BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

24.030 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und zu dessen Umsetzung (Änderung des Anwaltsgesetzes) sowie zur Delegation der Kompetenz an den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge über die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Anwendungsbereich des Medizinalberufegesetzes, des Gesundheitsberufegesetzes, des Anwaltsgesetzes und des Psychologieberufegesetzes abzuschliessen vom 14. Februar 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen: ­

den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und über die Umsetzung dieses Abkommens (Änderung des Anwaltsgesetzes)1,

­

den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Delegation der Kompetenz an den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge über die Anerkennung der Berufsqualifikationen im Anwendungsbereich des Medizinalberufegesetzes, des Gesundheitsberufegesetzes, des Anwaltsgesetzes und des Psychologieberufegesetzes abzuschliessen2,

mit dem Antrag auf Zustimmung.

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Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Februar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Übersicht Im Anschluss an den Brexit haben die Schweiz und das Vereinigte Königreich die gemeinsamen Regeln für die Anerkennung von Berufsqualifikationen neu definiert. Der Abkommensentwurf sieht ein künftiges Anerkennungssystem vor, das das Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ersetzen soll. Das Abkommen wird ergänzt durch eine neue Delegationsnorm zugunsten des Bundesrates zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Während mehr als 20 Jahren anerkannten die Schweiz und das Vereinigte Königreich gegenseitig ihre Berufsqualifikationen unter Anwendung des Abkommens vom 21. Juni 1999 über die Personenfreizügigkeit (FZA). Angesichts der Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die EU zu verlassen (Brexit), einigten sich die beiden Länder, die Folgen dieses Austritts abzufedern. Im Abkommen vom 25. Februar 2019 über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (CRA) wurde das FZA-System ab dem 1. Januar 2021 während einer Übergangsphase von vier Jahren nach dem Inkrafttreten des Brexit beibehalten. Die Schweiz und das Vereinigte Königreich erklärten damit ihre Absicht, bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen ihre engen Beziehungen fortzusetzen.

Die Parteien wollten diese Beziehungen auch über die Übergangsphase hinaus aufrechterhalten. Vor diesem Hintergrund haben sie ein Abkommen erarbeitet, das die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen dauerhaft verankert. Das Ergebnis der Verhandlungen war Gegenstand einer Vernehmlassung, die vollumfänglich positiv ausfiel.

Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Anerkennung von Berufsqualifikationen («das Abkommen») hat den Zweck, Fachpersonen der beiden Parteien den Zugang zu reglementierten Berufen zu ermöglichen. Es sieht ein allgemeines System der Anerkennung vor, das sich stark an jenem orientiert, das während der EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs galt; es deckt ebenfalls alle reglementierten Berufe ab und erlaubt den Regulatoren oder zuständigen Behörden zu überprüfen, ob die Berufsqualifikationen den nationalen Anforderungen entsprechen.

Den Bürgerinnen und Bürgern wird eine weitgehende Anerkennung garantiert, wobei die zuständige Behörde Ausgleichsmassnahmen verlangen
kann (Prüfung oder Anpassungslehrgang), wenn sie wesentliche Abweichungen in der Ausbildung feststellt.

Die zuständigen Behörden können gemäss Abkommen zudem für bestimmte Berufe in Absprachen über die gegenseitige Anerkennung oder Anhängen zum Abkommen eine Vorzugsbehandlung vereinbaren. Die Vorlage enthält einen entsprechenden Anhang betreffend den Anwaltsberuf, mit dem die bisherige Regelung gemäss CRA weitgehend fortgesetzt wird.

Die Schweiz ist das einzige Land, das über eine umfassende Vereinbarung mit dem Vereinigten Königreich im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen verfügt. Es garantiert die Anerkennung von Berufsqualifikationen dann, wenn eine Fachperson auf dem Arbeitsmarkt der anderen Vertragspartei zugelassen werden kann,

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zum Beispiel durch eine rechtmässige Niederlassung, durch die Erbringung einer Dienstleistung gemäss dem befristeten Abkommen vom 14. Dezember 2020 zur Mobilität von Dienstleistungserbringern oder einem künftigen Freihandelsabkommen oder anderen Abkommen.

Die Vorlage umfasst einen zweiten Teil, der in einer Änderung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe, des Bundesgesetzes vom 30. September 2016 über die Gesundheitsberufe, des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte sowie des Bundesgesetzes vom 18. März 2011 über die Psychologieberufe besteht. Damit soll der Bundesrat ermächtigt werden, völkerrechtliche Verträge über die Anerkennung von Berufsqualifikationen abzuschliessen.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und angestrebte Ziele

Die Förderung der internationalen Anerkennung von Schweizer Berufsabschlüssen gehört zu den Zielen der internationalen Strategie der Schweiz im Bereich Bildung, Forschung und Innovation.3 Einzelpersonen benötigen die Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen, um Zugang zum Arbeitsmarkt in anderen Ländern zu erhalten, und auch Unternehmen sind auf die Anerkennung der Berufsqualifikationen ihrer Arbeitnehmenden angewiesen. In der Schweiz ansässige Arbeitgeber und Institutionen müssen überprüfen können, ob die ausländischen Berufsabschlüsse mit den in der Schweiz ausgestellten gleichwertig sind.

Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gewinnt im internationalen Kontext der zunehmenden grenzübergreifenden Wirtschaftsintegration und der Arbeitskräftemobilität an Bedeutung, auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.

Das Abkommen mit Deutschland von 20214 und jenes mit Quebec von 20225 zeugen davon.

Für Berufe, deren Ausübung im Aufnahmestaat reglementiert ist, ist eine Anerkennung der Berufsqualifikationen unerlässlich, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Ist die Ausübung einer Tätigkeit gesetzlich an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden, dürfen Fachpersonen ohne diese Anerkennung nicht arbeiten.

Es liegt auf der Hand, dass ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von besonderer Bedeutung ist. Das Verhältnis zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich, für das während mehr als 20 Jahren das Abkommen vom 21. Juni 19996 über die Freizügigkeit (FZA) galt, ist noch bis 2024 durch das Abkommen vom 25. Februar 20197 über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (Citizens' Rights Agreement, CRA) geregelt. Die beiden Länder müssen nunmehr die künftige Aner3

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Internationale Strategie der Schweiz im Bereich Bildung, Forschung und Innovation, 2018, verfügbar unter folgender Adresse: www.sbfi.admin.ch > Publikationen und Dienstleistungen > Publikationen > Publikationsdatenbank > Themen > Internationale Beziehungen > Dokument «Internationale Strategie der Schweiz im Bereich Bildung, Forschung und Innovation».

