des Bundes festgelegt. Diese soll 40 Prozent betragen. Dies erhöht die Planungssicherheit für alle Gesuchsteller, da sie in jedem Fall davon ausgehen können, mindestens eine Förderung in 40 Prozent der anrechenbaren Projektkosten zu erhalten. Zugleich entspricht dies der Praxis der vergangenen Jahre.

Absatz 4 ermöglicht neu Vereinfachungen bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten von Projekten, indem neu für die Anlagenelemente Kostenpauschalen und nicht mehr die tatsächlich dem Gesuchsteller in Rechnung gestellten Kosten herangezogen werden sollen.

Absatz 5 regelt die Kriterien für die Gewährung und Bemessung der Beiträge. Sie dienen der Festlegung des definitiven Förderbeitrags und auch der Bemessung der pauschalen Beträge nach Absatz 4. Der bisherige Kriterienkatalog wird übernommen, aber in der Reihenfolge angepasst und neu um das Kriterium «Sicherheit» ergänzt.

Dies ermöglicht die Förderung von Massnahmen, die der Erhöhung der Sicherheit dienen, und ermöglicht es dem Bund zugleich, die finanzielle Förderung zu verweigern, wenn nicht die notwendigen Sicherheitsnachweise erbracht werden.

Absatz 6 legt neu die Möglichkeit fest, dass der Bund, vertreten durch das BAV, mit den Betreiberinnen von KV-Umschlagsanlagen,
Anschlussgleisen und der zugehörigen Einrichtungen für den Güterumschlag Vereinbarungen über vier Jahre abschliessen kann, mit denen der Höchstbetrag der Investitionsbeiträge für die vorgesehenen Investitionen vereinbart wird. Selbstredend sind Umfang der Investitionen und die mit den Investitionen verbundenen Verpflichtungen ebenfalls Gegenstand der Vereinbarung.

Absatz 7 regelt den Gegenstand des diskriminierungsfreien Zugangs zu Umschlagsund Verladeanlagen. Hierfür wird eine einfachere Formulierung als bisher gewählt.

Es wird klargestellt, dass die Gewährleistung des diskriminierungsfreien Zugangs nur für KV-Umschlagsanlagen gilt.

Absatz 8 umfasst die Delegationsnorm an den Bundesrat. Dies betrifft u. a. auch die Möglichkeit, das Verfahren zwischen Projekten mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von weniger und mehr als 5 Millionen Franken zu unterscheiden und ­ wie in Ziffer 4.1.4.2 beschrieben ­ für Projekte mit weniger als 5 Millionen Volumen für den Neubau und Erweiterungen einheitliche Förderanteile festzulegen.

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Bisher war in Absatz 6 die Möglichkeit des Bundes geregelt, Investitionsbeiträge an den Bau von Hafenanlagen für den Güterumschlag im kombinierten Verkehr zu leisten. Diese Bestimmung wird neu in Artikel 11 integriert.

Art. 11

Förderung der Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein

Mit dem neuen Artikel 11 wird die Sicherstellung und Förderung einer leistungsfähigen Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein und die Steuerung der Weiterentwicklung mittels einer Leistungsvereinbarung zwischen Bund und der Hafeninfrastrukturbetreiberin rechtlich verankert. Die Formulierung orientiert sich an den Bestimmungen zu den Leistungsvereinbarungen mit Bahninfrastrukturbetreiberinnen nach Artikel 51 EBG.

Absatz 1 umfasst als Grundsatzbestimmung die Möglichkeit des Bundes, Hafeninfrastrukturen für den Gütertransport auf dem Rhein finanziell zu fördern.

Absatz 2 regelt die Möglichkeit, dass der Bund, die Standortkantone und die Betreiberin der Hafeninfrastruktur vor der Aushandlung der Leistungsvereinbarung vertraglich den Umfang der Flächen und Einrichtungen der Hafeninfrastruktur festlegen.

Dies soll eine langfristige Planungssicherheit über den zukünftigen Umfang und Perimeter der Hafeninfrastruktur ermöglichen.

Absatz 3 bestimmt die Parteien der Leistungsvereinbarung, den Gegenstand der Leistungsvereinbarung und deren Laufzeit. Der Bund, vertreten durch das BAV, soll diese mit der Betreiberin der Hafeninfrastruktur für jeweils vier Jahre abschliessen können.

In ihr werden aufgrund der verkehrspolitischen Prioritäten des Bundes und der Geschäftspläne der Betreiberin der Hafeninfrastruktur die zu erbringenden Leistungen im Voraus festgelegt.

Absatz 4 hält fest, dass die Betreiberin der Hafeninfrastruktur den diskriminierungsfreien Zugang zu den Infrastrukturbereichen zu gewähren hat.

Absatz 5 hält die Möglichkeit fest, dass der Bund Abgeltungen entrichten kann, wenn die in der Leistungsvereinbarung festgehaltenen Leistungen nicht kostendeckend erbracht werden können. Hierbei ist eine vorgängige Rücksprache mit den Standortkantonen erforderlich. Der Zweck der Abgeltungen ist, die Hafeninfrastruktur in gutem Zustand und vereinbartem Umfang zu erhalten.

Absatz 6 eröffnet die Möglichkeit, mit der Leistungsvereinbarung auch die Entrichtung von Investitionsbeiträgen zu vereinbaren. Dies für Massnahmen gemäss den Erfordernissen des Verkehrs und dem Stand der Technik sowie zur Umsetzung von Anliegen des Umwelt- und Klimaschutzes. Die mit den Investitionsbeiträgen verbundenen Massnahmen und die damit verbundenen Investitionsbeiträge sind in der Leistungsvereinbarung explizit
festzulegen.

Absatz 7 entspricht der Bestimmung des bisherigen Artikels 8 Absatz 6, ergänzt um die heute in Artikel 4 Absatz 4 GüTV festgehaltene Regelung, dass diese Beiträge für Hafeninfrastrukturen in Form von unverzinslichen, bedingt rückzahlbaren Darlehen entrichtet werden.

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Ergänzend zu Absatz 7 gibt Absatz 8 dem Bund die Möglichkeit, die als unverzinsliche, bedingt rückzahlbare Darlehen entrichteten Beiträge unter Vorbehalt der notwendigen aktienrechtlichen Beschlüsse in Eigenkapital umzuwandeln. Der Bund kann überdies auf die Rückzahlung von Darlehen verzichten, um sich an notwendigen Bilanzsanierungen zu beteiligen. Dies entspricht den Bestimmungen zu bedingt rückzahlbaren Darlehen nach Artikel 51b Absatz 3 EBG.

Art. 12

Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene

Die Möglichkeit des Bundes, sich an Bestellungen von Angeboten des Schienengütertransports durch die Kantone zu beteiligen, bleibt unverändert bestehen ­ als redaktionelle Anpassung wird der Begriff «Finanzhilfe» durch den Begriff «Abgeltung» ersetzt und präzisiert, dass die Bestellung mit der Abgeltung der ungedeckten Kosten verbunden ist. Zur besseren Lesbarkeit werden die bisher in einem Absatz festgehaltenen Bestimmungen in drei Absätze aufgeteilt. Die Aufhebung der Befristung erfolgt durch die Streichung des heutigen Artikels 28 Absatz 3. Neu soll die Ausgabensteuerung für diese Abgeltungen über vierjährige Zahlungsrahmen erfolgen. Das muss im Gesetzestext jedoch nicht speziell erwähnt werden.

Absatz 2 des geltenden Rechts mit der Möglichkeit, neue Angebote des Gütertransports auf der Schiene finanziell zu fördern, wird hingegen gestrichen.

Art. 13

Förderung des EWLV

Mit dem neuen Artikel 13 wird die finanzielle Förderung des EWLV als Netzwerkangebot im Schienengüterverkehr gesetzlich geregelt. Absatz 1 enthält die Grundsatzbestimmung, dass der EWLV durch den Bund gefördert werden kann.

Absatz 2 regelt, dass die Finanzierung über eine Leistungsvereinbarung zwischen Bund, der durch das BAV vertreten wird, und den Anbieterinnen des EWLV erfolgt.

