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24.009 Aussenpolitischer Bericht 2023 vom 31. Januar 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen hiermit den Aussenpolitischen Bericht 2023 und ersuchen Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. Januar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

2024-0288

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Zusammenfassung Der Aussenpolitische Bericht 2023 gibt einen Überblick über die Aussenpolitik der Schweiz im Jahr 2023. Gestützt auf Artikel 148 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes legt der Bundesrat darin Rechenschaft über die aussenpolitischen Aktivitäten ab, insbesondere über jene mit Bezug zur Aussenpolitischen Strategie 2020­2023 (APS 20­23), gemäss deren Struktur der Bericht gegliedert ist. Im Schwerpunktkapitel geht es dieses Jahr um die Bilanz der APS 20­23.

Kapitel 1 gibt eine Einschätzung des aussenpolitischen Umfelds, das sich gegenüber 2022 weiter verschlechtert hat. Kapitel 2 enthält die Bilanz der APS 20­23. Das wichtigste Ziel, nämlich über geregelte Beziehungen mit der EU zu verfügen, wurde noch nicht erreicht. Generell konnte die Schweiz jedoch trotz schwieriger Umstände bestehende aussenpolitische Stärken aufrechterhalten und neue etablieren, etwa in den Bereichen Science Diplomacy und Digitalisierung. Die aussenpolitische Kohärenz wurde zudem durch thematische und geografische Strategien des Bundesrats gestärkt, was in Kapitel 3 ausgeführt wird.

Kapitel 4 gibt eine Übersicht über die Aktivitäten 2023 im Rahmen des ersten Schwerpunkts der APS 20­23: Frieden und Sicherheit. Es blickt zurück auf das erste Jahr des Einsitzes im UNO-Sicherheitsrat und legt die Aktivitäten in den Bereichen Friedensförderung und Menschenrechte, Sicherheitskooperation, Rüstungskontrolle und humanitäre Hilfe dar. In Kapitel 5 wird mit dem Wohlstand der zweite Schwerpunkt der APS 20­23 behandelt. Es legt dar, wie die Schweiz in einem herausfordernden Umfeld ihre bilaterale Wirtschafts- und Forschungszusammenarbeit ausgebaut und ihre Entwicklungszusammenarbeit an neue Herausforderungen angepasst hat. Kapitel 6 behandelt die Nachhaltigkeit, den dritten Schwerpunkt der APS 20­23. Auch 2023 kam die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung nicht ausreichend voran. Positiv haben sich jedoch multilaterale Verhandlungen im Bereich Biodiversität mit dem neuen Abkommen zum Hochseeschutz entwickelt. Über den vierten und letzten Schwerpunkt der APS 20­23, Digitalisierung, wird in Kapitel 7 Rechenschaft abgelegt. Es wird dargelegt, wie die Schweiz das internationale Genf in diesem Bereich gestärkt und sich für eine zweckmässige digitale Gouvernanz eingesetzt hat.

Kapitel 8 zeigt auf, wie sich die Beziehungen
zur EU, zu den Nachbarstaaten und weiteren EU/EFTA-Staaten sowie dem Vereinigten Königreich entwickelt haben. Die Sondierungsgespräche mit der EU konnten abgeschlossen und der Entwurf eines Verhandlungsmandats zwecks Konsultation verabschiedet werden. In Kapitel 9 werden die Beziehungen zu weiteren Weltregionen erörtert, wobei der Politik in Zusammenhang mit Russlands fortdauerndem Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Gewalteskalation in Nahost besondere Bedeutung zukommt. Kapitel 10 schildert die Aussenpolitik auf multilateraler Ebene. Kapitel 11 behandelt Ressourcen, Krisenmanagement und Kommunikation. Kapitel 12 enthält schliesslich einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2024. Die Anhänge bieten eine Auflistung der Berichte des Bundesrats zu aussenpolitischen Themen, eine Liste relevanter Publikationen des EDA und eine nach den einzelnen Zielen geordnete, ausführlichere Bilanz der APS 20­23.

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

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1

Weltpolitische Entwicklungen 2023 1.1 Russlands fortgesetzter Angriffskrieg gegen die Ukraine 1.2 Neue Gewalteskalationen in Europas Nachbarschaft 1.3 Machtverschiebungen und Fragmentierung 1.4 Multilateralismus zwischen Krise und Reformen

5 5 6 8 9

2

Schwerpunkt: Bilanz der Aussenpolitischen Strategie 2020­2023

10

3

Kohärenz in der Aussenpolitik

13

4

Frieden und Sicherheit 4.1 Gute Dienste und Friedensförderung 4.2 Internationale Sicherheit 4.3 Einsitz im UNO-Sicherheitsrat 4.4 Menschenrechte 4.5 Humanitäres 4.6 Migration und Flucht

15 15 16 17 18 19 20

5

Wohlstand 5.1 Globales Wirtschaftssystem 5.2 Wirtschafts-, Finanz- und Freihandelsabkommen 5.3 Bildung, Forschung und Innovation 5.4 Entwicklungszusammenarbeit

20 20 21 22 22

6

Nachhaltigkeit 6.1 Agenda 2030 6.2 Umwelt und Klima 6.3 Wasser 6.4 Energie 6.5 Finanz und Unternehmensführung 6.6 Katastrophenvorsorge 6.7 Gesundheit 6.8 Kultur

24 24 24 25 26 26 27 27 27

7

Digitalisierung 7.1 Digitale Gouvernanz 7.2 Cybersicherheit 7.3 Digitale Selbstbestimmung 7.4 Tech4Good 7.5 Wissenschaftsdiplomatie

28 28 28 29 30 30

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8

Europa 8.1 Stabilisierung des bilateralen Wegs mit der EU 8.2 Weitere Themen mit der EU 8.3 Nachbarstaaten und übrige EU/EFTA-Staaten 8.4 Beziehungen zum UK

31 31 33 35 36

9

Regionen und globale Schwerpunktländer 9.1 Eurasien 9.2 Amerikas 9.3 MENA 9.4 Subsahara-Afrika und Frankophonie 9.5 Asien und Pazifik

36 36 39 40 41 41

10 Multilateralismus 10.1 UNO 10.2 Internationales Genf und Gaststaat 10.3 OSZE, Europarat, EPG 10.4 OECD, Bretton-Woods und Entwicklungsbanken 10.5 G20 10.6 Völkerrecht

42 42 43 44 44 45 45

11 Ressourcen 11.1 Aussennetz und Personal 11.2 Krisenmanagement und Sicherheit 11.3 Konsularische Dienstleistungen 11.4 Verständnis der Aussenpolitik im Inland 11.5 Landeskommunikation im Ausland

46 46 46 47 47 48

12 Ausblick

48

Abkürzungsverzeichnis

50

Anhänge 1.

Berichte des Bundesrates zu aussenpolitischen Aspekten 2.

Publikationen des EDA 3.

Zielerreichung Aussenpolitische Strategie 2020-2023

54 60 64

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Bericht 1

Weltpolitische Entwicklungen 2023

Krisen und Kriege hielten auch 2023 die Welt in Atem und prägten die Schweizer Aussenpolitik. Neben Russlands fortgesetzter militärischer Aggression gegen die Ukraine war eine Reihe neuer Gewalteskalationen in Europas Nachbarschaft zu verzeichnen. Seit den Terroranschlägen der Hamas gegen Israel vom 7. Oktober 2023 haben sich die Zukunftsaussichten der MENA-Region dabei wieder verdüstert. Solche Negativentwicklungen im regionalen Umfeld der Schweiz fanden vor dem Hintergrund weitreichender machtpolitischer Veränderungen statt, infolge derer die Dominanz des Westens zunehmend in Frage gestellt wird. Die internationale Ordnung droht einer Weltunordnung zu weichen, in der Machtpolitik das Völkerrecht und die kollektive Sicherheit weiter an den Rand drängt, Konflikte offen ausbrechen und Akteure unterschiedlichster Art ihre Handlungsspielräume testen. Die aktuelle Übergangsperiode steht dabei im Zeichen von Volatilität und Unsicherheit. Manches lässt vermuten, dass wir erst am Anfang einer Zeitenwende stehen. Zu den menschengemachten Krisen kamen 2023 ungewöhnlich viele Naturkatastrophen hinzu, so etwas die Erdbeben in der Türkei, Marokko und Afghanistan.