Abkommen vom 10. Februar 2021 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Feststellung der Gleichwertigkeit von beruflichen Abschlüssen, SR 0.412.113.6.

Vereinbarung vom 14. Juni 2022 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Quebec über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, SR 0.412.123.209.1.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, SR 0.142.112.681.

Abkommen vom 25. Februar 2019 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens, SR 0.142.113.672.

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kennung von Berufsqualifikationen definieren. Ohne bilaterales Abkommen mit dem Vereinigten Königreich würde die Ausübung eines reglementierten Berufs im Aufnahmestaat ab dem 1. Januar 2025 durch nationales Recht geregelt. Im Vereinigten Königreich wäre mit grossen Schwierigkeiten zu rechnen. Die einzelnen Regulatoren (d. h. die Behörden, die einen Beruf reglementieren) wenden nämlich ihre eigenen Vorschriften an, die sich zudem zwischen England, Schottland, Wales und Nordirland unterscheiden können. Darüber hinaus hätten Schweizer Fachpersonen keinerlei völkerrechtlichen Schutz. Im Bereich der Berufsbildung und der Hochschulen würden Fachpersonen aus dem Vereinigten Königreich in der Schweiz aufgrund der einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 20228 über die Berufsbildung (BBG) und des Bundesgesetzes vom 30. September 20119 über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (HFKG) weiterhin eher günstige Voraussetzungen antreffen. Der Abschluss eines Abkommens ist somit notwendig, um die Rechte von Schweizer Fachpersonen im Vereinigten Königreich zu wahren und eine erhebliche Einschränkung der Anerkennungsmöglichkeiten zu vermeiden.

Der allgemeine Teil des Abkommens entspricht materiell dem Freihandelsabkommen von 202110 zwischen dem Vereinigten Königreich einerseits und Norwegen, Island und Liechtenstein andererseits. Der Anhang betreffend den Anwaltsberuf schafft insofern einen bisher einzigartigen Wettbewerbsvorteil, als nur Schweizer Anwältinnen und Anwälte nach einem Anpassungslehrgang im Vereinigten Königreich Parteien vor Gericht vertreten und dabei den entsprechenden englischen Berufstitel verwenden dürfen, während Anwältinnen und Anwälte aus anderen Ländern nur im Völkerrecht sowie im Recht ihres Herkunftsstaates praktizieren dürfen.

1.2

Verlauf und Ergebnisse der Verhandlungen

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich zogen ab 2017 die Einführung eines Systems für die Anerkennung von Berufsqualifikationen nach dem Brexit in Erwägung.

Mit dem Abschluss des CRA im Februar 2019 relativierte sich jedoch die Dringlichkeit eines Abkommens, da die Anwendung des FZA-Systems bis Ende 2024 verlängert wurde (Übergangsperiode von vier Jahren ab dem effektiven EU-Austritt).

Die ersten Gespräche über ein dauerhaftes System für die Anerkennung von Berufsqualifikationen begannen formell mit der Aushandlung des befristeten Abkommens vom 14. Dezember 202011 über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (SMA).

Angesichts der Notwendigkeit, das SMA rasch abzuschliessen, und der bis am 31. Dezember 2024 geltenden befristeten Anerkennung einigten sich die Parteien darauf, die Verhandlungen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen einer Arbeitsgruppe (Art. 16 SMA) fortzusetzen.

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SR 412.10 SR 414.20 www.efta.int > Global Trade Relations > All Partners > United Kingdom Befristetes Abkommen vom 14. Dezember 2020 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Mobilität von Dienstleistungserbringern, SR 0.946.293.671.2.

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Die Verhandlungen wurden im April 2023 abgeschlossen, und am 14. Juni 2023 konnte das Abkommen unterzeichnet werden.

1.3

Bezug zur Strategie des Bundesrates («Mind-the-Gap»-Strategie)

Im Rahmen seiner «Mind-the-Gap»-Strategie erachtete es der Bundesrat als äusserst wichtig, ein System zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen aufrechtzuerhalten (Beschluss vom 19. Oktober 2016). Die genannte Strategie sieht ein Nachfolgeregime vor, mit dem die rechtliche Kontinuität sowie die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach dem Brexit gewahrt werden sollen. Die vorrangigen politischen Ziele sind somit Rechtssicherheit und die Festigung der Beziehungen zum Vereinigten Königreich.

Neben der Sicherung der rechtlichen Kontinuität sieht die «Mind-the-Gap»-Strategie auch die Möglichkeit eines Ausbaus und einer Vertiefung der Beziehungen zum Vereinigten Königreich vor, sofern die beiden Länder dies wünschen und das Vorhaben umsetzbar ist.

Das vorliegende Abkommen entspricht diesen Zielen, weil es ein Anerkennungssystem fortsetzt, das für sämtliche reglementierten Berufe gilt, wobei es sich am allgemeinen System der Anerkennung orientiert, wie es unter dem FZA galt und aktuell unter dem CRA gilt. In Bezug auf die Vertiefung der Beziehungen zum Vereinigten Königreich erlaubt es das Abkommen, für bestimmte Berufe in Absprachen über die gegenseitige Anerkennung (AGA) oder Anhängen zum Abkommen eine Vorzugsbehandlung vorzusehen, was eine noch stärkere Annäherung an den Status quo ante ermöglicht. Aktuell sieht das Vereinigte Königreich mit keinem anderen Staat solche AGA vor. Das Abkommen ist auch deshalb einzigartig, weil die Schweiz als einziges Land über ein eigenständiges Abkommen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen mit dem Vereinigten Königreich ausserhalb eines Freihandelsabkommens verfügen würde.

2

Vorverfahren einschliesslich Vernehmlassung

Das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Anerkennung von Berufsqualifikationen wurde von Bundesrat Guy Parmelin am 14. Juni 2023 in London unterzeichnet. Das Vernehmlassungsverfahren fand vom 15. Juni bis zum 6. Oktober 2023 statt. Die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft sowie weitere interessierte Kreise wurden zur Stellungnahme eingeladen.

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2.1

Stellungnahmen zum Abkommen und seiner Umsetzung im Anwaltsgesetz

Aufgrund der Bedeutung des neuen Abkommens für die Kantone, die Organisationen der Arbeitswelt und die Berufsbildungspartner führte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vom 15. Juni bis zum 6. Oktober 2023 eine Vernehmlassung durch. Dabei gingen 42 Stellungnahmen von 24 Kantonen, der Konferenz der Kantonsregierungen, drei politischen Parteien, zwei gesamtschweizerischen Dachverbänden der Wirtschaft und zwölf sonstigen interessierten Verbänden ein.

