Probleme von Swissmedic anlässlich der Inbetriebnahme und Beurteilung der heutigen Lage Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 25. August 2004

2004-1855

273

Zusammenfassung Seit 1. Januar 2002 ist das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic für die Kontrolle der Arzneimittel und Medizinprodukte in der Schweiz zuständig. Dieses Vollzugsorgan des neuen Bundesgesetzes über die Heilmittel (HMG) ging aus der Fusion der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und einer Einheit des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) hervor.

Im Oktober 2002 zeigte ein Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) verschiedene Missstände innerhalb des neuen Instituts auf. In der Folge beschloss die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S), das Bestehen und das Ausmass dieser Missstände zu klären. Im vorliegenden Bericht werden die Resultate dieser Untersuchung dargelegt. Er bietet einen Überblick über die Probleme bei der Geschäftsführung anlässlich der Inbetriebnahme des Instituts, untersucht die Umstände, die es dazu kommen liessen, und führt eine Evaluation der aktuellen Situation durch. Ausserdem setzt er sich mit dem 3. Kreis der Bundesverwaltung auseinander.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass ein grosser Teil der festgestellten Missstände auf die mangelhafte und/oder nicht abgeschlossene Vorbereitung des neuen Instituts Swissmedic zurückzuführen sind. Eine Ursache findet sich bereits in der Organisation und der Planung der Arbeiten sowie in den Bedingungen des Übergangs zum neuen System (Ziff. 4). Ferner haben diverse Schwierigkeiten, Unzulänglichkeiten und Fehlentscheide zu Problemen in spezifischen Bereichen geführt. Der 2003 erfolgte Direktionswechsel hat die Anerkennung der Schwierigkeiten und die Einsetzung eines effizienten Krisenmanagements ermöglicht. Heute hat sich die Situation nach Ansicht der GPK-S deutlich verbessert. Es bestehen weiterhin Probleme, doch wurden Massnahmen ergriffen oder sind geplant, um die Risiken zu minimieren. Die Kommission hält es für notwendig, dass nun eine Konsolidierungsphase erfolgt.

Die Schwierigkeiten betreffen vorwiegend die Aufgaben von Swissmedic, die früher weder durch die IKS noch durch die Facheinheit Heilmittel (FE HM) wahrgenommen wurden, sowie die neuen Führungsinstrumente des Instituts. Die GPK-S hat dabei namentlich folgende Feststellungen gemacht (Ziff. 5): ­

Bei der Inbetriebnahme des Instituts war das Informatikprojekt, das die Errichtung einer einheitlichen Plattform bezweckte, bei weitem noch nicht operationell. Inzwischen wurde das Projekt redimensioniert, reorganisiert und die Spezifikationen wurden neu definiert. Es bestehen weiterhin Schwierigkeiten, Swissmedic beabsichtigt jedoch bis Sommer 2005 über ein einheitliches System zu verfügen.

­

Der Übergang zu einem eidgenössischen Heilmittelkontrollsystem und die Probleme von Swissmedic haben bei den Partnern des Instituts ­ in erster Linie den Kantonen ­ zu grosser Unzufriedenheit geführt. Bis heute haben sich die Beziehungen zwischen dem Institut und seinen kantonalen Partnern zwar deutlich entspannt, doch das Vertrauen muss wiederhergestellt, die Zuständigkeiten geklärt und die Koordination verbessert werden.

274

­

Der Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarungen weisen verschiedene inhaltliche Mängel und Probleme bei der Bestimmung der Indikatoren auf.

Die GPK-S erachtet es als notwendig, diese bei der Vorbereitung des nächsten Leistungsauftrags grundlegend zu überarbeiten. Gleichzeitig müssen die von Swissmedic erhobenen Controlling-Daten qualitativ und quantitativ verbessert werden.

­

Die für die Tätigkeiten des Instituts benötigten Ressourcen wurden auf der Grundlage einer Risikoanalyse neu eingeschätzt. Das Institut kam auf einen Personalbedarf von 280 Vollzeitstellen, was eine Erhöhung um 30 Stellen gegenüber dem ursprünglichen Personalbestand bedeutet. Die Kommission ist der Ansicht, dass das Institut inzwischen die fehlenden Instrumente für eine angemessene strategische Planung entwickelt hat.

­

Der Aufbau einer gemeinsamen Unternehmenskultur und einer Unité de Doctrine bei den Leistungen des Instituts erweist sich als schwierig, namentlich auf Grund der örtlichen Verteilung der Mitarbeitenden auf zehn verschiedene Standorte.

­

Das Ausführungsrecht zum neuen HMG war bei Inkrafttreten des Gesetzes noch unvollständig. Verschiedene Bereiche wurden erst kürzlich geregelt.

Ausserdem müssen diverse Verordnungen noch erarbeitet und durch den Institutsrat erlassen werden (geplantes Inkrafttreten: Sommer 2006).

­

Der Rechtsdienst, der Anfang 2003 durch den Weggang der Mehrheit seiner Mitarbeitenden stark geschwächt wurde, ist weitgehend wieder aufgebaut und verfügt über mehr Ressourcen als früher. Die Wiederherstellung des Know-hows und einer Unité de Doctrine wird jedoch noch eine gewisse Zeit brauchen. Ausserdem bestehen grosse Rückstände bei der Strafverfolgung.

­

Das zentralisierte Verfahren bei der Ausstellung von Sonderbewilligungen für in der Schweiz nicht zugelassene Arzneimittel hat sich als wenig effizient erwiesen. Die Verfahren verzögerten sich und die Anforderungen an die Berichterstattung wurden häufig nicht eingehalten . Die entsprechende Bestimmung wurde geändert; die GPK-S wird ihre Umsetzung weiterverfolgen.

Die Untersuchung der Kommission befasst sich ausserdem mit der Stellung von Swissmedic innerhalb des EDI und besonders mit seinen Beziehungen zum BAG (Ziff. 7). Verschiedene Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der Verteilung der Aufgaben (insbesondere bei der Vorbereitung und Erarbeitung von Erlassen) und der Koordinations- und Kontrollfunktion des BAG. Die GPK-S ist der Ansicht, die Zuständigkeiten sollten geklärt und die Möglichkeit geprüft werden, das Controlling dem Generalsekretariat des EDI zu übertragen. Generell sollen auch die rechtlichen und praktischen Bedingungen geschaffen werden, um eine effiziente Zusammenarbeit zwischen Swissmedic und BAG wiederherzustellen.

Die GPK-S interessierte sich schliesslich dafür, wie diese organisatorischen Probleme bei anderen Einheiten des 3. Kreises gelöst wurden. Bei dieser Gelegenheit stellte sie fest, dass kein detaillierter, gemeinsamer konzeptioneller Rahmen für den 3. Kreis besteht und dass sich die Kontrollpraktiken der Verwaltung nur schwer vergleichen lassen (Ziff. 6). Die Kommission findet, dass aus Gründen der Effizienz

275

und der Transparenz die Autonomie- und Aufsichtsmodalitäten der Einheiten des 3. Kreises harmonisiert werden sollten. In einem Postulat fordert sie daher den Bundesrat auf, einen Bericht mit konkreten Lösungen zu diesem Thema vorzulegen.

276

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

274

Abkürzungen

279

1 Einleitung

281

2 Arbeitsmethode 2.1 Umfeld und Motive der Untersuchung 2.2 Ziel und Grenzen der Untersuchung 2.3 Vorgehen

283 283 284 285

3 Kurze Präsentation des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic 3.1 Begriffe 3.2 Rechtsgrundlagen und Aufgaben 3.3 Rechtsform, Organisation und Finanzen

286 286 287 289

4 Organisation und Ablauf der Projektphase 4.1 Paritätische Verwaltung des Projektes und Organisation 4.2 Personalentscheide und Verzögerungen bei der Gesetzgebung 4.3 Ernennung und Funktionsaufnahme des Institutsrats 4.4 Inbetriebnahme des Instituts am 1. Januar 2002

293 293 296 299 300

5 Wesentliche Problembereiche 5.1 Interne Verfahren 5.1.1 Informatiksysteme 5.1.2 Analyse der Aufgaben, Ressourcen und Risiken 5.1.3 Führungsinstrumente 5.1.4 Dezentralisierung und Unternehmenskultur 5.2 Ausführungsrecht 5.3 Marktüberwachung 5.3.1 Situation innerhalb des Rechtsdienstes hinsichtlich der Strafverfolgungen und Verwaltungsverfahren 5.3.2 Koordination und Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Swissmedic und den Kantonen 5.3.3 Vigilance 5.4 Sonderbewilligungen 5.5 Andere festgestellte Probleme 5.6 Allgemeine Beurteilung durch die GPK-S

302 302 302 304 306 307 308 310

6 Exkurs: Einige Betrachtungen zum 3. Kreis 6.1 Definition und Zusammensetzung des 3. Kreises 6.2 Autonomie und Kontrolle 6.3 Heterogenität und Grundmodelle

318 320 322 324

310 312 314 315 316 317

277

7 Organisatorische Fragen 7.1 Modell des autonomen Instituts 7.2 Kontrollsystem 7.3 Stellung und Funktion des Instituts 7.3.1 Aufgaben und Zuständigkeiten der Sektion «Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic» 7.3.2 Vorbereitung und Erarbeitung der Erlasse im Heilmittelbereich 7.3.3 Verhältnis zwischen Swissmedic und dem BAG 7.3.4 Beurteilung durch die GPK-S

335 336 339 342

8 Empfehlungen und weiteres Vorgehen

344

278

331 331 332 334

Abkürzungen AB

Amtliches Bulletin

Abs.

Absatz

AMBV

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich; SR 812.212.1

AMZV

Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln (Arzneimittel-Zulassungsverordnung); SR 812.212.22

Art.

Artikel

AS

Amtliche Sammlung

AWV

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung; SR 812.212.5

BAG

Bundesamt für Gesundheit

BBl

Bundesblatt

BetmV

Verordnung vom 29. Mai 1996 über die Betäubungsmittel; SR 812.121.1

Bst.

Buchstaben

BSV

Bundesamt für Sozialversicherung

CASS

Rat der schweizerischen wissenschaftlichen Akademien

d.h.

das heisst

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EMEA

European Agency for the Evaluation of Medicinal Products

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

FE HM

Facheinheit Heilmittel

GLP

Gute Laborpraxis

GHP

Gute Herstellungspraxis

GLPV

Verordnung vom 2. Februar 2000 über die Gute Laborpraxis; SR 813.016.5

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerats

GS EDI

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Inneren

HGebV

Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Gebühren des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Heilmittel-Gebührenverordnung); SR 812.214.5

HIS

Heilmittelinformationssystem

279

HMG

Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz); SR 821.21

ICC

Inspection Coordination Committee

IGE

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum

IKS

Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel

IKV

Interkantonale Vereinigung für die Kontrolle der Heilmittel

IVKM

Interkantonale Vereinbarung vom 3. Juni 1971 für die Kontrolle der Heilmittel; SR 812.101

MepV

Medizinprodukteverordnung vom 17. Oktober 2001; SR 812.213

OR

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht); SR 220

SDK

Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz

Seco

Staatssekretariat für Wirtschaft

SHI

Schweizerisches Heilmittelinstitut

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

usw.

und so weiter

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VAM

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel; SR 812.212.21

VAZV

Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die vereinfachte Zulassung und die Meldepflicht von Arzneimitteln; SR 812.212.23

VKlin

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über klinische Versuche mit Heilmitteln; SR 812.214.2

VorlV

Verordnung vom 29. Mai 1996 über die Vorläufer; SR 812.121.3

z.B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

280

Bericht 1

Einleitung

Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic ist das Vollzugsorgan des neuen eidgenössischen Heilmittelkontrollsystems in der Schweiz. Es basiert auf dem Bundesgesetz vom 15. Dezember 20001 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG). Das Institut ging aus der Fusion zweier bestehender Dienste hervor: der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und der Facheinheit Heilmittel (FE HM) des Bundesamts für Gesundheit (BAG).

Bis zum Inkrafttreten des HMG im Jahr 2002 waren vorwiegend die Kantone für die Heilmittelkontrolle zuständig. Sie wurde durch ein Konkordat geregelt, die Interkantonale Vereinbarung vom 3. Juni 19712 (IVKM). Alle Kantone sowie das Fürstentum Liechtenstein bildeten die Interkantonale Vereinigung für die Kontrolle der Heilmittel (IKV), eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. In der Praxis war die IKS die Heilmittelkontrollstelle, eine Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die der Oberaufsicht der IKV unterstand. In den letzten Jahren ihres Bestehens verfügte die IKS über etwa 155 Vollzeitstellen und über ein Budget von rund 26 Millionen Franken. Ihre Einnahmen stammten zu ungefähr 80 % aus Gebühren (Registrierungs- und Vignettengebühren) und zu rund 20 % aus Abgeltungen von den Kantonen3.

Andere Aufgaben, die durch internationale Verträge und/oder Bestimmungen des Bundes geregelt waren, wurden durch den Bund übernommen. Die FE HM war zuständig für «den Erlass der Pharmakopöe (Arzneibuch), für die Kontrolle immunbiologischer Erzeugnisse (beispielsweise Impfstoffe oder In-vitro-Diagnostika), für die Kontrolle von Blut, Blutprodukten und Transplantaten sowie für die Kontrolle von Betäubungsmitteln und die Überwachung der Medizinprodukte»4. 1997 verfügte die FE HM über etwa 70 Vollzeitstellen und über ein Budget von rund 15 Millionen Franken, das zu über 90 % vom Bund finanziert wurde; der Rest der Einnahmen stammte aus Gebühren. Ausserdem war das Bundesamt für Veterinärwesen für die Kontrolle der immunbiologischen Tierarzneimittel verantwortlich; 1994 bestanden dafür 6 Stellen mit einem Gesamtaufwand von rund 1,3 Millionen Franken.

1 2 3

4

SR 812.21 SR 812.101 Die Abgeltungen der Kantone für das Jahr 1999 betrugen beispielsweise 4,7 Millionen Franken. Dies widerspiegelt jedoch nicht das ganze Ausmass der von den Kantonen getragenen Kosten im Heilmittelbereich, da sie auch unabhängig davon gewisse Aufgaben übernahmen: Strafverfolgungen, Inspektionen, Erstellung von Bewilligungen usw.

1993 wurden die gesamten Kosten der Kantone auf 9­12 Millionen Franken pro Jahr geschätzt, siehe BAG (1994), «Bericht an den Bundesrat über die künftige Heilmittelregelung», S. 6 (im Folgenden: Bericht über die künftige Heilmittelregelung).

BBl 1999 3462

281

Die IVKM wies allerdings mehrere formelle Mängel auf. Insbesondere verfügten die Entscheide der IKS, zumindest vom juristischen Standpunkt aus, über keine rechtliche Verbindlichkeit5. Obwohl die Zulassung eines Arzneimittels der Prüfung und der Registrierung durch die IKS unterworfen war, galten die Entscheide der Kontrollstelle nur als Empfehlungen an die Kantone, welche diese je nach ihren eigenen rechtlichen Bestimmungen annahmen oder davon abwichen. Die zuständige Rekurskommission war die einzige Rekursinstanz, doch ihre Entscheide waren ebenfalls nicht rechtlich verbindlich. Da das europäische Recht verlangt, dass die Zulassung eines Arzneimittels von einer staatlichen Behörde verfügt worden ist, waren die Bestimmungen der Schweiz nicht mit denen der Europäischen Union kompatibel.

Zudem war der Verkauf von kantonal registrierten Arzneimitteln nicht auf den zulassenden Kanton beschränkt, was zu Reibereien mit anderen Kantonen und mit dem Ausland führte. Schliesslich konnten auf Grund der beschränkten Bestrafungsmöglichkeiten der Kantone Verstösse gegen das Heilmittelrecht nicht ausreichend geahndet werden6.

1973 reichte der Kanton Bern eine Standesinitiative ein, mit der er die Schaffung eines eidgenössischen Arzneimittelgesetzes forderte. Eine Arbeitsgruppe wurde innerhalb der Bundesverwaltung eingesetzt, parallel dazu bemühte sich die IKV jedoch, ein neues Heilmittelkonkordat zu schaffen, das die Schwächen der IKV beseitigen und zugleich vermeiden sollte, dass die Zuständigkeit für die Arzneimittel in die Hände des Bundes übergeht7. Die Kantone Zürich und Appenzell Ausserrhoden brachten das Projekt der neuen Vereinbarung jedoch 1993 mit ihrer Ablehnung zum Scheitern. Da in der Zwischenzeit der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in der Volksabstimmung abgelehnt worden war, sah sich die IKV gezwungen, im Januar 1994 dem Bundesrat ihre Mitwirkung bei der Erarbeitung eines eidgenössischen Heilmittelgesetzes zuzusichern, was der anhaltenden Auseinandersetzung zwischen den Befürwortern einer kantonalen Hoheit und den Anhängern einer Bundeslösung ein Ende setzte8.

Aus diesem kurzen historischen Abriss ist festzuhalten, dass Swissmedic nicht aus dem Nichts geschaffen wurde, sondern das Ergebnis einer zweifachen Bewegung ist: Einerseits werden die früher durch die Kantone ausgeführten
Aufgaben auf Bundesebene zentralisiert; andererseits werden die früher durch eine Einheit der zentralen Bundesverwaltung ausgeführten Aufgaben einer dezentralen Einheit übertragen.

Organisation und Funktionsweise von Swissmedic widerspiegeln in mancher Hinsicht dieses zweifache Erbe. Der Systemwechsel hat schwierige Änderungen für beide Parteien mit sich gebracht. Die Vorbehalte gegenüber dem neuen System waren jedoch auf Seiten der Kantone besonders stark verbreitet. Wie es ein Gesprächspartner der GPK-S ausdrückte, sahen sich die Kantone gezwungen, dem Bund widerwillig ­ und nicht ohne Bitterkeit ­ «eines der Juwele der interkantonalen Zusammenarbeit» abzutreten.

5

6

7 8

282

Bratschi Peter/Stöckli Eggenberger Ursula (2002), «HMG: Gesetzestext mit Erläuterungen», Bern: Stämpfli, S. 2; Luthy Patricia (1993), «Enregistrement et contrôle des médicaments sur les marchés des produits pharmaceutiques suisse et européen», Thèse de licence et de doctorat présentée à l'Université de Lausanne, S. 55­57 (im Folgenden: enregistrement et contrôle des médicaments).

Bericht über die künftige Heilmittelgesetzgebung, S. 12; Botschaft vom 1.3.1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG), BBl 1999 3453 (im Folgenden: Botschaft zum Heilmittelgesetz).

Enregistrement et contrôle des médicaments, S. 58­59.

Botschaft zum Heilmittelgesetz, BBl 1999 3465 f.

2

Arbeitsmethode

2.1

Umfeld und Motive der Untersuchung

Im ersten Halbjahr 2002 hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) eine Untersuchung durchgeführt mit dem Ziel, eine erste Bestandesaufnahme der Geschäftsführung des Instituts zu erstellen. Die Feststellungen der EFK wurden zusammen mit ihren Empfehlungen in einem am 1. Oktober 2002 an Swissmedic adressierten Bericht festgehalten9. In diesem Bericht zeigte die EFK beträchtliche Schwierigkeiten auf, mit denen das neue Institut zu kämpfen hatte, unter anderem10: ­

Die Vermögensübertragung der ehemaligen IKS und die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für Swissmedic scheiterten bisher an Meinungsverschiedenheiten über die Umsetzung der Übernahmevereinbarung zwischen dem Bund und den früheren Institutsbetreibern.

­

Swissmedic verfügt noch über keine verbindliche Analyse ihrer Aufgaben und der Ressourcen, die zur Aufgabenerfüllung notwendig sind.

­

Einige gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben von Swissmedic, namentlich im Bereich der Überwachung der medizinischen Erzeugnisse, werden nicht erfüllt.

­

Die Aufsicht über die verschiedenen Akteure des Heilmittelzyklus kann sich auf keine Risikoanalyse abstützen.

­

Bei der Realisierung der Informatikprojekte besteht ein Rückstand.

­

Das Personal ist nicht zentral in zweckmässigen Gebäuden untergebracht.

­

Die Controllinginstrumente sind noch nicht aufgebaut.

Im Dezember 2002 und Januar 2003 tauchten einige der im Bericht der EFK enthaltenen Schlussfolgerungen auf ziemlich dramatisierte Weise in der Presse auf. In der Folge äusserte sich eine am 13. Dezember 2002 eingereichte parlamentarische Interpellation besorgt über eventuelle Missstände bei Swissmedic11. Die GPK-S wurde von Personen benachrichtigt, die von den Tätigkeiten von Swissmedic betroffen waren, und hat am 17. Januar 2003 beschlossen, das Bestehen und das Ausmass der vermuteten Missstände bei Swissmedic zu klären. Die Subkommission EDI/UVEK wurde mit der Durchführung dieser Untersuchung beauftragt12.

Ende Januar 2003 trat Hans Stocker, der damalige Direktor von Swissmedic von seinem Posten zurück. Klaus-Jörg Dogwiler, Aargauer Kantonsapotheker und ein guter Kenner des Dossiers, wurde am 12. Februar 2003 mit unverzüglicher Wirkung zu seinem Nachfolger ernannt. Herr Dogwiler wird im April 2005 in den Ruhestand treten und von Hrn. Franz Schneller abgelöst.

9 10

11 12

Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle an die Swissmedic über die Geschäftsführung der Swissmedic im 1. Semester 2002, vom 1.10.2002 (nicht veröffentlicht).

Siehe den Jahresbericht 2002 der Eidgenössischen Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und an den Bundesrat vom 14.3.2003, BBl 2003 6993.

02.3762 Interpellation ­ Missstände bei Swissmedic?

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S wird von Herrn Ständerat Hansruedi Stadler präsidiert. Zurzeit sind folgende Personen Mitglieder dieser Subkommission: Frau Ständerätin Françoise Saudan sowie die Herren Ständeräte Michel Béguelin, Rolf Escher, Hans Hofmann (zugleich Präsident der GPK-S) und Alex Kuprecht.

283

2.2

Ziel und Grenzen der Untersuchung

Bei der Ausübung der parlamentarischen Oberaufsicht hat die GPK-S dem besonderen Status von Swissmedic als Einheit des 3. Verwaltungskreises (Einheit der dezentralen Bundesverwaltung) Rechnung getragen. So zielt die Oberaufsicht darauf ab, zu prüfen, ob der Bundesrat die Interessen des Bundes als Eigner und Auftraggeber korrekt wahrgenommen hat13. Betroffen sind dabei nicht nur die dem Bundesrat auf diesem Gebiet übertragenen Aufgaben im engeren Sinn (z.B. Wahlen, Festlegung und Kontrolle der Ziele), sondern auch die Aufsichtsfunktion, die der Bund auszuüben hat. Mit anderen Worten: Die Oberaufsicht beschäftigt sich nicht mehr in erster Linie mit den operativen Tätigkeiten der dezentralen Einheiten (direkte Oberaufsicht), sondern konzentriert sich auf die Art und Weise, wie der Bundesrat und die Vertreter des Bundes diese Einheiten verwalten und überwachen (indirekte Oberaufsicht). Der Bundesrat muss ausserdem auch Rechenschaft über alle Ereignisse geben, die das ordentliche Funktionieren dieser Einheiten beeinträchtigen könnten. Bei der Ausübung der Oberaufsicht verfügen die Geschäftsprüfungskommissionen über die herkömmlichen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte (Art. 153 ParlG).

Die vorliegende Untersuchung bezweckt in erster Linie die Klärung der Umstände der Errichtung von Swissmedic, also den Ablauf der Ereignisse und die Probleme, die während der Projektphase vor der Inbetriebnahme des Instituts am 1. Januar 2002 auftauchten. Die GPK-S hat sich die Frage gestellt, inwiefern die von der EFK in ihrem Bericht von Oktober 2002 aufgezeigten Missstände ihren Ursprung in Fehlern finden, die während der Vorbereitungsphase gemacht wurden. Diese historische Untersuchung ist Gegenstand von Ziffer 4. Sie soll zur Schaffung von vermehrter Transparenz in dieser Angelegenheit beitragen. Ausserdem soll sie erlauben, die aktuellen Probleme zu klären, sie in Perspektive zu setzen und so weit als möglich Lehren für zukünftige ähnliche Projekte daraus zu ziehen.

Swissmedic ist das Ergebnis eines äusserst komplexen Projekts. Zwischen der Einsetzung der Projektorganisation und der effektiven Inbetriebnahme des Instituts sind nahezu sechs Jahre vergangen. Die mit der Aufsicht über den Heilmittelmarkt verbundenen Herausforderungen sind beträchtlich. Neben den Organen des Bundes und der Kantone waren eine Vielzahl
Akteure ­ häufig mit widersprüchlichen Interessen ­ mehr oder weniger direkt am Projekt beteiligt: die Pharmaindustrie, Spitäler, Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Drogisten, Patientenvertreter usw. Die GPK-S beabsichtigt nicht, die Komplexität dieses Projektes umfassend aufzuzeigen. Sie beschränkt sich darauf, die hauptsächlichen Stolpersteine bei der Vorbereitung von Swissmedic unter dem Gesichtspunkt der Leitung des Projekts durch den Bund zu beleuchten.

Ausserdem untersuchte die GPK-S die festgestellten Probleme beim Funktionieren von Swissmedic unter dem Blickwinkel der parlamentarischen Oberaufsicht. In Ziffer 5 werden die wichtigsten Erkenntnisse dargelegt und eine Bestandesaufnahme per Juni 2004 erstellt. Die Kommission hat sich über die ergriffenen Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der EFK und über die angetroffenen Probleme informiert, um eventuelle Punkte, die ein politisches Eingreifen fordern, festzustellen. Die GPK-S will auf diese Weise zur Stärkung des schweizerischen Heilmittelkontrollsystems und zur Wiederherstellung des Vertrauens beitragen.

13

284

Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 23.5.2000 über ihre Tätigkeit (Mai 1999/Mai 2000), BBl 2000 4602 f.

Im Verlauf ihrer Untersuchung hat sich die Kommission auch mit Fragen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Swissmedic sowie mit der Stellung und der Funktion des Instituts innerhalb der Bundesverwaltung auseinandergesetzt (Ziff. 7).

Für die GPK-S ging es darum zu prüfen, ob die Bestimmungen, welche die Organisation und die Zuständigkeiten von Swissmedic regeln, sowie die Art und Weise, in welcher der Bundesrat die Tätigkeiten des Instituts organisiert, steuert und überwacht, effizient und angemessen sind. Dies hat die Kommission zur Untersuchung bewegt, wie diese Fragen bei den anderen Einheiten des 3. Kreises gelöst werden.

Sie befasste sich insbesondere mit der Verwaltungspraxis bei der Steuerung und der Aufsicht der Einheiten, mit dem Ausmass der Beteiligung der Einheiten an den gesetzgebenden und politischen Prozessen sowie mit den Kompetenzen ihrer Organe. In diesem Rahmen konnte die GPK-S einige allgemeine Feststellungen zur dezentralen Verwaltungsführung und besonders zum 3. Kreis machen. Diese sind in Ziffer 6 festgehalten.

Bei der Festlegung der Untersuchungsziele hat die GPK-S so weit als möglich darauf geachtet, dass ihre Arbeiten keine Doppelspurigkeiten mit den Arbeiten der EFK oder mit den vom Vorsteher des EDI getroffenen Massnahmen aufweisen.

2.3

Vorgehen

Die GPK-S hat dieser Untersuchung zehn Subkommissionssitzungen gewidmet. Sie hat mehrere Anhörungen durchgeführt und dabei folgende Personen befragt, einige von ihnen mehrmals (in alphabetischer Reihenfolge): ­

Andreas Balsiger Betts, Leiter des Rechtsdienstes von Swissmedic

­

Klaus-Jörg Dogwiler, Direktor von Swissmedic

­

Peter Fuchs, Präsident des Institutsrates

­

Michel Huissoud, Vizedirektor der EFK

­

Hans-Beat Jenny, Vizedirektor von Swissmedic

­

Alfred Jost, ehemaliger Vizedirektor der IKS und ehemaliger Leiter des Rechtsdienstes von Swissmedic

­

Claudia Kaufmann, ehemalige Generalsekretärin des EDI

­

Kurt Meyer, Präsident der IKV

­

Jean-Blaise Montandon, Neuenburger Kantonsapotheker und Präsident der Schweizer Vereinigung der Kantonsapotheker

­

Werner Pletscher, Zürcher Kantonsapotheker

­

Jürg Rieben, Sekretär der IKV

­

Christian Robert, Genfer Kantonsapotheker

­

Bettina Schulte, Leiterin der Facheinheit Biomedizin des BAG

­

Hans Stocker, ehemaliger Direktor der IKS und von Swissmedic

­

Pascal Strupler, Generalsekretär des EDI

285

­

Niklaus Tüller, Präsident der Ethikkommission des Kantons Bern und ehemaliger Berner Kantonsapotheker

­

Thomas Zeltner, Direktor des BAG

Der Vorsteher des EDI, Bundesrat Pascal Couchepin, äusserte sich im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts 2002 des Bundesrats durch die GPK beider Räte zum Thema Swissmedic. Ausserdem nahm er zwei Mal schriftlich zu Fragen der Kommission Stellung.

