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24.004 Jahresbericht 2023 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

Anhang

Anhang zum Jahresbericht 2023 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 26. Januar 2024

2024-0345

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Die Aktivitäten der PVK im Jahr 2023 in Kürze Im Jahr 2023 wurden vier Evaluationen der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) veröffentlicht, während drei noch in der Durchführungsphase standen. Zudem unterbreitete die PVK den Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) Evaluationsvorschläge für ihr Jahresprogramm 2024.

Publizierte Evaluationen 2023 wurden vier Evaluationen der PVK veröffentlicht: ­

Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Coronakrise (Ziff. 2.1);

­

Kurzarbeit in der Coronakrise (Ziff. 2.2);

­

Wirksamkeitsmessung in der internationalen Zusammenarbeit (Ziff. 2.3);

­

Behördenkommunikation vor Abstimmungen (Ziff. 2.4).

Laufende Evaluationen Drei Evaluationen standen Ende 2023 in der Durchführungsphase: ­

Verteilung von Asylsuchenden auf die Kantone (Ziff. 3.1);

­

Militärdienst mit Einschränkungen (Ziff. 3.2);

­

System der nebenamtlichen Richterinnen und Richter (Ziff. 3.3).

Neue Evaluationen im Jahr 2024 Die GPK haben beim Beschluss ihres Jahresprogramms am 26. Januar 2024 die PVK mit der Ausführung von folgenden drei neuen Evaluationen beauftragt (Ziff. 4): ­

Honorarkonsulate;

­

Planung von Bahninfrastrukturvorhaben;

­

Unabhängigkeit und Steuerung der Preisüberwachung.

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Bericht 1

Die Parlamentarische Verwaltungskontrolle, der Evaluationsdienst der Bundesversammlung

Die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) ist der Evaluationsdienst der Bundesversammlung. Sie führt im Auftrag der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat sowie anderer parlamentarischer Kommissionen wissenschaftliche Untersuchungen durch. Insbesondere untersucht die PVK, ob die Tätigkeiten der Bundesbehörden rechtmässig, zweckmässig und wirksam sind. Zudem überprüft sie Evaluationen, welche die Bundesverwaltung veranlasst hat, sowie deren Verwendung in Entscheidungsprozessen. Auch weist sie die GPK auf abklärungsbedürftige Themen hin.1 Ihre Aufträge bearbeitet die PVK unabhängig. Sie verfügt über die weitreichenden Informationsrechte der GPK, dank derer sie von den Bundesbehörden Auskünfte und Unterlagen einholen kann. Ausserdem kann die PVK Aufträge an Expertinnen und Experten erteilen. Die Berichte der PVK werden in der Regel veröffentlicht.

Die Evaluationen der PVK werden auf vielerlei Arten genutzt: ­

Empfehlungen an den Bundesrat: Die GPK ziehen aus den Ergebnissen der PVK politische Schlussfolgerungen und formulieren in einem eigenen Bericht Empfehlungen, zu welchen der Bundesrat Stellung nehmen muss. Evaluationen der PVK bilden so eine wichtige Grundlage für den Dialog zwischen Bundesrat und Parlament.

­

Parlamentarische Vorstösse: In gewissen Fällen reichen die GPK aufgrund von Evaluationen der PVK Motionen oder Postulate ein, um ihren Forderungen gegenüber dem Bundesrat Nachdruck zu verleihen.

­

Revision von Gesetzen und Verordnungen: Evaluationsergebnisse der PVK fliessen gelegentlich in die Anpassung von Rechtsgrundlagen ein.

­

Lern- und Änderungsprozesse: Evaluationen der PVK lösen bei beteiligten Stellen zuweilen bereits während der Durchführung der Evaluation Anpassungen aus.

Die PVK koordiniert ihre Aktivitäten mit anderen Kontrollorganen des Bundes und pflegt den fachlichen Austausch im Rahmen der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft, an deren Standards sie sich orientiert. In Publikationen stellt sie interessierten Kreisen ihre Methodik und Ergebnisse vor.

1

Aufgaben und Rechte der PVK sind in Art. 10 der Verordnung der Bundesversammlung vom 3.10.2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung, ParlVV; SR 171.115) festgeschrieben.