1.1

Russlands fortgesetzter Angriffskrieg gegen die Ukraine

Russland führte seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine unvermindert fort und hielt an seiner revisionistischen Aussenpolitik fest, die auf einer grundlegenden Abkehr vom Westen beruht. Das Berichtsjahr stand auf russischer Seite u. a. im Zeichen der angekündigten Stationierung taktischer Nuklearwaffen in Belarus, der Nichtverlängerung des Getreideabkommens und des ­ gewonnenen ­ Machtkampfs der Regierung mit der Gruppe Wagner. Die Ukraine ihrerseits konnte sich dank militärischer und finanzieller Unterstützung vor allem westlicher Staaten und der EU in ihrem Existenzkampf behaupten, eine weiträumige Befreiung russisch besetzter Gebiete gelang jedoch nicht. Russland bereitet sich auf einen langen Konflikt vor und hat für 2024 eine Verdoppelung der Militärausgaben angekündigt. Die Frage, wie ein Frieden realistischerweise aussehen könnte, blieb dagegen im Hintergrund.

Europas Sicherheit und Wohlstand sind durch Russlands Krieg bedroht. Der Westen zeigte sich im zweiten Kriegsjahr weitgehend geeint, die nach Norden erweiterte NATO ist als Anker transatlantischer Sicherheit gefestigt. Zugleich wurden 2023 erste Risse im westlichen Lager erkennbar, die sich je nach Ausgang der US-Wahlen 2024 und bei einer wachsenden Kriegsmüdigkeit europäischer Gesellschaften vertiefen könnten. Allerdings hat die EU ihr geopolitisches Profil zu stärken vermocht und die Kooperation im Bereich Sicherheit und Verteidigung ausgebaut. Munitionslieferungen an die Ukraine und Ausbildungsmissionen für das ukrainische Militär stellen bedeutende Entwicklungen dar. Eine Herausforderung sind die begrenzten militärischen 5 / 76

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Produktionskapazitäten Europas. Der EU-Erweiterungsprozess hat als aussenpolitisches Instrument wieder strategische Bedeutung erlangt, womit jedoch auch ein gestiegener institutioneller Reformdruck der EU einhergeht. Die Europäische Politische Gemeinschaft hat sich als Plattform für einen informellen europaweiten Dialog auf höchster Ebene als nützlich erwiesen; ihr Profil wird dabei weiter zu konkretisieren sein. Die OSZE wiederum sah sich mit einer institutionellen Krise konfrontiert, die am Ministerrat Ende Jahr wenigstens vorübergehend entschärft werden konnte.

Der Bundesrat hat die Hilfe für die Ukraine verstärkt. Mit der Genehmigung am 29. September 2023 von Mitteln in der Höhe von 100 Millionen Franken für die Entminung von zivilen und landwirtschaftlichen Gebieten in der Ukraine hat er die humanitäre Minenräumung zu einer Priorität für die kommenden Jahre definiert.

Damit ist ein unentbehrlicher Schritt für den Wiederaufbau getan.

Die Schweiz setzt sich für die Einrichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung des Verbrechens der Aggression in der Ukraine in der dafür geschaffenen Kerngruppe ein.

Sie beteiligt sich auch an den Diskussionen zur ukrainischen Peace Formula und fördert den Dialog zur europäischen Sicherheit, auch innerhalb der OSZE. Entscheide gegen die Wiederausfuhren von Kriegsmaterial auf der Grundlage von Kriegsmaterialgesetz und Neutralitätsrecht sorgten auch 2023 für Kritik von einigen europäischen Ländern. Der Bundesrat hat mit seiner Ukrainepolitik zugleich unterstrichen, dass Neutralität keinesfalls Gleichgültigkeit bedeutet und er der Solidarität der Schweiz einen hohen Stellenwert beimisst, was auch die grosszügige Aufnahme von geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern unter dem Schutzstatus S verdeutlicht.

Die Aussichten auf stabilisierte und geregelte Beziehungen mit der EU haben sich im Berichtsjahr verbessert, was durchaus auch geopolitisch bedeutsam ist. Der Bundesrat verabschiedete Ende 2023 den Entwurf eines neuen Verhandlungsmandats (Ziff. 8.1).

1.2

Neue Gewalteskalationen in Europas Nachbarschaft

Kennzeichnend für das Berichtsjahr war, dass in verschiedenen weiteren langjährigen Konflikten auf Gewalt statt Dialog gesetzt wurde. Es ergibt sich das Bild eines Krisenbogens um Europa, der sich von Eurasien über den Nahen Osten bis in die Sahelzone und den Sudan erstreckt. Hatten all diese Gewalteskalationen spezifische lokale Ursachen, so eint sie doch ein weltpolitischer Kontext im Zeichen von Polarisierung und Fragmentierung ohne breit akzeptierte Führungsmacht. Die Zivilbevölkerung war oftmals Hauptleidtragende. Der Bedarf nach humanitärer Nothilfe bleibt hoch.

Die Entwicklungen um Berg-Karabach machten deutlich, dass im eurasischen Raum die Kohäsionskräfte schwinden. Nach jahrzehntelanger diplomatischer Lösungssuche durch die OSZE, Russland und zuletzt durch die EU entschied Aserbaidschan den Konflikt mit militärischen Mitteln zu seinen Gunsten und löste eine grosse Fluchtbewegung nach Armenien aus. Weitere gewaltsame Neuordnungsversuche im Südkaukasus sind nicht auszuschliessen. Der Weg zu einem dauerhaften Frieden in der Region ist lang und benötigt weitere externe Unterstützung. Auch der Westbalkan präsentierte sich zunehmend instabil. Eine eskalatorische Rhetorik, Gewalteruptionen im Nordkosovo und Angriffe auf KFOR-Truppen waren Ausdruck wachsender Spannungen zwischen Serbien und Kosovo, die den Normalisierungsprozess gefährden.

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Der Konflikt in Bosnien und Herzegowina schwelte ebenfalls weiter. Mangelnde Perspektiven in der Region veranlassen v. a. junge Menschen zur Emigration, was zusätzliche Herausforderungen für diese Staaten schafft.

Die Terroranschläge der Hamas gegen Israel vom 7. Oktober und die darauf erfolgende militärische Reaktion Israels gehören zu den einschneidendsten Entwicklungen des Berichtsjahrs. Die Massaker und Geiselnahmen werden sich lange in Israels kollektives Gedächtnis einbrennen und markieren im Nahostkonflikt und der Region eine Zäsur. Die hohen palästinensischen Opferzahlen und die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen traumatisieren ihrerseits die palästinensische Gesellschaft und bewegen nicht nur die arabische Welt. Dabei hat sich eine Kluft zwischen der MENARegion und Staaten des Globalen Südens auf der einen Seite und manchen westlichen Staaten auf der anderen Seite gebildet. Letzteren wurde vermehrt Doppelmoral vorgeworfen. Die Verhinderung einer regionalen Eskalation war neben humanitären Fragen ein zentraler Bestandteil der internationalen Krisendiplomatie.

Manche Dynamiken einer Neuordnung der MENA-Region, die zuvor erkennbar waren, sind von diesen Negativentwicklungen überholt worden. Eine weitere Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten erscheint ohne eine verhandelte Lösung der Palästinafrage kaum mehr realistisch. Letztere wird unter den aktuellen Bedingungen noch schwieriger zu erzielen sein. Auch geoökonomische Projekte wie die beabsichtige Errichtung eines Wirtschaftskorridors von Indien über die MENA-Region nach Europa werden unter den gegebenen Vorzeichen vorerst kaum umzusetzen sein. Fortsetzen dürfte sich hingegen der zunehmend selbstbewusste Auftritt von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und weiterer Golfmonarchien, die ein hohes Wirtschaftswachstum verzeichnen und eine zunehmend profilierte Aussenpolitik verfolgen. Die Zukunft der unter Vermittlung Chinas wiederaufgenommen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran bleibt offen. Vorerst setzen Riad und Teheran weiter auf Normalisierung.