Die GPK-S hat zahlreiche Dokumente ausgewertet, darunter insbesondere: den Bericht der EFK vom 1. Oktober 2002 über die Geschäftsführung von Swissmedic im ersten Semester 2002; den Bericht vom 20. Juni 2003 über das Informatikaudit der EFK; den Management Letter der EFK vom 7. Juni 2004 über die Schlussrevision des Geschäftsjahrs 2003; den Bericht vom 7. April 2004 über die Erfüllung der Leistungsvereinbarung 2003 von Swissmedic; die von Swissmedic am 11. Juli 2003 erstellte Risikoanalyse; den Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarungen; die Vereinbarungen zwischen dem EDI und der IKV von 1996, 1999 und 2000; sämtliche Protokolle der paritätischen Delegation und alle Berichte, die an sie adressiert wurden, im Übrigen auch die relevanten parlamentarischen Vortösse sowie die entsprechenden Antworten des Bundesrats.

Im Rahmen ihrer Untersuchungen über den 3. Kreis hat die GPK-S auch Karl Schwaar und Marianne Weber von der Sektion Stabsdienste und Grundsatzfragen der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) sowie Professor Andreas Lienhard, den Direktor des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern angehört. Ausserdem hat die Kommission allen Departementen und der Bundeskanzlei einen Fragebogen zugestellt. Sie konnte auch von der Arbeit von Frau Stefania Izzo, Stipendiatin des Rats der schweizerischen wissenschaftlichen Akademien (CASS) bei den Parlamentsdiensten profitieren.

Am 28. Juni 2004 hat die zuständige Subkommission ihre Erkenntnisse in einem Berichtsentwurf festgehalten, welcher den betroffenen Behörden und Diensten zugestellt wurde.

Am 25. August 2004 hat die GPK-S einstimmig beschlossen, den vorliegenden Schlussbericht gutzuheissen und seine Veröffentlichung zu genehmigen.

3

Kurze Präsentation des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic

3.1

Begriffe

Der Begriff «Heilmittel» umfasst sowohl die Arzneimittel als auch die Medizinprodukte. Diese beiden Produktgattungen sind nicht zu verwechseln. Arzneimittel sind «Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden, insbesondere zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen; zu den Arzneimitteln gehören auch Blut und Blutprodukte» (Art. 4 Abs. 1 Bst. a HMG). Medizinprodukte hingegen sind «Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, In-vitro-Diagnostika, Software und andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein 286

Arzneimittel erreicht wird» (Art. 4 Abs. 1 Bst. b HMG). Es handelt sich dabei z.B.

um Kontaktlinsen, Implantate (Hüftprothesen, Herzschrittmacher), Tests, Chirurgieroboter usw.

3.2

Rechtsgrundlagen und Aufgaben

Die Tätigkeit des Instituts basiert auf den folgenden Rechtsgrundlagen: ­

Heilmittelgesetz und dazugehörige Ausführungsverordnungen;

­

Bundesgesetz vom 3. Oktober 195114 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) (Art. 1, 2 Abs. 1bis, 3, 4 Abs. 1, 5, 7, 9, 16, 17, 31 Abs. 1, 32 und 33 BetmG);

­

Bundesbeschluss vom 22. März 1996 und Verordnung vom 26. Juni 199615 über die Kontrolle von Transplantaten;

­

Bundesgesetz vom 18. Dezember 197016 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) (Art. 5, Abs. 1bis, 1ter und 2 EpG);

­

Bundesgesetz vom 6. Oktober 199517 über die technischen Handelshemmnisse (THG);

­

Verordnung über die Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten18.

Swissmedic hat am 1. Januar 2002 seine Tätigkeit aufgenommen. Als Bundesorgan für die Heilmittelkontrolle übt das Institut eine hoheitliche Aufgabe im Bereich der Gesundheitspolizei aus. Es bildet die Schnittstelle zwischen der Pharmaindustrie, welche neue Heilmittel entwickelt, und den Medizinalpersonen und Konsumenten.

Die Hauptaufgaben von Swissmedic sind durch das Heilmittelgesetz bestimmt; gewisse zusätzliche Aufgaben können dem Institut auch im Rahmen des Leistungsauftrags übertragen werden. Gegenwärtig fasst der Leistungsauftrag 2002­2005 die Tätigkeiten des Instituts in vier Produktgruppen zusammen19: Marktzutritt, Marktüberwachung, Normen und Information. Das Institut kann ausserdem gegen Entgelt Dienstleistungen für Behörden oder Private erbringen.

Die Hauptaufgabe des Instituts ist die Überprüfung und Zulassung des Inverkehrbringens von Human- und Tierarzneimitteln auf der Grundlage von Qualitäts-, Wirksamkeits- und Sicherheitskriterien und dadurch die Gewährleistung einer raschen und ausreichenden medizinischen Versorgung in der ganzen Schweiz. Es geht dabei in erster Linie um die Ausstellung von Zulassungen für das Inverkehrbringen neuer Arzneimittel (Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen). Die Begutachtung eines Zulassungsgesuchs dauert in der Regel 200 Tage, also etwa sechs Monate. Das Zulassungsprozedere beinhaltet eine formale Kontrolle der dem Gesuch beigefügten wissenschaftlichen Unterlagen sowie eine materielle Begutachtung (Beurteilung der bereits früher durchgeführten Labortests und klinischen Prüfungen, 14 15 16 17 18 19

SR 812.121 SR 818.111 und 818.111.3 SR 818.101 SR 946.51 SR 814.52 Leistungsauftrag des Bundesrats an das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic für die Jahre 2002 bis 2005 vom 28.9.2001.

287

Kontrolle der Qualität der Arzneimittel durch Analysen von Medikamentenmustern in den Labors von Swissmedic). Swissmedic legt danach die Verkaufsart fest und kontrolliert und bereinigt die Information zum Arzneimittel (Fachinformation, Packungsbeilage usw.)20. Eine Voraussetzung für die Zulassung ist eine positive Einschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der neuen Präparate. Während die technischen Standards gewahrt werden müssen, hat Swissmedic dabei auch die legitimen Interessen der beteiligten Parteien zu berücksichtigen. Diese Abwägung der Risiken gestaltet sich als besonders schwierig auf Grund der Natur der involvierten Produkte und Risiken, der auf dem Spiel stehenden kommerziellen Interessen und der politischen Empfindlichkeit der Gesundheitsfragen21.

Das Institut erteilt auch Sonderbewilligungen für den Import und den Einsatz von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln für Patienten, die an einer schwer invalidisierenden oder lebensbedrohenden Krankheit leiden. Solche Bewilligungen können im Sinne des Compassionate Use erteilt werden, im Sinne des Extended Access (ein Patient, der während eines klinischen Versuchs gut auf ein Präparat angesprochen hat, soll im Anschluss an die Teilnahme an diesem Versuch weiter mit diesem Arzneimittel behandelt werden) oder auch im Rahmen eines Parallel Trial Programms (Einsatz des Präparates bei Patienten parallel zu einem notifizierten klinischen Versuch). Ausserdem erteilt das Institut in Ausnahmefällen auch befristete Sonderbewilligungen um die Verfügbarkeit von wichtigen Arzneimitteln sicherzustellen, für die es keine therapeutische Alternative gibt22.

Schliesslich erteilt Swissmedic auch die Betriebsbewilligungen für die Herstellung von Arzneimitteln und den Grosshandel und führt Inspektionen in diesem Bereich durch.

Der zweite Tätigkeitsbereich von Swissmedic ist die Marktüberwachung für die Arzneimittel und Medizinprodukte23. Dies ist ein sehr weiter Bereich und beinhaltet zunächst periodische und, wenn nötig, punktuelle Überprüfungen der zugelassenen Arzneimittel in Bezug auf Qualität, Nutzen und Risiko. Das Institut überprüft auch, ob die Medizinprodukte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, und kontrolliert die Heilmittelwerbung. Ausserdem erfasst und beurteilt Swissmedic Meldungen von Vertreibern, Herstellern oder Medizinalpersonen über Mängel oder unerwünsch-

20 21

22

23

288

Siehe Website von Swissmedic.

Metcalfe Les (1999), «EMEA: Innovation in European Public Management», in: Majone Giandomecino et al., «The Role of Specialised Agencies in Decentralizing EU Governance. Report Presented to the Commission», http://europa.eu.int/comm/governance/areas/ group6/contribution_en.pdf, S. 176 (existiert nur auf Englisch).

«Wird ein Präparat durch eine Firma zurückgezogen, prüft Swissmedic, ob dadurch eine wichtige therapeutische Lücke entsteht. Handelt es sich um ein Arzneimittel, für dessen Anwendung keine Alternativen bestehen [...], versucht Swissmedic, ein Unternehmen zu finden, das ein Arzneimittel mit diesem Wirkstoff zur Zulassung einreichen und vertreiben würde. Für lebensnotwendige Medikamente wird zur Überbrückung der Zeit bis zur neuen Zulassung eine befristete Bewilligung erteilt. Eine befristete Bewilligung wird auch dann ausgestellt, wenn wegen Lieferengpässen ein Ersatz-Präparat importiert werden muss.» Swissmedic, Geschäftsbericht 2003, S. 20.

Swissmedic überwacht ausserdem den nationalen und internationalen Verkehr mit Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Vorläuferchemikalien in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Personen. Siehe Website von Swissmedic.

te Wirkungen von Heilmitteln (Vigilance)24. Bei erwiesenen Risiken informiert Swissmedic die Fachleute sowie die Öffentlichkeit und leitet die erforderlichen administrativen Massnahmen ein. Dazu zählen zum Beispiel die Anpassung der Heilmittelinformation, das Vornehmen von Produkterückrufen, die Suspendierung oder der Widerruf von Bewilligungen, die Schliessung von Einrichtungen usw.

Swissmedic ist überdies für die Gewährleistung der Strafverfolgung im Vollzugsbereich des Bundes zuständig.

Des Weitern überwacht Swissmedic die klinischen Versuche mit Heilmitteln. Die kantonalen Ethikkommissionen sind für die Bewilligung der klinischen Versuche zuständig, letztere müssen jedoch dem Institut gemeldet werden, welches de facto einen Versuch verbieten oder Bedingungen für seine Durchführung stellen kann.

Ausserdem benötigen die Versuche der Gentherapie eine Bewilligung des Instituts.

Zudem kann Swissmedic Inspektionen vornehmen, um die Durchführung der klinischen Versuche zu kontrollieren.

Das Institut leistet auch eine wesentliche normative Arbeit. Es erlässt selber gewisse Verordnungen (namentlich die Heilmittel-Gebührenverordnung), beteiligt sich im Auftrag des Bundesrates an der Vorbereitung von Erlassen auf dem Gebiet des Heilmittelrechts, erarbeitet technische Normen (insbesondere die Pharmakopöe) und wirkt in diversen Expertenkommissionen mit.

Swissmedic kann sich nicht auf die unabhängige Ausführung seiner Aufgaben beschränken; es spielt auch eine Integrations- und Koordinationsrolle im Schweizer Heilmittelkontrollsystem. Als nationales Kompetenzzentrum muss es verschiedene Partnerschaften mit den Akteuren im Heilmittelbereich eingehen: der Pharmaindustrie, den Ärzten, Apothekern, Drogisten, Spitälern, Bundes- und Kantonsbehörden, internationalen Organisationen, Universitäten und Forschungszentren usw. Dieser Auftrag widerspiegelt sich besonders in den strategischen Zielen, die der Bundesrat Swissmedic vorgibt.

3.3

Rechtsform, Organisation und Finanzen

Swissmedic ist eine auf dem HMG gründende, öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 68 f. HMG). Das rechtlich unabhängige Institut gehört zu den dezentralisierten Verwaltungseinheiten der Bundesverwaltung im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) vom 21. März 199725. Noch präziser kann es im 3. Verantwortungskreis der Bundesverwaltung klassiert werden (siehe Ziff. 6). Swissmedic ist dem EDI26 unterstellt, ist in seiner Organisation und Betriebsführung jedoch selbständig. Alles, was nicht durch das Gesetz oder durch den Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarung geregelt ist, gehört im Prinzip zum Zuständigkeitsbereich des Instituts. Da jedoch das Institut nach wie vor in die Verwaltungshierarchie einge24

25 26

Das Vigilance-System umfasst die Pharmacovigilance, die Hämovigilance und die Materiovigilance. Bei der Pharmacovigilance nehmen die Pharmakologie- und Toxikologieabteilungen der fünf Schweizer Universitätsspitäler (BE, BS, GE, VD, ZH) die Meldungen über unerwünschte Wirkungen entgegen und übermitteln sie anschliessend an Swissmedic. Siehe Website von Swissmedic.

SR 172.010 Siehe Art. 16a, Abs. 1 der Organisationsverordnung vom 28.6.2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI; SR 172.212.1).

289

gliedert ist, steht dem Bundesrat in wichtigen und dringenden Angelegenheiten ein unmittelbares Weisungsrecht zur Verfügung, das die Autonomie des Instituts einschränken kann (z.B. bei einer akuten Bedrohung der Gesundheit)27. Als unabhängiges Institut mit eigener Rechtspersönlichkeit kann Swissmedic Rechte ausüben und Verpflichtungen eingehen. Zum Beispiel kann es Verträge mit interkantonalen Inspektoraten oder mit Laboratorien abschliessen.

Das Institut untersteht Artikel 19 des Bundesgesetzes vom 14. März 195828 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz; VG). Es haftet im Fall von Dritten oder dem Bund zugefügten Schäden. Der Bund haftet subsidiär.

Die Organe des Instituts sind der Institutsrat, der Direktor und die Revisionsstelle (siehe Schema 1). Der Institutsrat ist das Aufsichtsorgan von Swissmedic. Er setzt sich aus höchstens sieben Mitgliedern zusammen und wird vom Bundesrat ernannt, der auch den Präsidenten bestimmt. Drei Mitglieder können von den Kantonen vorgeschlagen werden. Die Dauer eines Mandats beträgt vier Jahre. Von Ausnahmen abgesehen ist die Amtszeit auf zwölf Jahre beschränkt29.

Gegenwärtig setzt sich der Institutsrat aus den folgenden Personen zusammen: ­

Präsident: Peter Fuchs, Arzt, unabhängiger Wirtschaftsberater für nachhaltige Entwicklung und Corporate Social Responsibility

­

Vizepräsident: Carlo Conti, Rechtsanwalt, Regierungsrat, Vorsteher des Sanitätsdepartements des Kantons Basel-Stadt

­

Michel Burnier, Chefarzt und Stellvertretender Direktor der Poliklinik der Universität Lausanne

­

Markus Dürr, Tierarzt, Regierungsrat, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements des Kantons Luzern

­

Anne-Sylvie Fontannaz, Kantonsapothekerin des Kantons Waadt

­

Reinhold Hotz, Professor für öffentliches Recht an der Universität St.Gallen

­

Christiane Roth-Godat, Spitaldirektorin Universitätsspital Zürich

Der Direktor von Swissmedic wird auf Vorschlag des Institutsrats durch den Bundesrat ernannt. Die Revisionsstelle wird vom Bundesrat bestimmt, sie kann jedoch vom Institutsrat abgesetzt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die EFK.

Die Entscheide des Instituts sind auf dem ganzen Gebiet der Schweiz bindend. Sie können vor die Rekurskommission für Heilmittel, ein unabhängiges erstinstanzliches Organ, dessen Mitglieder vom Bundesrat ernannt werden, weitergezogen werden und anschliessend gegebenenfalls vor das Bundesgericht.

Das Institut funktioniert nach den Prinzipien der wirkungsorientierten Verwaltungsführung. Es finanziert sich selbst und führt eine eigene Rechnung. Der Bundesrat erteilt dem Institut einen Leistungsauftrag, der die Ziele und den Rahmen der zu 27

28 29

290

Siehe Schedler Kuno, Ösze Daniel, Kurzkommentar der Experten zum Steuerungskonzept «Schweizerisches Heilmittelinstitut», S. 4 (nicht veröffentlicht) (im Folgenden: Steuerungskonzept).

SR 170.32 Siehe Art. 14 und 15 der Kommissionenverordnung vom 3.6.1996 (SR 172.31) in Verbindung mit Art. 4 der Organisationsverordnung vom 28.9.2001 für das Schweizerische Heilmittelinstitut (SR 812.216).

erbringenden Leistungen sowie die für die Leistungserbringung zur Verfügung stehenden Mittel festlegt. Der Leistungsauftrag geht über mehrere Jahre ­ der gegenwärtige Auftrag gilt für die Jahre 2002 bis 2005. Auf dieser Grundlage schliesst das EDI mit Swissmedic jedes Jahr eine Leistungsvereinbarung ab, welche die strategischen Ziele des Leistungsauftrags in konkrete Ziele umsetzt und die finanziellen Mittel auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche aufteilt.

Das Institut finanziert sich hauptsächlich (Ertrag 2003 insgesamt 57,7 Mio. Fr.): ­

durch Abgeltungen des Bundes für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und für die zusätzlichen Aufgaben, die dem Institut durch den Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarung übertragen wurden (19,4 Mio. Fr.)

­

durch Einkünfte aus der Erhebung folgender Gebühren: ­ Verfahrensgebühren für Zulassungen, Kontrollen und Dienstleistungen, die auf einem Leistungstarif basieren, sowie Gebühren für ausserordentliche Verwaltungsmassnahmen (14,1 Mio. Fr.)

­ Verkaufsgebühren für verwendungsfertige Arzneimittel, die auf der Grundlage der Anzahl in der Schweiz verkauften Packungen und des Fabrikabgabepreises bemessen werden (Rechnung 2003: 23,1 Mio. Fr.)

­

durch Einkünfte aus erbrachten Dienstleistungen für Behörden oder Private, die vorwiegend auf einem Leistungstarif basieren (216 000 Fr.).

291

292

Sektion « Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic»

BAG

Kompetenzdelegation: Vorbereitung und Erarbeitung der Bundesverordnungen ; Behandlung von parlamentarischen Vorstössen und von Bürgerbriefen usw.

Leistungsvereinbarung (LV)

Controlling; Leitung des Verfahrens zur Erarbeitung der LV usw.

Abgeltungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen = Rubrik im Budget des BAG

EDI Generalsekretariat

Ernennung der Mitglieder und Bestimmung des Präsidenten

Swissmedic

Direktion

Überwachung der Erfüllung von LA/LV ; Ernennung der Direktionsmitglieder usw.

Institutsrat

BUNDESRAT

(heute: EFK)

Revisionsstelle

Bezeichnung

Prüfung der Rechnungsführung, des Berichts über die Einhaltung von LA/LV sowie der Planungs- Kontroll-, Steuerungs- und Berichtssysteme

Kann Absetzung vorschlagen

Erteilung des Leistungsauftrags (LA); Ernennung des Direktors

Die Beziehungen zwischen den Organen von Swissmedic, dem Bundesrat und der Zentralverwaltung (nicht abschliessend)

Grafik 1

4

Organisation und Ablauf der Projektphase

4.1

Paritätische Verwaltung des Projekts und Organisation

Die Gründung von Swissmedic erfolgte in Form eines gemeinsamen Projekts des Bundes und der Kantone. Im September 1996 unterzeichneten das EDI und die IKV eine erste Vereinbarung, in der sie sich verpflichteten, gemäss den Vorgaben des Gesetzesentwurfs des HMG bei der Errichtung eines Schweizerischen Heilmittelinstituts (SHI30) zusammenzuarbeiten. Ein Anhang, der nur von der Vorsteherin des EDI unterzeichnet war, diente als Einsetzungsverfügung für die Projektorganisation.

Die Projektorganisation war damit beauftragt, sämtliche Vorbereitungsarbeiten zur Errichtung des Instituts zu leisten (siehe Graphik 2). Ein Projektausschuss, der sich aus zwei Vertretern des BAG und zwei Vertretern der IKS zusammensetzte, koordinierte die operationellen Tätigkeiten. Eine unabhängige Person führte seinen Vorsitz. Arbeitsgruppen wurden mit einem bestimmten Teilbereich des Projekts beauftragt31; sie waren so weit als möglich paritätisch zusammengesetzt und wurden von einem unabhängigen Projektleiter geführt. Das Projekt SHI verlief parallel und gleichzeitig zur Erarbeitung der neuen Heilmittelgesetzgebung.

Im März 1999 unterzeichneten das EDI und die IKV eine neue Vereinbarung zur Regelung personalrechtlicher Fragen (die sogenannte «kleine» Vereinbarung). Es wurde unter anderem beschlossen, dass Hans Stocker, damals Direktor der IKS, bei Betriebsaufnahme des neuen Instituts sein Direktor werden würde32. Der Projektausschuss wurde aufgelöst und die Verantwortung für die Umsetzung des Projekts dem künftigen Direktor sowie, nach ihrer Ernennung, den Mitgliedern der künftigen Direktion des Instituts übertragen. Eine dritte und letzte Vereinbarung wurde im März 2000 abgeschlossen, also ein Jahr später. Diese «grosse» Vereinbarung regelte die Übernahme der IKS durch das künftige Institut in Übereinstimmung mit Artikel 91 Absatz 2 HMG (Übertragung der Aktiven und Passiven sowie der nicht bilanzierten Ansprüche und Verbindlichkeiten).

30

31

32

Die aktuelle Bezeichnung «Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut» wurde erst Anfang 2001 durch die Vorsteherin des EDI eingeführt. Im Folgenden werden «SHI», «Institut» und «Swissmedic» synonym verwendet.

Arbeitsgruppen wurden für die folgenden Teilbereiche eingesetzt: Infrastrukturen, Finanzen, Informatik, Personal, Information, Gesetzgebung, internationale Beziehungen und Organisation.

Unter Vorbehalt der Wahl des Bundesrates.

293

Grafik 2 Organigramm der Projektorganisation (19.9.1996­31.12.2001) EDI

Paritätische Delegation ­ Generalsekretärin des EDI (Co-Präsidentin) ­ Direktor des BAG ­ Präsident der IKV (Co-Präsident) ­ Vize-Präsident der IKV

Koordinationsgruppe unter der Leitung des Direktors des BAG

Ab März 1999

BAG

Projekt HMG

Projektausschuss SHI Unabhängiger Sachverständiger (Vors.), zwei Vertreter der IKS, zwei Vertreter der FE HM

Projektleiter Paritätische Arbeitsgruppen

Direktion des Projekts SHI Künftiger Direktor und Mitglieder der künftigen Direktion (ab Feb. 2000)

Begleitgruppe Ehemaliger Vorsitzender des Projektausschusses SHI und ehemaliger Projektleiter

Das Projekt SHI war zweifellos ein Projekt des EDI. In Übereinstimmung mit der ersten Vereinbarung zwischen dem EDI und der IKS basierte die Projektorganisation jedoch auf allen Ebenen auf dem Paritätsprinzip zwischen dem Bund und den Kantonen. In Anbetracht der Geschichte des Projekts und der angespannten Atmosphäre, die in den Kantonen herrschte, war die Annahme einer integrativen Strategie gerechtfertigt. Das zukünftige Heilmittelkontrollsystem sah auch eine Verteilung der Aufgaben und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und dem künftigen Institut vor. Dieser partizipative Ansatz sollte es auch ermöglichen, beim Gründungsprozess des Instituts das Know-how und die Erfahrung der verschiedenen Institutionen zu nutzen, die Mitarbeitenden zu motivieren und eine offene und von gegenseitigem Vertrauen geprägte Atmosphäre zu schaffen. Swissmedic sollte nicht das Resultat der Zusammenfügung zweier Organisationen sein, sondern eine neue Institution, mit der sich alle Mitarbeitenden identifizieren können. Pragmatischer gesehen war eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und dem Bund auch auf Grund der Entscheidung notwendig, die normale Tätigkeit der IKV und der FE HM bis zur Betriebsaufnahme des Instituts aufrechtzuerhalten. Bis zum 31. Dezember 2001 bestanden gleichzeitig drei Organisationen mit unterschiedlichen hierarchischen Strukturen und Entscheidungsstrukturen. Die IKV blieb für die 294

laufende Geschäftsführung der IKS zuständig; der Direktor des BAG für die Führung der FE HM und das EDI stand der «virtuellen» Struktur des künftigen Instituts vor. In der Zwischenzeit mussten zahlreiche Fragen vertraglich geregelt werden, zum Beispiel die Entschädigungen und die Übertragung von Vermögen und Infrastrukturen oder die Anstellungsbedingungen der Mitarbeitenden. Schliesslich erlaubte die Parität dem Bund, die Entscheidungen und Prozesse der IKS mit Auswirkungen für die Zukunft zu beeinflussen.

Die paritätische Delegation war eines der zentralen Elemente der Projektorganisation. Laut der Vereinbarung von 1996 «nimmt (die Delegation) zum Projektverlauf Stellung, berät und beschliesst namentlich über strategische Fragen von Bedeutung» (Abs. 4). Sie setzte sich aus dem Präsidenten und dem Vize-Präsidenten der IKV, der Generalsekretärin des EDI und dem Direktor des BAG zusammen. Die paritätische Delegation gehörte allerdings nicht zur Projektorganisation als solcher. Die Vorsteherin des EDI und nicht die Delegation hatte die Aufsicht über das Projekt.

Daher erscheint sie auch nicht im Organigramm der Projektorganisation. Während die Kantone hofften, durch die paritätische Delegation gleichberechtigt am strategischen Entscheidungsprozess teilzuhaben, interpretierte die Vorsteherin des EDI die Rolle der paritätischen Delegation restriktiv. Für sie hatte die Delegation nur eine beratende Rolle. Als eine Art freies Elektron am Rande der Projektorganisation sollte sie als Bindeglied zwischen dem Bund und den Kantonen dienen.

In der Praxis hat sich die paritätische Delegation etwa 5 Mal pro Jahr getroffen und wurde regelmässig über die Fortschritte des Projekts informiert. Ihre Kompetenzen wurden nie genauer definiert als dies in der Vereinbarung von 1996 geschah. Ihre Tätigkeit bestand vor allem darin, eine Verhandlungsplattform für die Fragen zu bieten, die eine Übereinkunft zwischen den Kantonen und dem Bund erforderten (besonders die kleine und die grosse Konvention). Sie diente auch der Anhörung der Kantone bei Fragen, die formell im Zuständigkeitsbereich des Bundes lagen (z.B.

Ernennung der zukünftigen Direktionsmitglieder) sowie der Koordination und der gegenseitigen Information. Zugleich gab die Delegation auch Berichte in Auftrag und nahm zu besonderen Aspekten des Projekts Stellung.
Beurteilung durch die GPK-S Die paritätische Verwaltung muss nuanciert beurteilt werden. Einerseits hat die paritätische Zusammensetzung der Projektorganisation auf operativer Ebene (Projektausschuss, Arbeitsgruppen) dem Projekt zu einer höheren Akzeptanz von Seiten der Mitarbeitenden verholfen. Die paritätische Verwaltung auf strategischer Ebene hingegen war unbefriedigend. Die GPK-S ist der Ansicht, dass es der Arbeit der paritätischen Delegation an Transparenz und Effizienz gemangelt hat. Einerseits war die Vertretung der Kantone nicht optimal. Die IKV und ihr Vorstand haben nach und nach das Interesse an der Sache verloren. Die IKV setzte sich aus für den Gesundheitsbereich zuständigen Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der Kantonsregierungen zusammen, von denen manche, auch der Präsident, seit Jahren nicht mehr im Regierungsrat waren. Die Vertreter der Kantone in der paritätischen Delegation haben kaum Interesse für das Projektmanagement und für die Regelung der Heilmittelkontrolle und ihre Abläufe gezeigt; ihre Anliegen waren hauptsächlich finanzieller und politischer Natur (Abschluss der Vereinbarungen). Zudem wurden die Sachspezialisten der Kantone (z.B. die Kantonsapotheker, die regionalen Inspektorate) ungenügend am Projekt beteiligt; im Endeffekt wurde der Erfahrung der Kantone im Bereich der Heilmittelkontrolle zu wenig Rechnung getragen.

295

Andererseits hatten die Vertreter der Kantone und des Bundes offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen von der Parität und von den Rechten und Abläufen, die sie beinhalteten. Während die Kantone vor allem die einseitigen und wenig transparenten Entscheide des Bundes bemängelten, unterstrichen die Vertreter des EDI die Konzessionen, die den Kantonen gemacht wurden und beschrieben die (übermässigen) Anstrengungen, die unternommen wurden, um ihre Anliegen zu berücksichtigen. Die GPK-S ist der Ansicht, dass sich die Erwartungen beider Parteien in einem solchen Projekt nie völlig vereinbaren lassen. Der Bund hat ein legitimes Interesse, den Kantonen keine absolute Gleichberechtigung bei den Entscheiden einzuräumen, da es sich ja um zukünftige Aufgaben und Zuständigkeiten des Bundes handelt33.

Eine paritätische Verwaltung beinhaltet also ein Konfliktpotenzial, das durch eine präzise, vorgängige Festlegung der Zuständigkeiten und eine klare Kommunikation der Entscheide gemildert werden muss. Das gleichzeitige Bestehen dreier Organisationen mit unterschiedlichen hierarchischen Strukturen und Entscheidungsstrukturen machte dies umso notwendiger. Die IKS war der IKV unterstellt, die FE HM dem Direktor des BAG und, virtuell, das SHI dem EDI. Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Ansicht, dass die Rolle und die Zuständigkeiten der paritätischen Delegation in der Verwaltung dieser drei Strukturen nicht klar genug festgelegt wurde. Ausserdem wurden ihre Entscheide ungenügend dokumentiert.