Die Akteurinnen und Akteure, die zum Entwurf des Abkommens und seiner Umsetzung im Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200012 (BGFA) Stellung nahmen, äusserten sich alle weitgehend positiv zum Entwurf und begrüssten die Bemühungen des WBF, die Anerkennung der Berufsqualifikationen mit dem Vereinigten Königreich aufrechtzuerhalten oder zu konsolidieren.

Die Kantone formulierten einige sowohl allgemeine als auch spezifisch auf gewisse Bestimmungen verweisende Anmerkungen und Änderungsvorschläge. Dabei geht es insbesondere um die früheren Ausbildungen, die Informationspflicht zwischen den Behörden, die Rechtshilfe, den Postversand von Verfügungen oder auch eine Klärung betreffend den Zugang zu einem Weiterbildungstitel. Bestimmte Kantone baten ausserdem darum, die aktuelle Praxis im Bereich der Validierung von Bildungsleistungen zu berücksichtigen und auf eine diskriminierungsfreie Behandlung der Schweizer Abschlüsse im Vereinigten Königreich zu achten. Andere wiesen darauf hin, dass die Bewilligung zur Erbringung sozialversicherungsrechtlicher Dienstleistungen nicht durch das Abkommen abgedeckt ist.

Die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft und weitere interessierte Verbände halten es für notwendig, von Beginn weg in die Verhandlungen über künftige AGA einbezogen zu werden. Einige schlugen vor, die Bestimmungen zur Transparenz, zum Geltungsbereich, zu den Ausgleichsmassnahmen und zu den Sprachkenntnissen zu ergänzen, während andere auf den Ursprung bestimmter vom Vereinigten Königreich anerkannter medizinischer Abschlüsse aus Drittländern und die Notwendigkeit einer Vermeidung des Lohndumping-Risikos hinwiesen. Mehrere Vernehmlassungsteilnehmende äusserten den Wunsch, für ihren Beruf Verhandlungen über den Abschluss einer AGA oder eines Anhangs zum Abkommen aufzunehmen.

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SR 935.61

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2.2

Stellungnahmen zur Delegation der Kompetenz an den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge im Bereich der Medizinalberufe, der Gesundheitsberufe, der Anwältinnen und Anwälte und der Psychologieberufe abzuschliessen

Auch die Delegation der Kompetenz an den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge im Bereich des Medizinalberufegesetzes vom 23. Juni 200613 (MedBG), des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. September 201614 (GesBG), des BGFA und des Psychologieberufegesetzes vom 18. März 201115 (PsyG) abzuschliessen, wurde von sämtlichen Vernehmlassungsteilnehmenden befürwortet. Es wurde keine formelle Änderung der Delegationsnormen verlangt.

Die Kantone erinnerten daran, dass das Abkommen nur die Anerkennung von mit entsprechenden schweizerischen Abschlüssen gleichwertigen Qualifikationen erlauben dürfe. Im Bereich der Pflege seien die Patientensicherheit, der Gesundheitsschutz und die Dienstleistungsqualität weiterhin unbestritten prioritär. Ferner seien die in Artikel 54 Absatz 3 und Artikel 55 BV verankerten verfassungsmässigen Rechte der Kantone (einschliesslich der Konsultation der Kantone) jederzeit zu gewährleisten.

Schliesslich möchten die Kantone nicht, dass das Abkommen auch die Zulassung von Leistungserbringern im Bereich der sozialen Sicherheit abdeckt.

3

Grundzüge des Abkommens und seiner Umsetzung

3.1

Allgemeine Betrachtungen

Das Abkommen hält eine dauerhafte Anerkennungsregelung fest, mit der das unter dem CRA zwischen den Parteien geltende System im Wesentlichen beibehalten wird.

Es sieht vor: ­

ein allgemeines System für sämtliche reglementierten Berufe mit einem Ausbildungsvergleich und gegebenenfalls Ausgleichsmassnahmen;

­

die Möglichkeit, dem Abkommen Anhänge hinzuzufügen oder mit den britischen Regulatoren AGA abzuschliessen, um für bestimmte Berufe vorteilhaftere Regeln zu vereinbaren;

­

spezifische Bestimmungen für Anwältinnen und Anwälte (Anhang A des Abkommens), für die bereits unter dem CRA besondere Regelungen gelten.

Das Abkommen deckt in der Schweiz sowohl die vom Bund als auch die von den Kantonen und den Gemeinden reglementierten Berufe ab. Nur für diese Berufe ist die Anerkennung obligatorisch. Das Abkommen gilt für Personen mit schweizerischen oder britischen Berufsabschlüssen. Die Ausübung von Berufen, für die eine spezifische Ausbildung vorausgesetzt wird, ist nur mit einem solchen Abkommen möglich.

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SR 811.11 SR 811.21 SR 935.81

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Für die internationale Tätigkeit von Schweizer Fachpersonen und Unternehmen ist das Abkommen somit unabdingbar.

Das Abkommen betrifft sowohl Schweizer Staatsangehörige im Vereinigten Königreich als auch Dienstleistende im Sinne des SMA oder eines allfälligen künftigen Freihandelsabkommens sowie junge Berufsleute, die von einem Abkommen profitieren, das ihnen ein Praktikum im jeweils anderen Land ermöglicht.

3.2

Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen des Abkommens

Art. 1.1

Räumlicher Geltungsbereich

Das Abkommen gilt für die Schweiz einerseits und England, Schottland, Wales, sowie Nordirland andererseits. Es gilt weder für die britischen Überseegebiete noch für die Besitzungen der britischen Krone Jersey, Guernsey und Insel Man.

Art. 1.2

Verhältnis zu anderen internationalen Übereinkommen

Diese Bestimmung verweist auf die einschlägigen Abkommen zwischen den beiden Parteien. Die Bezugnahme auf Handelsabkommen wie das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation und das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)16 ist wichtig, weil solche Abkommen in Zukunft für die Personenfreizügigkeit massgebend sein werden, zumal ein Niederlassungsabkommen nicht vorgesehen ist.

Absatz 2 dieses Artikels bekräftigt, dass die in Kapitel 3 SMA vorgesehenen Aktivitäten abgeschlossen sind. Kapitel 3 wurde ins SMA aufgenommen, um einen Rahmen für die Verhandlungen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen zu schaffen.

Die SMA-Arbeitsgruppe wird durch den mit diesem Abkommen geschaffenen Gemischten Ausschuss ersetzt.

Die Parteien haben darauf verzichtet, andere Sonder- oder Präferenzabkommen explizit zu erwähnen, die im Sinne einer «Lex specialis» den Zugang zu reglementierten Berufen gewährleisten könnten. Diese Abkommen sind in der Formulierung «sowie aus anderen relevanten internationalen Übereinkommen, die sie unterzeichnet haben» enthalten. Gemeint ist hier namentlich der Luftverkehr.

