BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

zu 17.523 Parlamentarische Initiative Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 17. November 2023 Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Januar 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 17. November 20231 betreffend die parlamentarische Initiative 17.523 «Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Januar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

1

BBl 2024 260

2024-0213

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 15. Dezember 2017 reichte der damalige Nationalrat Luzi Stamm die parlamentarische Initiative 17.523 mit folgendem Text ein: «Heiratswilligen sei durch eine entsprechende Gesetzesänderung zu ermöglichen, nach der Eheschliessung künftig auch Doppelnamen tragen zu können.» Am 14. Januar 2019 hat die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) der Initiative Folge gegeben. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat diesem Beschluss am 11. Februar 2020 zugestimmt.

In der Folge hat die RK-N einen Vorentwurf ausgearbeitet und diesen am 20. Mai 2022 in eine Vernehmlassung geschickt. Am 27. Oktober 2023 verabschiedete die RK-N den von einer dafür eingesetzten Subkommission überarbeiteten Entwurf. Am 17. November 2023 verabschiedete sie ausserdem den dazugehörigen erläuternden Bericht. Beides wurde mit Schreiben vom 22. November 2023 an den Bundesrat überwiesen. Die Frist zur Stellungnahme des Bundesrats wurde gemäss Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20022 bis zum 1. Februar 2024 angesetzt.

Nach der Veröffentlichung des Entwurfs der RK-N haben sowohl die Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst (KAZ) als auch der Schweizerische Verband für Zivilstandswesen (SVZ) gegenüber dem Eidgenössischen Amt für das Zivilstandswesen (EAZW) schriftlich zum Entwurf Stellung genommen und sich dabei namentlich zur praktischen Umsetzbarkeit der Vorlage geäussert.

2

Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Frühere Stellungnahmen zum Namensrecht

Der Bundesrat hat sich in den letzten Jahren nur sehr allgemein zum Namensrecht geäussert. So hat er sich im Jahr 2008 ­ anlässlich der letzten grossen Revision des Namensrechts ­ darauf beschränkt, sich ganz allgemein und ohne weitere Begründung zum Prinzip der Unveränderbarkeit des Namens sowie des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Ehegatten zu bekennen;3 die Gleichstellung von Mann und Frau werde damit gewährleistet.4 Gleichzeitig hat er festgehalten, dass er die Ansicht teile, «wonach nichts an der seit langem existierenden Gewohnheit, einen Allianznamen zu

2 3

4

SR 171.10 03.428 Parlamentarische Initiative. Name und Bürgerrecht der Ehegatten. Gleichstellung ­ Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Dezember 2008 zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 22. August 2008, BBl 2009 429.

BBl 2009 429 S. 430

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tragen, zu ändern ist.» Es sei weder nötig noch wünschbar, diese Gewohnheit auf Gesetzesstufe zu regeln.5 In seiner Stellungnahme zur Motion Caroni vom 26. September 2013 (13.3842 «Gemeinsamer Familienname für alle Kinder»), die Konkubinatspaaren mit gemeinsamen Kindern das Führen eines gemeinsamen Familiennamens ermöglichen wollte, hielt der Bundesrat am 20. November 2013 fest, dass «die Tendenz in Richtung individuelle Namensführung und damit weg von einem gemeinsamen Familiennamen [gehe].

Das Bedürfnis, die Einheit der Familie über die Funktion eines gemeinsamen Namens zum Ausdruck zu bringen, [sei] nicht mehr vordringlich. Dies [habe] der Gesetzgeber als neue und moderne Lösung bewusst so gewollt. Sie schein[e] sich, soweit ein Urteil nach nicht einmal einem Jahr möglich [sei], zu bewähren.»6 Schliesslich hat der Bundesrat in seinem Bericht zur «Modernisierung des Familienrechts» vom März 2015 Folgendes festgehalten:7 «Der Bundesrat ist der Ansicht, dass es verfrüht wäre, bereits wieder über eine Anpassung des Namensrechts zu diskutieren. Gerade im Namensrecht ist die Kontinuität von zentraler Bedeutung; dies gilt nicht nur für den Namen, den jede Person trägt, sondern vor allem auch im Hinblick auf die generell-abstrakten Normen, welche die Namensführung regeln. Fragen zur Namensführung werden in der Praxis oft unter starkem Einfluss von Gewohnheiten und bisherigen sozialen Praktiken beantwortet.

Damit sich diese auf neue rechtliche Möglichkeiten einstellen können, braucht es erfahrungsgemäss eine gewisse Zeit. Es wäre deshalb übereilt, das neue Recht so rasch nach seinem Inkrafttreten bereits wieder zu revidieren, jedenfalls solange nicht nachgewiesen ist, dass mit dem revidierten Recht schwerwiegende Verletzungen von Individualinteressen oder des öffentlichen Interesses einhergehen. Nach Ansicht des Bundesrates besteht deshalb zurzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.» Diese Äusserungen sind bereits wieder einige Jahre alt. Seither hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt, und mit ihr auch die Diskussion über das Namensrecht. Der Bundesrat nimmt deshalb die vorliegende Revision zum Anlass, sich in grundsätzlicher Weise dazu zu äussern, wie ein modernes Namensrecht für die Schweiz aussehen könnte.