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Publizierte Evaluationen

In Laufe des Jahres 2023 wurden vier Evaluationen der PVK veröffentlicht.

2.1

Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Coronakrise

Fundstelle: Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Coronakrise, Bericht der PVK vom 24.8.2022 zuhanden der GPK-N (BBl 2023 2184).

Gegenstand: Um eine Krise zu managen und rechtzeitig die richtigen Beschlüsse zu fassen, ist es wichtig, über die relevanten Informationen zu verfügen und diese zu nutzen. Mit dem Auftreten des Virus SARS-CoV-2 (neues Coronavirus) und seiner raschen weltweiten Ausbreitung Anfang 2020 wurde vielen Regierungen klar, dass für die Bekämpfung von Epidemien wissenschaftliche Erkenntnisse von zentraler Bedeutung sind. In der Schweiz spielte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) als für die menschliche Gesundheit zuständige Fachbehörde des Bundes eine zentrale Rolle während dieser Krise. Das Amt hat zum Beispiel eine interne Taskforce eingerichtet, Verbindungen zu wissenschaftlichen Kreisen aufgebaut, die Entscheidungsgrundlagen für den Bundesrat vorbereitet und sich mit wöchentlichen Points de Presse an der öffentlichen Kommunikation beteiligt.

Auftrag und Fragestellungen: Im Rahmen ihrer Inspektion über den Umgang der Schweizer Behörden mit der Coronakrise beauftragten die GPK die PVK am 26. Januar 2021 mit einer Evaluation zur Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Coronakrise. Die zuständige Subkommission EDI/UVEK der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) beschloss im April 2021, dass im Mittelpunkt der Evaluation die rechtlichen und strategischen Grundlagen, die Verarbeitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über das neue Coronavirus sowie die Berücksichtigung dieser Erkenntnisse in den Entscheidungsgrundlagen des Bundesrates und in der öffentlichen Kommunikation stehen sollten. Die Evaluation hatte hingegen nicht zum Ziel, die Zweckmässigkeit der Behördenentscheide zu prüfen, die das Ergebnis einer Interessenabwägung sind, bei der neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen auch andere Erwägungen eine Rolle spielen.

Vorgehen: Die PVK untersuchte fünf Massnahmen aus der Anfangszeit der Coronakrise (Anfang 2020 bis Ende März 2021), mit denen die Übertragung des Virus eingedämmt werden sollte (Maskenpflicht und verschiedene Beschränkungen), um herauszufinden, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt wurden. Sie rekonstruierte mit der Unterstützung eines Epidemiologen, welche Erkenntnisse zu
welchem Zeitpunkt verfügbar waren. Zudem prüfte sie Verwaltungsunterlagen und führte Interviews mit rund 30 Personen, namentlich aus dem BAG und der Wissenschaft. Die Inhaltsanalyse der öffentlichen Kommunikation gab die PVK extern in Auftrag.

Ergebnisse: Die PVK kommt zum Schluss, dass die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der ersten Phase der Coronakrise teilweise angemessen war. Das BAG verfügte über ein Netzwerk, das ihm die erforderlichen Erkenntnisse verschaffte. Es spielte aber keine aktive Rolle beim Aufbau dieses Netzwerks, 4 / 14

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was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Art des Einbezugs der Wissenschaft in den strategischen Grundlagen kaum geregelt ist. Das BAG verbesserte die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Laufe der Krise jedoch. Die PVK hält zudem fest, dass das Bundesamt zahlreiche Akteure einbezog, wobei sich der Mehrwert der einzelnen Beratungs- oder Unterstützungsleistungen nicht klar erschliesst, und es kam zu Doppelspurigkeiten. Die Fallstudien haben im Weiteren gezeigt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Bundesrates nicht immer transparent dargelegt wurden. Ferner wurden diese Erkenntnisse allgemein nur wenig in der öffentlichen Kommunikation, namentlich jener des BAG, eingesetzt.

Publikation: Gestützt auf den Bericht der PVK verabschiedete die GPK-N am 30. Juni 2023 einen Bericht mit acht Empfehlungen an den Bundesrat. Die Berichte der GPK-N und der PVK wurden am 3. Juli 2023 veröffentlicht.

2.2

Kurzarbeit in der Coronakrise

Fundstelle: Kurzarbeit in der Coronakrise, Bericht der PVK zuhanden der GPK-N vom 13.1.2023 (BBl 2023 2599).