Art. 1.3

Transparenz

Mit diesem Artikel soll sichergestellt werden, dass den Bürgerinnen und Bürgern alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, um vom Abkommen Gebrauch zu machen. Absatz 2 sieht einen dynamischen Dialog zwischen den zuständigen Behörden und den gesuchstellenden Personen vor, während Absatz 3 festlegt, dass die Parteien keine personenbezogenen Daten offenlegen müssen, deren Verbreitung die Durchführung von Gesetzen behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen 16

SR 0.632.20

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oder die berechtigten Handelsinteressen eines Wirtschaftsakteurs beeinträchtigen würden.

Art. 1.4

Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit

Die Bestimmungen dieses Artikels basieren auf dem GATS und erlauben es den Parteien, unter aussergewöhnlichen Umständen aus sicherheitspolitischen Gründen vom Abkommen abzuweichen. Damit sollen die Parteien ihre wesentlichen Sicherheitsinteressen schützen können. Ausserdem sorgt dieser Artikel für Kohärenz mit früheren Abkommen, da die Parteien bisher insbesondere in Dienstleistungsabkommen stets solche Ausnahmen vorsahen.

Art. 2.1

Begriffsbestimmungen

Dieser Artikel definiert Begriffe, mit denen die Anerkennungsbehörden beider Parteien bereits vertraut sind. Einige Begriffe sollen im Folgenden dennoch präzisiert werden: ­

Bst. a: Mit diesem Begriff werden Berufe, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, vom Geltungsbereich des Abkommens ausgeschlossen. Sie waren bereits vom Geltungsbereich des FZA ausgenommen (Art. 10 und Art. 16 Anhang I FZA);

­

Bst. b und c: Für die Begriffe Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung werden die Definitionen in Anhang III FZA übernommen;

­

Bst. h und i: Der Begriff «Massnahme» wird an verschiedenen Stellen des Abkommens verwendet (Art. 2.10, Art. 3.2 Abs. 2 und Art. 3.3). Mit jenem der «Massnahmen einer Partei» kann der Begriff «reglementierter Beruf» (Bst. o) abgegrenzt werden, indem dessen Ausübung von Massnahmen abhängig gemacht wird, die von staatlichen Stellen oder privaten Einrichtungen, auf die rechtmässig staatliche Aufgaben übertragen wurden, getroffen werden;

­

Bst. o: Diese Bestimmung betrifft die Ausübung reglementierter Berufe in der Schweiz, und zwar auf allen Ebenen, einschliesslich auf kantonaler und kommunaler Ebene. Der Bezug auf «Rechts- oder Verwaltungsvorschriften» soll verhindern, dass eine «Massnahme» in der Form einer Verwaltungshandlung oder einer Praxis gemäss Buchstabe h (zum Beispiel Vereinsstatuten, örtliche Gewohnheiten oder Berufsgepflogenheiten) den Bereich der reglementierten Berufe ausweiten kann, ohne dass die wirtschaftliche Freiheit durch eine formale gesetzliche Grundlage rechtsgültig eingeschränkt wird;

­

Bst. p: Mit «zuständige Behörde» sind in der Schweiz alle Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden gemeint, die für die Anerkennung von Qualifikationen und die Bewilligung der Ausübung eines reglementierten Berufs auf einem Gebiet zuständig sind; alle zuständigen Behörden sind durch das Abkommen unmittelbar gebunden und müssen die Bestimmungen direkt anwenden (unmittelbare Anwendbarkeit des Abkommens in innerstaatlichem Recht [self-executing]); das Vereinigte Königreich führt ein dezentrales System und delegiert bestimmte Aktivitäten an Berufsverbände.

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Art. 2.2

Anwendungsbereich

Der personenbezogene Geltungsbereich des Abkommens ist breiter gefasst als jener des CRA. Da eine Staatsangehörigkeit nicht als Voraussetzung genannt wird, gelten die Bestimmungen für alle Bürgerinnen und Bürger der EU, die einen britischen oder einen schweizerischen Ausbildungsabschluss besitzen, was im CRA nicht der Fall ist.

Die Parteien wollten sämtliche ihrer Berufsqualifikationen abdecken, ohne die Nationalität der Inhaberinnen und Inhaber zu berücksichtigen. Damit stärken sie die Attraktivität ihrer Bildungssysteme, die in beiden Ländern stark international ausgerichtet sind. Entsprechend erstreckt sich das Abkommen auch auf Angehörige von Drittstaaten, die im Vereinigten Königreich einen Abschluss erworben haben, sofern sie gemäss dem Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 200517 in der Schweiz arbeitsberechtigt sind und über vergleichbare Berufsqualifikationen verfügen (vgl. Art. 2.3). Hingegen werden mit dem Abkommen vom Vereinigten Königreich möglicherweise anerkannte nicht britische Abschlüsse nicht anerkannt.

Absatz 3 schliesst Berufe, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, von der Anerkennung aus. Diese Bestimmung orientiert sich unmittelbar am FZA, das vor dem Brexit zwischen den Parteien zur Anwendung kam (vgl. Erläuterungen zu Art. 2.1 Bst. a).

Art. 2.3

Anerkennung von Berufsqualifikationen

Dieser Artikel ist das Kernstück des Abkommens. Er verankert mehrere Grundsätze: ­

Das Abkommen gilt nur für reglementierte Berufe.

­

Die Parteien sind verpflichtet, die Berufsqualifikationen gegenseitig anzuerkennen. Eine Ablehnung ist nur aus den namentlich in Artikel 2.4 ausdrücklich genannten Gründen möglich.

­

Unter Vorbehalt der in Artikel 2.4 vorgesehenen Voraussetzungen und der Bestimmungen in Artikel 2.6 wird der vollumfängliche Zugang zum Beruf gewährleistet.

­

Eine Fachperson muss über «vergleichbare Berufsqualifikationen» verfügen, was bedeutet, dass sie im Herkunftsstaat zur Ausübung eines Berufs qualifiziert ist, der mit jenem, für den sie im Aufnahmestaat ein Gesuch stellt, vergleichbar ist und nicht drastisch von den Normen dieses Landes abweicht.

Absatz 2 schliesst Einwanderungsfragen (Aufenthaltstitel und Arbeitsbewilligung) vom Geltungsbereich des Abkommens aus.

Absatz 3 bestimmt, dass für den Zugang zum Beruf und dessen Ausübung der Grundsatz der Gleichbehandlung mit Fachpersonen, die ihre Qualifikationen im Aufnahmestaat erworben haben, gilt. Entsprechend gelten für Personen mit einem gestützt auf das vorliegende Abkommen anerkannten Abschluss beispielsweise dieselben Berufsausübungsbewilligungsvoraussetzungen und -pflichten im Bereich der universitären Medizinalberufe wie für Inländerinnen und Inländer (vgl. Art. 36 ff. MedBG).