Das Bild eines Krisenbogens vervollständigt sich mit einem Blick auf die Lage im Sahel und Sudan. Seit 2020 sind acht nicht verfassungsgemässe Machtwechsel in sechs Ländern zu verzeichnen. Im Sudan ist 2023 ein Bürgerkrieg
entfacht, der grosse Fluchtbewegungen ausgelöst hat. Die Militärregierung in Bamako hat das Ende der UNO-Mission MINUSMA erzwungen. Der Abzug französischer Truppen aus Mali und Niger und der deutschen Bundeswehr aus Mali zeugen ebenfalls von gescheiterten Stabilisierungsbemühungen. Der Einfluss des Westens nimmt ab. Die Sahelregion steht dabei im Zeichen eines schleichenden Staatszerfalls und einer wachsenden Bedrohung durch islamistische Terrorgruppierungen. Der Migrationsdruck nach Norden hat zugenommen. Die Sorge um Kontrollverlust an den Aussengrenzen ist in Europa angesichts der vielen Krisen in seiner Nachbarschaft wieder zu einem zentralen politischen Thema geworden. Die Reform des EU-Asyl- und Migrationssystems ist im Berichtsjahr vorangekommen, aber noch nicht abgeschlossen. Sie bleibt herausfordernd. Die Tatsache, dass die Terroranschläge von Brüssel und Arras von abgewiesenen, aber nicht rückgeführten Asylbewerbern verübt wurden, verdeutlichte den Handlungsdruck. Der Nahostkonflikt hat zudem zu gesellschaftlichen Spannungen in Europa und einem Anstieg des Antisemitismus geführt.

Die Reaktion der Schweiz auf die verschiedenen Krisen wird in den Hauptkapiteln näher dargelegt: Sie reicht von humanitärer Hilfe bis zu diplomatischen Bemühungen.

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Die Förderung von Dialogen zu Waffenstillstands- und Friedenslösungen bleibt wichtig, sei es bilateral wie zwischen Serbien und Kosovo oder multilateral, insbesondere im Rahmen des UNO-Sicherheitsrats. Dies geschieht etwa über das Vertretungsnetz der Schweiz in der Welt sowie über die drei Sonderbotschafter für die MENA-Region, für den Sahel und für das Horn von Afrika. Die Evakuierung von Botschaftspersonal aus Gebieten, die von Gewalteskalationen betroffen sind (z. B. Sudan), beschäftigt zunehmend das Krisenmanagementzentrum (KMZ) des EDA. In Bezug auf dem Nahostkonflikt hat der Bundesrat entschieden, die Terrororganisation Hamas in der Schweiz zu verbieten.

Für die Guten Dienste der Schweiz stellten die Dialogverweigerung wichtiger Akteure und die Proliferation von Vermittlungsakteuren anspruchsvolle Rahmenbedingungen dar, aber abseits der grossen geopolitischen Hotspots blieb die Schweiz mit ihrer Diskretion und Professionalität eine gefragte Vermittlerin, wie verschiedene neue Mandate zeigen (z. B. in Kolumbien). Auch agierte sie als Ko-Fazilitatorin in der Freilassung von amerikanischen und iranischen Gefangenen. In der Entwicklungszusammenarbeit erlaubte die Flexibilität der IZA-Strategie die erforderlichen Programmanpassungen. Wie andere Staaten auch wird die Schweiz sowohl ihre Nahostals auch ihre Sahelpolitik überprüfen müssen.

1.3

Machtverschiebungen und Fragmentierung

Die Beziehungen zwischen den USA und China blieben volatil und waren mehrheitlich angespannt. Washington schoss im Februar einen chinesischen Beobachtungsballon ab und weitete im Oktober seine Exportrestriktionen im Chip-Bereich aus. China erliess seinerseits Exportrestriktionen auf zwei Metalle der Seltenen Erden, die in der Halbleiter-, Telekommunikations- und Elektrofahrzeugindustrie benötigt werden. Der Trend einer Entflechtung kritischer Wertschöpfungsketten geht über die Grossmächte hinaus und manifestiert sich namentlich bei einer Reihe weiterer westlicher Industriestaaten. Die Wirtschafts- und Sicherheitspolitik verschränken sich dabei zunehmend.

Konzepte wie «De-Risking» und das Streben nach verstärkter Resilienz widerspiegeln sich in den Handelszahlen. So illustriert der World Trade Report 2023 der WTO, wie sich der Handel vermehrt an geopolitischen Bruchlinien orientiert. Es handelt sich dabei eher um eine geopolitisch bestimmte Regionalisierung als eine Deglobalisierung. Im Zuge der Neubeurteilung der gegenseitigen Abhängigkeiten und im Hinblick auf die Dekarbonisierung setzten im Berichtsjahr die USA und die EU ihre industriepolitischen Initiativen weiter um (US Inflation Reduction Act bzw. EU Green Deal Industrial Plan). Allgemein nahmen staatliche Eingriffe in Form von diskriminierenden Regulierungen und Zöllen, Netz- und Informationssperren sowie Export- und Kapitalverkehrsbeschränkungen zu.

Staaten des Globalen Südens gewinnen angesichts der Machtverschiebungen an Gewicht. Die Einladung zur BRICS-Mitgliedschaft an drei Golfstaaten (Iran, SaudiArabien, VAE), zwei afrikanische Staaten (Ägypten, Äthiopien) und Argentinien reflektiert die neuen Dynamiken und die fortschreitende Fragmentierung in den internationalen Beziehungen. Auf welche Agenda sich die BRICS+ einigen können, bleibt abzuwarten. Eine gemeinsame Klammer dürfte die Anpassung der globalen Ordnung 8 / 76

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(UNO, Bretton Woods Institutionen) sein. Der Bundesrat trägt diesen weltpolitischen Entwicklungen in seiner Aussenpolitischen Strategie 2024-2027 Rechnung. Eine Analyse der Folgen der aktuellen industriepolitischen Initiativen und des damit verbundenen Subventionswettlaufs wird er im nächsten Lagebericht zur Schweizer Volkswirtschaft präsentieren.

1.4

Multilateralismus zwischen Krise und Reformen

Die weltpolitische Polarisierung schwächt den Multilateralismus. Sie widerspiegelt sich im UNO-Sicherheitsrat, der seine Schlüsselrolle für die Friedenswahrung deshalb nur unzureichend wahrnehmen konnte. Seine Bemühungen, die Eskalation der Gewalt in Bezug auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die anderen erwähnten Konflikte zu mildern, führten nicht zum gewünschten Rückgang der militärischen Gewalt. Im Nahostkonflikt vermochte er sich 2023 auf zwei Resolutionen zu humanitären Fragen und den Schutz von Zivilisten zu einigen. Diese wurden jedoch zu wenig umgesetzt. Der Ruf nach Reformen wurde lauter, auch was weitere multilaterale Organisationen betrifft. Die Eröffnungswoche der UNO-Generalversammlung stand im Berichtsjahr auf der einen Seite im Zeichen einer gewissen Frustration über die zahlreichen Blockaden und Verletzungen des Völkerrechts und war auf der anderen Seite durch ein ausgeprägtes Bekenntnis zur UNO und einem wirksameren Multilateralismus geprägt.

Ein wichtiges Reformthema betraf die internationale Finanzarchitektur und die multilateralen Entwicklungsbanken. Die Diskussionen drehten sich um eine verstärkte Mitsprache des Globalen Südens, eine stärkere Ausrichtung auf globale Herausforderungen wie Klimakrise, Ernährungsunsicherheit und Pandemien sowie die Mobilisierung grösserer Finanzmittel, auch durch Zusammenarbeit mit dem Privatsektor. Dies vor dem Hintergrund einer wieder gewachsenen extremen Armut und der hohen Verschuldung vieler Entwicklungs- und Schwellenländer. Erste Massnahmen wurden eingeleitet, doch bleibt die Finanzierungslücke gross. Als Nachteil erweist sich, dass auch die Staatsverschuldung vieler traditioneller Geberländer stark zugenommen hat.