Die Laufzeit der Vereinbarung beträgt vier Jahre. Aufbauend auf der Definition des EWLV in Artikel 2 werden die Leistungen umschrieben, die Gegenstand der Leistungsvereinbarung sind: Der EWLV umfasst Transportleistungen im Normal- und Schmalspurgüterverkehr, die insbesondere die Zustellung und Abholung von Wagen und Wagengruppen an Anschlussgleisen und anderen Anlagen des Schienengütertransports umfassen. Mit dem EWLV werden Leistungen im Binnen-, Import- und Exportgüterverkehr erbracht. Der Transport ganzer Züge von und zu Anschlussgleisen oder anderen Anlagen ist nicht Gegenstand des Angebots im EWLV.

Gegenstand und Inhalt der Leistungsvereinbarung sind gemäss Absatz 3 die Grundzüge der im Netzwerkangebot zu erbringenden Leistungen und die dafür vorgesehenen Abgeltungen und Investitionsbeiträge. Die Leistungen sind hierbei mit den verkehrspolitischen Prioritäten des Bundes und den gemeinsamen Leitlinien zu den Eckpunkten zu Art und Umfang des Angebots nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d abgestimmt. Es wird auch bestimmt, dass das BAV für das Verfahren zur Einholung und Bewertung der Offerten zuständig ist.

Mit Absatz 4 wird der Zweck der in den Leistungsvereinbarungen zu vereinbarenden Abgeltungen und Investitionsbeiträge umschrieben. Die Abgeltungen sollen insbe106 / 128

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sondere ein stabiles Angebot über die Dauer der Leistungsvereinbarung sicherstellen und eine kostendeckende Erbringung der Leistungen ermöglichen. Mit Investitionsbeiträgen sollen demgegenüber insbesondere Produktivitätsverbesserungen bei der Leistungserbringung, bei der Planung und der Koordination des Angebots mit anderen Leistungserbringern ermöglicht werden.

Mit den Absätzen 5 und 6 werden organisatorische und wettbewerbsrechtliche Fragen des EWLV als Netzwerkangebot bzw. Pflichten der Anbieterinnen geregelt. Auf Vertriebsseite sollen alle Leistungen des EWLV allen interessierten Kunden zugänglich sein. Die Anbieterinnen haben daher den diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Transportleistungen zu regeln. Auf Seiten der Produktion und Leistungserbringung haben die Anbieterinnen dafür zu sorgen, dass die nötigen organisatorischen Vorkehrungen bestehen, um Querfinanzierungen aus dem EWLV als Netzwerk in den dem Wettbewerb unterstehenden Unternehmensbereichen und andere Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Aus der finanziellen Förderung des Netzwerkangebots darf kein Vorteil in anderen Geschäftsfeldern entstehen. Entsprechend wird auch die Vorgabe formuliert, dass interne Leistungserbringer die Leistungen zu denselben Preisen und Konditionen verrechnen, als wenn diese am Markt beschafft würden.

Art. 14

Umschlags- und Verladebeiträge

Mit dem neuen Artikel 14 wird die Rechtsgrundlage für die Entrichtung von Umschlags- und Verladebeiträgen geschaffen. Nach Absatz 1 kann der Bund für den Verlad von Gütern auf die Schiene und den Güterumschlag zwischen der Schiene und anderen Verkehrsträgern pauschale Beiträge ausrichten. Die Beiträge werden pro transportierten beladenen Wagen und zuhanden der Betreiberinnen von Umschlagsund Verladeanlagen gesprochen.

Die Einzelheiten wie die Höhe der pauschalen Beiträge, ab welcher Wagenzahl und bis zu welcher Wagenzahl je Anlage Beiträge entrichtet werden etc., sollen in den Ausführungsbestimmungen festgehalten werden, um hier eine flexible Steuerung zu ermöglichen. Dies ist in Absatz 2 festgehalten. Die Modalitäten zur Gewährung und Entrichtung der Beiträge werden im Rahmen der Vereinbarungen nach Artikel 10 Absatz 6, die das BAV mit den Betreiberinnen der Umschlags- und Verladeanlagen abschliesst, festgelegt.

Art. 15

Investitionsbeiträge für technische Neuerungen

Artikel 15 GüTG ist die rechtliche Grundlage für die Entrichtung von Beiträgen für die Migration zur digitalen automatischen Kupplung. Es wird hierzu im neuen Absatz 2 explizit festgehalten, dass die Förderung der Migration zur digitalen automatischen Kupplung für die im Schienengüterverkehr eingesetzten Fahrzeuge mittels pauschaler A-Fonds-perdu-Beiträge erfolgt und dass die Koordination der Umrüstungsarbeiten unterstützt werden kann.

Absatz 1 wird um den Gütertransport auf dem Wasser ergänzt. Dies gibt dem Bund die Möglichkeit, auch technische Neuerungen bei der Güterschifffahrt zu unterstützen. Dies insbesondere für Pilot- oder Testbetriebe für den Einsatz alternativer Antriebstechnologien.

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Mit Absatz 3 wird neu der maximale Förderanteil des Bundes auf Gesetzesstufe geregelt. Der Förderanteil von 60 Prozent ist bisher in Artikel 22 Absatz 2 GüTV festgelegt. Auf eine Untergrenze wie bei den Investitionsbeiträgen für Anlagen nach Artikel 10 wird hingegen verzichtet, da bei technischen Neuerungen das Eigeninteresse des Gesuchstellers sehr unterschiedlich und teilweise auch sehr hoch sein kann.

Der neue Absatz 4 hält fest, dass der Bundesrat die Einzelheiten der Förderung, insbesondere die Voraussetzungen, Modalitäten, Fristen und Verfahren der Finanzierung regelt. Entsprechend werden die Modalitäten der Migration zur DAK (Abstufung der Beiträge, Immatrikulation in der Schweiz etc.) auf Verordnungsstufe geregelt. Hierunter fällt auch die Möglichkeit, für die Steuerung der Migration und notwendige Vorleistungen im Bereich des Engineering Personalausgaben sowie untergeordnete Sachausgaben zu übernehmen. Diese Delegation gilt auch für das Verfahren zur finanziellen Förderung technischer Neuerungen allgemein.

Absatz 5 legt neu fest, dass die Investitionsbeiträge für technische Neuerungen neu mit einem mehrjährigen Verpflichtungskredit bewilligt werden.

Art. 16

Investitionsbeiträge für klimafreundliche Fahrzeuge

Mit Einfügen des neuen Artikels 16 wird die Rechtsgrundlage geschaffen, dass der Bund Investitionen in klimafreundliche Fahrzeuge finanziell unterstützen kann. Dies betrifft Fahrzeuge des Gütertransports auf der Schiene und auf dem Wasser. Ziel der Förderung ist eine massgebliche Reduktion der Emission von Treibhausgasen und Luftschadstoffen bei der Erbringung der Transportangebote. Mit Absatz 2 wird festgehalten, dass für die Güterschifffahrt auf dem Rhein überdies auch Investitionsbeiträge an den Bau von für Niedrigwasser geeigneten Schiffen geleistet werden können.

Absatz 3 umfasst die Delegationsnorm an den Bundesrat. Auf Verordnungsstufe sind insbesondere die Voraussetzungen, Fristen, Verfahren und die Bemessung der Beiträge zu bestimmen. Absatz 4 hält fest, dass auch die Investitionsbeiträge für klimafreundliche Fahrzeuge mit einem mehrjährigen Verpflichtungskredit bewilligt werden.

3. Abschnitt: Bau und Betrieb von Anschlussgleisen Art. 17

Erschliessung

Artikel 17 wird um Absatz 2 ergänzt, mit dem präzisiert wird, dass die Kantone die Massnahmen der Raumplanung, mit denen sie für die Erschliessung der Industrie- und Gewerbezonen mit Anschlussgleisen sorgen, in den Richtplänen festzuhalten haben.

Art. 18

Baubewilligung, Betriebsbewilligung

In Absatz 2 erfolgt eine kleine redaktionelle Anpassung, da die Abkürzung BAV für Bundesamt für Verkehr bereits in Artikel 8 eingeführt wurde.