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SR 142.20

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Art. 2.4

Voraussetzungen für die Anerkennung

Dieser Artikel sieht vor, dass die Anerkennung nur aus drei Gründen verweigert werden kann: ­

wesentlicher Unterschied bei den Ausbildungsabschlüssen sowie Nichtbestehen oder Verweigerung von Ausgleichsmassnahmen,

­

Unterschied beim Tätigkeitsfeld sowie Nichtbestehen oder Verweigerung von Ausgleichsmassnahmen und

­

derart grosse Unterschiede, dass die Ausgleichsmassnahmen einer Wiederholung der Ausbildung gleichkommen würden.

Diese drei Voraussetzungen sind den Anerkennungsbehörden bereits bekannt und werden heute im Rahmen der Richtlinie 2005/36/EG18 angewandt.

Art. 2.5

Ausgleichsmassnahmen

Dieser Artikel übernimmt das bestehende System mit dem bedeutenden Unterschied, dass die gesuchstellende Person nicht selber zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung wählen kann, wie das bei der EU der Fall ist, sondern dass die zuständige Behörde darüber entscheidet (Abs. 2, unter Vorbehalt der spezifischen Regelung für Anwältinnen und Anwälte in Anhang A). Diese Bestimmung soll die Aufgabe der Behörden vereinfachen, da sie nicht systematisch beide Ausgleichsmassnahmen in Erwägung ziehen müssen.

Die Bestimmung in Absatz 3 betrifft in erster Linie das Vereinigte Königreich, wo die Regulatoren das Abkommen nach ihren rechtlichen Vorgaben umsetzen müssen. Gemäss den schweizerischen Rechtsvorschriften auf Bundesebene ist ein Entscheid sowieso systematisch zu begründen.

Art. 2.6

Weitere Voraussetzungen

Dieser Artikel erlaubt es, die Anerkennung von Berufsqualifikationen schlichtweg zu verweigern, wenn der Zugang zum Beruf und dessen Ausübung besonderen Voraussetzungen unterliegen, die die gesuchstellende Person nicht erfüllt. Das Abkommen erfasst hier alle zusätzlichen Voraussetzungen wie Leumundszeugnis, Nachweis des obligatorischen Versicherungsschutzes (namentlich einer Haftpflichtversicherung), Einhaltung der Anforderungen an die Einrichtungen und Räumlichkeiten, in denen der Beruf ausgeübt wird, sowie Bescheinigung über Konkursfreiheit. Mit dieser Bestimmung soll die Gleichbehandlung gewährleistet werden, d. h. die Nichtdiskriminierung von Fachpersonen aus dem anderen Staat. Somit unterliegen Gesuchstellende beider Staaten grundsätzlich denselben Voraussetzungen.

Die allfälligen Voraussetzungen, die die Fachpersonen erfüllen müssen, sind in Artikel 2.8 geregelt, wonach die gesuchstellenden Personen bei der Gesuchstellung zu informieren sind.

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Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, Abl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

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Art. 2.7

Antragsverfahren

Artikel 2.7 enthält ähnliche Verfahrensmodalitäten wie sie unter dem CRA angewandt werden. Die Bestimmungen sollen gewährleisten, dass die Behörden weder zu den Berufsqualifikationen (Abs. 2) noch zu den weiteren Voraussetzungen (Art. 2.6 Abs. 3) Unterlagen einfordern, die für die Bearbeitung des Gesuchs nicht zweckmässig sind.

Absatz 4 betrifft die Beglaubigung von Kopien. Die Parteien verzichten auf die im Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 196119 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung vorgesehene Apostille.

Die Absätze 6 und 7 regeln die Übermittlung von Personendaten. Der Austausch von Personendaten unterliegt den nationalen Rechtsvorschriften der Parteien. Das Abkommen enthält folglich keine formelle Verpflichtung der Behörden, besonders schützenswerte Personendaten offenzulegen. Das ist im Übrigen auch nicht notwendig, weil grundsätzlich die gesuchstellende Person darzulegen hat, dass sie beispielsweise einen unbescholtenen Leumund («good conduct») hat oder dass im Herkunftsstaat keine Vorstrafe oder Einschränkung der Berufsausübung vorliegt.

Art. 2.8

Informationen

Dieser Artikel listet die Informationen auf, die die Parteien den Fachpersonen zur Verfügung stellen müssen. In der Schweiz werden die Informationen auf der Website des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zentral verwaltet. Im Vereinigten Königreich obliegt diese Aufgabe grundsätzlich jedem einzelnen Regulator.

Art. 2.9

Sprachkenntnisse

Dieser Artikel legt fest, in welchen Fällen eine Überprüfung der Sprachkenntnisse verlangt werden kann. Die Bestimmungen entsprechen weitgehend der heutigen Praxis, wobei die Überprüfung der Sprachkenntnisse nicht unbedingt getrennt vom Anerkennungsverfahren erfolgen muss, wie das im Rahmen des FZA der Fall ist. Im Gegensatz zum SMA, das diese Anforderung ausschliesst, wird in diesem Abkommen davon ausgegangen, dass die Beherrschung der lokalen Sprache für die Ausübung gewisser reglementierter Berufe unverzichtbar ist.

Art. 2.12

Branchenspezifische Vereinbarungen

Das Abkommen erlaubt die Vereinbarung einer Vorzugsbehandlung für gewisse Berufe. Artikel 2.12 ermöglicht eine Verbesserung des Systems im Verlauf der Zeit.

So können zum Beispiel für einen bestimmten Beruf eine automatische Anerkennung,

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SR 0.172.030.4

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standardisierte Ausgleichsmassnahmen oder effizientere Verfahren vereinbart werden. Solche Vereinbarungen können auf zwei Arten getroffen werden: ­

über einen Anhang zum Abkommen wie jener für Anwältinnen und Anwälte oder

­

über eine AGA.

Diese Instrumente haben zum Ziel, in Bereichen von gegenseitigem Interesse Regeln zu vereinbaren, die für die gesuchstellenden Personen effizientere und berechenbarere Verfahren schaffen (Anforderungen, Verfahrensdauer usw.).

Auf der Seite des Vereinigten Königreichs können solche Vereinbarungen (Anhang oder Absprache über die gegenseitige Anerkennung) vom Regulator getroffen werden, der gemäss nationalem Recht dazu ermächtigt ist (Abs. 2). Auf Schweizer Seite überträgt das Abkommen dem Bundesrat die Kompetenz, solche Vereinbarungen in Form eines neuen Anhangs oder einer AGA selbstständig abzuschliessen (Abs. 3).