Die Schweiz setzte sich weiterhin für einen fokussierten und wirksamen Multilateralismus ein. Im Sicherheitsrat bestätigte sie ihr international anerkanntes Profil als Brückenbauerin entlang ihrer Prioritäten ­ nachhaltigen Frieden fördern, Zivilbevölkerung schützen, Klimasicherheit angehen, Effizienz stärken. So leitete sie erfolgreich die Verhandlungen der Resolution zur Verlängerung der Mission EUFOR ALTHEA in Bosnien und Herzegowina, die im November einstimmig angenommen wurde.

Auch in anderen Gremien setzte sie sich für Reformen ein. So unterstützte sie einen zusätzlichen IWF-Exekutivratssitz für Länder aus
Subsahara-Afrika, sprach sich für klare Prioritäten bei der Erweiterung des Mandats der Weltbank aus und forderte eine stärkere Koordination zwischen den Entwicklungsakteuren. Im Rahmen der vorausschauenden Science Diplomacy konnte die vom Bundesrat und dem Kanton Genf geschaffene Stiftung Geneva Science and Diplomacy Anticipator (GESDA) einen ersten Meilenstein erreichen: die Lancierung des Open Quantum Institute und dessen Ansiedlung im CERN, mit dem Ziel, die Quantentechnologien in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Diese Technologien sollen die Umsetzung der UNO-Ziele für 9 / 76

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nachhaltige Entwicklung begünstigen. Die führende Position des internationalen Genf in der Erarbeitung zukunftsgerichteter Gouvernanzlösungen soll mit dieser Initiative gefestigt werden.

2

Schwerpunkt: Bilanz der Aussenpolitischen Strategie 2020­2023

Im Jahr 2011 entschied der Bundesrat, für jede Legislatur eine Aussenpolitische Strategie (APS) vorzulegen. Die APS 2020­2023 war die dritte dieser Art. Mit ihr wurden zwei Neuerungen eingeführt: Zum einen formulierte der Bundesrat erstmals spezifische Ziele für die Legislatur, zum anderen diente die APS als Grundlage für geografische und thematische Folgestrategien (mit zugehörigen Zielen und Massnahmen).

Damit wurde eine Strategiekaskade etabliert. Die Erarbeitung der Strategien wie auch die Umsetzung und das Monitoring erfolgten interdepartemental. Diese Methodik hat der Schweizer Aussenpolitik mehr Orientierung verliehen, Zielkonflikte sichtbar gemacht und die Kohärenz gestärkt. Sie wird in der neuen Legislatur fortgesetzt.

Die vergangene Legislatur war in mancher Hinsicht die schwierigste seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Umsetzung der APS 2020­2023 erfolgte in einem anspruchsvollen Kontext, der durch multiple Krisen geprägt war. Hervorzuheben sind die Covid-19-Pandemie und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Beide hatten negative Folgen in einer Vielzahl von Themenfeldern, wie die Rückschläge in der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG), insbesondere der Armutsbekämpfung, die wachsende Ernährungsunsicherheit, die Energieversorgungsengpässe und die verschärften Spannungen im UNO-Sicherheitsrat zeigen.

Diese internationalen Negativdynamiken erforderten Umpriorisierungen und einen Fokus auf Krisenbewältigung. Drei Botschaften mussten evakuiert werden. Das Schweizer Aussennetz mit seinen bürgernahen Dienstleistungen erwies sich als starker operativer Pfeiler der Aussenpolitik. So konnten etwa im Rahmen der Covid19-Rückholaktion FlyingHome im Frühling 2020 insgesamt 7255 Personen mit 35 Repatriierungsflügen aus 41 Destinationen in die Schweiz zurückgeholt werden.

Trotz widriger Umstände konnte eine Mehrheit der Ziele der APS 2020­2023 erreicht werden. Vom wichtigen Ziel, bis Ende 2023 über geregelte Beziehungen mit der EU zu verfügen, rückte der Bundesrat insofern ab, als der von ihm angestossene Methodenwechsel von einem institutionellen Abkommen zu einem Paketansatz mit einer zeitlichen Verzögerung einhergeht. Insofern fällt die Gesamtbilanz der Legislatur in Bezug auf die Zielerreichung durchzogen aus ­ trotz einiger
Erfolge. Allerdings hat sich im Europadossier die Ausgangslage mit dem neuen Ansatz verbessert. Eine Übersicht zur Bilanz der insgesamt 45 Ziele findet sich in Anhang 3. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf einige Schlaglichter zu den einzelnen Zielkapiteln.

Im Bereich Frieden und Sicherheit konnte mit der Wahl der Schweiz in den UNOSicherheitsrat 2023/24 ein Markstein in der Schweizer Aussenpolitik gelegt werden.

Im ersten Jahr der Einsitznahme vermochte die Schweiz dabei trotz Polarisierung im Rat glaubwürdig aufzutreten und ihre Bereitschaft zu unterstreichen, für die internationale Sicherheit Mitverantwortung zu übernehmen (Ziff. 4.3). In Bezug auf die 10 / 76

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Förderung von Frieden und Menschenrechten, die humanitäre Mitwirkung sowie die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik vermochte sie ihr ausgeprägtes Profil beizubehalten. So war sie in unterschiedlicher Form in rund 20 Friedensprozesse involviert.

Der Fokus auf die europäische Sicherheit erwies sich als richtig, wobei die europäische Zeitenwende und die Rückkehr anspruchsvoller neutralitätsrechtlicher Fragen in der APS nicht antizipiert wurden. Mit der Strategie Rüstungskontrolle und Abrüstung 2022­2025 setzte der Bundesrat einen politischen Akzent in einem Themenfeld, das international stark unter Druck gekommen ist.

Im Bereich Wohlstand fällt auf, dass sich die Schweizer Wirtschaft ungeachtet der Krisen als bemerkenswert robust erwiesen hat. Auch die Innovationskraft des Landes befindet sich weiterhin auf hohem Niveau. Es ist gelungen, das Netz an bilateralen Wirtschaftsabkommen zu verbreitern und zu vertiefen. Erfreulich entwickelten sich die Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich (UK) mit der Mind-the-Gap-Strategie und dem Mind-the-Gap-Plus-Ansatz. Die Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2021­2024 hat sich bewährt. Durch die stärkere geografische und thematische Fokussierung konnte die Wirkung der IZA gesteigert werden.

Gleichzeitig waren auch Rückschläge bei langjährigen Entwicklungsprogrammen hinzunehmen, etwa im Sahel oder in Afghanistan. Umprogrammierungen wurden sowohl aufgrund der Pandemie wie der Geopolitik erforderlich. Der Bundesrat wird zur Umsetzung der IZA-Strategie separat Bericht erstatten. Rückschritte auf globalem Niveau waren auch im Bereich Nachhaltigkeit zu verzeichnen. Die Schweiz konnte zwar betreffend ihre APS-Ziele Fortschritte erzielen, musste aber wie die übrigen Staaten feststellen, dass die Zielvorgaben der entsprechenden internationalen Abkommen nicht erreicht wurden. Die Zwischenbilanz der Zielerreichung der Agenda 2030 fällt unbefriedigend aus, auch wenn ihre politische Akzeptanz international zunahm.

Mit der Digitalisierung legte der Bundesrat in der APS einen neuen aussenpolitischen Schwerpunkt fest. Die Folgestrategie zur Digitalaussenpolitik 2021­2024 fand international Beachtung und erwies sich als geeignetes Instrument zur Profilentwicklung.