Gegenstand: Unternehmen können bei behördlich angeordneten Einschränkungen Kurzarbeitsentschädigung (KAE) beziehen. Das Instrument hat zum Ziel, Arbeitslosigkeit zu verhindern, indem Betriebe für einen Teil der Lohnkosten ihrer Arbeitnehmenden eine Entschädigung erhalten. In der Coronakrise finanzierte der Bund die KAE und der Bundesrat nahm, teils unter Mitwirkung des Parlamentes, verschiedene Anpassungen vor: die Karenzfrist wurde verkürzt, die maximale Bezugsdauer der Entschädigung verlängert und der Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmenden erweitert. Zudem wurden die Verfahren für den Bezug vereinfacht, weil in der Coronakrise eine bisher nie dagewesene Anzahl von Unternehmen ein Gesuch für KAE einreichte. Für die Aufsicht und die Kontrollen der Unternehmen, die KAE bezogen haben, ist der Bund zuständig.

Auftrag und Fragestellungen: Als Teil ihrer Inspektion über die Bewältigung der Covid-19-Pandemie durch die Bundesbehörden haben die GPK die PVK am 26. Januar 2021 mit einer Evaluation der Kurzarbeit in der Coronakrise beauftragt.

Am 9. September 2021 hat die zuständige Subkommission EFD/WBF der GPK-N präzisiert, dass die PVK die Grundlagen für die mehrmaligen rechtlichen Anpassungen der Kurzarbeit, die Unterstützung der Vollzugsstellen sowie die Aufsicht über die Rechtmässigkeit des Bezugs von KAE untersuchen soll.

Vorgehen: Die Evaluation stützt sich auf Dokumentenanalysen sowie Interviews mit mehr als 40 Personen, hauptsächlich aus der Verwaltung. Ausserdem hat die Ecoplan AG im Auftrag der PVK eine Befragung aller Vollzugsstellen in den Kantonen durchgeführt. Die Evaluation deckt den Zeitraum ab Beginn der Coronakrise im März 2020 bis Juni 2022 ab.

Ergebnisse: Die PVK kommt insgesamt zum Ergebnis, dass die Kurzarbeit in der Coronakrise grundsätzlich zweckmässig eingesetzt wurde. Das Instrument hat zum Ziel, Arbeitslosigkeit zu verhindern, indem Betriebe bei einem vorübergehenden 5 / 14

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Arbeitsausfall für die Lohnkosten ihrer Arbeitnehmenden eine Entschädigung erhalten. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die KAE bei behördlichen Einschränkungen eingesetzt wird. In der Coronakrise mussten die Verfahren jedoch aufgrund der grossen Zahl von betroffenen Betrieben vereinfacht werden. Zahlreiche rechtliche Anpassungen wurden sehr kurzfristig entschieden; ein vorausschauendes Handeln fehlte. Zudem blieben die angepassten Regelungen teils lange in Kraft, was zu neuen Problemen führte. Um die vielen Anpassungen umzusetzen, unternahmen beim Bund, aber auch in den Kantonen sehr viele Personen enorme Anstrengungen. In der Aufsicht musste das SECO Prioritäten setzen, während die Eidgenössische Finanzkontrolle ihre Tätigkeiten ausweitete. Die Kontrollen des SECO werden allerdings wahrscheinlich keine verlässliche Einschätzung dazu erlauben, welchen Anteil der KAE die Betriebe unrechtmässig bezogen haben.

Publikation: Die GPK-N verabschiedete am 20. Oktober 2023 gestützt auf den PVK-Bericht einen Bericht mit sieben Empfehlungen zuhanden des Bundesrates. Die Berichte der GPK-N und der PVK wurden am 26. Oktober 2023 veröffentlicht.

2.3

Wirksamkeitsmessung in der internationalen Zusammenarbeit

Fundstelle: Wirksamkeitsmessung in der internationalen Zusammenarbeit, Bericht der PVK vom 27.4.2023 zuhanden der GPK-S (BBl 2023 2894).