Absatz 4 legt fest, was ein Anhang oder eine AGA enthalten darf, und grenzt somit die Kompetenzdelegation in Absatz 3 ein.

Kap. 3

Schlussbestimmungen

Die Schlussbestimmungen betreffen in erster Linie die Rolle des Gemischten Ausschusses (Art. 3.1). Die Parteien wollten einen starken Gemischten Ausschuss, der über eine ganze Palette von Möglichkeiten verfügt, um das reibungslose Funktionieren und die Einhaltung von Sinn und Geist des Abkommens zu gewährleisten. Der Gemischte Ausschuss bleibt jedoch ein politisches Gremium ohne Rechtsprechungsoder Entscheidfunktion.

Artikel 3.2 ermöglicht eine gewisse Aufsicht über die Umsetzung des Abkommens.

Ist eine Partei der Auffassung, dass gewisse Massnahmen nicht den Bestimmungen des Abkommens entsprechen, kann sie von der anderen Partei eine offizielle Stellungnahme verlangen.

Die Artikel 3.3 bis 3.6 enthalten die üblichen Bestimmungen bezüglich Inkrafttreten, Änderung und Kündigung des Abkommens. Idealerweise tritt das Abkommen per 1. Januar 2025 in Kraft, damit nach Ablauf der Übergangsphase des CRA keine Rechtsunsicherheiten entstehen. Um einen Normenkonflikt mit dem CRA zu vermeiden, kann das Abkommen nicht vorher in Kraft treten. Wann genau die Schweiz den Abschluss der internen Verfahren notifizieren kann, hängt von der Genehmigung durch die Bundesversammlung und vom Ausgang des fakultativen Referendums ab.

Selbstverständlich ist alles daran zu setzen, dass das Abkommen 2025 möglichst rasch in Kraft treten kann.

3.3

Erläuterungen zum Anhang betreffend den Anwaltsberuf

Das Abkommen beinhaltet einen spezifischen Anhang für den Beruf der Anwältinnen und Anwälte. Wie unter dem CRA wollten die Parteien für diesen Beruf ein besonderes System beibehalten. Da aber im Vereinigten Königreich elf Regulatoren für den 15 / 22

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Anwaltsberuf zuständig sind, wurde ein berufsspezifischer Anhang als effizienter erachtet, als nach dem Inkrafttreten des Abkommens elf AGA aushandeln zu müssen.

Der Anhang betreffend den Anwaltsberuf führt gegenüber dem allgemeinen System gemäss den Artikeln 2.3 bis 2.5 eine Vorzugsbehandlung ein. Schweizer Anwältinnen und Anwälte werden damit berechtigt, nach einem Anpassungslehrgang im Vereinigten Königreich Vertretungen vor Gericht zu praktizieren und dabei den entsprechenden Anwaltstitel zu verwenden. Diese Lösung trägt dem Umstand Rechnung, dass sowohl in der Schweiz als auch im Vereinigten Königreich Anwältinnen und Anwälte, für die Ausgleichsmassnahmen zur Anwendung kommen, bisher systematisch den Anpassungslehrgang gewählt haben. Der Anhang zum Abkommen ermöglicht es den Anwältinnen und Anwälten somit, anstelle der Eignungsprüfung den Anpassungslehrgang zu wählen, und präzisiert die Modalitäten des Lehrgangs.

Die Vorzugsbehandlung für den Anwaltsberuf lässt sich wie folgt zusammenfassen:

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­

Die Anwältin oder der Anwalt kann die Ausgleichsmassnahme wählen; im unwahrscheinlichen Fall, dass sie oder er die Eignungsprüfung wählt, ist der Anhang nicht anwendbar; wählt sie oder er den Anpassungslehrgang, dauert dieser mindestens drei Jahre, wobei sich die Dauer verkürzt, wenn die Anwältin oder der Anwalt eine angemessene Berufserfahrung im Recht des Aufnahmestaates nachweisen kann (Art. A.3 Abs. 2 Bst. c);

­

die Anwältin oder der Anwalt hat während des Anpassungslehrgangs das Recht, sich bei der zuständigen Behörde eintragen zu lassen, um den Anwaltsberuf unter Verwendung des Titels des Herkunftsstaates sofort ausüben zu können; die Behörde des Aufnahmestaates kann die Berufsausübung jedoch einschränken (Art. A.3 Abs. 2 Bst. e); in der Schweiz ist eine solche Einschränkung bereits in Artikel 23 BGFA vorgesehen; im Vereinigten Königreich sind die Einschränkungen umfangreicher, gelten jedoch ebenfalls nur für die Dauer des Anpassungslehrgangs. Je nach Regulator betreffen die Einschränkungen namentlich das Recht, vor Gericht aufzutreten, die Durchführung von Gerichtsverfahren, vorbehaltene Tätigkeiten im Zusammenhang mit Urkunden, Tätigkeiten im Rahmen von Nachlassverfahren, notarielle Tätigkeiten und die Befugnis zur Abnahme von Eiden20;

­

erfüllt eine Anwältin oder ein Anwalt die für den Berufsstand im Aufnahmestaat geltenden Voraussetzungen nicht ­ beispielsweise kein einwandfreier Leumund ­ kann die Behörde die Eintragung verweigern (Art. A.3 Abs. 2 Bst. b); diese Regel greift Artikel 2.6 des Abkommens auf;

­

der Anpassungslehrgang erfolgt unter der Anwaltsbezeichnung des Herkunftsstaates und unterliegt den Ausübungsbedingungen des Aufnahmestaates (Art. A.3 Abs. 2 Bst. d und f);

­

sobald der Anpassungslehrgang abgeschlossen ist, erhält die Anwältin oder der Anwalt den vollen Zugang zu den beruflichen Tätigkeiten des Aufnahmestaates und kann die entsprechende Berufsbezeichnung verwenden (Art. A.4).

Im Englischen: «the exercise of a right of audience, the conduct of litigation, reserved instrument activities, probate activities, notarial activities and the administration of oaths».

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Schliesslich sieht der Anhang vor, dass bei Änderungen des Anhangs eine Frist von zwölf Monaten einzuhalten ist, damit die Regulatoren und die vom Anhang begünstigten Personen sich darauf einstellen und entsprechende Massnahmen treffen können.

Anhang A regelt die Anerkennung der Berufsqualifikationen des Anwaltsberufes. Er schafft weder Zugang zum freien Dienstleistungsverkehr gemäss Artikel 21 und 22 BGFA noch einen Anspruch auf eine Aufenthalts- oder Arbeitsbewilligung (vgl.