Durch ihre aktive Beteiligung an der Umsetzung der UNO-Empfehlungen zur digitalen
Kooperation konnte die Schweiz ihre Position als Themenführerin im Bereich der digitalen Selbstbestimmung etablieren, was die Rolle Genfs als Hub der digitalen Gouvernanz stärkt. Die UNO erhöht ihre Präsenz vor Ort, und die Schweiz schafft durch die GESDA-Stiftung innovative Dialog- und Wissensplattformen an der Schnittstelle von Diplomatie und Wissenschaft.

In Bezug auf den Schwerpunkt Europa waren der Entscheid des Bundesrates vom 26. Mai 2021, die Verhandlungen zum institutionellen Abkommen mit der EU aufgrund von substantiellen Differenzen in zentralen Bereichen zu beenden, und der neue Paketansatz wegweisende Elemente. Der Paketansatz soll einen breiten Interessensausgleich ermöglichen und die Erfolgsaussichten von Verhandlungen somit erhöhen.

Damit verfolgt der Bundesrat das Ziel, den bilateralen Weg unter Wahrung der essentiellen Interessen der Schweiz weiterzuentwickeln und zu stabilisieren.

Zur Umsetzung des Schwerpunkts Weitere Regionen hat der Bundesrat mit Folgestrategien zur MENA-Region sowie zu Subsahara-Afrika, den Amerikas, Südostasien und China die jeweils spezifischen Schweizer Interessen, Ziele und Massnahmen konkretisiert. Im Kontext von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine positionierte sich die Schweiz auf der Seite des Völkerrechts und unterstützte die Ukraine im Rahmen 11 / 76

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des neutralitätsrechtlich Möglichen und der Schweizer Gesetzesgrundlagen. Langjährig bestehende Programme konnten in der Ukraine rasch an die veränderte Lage angepasst und zusätzliche humanitäre Hilfe geleistet werden. Aufbauend auf die in der Ukraine Recovery Conference von 2022 in Lugano verabschiedeten gemeinsamen Prinzipien des Wiederaufbaus verstärkte die Schweiz ihre Unterstützung für die Ukraine und die Republik Moldau sukzessive. Die humanitäre Minenräumung wurde zu einer Priorität. Die pandemiebedingt verlangsamte globale Beziehungspflege zur Interessenwahrung konnte bis zum Ende der Legislatur normalisiert werden.

Im multilateralen Bereich unterstützte die Schweiz die Reformbemühungen der UNO, beispielsweise bezüglich der Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrats oder der Reform des UNO-Entwicklungssystems. Angesichts der schwierigen finanziellen Lage des IKRK hat der Bundesrat einen Sonderbeitrag von 50 Millionen Franken entschieden und die Rückzahlungsfristen für sein Covid-19-Darlehen in Höhe von 200 Millionen Franken gelockert. Bezüglich der G20-Treffen gelang es dem Bundesrat, sich regelmässig am Finanztrack zu beteiligen.

Hinsichtlich des Schwerpunkts Ressourcen entwickelte sich die Lage im EDA entlang des Prinzips «Umbau statt Ausbau». Durch eine dauernde Umpriorisierung gelang es, die neuen internationalen Herausforderungen in der Regel mit bestehenden Ressourcen anzugehen. Dies verlangte Agilität und Anpassungsfähigkeit aller Mitarbeitenden, im Aussennetz wie in der Schweiz. Die konsularischen Dienstleistungen und das KMZ des EDA waren in diesen Jahren besonders gefordert, die Professionalisierung und die Digitalisierung dieser Arbeitsfelder hat sich bewährt. Der Bereich der Kommunikation wurde ebenfalls stark für die Erklärung der krisenbedingten Entscheide der Schweiz entlang der Strategie Landeskommunikation 20212024 beansprucht.

Die Beziehungen Schweiz­EU, die Sanktionen gegen Russland, die Neutralität, die Frage der Waffenwiederausfuhr, die Krise des Finanzplatzes (Credit Suisse) und das Verbot der Hamas-Organisation stellen nur einige Beispiele der kommunikativen Herausforderungen dar. Gesamthaft lässt sich allerdings feststellen, dass die Schweiz nach wie vor international einen guten Ruf geniesst. Die neue Strategie der Landeskommunikation wird die Lehren aus den letzten
vier Jahren ziehen und entsprechende Anpassungen vornehmen.

Der Bundesrat hat am 31. Januar 2024 die Aussenpolitische Strategie 20242027 verabschiedet. Während er am methodischen Ansatz der Strategiekaskade festhält, reduziert er die Anzahl Ziele um über 30 Prozent. Dies im Sinne einer Priorisierung, wie sie die anhaltende Krisendynamik und Sparauflagen nahelegen. Angesichts der Zeitenwende und der weltpolitischen Fragmentierung wird ein stabiles und prosperierendes Europa für die Schweiz noch wichtiger. Zugleich bleiben konstruktive Beziehungen mit allen Weltregionen vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Übergangs zu einer weniger westlich geprägten Welt essentiell. Zu den weiteren neuen Akzenten der APS, die sich aus dem Wandel des Umfelds ergeben, gehören die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz und die beiden neuen thematischen Schwerpunkte Umwelt und Demokratie. Der Bundesrat wird weiterhin in den Aussenpolitischen Berichten jährlich Rechenschaft ablegen.

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Kohärenz in der Aussenpolitik

Im aktuellen Umfeld kommt einer kohärenten Aussenpolitik noch mehr Bedeutung zu. Die Aussenpolitische Strategiekaskade ist hierzu ein wichtiges Instrument. Mit ihr wird die Zusammenarbeit zwischen den Departementen gestärkt. Mit der Verabschiedung der Südostasien-Strategie 2023-2026 durch den Bundesrat und des Aktionsplans Humanitäre Minenräumung 2023-2026 durch EDA und VBS wurde die Strategiekaskade im vierten Jahr der Legislatur 2019-2023 mit zwei letzten Grundlagendokumenten vollendet. Zugleich hat der Bundesrat Anfang 2024 die Aussenpolitische Strategie 2024-2027 verabschiedet ­ diese wurde erstmals den Kantonen und den Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte zur Konsultation unterbreitet. Die APS 2024-2027 ist das Dachdokument der Strategiekaskade der Legislatur 2023-2027. Zur IZA-Folgestrategie 2025-2028 haben EDA und WBF im Sommer 2023 eine freiwillige öffentliche Konsultation durchgeführt.

Abb. 1: Aussenpolitische Strategiekaskade 2020-2023.

Ein wichtiger Schritt zur weiteren Steigerung der Kohärenz in der letzten Legislatur war die Reorganisation Fit-4-Purpose (f4p) der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Bundesrat Cassis 2020 in Auftrag gab. Es galt zu prüfen, ob die DEZA organisatorisch über adäquate Strukturen zur Umsetzung der IZA-Strategie 2021-2024 verfügt, und ob die Organisation allfällige Anpassungen benötigt.

Die Prüfung kam zum Schluss, dass die heutige Komplexität der Krisen eine multidisziplinäre Antwort mit koordinierten Instrumenten erfordert. Die Schweiz ist zunehmend mit lang andauernden Krisen und fragilen Kontexten konfrontiert. In ihrer Umsetzungsrolle betreffend die IZA-Strategie hat die DEZA mit einer wachsenden Anzahl Partner zu tun (Staaten, multilaterale Organisationen, Wissenschaft, NGOs, Privatsektor); die Koordination der Aktivitäten in den Projekten und Programmen wird immer anspruchsvoller. Häufig gelangen mehrere Instrumente der IZA (humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Friedensförderung) gleichzeitig zur An13 / 76

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wendung. Deshalb setzte sich die DEZA im Rahmen von f4p zum Ziel, die Koordination und Kohärenz ihrer Instrumente zu stärken und mehr Kompetenzen ins Aussennetz zu verlagern. Konkret wurde die Reorganisation um folgende Handlungsfelder herum realisiert: 1.