Gegenstand: Für die internationale Zusammenarbeit (IZA) sind die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die Abteilung Frieden und Menschenrechte zuständig. Evaluationen sollen diesen drei Bereichen Informationen für die Entscheidungsfindung liefern und dazu beitragen, die Qualität von Interventionen zu verbessern. Darüber hinaus berechnen die DEZA und das SECO anhand von extern durchgeführten Evaluationen Erfolgsquoten, um gegenüber dem Parlament zu den Ergebnissen der IZA Bericht erstatten zu können.

Auftrag und Fragestellungen: Die GPK beauftragten die PVK am 25. Januar 2022, die Wirksamkeitsmessung in der IZA zu evaluieren. An ihrer Sitzung vom 23. Mai 2022 beschloss die zuständige Subkommission EDA/VBS der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-S), dass sich die PVK auf ein bestimmtes Instrument der Wirksamkeitsmessung konzentrieren soll: die Evaluation. Die PVK untersuchte die Qualität der Evaluationen in der IZA, deren Nutzung für die Steuerung und Rechenschaftslegung sowie die Angemessenheit der Evaluationskosten. Die PVK evaluierte somit, wie die Verwaltung die Wirksamkeit der IZA misst, aber nicht die Wirksamkeit der IZA an sich.

Vorgehen: Die PVK analysierte die Hilfsmittel für die Durchführung von Evaluationen sowie die Kosten der Evaluationen. Sie führte Interviews mit mehr als dreissig Mitarbeitenden der betroffenen drei Einheiten der Bundesverwaltung sowie mit Fachleuten. Im Rahmen einer extern vergebenen Meta-Evaluation wurde die Qualität der Evaluationen analysiert.

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Ergebnisse: Die PVK kommt insgesamt zum Schluss, dass die Wirksamkeitsmessung der IZA mittels Evaluationen teilweise zweckmässig ist. Bei der Qualität der externen Evaluationen wurden Stärken, aber auch Schwächen festgestellt. Die Hilfsmittel für das Evaluationsmanagement und die Qualitätssicherung sind mehrheitlich angemessen, jedoch je nach Verwaltungseinheit unterschiedlich umfangreich. Die Nutzung der Evaluationen für die Steuerung auf verschiedenen Ebenen ist insgesamt angemessen.

Die Empfehlungen der externen Evaluationen werden jedoch nur bedingt nachverfolgt. Zudem werden die Evaluationen nicht in angemessener Weise genutzt, um gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Insbesondere sind die veröffentlichten Erfolgsquoten nicht aussagekräftig. Die Kosten der Evaluationen werden schliesslich transparent ausgewiesen und sind eher niedrig.

Publikation: Gestützt auf den Bericht der PVK verabschiedete die GPK-S am 14. November 2023 einen Bericht mit sechs Empfehlungen an den Bundesrat. Die Berichte der GPK-S und der PVK wurden am 20. November 2023 veröffentlicht.

2.4

Behördenkommunikation vor Abstimmungen

Fundstelle: Behördenkommunikation vor Abstimmungen, Bericht der PVK vom 19.6.2023 zuhanden der GPK-N (BBl 2024 65).

Gegenstand: Die Behördenkommunikation vor Abstimmungen dient hauptsächlich dazu, den Bürgerinnen und Bürgern eine freie Willensbildung zu ermöglichen. Diese Kommunikation kann in Form von Erläuterungen des Bundesrates (Abstimmungsbüchlein), öffentlichen Äusserungen und Beiträgen in den sozialen Medien erfolgen.

Das Bundesgesetz über die politischen Rechte verpflichtet den Bundesrat, die Stimmberechtigten kontinuierlich über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen zu informieren und dabei die Grundsätze der Vollständigkeit, Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit zu beachten. Trotz gewisser Verbesserungen der Bundeskanzlei (BK) an der Art und Weise, wie die Kommunikationsinhalte ausgearbeitet werden, stösst die Behördenkommunikation vor Abstimmungen weiterhin auf Kritik.

Auftrag und Fragestellungen: Die GPK beauftragten die PVK am 25. Januar 2022 mit einer Evaluation der Behördenkommunikation vor Abstimmungen. Die in dieser Angelegenheit zuständige Subkommission EJPD/BK der GPK-N beschloss an ihrer Sitzung vom 25. Mai 2022, dass sich die Evaluation mit den Weisungen, Strategien und Prozessen der Abstimmungskommunikation und deren Anwendung befassen und die Kommunikationsinhalte bei vier Abstimmungen evaluieren soll, bei denen diese kritisiert wurden. Des Weiteren sollen die Unterschiede der Kommunikationsintensität und der Nutzung der kommunizierten Inhalte durch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger untersucht werden.