Die GPK-S ist generell der Auffassung, dass die Projektorganisation die Tendenz hatte, ein gewisses Ressentiment auf Seite der Kantone hervorzurufen, für die ihre Interessen nicht genügend wahrgenommen werden konnten. Dies hat nicht gerade dazu beigetragen, ein vorbehaltloses Engagement der verschiedenen kantonalen Akteure zu bewirken oder den gewissen Antagonismus zwischen dem Bund und den Kantonen zu mildern. Diese Rivalität lässt sich gut durch die ambivalente Position des ehemaligen Direktors der IKS illustrieren, der laut manchen Vertretern der Kantone die Interessen der Kantone hätte verteidigen sollen, der aber, nachdem er zum zukünftigen Direktor des Instituts ernannt worden war, mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, er sei «zur anderen Seite übergegangen» und «sein Herz schlage schon für Swissmedic».

4.2

Personalentscheide und Verzögerungen bei der Gesetzgebung

Das Projekt SHI verlief parallel und gleichzeitig zur Erarbeitung der neuen Heilmittelgesetzgebung. Die Gesetzgebungsarbeiten wurden vom BAG durchgeführt, unter der Leitung des Direktors des BAG und des Leiters der FE HM. Die beiden Projekte waren stark von einander abhängig. Der Auftrag, die rechtlichen Aufgaben und die Verfahren des Instituts, sowie seine Kompetenzen, seine Rechtsform, sein Status oder auch seine Organisation leiten sich nämlich aus der Heilmittelgesetzgebung ab.

Auf materieller Ebene war das Projekt SHI also von der Entwicklung der Gesetzgebung abhängig. Da das Institut das Durchführungsorgan des HMG ist, musste das Gesetz ausserdem gleichzeitig mit der Betriebsaufnahme des Instituts in Kraft treten.

Die beiden Projekte mussten also so koordiniert werden, dass das Institut nach dem

33

296

Für ein anderes Beispiel der paritätischen Ausarbeitung eines neuen Gesetzes, siehe Reichenau Christoph (2002), «Paritätisch erarbeitet durch Bund und Kantone: das Sprachengesetz», LeGes, Band 3, S. 43­44.

Abschluss des Gesetzgebungsprozesses sobald als möglich den Betrieb aufnehmen konnte.

Die Wechselwirkung zwischen dem Projekt SHI und den Gesetzgebungsarbeiten erwies sich als eine bedeutende Problemquelle des Projekts. Das Inkrafttreten des HMG war ursprünglich für Sommer 2000 vorgesehen. Im Herbst 1999 beschloss das Büro des Nationalrats jedoch, das HMG nicht auf die Tagesordnung der Wintersession aufzunehmen. Damit war es unmöglich, dass das Gesetz im Laufe des Jahres 2000 in Kraft treten würde. Das Inkrafttreten wurde auf den 1. Juli 2001 verschoben, dann auf den 1. September 2001 und schliesslich definitiv auf den 1. Januar 2002 festgelegt.

Zum Zeitpunkt der Ankündigung der ersten Verschiebung, im November 1999, lief das Projekt SHI schon fast drei Jahre und zahlreiche Mitarbeitende der IKS und der FE HM waren in den Arbeiten involviert. Die Projektplanung basierte noch immer auf einer Betriebsaufnahme des Instituts am 1. Juli 2000. Organisatorische Veränderungen waren in gewissen Organisationseinheiten bereits umgesetzt worden. Die Entwürfe für den Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarung waren dem EDI zugestellt worden. Insgesamt herrschte ein Klima eines gemeinsamen Endspurtes im Hinblick auf eine baldige Betriebsaufnahme. Namentlich waren die Führungsstruktur des künftigen Instituts und seine personelle Zusammensetzung bereits festgelegt worden. Es handelte sich um eine neues Organigramm, das nicht einer Zusammenfügung der Führungsstrukturen der IKS und der FE HM entsprach. Der künftige Direktor, die Mitglieder der künftigen Direktion sowie die Leiter/innen der Geschäftsbereiche des Instituts waren ernannt und ihre Ernennungen kommuniziert worden. Gemeinsam bildeten sie die «virtuelle» Führungsstruktur des künftigen Instituts. Diese virtuelle Struktur funktionierte jedoch parallel zu den bestehenden Strukturen der IKV und der FE HM. Die Direktion der IKS traf sich weiterhin alle zwei Monate, während die «virtuelle» Direktion alle zwei Wochen zusammenkam.

Die Restrukturierung brachte Veränderungen in der persönlichen Situation von zahlreichen Mitarbeitenden mit sich. Manche wurden befördert, während andere keinen Posten auf der Hierarchiestufe erhielten, auf der sie sich früher befanden oder die ihnen ihrer Meinung nach zustand. Es bestanden also auf allen Hierarchiestufen doppelte
und unterschiedliche Strukturen; alle Mitarbeitenden übten weiterhin ihre Tätigkeit in ihrer jeweiligen Organisation aus; aber die im Projekt SHI involvierten Mitarbeitenden übernahmen zusätzlich Aufgaben im Zusammenhang mit der Entwicklung des Instituts. Für zahlreiche Mitarbeitenden bedeutete dies die gleichzeitige Wahrnehmung verschiedener Funktionen und Aufgaben auf verschiedenen Hierarchiestufen oder unter unterschiedlichen Vorgesetzten. Man kann sich leicht die Schwierigkeiten vorstellen, welche diese Situation sowohl auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen, als auch hinsichtlich der Arbeitslast oder der Interessenskonflikte verursachte. Der ehemalige Direktor von Swissmedic hat somit während nahezu drei Jahren eine Doppelfunktion ausgeübt: Als Direktor der IKS war er der IKV unterstellt und als Projektleiter SHI und zukünftiger Direktor des Instituts gegenüber dem EDI verantwortlich.

Es war vorgesehen, dass diese Situation bis Juli 2000 anhalten sollte. Daher hat bei der Bekanntgabe der Verschiebung der Beratung des HMG durch die Räte die Projektleitung SHI grosse Besorgnis hinsichtlich der Folgen der Verschiebung für die Glaubwürdigkeit des Projekts und für die Motivation der Mitarbeitenden geäussert. Sie vertrat die Ansicht, dass die bereits ausgelösten und kommunizierten Veränderungen nicht mehr reversibel wären und dass die Belastung auf Grund des 297

gleichzeitigen, parallelen Bestehens verschiedener Strukturen an die Grenzen des Verkraftbaren gehe. Gerüchte und Spekulationen verstärkten die Unsicherheit der Mitarbeitenden, die bereits zu mehreren Kündigungen geführt hatte; die zukünftige Direktion befürchtete weitere Kündigungen und fand es wichtig, ein Datum und ein präzises Vorgehen für die Inbetriebnahme des Instituts festzulegen und dem Personal mitzuteilen. Dies hat auch der Personalausschuss der IKS in einem Brief vom März 2000 verlangt.

Die Projektleitung schlug verschiedene Strategien für die Zukunft des Projekts vor: Einfrieren des Projekts, Abschluss einer neuen Vereinbarung, welche die Gründung des Instituts vor der Annahme des HMG ermöglicht, oder eine Fortsetzung des Projekts «in Realisierungseinheiten». Diese letzte Strategie wurde von der paritätischen Delegation angenommen. Das Projekt wurde in unabhängige Teilprojekte aufgeteilt. Diejenigen Teilprojekte, in denen keine Rechtsgrundlage nötig war und es keine zusätzlichen Befugnisse brauchte, wurden so schnell als möglich umgesetzt34; bei den anderen ging es darum, sich in jedem Bereich möglichst weitgehend der Organisation des künftigen Instituts anzunähern.

Beurteilung durch die GPK-S Für die GPK-S war die Planung des Gesetzgebungsverfahrens zu optimistisch.

Theoretisch wäre es nämlich durchaus möglich gewesen, dass der Nationalrat das HMG in der Wintersession 1999 beraten hätte. Selbst in diesem Fall wäre ein Inkrafttreten des HMG im Sommer 2000 in Anbetracht der notwendigen Zeit für die Beratung des Gesetzes durch den Ständerat und seine zuständige Kommission sowie für die Bereinigung der wahrscheinlichen Differenzen zwischen den Räten und für die Ausarbeitung der Verordnungen wenig realistisch gewesen35. Die GPK-S ist erstaunt über diese zeitlich unrealistische Planung.

Im Hinblick auf die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens ist die GPK-S der Ansicht, dass das Projekt SHI zu früh lanciert wurde. Die Verlängerung der Projektdauer hat zwar eine vollständigere Ausarbeitung und eine Konsolidierung von gewissen Elementen ermöglicht, jedoch hat sie auch zu einer sehr schwierigen Situation für das Personal geführt. Paradoxerweise hat die Tatsache, dass das Projekt SHI so lange gedauert hat, zu einer verfrühten Inbetriebnahme des Instituts Anlass gegeben.

Weder die Gesetzgebung
noch die Prozesse waren den Umständen angepasst.

Es ist hervorzuheben, dass das Problem der Wechselwirkung zwischen dem Projekt HMG und dem Projekt SHI bekannt war. Bereits 1997 hatte der Projektausschuss SHI die Vorsteherin des EDI auf die Schwierigkeiten, die sich aus der Zeitdifferenz zwischen den Projekten SHI und HMG ergeben, hingewiesen. Der Projektausschuss hatte damals betont, dass gemäss seiner Informationen das HMG frühestens 2002 in Kraft treten könne. Er vertrat die Ansicht, dass das Auseinanderklaffen der Termin34

35

298

Die künftige Direktion schlug vier Teilbereiche vor, die unverzüglich realisiert werden konnten: 1) die operative Umsetzung des Organigramms des Geschäftsfeldes Synthetika RX in der IKS; 2) die Zusammenführung der Laboratorien der IKS und der FE HM; 3) die Ablösung der Applikationen der IKS und der FE HM durch das Programm HIS 2000; 4) die Verwirklichung der Stabsfunktionen (Koordination, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung der Prozesse, Rechtsdienst, Kommunikation, Internationales, Pharmakopöe usw.).

Eine erste Verzögerung erfolgte schon bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs und der Botschaft dazu. Ursprünglich für Oktober 1998 vorgesehen, hat sie der Bundesrat erst im März 1999 gutgeheissen. Trotz dieser Verzögerung von rund vier Monaten, wurde das Ziel des Inkrafttretens im Sommer 2000 nicht überprüft.

pläne für Swissmedic bzw. das HMG die Hauptgefahr für das Projekt darstellte und erörterte zwei mögliche Strategien für den Fall, dass sich Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess ergeben sollten. Der Projektausschuss hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Inbetriebnahme des Instituts auf der Basis von Notrecht empfohlen hatte. Die Vorsteherin des EDI und die paritätische Delegation befanden jedoch, dass dieser Weg keine wesentliche Verkürzung, doch eher zusätzliche Unruhe mit sich gebracht hätte. Es wurde entschieden, dass nach der ursprünglichen Planung weitergemacht werden sollte, ohne irgendeine Änderung daran vorzunehmen. Insgesamt ist die GPK-S daher der Meinung, dass die Verantwortlichen für die strategische Leitung des Projekts nicht in der Lage waren, die Bedeutung der mit der Projektplanung verbundenen Probleme zu erkennen.

4.3

Ernennung und Funktionsaufnahme des Institutsrats

Die sieben Mitglieder des Institutsrats werden durch den Bundesrat ernannt, der auch den Präsidenten bestimmt. Die Kantone können die Ernennung von drei Mitgliedern vorschlagen. Offensichtlich ist bei einem Organ dieser Grösse und in Anbetracht der zahlreichen auf dem Spiel stehenden Interessen die Wahl der Personen entscheidend. Tatsächlich war sie der Inhalt langer Diskussionen zwischen den verschiedenen betroffenen Akteuren. Die Wahl des Präsidenten erwies sich als besonders schwierig. Unter den interessierten Personen konnte keiner der Kandidaten die Zustimmung aller Parteien finden. Das Datum des Inkrafttretens näherte sich und es wurde notwendig, eine Lösung zu finden. Der Institutsrat musste nämlich vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gebildet werden, namentlich um die Institutsverordnungen und die Leistungsvereinbarung für das Jahr 2002 zu verabschieden. Im Herbst 2001 wurde schliesslich entschieden, Dr. Peter Fuchs anzufragen, der neben seinen fachlichen und personellen Kompetenzen als «Deus ex Machina» angesehen wurde, wie es eine von der GPK-S angehörte Person ausdrückte. Mit anderen Worten waren bei ihm die Integrität, Unabhängigkeit und Neutralität gegenüber den beteiligten Parteien gewährleistet. Die Artikel 71 und 72 des HMG über den Institutsrat sind am 1. Oktober 2001 vorzeitig in Kraft getreten, also drei Monate vor der Inbetriebnahme des Instituts. In dieser Zeitspanne konnte der Rat zwei Sitzungen abhalten.

An seiner ersten Sitzung am 9. November 2001 hat der Rat die Institutsverordnungen verabschiedet, welche zum ersten Verordnungspaket gehörten (siehe Anhang). Bei dieser Gelegenheit taten die Ratsmitglieder formell ihre Ansicht kund, nicht über genügend Zeit für eine kritische Prüfung der Verordnungsentwürfe zu verfügen, und behielten sich ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Verordnungen zu einem späteren Zeitpunkt zu revidieren36. An der Sitzung vom 17. Dezember 2001 verabschiedete der Institutsrat die Leistungsvereinbarung für das Jahr 2002, das Budget 2002 und die Planung für 2003, auch in diesem Fall ohne über einen wirklichen Spielraum zu verfügen, um diese Dokumente zu verändern.

36

«Allgemein wird von den Institutsrat-Mitgliedern bemängelt, dass zuwenig Zeit zur Verfügung stehe, um die Verordnungen vor dem Start von Swissmedic zu bearbeiten. Der Institutsrat behält sich vor, in einem späteren Zeitpunkt alle Verordnungen zu revidieren.» (Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Institutsrats).

299

Beurteilung durch die GPK-S Die GPK-S ist der Ansicht, dass der Institutsrat nicht über genügend Zeit verfügte, um sich vorzubereiten und mit dem Institut vertraut zu machen. Obwohl die Mitglieder des Institutsrats «mitgespielt haben» und bereit waren, zu Beginn sehr flexibel zu funktionieren, wurde doch eine gewisse Leichtfertigkeit an den Tag gelegt, als man von ihnen verlangte, innerhalb einer kurzen Frist Dokumente wie die Gebührenverordnung, die Leistungsvereinbarung oder das Budget zu verabschieden.

Für die GPK-S ist es schwer nachvollziehbar, dass der Institutsrat nicht früher ernannt wurde. Selbst wenn der Bundesrat vor der Ernennung der Ratsmitglieder sicher sein wollte, über eine gesetzliche Grundlage zu verfügen, und so den Ablauf der Referendumsfrist abwarten wollte, wäre es doch möglich gewesen, den Institutsrat Anfang April 2001 zu ernennen. Bereits im November 1998 hatte die Vorsteherin des EDI die paritätische Delegation damit beauftragt, ihr einen Vorschlag für die Zusammensetzung des Institutsrats zu unterbreiten. Sie hatte ausdrücklich gewünscht, dass der Institutsrat sobald wie möglich nach der Annahme des HMG durch die Räte ernannt würde. Dieses Thema stand regelmässig auf der Tagesordnung der paritätischen Delegation. Die definitive Zusammensetzung war jedoch erst im September 2001 bereit. Für die GPK-S weisen diese Schwierigkeiten darauf hin, dass die Ernennung der Mitglieder des Institutsrats nicht allein auf der Grundlage von vordefinierten Anforderungen bezüglich des Profils erfolgte, das die einzelnen Mitglieder und der Rat als Ganzes aufweisen sollten.

Nach Ansicht der GPK-S hätte eine frühere Ernennung des Institutsrats ermöglicht, gewisse Probleme bei der Verwaltung zu vermeiden, oder zumindest sie zu identifizieren und schnellere Massnahmen dagegen zu ergreifen. Zum Beispiel folgte die paritätische Delegation dem Prinzip, keine «irreversiblen» Entscheidungen zu treffen, d.h. keine Entscheidungen, welche den künftigen Institutsrat verpflichten würden. Angesichts der sehr späten Arbeitsaufnahme des Institutsrats, hat dies zweifellos gewisse Entscheidungen verzögert, welche für einen reibungslosen Ablauf des Projekts und Start des SHI nötig gewesen wären. Die GPK-S ist der Ansicht, dass das Problem der zentralen Unterbringung des Institutspersonals in zweckmässigen
Gebäuden wahrscheinlich hätte geregelt werden können, wenn der Institutsrat im April 2001 ernannt worden wäre (siehe Ziff. 5.1.4). Zudem hätte er bei einer früheren Ernennung bestimmt auch seine Aufsichtsfunktion besser wahrnehmen können.

Nach Meinung seines Präsidenten hat der Institutsrat seine Funktionen während der ersten Monate des Betriebs von Swissmedic mit einer gewissen Zurückhaltung ausgeübt; aus diesem Grund sei sich der Rat erst sehr spät der Verwaltungsprobleme bewusst geworden. Er nahm beispielsweise erst im Mai 2002 Kenntnis von den Problemen im Zusammenhang mit dem Informatikprojekt «Heilmittelinformationssystem (HIS) 2000».

4.4

Inbetriebnahme des Instituts am 1. Januar 2002

Die Inbetriebnahme von Swissmedic erfolgte von einem Tag auf den nächsten, am 1. Januar 2002. Bis zum 31. Dezember 2001 funktionierten die IKS und die FE HM und nahmen ihre Verantwortlichkeiten wie gewohnt wahr, trotz der progressiven Realisierung nach Teilbereichen. Die Aufrechterhaltung des normalen Betriebs bis zum Tag X war eine Entscheidung des IKV-Vorstands und gemäss dem Präsidenten der IKV vor allem durch die Ungewissheit hinsichtlich eines eventuellen Referen300

dums motiviert. Es ging darum, die Betriebs- und die Rechtssicherheit für alle Fälle aufrechtzuerhalten. Anstelle einer allmählichen Annäherung mit der FE HM war die IKV auf eine strikte Weiterführung der Tätigkeiten der IKS bedacht.

Ausser der Umsetzung des Projektes nach Teilbereichen ab Ende März 2001 gab es also keine wirkliche Übergangszeit; das Nebeneinander der «virtuellen» Struktur des Instituts und der «reellen» Strukturen der bestehenden Institutionen dauerte bis zum 31. Dezember 2001, also etwas mehr als zwei Jahre. Die künftige Direktion verfügte somit über keine Periode, in der sie sich ausschliesslich um das künftige Institut hätte kümmern können und auch die Möglichkeit einer gestaffelten Inbetriebnahme wurde nicht geprüft. Dabei hatten gewisse Kantone vorgeschlagen, das Bewilligungsregime (z.B. die Bewilligung für das Betreiben von Grosshandel) gegen Beteiligung an den Gebühren während einer gewissen Übergangszeit auf kantonaler Ebene zu belassen, bevor es dann an den Bund übertragen werde37. Ein anderer Gesprächspartner der GPK-S erwähnte den Vorschlag, den Übergang der Zuständigkeiten von den Kantonen auf den Bund geographisch zu staffeln, d.h. mit einer Gruppe von Kantonen zu beginnen und die anderen nach und nach zu integrieren.

Die GPK-S hat die Machbarkeit oder die Angebrachtheit dieser Lösungen nicht geprüft. Sie gestattet sich jedoch, ihr Erstaunen darüber auszudrücken, dass die Möglichkeit einer Übergangszeit von den Projektverantwortlichen nicht ernsthaft geprüft worden ist. Laut der Kommission war das Fehlen einer Übergangsphase einer ruhigen Inbetriebnahme des Instituts abträglich. Zahlreiche Arbeiten mussten in den ersten Monaten unter Zeitdruck ausgeführt werden (z.B. die Herstellung von Papier mit gedrucktem Briefkopf). So hat der ehemalige Direktor von Swissmedic eingeräumt, dass die ersten drei Monate des Betriebs des Instituts «eine reine Überlebensübung» waren.

Der Entscheid, das Inkrafttretensdatum des HMG auf den 1. Januar 2002 festzulegen, wurde in Kenntnis der Tatsachen getroffen, dass das Ausführungsrecht nicht vollständig war, dass die Vorbereitungen für die Inbetriebnahme des Instituts nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten und dass der Institutsrat über höchstens drei Monate Vorbereitungszeit verfügen würde. Namentlich auf Drängen des ehemaligen
Direktors von Swissmedic wurde dieses Datum beschlossen. Laut dem ehemaligen Direktor war es «nicht mehr möglich, den Dammbruch zu verhindern»; es handelte sich um einen Kraftakt, doch die Situation war unhaltbar geworden. Durch die zwei Verschiebungen des Inkrafttretens war die Motivation der Mitarbeitenden stark beeinträchtigt, und die Glaubwürdigkeit der Direktion war gefährdet. Die Personalsituation konnte mit derjenigen einer Feuerwehreinheit in höchster Alarmbereitschaft verglichen werden, die ständig zum Eingreifen aufgerufen, dann aber wieder in die Basis zurückgerufen wird.

Man kann sich ausserdem fragen, in welchem Ausmass finanzielle Erwägungen beim Entscheid der schnellen Betriebsaufnahme des Instituts eine Rolle gespielt haben. Falls das Projekt noch länger gedauert hätte, wäre die IKV wahrscheinlich gezwungen gewesen, die Kantonsbeiträge zu erhöhen; laut einem Gesprächspartner der GPK-S wäre dies angesichts der damaligen Spannungen zwischen dem Bund und den Kantonen im Krankenversicherungsbereich ein «Katastrophenszenario» gewesen. Das Interesse der IKS hatte auch stark nachgelassen, nachdem die Möglichkeit eines Referendums aus dem Weg geräumt war.

37

Siehe Vernehmlassungsbericht zu den Heilmittelverordnungen vom 17.10.2001, S.2 (http://www.bag.admin.ch/heilmitt/gesetz/d/index.htm).

301

Im Prinzip wäre es möglich gewesen, das Inkrafttreten des HMG ein weiteres Mal zu verschieben. Der Bundesrat hat nämlich erst am 28. September 2001 den Beschluss verabschiedet, welcher das Inkrafttreten auf den 1. Januar 2002 festlegte.

Ein vollständiges Ausführungsrecht (auf der Ebene der Bundesrats- und der Departementsverordnungen) hätte jedoch eine Verschiebung auf frühestens den 1. Januar 2004 bedeutet.

5

Wesentliche Problembereiche

Seit der Errichtung von Swissmedic haben verschiedene Analysen die Probleme und Risiken bei der Geschäftsführung des Instituts beleuchtet. Im Rahmen ihres Mandats der Oberaufsicht ging es für die GPK-S darum, die festgestellten Probleme zu untersuchen und die ergriffenen Massnahmen sowie die dabei angetroffenen Schwierigkeiten zu verfolgen und zu beurteilen. Die Kommission will auf diese Weise zur Stärkung des schweizerischen Heilmittelkontrollsystems und zur Wiederherstellung des Vertrauens beitragen.

Die GPK-S hat dabei unter anderem von den folgenden Dokumenten Kenntnis genommen: Bericht der EFK vom 1. Oktober 2002 über die Geschäftsführung von Swissmedic im ersten Semester 200238; Bericht vom 20. Juni 2003 über das Informatikaudit der EFK; Risikoanalyse von Swissmedic (erstellt in Zusammenarbeit mit einer Beratungsfirma) vom 11. Juli 2003; Management Letter der EFK vom 7. Juni 2004 über die Schlussrevision des Geschäftsjahrs 2003 gemäss Artikel 74 HMG.

Die folgende Ziffer enthält eine Beschreibung der wesentlichen Problembereiche und eine Beurteilung der aktuellen Lage. Die Liste ist nicht abschliessend; die GPK-S hat die Aspekte ausgewählt, die ihr im Rahmen ihres Mandats der parlamentarischen Oberaufsicht besonders relevant schienen. Dabei hat sie sich auf Probleme beschränkt, die mindestens eine der folgenden Charakteristiken aufwiesen: ­

wird als von höchster Priorität angesehen;

­

kann direkte Auswirkungen auf die Sicherheit der Heilmittel haben;

­

steht im Zusammenhang mit organisatorischen Fragen;

­

Ursachen stehen im Zusammenhang mit der Projektphase.

5.1

Interne Verfahren

5.1.1

Informatiksysteme

Eines der im Bericht der EFK vom Oktober 2002 aufgezeigten Hauptprobleme war der Rückstand bei der Realisierung der Informatikprojekte. Das Informatiksystem HIS 2000 sollte die Informatikplattform der IKS vollständig ersetzen und die Insellösungen der IKS und der FE HM vereinheitlichen. Die ehemalige Plattform, die aus dem Jahr 1987 stammte, konnte den «neuen» Aufgaben von Swissmedic nicht gerecht werden. Ausserdem musste die Datenbank der IKS, in der sich Fehler häuften, erneuert werden.

38

302

Die Feststellungen der EFK beziehen sich auf den Stand der Dinge in den Monaten Juli und August 2002.

Bis zur Errichtung von Swissmedic wurde das Projekt HIS 2000 von der IKV finanziert, nach der Inbetriebnahme des Instituts hat der Bund die Kosten für das Projekt übernommen. Auf Grund der nachfolgenden Verschiebungen des Inkrafttretens des HMG haben die Kantone jedoch einen grösseren Anteil des Projekts finanziert als vorgesehen. Die IKV trug die Verantwortung für das Projekt. Ein Mitarbeiter des EDI hat jedoch die Verträge vor Abschluss eingesehen und auf die Kompatibilität mit den Informatiklösungen der Bundesverwaltung geachtet. Die Kosten des Projekts HIS 2000 bis 31. Dezember 2002 werden auf rund 10 Millionen Franken geschätzt.

Am 1. Januar 2002 war HIS 2000 jedoch noch nicht für alle Bereiche von Swissmedic operationell. Verschiedene Insellösungen wurden innerhalb des Instituts angewendet, was die Effizienz und die Kohärenz der Prozesse stark beeinträchtigte. Die Partner des Instituts waren nicht in elektronischer Form in die Prozesse integriert.

Zum Beispiel mussten gewisse Kantone Dokumente in eine Word-Datei umwandeln, von Hand ausfüllen und per Post an Swissmedic schicken. Zudem konnten keine effizienten Instrumente für das Controlling eingerichtet werden; so mussten bis 1. Juli 2003 die Daten für das Controlling manuell erhoben und erfasst werden.

Auf Grund dieser Feststellungen hat die EFK ein Informatikaudit durchgeführt. Der Bericht bildet ein Basisdokument für die Weiterführung der Arbeiten. Die EFK zeichnete darin ein düsteres Bild der Informatiksituation von Swissmedic Ende Juni 2003 und betonte, dass das Institut kaum über brauchbare Werkzeuge zur elektronischen Verarbeitung der Daten verfügte. Die EFK war ausserdem der Ansicht, das Projekt HIS 2000 sei überdimensioniert, und sie empfahl eine vollständige, von der praktischen Realität ausgehende Neudefinierung der Projektspezifikationen. Generell stellte die EFK fest, dass die fehlende einheitliche Informatikplattform zu ineffizienten Abläufen und zu Motivationsverlust bei den Mitarbeitenden führte. Dies beeinträchtigte auch die Qualität verschiedener Leistungsprozesse, band Ressourcen für administrative Arbeiten und konnte somit indirekte negative Folgen für die Kundenzufriedenheit oder die Heilmittelsicherheit haben.

Laut der EFK resultierte diese Situation zu einem grossen Teil aus fehlendem Fachwissen innerhalb des
Instituts und einem mangelnden Projektmanagement sowie aus der Kumulation von Verantwortlichkeiten bei einzelnen überlasteten Schlüsselpersonen. Auch waren die technischen Anforderungen vor der Inbetriebnahme des Instituts nicht genügend detailliert beschrieben worden, was später zu hohen Kosten geführt hat. Ausserdem hatte der Zeitdruck dazu geführt, dass auf Grund des fehlenden internen Wissens teure Lösungen mit externen Beratern beschlossen wurden und eine unbefriedigende Abhängigkeit von ihnen entstand. Tatsächlich war das Projekt HIS 2000 an externe Berater übertragen und dem Finanzchef der IKS unterstellt worden. Nach der Errichtung des Instituts wurde das Projekt HIS 2000 nicht mehr als Projekt geführt, sondern in die normale Informatikentwicklung des Instituts integriert. Es wurde kein neuer Projektleiter ernannt; das Projekt HIS 2000 wie auch der restliche Informatikbereich standen unter der Verantwortung des Finanzchefs des Instituts (dieselbe Person wie bei der IKS).

Die von der GPK-S angehörten Vertreter der IKV und des EDI haben erklärt, nie über Probleme im Zusammenhang mit dem Projekt HIS 2000 informiert worden zu sein. Auch ein Experte, der für die Kontrolle der Fortschritte des Projekts angestellt wurde, hat keine Probleme gemeldet. Angesichts des düsteren Bildes, das die EFK vom Projekt zeichnet, sieht sich die GPK-S veranlasst, ihr Erstaunen über die diesbezüglich fehlende Problemwahrnehmung in der Projektphase auszudrücken. An 303

sich waren Probleme nämlich durchaus zu erwarten, wenn man den technischen Anspruch des Projekts und seine Auswirkungen auf ein sehr heterogenes Personal in Betracht zieht. Die strategische Bedeutung der Informatik für das Projekt SHI wurde zwar anerkannt und bedeutende Summen dafür investiert. Jedoch ist die Kommission der Meinung, dass angesichts seiner hohen Kosten das Projekt HIS 2000 keiner ausreichenden Kontrolle von Seiten der verantwortlichen Behörden unterstellt wurde. Für die GPK-S ist das Management der Informatik eine wesentliche Führungsaufgabe; die Delegation eines Informatikprojekts an externe Berater muss von einer kritischen internen Kontrolle und von einer internen Unterstützung auf höchster Ebene begleitet werden.