Art. 19

Eisenbahnrechtliche Bestimmungen, Betriebsvorschriften

Artikel 14 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

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Art. 20

Pflicht zur Anschlussgewährung

Artikel 15 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

Art. 21

Eigentumsverhältnisse

Mit der Aufnahme von Absatz 3 wird festgehalten, dass Anschlussvorrichtungen grundsätzlich im Eigentum der Infrastrukturbetreiberinnen sind. Es bleibt jedoch möglich, dass Anschliesser und Infrastrukturbetreiberin dies im Einzelfall vertraglich anders regeln. Dies soll Rechtsunsicherheiten ausräumen.

Als Anschliesser gilt, wer das Anschlussgleis tatsächlich betreibt. Im Zweifelsfall gilt als Anschliesser der Eigentümer der Anlage. Ist der Anschliesser nicht der Eigentümer der Anlage, ist er angehalten, seine Beziehungen mit dem Eigentümer in einem schriftlichen Vertrag zu regeln.

Art. 22

Vertragliche Regelungen

Artikel 17 des bisherigen GüTG wird bis auf eine sprachliche Präzisierung unverändert übernommen.

Art. 23

Kosten

Artikel 18 des bisherigen GüTG wird bis auf zwei sprachliche Präzisierungen in den Absätzen 2 und 3 unverändert übernommen.

Art. 24

Gegenseitige Pflichten unter Anschliessern

Artikel 19 des bisherigen GüTG wird bis auf eine sprachliche Präzisierung unverändert übernommen.

4. Abschnitt: Bau und Änderung von KV-Umschlagsanlagen Art. 25 Der neue Artikel 25 ­ im neuen bzw. verschobenen 4. Abschnitt ­ entspricht dem bisherigen Artikel 11 GüTG einschliesslich verschiedener Ergänzungen: Mit dem neuen Absatz 1 wird geklärt, dass der Bau und die Änderung von KV-Umschlagsanlagen und der zugehörigen Einrichtungen für den Güterumschlag einer Baubewilligung nach kantonalem Recht untersteht, solange diese Anlagen keine KV-Umschlagsanlage von nationaler Bedeutung darstellen. Diese Präzisierung dient der Klärung des anzuwendenden Verfahrens und der Zuständigkeiten.

Absatz 4 weist die Kantone an, für die Berücksichtigung des im Konzept ausgewiesenen Bedarfs an zusätzlichen oder zu erweiternden Umschlagsanlagen in der kantonalen Richtplanung zu sorgen.

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5. Abschnitt: Wagenverwendungsvertrag und Beförderungsvertrag Art. 26

Wagenverwendungsvertrag

Artikel 20 des bisherigen GüTG wird bis auf eine redaktionelle Anpassung unverändert übernommen.

Art. 27

Beförderungsvertrag

Artikel 21 des bisherigen GüTG wird bis auf eine redaktionelle Anpassung unverändert übernommen.

6. Abschnitt: Aufsicht, Rechtsschutz und Strafbestimmungen Art. 28

Aufsicht über die Anschlussgleise

Artikel 22 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

Art. 29

Streitigkeiten über Leistungsvereinbarungen

Mit den neuen Instrumenten der Leistungsvereinbarungen nach den Artikeln 11 und 13 besteht auch der Bedarf nach einem Verfahren zur Klärung von Streitigkeiten. Der neue Artikel 29 lehnt sich in den Formulierungen an Artikel 51a EBG an, indem das UVEK über allfällige Streitigkeiten entscheidet und gegen Verfügungen des UVEK wiederum Beschwerde geführt werden kann.

Art. 30

Weitere Streitigkeiten

Die Einführung von Artikel 29 hat die Anpassung der Sachüberschrift von Artikel 30 zur Folge. In Absatz 3 werden die zusätzlichen Artikel, die eine finanzielle Förderung betreffen, ergänzt. In Absatz 4 erfolgt eine redaktionelle Anpassung infolge der Umbenennung der Schiedskommission im Eisenbahnverkehr in RailCom.

Art. 31

Strafbestimmungen

Artikel 24 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 32

Vollzug

Von Artikel 25 des bisherigen GüTG werden die Absätze 1 und 2 unverändert übernommen. Im neuen Absatz 3 wird festgehalten, dass die Kantone die ihnen nach den Artikeln 4 und 25 Absatz 4 zukommenden Aufgaben über die Berücksichtigung des Konzepts für den Gütertransport und über die Massnahmen der Raumplanung nach Artikel 17 innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes umzusetzen haben und innert der gleichen Frist auch für die Umsetzung in der Nutzungsplanung der Gemeinden zu sorgen haben. Damit soll eine möglichst zügige Konvergenz der raumplanerischen Aspekte zur Weiterentwicklung des Gütertransports auf allen Staatsebenen ermöglicht werden.

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Art. 33

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

Artikel 26 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

Art. 34

Evaluation

Die Zielerreichung der Förderung des EWLV nach Artikel 13 soll nach sechs Jahren evaluiert werden. Das BAV führt dazu eine Evaluation durch und erstattet darüber dem Bundesrat sieben Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Bericht. Auf Basis dieser Evaluation kann der Bundesrat entscheiden, ob die Gültigkeit von Artikel 13 um weitere vier auf zwölf Jahre verlängert werden soll oder nicht. Die Grundlage für die Verlängerung ist im folgenden Artikel 35 Absatz 3 geregelt.

Art. 35

Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

Die Befristung von Artikel 9 in Artikel 28 Absatz 3 des geltenden Gesetzes wird gestrichen. Damit besteht für den Bund weiterhin die Möglichkeit, sich an Bestellungen von Güterverkehrsangeboten durch die Kantone zu beteiligen. Hingegen wird neu aufgenommen, dass Artikel 13 für acht Jahre (gerechnet ab Inkrafttreten der Rechtsbestimmung) befristet sein soll. Die Gültigkeit kann durch den Bundesrat um vier Jahre verlängert werden, falls die Evaluation nach Artikel 34 dies als notwendig ausweist.

5.3 Art. 4

Schwerverkehrsabgabegesetz (SVAG) Ausnahmen und Befreiungen

Artikel 4 Absatz 3 SVAG definiert, dass für Fahrten im unbegleiteten kombinierten Verkehr Anspruch auf eine pauschale Rückerstattung besteht. Diese Rückerstattung soll neu durch die Umschlags- und Verladebeiträge nach Artikel 14 GüTG ersetzt werden. Absatz 3 wird daher gestrichen.

5.4

Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel (MinVG)

Art. 18 Artikel 18 Absatz 1 MinVG definiert als einen Verwendungszweck der zweckgebundenen Mineralölsteuer die Möglichkeit, Beiträge an die Kosten des Baus, der Erweiterung und der Erneuerung von Anschlussgleisen und Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr auszurichten. Hier werden die Begriffe Anschlussgleise und Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr in Konsistenz mit dem GüTG durch Umschlags- und Verladeanlagen ersetzt. In Absatz 4 wird die Anwendbarkeit des GüTG den neu vorgeschlagenen Artikeln angepasst.

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5.5

Eisenbahngesetz (EBG)

Ergänzend zur Anpassung des GüTG werden kleinere Anpassungen im EBG, welche direkten Bezug zu den Anpassungen im GüTG haben, vorgeschlagen.

Art. 9c

Trassenpreis

Artikel 9c legt den gesetzlichen Rahmen für die Festlegung der Trassenpreise als Preis für die Benutzung der Bahninfrastruktur fest. Zentral für die Bestimmung des Niveaus der Trassenpreise ist das Erfordernis der Deckung der Grenzkosten. Dieses soll als Prinzip für die Festlegung der Trassenpreise grundsätzlich weiterhin Bestand haben.

Artikel 9c EBG ist jedoch ebenfalls für Zusatzleistungen der Infrastrukturbetreiberinnen für den Rangierbetrieb im Güterverkehr massgeblich. Um für diese Leistungen, die für die Produktion im Bahngüterverkehr zumeist zwingend sind, die Preise attraktiv gestalten und verbilligen zu können, wird mit dem neuen Absatz 3bis festgehalten, dass für Rangierleistungen im Schienengüterverkehr ein unter den Grenzkosten liegender Preis festgelegt werden kann. Die Festlegung der Preise für diese Leistungen wird so neu Aufgabe des BAV.