«Nexus» mit geographischem Fokus: Aufgrund der immer länger andauernden Krisen überschneiden sich die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit zunehmend. Die meisten Kontexte erfordern sowohl eine langfristige Unterstützung der Reformen als auch kurzfristige humanitäre Massnahmen. Daher wurden bei der Reorganisation drei geographische Nexus-Abteilungen gegründet (MENA­Europa, Subsahara­Afrika, Asien ­ Lateinamerika und Karibik). Ihre Teams bestehen neu aus Fachpersonen in beiden Bereichen Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, was eine enge Abstimmung der Arbeit gewährleistet. Darüber hinaus wurden in der DEZA auch die Friedensförderung und die multilaterale Zusammenarbeit besser integriert. Diese institutionelle Integration des Fachwissens aus den verschiedenen Bereichen ermöglicht einen multidisziplinären Ansatz in der Analyse und Reaktion auf komplexe globale Herausforderungen.

2.

Thematische Kompetenz: In einer Abteilung wird die thematische Kompetenz der DEZA gebündelt, um Programme und Projekte umzusetzen. Auch diese Abteilung sucht die bestmöglichen Synergien zwischen den Instrumenten der Humanitären Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung. Zudem stellen thematischen Regionalberatende den Wissenstransfer in die geographischen Nexus-Abteilungen sicher und erfüllen somit eine Scharnierfunktion. Zur Steigerung der Kohärenz in der Bundesverwaltung findet zudem die Arbeit in interdepartementalen thematischen Netzwerken statt.

3.

Subsidiarität: Die mit der Umsetzung betrauten Stellen im Aussennetz bekommen mehr Kompetenzen. Die Planungs- und Genehmigungsprozesse werden unter Wahrung der Qualität vereinfacht.

Die Reorganisation erfolgte nach dem Prinzip der Kohärenz, der Effizienzsteigerung und der Budgetneutralität («Umbau statt Ausbau»). Die Struktur der DEZA wurde derjenigen der übrigen Direktionen im EDA angeglichen, um die Anzahl Schnittstellen zu reduzieren und die Zusammenarbeit zu vereinfachen.

Seit dem 1. September 2022 arbeitet die DEZA in der neuen Organisationsstruktur.

Erfahrungsgemäss benötigt der mit den Änderungen verbundene Kulturwandel etwas Zeit. Die seit September 2023 bezogenen neuen Räumlichkeiten in Zollikofen sind besonders geeignet, diesen Kulturwandel zu ermöglichen, um auf Krisen und Katastrophen rasch zu reagieren und gleichzeitig die langfristigen Entwicklungsprogramme wirksam weiterzuführen (Ziff. 4.5 und 5.4).

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4

Frieden und Sicherheit

4.1

Gute Dienste und Friedensförderung

In einem stark polarisierten Umfeld mit Multikrisen und weltweit rund 60 Gewaltkonflikten leistete die Schweiz weiterhin ihre wirkungsorientierten Beiträge zum Frieden. Ihre Guten Dienste als Instrument zur Interessenwahrung sind weiter nachgefragt, aber kein Selbstläufer. Sie verlangen Flexibilität, Geduld, Innovation und langfristige Investition.

Der Bundesrat trug in rund 20 friedenspolitischen Länderprogrammen mit eigener Expertise zur Prävention, Entschärfung und Lösung von Gewaltkonflikten bei. In Ergänzung zur langfristigen Friedensförderung nutzte die Schweiz Handlungsspielräume für Konfliktlösung, Mediation oder Dialogunterstützung ­ beispielsweise im Tschad und in der Ukraine (Ziff. 9.1).

In Kolumbien begleitet sie neu die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der Guerillagruppe ELN und seit Mitte Oktober als Garantin auch jene zwischen der Regierung und den FARC-EMC, einer Gruppe von FARC-Dissidenten. In der afrikanischen Region der Grossen Seen ermöglichte sie den Dialog mit bewaffneten Gruppierungen zur Konfliktprävention. Im Sudan und in Kamerun musste sie ihren Einsatz aufgrund des Kriegsausbruchs respektive einem veränderten Mandat anpassen. Gleichzeitig hat sie weitere vertrauliche Mediationsmandate erhalten.

Die Schweiz stärkte mit ihrer Expertise multilaterale und regionale Organisationen.

Die UNO-Friedensprozesse für Syrien und Libyen (Ziff. 9.3) profitierten ebenso davon wie der in über 30 Ländern aktive UNO-Fonds für Friedenskonsolidierung. Im UNO-Sicherheitsrat thematisierte sie unter der Agenda «Frauen, Frieden, Sicherheit» u.a. die Teilhabe von Frauen in Friedensprozessen. Dort fokussierte sie auch auf den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten und setzte sich für den Schutz von Kindern und essentieller Infrastruktur, für Ernährungssicherheit sowie für humanitäre Ausnahmen bei UNO-Sanktionsregimes ein.

Im Lichte der zunehmenden autoritären Tendenzen entwickelte das EDA neue Ansätze der Demokratiediplomatie, zum Beispiel mit Blick auf den Einbezug der Bevölkerung in politische und wirtschaftliche Prozesse. Ein weiteres bewährtes Instrument ist das Unterzeichnen von Verhaltenskodexen vor Wahlen, das etwa in Nigeria und Zimbabwe zum Tragen kam. Wie schon 2022 organisierte die Schweiz eine hochrangige Retraite zum Thema Demokratieförderung mit
Vertreterinnen und Vertretern aus afrikanischen, asiatischen und europäischen Staaten.

EDA und VBS lancierten gemeinsam den Aktionsplan Humanitäre Minenräumung 2023­2026. Neben der Fortführung der weltweiten Programme, bspw. mit Projekten in Kambodscha, Kolumbien und Syrien, sieht dieser einen Fokus auf die Ukraine (Ziff. 9.1) vor. Zur Stärkung der globalen friedenspolitischen Programme entsandte die Schweiz zivile Expertinnen und Experten in Feldmissionen der UNO, OSZE und EU sowie weiterer Organisationen. 2023 leisteten 181 Entsandte 203 multilaterale oder bilaterale Einsätze in 39 Ländern. Davon fanden 96 Einsätze im Rahmen von 16 Wahlbeobachtungsmissionen in 14 Ländern statt. Im Rahmen der militärischen Friedensförderung leistete der Bundesrat konkrete Unterstützung durch die Entsendung von rund 280 Armeeangehörigen in Konfliktgebiete: einerseits bewaffnete Kon15 / 76

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tingente für Missionen unter der Führung der EU und der NATO auf dem Balkan, andererseits unbewaffnete Armeeangehörige wie Militärbeobachter, Stabsoffiziere und Militärexperten (u. a. in den Bereichen Minenräumung, Lagerverwaltung und Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration), die unter anderem in UNOMissionen oder für den Kapazitätsaufbau in regionalen Ausbildungszentren eingesetzt wurden.

4.2

Internationale Sicherheit

Die internationale sicherheitspolitische Zusammenarbeit gewann im zweiten Jahr der russischen Militäraggression gegen die Ukraine zusätzlich an Bedeutung. In Einklang mit dem Zusatzbericht des Bundesrats vom 7. September 20221 zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 baute die Schweiz ihre sicherheitspolitische Kooperation mit der EU, NATO und Partnerstaaten im Rahmen der neutralitätsrechtlichen Vorgaben aus.

Die NATO hat sich dabei als wichtigster Pfeiler der europäischen Sicherheit bestätigt.

Die Weiterentwicklung der bestehenden Partnerschaft für den Frieden stand im Vordergrund. Der Abschluss des Individually Tailored Partnership Programme ermöglicht der Schweiz eine vertiefte Kooperation. Auch die EU ist in Sicherheitsfragen aktiver und handlungsfähiger geworden, was der Schweiz neue Kooperationsmöglichkeiten eröffnete. Beispielsweise wurden die sicherheitspolitischen Konsultationen Schweiz-EU im November 2023 mit der Lancierung eines jährlich stattfindenden strukturierten Dialogs formalisiert. Im Kontext der Grossmächterivalität im asiatischen Raum stellte die Schweiz vertrauliche Dialogplattformen zur Verfügung.