Vorgehen: Die PVK führte eine Dokumentenanalyse der Kommunikationsgrundlagen durch sowie rund zwanzig Interviews mit Mitarbeitenden der Bundesverwaltung. Des Weiteren vergab sie ein externes juristisches Mandat um die Erarbeitung eines Analyserasters zu begleiten. Dieses diente hauptsächlich dazu, die kommunizierten Inhalte bei vier umstrittenen Abstimmungen zu beurteilen. Ferner evaluierte die PVK anhand von statistischen Analysen die Intensitätsunterschiede bei der Kommunikation und die Nutzung der kommunizierten Inhalte durch die Stimmbevölkerung.

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Ergebnisse: Insgesamt gelangt die PVK in ihrer Evaluation zum Schluss, dass die Behördenkommunikation vor Abstimmungen bedingt zweckmässig ist. Während das Abstimmungsbüchlein des Bundesrates für die Willensbildung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von grosser Bedeutung ist, spielen die sozialen Medien eine untergeordnete Rolle. Die Weisungen der BK für die Redaktion des Abstimmungsbüchleins führen die Grundprinzipien der Kommunikation in angemessener Weise aus, werden aber von den Departementen nur wenig genutzt. Die Verteilung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Verwaltungsstufen ist in den Kommunikationsgrundlagen zwar nicht umfassend geregelt, in der Praxis ist die Koordination aber angemessen. Die kommunizierten Inhalte entsprechen mehrheitlich den rechtlichen Grundsätzen, es gibt jedoch punktuelle Ausnahmen. Die Departemente haben unterschiedliche Auffassungen dazu, was eine verhältnismässige Kommunikation beinhaltet und wo die Grenze zwischen Information und Kampagne verläuft. Die Intensität der Behördenkommunikation variiert, ist aber im Verhältnis zur medialen Berichterstattung insgesamt angemessen.

Publikation: Gestützt auf den Bericht der PVK verabschiedete die GPK-N am 21. November 2023 einen Bericht mit vier Empfehlungen an den Bundesrat. Die Berichte der GPK-N und der PVK wurden am 24. November 2023 veröffentlicht.

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Laufende Evaluationen

Drei Evaluationen der PVK befanden sich Ende 2023 in der Phase der Durchführung.

3.1

Verteilung von Asylsuchenden auf die Kantone

Gegenstand: Personen, die in der Schweiz ein Asylgesuch einreichen, werden zunächst in einem Bundesasylzentrum (BAZ) untergebracht. Die meisten dieser Personen werden dann in einem zweiten Schritt einem Kanton zugewiesen. Diese Verteilung wird vom Staatssekretariat für Migration (SEM) vorgenommen. Das Ziel dabei ist es, die betroffenen Personen gleichmässig auf die Kantone zu verteilen. Der dafür verwendete Verteilschlüssel berücksichtigt verschiedene Kriterien wie die Grösse der Kantonsbevölkerung, die Staatsangehörigkeit der Asylsuchenden, die Anwesenheit von Familienmitgliedern in der Schweiz oder einen besonderen Betreuungsbedarf.

Auftrag und Fragestellungen: Die GPK beauftragten die PVK am 24. Januar 2023 mit einer Evaluation der Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone. Am 8. Mai 2023 entschied die zuständige Subkommission EJPD/BK der GPK-S, dass in der Evaluation folgende Fragestellungen zu beantworten sind: ­

Ist die Verteilung der Asylsuchenden auf die Kantone angemessen definiert?

­

Erfolgt diese Verteilung zweckmässig, insbesondere bei starken Schwankungen der Zahlen von Asylgesuchen?

Vorgehen: Die PVK untersucht das Verteilsystem anhand von Dokumentenanalysen und Interviews mit Mitarbeitenden des SEM, Vertreterinnen und Vertretern der Kantone sowie Fachpersonen. Die Umsetzung des Systems wird anhand einer statistischen 8 / 14

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Analyse der Datenbank des SEM über die Asylverfahren untersucht. Die PVK beauftragte dafür einen externen Auftragnehmer.