Art. 40ater

Aufgaben

40ater

Artikel behandelt die Aufgaben der RailCom. In Absatz 1 Buchstabe d ist in Übereinstimmung mit entsprechenden Anpassungen im GüTG die Ergänzung um den Zugang zur Hafeninfrastruktur für den Gütertransport auf dem Rhein erforderlich, da der Zugang für Dritte auch für diese Anlagenelemente gilt und in der Folge die RailCom auch zuständig ist, wenn hierüber Streitigkeiten entstehen.

Art. 48a

Ziele

Betrifft nur den französischen Text.

Art. 48e

Projektierung und Ausführung der Massnahmen

Betrifft nur den französischen Text.

Art. 49

Grundsätze

Bei der Änderung des referenzierten Artikels von 9b auf 9c handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung bzw. Fehlerkorrektur in Absatz 1.

Art. 62

Umfang der Infrastruktur

Artikel 62 definiert den Umfang der Infrastruktur. In Absatz 1 Buchstabe f wird für die Umschreibung der Freiverladeanlage bzw. öffentlicher Verladeanlagen der Zusatz «in denen selbstständig und unabhängig Güter umgeschlagen werden können» gestrichen. Dies ermöglicht der Infrastrukturbetreiberin, Freiverladeanlagen auch bedient anzubieten. Nur durch diese Anpassung wird es möglich, dass Freiverladeanlagen zukünftig auch die Funktionen multimodaler Umschlagsplattformen übernehmen können bzw. eine entsprechende Weiterentwicklung möglich ist, ohne dass eine Abtren112 / 128

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nung dieser Anlagen von der Infrastruktur nötig ist. Der Zugang zur Freiverladeanlage als solcher ist weiterhin im Netzzugang möglich. Gewisse Dienstleistungen auf der Freiverladeanlage kann die Infrastruktur in Form von Serviceleistungen nach Artikel 23 NZV erbringen. Die Infrastrukturbetreiberin hat gemäss den Anpassungen in Artikel 8 GüTG zukünftig auch die Möglichkeit, Beiträge für zugehörige Einrichtungen für den Güterumschlag zu erhalten. In Absatz 2 Buchstabe g erfolgt eine redaktionelle Anpassung des Begriffs Freiverladeanlage.

5.6

Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene

Art. 1 Der Bundesrat beantragt mit diesem Bundesbeschluss einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Schienengüterverkehr. Es werden gemäss Absatz 1 180 Millionen Franken beantragt. Die Migration soll in den Jahren 2027­2032 erfolgen. Die Entrichtung der Beiträge erfolgt entsprechend dem vorgeschlagenen neuen Absatz 2 in Artikel 15 GüTG mit pauschalen A-Fonds-perdu-Beiträgen je Fahrzeug gemäss dem in Ziffer 4.1.2.2 beschriebenen Verfahren. Sollte sich der Zeitraum für die Einführung und finanzielle Förderung aufgrund fehlender Entscheide auf europäischer Ebene verzögern, wird dem Parlament im Rahmen des jährlichen Voranschlagsprozesses eine entsprechende Anpassung des Bundesbeschlusses unterbreitet.

In Absatz 2 wird festgehalten, dass für das UVEK die Möglichkeit besteht, für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport vom 1. Januar 2026 bis zum 31. Dezember 2032 zulasten des Verpflichtungskredits Ausgaben und Beschaffungen zur Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für die Migration in Höhe von insgesamt 20 Millionen Franken (Preisstand 2022) zu finanzieren.

Dies ermöglicht, dass die Migration zur DAK zentral und in geeigneter Weise gesteuert werden kann und diverse vorgängig zur Migration notwendige Engineering-Arbeiten vorgenommen und finanziert werden können.

Art. 2 Die dem Umfang des Verpflichtungskredits zugrundeliegenden Teuerungsannahmen werden im Bundesbeschluss (Art. 2) ausgewiesen. Den Teuerungsannahmen liegt der Indexstand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom Dezember 2022 zugrunde. Die jährlichen Voranschlagskredite werden jeweils an die aktuellen Teuerungsannahmen angepasst.

Art. 3 Kreditbeschlüsse sind einfache Bundesbeschlüsse und unterstehen als solche nicht dem Referendum.

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5.7

Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene

Art. 1 Der Bundesrat beantragt mit diesem Bundesbeschluss für die Jahre 2026­2029 einen Verpflichtungskredit für die Modernisierung und Aufrechterhaltung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr. Grundlage ist die gemäss Artikel 13 GüTG geregelte Leistungsvereinbarung zwischen Bund und den Anbieterinnen im EWLV. Für die Finanzierung werden 260 Millionen Franken veranschlagt. Sie setzen sich aus Investitionsbeiträgen, die in Massnahmen zur Modernisierung des Angebots und der Produktion des Netzwerks eingesetzt werden, und Abgeltungen an den Betrieb zur Aufrechterhaltung des vereinbarten Angebots zusammen.

Art. 2 Die dem Umfang des Verpflichtungskredits zugrundeliegenden Teuerungsannahmen werden im Bundesbeschluss ausgewiesen. Den Teuerungsannahmen liegt der Indexstand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom Dezember 2022 zugrunde. Die jährlichen Voranschlagskredite werden jeweils an die aktuellen Teuerungsannahmen angepasst.

Art. 3 Kreditbeschlüsse sind einfache Bundesbeschlüsse und unterstehen als solche nicht dem Referendum.

5.8

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für die Abgeltung des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene

Art. 1 Der Bundesrat beantragt mit diesem Bundesbeschluss für die Jahre 2026­2029 einen Zahlungsrahmen für die Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene. Grundlage ist Artikel 12 GüTG, gestützt auf den sich der Bund an der Bestellung und der Abgeltung der ungedeckten Kosten von Angeboten im Gütertransport beteiligt, wenn ein Kanton ein solches Angebot bestellt. Für diese Abgeltungen werden für den vierjährigen Zeitraum 40 Millionen Franken veranschlagt.

Art. 2 Die dem Umfang des Zahlungsrahmens zugrundeliegenden Teuerungsannahmen werden im Bundesbeschluss ausgewiesen. Den Teuerungsannahmen liegt der Indexstand des Landesindexes der Konsumentenpreise vom Dezember 2022 zugrunde. Die jähr114 / 128

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lichen Voranschlagskredite werden jeweils an die aktuellen Teuerungsannahmen angepasst.

Art. 3 Kreditbeschlüsse sind einfache Bundesbeschlüsse und unterstehen als solche nicht dem Referendum.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Mit verschiedenen Massnahmen sind finanzielle Mehrausgaben für den Bund verbunden. Die Abschätzung der Höhe der zusätzlichen Ausgaben wurde in der Darstellung den jeweiligen Massnahmen zugeordnet. Aus heutiger Sicht ist mit folgenden zusätzlichen Ausgaben zugunsten des Schienengüterverkehrs zu rechnen (Angaben in Millionen Franken): Tabelle 5 Massnahme

pro Jahr*

Kredit

Investitionsbeiträge à fonds perdu an die Migration zur DAK

30

Investitionsbeiträge und Abgeltungen zur Modernisierung und Aufrechterhaltung des EWLV Umschlags- und Verladebeiträge

65

Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene

10

180 über 6 Jahre 260 über 4 Jahre 50 pro Jahr 40 über 4 Jahre

Total p. A.*

50

155

* Angaben pro Jahr: Diese Angaben dienen der Vergleichbarkeit, lassen aber keine Aussagen über die Gleichzeitigkeit der Belastung des Bundesbudgets zu. Bei den Beträgen zur Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots auf der Schiene ist die Erhöhung gegenüber heute 4 Millionen Franken pro Jahr.