Das verschlechterte sicherheitspolitische Umfeld liess die weltweiten Militärausgaben weiter steigen. Die Erosion der Rüstungskontrolle setzte sich fort, was den Zielen der Strategie Rüstungskontrolle und Abrüstung 2022­2025 des Bundesrats entgegenläuft. Die Schweiz priorisierte den transversalen Schwerpunkt der Strategie zur Gouvernanz von neuen Technologien und setzte sich in der UNO für die Regulierung von Autonomen Waffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht ein. In der Konferenz zum verantwortlichen Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) thematisierte die Schweiz die entsprechenden nuklearen Risiken. Vor dem Hintergrund der Konvergenz von Biotechnologie, Chemie und anderen Wissenschaften befürwortete sie die Etablierung eines Mechanismus zur Evaluierung von wissenschaftlichem und technischem Fortschritt im Rahmen des Biowaffenübereinkommens und setzte sich für die Stärkung des Chemiewaffenübereinkommens ein. Ihre Mitwirkung zur Stärkung der Sicherheit von Kernanlagen in bewaffneten Konflikten, wie in der Ukraine, wurde z. B. im UNO-Sicherheitsrat mit der Sondersession Nr. 9334 vom 30. Mai 2023 betont. Unter der Schweizer Ratspräsidentschaft konnten Bundesrat Cassis
und der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, entsprechende Prinzipien zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts einfordern. Im Zuge ihres Vorsitzes des Raketentechnologie-Kontrollregimes erbrachte die Schweiz Beiträge zur Stärkung des Regimes. Ebenfalls unterstütze sie ein rechtlich unverbindliches UNO-Instrument zur Munitionsbewirtschaftung in der konventionellen Abrüstung.

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Im Bereich Terrorismusbekämpfung förderte die Schweiz die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit von Sanktionen des UNO-Sicherheitsrates, durch die Unterstützung der Ombudsperson. Sie unterstützte zudem die wirksame Umsetzung der 2022 vom Sicherheitsrat adoptierten humanitären Ausnahme zu den UNO-Sanktionsregimen.

4.3

Einsitz im UNO-Sicherheitsrat

Am 1. Januar 2023 nahm die Schweiz Einsitz im Sicherheitsrat der UNO. Als gewähltes Mitglied nimmt sie an allen Sitzungen des Rates und seiner Nebenorgane teil, mit Rede- und Stimmrecht in allen Dossiers, bis zum 31. Dezember 2024.

Der Bundesrat hat hierzu vier Prioritäten definiert: 1. Nachhaltigen Frieden fördern, 2. Zivilbevölkerung schützen, 3. Klimasicherheit angehen, 4. Effizienz des Sicherheitsrates stärken.

Die Ratsagenda wird zwar weitgehend durch die regulären Sitzungen und die vom aktuellen Weltgeschehen abhängigen Dringlichkeitssitzungen bestimmt, doch konnte die Schweiz im Rat Einfluss nehmen und auch ihre prioritären Themen vorantreiben.

In Ko-Federführung mit Brasilien konnte sie z. B. am 9. Januar das Mandat zur grenzüberschreitenden humanitären Hilfe in Syrien um ein halbes Jahr verlängern lassen.

Nach dem Erdbeben in Syrien und der Türkei am 6. Februar beantragte sie mehrere Ratssitzungen zur Erörterung der Lage; ein Beschluss des Rates erübrigte sich, da Syrien entschied, vorübergehend zwei weitere Grenzübergänge zu öffnen. Am 11. Juli legte Russland sein Veto gegen einen von der Schweiz und Brasilien vorgelegten Resolutionsentwurf zur weiteren Verlängerung der grenzüberschreitenden humanitären Hilfe nach Syrien ein. Die syrischen Behörden genehmigten diese Hilfe jedoch einseitig. Die Schweiz fazilitierte darüber hinaus als ko-federführendes Land die Verlängerung des vom UNO-Sicherheitsrat erteilten Mandats des Büros der Vereinten Nationen für Westafrika und den Sahel (UNOWAS) um drei Jahre. Als vorsitzendes Land des Sanktionsausschusses zu Nordkorea ermöglichte die Schweiz die Arbeit dieses Nebenorgans des Rates in einem schwierigen geopolitischen Umfeld.

In ihrer Rolle als focal point des Rates für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) organisierten die Schweiz und Japan gemeinsam eine informelle Sitzung, bei der die Notwendigkeit einer verstärkten Bekämpfung der Straflosigkeit auf internationaler Ebene, die Wirksamkeit der Rechenschaftsmechanismen sowie die Zusammenarbeit zwischen dem Sicherheitsrat und dem IStGH erörtert wurden. Im Einklang mit der Priorität «Klimasicherheit angehen» führte die Schweiz gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Mosambik und Malta den Vorsitz in der informellen Expertengruppe zu Klima und Sicherheit und initiierte eine
Reihe gemeinsamer Verpflichtungen. Ende August schlossen sich sieben weitere Mitglieder den Verpflichtungen an, darunter die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich. Die Schweiz war auch Ko-Leiterin der informellen Expertengruppe zu Frauen, Frieden und Sicherheit. Bei den verschiedenen Treffen wurde die Bedeutung der Rolle der Frauen in Friedensförderungsprozessen erörtert, insbesondere in Kontexten wie Afghanistan, Südsudan, Mali, Syrien, Haiti und Kolumbien. Als focal point gemeinsam mit Brasilien zum Thema Hunger und Konflikte unterstützte die Schweiz Gespräche über dringliche Situationen und trug dazu bei, dass in einer am 3. August verabschiedeten 17 / 76

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Präsidialerklärung die Notwendigkeit anerkannt wurde, den Teufelskreis von bewaffneten Konflikten und Ernährungsunsicherheit zu durchbrechen.

Die Übernahme des rotierenden Ratsvorsitzes im Mai war für die Schweiz eine Gelegenheit, die erwähnten thematischen Prioritäten zu verfolgen. So leitete Bundesrat Cassis am 3. Mai eine offene Debatte über den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen für einen nachhaltigen Frieden, an der auch der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte teilnahm. Am nächsten Tag leitete er ein Treffen über die Zusammenarbeit zwischen der UNO und der OSZE. Am 23. Mai leitete Bundespräsident Berset die jährliche offene Debatte zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Anlässlich des Afrikatages und des 75-jährigen Jubiläums der UNO-Friedensmissionen leitete Bundesrätin Amherd am 25. Mai eine Ratssitzung zum Thema der Finanzierung von AU-geführten Friedensoperationen. Am 30. Mai präsidierte Bundesrat Cassis ein Treffen zur nuklearen Sicherheit in der Ukraine. Im Rahmen der Priorität «Effizienz des Sicherheitsrates stärken» wurde ein digitales Arbeitsprogramm des Rates für den Monat des Schweizer Vorsitzes veröffentlicht. Diese Initiative erlaubte es, die Arbeit des Sicherheitsrates für die Öffentlichkeit transparenter zu machen.

Durch Ihr Fachwissen konnte die Schweiz ebenfalls dazu beigetragen, dass Ratsbeschlüsse das Völkerrecht, insbesondere das humanitäre Völkerrecht, korrekt und vollständig widerspiegeln.

Die Bilanz nach dem ersten Jahr Einsitz im UNO-Sicherheitsrat fällt insgesamt positiv aus: die Schweiz war für die Aufgabe gut vorbereitet, ihre Mitwirkung wurde von den anderen Mitgliedern geschätzt und als glaubwürdig anerkannt.

Die Leistung des Sicherheitsrats im Jahr 2023 war bedauerlicherweise nicht zufriedenstellend. Geopolitische Spannungen behindern allzu häufig die Erreichung tragfähiger Lösungen. Das Arbeitsklima ist erheblich belastet, und der Stillstand in Schlüsselangelegenheiten wie der Ukraine und dem Nahen Osten (Ziff. 1) unterstreicht das wachsende Misstrauen. Trotzdem blieb der Rat in manchen anderen Kontexten handlungsfähig, etwa in Bezug auf die Verlängerung bereits bestehender Mandate für Friedensoperationen.