Swissmedic war mit allen im Auditbericht enthaltenen Empfehlungen einverstanden und hat sich bereit erklärt, die notwendigen Massnahmen für ihre Umsetzung zu ergreifen. Bei ihrer Schlussrevision des Geschäftsjahrs 2003 konnte die EFK feststellen, dass Swissmedic die meisten Empfehlungen angepackt und umgesetzt hat.

Das Projekt HIS 2000 wurde unterbrochen, in 24 Teilprojekte aufgeteilt und unter dem neuen Namen MERLIN wieder aufgenommen. Eine mit den erforderlichen Mitteln ausgestattete interne Projektorganisation zentralisiert verschiedene Aufgaben, die vorher auf mehrere Mitarbeitende verteilt waren. Kleine Teams legen die Funktionalitäten fest, die für die einzelnen Bereiche erforderlich sind. Massnahmen wurden ergriffen, um eine bessere Kontrolle des Projekts insbesondere in finanzieller Hinsicht zu gewährleisten. Es bestehen Standarddokumente für jede Phase der Teilprojekte; die Programmierung beginnt erst, nachdem die erforderlichen Eigenschaften durch die Dienste in den verschiedenen Bereichen festgelegt worden sind.

Es ist vorgesehen, dass das Institut ab Sommer 2005 über eine einheitliche Informatikplattform verfügt.

Ferner stellte die EFK fest, dass, obwohl Swissmedic einen Informatikverantwortlichen angestellt hat, das Institut nach wie vor praktisch vollständig von externen Unternehmen abhängig ist, besonders was die Informatiksicherheit betrifft. Sie empfiehlt, das Insourcing gewisser Dienstleistungen sowie der strategischen Projektleitung zu prüfen, und die Verträge mit den externen Leistungsanbietern sowie die Kontrolle derselben zu revidieren.
Beurteilung durch die GPK-S Obwohl gewisse wesentliche Probleme weiterbestehen, ist die EFK alles in allem der Ansicht, dass das neue Projekt MERLIN auf gutem Wege ist. Auf Basis der gegenwärtig verfügbaren Informationen sieht die GPK-S keinen Grund, daran zu zweifeln. Sie wird jedoch die Entwicklung dieses Projekts bei künftigen Kontrollen weiterverfolgen.

5.1.2

Analyse der Aufgaben, Ressourcen und Risiken

In ihrem Bericht vom Oktober 2002 stellte die EFK fest, dass Swissmedic bei der Inbetriebnahme über keine verbindliche Analyse ihrer Aufgaben und der zur Aufgabenerfüllung benötigten Ressourcen verfügte. Die Analyse des Ressourcenbedarfs war für einen Aussenstehenden nicht transparent, nachvollziehbar und plausibel. Sie basierte auf einer Studie aus dem Jahr 1998, als sich das HMG noch im Entwurfstadium befand. Nur die «alten» Aufgaben der IKS waren berücksichtigt worden. Die für das künftige Institut benötigten Ressourcen wurden also durch die einfache 304

Addition der Ressourcen der IKS und derjenigen der FE HM bestimmt. Diese Berechnung ging davon aus, dass die Effizienzsteigerung auf Grund der Fusion und einer besseren Organisation der Prozesse und Prioritäten die Kosten der neuen Aufgaben, die dem Institut im Rahmen des HMG übertragen wurden, wettmachen sollte.

Der auf dieser Berechnungsgrundlage erstellte Leistungsauftrag veranschlagt die totalen Kosten von Swissmedic auf 49 Millionen Franken. Er sieht eine allmähliche Reduktion der Beiträge des Bundes vor. Von 21 Millionen Franken im Jahr 2002 sollen sie bis 2005 auf 18,5 Millionen Franken zurückgehen. Laut Finanzplanung werden sie 2006 und 2007 auf 17,5 Millionen Franken reduziert. Die dazu notwendigen Einsparungen werden durch Rationalisierungen bei den Verfahren innerhalb der Produktgruppen erreicht.

Im Herbst 2001 vertrat der Direktor des Instituts die Ansicht, dass die Abgeltungen des Bundes nicht ausreichten, um die neuen Aufgaben abzudecken. Er schätzte den zusätzlichen Personalbedarf auf 65 Stellen. In ihrem Bericht vom Oktober 2002 empfahl die EFK, zuerst eine neue Zuordnung der vorhandenen Ressourcen vorzunehmen, bevor neue Ressourcen verlangt werden. Um dies zu tun, habe sich Swissmedic Schwerpunkte bei der Ausübung seiner Aufgaben zu setzen und sich dabei auf eine Risikoanalyse abzustützen. Diese Analyse sollte auch die Grundlage für die Abschätzung der finanziellen Risiken der Tätigkeiten von Swissmedic und die Angemessenheit der Versicherungsdeckung bilden. Swissmedic kann nämlich im Fall von Dritten oder dem Bund zugefügten Schäden für ihre Entscheide haftbar gemacht werden (z.B. im Falle einer Amtspflichtverletzung bei der Zulassung eines Arzneimittels) (siehe Ziff. 3.3).

Auf Veranlassung der neuen Führung des Departements wurde bald eine Risikoanalyse durchgeführt. Sie ist ein wichtiges Führungsinstrument, auf das der neue Leistungsauftrag 2006­2009 sowie die Strategie des Instituts (namentlich in Form einer Balanced Scorecard) abgestützt sein müssen. Auf der Grundlage dieses Dokuments vom 11. Juli 200339 stellte Swissmedic einen Personalbedarf von 280 Stellen fest, was zusätzliche 30 Stellen gegenüber Anfang 2003 bedeutet. Eine erste Erhöhung des Personalbestandes erfolgte im September 2003 (+ 15,5 Stellen), die übrigen Stellen wurden inzwischen besetzt oder sind im Begriff,
besetzt zu werden. Die neuen Stellen wurden denjenigen Aufgaben zugeordnet, welche ein Risiko von höchster Priorität aufweisen (z.B. Strafrecht, Zulassungsverfahren, Vigilance).

Eventuelle neue Aufgaben, die aus den neuen Bundes- und Institutsverordnungen hervorgehen, wurden bei der Evaluation der notwendigen Ressourcen nicht berücksichtigt. Die Ausübung dieser Aufgaben muss durch die Nutzung des bestehenden Spielraums gewährleistet werden, namentlich durch die Festlegung von Schwerpunkten bei der Ausübung der Aufgaben. Swissmedic geht davon aus, dass der Bestand von 280 Stellen mindestens für die nächsten fünf Jahre ausreichen sollte. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Institutsrat eine Änderung der Heilmittel-Gebührenverordnung40 verabschiedet hat, die am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist. Eine Erhöhung der Verkaufsgebühren soll Mehreinnahmen von rund 8 Millionen Franken jährlich bringen.

39 40

Die Analyse (nicht veröffentlicht) gibt die Situation im ersten Halbjahr 2003 wieder.

Verordnung vom 9.11.2001 über die Gebühren des Schweizerischen Heilmittelinstituts (HGebV; SR 812.214.5).

305

Beurteilung durch die GPK-S Nach Ansicht der GPK-S hat Swissmedic inzwischen angemessene Instrumente für eine risikogestützte strategische Ressourcenplanung entwickelt. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass Swissmedic fähig ist, auf dieser Grundlage angemessene Schwerpunkte für die Leistungserbringung festzulegen. Es ist jedoch wichtig, dass diese anspruchsvollen Instrumente weiterhin verwendet und regelmässig angepasst werden.

5.1.3

Führungsinstrumente

In ihrem Bericht vom Oktober 2002 wies die EFK darauf hin, dass die Instrumente, die den verschiedenen zuständigen Instanzen die Durchführung eines Controllings erlauben sollten, noch nicht implementiert waren. Die Erhebung der Daten zur Kontrolle der Erfüllung von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung hatte erst im Mai 2002 begonnen. Die Daten wurden damals teilweise manuell und unsystematisch erfasst (z.B. gab es keine einheitsspezifischen Erhebungstabellen). In ihrem Bericht über die Erfüllung der Leistungsvereinbarung 2002 anerkannte Swissmedic, dass die Zahlen für das Jahr 2002 nur Schätzwerte waren. Auch die Berechnung der personellen Kapazitäten nach Produktgruppen basierte auf einer Schätzung. Ausserdem wurden viele vom Leistungsauftrag und der Leistungsvereinbarung geforderte Daten nicht erhoben. Die EFK konnte somit nicht beurteilen, ob Swissmedic bezüglich der Vorgaben von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung auf Kurs war oder nicht.

In ihrem Management Letter über die Schlussrevision des Geschäftsjahrs 2003 hielt die EFK fest, dass sie über die Einhaltung von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung immer noch keine abschliessende Aussage machen kann. Während Swissmedic für das zweite Halbjahr 2003 auf Grund der Einführung eines EDVgestützten, automatischen Leistungserfassungssystems per 1. Juli 2003 über befriedigende Daten verfügt, sind die Daten des 1. Halbjahrs 2003 teilweise unpräzise und teilweise inexistent. Die EFK ist jedoch zuversichtlich, dass für die Berichte im Jahr 2004 zuverlässige Daten erhoben werden können. Eines der Jahresziele von Swissmedic ist übrigens die Einführung der Leistungserfassung im ganzen Institut und die Einrichtung eines transparenten Controlling- und Reporting-Systems.

Der Nutzen dieser Daten als Controlling-Instrumente ist jedoch auch durch den Inhalt und die Struktur des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarungen eingeschränkt. Bei der Prüfung von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung unter dem Gesichtspunkt der Ziele und der Indikatoren kam die EFK nämlich zum Schluss, dass diese Instrumente in ihrer heutigen Form als Grundlage der Leistungserbringung von Swissmedic nur bedingt tauglich sind.

Die EFK äusserte die folgenden Kritiken gegenüber dem einen oder anderen oder auch beiden Dokumenten: ­

nicht alle Ziele werden durch Indikatoren abgedeckt;

­

einzelne Indikatoren sind zu wenig präzis definiert, um gemessen werden zu können, oder sind schwer messbar, andere sind nicht zweckmässig für die Ziele, welche sie messen sollten;

­

Budgetzahlen weichen von den Erfahrungswerten von Swissmedic ab;

306

­

der heutige Leistungsauftrag deckt das gesamte Aufgabenspektrum von Swissmedic ab, d.h. nicht nur die gemeinwirtschaftlichen, sondern auch die privatwirtschaftlichen Leistungen.

Die EFK hat verschiedene Empfehlungen zur Behebung dieser Mängel bei der Erarbeitung des neuen Leistungsauftrags 2006­2009 abgegeben. Es geht dabei nicht darum, das Instrument der Leistungsaufträge und Leistungsvereinbarungen an sich in Frage zu stellen, sondern vielmehr, ihren Inhalt und ihre Formulierung zu revidieren. Der Präsident des Institutsrats beabsichtigte bereits die Überarbeitung dieser Dokumente und hat dafür die Unterstützung des Vorstehers des EDI erhalten. Ein externer Experte wurde mit der Erarbeitung von Empfehlungen für die Ausgestaltung des neuen Leistungsauftrags 2006­2009 beauftragt.

Beurteilung durch die GPK-S Die GPK-S ist der Ansicht, dass es vordringlich ist, den Leistungsauftrag grundlegend zu überarbeiten, damit der Bundesrat über ein glaubwürdiges und relevantes Führungs- und Kontrollinstrument verfügt. Die festgestellten Mängel müssen behoben und die Erfahrungen der letzten Jahre müssen in den neuen Leistungsauftrag integriert werden. Zurzeit machen das Fehlen oder die Ungenauigkeit der Daten sowie die formellen Mängel des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarungen die Anwendung dieser Instrumente wenig aussagekräftig und ineffizient. Die Kommission unterstützt daher die Position der EFK, welche dem EDI und Swissmedic empfiehlt, sich auf eine provisorische Lösung für das Jahr 2004 zu einigen, da der Leistungsauftrag bis dahin noch nicht neu definiert sein wird.

5.1.4

Dezentralisierung und Unternehmenskultur

Zurzeit sind die Mitarbeitenden von Swissmedic auf zehn verschiedene Standorte verteilt. Dies ist gewiss kein Einzelfall innerhalb der Bundesverwaltung; die Verteilung der Mitarbeitenden einer Einheit auf mehrere Standorte ist eine häufige Situation (z.B. BAG, Seco). Jedoch nimmt dieses Problem im Fall von Swissmedic eine besondere Dimension an, da es den Aufbau einer einheitlichen Unternehmenskultur und, davon ausgehend, die Entwicklung eines einheitlichen Vollzugs bei der Erbringung der Dienstleistungen des Instituts zusätzlich erschwert.

Es geht namentlich um die Integration der Mitarbeitenden der ehemaligen FE HM, die weniger zahlreich sind und die praktisch ohne personelle oder strukturelle Änderungen (gleiche Einheiten, gleiche Aufgaben) ins neue Institut transferiert wurden.

Während einer gewissen Zeit arbeiteten manche Einheiten sogar weiterhin in ihren alten Räumlichkeiten des BAG.

Auf Seite der ehemaligen IKS ist hervorzuheben, dass ein grosser Teil der Mitarbeitenden bei Swissmedic eine neue Funktion zugeteilt erhielten. Die Reorganisation ermöglichte es, Entlassungen zu vermeiden, doch mussten sich alle in einer neuen Struktur, einer neuen Umgebung und mit neuen Aufgaben wieder zurechtfinden.

Ausserdem ist leicht vorstellbar, dass die Zeit, während der die «reelle» und die «virtuelle» Struktur parallel bestanden (siehe Ziff. 4.2) Spuren in den zwischenmenschlichen Beziehungen hinterlassen hat.

307

Für die GPK-S ist die gegenwärtige örtliche Zerstreuung der Mitarbeitenden unbefriedigend, umso mehr als reelle Chancen für den Erwerb von Räumlichkeiten, welche die zentrale Unterbringung des Personals ermöglicht hätten, während der Projektphase verpasst worden sind. So wäre es durchaus möglich gewesen, dass, wenn der Institutsrat sein Amt früher angetreten hätte, ein Mietvertrag vor der Inbetriebnahme von Swissmedic hätte unterschrieben werden können41. Der Institutsrat hat die Frage der zentralen Unterbringung des Personals sofort als eine strategische Priorität behandelt und hat den Kauf und die Renovation eines Gebäudes, des sogenannten «Areal Stämpfli» an der Hallerstrasse beschlossen. Ab Anfang 2005 sollte das Personal somit auf nur noch zwei Standorte konzentriert werden können.

5.2

Ausführungsrecht

Zur Zeit ist das Ausführungsrecht zum Heilmittelgesetz immer noch nicht vollständig. Neben den im Artikel 95 HMG vorgesehen Übergangsbestimmungen wurde Ende 2001 ein erstes Verordnungspaket verabschiedet, welches die wichtigsten Bundesrats- und Institutsverordnungen enthielt (siehe Anhang). Ein zweites Paket von Bundesratsverordnungen tritt per 1. September 2004 in Kraft, also über zweieinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes. Es bleibt allerdings noch eine dritte Serie von Verordnungen zu erstellen, welche vom Institut erlassen werden (geplantes Inkrafttreten: Sommer 2006).

Die Lücken im Ausführungsrecht sind einerseits eine Folge der Verzögerungen während der Projektphase. Es mangelte an Ressourcen bei der IKS und im EDI; zudem wurden Start und Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens verschoben (einerseits mussten die Räte das Gesetz zuerst fertig erörtern und andererseits hatten die Kantone einen Aufschub der Frist verlangt). Andererseits waren auch die materiellen Probleme in gewissen Bereichen unterschätzt worden. Die Verschiebung des Inkrafttretens des HMG auf den 1. Januar 2002 sollte genügend Zeit für die Vorbereitung sämtlicher Verordnungen schaffen, in gewissen Bereichen erwies sich jedoch die Suche nach einer Lösung als ausserordentlich komplex. Manche Bereiche konnten unter der IKS nie geregelt werden (z.B. die Komplementärmedizin).

Das bei der Inbetriebnahme von Swissmedic noch fehlende Ausführungsrecht umfasst sowohl Bundesratsverordnungen42 als auch Institutsverordnungen. Auf Bundesebene wurde die Verwendung von Tierarzneimitteln bis dahin noch von keiner

41

42

308

Die Möglichkeit, ein Gebäude zu mieten, in dem die administrativen Arbeitsplätze (ohne die Laboratorien) zentral untergebracht werden könnten, wurde im März 2000 zum ersten Mal erwähnt. Um dieses Gebäude zu mieten, hätten jedoch im Jahr 2001 schon mehrere Monate Miete bezahlt werden müssen. Da das Institut noch nicht selbst handeln konnte, war das BBL zuständig, welches vom EDI dafür hätte beauftragt werden müssen. Es wurde vereinbart, das Gebäude 2001 durch das BBL zu mieten und den Mietvertrag per 1.1.2002 auf Swissmedic zu überschreiben, doch Missverständnisse innerhalb der Verwaltung brachten das Projekt im letzten Moment zum Scheitern. Es ist sehr wohl möglich, dass, wenn der Institutsrat sein Amt schon im Sommer 2001 angetreten hätte, der Mietvertrag hätte unterschrieben werden können.

Siehe Bericht des BAG zum «Heilmittelverordnungspaket II» vom 5.6.2003, http://www.bag.admin.ch/heilmitt/aktuell/d/erl_hmvp.pdf

spezifischen Verordnung geregelt43. Weitere betroffene Bereiche waren zum Beispiel die Kriterien für die Erteilung des Rechts zur Abgabe von Medikamenten der Kategorie C an Drogisten, in Regionen, in denen zu wenig Apotheken bestehen; die Voraussetzungen für die Anwendung von den Fachleuten vorbehaltenen Medizinprodukten; die Voraussetzungen für die Preisvergleiche von Arzneimitteln; sowie auch die Bestimmungen zur Bewilligung der Verarbeitung von Personendaten durch Swissmedic. Die Bundesratsverordnungen werden am 1. September 2004 in Kraft treten, mit Ausnahme der Tierarzneimittelverordnung, welche gestaffelt bis am 1. Januar 2006 in Kraft treten wird, da sie gewisse Vorbereitungen voraussetzt.

Was die Institutsverordnungen betrifft sollten sie gemäss der aktuellen Planung im Sommer 2006 in Kraft treten. Sie dienen unter anderem der Regelung der Bereiche der Komplementärmedizin44, der Hausspezialitäten, der Spital- und Armeepräparate sowie der Abgabe von «Orphan Drugs»45. Bei all diesen Fällen handelt es sich um heikle Bestimmungen.

Diese erwähnten Sachgebiete waren also am 1. Januar 2002 noch nicht geregelt; für sie war die Rechtssicherheit nicht gewährleistet oder ist es auch heute noch nicht. In manchen Sachgebieten gibt es immer noch keine Rechtsgrundlagen; Swissmedic sieht sich gezwungen, mit einem überstrapazierten Übergangsrecht zu arbeiten. Zum Beispiel gibt es keine spezielle Tatbestände für den Bereich der Antiallergene und der Testallergene, welche früher nicht als Arzneimittel betrachtet wurden. Es handelt sich dabei um tausende von Substanzen, welche sich nur geringfügig voneinander unterscheiden; es wäre unvorstellbar, diese dem gleichen Verfahren zu unterziehen wie die klassischen Arzneimittel. Swissmedic ist dabei, parallel zum zweiten Verordnungspaket eine Rechtsgrundlage in diesem Bereich zu erarbeiten.

Beurteilung durch die GPK-S Das Problem des fehlenden Ausführungsrechts scheint ebenfalls auf dem Weg zur Regelung zu sein. Es fehlt nur noch eine Serie von Institutsverordnungen. Materielle Schwierigkeiten bestehen weiterhin, doch sie sind bekannt und die Arbeiten scheinen gemäss Terminplan voranzuschreiten. Der Vorsteher des EDI hat die Erarbeitung des Ausführungsrechts als eine der drei Schwerpunktaufgaben des Instituts für das Jahr 2004 festgelegt. Ausserdem wurde der Rechtsdienst mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet (siehe Ziff. 5.3.1).

43

44

45

Zurzeit liegen die Risiken in diesem Bereich mehr in den Verfahren für Sonderbewilligungen oder befristete Bewilligungen als im Bewilligungsverfahren für die Inverkehrbringung. Das Bewilligungsverfahren für die Inverkehrbringung von Tierarzneimitteln ist identisch mit dem Verfahren für die Humanarzneimittel. Jedoch sind nur wenige Tierarzneimittel in der Schweiz registriert; die beschränkte Anzahl der Tiere verhindert ihre Rentabilität. So werden zahlreiche Arzneimittel mit Sonderbewilligungen oder manchmal mit befristeten Bewilligungen importiert.

Es geht um die Definition der Anforderungen für die Zulassung zum Vertrieb von Komplementär- und phytotherapeutischen Arzneimitteln. Früher war dafür weder in den kantonalen Rechtssystemen noch im Bundesrecht eine Bewilligung nötig. In Zukunft müssen diese Präparate über eine von Swissmedic ausgestellte Bewilligung verfügen. Das Institut erwartet etwa 5500 Bewilligungsanträge für asiatische Arzneimittel sowie mehrere zehntausend Anträge für homöopathische und antroposophische Arzneimittel. Diese Arbeit ist in der Ressourcenplanung von Swissmedic vorgesehen.

Unter Orphan Drugs sind Arzneimittel zu verstehen, welche für die Behandlung äusserst seltener Krankheiten gebraucht werden, d.h. von Krankheiten, für welche die Entwicklung und der Verkauf von Medikamenten für die Pharmaindustrie von sehr beschränktem Interesse sind.

309

Die GPK-S muss erneut feststellen, dass die Vorbereitung des Aufbaus von Swissmedic unbefriedigend war. Auch wenn die wichtigsten Verordnungen bei der Inbetriebnahme von Swissmedic bereit waren, ist die Kommission doch der Ansicht, dass es gewagt war, die Tätigkeit aufzunehmen, solange noch so viele wichtige Anwendungsfragen ungelöst waren. Dies hat der Glaubwürdigkeit des Instituts geschadet und das Vertrauen gewisser Partner, insbesondere der Spitäler, der Kantone und gewisser Bereiche der Pharmaindustrie beeinträchtigt. Zudem hat die Entwicklung der Rechtsgrundlagen ständig wesentliche Ressourcen innerhalb des Instituts und des BAG absorbiert.

5.3

Marktüberwachung

5.3.1

Situation innerhalb des Rechtsdienstes hinsichtlich der Strafverfolgungen und Verwaltungsverfahren

Ende 2002 hatte der Rechtsdienst von Swissmedic die Kündigung von vier seiner acht Mitarbeitenden zu verzeichnen46. Diese Kündigungen standen im Zusammenhang mit dem Weggang des bisherigen Leiters des Dienstes, der vorher Leiter des Rechtsdienstes der IKS und in dieser Eigenschaft stellvertretender Direktor der IKS war. Mit diesen Abgängen verblieben nur noch drei Juristen, von denen zwei erst wenige Jahre Erfahrung in diesem Bereich hatten.

Der neue Leiter des Rechtsdienstes hat sein Amt am 1. April 2003 angetreten und hat, wie er es ausdrückte, ein Team «in einem traurigen Zustand» vorgefunden. Die Mitarbeitenden waren verunsichert und die Juristen, welche während der Vakanz der Leitungsposition angestellt worden waren, sind nicht gut integriert worden. Die Abgänge hatten einen Know-how-Verlust bedeutet, aber auch eine Verkümmerung des institutionellen Gedächtnisses, welche das Archivierungs- und Kontrollsystem der Geschäfte nicht zu kompensieren vermochte. Es ging nun zugleich darum, wieder ein erträgliches Arbeitsklima herzustellen, mit einer klaren Leitung, und die Restrukturierung und Weiterentwicklung des Rechtsdienstes zu planen. Gegenwärtig ist der Personalbestand des Rechtsdienstes vollständig; neben dem Leiter zählt er 15 Juristen und 1,5 administrative Stellen. Der Leiter des Rechtsdienstes ist der Ansicht, dass ein gesundes Arbeitsklima wiederhergestellt werden konnte.

Der Rechtsdienst widmet sich vor allem der gesetzgebenden Arbeit (Erarbeitung des fehlenden Ausführungsrechts). Er übt auch eine Beratungsfunktion nach aussen (z.B.

für die Industrie, die Presse und die Kantone) wie auch im Innern des Instituts aus.

Da die IKS dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren47 nicht unterstellt war, ging es dabei zum Beispiel darum, das Personal zu unterrichten und zu beraten, wie man ein Verfahren führt, einen Entscheid verfasst oder Verwaltungsmassnahmen ergreift. Der Rechtsdienst ist ausserdem mit der Führung der Strafverfolgung im Vollzugsbereich des Bundes beauftragt (Art. 90 Abs. 1 HMG).

46 47

310

Siehe Antwort des Bundesrats auf die Interpellation 02.3762 «Missstände bei Swissmedic?».

SR 172.021

Die beiden ersten Aufgaben nahmen einen Grossteil der Ressourcen in Anspruch und liessen nur wenig Kapazitäten für die Strafverfolgung übrig. So weist der Rechtsdienst in diesem Bereich einen grossen Rückstand auf. Ende 2002 waren 100 Anzeigen hängig; nur 16 Verfahren konnten 2002 abgeschlossen werden. Die anderen Anzeigen waren noch nicht behandelt worden und die Dossiers waren noch kaum zusammengestellt. Obwohl während der Projektphase ein Experte zu diesem Thema konsultiert wurde, bestand noch kein kohärentes Konzept für die Einleitung von Strafverfolgungen. Zudem war noch kein auf Verwaltungsstrafrecht spezialisierter Jurist rekrutiert worden.

Ende 2003 hat die Schaffung einer Abteilung für Strafrecht, die mit neuen Mitarbeitenden ausgestattet wurde, das Anpacken der Dossiers und die Eröffnung der ersten Verfahren möglich gemacht. Ein Konzept für die Einleitung von Strafverfolgungen wurde erarbeitet, das Know-how muss jedoch noch konsolidiert werden. Bis Ende 2003 konnten 26 Verfahren abgeschlossen werden; 160 Anzeigen waren jedoch noch hängig.

Ausserdem ist anzumerken, dass die Interpretation gewisser Gesetzesbestimmungen noch nicht festgelegt ist und somit eine klare Anwendung des Rechts bei der Strafverfolgung verhindert. Dies ist zum Beispiel bei den Bestimmungen über die Arzneimittelwerbung der Fall oder bei Artikel 33 HMG, der die Gewährung von geldwerten Vorteilen an Personen, die Arzneimittel verschreiben oder abgeben, und an Organisationen, die solche Personen beschäftigen, regelt («Antikorruptionsartikel»).

Der Ständerat sowie die zuständige nationalrätliche Kommission haben zwei Standesinitiativen zu diesem Artikel Folge gegeben48. Arbeiten unter der Leitung des BAG sind zur Zeit dazu im Gange.

Die bei Swissmedic hängigen Anzeigen stehen zum Teil im Zusammenhang mit Wettbewerbsproblemen. Anstatt Klage wegen unlauteren Wettbewerbs einzureichen, zeigen die Pharmaunternehmen die Fälle dem Institut an und hoffen, dass der Fall mindestens ebenso schnell und vor allem ohne Kosten behandelt werden wird.

Der Rechtsdienst hat beschlossen, seine Anstrengungen in einer ersten Phase auf die schwersten Vergehen zu konzentrieren, sowie auf die Bestimmung von «leading cases», mit dem Ziel, eine gewisse Sicherheit und Vorhersehbarkeit des Rechts zu gewährleisten. Während die Anstrengungen des
Rechtsdienstes sich im Moment in erster Linie auf die internen Verfahren konzentrieren (Konsolidierung des Dienstes und des Know-hows, Erledigung der Fälle), ist sich der Leiter des Rechtsdienstes durchaus bewusst, dass sobald diese Konsolidierungsphase vorbei ist, es darum gehen wird, sich nach Aussen zu wenden (z.B. Erarbeitung von Schulungen und Verbesserung der Information).

Beurteilung durch die GPK-S Für die GPK-S ist es schwer nachvollziehbar, dass die Eskalation der Lage im Rechtsdienst in einer Weise zugelassen wurde, die zum Weggang der Hälfte der Mitarbeitenden in einer kollektiven Kündigung führte, und dies während der entscheidenden Phase der Errichtung des Instituts. Es wird mehrere Jahre brauchen, um die daraus hervorgegangenen Verluste zu kompensieren.

48

Siehe den Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) vom 26.1.2004 zu den Standesinitiativen 03.308 und 03.310; AB 2004 S 146.

311

Die Kommission bedauert auch, dass der Rechtsdienst nicht früher mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet wurde. Dies hätte es möglich gemacht, die Vorbereitung der Gesetze und die Beratungsarbeit auszuführen und auf Strafrecht spezialisierte Personen zu rekrutieren.