2.2

Gegenstand der Vorlage

Das geltende Namensrecht setzt sich aus verschiedenen Regelungsbereichen zusammen: Im Vordergrund stehen dabei die Bestimmungen, die festlegen, welche Vor- und Nachnamen ein neugeborenes Kind erhält, sowie die Bezeichnung der Ereignisse, die zu einer nachträglichen Änderung des bei der Geburt bestimmten Namens führen können (Eheschliessung, Scheidung, Tod einer Ehegattin oder eines Ehegatten, Adoption, 5 6 7

BBl 2009 429 S. 430 Der Vorstoss und die Stellungnahme des Bundesrates sind abrufbar unter: www.parlament.ch > Ratsbetrieb > Suche Curia Vista > 13.3842.

«Modernisierung des Familienrechts», Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), März 2015, Ziff. 4.6, abrufbar unter: www.bj.admin.ch > Publikationen & Service > Berichte, Gutachten und Verfügungen > Berichte und Gutachten > Modernisierung des Familienrechts.

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Änderung bei der Zuteilung der elterlichen Sorge, Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister). Sodann wird festgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine allgemeine Änderung des Vor- oder Nachnamens möglich ist.8 Die vorliegende Revision beschlägt nur einen Teil des Namensrechts und sieht eine Revision der Bestimmungen über den Nachnamen der Eheleute sowie den Nachnamen der Kinder verheirateter und unverheirateter Eltern vor. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf diese zentralen Fragen.

Darüber hinaus hat die RK-N auch in Bezug auf die allgemeine Namensänderung nach Artikel 30 des Zivilgesetzbuchs (ZGB)9 Handlungsbedarf festgestellt und den Bundesrat aufgefordert, diesbezüglich tätig zu werden.10 Der Bundesrat wird deshalb voraussichtlich noch in diesem Jahr eine separate Vorlage vorlegen und im Rahmen einer Vernehmlassung auch für das Namensänderungsrecht eine Modernisierung vorschlagen.

2.3

Anforderungen an ein modernes Namensrecht

Für die Beantwortung der Frage, wie ein modernes Namensrecht aussehen müsste, erachtet der Bundesrat die folgenden Aspekte als bedeutsam:

2.3.1

Berücksichtigung gesellschaftlicher Entwicklungen und neu entstandener Bedürfnisse

Das Institut der Familie befindet sich seit vielen Jahren in einer tiefgreifenden Umbruchphase. Dies zeigt sich exemplarisch bei der Wahl der Lebensform: Zum Zeitpunkt der Schaffung des ZGB vor mehr als hundert Jahren galt die klassische Familie, bestehend aus zwei verschiedengeschlechtlichen, lebenslang miteinander verheirateten Personen, die zusammen mit ihren Kindern einen gemeinsamen Haushalt führen und einen gemeinsamen Familiennamen tragen, sowohl als gesellschaftliches Vorbild als auch als inhaltliche Vorgabe für die vom Gesetzgeber zu schaffenden Rechtsnormen. Neben dieser klassischen Familie existieren heute aber eine Vielzahl weiterer Lebens- und Familienformen in den unterschiedlichsten Ausprägungen.

Die Veränderung der sozialen und gesellschaftlichen Realität hat unmittelbare Auswirkungen auf die rechtlichen Regelungen: Das ZGB stellt die Ehe zwar nach wie vor in den Mittelpunkt der gesetzlichen Regelung, anerkennt aber gleichzeitig andere Lebens- und Familienformen.11 Das Parlament hat in der jüngsten Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass es die neuen gesellschaftlichen Entwicklungen und die daraus entstandenen Bedürfnisse ernst nimmt. So hat es beispielsweise die Stiefkindadoption 8

9 10 11

Im vorliegenden Zusammenhang nicht thematisiert wird der internationale Kontext des Namensrechts, wo die Frage zu beantworten ist, ob und wie eine Rechtsordnung mit Namen umgehen soll, die nach ausländischem Recht gebildet wurden.

SR 210 Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 15.

Vgl. zum Ganzen «Modernisierung des Familienrechts», Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), März 2015, Ziff. 2.1.1 f.

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für gleichgeschlechtliche und unverheiratete Paare geöffnet12 und die «Ehe für alle»13 eingeführt.

Auch beim Namensrecht wurden mit der Revision von 2013 neue Entwicklungen und Bedürfnisse der Bevölkerung aufgenommen: Während traditionell orientierte Paare weiterhin einen gemeinsamen Familiennamen führen können, der auch an die Kinder weitergegeben wird, haben die Eheleute seither auch die Möglichkeit, ihren Namen zu behalten und gleichzeitig zu wählen, wie die gemeinsamen Kinder heissen sollen.

Der Wegfall der Pflicht, einen einheitlichen Namen führen zu müssen, bildete dabei einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zu einem liberaleren Namensrecht, das der persönlichen Selbstbestimmung und der Beibehaltung der bisherigen Identität ein grösseres Gewicht beimisst.