Die mit dieser Vorlage verbundenen Mehrausgaben für den Bund werden vollständig gegenfinanziert, sodass dem Bundeshaushalt keine Mehrbelastung entsteht (Angaben in Millionen Franken): Tabelle 6 Massnahmen zur Gegenfinanzierung

Reinertrag LSVA durch Wegfall der pauschalen Rückerstattung für Fahrten im kombinierten Verkehr Zuweisung des Bundesanteils am Reinertrag der LSVA in den Bahninfrastrukturfonds BIF

pro Jahr

­ 25 ca. ­100 bis ­130

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Der Wegfall der pauschalen Rückerstattung der LSVA für Fahrten im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs ermöglicht Mehreinnahmen bei der LSVA in Höhe von ca. 25 Millionen Franken pro Jahr. Die verbleibende Mehrbelastung wird vollständig durch eine Kürzung der Einlage aus dem Bundesanteil am Reinertrag der LSVA in den Bahninfrastrukturfonds BIF kompensiert, sobald die entsprechenden Ausgaben anfallen. Diese Mittel fliessen so nicht mehr dem BIF, sondern dem Bundeshaushalt zu. Dies erscheint gerechtfertigt, da so Einnahmen aus dem Strassengüterverkehr im Segment des Güterverkehrs bleiben und helfen, diesen zu stärken.

Es besteht zudem aus heutiger Sicht keine Gefahr, dass durch die geringere Einlage von LSVA-Mitteln in den BIF Ausbauprojekte verzögert oder der Substanzerhalt und Betrieb der Infrastruktur gefährdet würden, da die verbleibenden Mittel ausreichend sind. Die bestehenden Förderungen (Finanzierung Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen) in der Höhe der Voranschlagskredite bleiben bestehen.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die zusätzlichen Aufgaben des Bundes im Bereich des Gütertransports, eine angemessene Vertretung der Interessen des Gütertransports in den verkehrs- sowie umweltpolitischen Dossiers des Bundes und der steigende Koordinationsbedarf bringen einen personellen Mehraufwand mit sich. Die Anliegen des Güterverkehrs werden heute in der Bundesverwaltung mit wenigen Ressourcen bewältigt, was dazu führt, dass die Thematik des Güterverkehrs in vielen Dossiers nur ungenügend berücksichtigt wird. Nur durch einen zusätzlichen Ressourceneinsatz ist die notwendige Aufmerksamkeit für die Themen des Güterverkehrs innerhalb der Bundesverwaltung, gegenüber den Kantonen und im Austausch mit den verschiedenen Branchenakteuren gewährleistet.

Mit dieser Vorlage wird der Bedarf für sieben zusätzliche Stellen für das BAV ausgewiesen. Dies für die folgenden Bereiche und Aufgaben: ­

Betreuung der mit den neuen und angepassten Fördermassnahmen im Schienengüterverkehr verbundenen Prozesse: Finanzielle Förderung Automatisierung/Migration zur digitalen automatischen Kupplung, Leistungsvereinbarung mit Netzwerkanbieterin sowie Leistungsvereinbarung mit Hafeninfrastruktur unter Sicherstellung von Stellvertretungen und Funktionstrennungen in den Prozessen: 3 VZÄ.

­

Betreuung des mit der finanziellen Förderung der Güterschifffahrt (klimaneutrale Antriebe, für Niedrigwasser geeignete Schiffe) verbundenen Prozesses: Finanzierung der Umrüstung von Güterschiffen, Finanzierung und Begleitung von Test- und Pilotbetrieben, Begleitung technischer Neuentwicklungen, Mitarbeit in internationalen Gremien zu diesen Fragen: 1 VZÄ (ab Verfügbarkeit finanzieller Mittel zur Umsetzung).

­

Bearbeitung der Weiterentwicklung der LSVA inkl. Implementierung: Für die Betreuung des wichtigen verkehrspolitischen Dossiers der LSVA ist eine Projektleitungsstelle erforderlich. Die konzeptionelle Weiterentwicklung der LSVA, die Begleitung der gesetzgeberischen Arbeiten, die Abstimmung mit EU-Entwicklungen ist eine dauerhafte Zusatzaufgabe: 1 VZÄ.

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­

Stärkung der Interessen der Schweiz im internationalen Schienengüterverkehr, in bilateralen Gremien und in den multilateralen Gremien der europäischen Güterverkehrskorridore. Die Schweiz ist in zwei europäischen Güterverkehrskorridoren (Rhein­Alpen, Nordsee­Mittelmeer) vertreten. Mit Blick auf die ambitionierte Verlagerungspolitik des Bundes und die erforderlichen Abstimmungen ist eine entsprechende Vertretung erforderlich: 1 VZÄ.

­

Für Aufgaben im Rahmen einer verstärkten Abstimmung zwischen Güterverkehrspolitik des Bundes, den Raumplanungsinstrumenten und der Güterverkehrspolitik der Kantone: Behandlung der verschiedenen Aspekte des Güterverkehrs in Sachplanung des Bundes, bei der Weiterentwicklung des Konzepts für den Gütertransport auf der Schiene nach Artikel 4 GüTG sowie gegenüber der Richtplanung der Kantone bzw. kantonalen Güterverkehrskonzepte, verbunden mit einer verstärkten Abstimmung des Bundes mit den Kantonen und der verstärkten Behandlung verkehrsträgerübergreifender Fragestellungen: 1 VZÄ.

Der Wegfall der pauschalen Rückerstattung der LSVA für Fahrten im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs führt zu keinem nennenswerten personellen Minderaufwand.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Eine gute verkehrliche Anbindung von Wirtschaftsräumen in der Schweiz sowohl auf der Strasse als auch der Schiene erhöht die Redundanz und damit die Standortattraktivität der Schweiz. Dies kann zur Ansiedlung von weiteren Unternehmen führen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erhöhen. Daher kommt ein modernisierter und leistungsfähiger Schienengüterverkehr in der Fläche den Kantonen, die über ein Angebot im EWLV als Netzwerkverkehr oder über Ganzzugsangebote verfügen, direkt zugute. Mit dieser Vorlage bestehen damit zentrale Berührungspunkte zwischen Bund und Kantonen.

Der Bund sieht sich in der Verantwortung, mit geeigneten Massnahmen eine weitgehende Erreichbarkeit der Regionen mittels Angeboten des Schienengüterverkehrs zu gewährleisten. Konkret sorgt der Bund für die Modernisierung und Aufrechterhaltung des EWLV als Netzwerkangebot und kümmert sich ­ gestützt auf Leitlinien der verladenden Wirtschaft ­ so um eine angemessene Bedienung der Anlagen der verladenden Wirtschaft in diesen Räumen. Durch ein funktionsfähiges Netzwerkangebot verfügt die Schweiz über ein hochwertiges Angebot im Schienengüterverkehr, das es erlaubt, auch kleine Losgrössen auf der Schiene zu transportieren. Hinzu kommt der Aufbau multimodaler Umschlagsplattformen und in der Folge multimodaler Logistikangebote, an denen der Schienengüterverkehr durch das dichtere Angebot wichtige Anteile haben kann. Agglomerationen und urbane Zentren werden so von Strassengüterverkehr entlastet. Mit neuen Angeboten in der City-Logistik und der damit verbundenen Bündelung der Verkehre besteht das Potenzial, die wichtigsten städtischen Ballungszentren vom Schwerverkehr zu entlasten. Dies insbesondere, wenn es gelingt, 117 / 128

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die Angebote auf Schiene, Strasse und zukünftig auch unterirdischem Gütertransport intelligent zu verknüpfen und abzustimmen.

Die Beteiligung des Bundes an Bestellungen von Güterverkehrsangeboten der Meterspurbahnen* wird weitergeführt. Indem der Bund eine namhafte finanzielle, gegenüber heute höhere Beteiligung vorsieht, bleibt die finanzielle Belastung der Kantone gegenüber heute gleich oder wird im Einzelfall sogar reduziert. Es besteht so weiterhin die Möglichkeit, Rand- und Berggebiete angemessen und nachhaltig mit Schienengüterverkehr zu bedienen.