Zeitplan: Die PVK präsentiert den Schlussbericht der zuständigen Subkommission gemäss Plan im zweiten Quartal 2024.

3.2

Militärdienst mit Einschränkungen

Gegenstand: Die Armee beurteilt an der Rekrutierung jedes Jahr die Diensttauglichkeit von bis zu 35 000 Stellungspflichtigen. Wer zum Beispiel aus medizinischen Gründen nicht schiessen darf oder keine langen Märsche mit einem schweren Rucksack absolvieren kann, wird als militärdiensttauglich mit Einschränkungen beurteilt.

Man spricht auch von differenzierter Zuteilung. Der Anteil dieser Personen hat in den letzten Jahren zugenommen und beträgt mittlerweile 10 bis 12 Prozent der Stellungspflichtigen, die als militärdiensttauglich beurteilt werden.

Auftrag und Fragestellungen: Die GPK haben die PVK am 24. Januar 2023 mit einer Evaluation des Militärdienstes mit Einschränkungen beauftragt. Am 8. Mai 2023 hat die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-N entschieden, dass die PVK die Beurteilung der Tauglichkeit mit Einschränkungen im Rahmen der Rekrutierung untersuchen soll. Die Evaluation beantwortet die folgenden Fragestellungen: ­

Sind die Vorgaben für die Beurteilung der eingeschränkten Tauglichkeit recht- und zweckmässig?

­

Werden bei der Rekrutierung einheitliche und zweckmässige Prozesse für die Tauglichkeitsbeurteilung angewendet?

­

Ist die Rechtsgleichheit der Entscheide über die eingeschränkte Tauglichkeit angemessen sichergestellt?

Vorgehen: Die Evaluation basiert auf einer Dokumentenanalyse und einem juristischen Gutachten. Im Rahmen einer Online-Umfrage hat die PVK zudem das Personal der verschiedenen Stellen, die in den Rekrutierungszentren tätig sind, befragt. Im Auftrag der PVK wertet ein externes Forschungsbüro die Entscheide zur Militärdiensttauglichkeit statistisch aus.

Zeitplan: Den definitiven Bericht präsentiert die PVK der zuständigen Subkommission gemäss Planung im vierten Quartal 2024.

3.3

System der nebenamtlichen Richterinnen und Richter

Gegenstand: An drei der vier eidgenössischen Gerichte kommen neben den ordentlichen auch nebenamtliche Richterinnen und Richter zum Einsatz: am Bundesgericht, am Bundesstrafgericht und am Bundespatentgericht. Am Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ist das nicht der Fall. Nebenamtliche Richterinnen und Richter sollen insbesondere mögliche Spitzen in der Geschäftslast der Gerichte abfedern und ausgefallene

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ordentliche Richterpersonen ersetzen. Das System unterscheidet sich stark von Gericht zu Gericht.

Auftrag und Fragestellungen: Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beantragte der GPK-N 2022, das System der nebenamtlichen Richterinnen und Richter zu evaluieren. Die GPK beschlossen am 23. Januar 2023, die PVK selbst mit einer Evaluation zu betrauen. Am 24. August 2023 beauftragten die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der GPK die PVK, mit der Evaluation folgende Fragestellungen zu beantworten: ­

Trägt der Einsatz nebenamtlicher Richterinnen und Richter zu einer effizienten Rechtsprechung der einzelnen Gerichte bei?

­

Trägt der Einsatz nebenamtlicher Richterinnen und Richter zu einer unabhängigen Rechtsprechung der einzelnen Gerichte bei?

­

Trägt der Einsatz nebenamtlicher Richterinnen und Richter zu einer qualitativ guten Rechtsprechung der einzelnen Gerichte bei?

­

Ist die Einsatzhäufigkeit nebenamtlicher Richterinnen und Richter an den einzelnen Gerichten angesichts der damit verbundenen Vor- und Nachteile angemessen?

­

Sind die gesetzlichen und reglementarischen Vorgaben für den Einsatz nebenamtlicher Richterinnen und Richter an den einzelnen Gerichten geeignet?

­

Wäre der Einsatz nebenamtlicher Richterinnen und Richter am BVGer angesichts der damit verbundenen Vor- und Nachteile, die sich an den anderen Gerichten zeigen, zweckmässig?