5.3.2

Koordination und Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Swissmedic und den Kantonen

Weiter oben wurde festgehalten, dass nach Ansicht der GPK-S die Sachspezialisten der Kantone zu wenig an der Vorbereitung des neuen Heilmittelgesetzes beteiligt wurden (siehe Ziff. 4.1). Eine der Folgen davon war, dass am 1. Januar 2002 ein Rahmen für die Zusammenarbeit mit den Kantonen fehlte. Die Aufteilung der Zuständigkeiten war weder klar diskutiert noch detailliert festgehalten worden. Dies hat zur Entstehung einer tiefen Unzufriedenheit und zu einem Vertrauensverlust der Kantone gegenüber Swissmedic geführt, die von verschiedenen mehr oder weniger objektiven Faktoren genährt wurden: ein Mangel an Koordination und aktiver Kommunikation von Seiten des Instituts; aufwändige administrative Verfahren auf Grund der fehlenden einheitlichen Informatikplattform; das Gefühl, dass das Institut ehemalige kantonale Aufgaben unbefriedigend erfüllte oder auch der Erhalt widersprüchlicher Informationen von verschiedenen Diensten des Instituts.

Um dieser Situation Abhilfe zu schaffen, hat der Institutsrat seinen Vizepräsidenten damit beauftragt, eine kritische Untersuchung der Schnittstellen zwischen den Kantonen und Swissmedic durchzuführen und die Schwächen des gegenwärtigen Systems zu identifizieren. Nach einer Umfrage bei den betroffenen kantonalen Diensten fand im November 2003 eine Arbeitssitzung statt, an der eine Liste der bestehenden Probleme aufgestellt wurde. Die Kantone konnten zu diesem Katalog und zu den von Swissmedic geplanten Massnahmen Stellung nehmen.

Verschiedene Probleme stellen sich im Bereich der Inspektionen, bei denen die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Kantonen komplex ist.

Die Kantone sind für die Inspektion des Detailhandels (Spitäler, Apotheken, Drogerien, Korrespondenzverkauf, selbstdispensierende Ärzte, Tierärzte) sowie für die Inspektion der Lagerung von Blut und Blutprodukten verantwortlich. Swissmedic ist für Inspektionen im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Grosshandel sowie der Einfuhr, der Ausfuhr und dem Handel im Ausland zuständig. Mit anderen Worten ist das Institut verantwortlich für die Kontrolle der Zulässigkeit des Vertriebs und der Konformität der Medikamente mit der Zulassungsbewilligung, während die Kantone die Rechtmässigkeit der Abgabe und der Verwendung von zugelassenen Arzneimitteln kontrollieren.

Mit wenigen Ausnahmen49
delegiert Swissmedic jedoch die Ausführung der Inspektionen, für die es zuständig ist, an die kantonalen oder regionalen Inspektionsstellen.

Die Stellen, welche die Inspektionen im Auftrag des Instituts ausführen, müssen akkreditiert sein und über ein den anerkannten internationalen Normen entsprechendes Qualitätssicherungssystem verfügen. Ein von der EFK schon zweimal erwähntes Problem besteht darin, dass die Abteilung Inspektorate von Swissmedic, im Gegen49

312

Swissmedic führt die Inspektionen in den folgenden Bereichen selbst durch: immunologische Arzneimittel, Blut und Blutprodukte (namentlich Blutspendezentren) sowie seltene Verfahren, die sehr spezifische Kenntnisse voraussetzen.

satz zu den regionalen Inspektoraten der Nordost- und der Nordwestschweiz, die einen Grossteil der Inspektionen durchführen, nicht akkreditiert ist50. Obwohl die Übergangsbestimmungen eine Akkreditierung bis spätestens Ende 2006 fordern, teilt die GPK-S die Ansicht der EFK, dass Swissmedic die Vorarbeiten zur Akkreditierung schnellstmöglich in Angriff nehmen muss. Es geht um die Glaubwürdigkeit des Instituts auf nationaler und internationaler Ebene. Laut Angaben von Swissmedic ist der neue Leiter der Abteilung Inspektorate dabei, die notwendigen Massnahmen zu treffen.

In ihrem Bericht vom Oktober 2002 stellte die EFK ausserdem fest, dass die Inspektionspraxis weder einheitlich noch optimal war. Während einige Kantone die Inspektionen ungenügend oder gar nicht durchführten, konnten die im HMG vorgesehenen Zuständigkeiten in gewissen Bereichen zu Doppelspurigkeiten zwischen Swissmedic und den kantonalen oder regionalen Inspektoraten führen. Ausserdem wurden die gute Laborpraxis (GLP) und die gute Herstellungspraxis (GHP) von den verschiedenen Kantonen unterschiedlich interpretiert und angewandt. In ihrem Management Letter zum Geschäftsjahr 2003 stellt die EFK fest, dass noch kein schweizweiter, alle Akteure übergreifender Inspektionsplan besteht und dass die zu inspizierenden Firmen keiner systematischen Risikobeurteilung unterzogen werden. Für die EFK müssen diese Mängel behoben werden. Es ist hervorzuheben, dass nach Ansicht von Swissmedic die Koordination insgesamt zufriedenstellend funktioniert, unter anderem dank einem Komitee für die Koordination der Inspektionen (Inspektorates Coordination Committee, ICC), das die Kantonsapotheker und die regionalen Heilmittelinspektorate unter der Leitung des Instituts versammelt. Das Institut anerkennt jedoch, dass die Situation noch verbessert werden kann, und hat sich als Ziel für das Jahr 2004 gesetzt, die Praktiken durch die folgenden drei Massnahmen weiter zu vereinheitlichen: Ausarbeitung von Inspektionsrichtlinien, Qualitätskontrollen bei der Inspektionstätigkeit der Kantone und Optimierung der Verfahren zwischen den Kantonen (Inspektionen) und dem Institut (Erteilung von Zulassungen für den Vertrieb).

Die Frage der Koordination mit den Kantonen stellt sich auch im Bereich der Überwachung der klinischen Versuche. Die kantonalen Ethikkommissionen
sind für die Bewilligung der klinischen Versuche zuständig, aber Swissmedic kann einen Versuch verbieten oder seine Durchführung mit Auflagen und Bedingungen verknüpfen sofern die Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Guten Praxis der klinischen Versuche nicht erfüllt werden (Art. 53 und 54 Abs. 4 HMG). Die Kriterien und der Umfang der Prüfung durch Swissmedic sind jedoch im HMG und in der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über klinische Versuche mit Heilmitteln (Vklin)51 nicht klar geregelt. Laut dem Bundesrat hat sich Swissmedic dabei in der Regel auf eine formelle Vollständigkeitsprüfung bezüglich der Unterlagen zu beschränken und sich dabei auf die materielle Prüfung durch die Ethikkommission zu stützen52. Zur Zeit sieht sich Swissmedic jedoch häufig veranlasst, Anträge für klinische Versuche erneut materiell zu prüfen und dadurch teilweise die Arbeit der kantonalen Ethikkommissionen noch einmal vorzunehmen. Die GPK-S ist sich bewusst, dass das Funktionieren der kantonalen Ethikkommissionen verschiedene Probleme aufwirft; 50 51 52

Die regionalen Inspektorate der Romandie und des Tessins, welche ungenügend gross sind, sind noch nicht akkreditiert.

SR 812.214.2 Siehe 04.3231 Interpellation ­ Swissmedic. Kompetenzüberschreitung. Antwort des Bundesrates vom 30.6.2004.

313

trotzdem ist sie der Ansicht, dass die Bemühungen zur Koordination und Abklärung der Kompetenzen weitergeführt werden müssen.

Beurteilung durch die GPK-S Die verschiedenen Initiativen von Swissmedic zur Klärung der Zuständigkeiten wurden von den Kantonen im allgemeinen positiv aufgenommen. Sie haben zu einer bedeutenden Entspannung der Beziehungen beigetragen. Kantonsapotheker wurden zum Beispiel an der Vorbereitung des zweiten Pakets der Bundesverordnungen beteiligt. Für die GPK-S ist es essentiell, das Vertrauen wiederherzustellen, damit Swissmedic seine Integrationsrolle im Heilmittelkontrollsystem voll wahrnehmen kann. Swissmedic kann sich nicht auf die unabhängige Ausführung seiner Aufgaben beschränken; es muss auch als Drehscheibe im Netz der Akteure des Heilmittelbereichs dienen und die Verbindung zwischen der kantonalen, der Bundes- und der internationalen Ebene sicherstellen (siehe Ziff. 3.2). Um diese Integrationsaufgabe zu erfüllen, hat Swissmedic grosse Aufmerksamkeit auf die Koordination mit den verschiedenen kantonalen Stellen zu legen und deren Erfahrung und Sensibilitäten zu respektieren. Die Kantone müssen auch eingeladen werden, an der Konzeption der sie betreffenden Prozesse mitzuwirken. Es könnte zudem nützlich sein, die Möglichkeit zu prüfen, eine regelmässige Austausch- und Informationsplattform zur Behandlung der gemeinsamen Themen einzuführen.

Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates fordert den Bundesrat auf, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um das Vertrauensklima zwischen Swissmedic und den Kantonsbehörden wieder herzustellen. Insbesondere müssen die Zuständigkeiten geklärt und die Zusammenarbeit in den Bereichen Inspektionen und Überwachung der klinischen Versuche effizienter gestaltet werden.

5.3.3

Vigilance

Unter «Vigilance» ist ein Meldesystem zu verstehen, das Swissmedic erlaubt, unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln und Vorkommnisse mit Medizinprodukten zu erfassen und, im Fall von schwerwiegenden Risiken, Sofortmassnahmen für den Schutz der Gesundheit der Patienten und der Bevölkerung im Allgemeinen zu ergreifen. Sowohl die Fachleute im Gesundheitsbereich (z.B. Medizinalpersonen, Apotheker) als auch die Hersteller und Vertreiber sind angehalten, Swissmedic alle unerwünschten Wirkungen und Vorkommnisse zu melden (Art. 59 HMG).

Die von Swissmedic im Juli 2003 erstellte Risikoanalyse hielt fest, dass dieses System noch nicht befriedigend funktionierte. Die betroffenen Drittpersonen waren noch nicht ausreichend über ihre Informationspflicht und die ihnen diesbezüglich zur Verfügung stehenden Mittel informiert worden. Ausserdem war die technische Unterstützung für das Meldesystem ungenügend und die Personalressourcen erlaubten es nicht, alle Meldungen zu erfassen und auszuwerten.

314

Angesichts der Bedeutung dieses Instruments für die Sicherheit der Heilmittel hat der Vorsteher des EDI das Produkt Vigilance als eine der prioritären Aufgaben von Swissmedic für das Jahr 2004 bestimmt. Eine Reihe von Massnahmen wurden durchgeführt oder sind geplant, und zwar sowohl intern (insbesondere die Schaffung zweier neuer Vollzeitstellen, davon eine in der Materiovigilance) als auch extern (z.B. Bildung einer Expertengruppe für die Evaluation von Vorkommnissen bei Medizinprodukten, Einrichtung von elektronischen Foren und von Ausbildungen).

Das Institut anerkennt, dass noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist, vertritt jedoch die Ansicht, dass das System insgesamt gut funktioniert; dies zeigten laut Swissmedic auch die effiziente Behandlung einiger Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit.

5.4

Sonderbewilligungen

Bis zum 1. Januar 2002 wurden die Gesuche für Sonderbewilligungen für in der Schweiz nicht zugelassene Arzneimittel (siehe Ziff. 3.2) von den Kantonsapothekern geprüft. Die Bewilligungen wurden der IKS gemeldet, die so über eine Übersicht über die in der Schweiz gewährten Sonderbewilligungen verfügte. Seit dem 1. Januar 2002 stellt Swissmedic die Bewilligungen aus. Nach Meinung aller beteiligten Akteure ­ einschliesslich Swissmedic ­ ist jedoch das neue zentralisierte System nicht effizient.

Einerseits hat die Zentralisierung zu höheren Anforderungen hinsichtlich der Berichterstattung geführt, welche die Ärzte oft nicht erfüllen. Andererseits sind die Fristen für die Behandlung der Gesuche für Sonderbewilligungen wesentlich länger geworden. Im vorherigen System hat die Nähe zwischen den Diensten der Kantonsapotheker und den gesuchstellenden Ärzten53 das Knüpfen von Vertrauensbeziehungen ermöglicht. Für die meisten Präparate ermöglichte dies den Kantonsapothekern, die Bewilligungen innerhalb einiger Stunden auszustellen und regelmässig langfristige Bewilligungen zu gewähren. Detaillierte Überprüfungen waren eher die Ausnahme als die Regel. Dies könnte auch die grosse Anzahl der Gesuche beim Institut erklären; während von 1500 pro Jahr ausgegangen wurde, hat Swissmedic 2002 nahezu 4500 erhalten und 9500 im Jahr 200354. Die Zentralisierung der Behandlung der Gesuche hat also ein Anstieg der Arbeitslast verursacht, für den die Ressourcen nicht vorgesehen waren, und dadurch verlängerten sich die Behandlungsfristen.

Gemäss dem Bericht über die Erfüllung der Leistungsvereinbarung 2003 konnte die auf 48 Stunden festgelegte Frist für die Behandlung der Gesuche eingehalten werden. Allerdings ist dies in dringenden Fällen eine zu lange Frist, welche ein Risiko für die betroffenen Patienten mit sich bringt. Laut einigen Gesprächspartnern der GPK-S ist es in solchen Fällen schon vorgekommen, dass die benötigten Heilmittel den Patienten ohne vorgängige Bewilligung von Swissmedic abgegeben wurden (manche Spitäler hätten den Vertreibern z.B. frühere Bewilligungen vorgelegt). Das durch die Verzögerungen bei den Behandlungen der Gesuche entstehende Risiko scheint sich also nicht konkretisiert zu haben.

53 54

Es handelt sich vorwiegend um Chefärzte der Universitätsspitäler, namentlich in den Bereichen AIDS, Krebsforschung, Infektiologie oder Pädiatrie.

Andere Erklärungsfaktoren für diesen Anstieg sind eine bessere Information der Medizinalpersonen und die Verstärkung der Zollkontrollen, die Einfuhren ohne Bewilligung erschweren.

315

In der Absicht, die Verfahren zu vereinfachen, wurde die Bestimmung zur Einfuhr in der Schweiz nicht zugelassener verwendungsfertiger Arzneimittel55 abgeändert (Inkrafttreten: 1.9.2004). Medizinalpersonen, die für den Detailhandel berechtigt sind, dürfen in Zukunft solche Arzneimittel auch ohne Bewilligung von Swissmedic einführen. Im Allgemeinen müssten die Arzneimittel jedoch bereits in einem Land zugelassen worden sein, das über ein entsprechendes Zulassungssystem verfügt (z.B.

in den USA oder in den Ländern der Europäischen Union registrierte Arzneimittel).

Die Medizinalpersonen, welche diese Arzneimittel importieren, werden dann zur Führung eines Registers verpflichtet. Die GPK-S wird die Umsetzung dieses neuen Systems aufmerksam verfolgen.

5.5

Andere festgestellte Probleme

Unter den anderen Problemen und Risiken, welche die Kommission, Swissmedic oder die EFK festgestellt haben und welche hier nicht vertieft wurden, sind vor allem die folgenden Bereiche zu erwähnen: ­

Die Zulassungsgesuche für Arzneimittel werden nicht systematisch innerhalb der festgelegten Frist von 200 Tagen überprüft.

­

Die Marktüberwachung muss systematisiert werden.

­

Die Rechnungsführungsprozesse weisen verschiedene Schwächen auf.

­

Das Qualitätsmanagementsystem ist noch nicht vollständig erarbeitet und operationell.

­

Das Betriebskonzept der Laboratorien muss verbessert werden.

­

Auf Grund eines Konflikts zwischen den Kantonen und dem Bund konnte die Eröffnungsbilanz erst im Laufe des Jahres 2003 erstellt werden.

Swissmedic hat in allen Bereichen Massnahmen ergriffen oder zumindest vorgesehen. Die Kommission hat keine besonderen Bemerkungen dazu, da diese Fragen nicht im Zentrum der Untersuchung standen.

Ferner hat sich die GPK-S nach den Kontrollmöglichkeiten beim Erwerb von Arzneimitteln durch Einzelpersonen über das Internet (E-Commerce) erkundigt. Dabei sind zwei Situationen zu unterscheiden: Der Erwerb von Arzneimitteln über eine in der Schweiz domizilierte Website (.ch) entspricht einem Korrespondenzverkauf. Die Überwachung liegt im Zuständigkeitsbereich der Kantone. Falls Swissmedic ein Vergehen feststellt, kann es bei der zuständigen kantonalen Behörde Anzeige erstatten.

Das Institut ist hingegen für die Kontrolle der Einfuhren, der Ausfuhren und des Handels im Ausland zuständig. Abgesehen von gewissen Substanzen56 sind Einzelpersonen berechtigt, auch über das Internet, in der Schweiz nicht zugelassene Arzneimittel für ihren Eigengebrauch einzuführen (Art. 36 Abs. 1 ABMV). Privatpersonen dürfen somit Arzneimittel auf eigene Verantwortung und in einer auf den 55 56

316

Art. 36 der Verordnung vom 17.10.2001 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich (AMBV; SR 812.212.1).

Es handelt sich um psychotrope Substanzen, Betäubungsmittel, Arzneimittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, sowie immunologische Arzneimittel für den tierärztlichen Gebrauch.

Eigenverbrauch während dreissig Tagen beschränkten Menge einführen. Diese Möglichkeit wird oft für in der Schweiz nicht zugelassene oder rezeptpflichtige Arzneimittel genutzt (z.B. Kortison, Viagra, Xenical).

Trotz ihrer Rechtmässigkeit ist die Einfuhr von Arzneimitteln durch Einzelpersonen problematisch. Einerseits fehlt dabei die Beratung durch eine medizinische Fachperson. Andererseits ist die Qualitätskontrolle nicht gewährleistet, was zahlreiche Risiken mit sich bringt: Die Medikamente können zum Beispiel gefälscht (gefälschte, schlecht dosierte oder gar fehlende Wirkstoffe), durch unangemessene Lagerung verdorben oder falsch etikettiert sein usw. Wird ein solches Problem festgestellt, kann Swissmedic bei den zuständigen nationalen Behörden Anzeige erstatten, aber ohne Garantie, dass dieser Folge geleistet wird. Was die psychotropen Substanzen und die Betäubungsmittel betrifft, liegt das Problem darin, dass relativ wenige Zollkontrollen der Sendungen gemacht werden.

Beurteilung durch die GPK-S Da die strafrechtlichen Verfolgungsmöglichkeiten beschränkt sind, ist es wichtig, für eine Sensibilisierung bei den Konsumenten zu sorgen. Seit seiner Inbetriebnahme hat Swissmedic zum Thema E-Commerce mehrere Pressemitteilungen veröffentlicht und die Gelegenheit gehabt, zahlreiche Journalisten darüber zu informieren. Die GPK-S begrüsst diese Arbeit, ist jedoch der Ansicht, dass sie nicht nur über die traditionellen Medien erfolgen sollte. Das Institut muss in seiner Kommunikationspolitik proaktiv und kreativ sein und mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten, um seine Botschaft bekannt zu machen (z.B. Internetprovider, Kantone, Konsumentenschutzorganisationen, Ärzte). Die kürzliche Publikation eines für ein breites Publikum bestimmten Prospekts ist ein Schritt in diese Richtung.

Empfehlung 2 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf sicherzustellen, dass die Information der KonsumentInnen bezüglich des Erwerbs von Arzneimitteln über das Internet verstärkt wird und über verschiedene Kanäle erfolgt. Ausserdem muss sich die Schweiz an den internationalen Bemühungen zur Regelung des elekronischen Handels von Arzneimitteln weiterhin konsequent und aktiv beteiligen.

5.6

Allgemeine Beurteilung durch die GPK-S

Aus den Analysen geht hervor, dass das Projekt Swissmedic sehr (zu?) ambitiös war. Die Abläufe und die Aufteilung der Zuständigkeiten wurden durch das neue Gesetz grundlegend neu gestaltet. Laut mehreren Gesprächspartnern der GPK-S setzte sich eine ziemlich perfektionistische Konzeption des neuen Heilmittelkontrollsystems gegen die pragmatischeren Ansätze durch. Ihrer Meinung nach wurde eine zu radikale Systemänderung vorgenommen, die den bestehenden und gut funktionierenden Elementen zu wenig Rechnung trug. Für solche Reformen hätte man zumindest auf die Begeisterung der Mitarbeitenden beider Institutionen zählen können müssen, was jedoch nicht der Fall war. In vielen Bereichen wurden die früheren Zuständigkeiten der Kantone zentralisiert oder eine Kontrolle der Aktivitä317

ten der Kantone wurde eingesetzt. Dass diese Änderungen ohne die Beteiligung der kantonalen Sachspezialisten erfolgten, bewirkte, dass die Kooperationsbereitschaft der Kantone reduziert, ihr Vertrauen erschüttert und das Gefühl der Partnerschaft geschwächt wurde.

Die festgestellten Probleme stehen vor allem im Zusammenhang mit den neuen Instrumenten des Instituts (z.B. Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung, Informatiksystem) sowie mit den «neuen» Aufgaben, die dem Institut übertragen worden sind, d.h. den Aufgaben, die früher von den Kantonen ausgeführt oder durch das neue HMG eingeführt wurden. Die alten Aufgaben der IKS und der FE HM, wie die Erteilung von Zulassungen für den Vertrieb von Arzneimitteln, funktionieren gut.

Gewisse Probleme können somit den Neuerungen zugeschrieben werden. Die GPK-S ist sich bewusst, dass das Auftauchen gewisser «Kinderkrankheiten» praktisch unvermeidlich ist. Eine Anpassungsphase ist sowohl für die Mitarbeitenden des Instituts als auch für seine Partner notwendig. Zugleich muss jedoch festgestellt werden, dass die Arbeiten während der Projektphase keine optimalen Bedingungen für die Gründung des neuen Instituts geschaffen haben. Zahlreiche Probleme stehen im Zusammenhang mit der mangelhaften (schwaches Projektmanagement) und/oder nicht abgeschlossenen Vorbereitung (überstürzte Inbetriebnahme) des neuen Instituts.

Während der ersten 18 Monate seines Betriebs war das Heilmittelinstitut vorwiegend mit der Regelung seiner internen Probleme beschäftigt, was zu einer ernsthaften Unzufriedenheit seiner Partner ­ besonders der Kantone ­ führte. Im Jahr 2003 ermöglichte die Änderung der Direktion, die Probleme zu erkennen und ein effizientes Krisenmanagement einzusetzen. Die GPK-S ist der Meinung, dass die Situation sich inzwischen deutlich verbessert hat. Die Beziehungen zwischen dem Institut und seinen Partnern haben sich entspannt. Das Institut hat auf nationaler wie auf internationaler Ebene an Visibilität gewonnen. Zahlreiche Mängel im Vollzug des Gesetzes sind zwar weiterhin vorhanden, aber in sämtlichen Problembereichen wurden Massnahmen ergriffen oder sind zumindest geplant. Auch die EFK teilt diese Ansicht, wenn sie in ihrem Management Letter über die Schlussrevision des Geschäftsjahrs 2003 feststellt, dass in organisatorischer Hinsicht grosse Fortschritte
erzielt wurden.

Die GPK-S ist der Auffassung, dass nun eine Phase der Konsolidierung erfolgen muss. Zahlreiche Mitarbeitende haben ihre Stelle wechseln müssen oder neue Aufgaben übertragen erhalten; diese Personen müssen sich wieder einleben und an Erfahrung gewinnen können. Dann besteht die Hoffnung, dass eine wirkliche Unité de Doctrine entstehen wird.

6

Exkurs: Einige Betrachtungen zum 3. Kreis

Da sie im Fall von Swissmedic mit verschiedenen organisationsrechtlichen Fragen konfrontiert wurde (siehe Ziff. 7), wollte die GPK-S wissen, wie diese Fragen in den anderen Einheiten des 3. Kreises der Bundesverwaltung geregelt sind. Zunächst musste dafür abgeklärt werden, welche Verwaltungseinheiten dem 3. Kreis zugeordnet werden. Die Heterogenität der Einheiten, aus denen er sich zusammensetzt, macht eine Übersicht schwierig. Der 3. Kreis weist eine wesentliche finanzielle und politische Bedeutung auf, namentlich da der Bund gemäss Artikel 19 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner

318

Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz) für einen allfälligen, einem Dritten zugefügten Schaden haftet57.

Die GPK-S hat entschieden, diese Untersuchung zu nutzen, um diesen wenig bekannten Bereich genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei versuchte sie, die folgenden Fragen zu beantworten: ­

Welche Einheiten werden dem 3. Kreis zugeordnet? Was für Gemeinsamkeiten weisen diese Einheiten auf?

­

Wie werden die Steuerung und die Aufsicht dieser Einheiten durch den Bundesrat und die Bundesverwaltung organisiert und durchgeführt?

Hier ist hervorzuheben, dass das Vier-Kreise-Modell (siehe Grafik 3) keinen normativen Rahmen darstellt, sondern ein heuristisches Modell ist. Es beinhaltet keine spezifischen Rechte oder Pflichten und bezweckt auch keine exakte Beschreibung der Realität. Es ist vielmehr Ausdruck einer Leitidee, «ein pragmatischer Denkansatz zur Systematisierung von Grundsatzfragen der Verwaltungsführung»58: Die Dezentralisierung der Aufgaben des Bundes kann sinnvoll sein, aber sie muss von angemessenen Steuerungs- und Überwachungsinstrumenten begleitet sein.

Die in dieser Ziffer aufgeworfenen Probleme stellen sich ebenfalls auf kommunaler, kantonaler und internationaler Ebene. Die Europäische Union führt zum Beispiel eine interessante Reflexion über die Rahmenbedingungen der europäischen «Agenturen»59 durch, zu denen auch die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln zählt60. Auf kantonaler Ebene wird die Form der öffentlichrechtlichen Anstalt in den Bereichen der Bildung, der Kantonalbanken, der Pensionskassen oder auch der Ausgleichskassen häufig eingesetzt61.

57 58 59

60

61

SR 170.32 Bericht des Bundesrats über das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget ­ Evaluation und weiteres Vorgehen (Evaluationsbericht FLAG) vom 19.12.2001, BBl 2002 3535.

Auf Gemeinschaftsebene versteht man unter «Agenturen» die selbstständigen Dienste der Zentralverwaltung, deren Auftrag im Vollzug gemeinschaftlicher Regulierungsaufgaben besteht («regulatory agencies» im Englischen).

Siehe Bericht der Arbeitsgruppe 3a, «Etablissement d'un cadre pour des agences de régulation à vocation décisionnelle», Juni 2001, www.europa.eu.int/comm/ governance/areas/group6/report_fr.pdf (im Folgenden: Bericht der Arbeitsgruppe, existiert nur auf Französisch und Englisch); Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, «L'encadrement des agences européennes de régulation», vom 11.12.2002, www.europa.eu.int/comm/governance/docs/comm_agence_fr.pdf (im Folgenden: Mitteilung der Kommission, existiert nur auf Französisch und Englisch).

Bolz Urs/Reitze Thomas/Erzinger Christian, «Der dritte Kreis im Bundesorganisationsrecht, Bericht der PricewaterhouseCoopers AG im Auftrag der Projektleitung FLAG», August 2001, S. 6­7 (im Folgenden: PWC-Bericht) (nicht veröffentlicht).

319

Grafik 3 Das Vier-Kreise-Modell 1. Kreis Ministerial-Verwaltung z.B. Generalsekretariate, Bundesämter

2. Kreis FLAG-Verwaltungsstellen z.B. BAKOM MeteoSchweiz X X X

3. Kreis Öffentlich-rechtliche Betriebe und Anstalten z.B. Swissmedic, ETH

6.1

X 4. Kreis Gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit Bundesbeteiligung z.B. SBB, Swisscom

Definition und Zusammensetzung des 3. Kreises

Da der Zweck des Vier-Kreise-Modells nur beschreibend und nicht normativ ist, wurden die Fragen der konzeptuellen Definition nicht immer sehr gründlich studiert, besonders was den 3. Kreis angeht.

Traditionellerweise umfasst der 3. Kreis autonome Betriebe und Anstalten des Bundes. Diese Einheiten sind zu 100% im Besitz des Bundes, basieren auf Spezialgesetzen und unterliegen ­ im Gegensatz zu den Betrieben des 4. Kreises ­ dem öffentlichen Recht. Sie unterstehen nicht dem Gesetz vom 6. Oktober 1989 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG)62, führen ihre eigene Rechnung und gehören nicht zum Rechnungskreis des Bundes (Art. 1 FHG). Sie verfügen in der Regel über eine eigene Rechtspersönlichkeit (im Sinne von Art. 52 Abs. 2 und 59 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs63) und über eigene Organe (Art. 8 Abs. 3 RVOV). Sie können für ihre Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden (Art. 19 Verantwortlichkeitsgesetz), Kooperationen und Allianzen eingehen sowie über eigenes Vermögen verfügen64. Der 3. Kreis ist eine Zwischenlösung zwischen der Zentralverwaltung und dem 4. Kreis; ein Status, welcher der Tätigkeit der betroffenen Einheiten eine gewisse Unabhängigkeit von den politischen Behörden garantiert, ohne dass diese Tätigkeit jedoch unter das Privatrecht fällt oder sich in einem wettbewerblichen Umfeld abspielt.