Von den Kantonen wird erwartet, dass sie sich mit den Instrumenten der Raumplanung aktiv und gegenüber heute verstärkt an einer abgestimmten Güterverkehrspolitik beteiligen, indem die Entwicklung neuer Anlagen und die Erreichbarkeit bestehender und neuer Anlagen aus raumplanerischer Sicht unterstützt und gefördert wird. Die Kantone sind in der Verantwortung, dass die Flächen für diese Anlagen adäquat ausgewiesen und gesichert werden. Sie sind aufgefordert, die hierfür nötigen Massnahmen innerhalb von drei Jahren umzusetzen.

Mit dem Engagement des Bundes im Rahmen von Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur entlastet der Bund gezielt die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, denen heute als Eigner- und Standortkantone allein die Steuerung der Entwicklung der Rheinhäfen obliegt.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen und funktionierende Transportketten sind Voraussetzung für eine positive volkswirtschaftliche Entwicklung der Schweiz. Die Schiene leistet dabei einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung von Wirtschaftsräumen ­ national wie international.

Produktionsseitig schafft der Schienengüterverkehr heute Arbeitsplätze und Wertschöpfung und trägt damit direkt zum Bruttoinlandsprodukt der Schweiz bei. Der Anteil des Schienengüterverkehrs an der Wertschöpfung des Schienenverkehrs beträgt rund 20 bis 25 Prozent, also knapp zwei Milliarden Franken pro Jahr.64 Mit den vorgeschlagenen Massnahmen kann dieser Anteil aufrechterhalten und mit zunehmenden Transportvolumen gesteigert werden.

Die Vorlage stellt sicher, dass sich die beiden Verkehrsträger Strasse und Schiene auch weiterhin ergänzen können, um eine sichere und vorteilhafte Versorgung der Volkswirtschaft mit Gütern zu gewährleisten. Durch den Aufbau multimodaler Angebote wird die Integration im Strassen- und Schienengüterverkehr verbessert. Durch das dichte Schienenangebot ist die gute verkehrliche Anbindung der wichtigsten Wirtschaftsräume in der Schweiz sowohl auf der Strasse als auch der Schiene weiterhin gegeben und trägt zur Standortattraktivität für Unternehmen der verladenden Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bei. Mit der Automatisierung sind schnellere Abläufe und somit Zeitgewinne bei den Transporten möglich, die sich ge64

INFRAS 2020: Volkswirtschaftliche Bedeutung des öffentlichen Verkehrs, Hintergrundbericht, im Auftrag von litra und Swissrail, April 2020.

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nerell in eine Reduktion der Gestehungskosten der verschiedenen transportierten Güter niederschlägt. Hiervon profitieren letztendlich alle Produzenten und Konsumenten und die eigenwirtschaftliche Erbringung des EWLV wird so mittelfristig sichergestellt. Die Möglichkeit, kleine Losgrössen innerhalb des EWLV als Netzwerkangebot zu transportieren, ermöglicht es, dass auch KMU Logistikangebote unter Einbezug des Schienengüterverkehrs aufbauen können, wenn dies für sie vorteilhaft ist. Die Beibehaltung der Beteiligung des Bundes an der Bestellung von Güterverkehrsangeboten in den Berg- und Randregionen durch die Kantone ermöglicht es, dass diese Vorteile nicht nur in den Agglomerationen und dicht besiedelten Gebieten der Schweiz zum Tragen kommen.

Die verschiedenen, in Ziffer 1.1.6 dargestellten Faktoren, die zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Schienengüterverkehrs in der Schweiz beitragen, können auf dieser Basis aufrechterhalten und weiterentwickelt werden.

Die Weiterentwicklung des EWLV als Netzwerkangebot ermöglicht auch neue Tätigkeiten und Geschäftsmodelle in der Erbringung der Leistungen des EWLV. Dies gilt nicht nur für SBB Cargo als heutige Betreiberin des EWLV, sondern auch für potenzielle Konkurrenten, die an der Produktion eines Netzwerkangebots interessiert sind und teilhaben können.

Mit der Migration zur DAK und der Modernisierung des Netzwerkangebots können auf dem Schweizer Arbeitsmarkt neue, hochwertige Logistiktätigkeiten angeboten werden, mit denen zugleich die Arbeitssicherheit durch den Wegfall der manuellen Prozesse erhöht werden kann. Zudem kann die Schweiz einen Nutzen aus der zusätzlichen Wertschöpfung im Zuge der Modernisierung und Automatisierung ziehen. Die Branche und die Zulieferbetriebe haben die Chance für einen Innovationsschub.

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Ein leistungsfähiges und nachhaltiges Angebot im Schienengüterverkehr unterstützt den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Schweiz mittelbar: Eine nachhaltige Entwicklung des Güterverkehrs und das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger bei der Güterversorgung sind die Kernelemente dafür.

6.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Förderung klimafreundlicher Fahrzeuge und Schiffe ermöglicht eine weitgehende Dekarbonisierung des Schienengüterverkehrs durch den Ersatz von dieselbetriebenen Rangierloks. Auch die Schifffahrt kann mit dekarbonisierten Antrieben ihre Umweltbilanz verbessern und einen Anteil an die Erreichung der entsprechenden Ziele leisten.

Durch die definierten Förderinstrumente für den Güterverkehr in der Fläche und das damit angestrebte leistungsfähige Angebot an Gütertransportleistungen auf der Schiene, insbesondere in Form eines weiterentwickelten Netzwerkangebots, wird ein ressourcenschonender, emissionsarmer und energieeffizienter Gütertransport in der Schweiz gestärkt. Der Beitrag des heutigen Schienengütertransports an den Umwelt119 / 128

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und Klimaschutz ist in Ziffer 1.1.6 beschrieben. Er kann aufrechterhalten und schrittweise ausgeweitet werden.

Hervorzuheben sind die Vorteile des Schienengüterverkehrs in Bezug auf die Treibhausgasemissionen (insbesondere CO2). Kann der Anteil des Schienengüterverkehrs durch die definierten Förderinstrumente gehalten oder gesteigert werden, entlastet dies die Treibhausgasbilanz der Schweiz in einem nennenswerten Ausmass.

Durch den Aufbau multimodaler Transportketten wird zudem ein Beitrag an einen geringeren Flächenverbrauch des Gütertransports, insbesondere in den Agglomerationen und urbanen Gebieten, geleistet.

6.6

Andere Auswirkungen

Die Vorlage führt zu keinen wesentlichen Auswirkungen in anderen Bereichen.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Der Gütertransport ist grundsätzlich eine privatwirtschaftliche Tätigkeit, die durch die Wirtschaftsfreiheit geschützt ist. Der Güterverkehr untersteht seit der Bahnreform im Gegensatz zur Personenbeförderung nicht mehr der Konzessionspflicht. Auch auf der Schiene ist er heute in der Schweiz weitgehend liberalisiert. Die beschriebenen Massnahmen zur finanziellen Unterstützung berühren einen Bereich, in welchem verschiedene Marktakteure im Wettbewerb zueinanderstehen. Die Begünstigung einzelner Marktangebote beeinflusst das Gebot der Wettbewerbsneutralität. Eine Abweichung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit bedarf einer Verfassungsgrundlage (Art. 94 Abs. 4 BV). Diese besteht bereits und das Gütertransportgesetz nimmt auf diesen Bezug (Art. 81a und 87 BV). Es umfasst verschiedene Massnahmen, die den Schienengüterverkehr bzw. bestimmte Angebote begünstigen. Auch neue Fördertatbestände basieren auf diesen Verfassungsartikeln. Die genannten Artikel der Bundesverfassung waren in der Vergangenheit bereits Grundlage für verschiedene Fördermassnahmen im Schienengüterverkehr, die zum Teil auch einzelne Produktionsformen wie den EWLV oder KV begünstigten.

Ziel der Massnahmen ist die Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs in der Schweiz zu einem für die Kunden attraktiven Angebot. Die beschriebenen Massnahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs haben keine grundsätzliche Abkehr von der Eigenwirtschaftlichkeit zur Folge. Die erforderliche Modernisierung und Weiterentwicklung des EWLV erfordert eine ­ wie hier vorgeschlagen befristete ­ Ausnahme von diesem Grundsatz.