Vorgehen: In einem ersten Schritt findet eine extern durchgeführte Online-Befragung unter den ordentlichen und nebenamtlichen Richterpersonen sowie den Gerichtsschreibenden statt. Deren Ergebnisse werden anschliessend in Fokusgruppen an den jeweiligen Gerichten vertieft. Zudem führt die PVK eine statistische Analyse der Einsätze Nebenamtlicher durch. Die Rechtsgrundlagen werden durch ein Rechtsgutachten beurteilt. Zu guter Letzt führt die PVK eine Dokumentenanalyse und eine Fokusgruppe zum BVGer durch. Für diese Analysen wird ebenfalls externe juristische Fachexpertise beigezogen.

Zeitplan: Gemäss dem festgelegten Zeitplan wird die PVK ihren Evaluationsbericht den zuständigen Subkommissionen im ersten Quartal 2025 vorlegen.

4

Neue Evaluationen im Jahr 2024

Die PVK hat die Aufgabe, die GPK auf abklärungsbedürftige Themen hinzuweisen.2 Insgesamt unterbreitete die PVK im Berichtsjahr den Subkommissionen sieben Themen. Die Subkommissionen priorisierten diese Vorschläge, worauf die PVK vier davon vertieft abklärte. Alle vier Vorschläge konnten zur Ausführung empfohlen wer-

2

Art. 10 Abs. 1 Bst. a ParlVV

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den. Aus diesen Vorschlägen wählten die GPK am 26. Januar 2024 folgende Themen für die Durchführung von Evaluationen durch die PVK aus: ­

Honorarkonsulate (zuständig: Subkommission EDA/VBS der GPK-S);

­

Planung von Bahninfrastrukturvorhaben (zuständig: Subkommission EDI/ UVEK der GPK-S);

­

Unabhängigkeit und Steuerung der Preisüberwachung (zuständig: Subkommission EFD/WBF der GPK-N).

5

Expertenkredit

Der PVK steht ein Kredit zur Verfügung, damit sie im Rahmen ihrer Evaluationen Aufträge an externe Experten und Expertinnen erteilen kann.3 Im Berichtsjahr beanspruchte sie dafür einen Betrag von total 99 763 Franken. In Tabelle 1 ist die Aufteilung dieses Betrags auf die einzelnen Evaluationen und Auftragnehmenden dargestellt.

Tabelle 1 Verwendung des Expertenkredits im Jahr 2023 Evaluation

Auftragnehmer

Kosten (in Fr.) Status

Verteilung von Asylsuchenden auf die Kantone

PrivatePublicConsulting GmbH (PPC), Ostermundigen

39 850

laufend

Militärdienst mit Einschränkungen (Rechtsgutachten)

Prof. Dr. Andreas Glaser, Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA)

9 478

laufend

Militärdienst mit Einschränkungen (statistische Analyse)

INFRAS, Zürich

17 868

laufend

Militärdienst mit Einschränkungen (Befragungsteilnahme)

Mandatsärztinnen und -ärzte des VBS

9 900

abgeschlossen

Wirksamkeitsmessung in der internationalen Zusammenarbeit

Centrum für Evaluation CEval GmbH, Saarbrücken

19 505

abgeschlossen

Behördenkommunikation vor Abstimmungen

Prof. Dr. Lorenz Langer, Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA)

3 163

abgeschlossen

3

Art. 10 Abs. 4 ParlVV

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Art.

BA BAG BAZ BBl BK Bst.

BVGer DEZA EDA EDI EFD EJPD GPK GPK-N GPK-S IZA KAE ParlG ParlVV PVK SECO SEM SR UVEK VBS WBF Ziff.

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Absatz Artikel Bundesanwaltschaft Bundesamt für Gesundheit Bundesasylzentrum Bundesblatt Bundeskanzlei Buchstabe Bundesverwaltungsgericht Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Internationale Zusammenarbeit Kurzarbeitsentschädigung Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Okt. 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung; SR 171.115) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Systematische Rechtssammlung Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung Ziffer

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Impressum

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parl.ch > Organe > Kommissionen > PVK Originalsprache des Berichts: Deutsch und Französisch (Ziff. 2.1, 2.3, 2.4 und 3.1)

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