Art. 2.3 Abs. 2 Bst. a). Sobald die Anerkennung durch die Behörde des Aufnahmestaates nach dem im Abkommen vorgesehenen Verfahren erfolgt ist und alle anderen Formalitäten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt bzw. der Niederlassung der Einzelperson oder einer juristischen Person geregelt sind, kann die Anwältin oder der Anwalt im Besitz eines Titel der anderen Partei den Titel des Aufnahmestaates verwenden und Rechtsdienstleistungen erbringen ­ entweder über eine Niederlassung oder aus der Ferne oder während eines temporären Aufenthaltes im Aufnahmestaat.

Die Regelung für den Anwaltsberuf geht klar über die Vereinbarungen des Vereinigten Königreichs mit der EU oder den EFTA/EWR-Staaten hinaus. Sie erlaubt es Schweizer Anwältinnen und Anwälten, im Vereinigten Königreich nach Abschluss des Anpassungslehrgangs alle Tätigkeiten des Berufs auszuüben. Im Gegensatz zu den Anwältinnen und Anwälten aus der EU oder EFTA/EWR-Staaten ist die Berufsausübung somit nicht auf das Völkerrecht oder das Recht des Herkunftsstaates beschränkt. Der Anhang zu diesem Abkommen ist für Schweizer Anwältinnen und Anwälte somit ein höchst interessanter Wettbewerbsvorteil.

3.4

Umsetzung des Abkommens im BGFA

Das BGFA ist im Hinblick auf die Umsetzung des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich anzupassen. Es ist das einzige Bundesgesetz, das die völkerrechtlichen Verträge im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen übernimmt, auch wenn sie unmittelbar anwendbar sind.

Das BGFA wird nur marginal angepasst, damit der Gesetzestext einfach bleibt und der Tatsache Rechnung getragen wird, dass das künftige System für britische Anwältinnen und Anwälte weitestgehend jenem entspricht, das bereits für Anwältinnen und Anwälte aus der EU/EFTA gilt. Der Geltungsbereich des BGFA wird entsprechend ausgedehnt (Art. 2 Abs. 2 Bst. c). Die auf Anwältinnen und Anwälte des Vereinigten Königreichs anwendbare Regelung betrifft nur die Anerkennung von Berufsqualifikationen und verschafft nicht direkt Zugang zum freien Dienstleistungsverkehr. Mit dieser Anpassung kann gleichzeitig präzisiert werden, dass der Ausschluss der Dienstleistungserbringung gemäss Artikel 21 und 22 BGFA (d. h. ohne Anerkennungsverfahren) auch für Anwältinnen und Anwälte unter dem CRA gilt. In Bezug auf die temporäre Berufsausübung in der Schweiz sind überdies die Bestimmungen betreffend Einreise und Aufenthalt zu berücksichtigen, die derzeit im SMA geregelt sind.

Der Geltungsbereich des CRA und jener des Anhangs des Abkommens überschneiden sich nicht, weil das CRA nur die Staatsangehörigen der beiden Parteien abdeckt. Das CRA wird somit für bestehende Eintragungen in einem kantonalen Anwaltsregister auch über die vierjährige Übergangsfrist hinaus zur Anwendung kommen. Die durch das CRA gemäss dem FZA garantierten Rechte (vgl. Art. 1 und 30 CRA) werden auch nach 17 / 22

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dem Inkrafttreten dieses Abkommens gewährleistet bleiben. Ein britischer Staatsangehöriger mit einem Anwaltspatent eines EU-Mitgliedstaates, der vor dem 31. Dezember 2020 in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen war, wird dies auch weiterhin sein. Folglich wird Buchstabe b von Artikel 2 Absatz 2 nicht aufgehoben.

4

Schaffung einer Delegationsnorm im MedBG, GesBG, BGFA und PsyG

Artikel 2.12 des Abkommens räumt dem Bundesrat die Kompetenz ein, selbstständig Vereinbarungen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in Form von separaten AGA oder Anhängen zu diesem Abkommen abzuschliessen. Diese Kompetenzdelegation, mit der das von diesem Abkommen vorgesehene Anerkennungsverfahren vereinfacht oder beschleunigt werden soll, gilt ausschliesslich für mit dem Vereinigten Königreich abgeschlossene Vereinbarungen und beschränkt sich auf bestimmte Berufe. Damit die Kompetenz des Bundesrates auch für andere Länder gilt, bedarf dieses Dispositiv folglich einer Änderung des MedBG, des PsyG, des BGFA und des GesBG. Diese vier Spezialgesetze sollen danach die gleichen Regeln enthalten wie die beiden allgemeinen Gesetze, d. h. das BBG und das HFKG, die den Bundesrat bereits ermächtigen, im Bereich der Anerkennung von Diplomen der Berufsbildung und der Hochschulen völkerrechtliche Verträge abzuschliessen (Art. 68 Abs. 2 BBG und Art. 66 Abs. 1 Bst. a HFKG).

Im BGFA wird der Bundesrat in einem neuen Abschnitt 7a ermächtigt, völkerrechtliche Verträge über die Anerkennung von Berufsqualifikationen abzuschliessen. Um das System für die kantonalen Behörden nicht zu verkomplizieren, muss künftig jeder Vertrag, den der Bundesrat abschliesst, den Bestimmungen für Anwältinnen und Anwälte der EU/EFTA entsprechen. Der Bundesrat hat ausserdem darauf zu achten, dass für Anwältinnen und Anwälte mit anerkannten Berufsqualifikationen die Schweizer Berufsregeln gelten. Letztlich wird der Bundesrat ermächtigt, Ausführungsbestimmungen für die Umsetzung künftiger Abkommen zu erlassen.

Diese Gesetzesanpassungen bringen eine Vereinheitlichung für eine Vielzahl bundesrechtlich geregelter Berufe. Der Bundesrat kann so beispielsweise unkompliziert weitere AGA mit Quebec im Rahmen der Vereinbarung vom 14. Juni 2022 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Quebec über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen abschliessen oder technische Änderungen an Anhang III FZA vornehmen. Bei Letzterem sind Medizinal-, Psychologie-, Anwaltsund Gesundheitsberufe aufgrund der genannten Bestimmungen des BBG und des HFKG von der Zuständigkeit des Bundesrates ausgenommen. Im Sinne der Kohärenz und der Wirksamkeit wird das System somit vereinheitlicht. Es könnten auch Anerkennungsabkommen mit
anderen Ländern abgeschlossen werden, beispielsweise im Rahmen von Artikel VII Absatz 1 des GATS über die Anerkennung oder im Rahmen bestehender oder neu ausgehandelter Freihandelsabkommen.