Allerdings sieht das geltende Recht bei der Namenswahl verschiedene Einschränkungen vor. Diese werden zunehmend als unbefriedigend empfunden, weil so die Bedürfnisse vieler Menschen bei der Namensführung nicht aufgenommen werden. Die vorliegende Revision hat es sich nun explizit zum Ziel gesetzt, «den vielfältigen Bedürfnissen in der Bevölkerung in Bezug auf den Namen Rechnung» zu tragen.14 Im Zentrum steht dabei der Wunsch zahlreicher Menschen, die Verbindung, die sie mit ihrer Ehegattin oder ihrem Ehegatten eingehen wollen, auch über den Namen zum Ausdruck bringen zu können, ohne dass die bisherige Identität aufgegeben werden muss.

Der im Gesetz formulierte Grundsatz, wonach jede Ehegattin bzw. jeder Ehegatte ihren bzw. seinen Namen behalten kann (Art. 160 Abs. 1 ZGB), setzt dieses Anliegen jedoch nicht um. Und auch die in Artikel 160 Absatz 2 ZGB vorgesehene Option, den Namen der anderen Ehegattin oder des anderen Ehegatten anzunehmen, schafft gerade keine Verbindung der beiden Namen, sondern zwingt die eine Ehegattin oder den einen Ehegatten, den eigenen Namen zugunsten eines gemeinsamen Familiennamens aufzugeben. Hintergrund ist das Ziel der letzten Revision, den Grundsatz der Unveränderlichkeit des Geburtsnamens zu stärken; dies zulasten des Grundsatzes der Einheit des Familiennamens. Die Beliebtheit des altrechtlichen Doppelnamens sowie die weite Verbreitung des Allianznamens belegen jedoch, dass das Bedürfnis, die Zusammengehörigkeit innerhalb der Kernfamilie durch den Namen auszudrücken, in der Bevölkerung nach wie vor stark
verankert ist.15 Die Einführung eines Doppelnamens würde hier letztlich einen sinnvollen Kompromiss schaffen, mit dem beiden Grundsätzen ­ der Unveränderlichkeit des Geburtsnamens und der Einheit des Familiennamens ­ gerecht werden könnte.16 Entsprechendes gilt für den Namen der Kinder: Die Eltern sehen sich heute gezwungen zu entscheiden, welcher Elternteil seinen Namen an die Kinder weitergeben und damit eine Verbindung mit dem Kind durch den Namen zum Ausdruck bringen darf.

12 13 14 15 16

Art. 264c ZGB, eingeführt durch die Revision vom 17. Juni 2016, in Kraft seit dem 1. Januar 2018 (AS 2017 3699).

Art. 94 ZGB, eingeführt durch die Revision vom 18. Dezember 2020, in Kraft seit dem 1. Juli 2022 (AS 2021 747).

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 2; vgl. auch S. 15.

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 13.

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 14.

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Mit einem Doppelnamen könnte dieses Bedürfnis für beide Eltern aufgenommen werden.17 Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass sich dieses Bedürfnis darauf beschränkt, eine nach aussen sichtbare Verbindung zwischen den Eheleuten herzustellen, sodass es gerechtfertigt erscheint, die Auswahl der zur Verfügung stehenden Namen auf die bisherigen Namen der Eheleute sowie die Kombinationen, die daraus gebildet werden können, zu beschränken. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf den Namen der Kinder. Für den (seltenen) Fall, dass ein Ehepaar einen gänzlich neuen Namen tragen will und achtenswerte Beweggründe dafür darlegt, ist es auf die allgemeine Bestimmung über die Namensänderung (Art. 30 Abs. 1 ZGB) zu verweisen.

2.3.2

Der Name als Teil der Persönlichkeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist die enge Verbindung des Namens mit der Persönlichkeit: Der Name einer Person bestimmt ihre Identität und zeigt ihre Zugehörigkeit zu einer Familie oder eine Verbindung zwischen bestimmten Personen an, namentlich zwischen Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen weiteren Verwandten.18 Als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts untersteht der Name deshalb dem von der Bundesverfassung (BV)19 garantierten Schutz der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV).

Die Gesetzgebung nimmt diesen Schutzgedanken in verschiedener Hinsicht auf, indem ein Recht anerkannt wird, bei der Eheschliessung den eigenen Namen zu behalten (Art. 160 Abs. 1 ZGB), und der Name auch als Teil der Persönlichkeit gegen Einwirkungen Dritter geschützt wird (vgl. insb. Art. 27 und Art. 30 Abs. 3 ZGB). Ausserdem ergibt sich aus der persönlichkeitsrechtlichen Natur des Namens ein Recht, den Namen zu ändern, sofern achtenswerte Beweggründe geltend gemacht werden können (Art. 30 Abs. 1 ZGB).

Diese persönlichkeitsrechtliche Bedeutung des Namens muss auch der Gesetzgeber beachten: Sind entsprechende Bedürfnisse ausgewiesen, sollten diese grundsätzlich berücksichtigt werden, jedenfalls soweit keine öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.

2.3.3

Gleichberechtigung von Mann und Frau

Der zentrale Leitgedanke der Revision des Namensrechts von 2013 war die Umsetzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 8 Abs. 3 BV).20 Damals sollte eine Regelung geschaffen werden, die nicht mehr explizit an das Geschlecht anknüpft. Die namensbestimmende Rechtsnorm, die das Eherecht bis zum 1. Januar 2013 noch kannte (Art. 160 Abs. 1 aZGB: «Der Name des Ehemannes ist 17 18 19 20

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 14.

BGE 126 III 1 E. 3a S. 2; Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 14.