Die vorgeschlagenen Massnahmen und damit auch die verschiedenen Förderungen haben somit zum Ziel, das Zusammenwirken der Verkehrsträger unter den aktuellen Herausforderungen von Umwelt- und Energiepolitik sowie Versorgungssicherheit neu «einzustellen». Auf ein Verlagerungsziel soll daher auch zukünftig verzichtet werden.

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Für Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit sind somit neue Gesetzes-, nicht aber neue Verfassungsgrundlagen erforderlich (Art. 36 Abs. 1 BV). Für die Umsetzung der beschriebenen Fördermassnahmen sind im Gütertransportgesetz entsprechende Änderungen bei den Zielbestimmungen (Art. 3) und im Abschnitt zur finanziellen Förderung (2. Abschnitt) vorgesehen. Diese sind so gestaltet, dass die Förderung nicht exklusiv bestimmten Unternehmen zugutekommt, sondern den zukünftigen Anbieterinnen des EWLV bzw. allen Leistungserbringerinnen in diesem Netzwerk. Entsprechend ist sicherzustellen, dass zumindest potenziell allen Marktteilnehmern die Möglichkeit offensteht, unter gleichen Bedingungen Leistungen für den EWLV zu erbringen und dessen Angebote in Anspruch zu nehmen.

Die Schaffung des Instruments der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur rechtfertigt sich direkt durch Artikel 81 BV, nachdem der Bund im Interesse des ganzen oder eines grossen Teils des Landes öffentliche Werke errichten und betreiben oder ihre Errichtung unterstützen kann. Es ist im verkehrs- und versorgungspolitischen Interesse der Schweiz, dass der Bund im Rahmen von Vereinbarungen auf die Entwicklung der Rheinhäfen steuernd Einfluss nimmt.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen stehen im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, namentlich mit dem Landverkehrsabkommen und dem allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS).65 Nach Artikel 35 des Landverkehrsabkommens ist es der Schweiz erlaubt, finanzielle Unterstützungsmassnahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs zu ergreifen. Im Rahmen des GATS hat sich die Schweiz verpflichtet, für Hilfsdienste für alle Verkehrsmittel (einschliesslich Umschlag), Unterstützungsdienste für Transporte auf Wasserstrassen und die meisten Hafendienstleistungen sowie für konzessionierte Schienengütertransportdienstleistungen die Inländerbehandlung zu gewährleisten. Die in dieser Vorlage beschriebenen finanziellen Förderinstrumente sind nichtdiskriminierend ausgestaltet und verursachen keine unverhältnismässigen Wettbewerbsverzerrungen.

Der Anwendungsbereich des Landverkehrsabkommens beschränkt sich auf grenzüberschreitende Verkehre. Das Landverkehrsabkommen schränkt somit den Spielraum für Unterstützungsmassnahmen für nationale Verkehre, die im Vordergrund dieser Vorlage stehen, nicht ein. Die Beihilferegeln der Europäischen Union sind nicht auf inländischen Verkehr in der Schweiz anwendbar. Beim EWLV handelt es sich um ein inländisches Angebot, sodass keine Konformität mit den EU-Beilhilferegeln nachgewiesen werden muss.

Auch Investitionsbeiträge für Umschlags- und Verladeanlagen sowie für technische Neuerungen sind mit Blick auf beihilferechtliche Anforderungen des Landverkehrsabkommens grundsätzlich als unproblematisch zu betrachten. Die Förderung wird in verschiedenen EU-Ländern praktiziert und steht im Einklang mit der Förderpraxis der 65

SR 0.632.20, Anhang 1.B

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EU. Bei der Förderung des Schienengüterverkehrs auf Schmalspurbahnen durch die Kantone ist zu beachten, dass diese Angebote in der Regel nur von regionaler Bedeutung sind.

7.3

Erlassform

Die mit dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen erfordern den Erlass rechtssetzender Bestimmungen. Wichtige rechtsetzende Bestimmungen sind nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Mit dieser Vorlage wird somit eine Änderung des Gütertransportgesetzes (Totalrevision) inklusive verschiedener Änderungen im MinVG, EBG und SVAG vorgenommen. Die Gesetzesanpassungen unterstehen dem fakultativen Referendum.

Der Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene und der Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene sind nicht rechtsetzender Natur und unterstehen nicht dem Referendum.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung bedürfen die Artikel 10­16 des Gütertransportgesetzes der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da die Bestimmung eine einmalige Subvention von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Subventionen von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zieht. Ebenfalls der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte bedürfen der Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Einführung der digitalen automatischen Kupplung im Gütertransport auf der Schiene mit einmaligen Ausgaben von über 20 Millionen Franken und der Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Finanzierung der Modernisierung und Aufrechterhaltung des Einzelwagenladungsverkehrs auf der Schiene, welcher neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zieht.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Das Subsidiaritätsprinzip und das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz werden mit der Vorlage nicht tangiert. Die Bestellung von Gütertransportangeboten auf der Schiene liegt insofern weiterhin in der Verantwortung der Kantone, als es sich um Angebote von regionaler oder kantonaler Bedeutung handelt. Der Bund unterstützt diese Bestellung, indem er einen Teil der ungedeckten Kosten abgilt. Die verschiedenen anderen Massnahmen zur Stärkung des gesamten Schweizer Güterverkehrs und der Rheinschifffahrt werden als Aufgabe des Bundes verstanden, da diese Massnahmen zum

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Erreichen der Ziele der Schweiz im Bereich der Verkehrs-, Umwelt- und Energiepolitik und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit dienen.

Neu übernimmt der Bund mit dieser Vorlage Aufgaben zur Bereitstellung und Finanzierung von Hafeninfrastrukturen für den Gütertransport auf dem Rhein. Dies war bisher allein in der Verantwortung der Standort- bzw. Eignerkantone der Rheinhäfen.

Die Übernahme dieser neuen Aufgaben ist Ergebnis der Beurteilung, dass die Rheinhäfen Infrastrukturen von nationaler Bedeutung sind.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die mit den verschiedenen Massnahmen verbundenen finanziellen Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche stellen Subventionen dar. Aus diesem Grund sind die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199066 anwendbar. Die vorgeschlagenen Massnahmen stehen mit diesem im Einklang. Die mit dieser Botschaft beantragten Bestimmungen des Gütertransportgesetzes umfassen zum einen Finanzhilfen nach dem 2. Abschnitt des Subventionsgesetzes. Hierunter fallen die Artikel 10, 11, 13, 15 und 16 des Gütertransportgesetzes. Zum anderen enthalten die Bestimmungen auch Abgeltungen nach dem 3. Abschnitt des Subventionsgesetzes. Hier sind die Artikel 11, 12, 13 und 14 des Gütertransportgesetzes zu nennen.

7.7

Bedeutung der Subvention für die Erreichung der angestrebten Ziele

Der Gütertransport auf der Schiene soll so gestärkt werden, dass er einen massgeblichen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen leisten kann. Um dies zu erreichen, sind zusätzliche Fördermassnahmen nötig. Nur mit diesen kann der Schienengüterverkehr seinen heutigen Marktanteil halten und schrittweise ausweiten. Das Ziel einer geordneten und zügigen Migration der Fahrzeuge des Schienengüterverkehrs zur DAK ist nur mittels einer finanziellen Unterstützung durch den Bund zu erreichen.

Materielle und finanzielle Steuerung Die verschiedenen Förderungen erfolgen anhand objektiver Kriterien. Mit Blick auf den EWLV als Netzwerkangebot erfolgt die Stossrichtung der Förderung auch anhand der von Branchenakteuren gemeinsam aufgestellten Leitlinien. Das Parlament steuert die für die Massnahmen zur Verfügung stehenden Mittel grossmehrheitlich mit verschiedenen Verpflichtungskrediten und beschliesst die jährlichen Kredite mit dem Voranschlag. Sämtliche Subventionsbestimmungen sind als Kann-Bestimmungen ausgestaltet und lassen dem Bund damit finanzpolitischen Spielraum.