Die in den vier Gesetzen beantragte Kompetenzdelegation ermächtigt den Bundesrat nicht zur Regelung von Einwanderungsfragen, die unter das Ausländerrecht fallen.

Die Kompetenzdelegation im MedBG, im PsyG und im GesBG ermächtigen den Bundesrat auch nicht zur Regelung von Vergütungen der Sozialversicherung.

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Die Anpassung der vier Gesetze hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Gesellschaft, die Umwelt oder die Kantone und Gemeinden. Die Durchführung einer Vernehmlassung bleibt durch die Kompetenzdelegation unberührt, sofern die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ist heute im CRA geregelt. Dieses Abkommen enthält eine bis zum 31. Dezember 2024 befristete Übergangsregelung. Ohne neues Abkommen ist die Anerkennung zwischen den Parteien nicht mehr gewährleistet, was einen bedeutenden Verlust an Rechten darstellen und den Zugang zu reglementierten Berufen für Schweizer Fachpersonen im Vereinigten Königreich gefährden würde. Namentlich die im SMA verankerten Rechte werden im Übrigen für reglementierte Berufe nicht mehr gelten. Das neue Abkommen ermöglicht es, eine einfache, effiziente und auf das aktuelle System abgestimmte Regelung der Anerkennung von Berufsqualifikationen aufrechtzuerhalten.

Generell sichert das Abkommen den Absolventinnen und Absolventen von Schweizer Bildungseinrichtungen eine Anerkennung im Vereinigten Königreich nach Modalitäten, wie sie für kein anderes Land bestehen. Die Möglichkeit zum Abschluss von AGA trägt zur Stärkung der Zusammenarbeit der involvierten Akteure bei.

Andererseits erleichtert die Einführung einer Kompetenzdelegation an den Bundesrat den Abschluss von Verträgen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Dadurch wird die Arbeit der Behörden in einem eher technischen Bereich vereinfacht.

5.2

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die übrigen mit der Anerkennung beauftragten Behörden

Das Abkommen hat auf den Bund und die anderen Anerkennungsbehörden der Schweiz weder finanzielle noch personelle Auswirkungen. Die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden anerkennen die britischen Qualifikationen bereits heute.

Unter Anwendung einer anderen Rechtsgrundlage werden sie dies nun auch in Zukunft tun. Die Regelung für den Anwaltsberuf basiert auf dem für Anwältinnen und Anwälte der EU/EFTA anwendbaren Mechanismus, weshalb keine besonderen Auswirkungen zu erwarten sind.

Nichts deutet darauf hin, dass unter dem CRA automatisch anerkannte Qualifikationen in Zukunft umständlichen Ausgleichsmassnahmen unterliegen werden. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass die Bearbeitung von Gesuchen aufwendiger wird.

Weil das Abkommen unmittelbar in innerstaatlichem Recht umsetzbar ist, ist keine Änderung der Rechtsgrundlagen von Bund oder Kantonen notwendig. Lediglich das 19 / 22

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BGFA wird aufgrund seiner Besonderheit angepasst. Allfällige Anpassungen auf Verordnungsebene werden von den zuständigen Bundesbehörden vor dem Inkrafttreten des Abkommens vorgenommen.

Auf die Kantone oder Gemeinden hat die Vorlage keine weiteren Auswirkungen.

Angesichts der geltenden Regelung gemäss CRA schafft das Abkommen keinerlei zusätzliche Aufgaben. Das Abkommen hat auch keine Auswirkungen auf die Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.

5.3

Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft

Das Abkommen verhindert, dass nach Ablauf der Übergangsphase des CRA Rechte verloren gehen. Mit dem Abkommen werden Schweizer Fachpersonen (Selbstständige und von Unternehmen entsandte Mitarbeitende) im Vereinigten Königreich weiterhin Zugang zu reglementierten Berufen haben. Es sichert somit die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und stärkt diese im Konkurrenzvergleich zur EU und EFTA. Für diese besteht nämlich aktuell kein System für die umfassende Anerkennung von Berufsqualifikationen, das heisst nicht nur für die Erbringung von Dienstleistungen, sondern auch im Falle einer Niederlassung oder im Bereich der Mobilität junger Berufsleute.

Berufsspezifische Regelungen, wie die aktuelle Regelung für den Anwaltsberuf oder künftige Regelungen in Form von Anhängen zum Abkommen oder AGA, stärken nicht nur die Schweizer Wirtschaft, sondern auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Bildungseinrichtungen.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit und Gesetzesgrundlagen

6.1.1

Das Abkommen und seine Umsetzung im BGFA

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat zudem, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200221 [ParlG] und Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199722 [RVOG]).

Der Bundesrat verfügt über keine formelle Gesetzesgrundlage, die ihn zum selbstständigen Abschluss dieses Abkommens ermächtigen würde. In Anbetracht seines Inhalts 21 22

SR 171.10 SR 172.010

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und seiner Tragweite kann das Abkommen nicht als Vertrag von beschränkter Tragweite betrachtet werden, der vom Bundesrat gemäss Artikel 7a Absatz 2 RVOG selbstständig abgeschlossen werden könnte. Daher unterliegt er der Genehmigung durch die Bundesversammlung gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV.

Die Änderung des BGFA ermöglicht die Umsetzung des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich. Es ist das einzige Bundesgesetz, das die völkerrechtlichen Verträge im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen trotz der unmittelbaren Anwendbarkeit dieser Verträge in innerstaatlichem Recht übernimmt.

6.1.2

Kompetenzdelegation

Die Änderung des BGFA basiert auf Artikel 95 Absatz 1 BV, gemäss dem der Bund Vorschriften über die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit erlassen kann.

Die Änderung des MedBG, des GesBG und des PsyG basiert auf Artikel 117a Absatz 2 Buchstabe a BV, gemäss dem der Bund über die Anforderungen zur Ausübung von Berufen der medizinischen Grundversorgung Vorschriften erlässt.

6.2

Vereinbarkeit mit den anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der Abschluss des Abkommens ist sowohl mit den Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU als auch mit ihren europapolitischen Zielen vereinbar. Das Abkommen ist namentlich mit dem FZA und den übrigen bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar. Es steht auch im Einklang mit den weiteren internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

6.3

Erlassform (Bundesbeschluss, Umsetzungserlass)

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Wie in Artikel 22 Absatz 4 ParlG festgehalten, sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Dieses Abkommen regelt den Zugang zu reglementierten Berufen. Es enthält folglich grundlegende Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten von Personen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe c BV. Seine Umsetzung erfordert überdies eine Änderung des BGFA. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV untersteht der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens somit dem Referendum.

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