SR 101 Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 9, 13 f.

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der Familienname der Ehegatten») wurde deshalb aufgehoben. Der Gesetzgeber hat damals wiederholt festgehalten, dass der einheitliche Name für Ehepaare mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter grundsätzlich nicht mehr vereinbar ist: «Jede Regelung verstösst gegen das Prinzip der Gleichberechtigung von Mann und Frau, wenn einer der beiden Ehegatten gezwungen wird, auf seinen Namen zu verzichten.»21 Die Erfahrung mit dem revidierten Recht hat zwischenzeitlich jedoch gezeigt, dass die bestehenden Ungleichbehandlungen durch eine formelle Gleichberechtigung der Geschlechter im Gesetzestext nicht beseitigt worden sind. Vielmehr besteht weiterhin ein sozialer Druck auf die Frauen, den Ledignamen des Mannes als gemeinsamen Familiennamen anzunehmen.22 Dies vor allem deswegen, weil darin für die Mutter die einzige Möglichkeit besteht, eine namensmässige Verbindung mit den gemeinsamen Kindern zu etablieren, wenn der Mann bzw. Vater seinen Namen nicht ändern will.23 In diesem Sinn hat die Revision von 2013 ­ obwohl sie die Eheleute formell gleichberechtigt ­ ihre Ziele nicht erreicht.24

2.3.4

Verständlichkeit und Einfachheit des Namensrechts

Das Namensrecht regelt einen zentralen Gehalt des Persönlichkeitsrechts und betrifft sämtliche Personen während ihres ganzen Lebens. Es ist Teil der gesellschaftlichen Grundordnung und im Bewusstsein der betroffenen Menschen verankert. Eine gesetzliche Regelung dieser Materie sollte deshalb verständlich und einfach vermittelbar25 sein und möglichst wenig revidiert werden.

Bereits heute ist es allerdings für juristische Laien schwierig, die Grundsätze des geltenden und früheren Namensrechts zu kennen und zu verstehen. Da eine Revision nur für die Zukunft wirkt und die altrechtlichen Namensregeln in den bestehenden Namen weiterleben, erhöht sich die Komplexität der Regelung mit jeder weiteren Revision zusätzlich. Auch deshalb sollte das Namensrecht nur mit Zurückhaltung revidiert werden. Ist jedoch, wie in der gegenwärtigen Situation, der Handlungsbedarf ausgewiesen und eine Revision notwendig,26 sollte jedenfalls darauf geachtet werden, dass das neue Recht so einfach wie möglich ausgestaltet wird. Dies auch im Hinblick darauf, dass eine Revision, die als unbefriedigend wahrgenommen wird, unweigerlich zu erneuten Revisionsbestrebungen führt.

21 22 23 24

25 26

Bericht RK-N vom 22. August 2008, BBl 2009 403 S. 411.

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 14.

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 13: vgl. zum Ganzen ausführlich Fleur WEIBEL, Kein gemeinsamer Name mehr?, FamPra.ch 2018, S. 965 ff. und 975 f.

Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2022 hat sich die dargestellte Problematik noch erweitert: Es geht heute generell um eine Gleichbehandlung der Eheleute, die mit der geltenden Regelung nicht verwirklicht ist.

In diesem Sinne auch die Stellungnahme der KAZ an das EAZW vom 11. Dezember 2023, S. 1.

Dazu unten Ziff. 2.4.

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2.3.5

Berücksichtigung öffentlicher Interessen und Interessen Dritter

Bei einer Revision des Namensrechts sind auch öffentliche Interessen oder Interessen von Drittpersonen zu berücksichtigen, die den vorstehend ausgeführten Anliegen einer Revision ganz oder teilweise entgegenstehen können. Dabei sind namentlich folgende Aspekte von Bedeutung: ­

Dem Namensrecht wird traditionell die Funktion zugeschrieben, die namenstragende Person zu individualisieren und zu identifizieren. Die in diesem Zusammenhang vor allem anlässlich der Revision von 2013 wiederholt beschworene Unveränderlichkeit des Geburtsnamens27 gilt auch heute nur beschränkt:28 Jedes Jahr ändern tausende von Menschen ihren Namen, sei dies anlässlich einer Eheschliessung (Art. 160 Abs. 2 ZGB), einer Scheidung (Art. 119 ZGB) oder des Todes der Ehegattin bzw. des Ehegatten (Art. 30a ZGB), einer Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (Art. 30b ZGB) oder auf dem Weg einer ordentlichen Namensänderung (Art. 30 Abs. 1 ZGB). Vor dem Inkrafttreten der Revision von 2013 galt in Bezug auf die Eheleute gerade nicht der Grundsatz der Unveränderlichkeit des Geburtsnamens, sondern das Prinzip der Einheit des Familiennamens. Wie festgehalten macht die Praxis deutlich, dass dieser Grundsatz weiterhin starken Einfluss auf die Namenswahl der Eheleute hat.

Im Weiteren ist festzuhalten, dass das öffentliche Interesse an der eindeutigen Identifizierung einer Person heute in der Praxis kaum mehr über den Namen wahrgenommen wird. Der Name alleine ist kaum geeignet, eine Person abschliessend zu identifizieren: In vielen Fällen tragen Personen einen gleichen oder einen ähnlichen Namen, und es gibt heute zahlreiche Namenswechsel.