62 63 64

320

SR 611.0 SR 210 Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3539. Siehe auch EFV, «Konzeptbericht FLAG», 1996, S. 7 sowie EFV, «Mit FLAG zeigt die Staatsführung Flagge. Theorie und Praxis im Reformprojekt », 2002, S. 8.

Nach dieser Definition können heute die folgenden Einheiten als zum 3. Kreis gehörend angesehen werden: ­

Eidgenössische Technische Hochschulen (ETH) und angegliederte Institute: ­ Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft ­ Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz ­ Paul Scherrer-Institut ­ Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

­

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE)

­

Publica (ehemalige Pensionskasse des Bundes)

­

Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV)

­

Swissmedic

Die geringe Anzahl von Anstalten des 3. Kreises bezeugt die Zurückhaltung, die der Bundesrat gegenüber Auslagerungen in den 3. Kreis absichtlich ausgeübt hat ­ und immer noch ausübt65. Er gibt eher den FLAG-Einheiten (2. Kreis) den Vorzug, d.h.

einer Lösung, welche die Gewährung eines erweiterten Handlungsspielraums an Einheiten innerhalb der Zentralverwaltung ermöglicht. Diese Zurückhaltung hängt auch mit dem bedeutenden Initialaufwand zusammen, der von den Verwaltungseinheiten, die in den 3. Kreis wechseln möchten, oft unterschätzt wird. Der Bundesrat erachtet es «als notwendig, hier Leitplanken zu setzen und insbesondere aufzuzeigen, dass die unternehmerischen Anforderungen für die Führung im 3. Kreis wesentlich weiter gehen als bei FLAG.»66 Auch das Führungsinstrumentarium ist wesentlich komplexer als im 2. Kreis, namentlich was die Schnittstellen zwischen dem Bundesrat und dem jeweiligen Aufsichtsorgan der Verwaltungseinheit angeht.

Während das Vier-Kreise-Modell nicht in der Rechtsordnung verankert ist, ist die Unterscheidung zwischen der Zentralverwaltung (1. und 2. Kreis) und den dezentralisierten Verwaltungseinheiten (3. Kreis und weitere dezentrale Einheiten) im RVOG festgehalten. Die zentrale Bundesverwaltung umfasst die Verwaltungseinheiten, welche die für die Wahrnehmung der Regierungsfunktionen notwendigen Aufgaben erfüllen; die Einheiten sind gegenüber der Bundeskanzlei oder gegenüber dem Departement, dem sie untergeordnet sind, weisungsgebunden (Art. 7 Abs. 1 RVOV). Die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung geniessen eine gewisse Autonomie in der Verwaltung ihrer Ressourcen und/oder der Erfüllung ihrer Aufgaben; sie sind der Bundeskanzlei oder dem Departement mit dem engsten Sachbezug zugeordnet (Art. 8 RVOV). Das Gesetz sieht vor, dass der Bundesrat sie «nach Massgabe der besonderen Bestimmungen» beaufsichtigt (Art. 8 Abs. 4 RVOG). Die dezentrale Bundesverwaltung setzt sich aus den Behördenkommissionen (ohne die Rekurskommissionen) und aus den selbstständigen Anstalten und Betrieben zusammen (Art. 6 RVOV) (siehe Liste der wichtigsten Verwaltungseinheiten im Anhang zur RVOV).

65

66

Mitverantwortlich für die eher geringe Zahl von Anstalten des 3. Kreises ist zudem sicher auch die Tatsache, dass der Bund nur beschränkt eigentliche Vollzugsaufgaben erfüllt; siehe PWC-Bericht, S.25.

Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3565.

321

Für den Bundesrat kommen rechtliche Ausgliederungen insbesondere dann in Frage, wenn eine weitgehende wirtschaftliche und finanzielle Eigenständigkeit vorliegt und/oder die betreffenden Verwaltungseinheiten ihre Aufgaben weitgehend weisungsungebunden ausführen67. Die Notwendigkeit, mit Drittstellen zusammenzuarbeiten oder sich an ihnen zu beteiligen sowie die Grösse und die Komplexität der Verwaltungseinheit sind weitere Kriterien, die für eine rechtliche Ausgliederung sprechen können. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, dass eine von der Europäischen Kommission beauftragte Arbeitsgruppe drei Hauptgründe für die Delegation gewisser Aufgaben an selbstständige Verwaltungseinheiten genannt hat: die Notwendigkeit, in gewissen Bereichen hoch spezialisiertes Knowhow zu mobilisieren, das Bedürfnis, die Glaubwürdigkeit der Staatstätigkeit sicherzustellen, und das Anliegen einer Visibilität, welche die Identifikation eines bestimmten Themas mit einer spezifischen öffentlichen Stelle ermöglicht68.

6.2

Autonomie und Kontrolle

Auf Grund der den dezentralen Verwaltungseinheiten gewährten Autonomie haben diese für ihre Tätigkeiten selbst die Verantwortung zu tragen. Gleichzeitig müssen sie jedoch einer effizienten, demokratischen Kontrolle unterworfen sein. Der Bundesrat muss in der Lage sein, sie zu steuern und die gute Ausführung der ihnen anvertrauten Aufgaben des Bundes zu überwachen. Er muss auf den Schutz seiner legitimen Rechte als Eigentümer achten; dies umso mehr, als der Bund gewisse Haftungsrisiken übernimmt. Es ist also ein Kontrollsystem vorzusehen, das die Autonomie dieser Einheiten mit der Letztverantwortung des Bundesrats in Einklang bringen kann.

Gegenwärtig sind die Praktiken der Bundesverwaltung in Sachen Steuerung und Aufsicht nur schwer vergleichbar. Ein Leistungsauftrag und eine Leistungsvereinbarung können in gewissen Fällen bestehen, in anderen nicht. Die Verfahren, nach denen die betroffenen Dienste den Leistungsauftrag und die Leistungsvereinbarung erstellen und nachher die Einhaltung der Ziele kontrollieren, variieren ebenfalls. Unabhängig davon, ob ein Leistungsauftrag und eine Leistungsvereinbarung bestehen, kann die Aufsicht mehr oder weniger streng ausgeübt werden. Zum Beispiel wird die EAV ähnlich wie ein Bundesamt behandelt, dagegen weist Publica den Charakter einer «gewöhnlichen»69 Pensionskasse auf und untersteht daher einer weniger strengen Aufsicht. Die Aufsichtsfunktion kann vom Departementsvorsteher mit Unterstützung des Generalsekretariats wahrgenommen (IGE, EAV, Publica) oder einer untergeordneten Einheit delegiert werden (ETH, Swissmedic). Weitere Unterschiede in der Kontrollpraxis bestehen bei der Ernennung der leitenden Organe und Kader, beim Verfahren zur Festlegung der Gebühren, bei der Finanzverwaltung, beim Berichtssystem oder auch hinsichtlich des Bestehens einer Rekursinstanz.

67

68 69

322

Siehe zum Beispiel den Brief des Bundesrats an die WBK-S vom 24.3.2004 betreffend 02.3381 Motion der GPK-S und 02.088 Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum (nicht veröffentlicht).

Bericht der Arbeitsgruppe, S. 8­9.

Botschaft des Bundesrats zum Bundesgesetz über die Pensionskasse des Bundes vom 1.3.1999, BBl 1999 5254.

Die von der Europäischen Kommission beauftragte Arbeitsgruppe hält folgendes fest70: «das Gleichgewicht zwischen Autonomie und Kontrolle bildet den gordischen Knoten der guten Führung [solcher Einheiten]. [...] Es genügt nicht, die angemessenen Organe, Instrumente und Mechanismen vorzusehen, sondern die betroffenen institutionellen und privaten Akteure müssen eine gemeinsame Vision und ein gemeinsames Verständnis der Rollen der Agenturen in der Exekutive entwickeln.

Dies erfordert einen langen, gemeinsamen Lernprozess [...].» Die jeweiligen Rollen von Regierung, Verwaltung und Parlament unterscheiden sich nämlich grundsätzlich im Fall der autonomen Institutionen.

Die Rolle des Bundesrats ist in erster Linie diejenige des Eigentümers71. Als Eigentümer ist er verantwortlich für die Formulierung der strategischen Vorgaben, für die Überwachung der organisatorischen Entwicklung sowie für die Erhaltung der Substanz (Eigentümerverantwortung)72. Im Allgemeinen lässt sich der Bundesrat im Aufsichtsorgan vertreten ­ oder er ernennt zumindest dessen Mitglieder. Ausserdem trägt der Bundesrat auch die Leistungsverantwortung73. Diese kann durch die Erteilung eines Leistungsauftrags an die Einheit des 3. Kreises wahrgenommen werden, welcher die statischen Bestimmungen des Gesetzes in dynamischer Weise konkretisiert. Der Leistungsauftrag wird unilateral vom Bundesrat erlassen, er ist für die betroffene Einheit bindend. Verglichen mit den Leistungsaufträgen, die an die FLAG-Einheiten erteilt werden, sollte ein für den 3. Kreis angemessener Leistungsauftrag ­ theoretisch ­ einen geringeren Detaillierungsgrad aufweisen.

In der Praxis delegiert der Bundesrat die Kontrolle an das betreffende Departement.

Das zuständige Departement übernimmt also eine Führungsfunktion, die sich in enger Zusammenarbeit mit der Einheit des 3. Kreises abspielt. Falls ein Leistungsauftrag besteht, kann das Departement seine Führungsaufgabe durch die Ausarbeitung einer jährlichen Leistungsvereinbarung wahrnehmen, welche die strategischen Vorgaben des Leistungsauftrags in konkrete Ziele umsetzt. Im Gegensatz zum Leistungsauftrag, der unilateral vom Bundesrat vorgegeben wird, handelt es sich bei der Leistungsvereinbarung ­ wie ihr Name schon sagt ­ um einen gegenseitigen Vertrag. Sie erfordert daher eine Verhandlung und die Zustimmung
beider Parteien.

Das zuständige Departement übernimmt ausserdem eine Kontrollfunktion, die sich in zwei Teilaufgaben gliedert. «Zum einen handelt es sich um die operative Kontrolle im engeren Sinne. Hier überprüft das Departement die jährliche Erfüllung der Leistungsvereinbarung, analysiert allfällige Abweichungen und ergreift bei wiederholter Nicht- oder Schlechterfüllung entsprechende Sanktionsmassnahmen. Gegenüber dem Bundesrat kommt dem Departement eine zusätzliche Übersetzungsfunktion zu. Hierbei interpretiert das Departement die Erfüllung der Leistungsvereinbarung im Hinblick auf die Erfüllung der politischen Leistungsvorgabe und 70

71

72 73

«L'équilibre entre autonomie et contrôle constitue le noeud gordien de la bonne gouvernance. [...] Il ne suffit pas de concevoir les organes, les instruments et les mécanismes adéquats, il faut aussi que les acteurs institutionnels et de la société civile concernés développent une vision et une compréhension commune du rôle des agences dans le système exécutif. Cela requiert un apprentissage collectif de longue haleine [...].» Bericht der Arbeitsgruppe, S.14.

Schedler Kuno/Ösze Daniel, «Kurzkommentar der Experten zum Steuerungskonzept «Schweizerisches Heilmittelinstitut», S. 3 (nicht veröffentlicht) (im Folgenden: Steuerungskonzept).

Verantwortung des Staates, den Wert seiner Betriebe zu erhalten und seine Vermögenselemente zu verwalten.

Verantwortung der Person oder Institution, die das Erbringen von Leistungen mit vorgegebenen Zielen in der Gesellschaft oder bei bestimmten Kunden gewährleistet.

323

überwacht stellvertretend für den Bundesrat die Einhaltung der Eigentümervorgaben des Bundes»74.

Die Bundesversammlung verfügt ihrerseits über keine spezifischen Instrumente für den 3. Kreis. Sie übt Einfluss durch parlamentarische Vorstösse, im Rahmen des Bundeshaushalts und besonders durch den Erlass des Spezialgesetzes aus. Ausserdem bleibt die Möglichkeit vorbehalten, im Gesetz spezifische Instrumente vorzusehen, wie zum Beispiel ein spezieller Bericht an das Parlament, die obligatorische Konsultation der parlamentarischen Kommissionen vor der Erteilung eines eventuellen Leistungsauftrags oder gar, für Einheiten mit hoher politischer und finanzieller Bedeutung, die Genehmigung des Leistungsauftrags durch die Bundesversammlung (wie dies etwa für den ETH-Bereich der Fall ist75). Die hauptsächliche Änderung bei der parlamentarischen Oberaufsicht ist, dass die direkte Oberaufsicht durch ein Mandat der indirekten Kontrolle ersetzt wird (siehe Ziff. 2.2).

6.3

Heterogenität und Grundmodelle

Obwohl die Verwaltungseinheiten des 3. Kreises gewisse gemeinsame Eigenschaften aufweisen (siehe Definition von Ziff. 6.1), sind ihre Unterschiede genauso gross, wenn nicht sogar grösser als ihre Gemeinsamkeiten. Sie unterscheiden sich unter anderem in der Frage der Leistungssteuerung und -überwachung (siehe Ziff. 6.2), aber auch bezüglich der Beziehungen mit der Zentralverwaltung, der Zusammensetzung und der Grösse des Aufsichtsorgans, des Personalstatus, der internen Strukturen, der Beziehungen mit dem Parlament, der Finanzverwaltung (z.B. Grad der Eigenfinanzierung, Rechnungslegungsnormen) sowie schliesslich in der Selbstständigkeit hinsichtlich ihrer Immobilien und Informatik. Die Einheiten des 3. Kreises lassen sich somit nur schwer vergleichen. Es muss ausserdem festgestellt werden, dass es gegenwärtig keine einheitliche Praxis und keinen gemeinsamen, detaillierten konzeptuellen Rahmen im Bereich des Organisationsrechts gibt. So hat der Bundesrat eingeräumt, dass eine relativ grosse Vielfalt von Lösungen besteht und dies «ohne dass hierfür überzeugende Gründe geltend gemacht werden können.»76 Diese Heterogenität erklärt sich aus der Tatsache, dass besondere Lösungen entwickelt wurden, um für Einzelfälle spezifische Anforderungen zu erfüllen, und dies zu verschiedenen Zeitpunkten und durch verschiedene Verwaltungsdienste. Im Gegensatz zu den FLAG-Einheiten (2. Kreis), deren Schaffung in der Form eines Pilotprojekts erfolgte, das eine kohärente Entwicklung und einheitliche Funktionskriterien gewährleistete, haben die Einheiten des 3. Kreises keine koordinierte Entwicklung durchgemacht. Als erstes entstand das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE), das 1996 unabhängig wurde. In der Folge nahm der Bundesrat eine zurückhaltende Stellung zum 3. Kreis ein; die Schaffung der anderen heute bestehenden Einheiten des 3. Kreises war jeweils durch besondere Umstände motiviert.

74 75 76

324

Steuerungskonzept, S. 4.

Art. 33 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4.10.1991 über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH-Gesetz; SR 414.110).

Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3565.

Der PWC-Bericht hält daher fest, dass für jede neue Einheit des 3. Kreises «das Rad neu erfunden wurde»77, was, wie man sich gut vorstellen kann, zu gravierenden Effizienzverlusten führte. Bei der Gründung von Swissmedic mussten die Projektverantwortlichen die organisatorischen Bestimmungen praktisch von Null an entwickeln, da sie als Vergleich nur über den Fall des IGE verfügten. So stellten die mit der Ausarbeitung der Grundzüge der Steuerungsverfahren für das zukünftige Institut beauftragten Experten fest, dass vielfach Neuland betreten wurde. Auf der einen Seite brachte dies den Vorteil, neue, massgeschneiderte Lösungen erarbeiten zu können. Auf der anderen Seite warnten die Experten aber auch, dass keine auf Anhieb perfekte Lösung erwartet werden konnte78.

Diese Heterogenität der Einheiten des 3. Kreises ist umso bedauerlicher, als der praktische Nutzen des Vier-Kreise-Modells ja gerade in der internen Kohärenz und der Standardisierung der Instrumente innerhalb der einzelnen Kreise besteht, was eine Vereinfachung und Optimierung der Steuerung und der Aufsicht durch den Bundesrat ermöglicht. Im 3. Kreis müssen sich der Bundesrat und die Verwaltung ­ ohne von der parlamentarischen Oberaufsicht zu sprechen ­ für jeden einzelnen Fall anpassen. Die Vielfalt der Lösungen macht eine Übersicht sehr schwierig. Dies ist weder effizient noch transparent79. Bei ihrer Untersuchung hat die GPK-S zudem festgestellt, dass die Bundesverwaltung selbst nicht immer eine sehr klare und/oder korrekte Vorstellung der Definition des 3. Kreises und der entsprechenden Führungs- und Kontrollinstrumente hat.

Es ist daher für die GPK-S wichtig, die Häufung von isolierten und schwer kontrollierbaren Lösungen zu vermeiden. Auch der Bundesrat vertritt diese Ansicht, wenn er in seinem Evaluationsbericht FLAG vom Dezember 2001 feststellt: «Mit Blick darauf, dass spezifische Lösungen für weitere Verwaltungsbereiche zur Diskussion stehen, die heute noch dem 1. Kreis angehören, besteht die Gefahr eines Wildwuchses voneinander abweichender Regelungen. Angesichts des sich stark entwickelnden Umfelds im Bereich der wirkungsorientierten Verwaltungsführung und der Optionen der (Teil-)Privatisierung (4. Kreis) ist es wichtig, die möglichen Organisationsformen für Verwaltungseinheiten des 3. Kreises durch zweckmässige Vorgaben auf
ein übersichtliches Mass zu beschränken.»80 Der PWC-Bericht befürwortet zwar die Möglichkeit für den Gesetzgeber, die Einheiten des 3. Kreises auf die konkreten Bedürfnisse abzustimmen, regt jedoch an, eine gewisse Typisierung herauszuarbeiten. So empfehlen seine Autoren die Schaffung von Grundmodellen für den 3. Kreis mit einem klaren und kohärenten Profil für die (zukünftigen) Einheiten des 3. Kreises und die Erstellung einer Liste der Kriterien für einen Wechsel in den 3. Kreis.81 In diesem Zusammenhang schlägt der PWC-Bericht ausserdem vor, die Notwendigkeit der Gestaltung eines spezifischen gesetzlichen Rahmens für den 3. Kreis zu prüfen.

Die Autoren des PWC-Berichts empfehlen die Schaffung zweier Grundmodelle (siehe Tabelle weiter unten). Das erste ist bekannt; es handelt sich um die öffentlichrechtlichen Anstalten. Das zweite Modell fordert die Erweiterung der Definition des

77 78 79 80 81

PWC-Bericht, S. 3.

Steuerungskonzept, S. 2.

PWC-Bericht, S. 32.

Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3565.

PWC-Bericht, S. 32.

325

3. Kreises, um die Aufsichtsbehörden darin einzuschliessen82. Letztere (z.B. die Eidgenössische Bankenkommission, die Wettbewerbskommission, die Eidgenössische Spielbankenkommission oder die Kommunikationskommission) gehören in der Tat zur dezentralen Bundesverwaltung, da sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsungebunden sind (Art. 8 Abs. 2 RVOV). Was die Verwaltung ihrer Ressourcen betrifft, sind die Aufsichtsbehörden dagegen zur Zeit Einheiten der Zentralverwaltung zugeordnet (de facto Autonomie). Der Bundesrat hat sich den Schlussfolgerungen dieser Analyse angeschlossen. In seinem Evaluationsbericht FLAG wies er darauf hin, dass er die Steuergruppe und die Projektleitung FLAG beauftragt hat, die beiden Grundmodelle für den 3. Kreis zu konkretisieren83.

Tabelle Grundmodelle für den 3. Kreis84 Öffentlich-rechtliche Anstalt

Aufsichtsbehörde

­ Auftrag im Spezialgesetz formuliert

­ Auftrag in Spezialgesetz formuliert

­ Bundesrat ist Leistungsbezüger ­ Eigene Rechtspersönlichkeit

­ Einem Departement zugeordnet

­ Eigene Organe

­ Geschäftsplan des Führungsorgans

­ Finanzielle Autonomie

­ Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) auf die betrieblichen Zwecke beschränkt

­ Abgeltung durch Bund

­ Ressourcenvereinbarung

­ Bundespersonalgesetz oder Obligationenrecht

­ Bundespersonalgesetz

­ Eigenständige Informatik

­ Informatik: Auf Verwaltungsinfrastruktur basierend, evtl. Eigenständigkeit

­ Aufsicht durch eigene Gremien

­ Aufsicht: durch eigene Gremien, nur über formelle Geschäftsführung

Andere vom Bundesrat in Auftrag gegebene Studien sind gegenwärtig im Gange.

Die Bundeskanzlei erstellt ein Inventar der Vertreter des Bundes in Organen Dritter.

Die EFV untersucht den Regulierungsbedarf hinsichtlich der Haftung der Mitglieder von Führungsorganen, sowie die Entsendung, die Information und die Instruktion der Vertreter des Bundes in diesen Führungsorganen. Zudem erarbeitet sie Kriterien für den Entscheid, ob eine Einheit zum 2. Kreis (Zentralverwaltung) oder zum 3. Kreis (dezentrale Verwaltung) gehören soll ­ ein Entscheid, der allerdings letzt82

83 84

326

Siehe auch Bolz Urs/Reitze Thomas, «Welches Organisationsmodell für Marktaufsichtsbehörden? Unter besonderer Berücksichtigung der neuen Eidgenössischen Spielbankenkommission. Bericht der PricewaterhouseCoopers AG im Auftrag der Projektleitung FLAG», Oktober 1999 (nicht veröffentlicht).

Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3566.

Projektleitung FLAG, «Für den dritte Kreis stehen zwei neue Grundmodelle zur Debatte», in: Flag Praxis, August 2001. Siehe auch EFV, Mit FLAG zeigt die Staatsführung Flagge.

lich politischer Natur bleiben wird. Nach der Jahresplanung der EFV liegen bis Ende 2004 erste Ergebnisse dieser Abklärungen vor.

Die GPK-S begrüsst die verschiedenen vom Bundesrat erteilten Aufträge. Besonders was den 3. Kreis betrifft, ist allerdings festzustellen, dass die Arbeiten an den Grundmodellen seit Dezember 2001 nur bescheidene Fortschritte gemacht haben.

Diese Modelle sind immer noch lückenhaft und wenig detailliert. Die beauftragten Dienste mussten angesichts ihrer beschränkten Ressourcen Prioritäten setzen. Der Bundesrat hat zudem weder die Funktionen, welche diese Modelle erfüllen sollten, noch eine Frist für ihre Konkretisierung präzisiert.

Der Bundesrat hat bisher eine zurückhaltende Politik verfolgt, der sich die GPK-S anschliessen kann. Angesichts der immer zahlreicheren und immer komplexeren Aufgaben des Bundes wird die Tendenz zu einer Dezentralisierung der Aufgaben jedoch zweifellos zunehmen. Diese Entwicklung lässt sich heute schon sowohl auf kantonaler wie auch auf internationaler Ebene beobachten. Die GPK-S ist der Ansicht, dass es wichtig ist, diese Entwicklungen durch die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens zu begleiten, der zugleich die Autonomie und die Kontrolle der Einheiten des 3. Kreises organisiert. Sie räumt ein, dass die Möglichkeit gewisser spezifischer Regelungen für die Einheiten des 3. Kreises bestehen muss und dass es kaum möglich sein wird, ein einziges Modell für alle Anstalten respektive Aufsichtsbehörden zu schaffen. Um eine höhere Transparenz und Effizienz zu gewährleisten, müssen sich die spezifischen Bestimmungen jedoch in einen gemeinsamen Bezugsrahmen einfügen. Die Kommission legt daher Wert darauf, dass die Arbeiten zur Klärung und Harmonisierung der Organisations-, Funktions- und Kontrollformen im 3. Kreis innert nützlicher Frist erfolgreich abgeschlossen werden. Die Finanzdelegation hat sich kürzlich in ähnlicher Weise geäussert85. Die Kommission ist ausserdem der Ansicht, dass die Kriterien für die Schaffung neuer Einheiten oder für den Wechsel bestehender Einheiten in den 3. Kreis geklärt werden müssen: Rahmenbedingungen («objektive» Kriterien) und Eignung der Einheit («subjektive» Kriterien).86 In diesem Zusammenhang kann man sich fragen, ob es nicht nützlich wäre, parallel zur dezentralen Kontrolle durch die Departemente einen zentralen
Dienst zu schaffen, der mit der Sicherstellung der Homogenität der Kontrolle beauftragt wäre und als Kompetenzzentrum bei der Schaffung neuer Einheiten oder beim Wechsel von Einheiten in den 3. Kreis dienen würde87.

Zur Zeit ist der bei den Arbeiten zu den Grundmodellen verfolgte Ansatz konzeptueller Natur; während die GPK-S dies unterstützt, fordert sie den Bundesrat doch auf, zu prüfen, ob neue gesetzliche Grundlagen notwendig sind und, falls ja, die

85

86 87

Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2003, vom 24.2.2004, BBl 2004 2613.

PWC-Bericht, S. 40.

Diese Idee hat die von der Europäischen Kommission beauftragte Arbeitsgruppe zur Anwendung auf Gemeinschaftsebene vorgeschlagen. Sie führt als Beispiel das Office of Management and Budget (OMB) der amerikanischen Bundesverwaltung an. Das OMB, das auch für die Erarbeitung des Bundeshaushalts zuständig ist, führt eine KostenNutzen-Analyse aller Regulierungsvorschläge der unabhängigen Agenturen durch, überprüft die Kohärenz der normativen Vorschläge der Agenturen mit den bestehenden Regelungen, analysiert die Leistung und die Verwaltung der Agenturen usw. Siehe Bericht der Arbeitsgruppe, S. 22.

327

nötigen Anpassungen durchzuführen und die Bedingungen für eine rückwirkende Anwendung zu schaffen88.

Gegenwärtig wird die Schaffung oder der Wechsel in den 3. Kreis von mindestens fünf Diensten in Betracht gezogen: der neuen Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen, der Exportrisikogarantie, einer neuen Stiftung Schweizerisches Landesmuseum sowie einer neuen Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde. Man muss anerkennen, dass die bisher durchgeführten Untersuchungen zum 3. Kreis nicht unbeachtet geblieben sind.

Besonders in der Botschaft zur Stiftung Schweizerisches Landesmuseum findet man das Anliegen wieder, sich auf die früheren Erfahrungen und die skizzierten Grundmodelle zu stützen89. Wie es im Moment aussieht, ist jedoch das Risiko gross, dass von neuem isolierte Lösungen erarbeitet werden. Die Kommission fordert daher den Bundesrat (sowie die betroffenen parlamentarischen Kommissionen) auf, bei der Ausarbeitung der entsprechenden Gesetzesentwürfe diesem Problem besonders Rechnung zu tragen. Die Kommission erlaubt sich ausserdem anzumerken, dass zahlreiche Fragen offen bleiben ­ besonders was die Aufsicht angeht (z.B. im Fall der Finanzmarktaufsicht). Der Fall von Swissmedic zeigt, dass die Regelung der Zuständigkeiten für die Steuerung und die Aufsicht im voraus präzise und wenn immer möglich im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen sollte (siehe Ziff. 7).

Postulat: Verwaltungsführung im 3. Kreis Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht vorzulegen, der erläutert, wie er die Probleme und anstehenden Fragen der Verwaltungsführung im 3. Kreis zu lösen gedenkt.

Begründung Der Bericht des Bundesrats soll eine detaillierte Beschreibung der beiden Grundmodelle («öffentlich-rechtliche Anstalt» und «Aufsichtsbehörden»), die Kriterien für die Schaffung oder für die Auslagerung von Verwaltungseinheiten für jedes Modell sowie eine Stellungnahme zur eventuellen Notwendigkeit, spezifische gesetzliche Grundlagen zu schaffen, enthalten.

Die Grundmodelle müssen konkrete Lösungen für die Regelung der Autonomieund Aufsichtsmodalitäten der Einheiten des 3. Kreises aufweisen, insbesondere hinsichtlich der folgenden Aspekte: ­

Auftrag und Umfang der Befugnisse der Einheit;

­

Rechtsgrundlage und Rechtspersönlichkeit;

88

89

328

Obwohl es dabei um die juristischen Personen geht (d.h. um den 4. Kreis auf Bundesebene), könnte es zum Beispiel nützlich sein, sich vom Entwurf des Kantons Waadt für ein «Gesetz über die Beteiligung des Staates und der Gemeinden an juristischen Personen» («loi sur les participations de l'Etat et des communes dans des personnes morales») inspirieren zu lassen, der am 14.5.2004 in Vernehmlassung gegeben wurde, www.dfin.vd.ch.

(existiert nur auf Französisch).

Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum vom 29.11.2002, BBl 2003 535. Siehe auch Bericht des EDI an die WBK-S vom 17.3.2004 über den Vergleich alternativer Organisationsformen für die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum (nicht veröffentlicht).