66

SR 616.1

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Verfahren der Beitragsgewährung Die Anpassungen bei der Gewährung von Investitionsbeiträgen für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise vereinfachen die administrativen Verfahren und erhöhen die Transparenz der Beitragsgewährung. Für die neuen Subventionstatbestände, insbesondere die finanzielle Förderung der Migration zur DAK und die Entrichtung von Verlade- und Umschlagsbeiträgen, werden ebenfalls administrativ einfache und transparente Verfahren vorgeschlagen.

Befristung Artikel 13 zur Förderung des EWLV ist auf eine Dauer von acht Jahren nach Inkrafttreten des revidierten GüTG befristet. Die Befristung kann durch den Bundesrat einmalig um vier Jahre auf eine gesamte Dauer von zwölf Jahren verlängert werden. Damit soll verhindert werden, dass sich die Ausrichtung der Förderung unabhängig von der Entwicklung des Bedarfs verstetigt, und sollen klare Anreize für eine gezielte Modernisierung des EWLV gesetzt werden, die Produktivitätsverbesserungen und ein attraktiveres Marktangebot zur Folge hat.

7.8

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf des revidierten GüTG enthält folgende Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat: ­

Artikel 10:

Bedingungen und Verfahren

­

Artikel 14:

Bedingungen und Verfahren

­

Artikel 15:

Bedingungen und Verfahren

­

Artikel 16:

Bedingungen und Verfahren

­

Artikel 32:

Vollzug

­

Artikel 35:

Absatz 2: Inkrafttreten

­

Artikel 35:

Absatz 3: Verlängerung der Geltungsdauer von Artikel 13

7.9

Datenschutz

Die Vorlage bedingt keine Bearbeitung von Personendaten oder andere Massnahmen, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben.

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Abkürzungsverzeichnis BAFU Bundesamt für Umwelt BAV

Bundesamt für Verkehr

BIF

Bahninfrastrukturfonds

DAK

digitale automatische Kupplung

EBG

Eisenbahngesetz

EDDP European DAC Delivery Programme ERJU

Europe's Rail Joint Undertaking

EWLV Einzelwagenladungsverkehr FABI

Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur

GüTG

Gütertransportgesetz

GVVG Güterverkehrsverlagerungsgesetz KV

kombinierter Verkehr

LSVA leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe MinVG Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel SRH

Schweizerische Rheinhäfen

STEP

Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur

SVAG Schwerverkehrsabgabegesetz TEU

Twenty-foot Equivalent Unit (international standardisierte Einheit für 20-Fuss-Container)

tkm

Tonnen-Kilometer (Transportleistung)

TSI

Technische Spezifikationen für die Interoperabilität

UKV

unbegleiteter kombinierter Verkehr

UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation VAP

Verband der verladenden Wirtschaft

WLV

Wagenladungsverkehr

ZKR

Zentralkommission für die Rheinschifffahrt

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Glossar A-Fonds-perdu-Beitrag

Investitionsbeiträge der öffentlichen Hand, auf deren Rückzahlung von vornherein verzichtet wird

Alpenquerender Güterverkehr Güterverkehr, der den Alpenhauptkamm überquert Anschlussgleis

Erschliessung eines Geländes oder Gebäudes, das selbst nicht zur Eisenbahninfrastruktur gehört, durch Bahngleise zum Gütertransport; in der Regel in Privatbesitz

Binnenverkehr

Verkehr innerhalb eines Landes; nicht grenzüberschreitend

Container

meist genormter und stapelbarer Grossraumbehälter zur Lagerung und zum Transport von Gütern

Einzelwagenladungs-Verkehr Produktionsform, mit der einzelne Wagen oder Wa(EWLV) gengruppen in verschiedenen Anschlussgleisen und Freiverladeanlagen regional gesammelt, zu ganzen Zügen zusammengestellt und in Rangierbahnhöfe geführt werden, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt werden Elektro-Hybridlokomotive

Elektrolokomotive, welche zusätzlich über eine Batterie verfügt, damit sie auch auf nicht elektrifizierten Gleisen elektrisch verkehren kann

Freiverlad

Verlademöglichkeit für Güter auf die Bahn ohne spezielle Verladevorrichtung wie einen Kran oder eine Horizontalumschlagseinrichtung*; im Gegensatz zu Anschlussgleisen oder KV-Umschlagsanlagen Teil der öffentlich zugänglichen Eisenbahninfrastruktur

Güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur

Rangierbahnhöfe, Rangieranlagen, Freiverladeanlagen, Einfahrgruppen

Horizontalumschlag

Umschlag von Gütern (im KV) zwischen Schiene und Strasse ohne Kran

Kabotage

Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes (im Binnenverkehr) durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen

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Kombinierter Verkehr (KV)

Bahntransport von Containern, begleiteten oder unbegleiteten Lastwagen, Anhängerzügen, Sattelmotorfahrzeugen, Anhängern, Sattelaufliegern und abnehmbaren Aufbauten (Wechselaufbauten), wobei der Umschlag zwischen Strassen- oder Rheintransport und Eisenbahn oder von Eisenbahn zu Eisenbahn ohne Wechsel des Transportgefässes erfolgt und durch besondere Bauten, Anlagen und Einrichtungen erleichtert wird

Meterspur

Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von einem Meter (auch Schmalspur genannt); grösstes zusammenhängendes Meterspurstreckennetz in der Schweiz ist dasjenige der Rhätischen Bahn und der Matterhorn Gotthard Bahn

Modalsplit

Verteilung des Verkehrsaufkommens (Tonnen) bzw.

der Verkehrsleistung (Tonnen-Kilometer) auf die verschiedenen Verkehrsträger

Netto-Tonnen

Masse der transportierten Güter inklusive Masse der intermodalen Transportbehältnisse

Netzzugang

Benützung der Infrastruktur eines anderen Eisenbahnunternehmens durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen; Netzzugang (auch Open Access genannt) sichert ­ mit geeigneten staatlichen Rahmenbedingungen ­auch den diskriminierungsfreien Zugang zu Infrastruktureinrichtungen, die ein sogenanntes natürliches Monopol darstellen ­ hier das Schienennetz

Normalspur

Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von 1435 Millimetern als übliche Spurweite in der Schweiz und den umliegenden Ländern

Rangierbahnhof

Zugbildungsbahnhof des Einzelwagenverkehrs; im Einzelwagenverkehr beförderte Güterwagen müssen für den Transport zu Zügen zusammengestellt, die Züge später wieder zerlegt werden; ein aufgegebener Wagen wird in der Regel mehrere Male rangiert, und zwar in Abgangs- und Zielbahnhof sowie während des Laufweges in Rangierbahnhöfen

Sattelauflieger

Anhänger, der im Strassenverkehr einen Teil seines Gewichts auf die Achsen eines Zugfahrzeugs verlagert, mit bestimmten Vorrichtungen für die Kranbarkeit im KV einsetzbar

Terminal

siehe Umschlagsanlage für den kombinierten Verkehr

Transitgüterverkehr

Güterverkehr durch die Schweiz; Abgangs- und Bestimmungsort liegen im Ausland 127 / 128

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Transportaufkommen

beförderte Verkehrsmenge (im Güterverkehr beförderte Tonnen)

Transportleistung

Produkt aus Verkehrsmenge und seiner zurückgelegten Strecke (im Güterverkehr: Produkt aus beförderten Tonnen und zurückgelegter Distanz)

Trasse

Berechtigung, eine bestimmte Strecke des Bahnnetzes zu fix definierten Zeiten mit einem spezifischen Zug (Länge, Gewicht, Profil, Geschwindigkeit) zu befahren (ähnlich einem «Slot» in der Luftfahrt)

Trassenpreis

Entgelt für die Benützung einer Schieneninfrastruktur

Umschlagsanlage für den kombinierten Verkehr (KV-Terminal, KV-Umschlagsanlage)

ortsfeste Einrichtung, die dem Umschlag von Transportbehältnissen (Container, Sattelauflieger, Wechselbrücken oder ganze LKW) von einem Verkehrsträger auf einen anderen dient

Verkehrsträger

Transportmittel oder -system (Schiene, Strasse, Wasser, Luft etc.)

Wechselbehälter; Wechselbrücken

Container-ähnlicher, i. d. R. nicht stapelbarer Transportbehälter im KV

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