Die Identifizierung einer Person findet deshalb insbesondere im Behördenverkehr in aller Regel nicht über den Namen, sondern mithilfe anderer Instrumente, namentlich der AHV-Nummer statt. Diese wird heute in zahlreichen staatlichen Registern verwendet und ermöglicht ­ selbst nach einem Umzug oder einem Namenswechsel ­ die einfache und eindeutige Identifikation einer Person: Jede Anpassung des amtlichen Namens wird im zentralen elektronischen Personenstandsregister Infostar aufgenommen. Aufgrund der Verknüpfung der Daten mit der AHV-Nummer kann die Anpassung in der Folge automatisch in weiteren Registern nachgeführt werden. Somit bleibt etwa ein Eintrag im Strafregister auch nach einer Namensänderung weiterhin der richtigen Person zugeordnet und geht nicht verloren. Entsprechendes geschieht auch in Bezug auf zahlreiche weitere Register, zum Beispiel die UPI-Daten-

27 28

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 9; Bericht RK-N vom 22. August 2008, BBl 2009 403 S. 404 und 411.

Zum Ganzen Margareta BADDELEY, Le droit du nom suisse: état des lieux et plaidoyer pour un droit libéré, FamPra.ch 2020, S. 620.

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bank29 der Zentralen Ausgleichstelle und die kantonalen Einwohnerregister.

Vor diesem Hintergrund besteht kein öffentliches Interesse daran, Namensänderungen generell oder eine Erweiterung der Möglichkeiten der Namenswahl bei der Eheschliessung unter Berufung auf die Identifikationsfunktion des Namens zu erschweren oder gar zu verbieten.

­

Kein Interesse der Öffentlichkeit besteht auch daran, mit dem Namen eine bestimmte familienrechtliche Beziehung (Ehe, Kindesverhältnis) nach aussen zu manifestieren. Vielmehr muss es in der Freiheit der einzelnen Person stehen zu entscheiden, ob sie eine solche Verbindung nach aussen mit dem Namen zum Ausdruck bringen will oder nicht.

­

Dem Wohl des Kindes30 kommt auch im Namensrecht eine zentrale Bedeutung zu; dieses muss auch bei der Namensgebung gewahrt werden. Zu diesem Zweck sieht das geltende Namensrecht verschiedene Schutzbestimmungen vor: Gemäss Artikel 37c Absatz 3 der Zivilstandsverordnung vom 28. April 200431 (ZStV) darf der Vorname die Interessen des Kindes nicht verletzen. In Fällen, in denen es zu einer nachträglichen Änderung des Nachnamens des Kindes kommt, verlangt Artikel 270b ZGB die Zustimmung des 12-jährigen Kindes. In aussergewöhnlichen Fällen steht zudem die Namensänderung nach Artikel 30 Absatz 1 ZGB zur Verfügung, wenn es das Kindeswohl gebietet.

Die vorgesehene Einführung der Möglichkeit, dem Kind einen Doppelnamen zu geben, der sich aus den Namen der Eltern zusammensetzt, führt dagegen nicht zu einer Gefährdung der Kindesinteressen. Will das Kind später seinen Namen ändern, steht ihm ab dem 12. Altersjahr die Möglichkeit zur Verfügung, selbstständig eine Namensänderung nach Artikel 30 Absatz 1 ZGB zu beantragen. Heiraten die Eltern einander nach seinem 12. Geburtstag, kann das Kind ausserdem die Zustimmung zu einem Doppelnamen verweigern.

­

29

30 31

Jeder Rechtsakt, und damit auch die Wahl des Namens, steht unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Eine Namenswahl ist nicht zulässig, wenn sie darauf abzielt, Dritte zu täuschen oder wenn sie anderweitig als missbräuchlich erscheint. Auch eine Namenswahl, die als sittenwidrig zu qualifizieren ist, darf nicht zugelassen werden. Die vorliegende Revision führt allerdings kaum zu einem Konflikt mit den genannten Grundsätzen. Denn eine grössere Wahlfreiheit in Bezug auf den künftigen Nachnamen der Eheleute oder auf den Nachnamen des Kindes kann schwerlich zu missbräuchlichen oder sittenwidrigen Ergebnissen führen, da die Auswahl der Namen auf die bestehenden Namen der Eheleute bzw. Eltern des Kindes beschränkt bleibt.

Die UPI-Datenbank (Unique Person Identification) der Zentralen Ausgleichsstelle generiert die AHV-Nummer für die natürlichen Personen und dient dazu, diese administrativ zu identifizieren und die AHV-Nummer im zentralen Versichertenregister der Sozialversicherungen des Bundes und deren Kommunikation ausserhalb des AHV-Bereichs zu verwalten.

«Modernisierung des Familienrechts», Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), März 2015, Ziff. 3.4.2.

SR 211.112.2

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­

Schliesslich darf das Namensrecht bzw. das Recht, über seinen eigenen Namen frei bestimmen zu können, die Interessen von Dritten nicht verletzen. Im Namensrecht hat dies allerdings nur eine äusserst beschränkte Bedeutung, weil weder bei der Eheschliessung noch bei der Wahl der Nachnamen der Kinder eine freie Namenswahl besteht und eine solche auch nicht vorgeschlagen wird. Der Name kann vielmehr nur aus den bereits bestehenden Namen (Ledignamen oder bisheriger Name einer Ehegattin oder eines Ehegatten bzw.