­

Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung (Umfang, Verfahren für die Ausarbeitung, Kontrolle, Detaillierungsgrad usw.);

­

Ernennung, Absetzung, Grösse, Zusammensetzung und Zuständigkeiten des Aufsichtsorgans;

­

Bedingungen für die Mitwirkung von Vertretern des Bundes im Aufsichtsorgan;

­

Ernennung, Absetzung und Kompetenzen des Direktors;

­

Revisionsstelle und präziser Auftrag dieses Organs;

­

Finanzverwaltung und Dotationskapital;

­

generelle Orientierungen für die Aufsicht durch den Bundesrat (Kriterien, Verfahren, zuständiger Dienst usw.);

­

Haftung der Einheit und der Mitglieder der Führungsorgane;

­

Personalstatus;

­

Bedingungen für die Beteiligung an Organen Dritter;

­

Berichtssystem;

­

kommerzielle Tätigkeiten;

­

Rekursinstanz.

Der Bericht sollte ausserdem die Möglichkeit untersuchen, parallel zur dezentralen Kontrolle durch die Departemente einen zentralen Dienst zu schaffen, der mit der Sicherstellung der Homogenität der Tätigkeiten beauftragt wäre und als Kompetenzzentrum bei der Schaffung neuer Einheiten oder beim Wechsel von Einheiten in den 3. Kreis dienen könnte, bzw. diese Aufgabe einem bestehenden Dienst zu übertragen (z.B. EFV).

Das Vier-Kreise-Modell, wie es bisher präsentiert wurde ­ einschliesslich der weiter oben beschriebenen Definition des 3. Kreises ­ lässt zahlreiche Fragen offen. Insbesondere erlaubt es nicht, alle dezentralen Einheiten der Bundesverwaltung einzuordnen. Die «anderen administrativ zugewiesenen Einheiten» im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e RVOV wie zum Beispiel das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung, Präsenz Schweiz, der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte, die Eidgenössische Finanzkontrolle oder die öffentlich-rechtlichen Stiftungen90 (z.B.

Pro Helvetia) stellen alle Sonderfälle dar. Anderseits sind die Unternehmen des 4. Kreises ­ die nicht zur Bundesverwaltung gehören ­ im Modell integriert. Auch hier verlangen die Transparenz- und Effizienzerfordernisse nach einer gewissen Klärung.

Ausserdem ist im Vier-Kreise-Modell die parastaatliche Verwaltung nicht erfasst, d.h. die Institutionen, die zwar Aufgaben im öffentlichen Interesse wahrnehmen, an 90

In einem 1999 erstatteten Rechtsgutachten vertrat Prof. Tomas Poledna die Ansicht, dass die Rechtsform der Anstalt die eigentlichen Anstalten und die Stiftungen umfasst. Siehe Botschaft zur Stiftung Schweizerisches Landesmuseum, BBl 2003 559.

329

denen der Bund aber finanziell nicht beteiligt ist: Subventionsempfänger, Konzessionäre, usw.91 Diese Institutionen haben in der Praxis jedoch eine grosse Bedeutung. In einem kürzlich erschienenen Artikel vertrat der Vizedirektor der EFK die Ansicht, dass es wichtig wäre, ein vollständiges Inventar dieser Institutionen zu erstellen, deren Zahl 200 überschreiten könnte, und in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob die subsidiäre Haftung des Staates nicht zum Beispiel durch die Verpflichtung dieser Organismen zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung gemildert oder gar ausdrücklich ausgeschlossen werden sollte92. So wurde schon die Idee diskutiert, ein Modell mit sechs Kreisen zu entwickeln, um die parastaatliche Verwaltung zu integrieren, doch diese Idee wurde in den konkreten Projekten des Bundesrats oder der Verwaltung bisher noch nicht weiterverfolgt. Im Dezember 2001 vertrat der Bundesrat jedoch die Ansicht, dass «das Vier-Kreise-Modell in seiner heutigen Form weiterentwickelt werden muss.»93 Die Reflexion über den 3. Kreis fügt sich also in die allgemeinere Frage der Führung der dezentralen Verwaltung, der Unternehmen des 4. Kreises und der parastaatlichen Institutionen ein. Auch in diesem Punkt stellen sich die aufgeworfenen Probleme in ähnlicher Weise auf internationaler Ebene. So kann man für die Schweiz den Bericht der Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission paraphrasieren, der zum Schluss kommt, dass «die ungenügende Reflexion über die Stellung der europäischen Agenturen [Einheiten des 3. Kreises] in der Gemeinschaftsexekutive [Bundesexekutive] es nicht möglich gemacht hat, einen klaren Ansatz für die vorzusehenden demokratischen Kontrollmodalitäten zu entwickeln»94. Bevor man dem 3. Kreis konkretere Konturen verschaffen kann, muss also eine grundsätzliche Reflexion über das Modell der Verwaltungsführung erfolgen95. Durch eine solche Reflexion könnte auch die Wahrnehmung der jeweiligen Rollen des Bundesrats, der Departemente und der Bundesversammlung in der dezentralen Verwaltung bei den verschiedenen betroffenen Akteuren geklärt und gefördert werden.

In ihrer Stellungnahme vom August 2002 zum Evaluationsbericht FLAG haben die Aufsichtskommissionen des Nationalrates dem Bundesrat vorgeschlagen, nach weiteren vier Jahren des definitiven FLAG-Programmes dem Parlament erneut Bericht zu
erstatten und seine Überlegungen zur Weiterentwicklung der neuen Verwaltungsführung darzulegen. Diese Überlegungen sollten auch eine Analyse von New Public Management im internationalen Umfeld enthalten und die konkrete Entwicklung in den Kantonen und Gemeinden darstellen96. Die GPK-S schlägt dem Bundesrat vor, in diesen Bericht auch seine Überlegungen zur Führung der dezentralen Verwaltung, der Unternehmen des 4. Kreises und der parastaatlichen Institutionen und besonders zur Zukunft des Vier-Kreise-Modells einfliessen zu lassen.

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93 94

95 96

330

PWC-Bericht, S. 4.

Huissoud Michel, «Responsabilité de l'Etat: un risque à ne pas sous-estimer. Réflexion sur le périmètre de l'audit des collectivités publiques», in: L'Expert-Comptable Suisse, 12/2002.

Evaluationsbericht FLAG, BBl 2002 3566.

«La réflexion insuffisante sur la place des agences européennes [entités du 3e cercle] dans l'exécutif communautaire [fédéral] n'a pas permis de dégager une approche claire sur les modalités de contrôle démocratique à prévoir». Bericht der Arbeitsgruppe, S. 15.

PWC-Bericht, S. 5­6.

Bericht der Geschäftsprüfungskommission und der Finanzkommission des Nationalrats, «Bericht des Bundesrates über das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget (Evaluationsbericht FLAG)» vom 21. und 22.8.2002, BBl 2002 7819.

Dieser Bericht sollte ausserdem ein Inventar der dezentralen Einheiten enthalten und die Haftung des Staates für jede von ihnen kritisch prüfen.

Empfehlung 3 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, in seinem nächsten Evaluationsbericht FLAG auch seine Überlegungen zur Führung der dezentralen Verwaltung, der Unternehmen des 4. Kreises und der parastaatlichen Institutionen und insbesondere zur Zukunft des Vier-KreiseModells einfliessen zu lassen. Dieser Bericht sollte ausserdem ein Inventar der dezentralen Einheiten enthalten und die Haftung des Staates für jede von ihnen kritisch prüfen. Dies gilt insbesondere für diejenige, die ein erhebliches finanzielles Risiko für den Bund darstellen.

7

Organisatorische Fragen

7.1

Modell des autonomen Instituts

Die heutige Stellung von Swissmedic innerhalb der Bundesverwaltung (Institut des 3. Kreises) und innerhalb des EDI (Angliederung ans EDI, mit einer Koordinationsstelle im BAG) war eine der 1994 im Bericht an den Bundesrat über die künftige Heilmittelregelung97 skizzierten Lösungen.

Von den anderen untersuchten Lösungen wurde die Möglichkeit einer privatrechtlichen Organisationsform (4. Kreis der Bundesverwaltung) auf Anhieb ausgeschlossen. Für die Autoren des Berichts eignen sich privatrechtliche Formen nicht für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, welche die Anordnung von Zwangsmassnahmen gegenüber Privaten einschliessen können. «Kontrolleure» und «Kontrollierte» würden dabei auf derselben Ebene stehen. Ausserdem wäre die Übertragung von Rechtsetzungskompetenzen (z.B. Erlass von Vollzugsrichtlinien) auf Private aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch.

Der Bericht hat drei Organisationsmodelle für die Heilmittelkontrolle näher untersucht: ein Modell «Integration ins BAG» (eine Hauptabteilung des BAG); ein Modell «BAG-angegliedertes Institut» (eine dem BAG angegliederte öffentlichrechtliche Anstalt, die über weitreichende Autonomie in finanzieller und personeller Hinsicht verfügt, mit einem Institutsrat, der sich aus Vertretern des Bundes und der Kantone zusammensetzt und vom Direktor des BAG präsidiert wird); und ein Modell «autonomes Institut».

Ganz offensichtlich wurde das Modell des autonomen Instituts bevorzugt. Eine der hauptsächlichen Erwägungen bei dieser Wahl war die Tatsache, dass dieses Modell sich am meisten der früheren föderalistischen Struktur der Heilmittelkontrolle annäherte und den Kantonen am meisten Einfluss einräumte. Auch in den Augen der Pharmaindustrie gewährleistete dieses Modell am meisten Unabhängigkeit von den politischen Behörden. Es war das, welches den strategischen Entscheidungsprozess und die operationellen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Leistungserbringung am klarsten voneinander trennte. Ausserdem kam dieses Modell der Form der Orga97

Bericht über die künftige Heilmittelregelung, S. 35 ff.

331

nisationen anderer europäischer Länder, die für ihr hohes Qualitätsniveau anerkannt waren, am nächsten. Auf Grund der vorgesehenen Unabhängigkeit auf der Ebene der Organisation, des Personals und der Finanzfragen boten die Modelle «BAG-angegliedertes Institut» und «autonomes Institut» überdies mehr Transparenz und Flexibilität, um sich den Entwicklungen des Heilmittelmarktes anzupassen. Schliesslich ist die Wahl des Modells «autonomes Institut» auch im grösseren Zusammenhang der allgemeinen Tendenz zu Verwaltungsreformen zu sehen, die eine Dezentralisierung der staatlichen Tätigkeiten bezwecken.

Es ist interessant festzustellen, dass in allen drei Modellen das BAG für die Vorbereitung der strategischen Entscheide und für die Planung und die Koordination der Heilmittelpolitik mit der gesamten Gesundheitspolitik des Bundes zuständig sein sollte. Das Modell eines autonomen Instituts war allerdings in diesem Bereich am wenigsten effizient. Das Modell «Integration ins BAG» hätte eine bessere Koordination mit den verwandten Bereichen des BAG oder anderer Bundesämter ermöglicht.

Ausserdem hätten die Aufteilung der Zuständigkeiten im Gesetzgebungsbereich vermieden und Synergien zwischen der Gesetzgebung, dem Vollzug des Rechts und der Kontrolle erzielt werden können. Eine Eingliederung des Instituts in den 1. oder 2. Kreis hätte auch seinen Charakter als Service Public unterstrichen.

Die Angliederung von Swissmedic im 3. Kreis der Bundesverwaltung ist nicht optimal für gewisse Tätigkeitsbereiche des Instituts wie die Strafverfolgung oder die Verwaltungsmassnahmen. Im Umfeld der Schaffung des HMG erscheint die gewählte Lösung jedoch zweckmässig. Es geht für die GPK-S nicht darum, diese Organisationsform in Frage zu stellen, sondern die offenen Fragen, die Schwächen und den Optimierungsspielraum festzustellen.

7.2

Kontrollsystem

Da das Institut in seiner Geschäftsführung autonom ist, muss der Bund ein Kontrollsystem einsetzen, das sicherstellt, dass seine Interessen als Eigentümer und als Auftraggeber gewahrt werden. Das heutige Kontrollsystem setzt sich aus drei institutionellen Ebenen zusammen.

Die erste Ebene ist der Institutsrat. Seine Tätigkeit basiert vor allem auf Artikel 72 HMG, laut dem der Rat: a.

die Interessen des Instituts bei der Ausarbeitung von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung gegenüber dem Bundesrat und dem zuständigen Departement einbringt;

b.

gestützt auf die Vorgaben des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarung die Geschäftsplanung und das Budget genehmigt;

c.

die Erfüllung von Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung überwacht;

d.

dem Bundesrat die vom Bund für gemeinwirtschaftliche Leistungen des Instituts zu erbringenden Abgeltungen beantragt;

e.

das Organisationsreglement des Instituts genehmigt;

f.

die Gebührenordnungen für die Leistungen des Instituts erlässt;

g.

den Geschäftsbericht und die Jahresrechnung genehmigt;

332

h.

die weiteren Mitglieder der Direktion auf Antrag der Direktorin oder des Direktors wählt;

i.

die entsprechenden Berichte zuhanden der Auftraggeber genehmigt;

j.

weitere Aufgaben erfüllt, die ihm der Bundesrat zuweist.

Der Institutsrat ist also verantwortlich für das Controlling der Geschäftstätigkeit und für die Verwaltung des Instituts. Dies bedeutet in erster Linie die Überwachung der Leistungen im Rahmen des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarung, aber auch die Überwachung von Leistungen für Behörden oder für Einzelpersonen.

Ausserdem erlässt der Institutsrat die Verordnungen des Instituts (Art. 6 Organisationsverordnung vom 28.9.2001 für das Schweizerische Heilmittelinstitut98). Der Rat ist rechtlich autonom; seine Mitglieder können während der Dauer ihres Mandats nicht abgesetzt werden. Die Botschaft des Bundesrats zum HMG hält fest, dass die Verwaltungsaufgaben und ­funktionen des Institutsrats «denen eines Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft gleichen»99; in Tat und Wahrheit sind sie wesentlich eingeschränkter100. Die Kompetenzen des Institutsrats scheinen das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der Tragweite der Rolle des Institutsrats, wie diese im Vorentwurf zum HMG von 1994 vorgesehen war, und einer Auffassung der Rolle des Institutsrats als beratendes Hilfsorgan, wie es sich eine Arbeitsgruppe des BAG 1998 vorstellte, zu sein.

Die zweite Ebene der Kontrolle bildet die Revisionsstelle des Instituts, im vorliegenden Fall die EFK. Gemäss Artikel 74 HMG überprüft die Revisionsstelle: a.

die Rechnungsführung;

b.

die Berichterstattung über die Einhaltung des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarung;

c.

das richtige Funktionieren der Planungs-, Kontroll-, Steuerungs-, und Berichtssysteme des Instituts.

Das im HMG verankerte Mandat betrifft die gesamte Geschäftsführung des Instituts und sprengt somit die Grenzen der klassischen externen Kontrolle101. Neben seinem Mandat als Revisionsstelle übt die EFK auch ihren gesetzlichen Auftrag als Finanzaufsichtsorgan aus, der im Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG)102 festgehalten ist. Die EFK hat beschlossen, für beide Mandate einen gemeinsamen Jahresbericht zu verfassen, welcher dem Bundesrat, dem Institutsrat und der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte zugestellt wird; sie war nämlich der Ansicht, dass der gesetzliche Auftrag der EFK grundsätzlich mit dem Mandat des HMG übereinstimmt103.

98 99 100

SR 812.216 BBl 1999 3555 Ein Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft kann in allen Angelegenheiten Beschluss fassen, die nicht der Generalversammlung zugeteilt sind und soweit er die Geschäftsführung nicht übertragen hat (Art. 716 OR). Seine Hauptaufgaben sind in Art. 16a Abs. 1 OR geregelt.

101 Jahresbericht 2002 der Eidgenössischen Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und an den Bundesrat vom 14.3.2003, BBl 2003 6993.

102 SR 614.0 103 Diese Mandate unterscheiden sich nur in einem Bereich: Im Gegensatz zum Mandat des HMG beinhaltet der gesetzliche Auftrag der EFK auch eine Prüfung der Geschäftstätigkeit unter dem Gesichtspunkt des Eigentümers (Shareholder).

333

Die GPK-S hat sich die Frage gestellt, ob die Ausübung dieser Doppelfunktion durch die EFK wirklich zweckmässig ist. Die EFK arbeitet im Fall des Revisionsauftrags des HMG völlig anders. Für die GPK-S ist es noch zu früh, um die Doppelfunktion der EFK zu bewerten. Sie stellt bloss fest, dass Swissmedic sich bereit erklärt hat, die verschiedenen Empfehlungen der EFK umzusetzen, und dass die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Personen als gut beschrieben wird. Zur Zeit besteht nach Ansicht der Kommission kein Anlass, den Auftrag der EFK vorschnell zu revidieren. Dagegen scheint es wichtig, für eine laufende Betreuung und einen Lernprozess in der Revisionsarbeit zu sorgen (z.B. durch die Wahrung einer gewissen Konstanz bei den Personen, die mit Durchführung der Revision beauftragt werden).

Die dritte Ebene der Kontrolle bilden die Organe des EDI und der Bundesrat. Der Bundesrat legt die Ziele des Instituts im Leistungsauftrag fest; er ernennt die Mitglieder des Institutsrats, bezeichnet den Präsidenten und ernennt den Direktor des Instituts. Das EDI erfüllt eine Doppelfunktion. Einerseits übernimmt es die allgemeine Aufsicht des Instituts im Sinne der Wahrung der Eignerinteressen des Bundes; in diesem Rahmen teilt der Präsident des Institutsrats dem Vorsteher des EDI, respektive dem BAG nach den Sitzungen des Institutsrats die wichtigen Informationen mit und informiert halbjährlich über die strategischen Aspekte der Geschäftsführung des Instituts und über grössere geplante Investitionen. Ausserdem finden Gespräche zwischen dem Präsidenten des Institutsrats, dem Vorsteher des EDI und dem Generalsekretär des EDI statt (vier Mal im Jahr 2003). Andererseits überwacht das EDI das Institut im Sinne der Leistungsverantwortung. Die Sektion «Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic» des BAG führt eine Ergebniskontrolle auf der Grundlage des Berichts über die Einhaltung der Leistungsvereinbarung (jährlich), des Tätigkeitsberichts des Instituts (jährlich), des Berichts der EFK sowie der Zwischenberichte über die Einhaltung des Leistungsauftrags durch. Dabei konzentriert sie sich auf die gemeinwirtschaftlichen Leistungen; diese Kontrolle sollte die Verantwortung der Institutsorgane für die Geschäftsführung nicht tangieren104. Das BAG und Swissmedic haben 2003 sechs gemeinsame Sitzungen abgehalten.
Laut Angaben des Departements konzentriert sich die Aufsicht des EDI auf die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Die anderen Tätigkeiten von Swissmedic sind «grundsätzlich» nicht Bestandteil der Aufsicht durch das Departement, a priori ist der Bund nicht dafür zuständig. Diese Formulierung widerspiegelt die Tatsache, dass es schwierig ist, festzulegen, was genau Bestandteil der legitimen Eignerinteressen des Bundes ist. Da der Bund der Eigentümer ist, werden, wie ein Vertreter des EDI festgestellt hat, alle Aktivitäten des Instituts als zum Verantwortungsbereich des Bundes gehörend wahrgenommen.

7.3

Stellung und Funktion des Instituts

In ihrem Bericht vom Oktober 2002 hielt die EFK fest, dass die Zusammenarbeit zwischen Swissmedic und dem BAG, respektive der Sektion «Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic» nicht befriedigend verläuft. Einerseits verlaufen auf der technischen Ebene die Koordination zwischen der Zentralverwaltung und den Organen von Swissmedic sowie die Verwaltungsverfahren nicht optimal. Zudem beste104

334

BBl 1999 3553

hen Meinungsverschiedenheiten über die Angemessenheit der im Leistungsauftrag und in der Leistungsvereinbarung verwendeten Indikatoren sowie über den Betrag der Bundesabgeltungen für die «neuen» Aufgaben des Instituts.

Andererseits stellen sich auf der politischen/strategischen Ebene eine Reihe von Fragen in Bezug auf die jeweiligen Rollen des Instituts und des BAG im Bereich der Heilmittel und der Leitung des Instituts. Diese Fragen betreffen die Aufteilung der Kompetenzen, die Rolle des Institutsrats oder auch die Verfahren bei der Ausarbeitung der Leistungsvereinbarung und bei der Ergebniskontrolle.

7.3.1

Aufgaben und Zuständigkeiten der Sektion «Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic»

Die Aufgaben, welche Swissmedic durch das HMG und den Leistungsauftrag zugewiesenen wurden, decken nicht sämtliche den Heilmittelbereich betreffenden Aufgaben ab. Manche werden weiterhin von der Zentralverwaltung wahrgenommen. Es handelt sich dabei namentlich um Aufgaben, bei denen der Bundesrat der Ansicht war, er müsse über ein direktes Weisungsrecht verfügen, und die demzufolge nicht an eine dezentralisierte Verwaltungseinheit delegiert werden konnten. Gemäss der Botschaft zum HMG handelt es sich um allgemeine Aufgaben im Heilmittelsektor im weiteren Sinn, um die Controllingfunktion im Zusammenhang mit dem Heilmittelinstitut sowie um operative Tätigkeiten des BAG, die nicht an das Institut übertragen werden konnten105.

Diese Aufgaben werden von der Facheinheit «Biomedizin» des BAG wahrgenommen. Innerhalb der Facheinheit werden die Aufgaben, die spezifisch mit dem Heilmittelbereich und dem Institut zusammenhängen, durch die Sektion «Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic», durchgeführt, welche Ende 1999 geschaffen wurde.

Sie nimmt gegenwärtig die folgenden Aufgaben wahr:

105

­

Erarbeitung der Bundesratsverordnungen im Heilmittelbereich und Mitwirkung bei der Erarbeitung der Institutsverordnungen;

­

Behandlung der Geschäfte des Bundesrats und des Parlaments und der Bürgerbriefe; Koordination mit Swissmedic und den anderen betroffenen Verwaltungsstellen;

­

Controlling im Zusammenhang mit dem Institut;

­

Leitung des Verfahrens zur Erarbeitung der Leistungsvereinbarung;

­

Erarbeitung eines Konzepts für die Heilmittelpolitik zu Handen des BAG;

­

Behandlung von Fragen über den Zugang zu den Arzneimitteln;

­

Mitwirkung in Kommissionen und Arbeitsgruppen im Heilmittelbereich;

­

Erarbeitung der Verordnung zum Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen.

Dabei handelt es sich um folgende operative Tätigkeiten: Vollzug der Transplantationsgesetzgebung, soweit nicht Produkte im Sinne zulassungsfähiger Arzneimittel betroffen sind; Betreuung der Humanethikkommission und Behandlung weiterer medizinischethischer Fragen; Bearbeitung von Belangen der Genom-Analyse, der Forschung am Menschen und der biologischen Sicherheit (wie Xenotransplantate, Massnahmen zur Sicherheit von Blut, usw.). Siehe Botschaft zum Heilmittelgesetz, BBl 1999 3478.

335

Die Sektion ist also insbesondere damit beauftragt, die Erarbeitung der Leistungsvereinbarung zu leiten und ihre Einhaltung zu überprüfen. Der Institutsrat nimmt an diesem Prozess teil, da er «die Interessen des Instituts» gegenüber dem Departement «einbringen» muss (Art. 72 Bst. a HMG). Die Bundesabgeltungen, welche das Institut für seine gemeinwirtschaftlichen Leistungen erhält, sind im Budget des BAG enthalten (Sachkredit «Beiträge zu laufenden Ausgaben», Nr. 3600.017). Der Leistungsauftrag wird ebenfalls durch das BAG vorbereitet.

Die Sektion erfüllt ihre Aufgaben im Auftrag des EDI. Sie verfügt gegenwärtig über 2,5 Vollzeitstellen und ein Budget von ungefähr 318 000 Franken, das vorwiegend die Forschungs- und Entwicklungskosten abdeckt. Die Sektion profitiert ausserdem von der Unterstützung des Rechtsdienstes und des Fachbereichs Internationales des BAG. In einem Brief an die GPK-S vom 30. April 2004 vertrat der Vorsteher des EDI die Ansicht, dass die Ressourcen und Kompetenzen der Sektion ausreichend sind, um ihre Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.

7.3.2

Vorbereitung und Erarbeitung der Erlasse im Heilmittelbereich

Eine der Zuständigkeiten, welche Swissmedic und der Institutsrat gerne ans Institut übertragen sähen, ist die Vorbereitung und die Ausarbeitung von Erlassen im Heilmittelbereich. Gemäss Artikel 7 RVOG leitet der Bundesrat das Vorverfahren der Gesetzgebung unter Vorbehalt des parlamentarischen Initiativrechts. Der Bundesrat kann jedoch eine Verwaltungseinheit mit der Vorbereitung und der Erarbeitung der Erlasse im Namen der Regierung beauftragen. Im Heilmittelbereich ist das BAG dafür zuständig (Art. 9 Abs. 3 Bst. a Ziff. 4 der Organisationsverordnung vom 28.6.2000 für das Eidgenössische Departement des Innern [OV-EDI])106. Der Bundesrat «kann das Institut beauftragen», bei der Vorbereitung dieser Erlasse mitzuwirken (Art. 69 Abs. 3 HMG).

Der Institutsrat ist für den Erlass der Institutsverordnungen zuständig (Art. 6 der Organisationsverordnung für das Schweizerische Heilmittelinstitut); es handelt sich dabei um Weisungen zur Erfüllung von technischen Normen sowie um die Gebührenverordnung.

Die Leitung von Swissmedic ist der Ansicht, dass diese Aufteilung der Zuständigkeiten unbefriedigend ist. Einerseits macht das Institut geltend, dass die Federführung bei der Gesetzgebung demjenigen Organ übertragen werden sollte, das direkt mit den praktischen Problemen und den Marktteilnehmern konfrontiert ist, und das über die Sachkompetenz und das Know-how im Heilmittelbereich verfügt. Dieses Problem war schon während der Projektphase thematisiert worden, als das BAG mit der Erarbeitung des neuen Gesetzes beauftragt wurde, obwohl die IKS über mehr Erfahrung in dem Bereich verfügte. Andererseits schadet die aktuelle Situation gemäss der Leitung des Instituts der Ausstrahlung und der Glaubwürdigkeit von Swissmedic auf nationaler und internationaler Ebene. Das Institut sei somit nicht in der Lage, eines der strategischen Ziele, die ihm vom Bundesrat zugewiesen worden waren, zu erfüllen, nämlich die Positionierung als Schweizer Kompetenzzentrum im Heilmittelbereich, und sich in dieser Eigenschaft eine internationale Anerkennung zu sichern. Wenn das Institut über keinen direkten Zugang zu den politischen Ent106

336

SR 172.212.1

scheidungsträgern in einem Bereich wie die Gesetzgebung verfügt, wird laut Swissmedic früher oder später das BAG als hauptsächliche Schaltstelle im Heilmittelbereich wahrgenommen werden.

Vom juristischen Standpunkt aus gesehen hindert nichts daran, dass Swissmedic als unabhängige öffentlich-rechtliche Anstalt die Aufgabe der Vorbereitung und der Erarbeitung von Erlassen jeder hierarchischen Ebene (einschliesslich der Gesetze) wahrnimmt. Andererseits hindert auch nichts daran, dass ihr diese Aufgabe nicht übertragen wird; der Entscheid, diese Aufgabe dem BAG zu übertragen, ist also politischer Natur.

Das EDI hat mehrmals deutlich gegen die Übertragung dieser Zuständigkeit an Swissmedic Stellung genommen. Folgende Argumente wurden dafür angeführt: a.

Die Vorbereitung und die Erarbeitung von Erlassen beinhaltet eine wesentliche politische Verantwortung. Diese Aufgabe muss innerhalb der Weisungsbefugnis des Departementsvorstehers bleiben, der namentlich in der Lage sein muss, die Arbeitsmodalitäten zu bestimmen (z.B. Bildung von Expertengruppen und Arbeitsgruppen) oder eine materielle Prüfung durchzuführen.

b.

Es besteht eine enge Beziehung zwischen der Heilmittelgesetzgebung und anderen Gesetzen, die im Zuständigkeitsbereich des BAG liegen, wie die Bundesgesetze über die Krankenversicherung, die Betäubungsmittel, die Lebensmittel, die Epidemien oder die Transplantation. Ausserdem tauchen Fragen im Zusammenhang mit der Heilmittelpolitik auch in Bereichen auf, für die Swissmedic nicht zuständig ist (z.B. Festlegung der Preise, Kostenkontrolle, Vorbeugung vor Missbrauch und Abhängigkeiten, Zugang zu Arzneimitteln in den Entwicklungsländern oder Schutz des geistigen Eigentums). Diese Aufgaben werden von verschiedenen Einheiten der Bundesverwaltung wahrgenommen. Das BAG als Einheit der Zentralverwaltung muss im Sinne einer kohärenten und konstanten Gesundheitspolitik auf Bundesebene die Koordination dieser verschiedenen Bereiche gewährleisten.

c.

Eine Übertragung der Rechtsetzungskompetenzen an Swissmedic wäre auch angesichts der Unabhängigkeit heikel, über die das Institut für den Vollzug seiner Aufgaben verfügen muss. Gemäss dem EDI bezweckt die Zuweisung der politischen und der operativen Aufgaben an verschiedene Organe die Wahrung der Glaubwürdigkeit der Entscheidungen von Swissmedic. Diese Aufteilung sei ausserdem auch aus Gründen der Gewaltentrennung notwendig, da Swissmedic im Bereich des HMG als Strafvollzugsbehörde handelt.

d.

Von seiner Zusammensetzung her vertritt der Institutsrat klar die Interessen der Kantone. Folglich würde die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz wahrscheinlich öfters Anlass zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Departement und dem Institutsrat geben.