Elternteils) ausgewählt werden, wobei eine Verbindung dieser Namen zu einem Doppelnamen möglich ist. Daher besteht bei der Namensbestimmung der Eheleute und Kinder kaum je die Gefahr einer Verletzung schützenswerter Rechte Dritter.

2.3.6

Schlussfolgerungen

Die vorangehenden Überlegungen zeigen auf, dass es keine sachlichen Gründe gibt, die eine rechtliche Beschränkung der Namenswahl rechtfertigen, wenn diese anlässlich einer Heirat oder der Geburt eines Kindes erfolgt und die Auswahl auf die vorhandenen Namen beschränkt ist. Das Anliegen, in Zukunft auch Doppelnamen zuzulassen, kann aufgenommen und umgesetzt werden, ohne dass sich daraus eine Gefährdung öffentlicher oder privater Interessen ergibt.

Allgemeiner betrachtet lässt sich festhalten, dass ein zeitgemässes Namensrecht folgende Merkmale aufweisen sollte:

32

-

Ausgangspunkt bildet der Grundsatz der individuellen Selbstbestimmung und damit das Recht, gestützt auf das Persönlichkeitsrecht grundsätzlich selbst über seinen Namen bestimmen zu können.

-

Eine gewisse Schranke bilden hierbei die öffentliche Ordnung und die schützenswerten Interessen Dritter, wobei beiden heute für das Namensrecht nur noch eine marginale Bedeutung zukommt.

-

Bei einer Heirat soll jede Ehegattin und jeder Ehegatte frei wählen können, welchen Namen sie oder er künftig tragen will. Sie oder er kann den eigenen bisherigen Namen weiterführen, den Namen der Ehegattin oder des Ehegatten annehmen oder einen neuen Doppelnamen aus den Namen beider Eheleute zusammenstellen, um so die Verbindung des Paares nach aussen zum Ausdruck zu bringen.32

-

Der Nachname des Kindes soll von den Eltern festgelegt werden können, wobei sie dem Kind den Namen eines Elternteils oder einen aus den Namen bei-

Dies entspricht der vorgeschlagenen Regelung des Model Family Code, vgl. Ingeborg SCHWENZER, Model Family Code ­ From a Global Perspective, Antwerpen/Oxford 2006, S. 20 f.; im gleichen Sinne auch «Eckpunkte zu einer Reform des Namensrechts» des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (abrufbar unter: www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/eckpunktenamensrecht.pdf [Stand: 8.12.2023]), welche von einer Arbeitsgruppe im Hinblick auf eine Revision des deutschen Rechts ausgearbeiteten wurden (Empfehlung 3).

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der Elternteile gebildeten Doppelnamen geben können, um ihre gemeinsame Verbindung mit dem Kind nach aussen auszudrücken.33 -

Der Nachname der Kinder soll nicht vom Zivilstand der Eltern abhängen. Dies bedeutet, dass die gleiche Regel für den Namen des Kindes zur Anwendung gelangen soll, unabhängig davon, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht. Insbesondere soll auch das Kind unverheirateter Eltern einen Doppelnamen bestehend aus den Namen beider Elternteile tragen dürfen.

-

Namensänderungen sollen grundsätzlich möglich sein und bewilligt werden, wenn die gesuchstellende Person eine objektiv nachvollziehbare Begründung (etwa in Form sog. «achtenswerter Gründe») vorbringt.34

-

Die Regelung sollte möglichst einfach und klar verständlich sein.35

2.4

Würdigung des geltenden Rechts im Lichte der vorangegangenen Überlegungen

Der Bundesrat hat das geltende Namensrecht im Jahr 2015 als «wichtigen Schritt in Richtung eines modernen Familienrechts» bezeichnet;36 diese Aussage ist aus heutiger Sicht und im Lichte der vorangehenden Überlegungen allerdings stark zu relativieren: Insbesondere die Aufhebung des Rechts, einen ehelichen Doppelnamen führen zu dürfen, ist aus heutiger Sicht als Rückschritt zu bewerten. Wie dargelegt, verstösst der Zwang, dass eine Ehegattin oder ein Ehegatte ihren oder seinen Namen ändern bzw. ablegen muss, wenn sie oder er eine namensmässige Verbindung mit der Partnerin oder dem Partner oder mit den gemeinsamen Kindern schaffen will, gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung.

Die heute bestehende Korrekturmöglichkeit über den gewohnheitsrechtlichen Allianznamen schafft hier zwar eine gewisse Linderung. Die Ausstellung von Ausweispapieren mit einem nicht amtlichen (Doppel-)Namen kann nach Ansicht des Bundesrates aber auf Dauer keine befriedigende Lösung darstellen. Ein amtlicher Ausweis, der einen Namen enthält, der nicht dem amtlichen Namen entspricht, führt im Alltag regelmässig zu Missverständnissen und ist sowohl im In- als auch im Ausland erklärungsbedürftig. Die Einführung des Allianznamens war letztlich ein Notbehelf, um das Fehlen eines amtlichen Doppelnamens zu kompensieren. Langfristig ist es aber wünschenswert, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, welche für Eheleute die Bildung und Führung eines Doppelnamens als amtlicher Name ermöglicht.

33 34

35

36

Auch dies entspricht dem Vorschlag des Model Family Code, vgl. SCHWENZER, Model Family Code (ebd.), S. 128 f.

Wie festgehalten wird der Bundesrat voraussichtlich noch im laufenden Jahr eine Vernehmlassungsvorlage zur Revision der Namensänderung vorlegen. Vgl. zum Ganzen auch die «Eckpunkte zu einer Reform des Namensrechts», die für eine starke Erleichterung der Namensänderung (ebd.) plädieren und lediglich noch einen «anerkennenswerten Grund» verlangen (Empfehlung 4).

Auch die deutschen «Eckpunkte zu einer Reform des Namensrechts» verlangen, dass «die Regelungen zu vereinfachen, neu zu strukturieren und damit Bürokratie für den Bürger, die Verwaltung und die Gerichte abzubauen» seien (ebd., S. 4).

«Modernisierung des Familienrechts», Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), März 2015, Ziff. 9.

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Der Bundesrat stimmt der RK-N deshalb vorbehaltlos zu, wenn diese in Bezug auf das Namensrecht Handlungsbedarf sieht; dieser wird durch die Stellungnahme der KAZ an das EAZW vom 11. Dezember 2023 sowie durch verschiedene Stellungnahmen in der Vernehmlassung klar bestätigt.37 Der Bundesrat begrüsst es im Weiteren ausdrücklich, dass die RK-N eine Revision des Namensrechts an die Hand genommen hat, mit welcher insbesondere eine Erweiterung der Möglichkeiten der Namenswahl sowohl bei der Eheschliessung als auch in Bezug auf die gemeinsamen Kinder umgesetzt werden soll. Den Antrag der Kommissionsminderheit, auf die Vorlage nicht einzutreten, lehnt der Bundesrat aus den gleichen Gründen ab.

2.5

Würdigung der Vorlage

2.5.1

Allgemeine Beurteilung

Mit der Revision soll es möglich werden, «durch eine namensmässige Verbindung beider Eltern die Verbindung zu den Kindern nach aussen sichtbar zu machen.»38 Damit verschwindet insbesondere der gesellschaftliche Druck namentlich auf die Frauen, ihren Namen zugunsten eines gemeinsamen Familiennamens aufgeben zu müssen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Namen zu behalten und dennoch eine namensmässige Verbindung zu ihren Kindern und zum Ehegatten herzustellen.

Auf diese Weise wird sowohl ihr Selbstbestimmungsrecht gewahrt als auch der Grundsatz der Gleichberechtigung umgesetzt.

Gemäss dem Entwurf wird es aber auch in Zukunft möglich sein, einen gemeinsamen Familiennamen anzunehmen. Neu kann dieser zusätzlich mit dem Namen der anderen Ehegattin oder des anderen Ehegatten verbunden werden. Der Entwurf ermöglicht es ausserdem, einen für alle Familienmitglieder identischen Doppelnamen als gemeinsamen Familiennamen zu führen. Die Vorlage beseitigt so die festgestellten inhaltlichen Mängel des geltenden Rechts; sie entspricht weitgehend der skizzierten Konzeption eines zeitgemässen Namensrechts.

Auch die von der RK-N vorgeschlagene Abschaffung des Allianznamens ist aus Sicht des Bundesrates zu begrüssen. Gemäss der von der RK-N vorgeschlagenen Änderung könnte in Zukunft ausschliesslich der amtliche Name in die Ausweise eingetragen werden. Um den Allianznamen nach Inkrafttreten des Entwurfs in den Ausweisen behalten zu können, müsste deshalb der amtliche Name vor Erneuerung des Ausweises gestützt auf die vorgeschlagene übergangsrechtliche Regelung entsprechend angepasst werden, indem auf dem Zivilstandsamt ein amtlicher Doppelname mit Bindestrich erklärt wird. Dadurch entstehen der betroffenen Person ein Zusatzaufwand sowie zusätzliche Kosten, was im Einzelfall zu einem gewissen Unmut führen kann. Es erscheint deshalb wichtig, die Bevölkerung über eine solche Änderung rechtzeitig und ausreichend zu informieren.

37 38

Stellungnahme der KAZ an das EAZW vom 11. Dezember 2023, S. 2; Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 13.

Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 14.

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2.5.2

Verbesserungsmöglichkeiten

Im Laufe der Arbeiten der RK-N wurde die Zielsetzung der vorliegenden Revision stark erweitert: Beginnend mit der kleinen Lösung (Rückkehr zum früheren Recht) wurden dem Entwurf mit jedem Schritt sukzessive neue Elemente beigefügt (Doppelnamen für beide Eheleute, Einbezug des Allianznamens, Einbezug der Kinder, Einbezug von Kindern unverheirateter Paare, umfassendes Übergangsrecht, Einbezug der Kinder ins Übergangsrecht), sodass aus einer kleinen Gesetzeskorrektur eine eigentliche Totalrevision des Namensrechts geworden ist. Diese Entwicklung widerspiegelt sich auch im vorliegenden Entwurf, der ­ und dies wurde im Laufe der Revisionsarbeiten wiederholt und von verschiedener Seite festgehalten39 ­ eine hohe Komplexität aufweist und nicht einfach zu verstehen und umzusetzen ist.