In Bezug auf die anderen Institutionen des 3. Kreises ist anzumerken, dass in ihrem jeweiligen Bereich, das IGE «die Vorbereitung der Erlasse besorgt»107 und der ETH-Rat «den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung von Erlassen»108 beantragt.

107

Art. 2 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes vom 24.3.1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGEG; SR 172.010.31).

108 Art. 5 Bst. c der Verordnung vom 19.11.2003 über den Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (Verordnung ETH-Bereich; SR 414.110.3).

337

Swissmedic unterscheidet sich allerdings von diesen Institutionen durch seine gesundheits- und wirtschaftspolizeilichen Aufgaben. Die GPK-S fragt sich, ob die Aufgabe der Vorbereitung und Erarbeitung von Erlassen mit der für die Ausübung polizeilicher Aufgaben erforderlichen Unabhängigkeit kompatibel ist, vor allem in einem Bereich mit so bedeutenden wirtschaftlichen und gesundheitlichen Interessen wie der Heilmittelbereich. Auch das BAG kann mit solchen Interessenskonflikten konfrontiert sein, besonders seit ihm der Bereich der Krankenversicherungen übertragen wurde. Als Bundesamt ist es jedoch der Aufsicht und den direkten Weisungen des Departementsvorstehers unterworfen.

In seiner Antwort auf eine Anfrage der GPK-S hat der Vorsteher des EDI klar Stellung genommen und gesagt es sei «zwingend», dass die Verantwortung für die Vorbereitung und Erarbeitung der Erlasse beim BAG bleibe. Während die GPK-S die vom EDI vorgebrachten Argumente nachvollziehen kann, besteht für sie kein Zweifel, dass sich die Sachkompetenz und die Erfahrung im Zusammenhang mit diesen Erlassen beim Institut befinden. Daher hält es die GPK-S für unabdingbar, dass Swissmedic systematisch am Vorverfahren der Gesetzgebung beteiligt ist. Dies entspricht implizit auch der Ansicht der EFK, die sich in ihrem Bericht vom Oktober 2002 nicht für eine Übertragung der Zuständigkeiten aussprach, sondern dem EDI empfahl, sicherzustellen, dass Swissmedic und der Institutsrat bei der Formulierung der Zielsetzungen und der Strategie des künftigen Heilmittelrechts ihre Position gebührend einbringen können. Die GPK-S vertritt ausserdem die Ansicht, dass der Institutsrat berechtigt sein muss, Antrag zum Erlass, zur Änderung oder zur Aufhebung der den Heilmittelbereich betreffenden Erlasse zu stellen, sofern er nicht selbst über die normative Kompetenz verfügt (um die Formulierung von Artikel 5 Buchstabe c der Verordnung ETH-Bereich wieder aufzunehmen).

In seiner Stellungnahme zum Bericht der EFK vom Oktober 2002 betonte das EDI, dass Swissmedic ja bereits in den Gesetzgebungsprojekten involviert sei, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit zwischen dem BAG und Swissmedic im Rahmen der Erarbeitung des zweiten Verordnungspakets zum HMG109. Das BAG habe Swissmedic ausserdem auch in die Arbeitsgruppen zum Heilmittelrecht miteinbezogen.

Die GPK-S
begrüsst die Beteiligung des Instituts an den aktuellen Gesetzgebungsprojekten. Sie findet jedoch, dass die Beteiligung des Instituts formell nicht nur vom guten Willen der betroffenen Organen der Zentralverwaltung abhängig sein, sondern gesetzlich garantiert werden sollte. So ist nach Meinung der Kommission die Formulierung von Artikel 69 Absatz 3 HMG unzureichend, laut welcher der Bundesrat das Institut «beauftragen kann», bei der Vorbereitung der Erlasse auf dem Gebiet der Heilmittel mitzuwirken. Sich zu den Projekten von Erlassen und von Massnahmen, welche die Heilmittel betreffen, zu äussern, sollte zu den eigentlichen Aufgaben des Instituts gehören.

109

338

Der Projektauftrag vom 21.8.2002 sieht einen leitenden Ausschuss vor, der sich aus den Direktoren des BAG und von Swissmedic zusammensetzt, sowie Arbeitsgruppen, die vorwiegend aus Mitarbeitenden des Instituts bestehen. Der Institutsrat wird am Vernehmlassungsverfahren beteiligt.

Empfehlung 4 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, zu gewährleisten, dass Swissmedic systematisch an der Vorbereitung und der Erarbeitung von Erlassen, welche die Heilmittel betreffen, beteiligt ist. Ausserdem muss der Institutsrat dem Eidgenössischen Departement des Innern Anträge zum Erlass, zur Änderung oder zur Aufhebung von Erlassen stellen können, die den Heilmittelbereich betreffen, insofern er nicht selbst über die normative Kompetenz verfügt. Des weiteren fordert die Kommission den Bundesrat auf, diese Änderungen anlässlich der nächsten Revision des Heilmittelgesetzes im Gesetz zu verankern und in der Zwischenzeit Swissmedic eine wirksame Einbeziehung in die Gesetzgebung zu ermöglichen.

7.3.3

Verhältnis zwischen Swissmedic und dem BAG

Das BAG verfügt über keine Entscheidungsbefugnis gegenüber Swissmedic. Das Institut ist formell dem EDI unterstellt, es schliesst die Leistungsvereinbarungen mit dem Departement ab und erstattet ihm Bericht. Hingegen übt das BAG einen massgeblichen Einfluss auf zahlreiche Dossiers aus, die in einem direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit von Swissmedic stehen. In seiner Koordinationsfunktion (Koordination mit Swissmedic und Koordination der Heilmittelpolitik des Bundes) bereitet das BAG die Konzepte im Zusammenhang mit der Heilmittelpolitik sowie die Entwürfe von Erlassen oder von Antworten auf parlamentarische Vorstösse und Bürgerbriefe vor. In seiner Kontrollfunktion erstellt das Amt die Entwürfe des Leistungsauftrags und der Leistungsvereinbarung und überprüft im Auftrag des EDI die Erstellung der Berichte zur Leistungserfüllung. Die Bundesabgeltungen, die Swissmedic für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen erhält, sind ausserdem im Budget des BAG enthalten.

Nach Ansicht der Leitung von Swissmedic kommt die beschriebene Konfiguration einer doppelten Unterstellung gleich und birgt das Risiko einer übermässigen Kontrolle der Tätigkeit des Instituts. Wie die EFK festgestellt hat, empfinden die Verantwortlichen von Swissmedic die aktuelle Konfiguration als eine Bevormundung.

Ihrer Meinung nach muss diese Konfiguration abgeschafft werden; die Aufgaben des BAG müssen dem GS EDI und dem Institutsrat übertragen werden (siehe Schema 4). Ausserdem sind sie der Ansicht, dass die Bundesabgeltungen separat budgetiert werden sollten110. Der EFK-Bericht von Oktober 2002 zielte in dieselbe Richtung; die EFK schloss ausserdem Interessenskonflikte zwischen dem BAG und Swissmedic nicht aus, besonders wenn es um das Festlegen von Prioritäten in Zeiten beschränkter Ressourcen geht. In einem Brief vom 30. April 2004 hat der Vorsteher des EDI darauf hingewiesen, dass eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten für die Einführung des Neuen Rechnungsmodells des Bundes (NRM) diese Frage studiert ­ eine Änderung könnte beim Inkrafttreten des NRM erfolgen (vorgesehenes Datum: 1.1.2007).

110

Zum Vergleich weist der ETH-Bereich eine getrennte Budgetierung auf, während die Abgeltung der IGE eine Zeile im Budget des GS EJPD darstellt.

339

Graphik 4 EDI

BAG

EDI

GS

Institutsrat

Institutsrat

Swissmedic

GS

BAG

Swissmedic

Die Delegation der Kontroll- und Koordinationsaufgaben an die Sektion Heilmittelrecht und Koordination Swissmedic des BAG reflektiert die Kultur und die dezentralisierte Organisation des EDI, die aus dem Willen entstand, keine «Kabinettskultur» zu schaffen. Da die Mitarbeitenden des Generalsekretariats nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügten, wäre laut der ehemaligen Vorsteherin des EDI die Schaffung einer neuen Einheit erforderlich gewesen, die im GS EDI als «Fremdkörper» gewirkt hätte. Der Entscheid, die Kontrolle und die Koordination an das BAG zu delegieren, basierte also auf Überlegungen hinsichtlich der Funktionalität und der Effizienz. Der gegenwärtige Vorsteher des EDI hat im selben Sinne Stellung genommen. Er vertritt die Ansicht, dass die aktuelle Aufteilung zweckmässig ist.

Für ihn handelt es sich nicht um eine doppelte Unterstellung, da das BAG über keine eigene Entscheidungsbefugnis verfügt; seine Aufgabe ist nur die Vorbereitung des Dossiers zuhanden des Departements. Ausserdem befürchtet er, dass die Übertragung dieser Aufgabe an das GS EDI zu Doppelspurigkeiten führen könnte.

Vom Standpunkt der parlamentarischen Oberaufsicht aus kann die Koordinationsund Kontrollfunktion sowohl einem Generalsekretariat als auch einem Bundesamt oder einer anderen Verwaltungseinheit anvertraut werden. Keine Konfiguration kann das Risiko von Spannungen ausschliessen, insbesondere wenn die Chemie zwischen den beteiligten Personen nicht stimmt. So kann man sich vorstellen, diese Funktionen dem Generalsekretariat zu übertragen ­ wie dies bei der Organisation der Aufsicht der Publica oder der EAV im EFD der Fall ist oder auch bei derjenigen der Betriebe des 4. Kreises im UVEK. Andererseits zeigt das Beispiel der Beziehungen zwischen dem ETH-Bereich und dem Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, dass diese Funktionen effizient und angemessen von einer Einheit wahrgenommen werden können, die in keinem Linienverhältnis mit der kontrollierten Einheit steht. Nach Meinung der GPK-S ist das Entscheidende weniger die Identität der zuständigen Einheit als der Aufbau von einem konstruktiven Dialog und von partnerschaftlichen, auf Vertrauen gründenden Beziehungen.

Jedoch muss anerkannt werden, dass die Dreieckskonfiguration Swissmedic ­ EDI ­ BAG ein starkes Spannungspotenzial aufweist, umso
mehr als das BAG praktisch im selben Bereich tätig ist wie Swissmedic. Die Abteilung, mit der Swissmedic am häufigsten zusammenzuarbeiten hat, ist zugleich mit der Durchführung der Leistungskontrolle von Swissmedic beauftragt. Während die Koordinationsfunktion des BAG auf partnerschaftlichen Beziehungen gründen sollte, führt seine Kontrollfunk340

tion de facto zu einer hierarchischen Beziehung und dies, obwohl das BAG nur mit der Vorbereitung der Dossiers beauftragt ist. Die gegenwärtigen Abläufe schaden tendenziell auch der Autorität des Institutsrats, da in gewisser Weise ein Nebeneinander zwischen dem Institutsrat und dem BAG besteht. Nach Ansicht der GPK-S sollte eine parallele Hierarchie und Kommunikation vermieden werden; der Institutsrat muss der hauptsächliche Ansprechpartner des EDI bei Fragen zum Controlling von Swissmedic sein.

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass es zweckmässig ist, die Trennung von Koordinations- und Kontrollfunktion zu prüfen, indem die Verantwortung für das Controlling dem GS EDI übertragen würde. Das GS EDI könnte diese Kontrolle mit der fachlichen Unterstützung des BAG durchführen, dabei jedoch für den Prozess federführend und somit Hauptansprechpartner des Instituts bleiben.

Nach Meinung der GPK-S müssen die Konfliktrisiken zudem durch eine klare und übereinstimmende Definition der Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten eingeschränkt werden. So erwähnte die EFK in ihrem Bericht vom Oktober 2002, dass eine unklare Definition der Rollen und ein mangelnder Konsens die Konflikte und gegenseitigen Schuldzuweisungen tendenziell eher verstärkten statt sie zu reduzieren. Die EFK empfahl, die Aufgaben und die Zuständigkeiten des BAG in einer amtlichen Publikation (z.B. in einer Organisationsverordnung) klar festzulegen. Die GPK-S unterstützt diese Empfehlung voll und ganz.

In einer Stellungnahme vom 28. Februar 2003 äusserte sich das EDI übrigens positiv zu einer solchen Massnahme; eine detaillierte Beschreibung der Aufgaben und Zuständigkeiten des BAG im Bereich der Koordination mit Swissmedic sollte bis Mitte 2003 erarbeitet werden. Ausserdem vertrat es die Ansicht, dass die Koordination das Kriterium der Rechtssicherheit erfüllen müsste. In einem Brief an die GPK-S vom 30. Juni 2003 bekräftigte der Vorsteher des EDI, dass die Koordinationsfunktion in der Zentralverwaltung entweder in einem Pflichtenheft oder in einer Organisationsverordnung des EDI «bis spätestens Oktober 2003» festgelegt würde.

Seither hat der Vorsteher des EDI offensichtlich seine Meinung geändert; in einem Brief an die GPK-S vom 30. April 2004 erklärte er, dass für das EDI die allgemeine Regelung der OV-EDI111
ausreichend sei.

Die OV-EDI wurde am 28. Juni 2000 erlassen, d.h. vor dem Inkrafttreten des HMG.

Die Regelung bezieht sich daher eher auf die Tätigkeit der ehemaligen FE HM als auf die aktuelle Funktion des BAG. Ausserdem erwähnt die OV-EDI weder die Aufgabe der Erarbeitung von Leistungsvereinbarungen noch die Kontrolle ihrer Einhaltung und auch nicht die Koordinationsaufgabe zwischen dem Departement und dem Institut (im Gegensatz z.B. zu Art. 14 über die Aufgaben des Staatssekretariats). Aus diesen Gründen findet die GPK-S, dass die Bestimmung der OV-EDI für

111

Art. 9 Abs. 3 Bst. a, Ziff. 4 OV-EDI [...] nimmt das BAG folgende Funktionen wahr: a. Es ist vorbereitend und mitwirkend tätig bei der Erarbeitung der Erlasse über das öffentliche Gesundheitswesen wie auch über die soziale Sicherheit gegenüber den Folgen von Krankheit und Unfall und beaufsichtigt und koordiniert ihren Vollzug, insbesondere in folgenden Bereichen: 4 Umgang mit Lebensmitteln unter Vorbehalt der Zuständigkeit des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) sowie mit Heilmitteln, Betäubungsmitteln, Organismen, Chemikalien und Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden können.

3

341

sich allein keine ausreichende Grundlage für die Tätigkeit des BAG im Zusammenhang mit den Heilmitteln und mit Swissmedic darstellt.

Empfehlung 5 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats empfiehlt dem Bundesrat, die Kontroll- und Koordinationsfunktion gegenüber Swissmedic in einer amtlichen Publikation detailliert festzulegen. Bei dieser Gelegenheit ist die Zuweisung der Controlling-Aufgabe an das Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Inneren ernsthaft zu prüfen.

Ausserdem ist es angebracht, pragmatische Anpassungen der Abläufe vorzunehmen, die der Autonomie und dem Know-how des Instituts Rechnung tragen. Swissmedic muss in der Lage sein, sich eine autonome Stellung innerhalb der Verwaltung zu schaffen; das BAG darf nicht zu einem neuralgischen Kontrollpunkt werden, von dem Swissmedic für den Zugang zum Bundesrat, zur Bundesverwaltung und zum Parlament abhängig ist.

Überdies ist auch auf eine effiziente und transparente Kommunikation zu achten, welche den Meinungs- und Informationsaustausch fördert. Die Abläufe für die Zusammenarbeit müssen auf einer partnerschaftlichen und nicht auf einer hierarchischen Grundlage gestaltet werden. Auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt basierende Beziehungen sollten wiederhergestellt werden. Das BAG muss sich auf das Know-how von Swissmedic verlassen und es nutzen. Swissmedic muss seinerseits die Koordinationsrolle des BAG respektieren und für eine gemeinsame Strategie offen sein, ohne dadurch seine Autonomie in Frage gestellt zu sehen.

In dieser Hinsicht begrüsst die GPK-S die im Rahmen von zwei Workshops begonnenen Arbeiten, an denen die Verantwortlichen von Swissmedic, des GS EDI und des BAG teilgenommen haben. Da diese Arbeiten bislang noch nicht die erhofften Ergebnisse gebracht haben, wurde beschlossen, einem externen Experten den Auftrag zu erteilen, Empfehlungen für die Überarbeitung des neuen Leistungsauftrags 2006­2009 vorzubereiten.

Es ist noch zu früh, um sich zum Nutzen dieser Massnahme zu äussern. Die Kommission wird die Resultate dieser Untersuchung verfolgen. Sie ermutigt beide Parteien, sich voll für eine gemeinsame Lösung einzusetzen.

7.3.4

Beurteilung durch die GPK-S

Für die GPK-S liegt das Grundproblem in den verschiedenen Auffassungen, was die Rolle von Swissmedic im Heilmittelbereich angeht. Auf der einen Seite sind die Direktion des Instituts und der Institutsrat der Ansicht, dass Swissmedic nicht nur das HMG vollziehen, sondern auch eine strategische Führungsrolle übernehmen sollte. Auf der anderen Seite findet das EDI, dass Swissmedic, was die Heilmittelpolitik angeht, nur über Kompetenzen im Rahmen seines Vollzugsauftrags verfügt; wenn Fragen zur Heilmittelpolitik in anderen Zusammenhängen auftauchen (z.B.

Festlegung der Heilmittelpreise), obliegt es der betroffenen Einheit der Zentralverwaltung, dafür die Verantwortung zu übernehmen.

342

Angesichts des unbestrittenen Know-hows des Instituts im Bereich der Heilmittelkontrolle, der Persönlichkeiten, welche den Institutsrat bilden und der früheren Rolle der IKS hat die GPK-S Verständnis dafür, dass die Verantwortlichen von Swissmedic Mühe haben, ihre Tätigkeit vorwiegend als Vollzugsaufgabe anzusehen. Die GPK-S nimmt auch die von Swissmedic geleisteten Anstrengungen wahr, um sich auf nationaler und internationaler Ebene zu positionieren. Gleichzeitig besteht jedoch kein Zweifel daran, dass der Bereich der Heilmittelkontrolle sich kohärent und koordiniert in die Gesundheitspolitik des Bundes einfügen muss und dass das BAG eine federführende Rolle in diesem Bereich zu spielen hat. Die Funktion der Einheiten der zentralen Bundesverwaltung im Sinne von Artikel 7 RVOV ist ja gerade die Wahrung der Konstanz und der Kohärenz der Verwaltungstätigkeit.

In dieser Perspektive muss auch die Frage der Erteilung der Kompetenz zur Vorbereitung der Antworten auf parlamentarische Vorstösse oder auf Bürgerbriefe gesehen werden. Zurzeit werden Anfragen, die interdisziplinäre Fragen betreffen, unter der Verantwortung des BAG behandelt und mit anderen Diensten (darunter auch Swissmedic) koordiniert. Die Anfragen werden nur dann zur Beantwortung an Swissmedic weitergeleitet, wenn sie ausschliesslich Vollzugsaufgaben betreffen. In allen Fällen werden die Antwortentwürfe von Swissmedic noch vom BAG geprüft, bevor sie dem EDI weitergeleitet werden.

Vom Standpunkt der parlamentarischen Oberaufsicht aus ist es völlig unbefriedigend, dass diese unterschiedlichen Auffassungen zu Spannungen und zu einem gegenseitigen Mangel an Vertrauen führen, was negative Auswirkungen auf die Effizienz der Zusammenarbeit zwischen dem BAG und Swissmedic hat. Die Kommission hat festgestellt, dass das Arbeitsklima dadurch stark beeinträchtigt wird.

Leerläufe und Doppelspurigkeiten entstehen. Die Kommission ist der Ansicht, dass eine Klärung der Lage dringend notwendig ist. Die Leistung des Instituts hängt nicht nur von der unabhängig evaluierten Effizienz seiner Tätigkeit ab, sondern ebenso vom Aufbau guter Beziehungen mit den anderen betroffenen Akteuren und besonders dem BAG.

Empfehlung 6 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, die Aufteilung der Zuständigkeiten und die Verfahren zwischen Swissmedic und dem BAG im Leistungsauftrag 2006­2009 von Swissmedic klar zu regeln.

Empfehlung 7 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, die rechtlichen und praktischen Bedingungen zu schaffen, um effiziente Arbeitsbeziehungen und ein Vertrauensklima zwischen den betroffenen Mitarbeitenden des Bundesamts für Gesundheit und von Swissmedic wiederherzustellen.

Diese Probleme veranlassen die GPK-S, erneut auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Reflexion über die Rolle der dezentralisierten Verwaltungseinheiten ­ und besonders der Einheiten des 3. Kreises ­ im Verwaltungssystem der Schweiz fortzusetzen, sowohl über ihre Vollzugsrolle als auch über ihre strategische und politische 343

Funktion. Es geht darum, die Modalitäten ihrer Kontrolle klar festzulegen, aber auch ihre Autonomie zu respektieren und ihr Know-how sowie ihren spezifischen Beitrag an die Tätigkeit des Staates anzuerkennen. So hat die von der Europäischen Kommission beauftragte Arbeitsgruppe festgestellt, dass die Betrachtung der Agenturen als eine vom Exekutivsystem tolerierte Anomalie die Wahrnehmung der Natur ihrer Beziehung durch die beiden Parteien beeinflussen kann. Wenn sich diese eher in Form einer hierarchischen statt einer partnerschaftlichen Beziehung ausdrückt, können die Beziehungen konfliktgeladen werden112.

8

Empfehlungen und weiteres Vorgehen

Ausgehend von ihren Feststellungen schlägt die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates dem Eidgenössischen Departement des Inneren bzw. dem Bundesrat vor, folgende Empfehlungen und folgendes Postulat zu prüfen: Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um das Vertrauensklima zwischen Swissmedic und den Kantonsbehörden wieder herzustellen. Insbesondere müssen die Zuständigkeiten geklärt und die Zusammenarbeit in den Bereichen Inspektionen und Überwachung der klinischen Versuche effizienter gestaltet werden.

Empfehlung 2 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf sicherzustellen, dass die Information der KonsumentInnen bezüglich des Erwerbs von Arzneimitteln über das Internet verstärkt wird und über verschiedene Kanäle erfolgt. Ausserdem muss sich die Schweiz an den internationalen Bemühungen zur Regelung des elekronischen Handels von Arzneimitteln weiterhin konsequent und aktiv beteiligen.

112

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«La vision des agences comme une anomalie tolérée du système exécutif peut influencer la perception des deux parties de la nature de leur relation. Lorsque celle-ci s'exprime sous forme de relation hiérarchique plutôt que comme relation partenariale, les relations peuvent devenir conflictuelles». Bericht der Arbeitsgruppe, S. 15 (existiert nur auf französisch und englisch).

Postulat: Verwaltungsführung im 3. Kreis Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht vorzulegen, der erläutert, wie er die Probleme und anstehenden Fragen der Verwaltungsführung im 3. Kreis zu lösen gedenkt.

Begründung Der Bericht des Bundesrats soll eine detaillierte Beschreibung der beiden Grundmodelle («öffentlich-rechtliche Anstalt» und «Aufsichtsbehörden»), die Kriterien für die Schaffung oder für die Auslagerung von Verwaltungseinheiten für jedes Modell sowie eine Stellungnahme zur eventuellen Notwendigkeit, spezifische gesetzliche Grundlagen zu schaffen, enthalten.

Die Grundmodelle müssen konkrete Lösungen für die Regelung der Autonomieund Aufsichtsmodalitäten der Einheiten des 3. Kreises aufweisen, insbesondere hinsichtlich der folgenden Aspekte: ­

Auftrag und Umfang der Befugnisse der Einheit;

­

Rechtsgrundlage und Rechtspersönlichkeit;

­

Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung (Umfang, Verfahren für die Ausarbeitung, Kontrolle, Detaillierungsgrad usw.);

­

Ernennung, Absetzung, Grösse, Zusammensetzung und Zuständigkeiten des Aufsichtsorgans;

­

Bedingungen für die Mitwirkung von Vertretern des Bundes im Aufsichtsorgan;

­

Ernennung, Absetzung und Kompetenzen des Direktors;

­

Revisionsstelle und präziser Auftrag dieses Organs;

­

Finanzverwaltung und Dotationskapital;

­

generelle Orientierungen für die Aufsicht durch den Bundesrat (Kriterien, Verfahren, zuständiger Dienst usw.);

­

Haftung der Einheit und der Mitglieder der Führungsorgane;

­

Personalstatus;

­

Bedingungen für die Beteiligung an Organen Dritter;

­

Berichtssystem;

­

kommerzielle Tätigkeiten;

­

Rekursinstanz.

Der Bericht sollte ausserdem die Möglichkeit untersuchen, parallel zur dezentralen Kontrolle durch die Departemente einen zentralen Dienst zu schaffen, der mit der Sicherstellung der Homogenität der Tätigkeiten beauftragt wäre und als Kompetenzzentrum bei der Schaffung neuer Einheiten oder beim Wechsel von Einheiten in den 3. Kreis dienen könnte, bzw. diese Aufgabe einem bestehenden Dienst zu übertragen (z.B. EFV).

345

Empfehlung 3 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, in seinem nächsten Evaluationsbericht FLAG auch seine Überlegungen zur Führung der dezentralen Verwaltung, der Unternehmen des 4. Kreises und der parastaatlichen Institutionen und insbesondere zur Zukunft des Vier-KreiseModells einfliessen zu lassen. Dieser Bericht sollte ausserdem ein Inventar der dezentralen Einheiten enthalten und die Haftung des Staates für jede von ihnen kritisch prüfen. Dies gilt insbesondere für diejenige, die ein erhebliches finanzielles Risiko für den Bund darstellen.

Empfehlung 4 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, zu gewährleisten, dass Swissmedic systematisch an der Vorbereitung und der Erarbeitung von Erlassen, welche die Heilmittel betreffen, beteiligt ist. Ausserdem muss der Institutsrat dem Eidgenössischen Departements des Innern Anträge zum Erlass, zur Änderung oder zur Aufhebung von Erlassen stellen können, die den Heilmittelbereich betreffen, insofern er nicht selbst über die normative Kompetenz verfügt. Des weiteren fordert die Kommission den Bundesrat auf, diese Änderungen anlässlich der nächsten Revision des Heilmittelgesetzes im Gesetz zu verankern und in der Zwischenzeit Swissmedic eine wirksame Einbeziehung in die Gesetzgebung zu ermöglichen.

Empfehlung 5 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats empfiehlt dem Bundesrat, die Kontroll- und Koordinationsfunktion gegenüber Swissmedic in einer amtlichen Publikation detailliert festzulegen. Bei dieser Gelegenheit ist die Zuweisung der Controlling-Aufgabe an das Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Inneren ernsthaft zu prüfen.

Empfehlung 6 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, die Aufteilung der Zuständigkeiten und die Verfahren zwischen Swissmedic und dem BAG im Leistungsauftrag 2006­2009 von Swissmedic klar zu regeln.

Empfehlung 7 Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats fordert den Bundesrat auf, die rechtlichen und praktischen Bedingungen zu schaffen, um effiziente Arbeitsbeziehungen und ein Vertrauensklima zwischen den betroffenen Mitarbeitenden des Bundesamts für Gesundheit und von Swissmedic wiederherzustellen.

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Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats erwartet, vom Bundesrat bis Ende 2004 über seine auf Grund der Erwägungen und Empfehlungen dieses Berichts getroffenen Maßnahmen informiert zu werden.

25. August 2004

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Der Kommissionspräsident: Hans Hofmann, Ständerat Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Hansruedi Stadler, Ständerat Für das Sekretariat: Sarah Scholberg

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Anhang

Ausführungsrecht zum HMG: Erstes Verordnungspaket ­

Verordnung vom 28. September 2001 über das Personal des Schweizerischen Heilmittelinstituts (SR 812.215.4)

­

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich (AMBV; SR 812.212.1)

­

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel (VAM; SR 812.212.21)

­

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (AWV; SR 812.212.5)

­

Medizinprodukteverordnung vom 17. Oktober 2001 (MepV; SR 812.213)

­

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über klinische Versuche mit Heilmitteln (VKlin; SR 812.214.2)

­

Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Aufhebung und Änderung von Verordnungen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Heilmittelgesetzes (AS 2001 3294)

­

Änderung vom 17. Oktober 2001 der Verordnung vom 29. Mai 1996 über die Betäubungsmittel (BetmV; SR 812.121.1)

­

Änderung vom 17. Oktober 2001 der Verordnung vom 29. Mai 1996 über die Vorläuferchemikalien (VorlV; SR 812.121.3)

­

Änderung vom 16. November 2001 der Verordnung vom 2. Februar 2000 über die Gute Laborpraxis (GLPV; SR 813.016.5)

­

Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln (ArzneimittelZulassungsverordnung, AMZV; SR 812.212.22)

­

Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die vereinfachte Zulassung und die Meldepflicht von Arzneimitteln (VAZV; SR 812.212.23)

­

Verordnung vom 9. November 2001 des Schweizerischen Heilmittelinstituts über den Erlass der Pharmakopöe (SR 812.214.11)

­

Verordnung vom 9. November 2001 über die Gebühren des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Heilmittel-Gebührenverordnung, HgebV; SR 812.214.5)

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