Der Bundesrat sieht deshalb klares Verbesserungspotenzial im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Vorlage; er ist der Überzeugung, dass die Vorlage stark vereinfacht werden sollte; dies, ohne dass damit die angestrebte gesetzgeberische Zielsetzung und der Inhalt der Vorlage in Frage gestellt werden müssen.

Für die Komplexität der Vorlage verantwortlich ist nach Ansicht des Bundesrates primär die mit der Übernahme der Systematik des geltenden Rechts verbundene gestufte Wahlmöglichkeit der Eheleute. Danach müssen die Eheleute in einem ersten Schritt wählen, ob sie an ihrem bisherigen Namen festhalten oder künftig einen gemeinsamen Familiennamen tragen wollen. Erst in einem zweiten Schritt erhalten die Eheleute die Möglichkeit, den Namen durch einseitige oder gemeinsame Erklärung weiter anzupassen und sich insbesondere für einen Doppelnamen zu entscheiden. Je nachdem, ob die Eheleute ihren Namen behalten oder einen gemeinsamen Familiennamen bilden, können die Kinder einen Doppelnamen tragen. Darüber hinaus bestimmt die erste Wahl auch die Reihenfolge der Namen bei der Bildung des Doppelnamens. Im Ergebnis entstehen so zwar zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten bei der Namenswahl.

Gleichzeitig lässt der Entwurf aber nicht alle denkbaren Kombinationen zu.

Eine wesentliche Vereinfachung könnte deshalb dadurch erreicht werden, dass die erwähnte erste Wahlmöglichkeit (Name behalten oder gemeinsamer Familienname) gestrichen und durch eine einstufige Namenswahl ersetzt würde, die jede Ehegattin oder jeder Ehegatte für sich
vornehmen kann. Folglich bestünde bei einer Heirat für jede Ehegattin oder jeden Ehegatten die Möglichkeit, den bisherigen Namen zu behalten oder den Namen zu ändern. Soll der Name geändert werden, kann entweder der Name der anderen Ehegattin oder des anderen Ehegatten übernommen und ein gemeinsamer Familienname gewählt oder ein Doppelname (in beliebiger Reihenfolge und mit oder ohne Bindestrich) aus den Namen beider Eheleute gebildet werden. Auch der Name der gemeinsamen Kinder soll von den Eltern einfach festgelegt werden, indem sie sich für den Namen eines Elternteils oder einen aus den Namen beider Eltern gebildeten Doppelnamen (wiederum in beliebiger Reihenfolge und mit oder ohne Bindestrich) entscheiden. Die Anzahl der Namen für die Bildung eines Doppelnamens wäre wie im Entwurf vorgesehen auf zwei zu beschränken.

39

So ausdrücklich die Stellungnahme der KAZ an das EAZW vom 11. Dezember 2023, S. 1 («übermässig kompliziert») sowie die Stellungnahme des SVZ vom 12. Dezember 2023, S. 1 («très difficile à appliquer et à expliquer en office); im gleichen Sinn auch die Kommissionsminderheit, vgl. Bericht RK-N vom 17. November 2023, S. 7.

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In materieller Hinsicht entspricht eine solche Lösung weitgehend dem Vorschlag der RK-N, wobei aber die noch bestehenden Einschränkungen des Entwurfs wegfallen würden.40 Hervorzuheben ist schliesslich, dass den betroffenen Personen unter einem solchen Regime weiterhin alle Optionen offenstehen würden, die ihnen heute zur Verfügung stehen: So könnte ein Paar (im Sinn des heutigen gemeinsamen Familiennamens) etwa den Namen der einen oder der anderen Person zum gemeinsamen Namen machen und diesen auch an die Kinder weitergeben. Möglich wäre es beispielsweise aber auch, dass beide Eheleute den Namen behalten und lediglich den Kindern einen Doppelnamen geben würden. Das Namensrecht würde folglich um den Doppelnamen erweitert, der zusätzlich zu den bestehenden Wahlmöglichkeiten hinzutreten würde.

Vor allem wäre ein solcher Ansatz nicht zuletzt auch im Sinn der Rechtsklarheit legislatorisch viel einfacher, kürzer, übersichtlicher und damit verständlicher und würde namentlich die Rechtsanwendung in der Praxis wesentlich vereinfachen.

2.5.3

Fazit

Der Bundesrat unterstützt den Entwurf der RK-N in inhaltlicher Hinsicht und ist der Ansicht, dass damit die Mängel des geltenden Namensrechts beseitigt würden.

Gleichzeitig ist der Bundesrat überzeugt, dass die Vorlage vereinfacht und die von der RK-N formulierte und vom Bundesrat unterstützte Zielsetzung der Revision mit einer stark vereinfachten Regelung besser erreicht werden könnte. Wie dazu vorgegangen werden soll, überlässt der Bundesrat Kommission und Parlament.

3

Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt, auf die Vorlage der RK-N einzutreten und dieser zuzustimmen.

40

Die Lösung würde inhaltlich weitgehend den Ausführungen entsprechen, die von der KAZ zu einem künftigen Recht skizziert wurde, vgl. die Stellungnahme der KAZ an das EAZW vom 11. Dezember 2023, S. 1 f.

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