Der Sicherheitsrat stimmte im Berichtsjahr über 55 Resolutionen ab, von denen fünf auf Grund von Vetos nicht zustande kamen. 50 Resolutionen konnten angenommen werden. Ausserdem verabschiedete er sechs Präsidialerklärungen und 37 Presseelemente.

4.4

Menschenrechte

Die Menschenrechtslage hat sich weltweit verschlechtert. Das ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, wie den wachsenden Autoritarismus, die zunehmenden Machtkonflikte, die schwierige Wirtschaftslage oder die Auswirkungen des Klimawandels. Um den genannten Herausforderungen zu begegnen, setzte sich die Schweiz auf bilateraler und multilateraler Ebene für die Menschenrechte als Grundpfeiler der Demokratie und als Voraussetzung für Frieden und nachhaltige Entwicklung ein.

Im UNO-Menschenrechtsrat (MRR) war die Schweiz Mitverfasserin von Resolutionen in verschiedenen Bereichen: Todesstrafe, Zwangsheiraten, Umwelt, Drogenkon18 / 76

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sum usw. Zum ersten Mal brachte sich die Schweiz auf präsidialer Ebene in der Kommission für die Rechtsstellung der Frau ein. Im Berichtsjahr stand zudem die allgemeine regelmässige Überprüfung der Schweiz im MRR an. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden 317 Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage im Land an die Schweiz gerichtet. Am 4. Gipfeltreffen des Europarats bekräftigte die Schweiz zudem ihre Unterstützung für das System des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Auf bilateraler Ebene fanden neue Runden in den Menschenrechtsdialogen mit China und dem Iran in Bern bzw. Teheran statt. Ausserdem fanden Konsultationen mit Südafrika, Indonesien, Mexiko und der EU statt. Ein wichtiges Thema war der Schutz von Minderheiten und verletzlichen Gruppen. Die Schweiz setzte sich z. B. gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung ein, u. a. mit einem konkreten Projekt im Sahel. Die Schweiz war Mitgastgeberin der hochrangigen Veranstaltung des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf anlässlich des 75. Jahrestags der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und des 30. Jahrestags der Wiener Erklärung. Darüber hinaus unterstützte die Schweiz das Hochkommissariat mit 8,5 Millionen Franken, verteilt auf Sitzbeiträge und die Finanzierung von Feldoperationen.

4.5

Humanitäres

Auch 2023 stieg die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Rund 345 Millionen Menschen leiden an Hunger und über 108 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Der humanitäre Finanzierungsbedarf beträgt im Rahmen der Globalen Humanitären Übersicht (GHO) des Büros der Vereinten Nationen für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA) weltweit 55,2 Milliarden US-Dollar.

Die Geber haben bis Ende Oktober 18,3 Milliarden US-Dollar für die Pläne der GHO bereitgestellt, was 33 Prozent der in diesem Jahr insgesamt benötigten Mittel entspricht. In dieser globalen Unterfinanzierung ist es der Schweiz gelungen, ihren Beitrag stabil zu halten.

Die Schweiz unterstützte neben der Ukraine (Ziff. 9.1) die Bewältigung mehrerer humanitärer Krisen. Als Folge des Erdbebens im Februar in der Türkei und Syrien wurde die Rettungskette Schweiz detachiert und konnte 11 Menschen retten. 35 Mitglieder des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe haben in diesem Kontext rund 400 Personen medizinisch behandelt sowie Zelte, sanitäre Einrichtungen und Hygiene-Sets für über 15 300 Personen zur Verfügung gestellt. Dabei nutzte die Schweiz Synergien mit ihrer bestehenden Unterstützung von 60 Millionen Franken für die Bevölkerung in der Region.

Zur Bewältigung von Waldbränden und Überschwemmungen in Griechenland haben ein Team aus 23 Angehörigen des Armee-Berufskorps und drei Experten des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) Löschoperationen unterstützt, Menschen transportiert und Material verteilt. Als Reaktion auf die humanitäre Krise im Nahen Osten hat der Bundesrat einen dringlichen Kredit über 90 Millionen Franken für die Soforthilfe freigegeben.

Auf multilateraler Ebene machte sich die Schweiz für eine vorausschauende und lokal geführte humanitäre Hilfe stark, die auch in Kontexten von Terrorismusbekämpfung 19 / 76

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und Sanktionen funktioniert. Der Bundesrat übernahm deshalb eine 2022 vom UNOSicherheitsrat verabschiedete humanitäre Ausnahmeregelung im Sanktionsregime, wie auch humanitäre Ausnahmen der EU-Sanktionen gegenüber Syrien. Zusammen mit dem IKRK tritt die Schweiz für die Förderung des humanitären Völkerrechts ein, beispielsweise im UNO-Sicherheitsrat oder mittels der Durchführung von Expertentreffen. Zur verbesserten Anwendung der Schutzprinzipien wird speziell die Suche nach vermissten Personen gemeinsam vorangetrieben. Auf institutioneller Ebene stärkt die Schweiz die finanzielle Widerstandsfähigkeit des IKRK. Für 2023 kündigte das IKRK ein potenzielles Defizit von 700 Millionen Franken an, der Bundesrat beantragte in diesem Zusammenhang einen Zusatzkredit über 50 Millionen Franken (Ziff. 2).

4.6

Migration und Flucht

Im Berichtsjahr haben neue Konfliktherde, extreme Wetterlagen und die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Die Schweiz investierte in die Reduktion der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration sowie eine menschenrechtskonforme und effizientere Steuerung der Migration.2 Sie suchte dazu den Dialog mit Ländern im Horn von Afrika, Westund Nordafrika, Mittleren Osten, Westbalkan sowie im regionalen Kontext der Ukraine und Afghanistan. Mit Marokko hat die Schweiz neu eine Ständige Gemischte Arbeitsgruppe für Migrationsfragen lanciert. Sie setzte multilateral neue Themen in den Bereichen Schutz und Asyl auf die Agenda des euro-afrikanischen Migrationsdialogs Rabat-Prozess und unterstützt den Quito-Prozess im Rahmen der Migrationsbewegungen aus Venezuela. Zusammen mit dem UNHCR war die Schweiz im Dezember 2023 zum zweiten Mal Gastgeberin des Globalen Flüchtlingsforums in Genf, wo die Umsetzung des UNO-Flüchtlingspakts evaluiert wird. Die Schweiz bemühte sich um eine bessere Gouvernanz der innerafrikanischen Arbeitsmigration, indem sie günstigere regulatorische Rahmenbedingungen für remittances förderte. Trotz solcher Aktivitäten nahm die irreguläre Migration nach Europa stark zu. Der Migrationsdruck bleibt hoch und könnte noch steigen, auch in der Schweiz.

5

Wohlstand

5.1

Globales Wirtschaftssystem

Das globale Wirtschaftswachstum verlangsamte sich weiter, insbesondere in Europa.

Besonders betroffen waren einige der wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Auch die Wirtschaft der Schweiz wuchs langsamer als erwartet. Die rückläufigen Energiepreise dämpften die Inflation im Berichtsjahr, doch in den meisten Ländern sank die Kerninflation nur langsam. Viele Zentralbanken sahen sich deshalb gezwungen, ihre restriktive Geldpolitik fortzuführen, was die globale Nachfrage hemmte.

2

Ausführlichere Erläuterungen bietet der jährliche Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik.

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Die Spannungen zwischen globalen Handelspartnern hielten an. Sowohl die USA, als auch die EU lancierten umfangreiche industriepolitische Programme zur Stärkung ihrer Standorte (Ziff 1.3). Der Welthandel steht vermehrt im Zeichen geopolitischer Bruchlinien. Verschiedene Länder verschärften die Investitionsprüfungen im Inland und erliessen Export- und Investitionsverbote im Ausland für Halbleiter, Chipmaschinen, Künstliche Intelligenz etc. China reagierte mit Ausfuhrbeschränkungen für wichtige Rohstoffe, die in Elektrofahrzeugen, Mobiltelefonen und Batterien benötigt werden. Viele Unternehmen verstärkten ihre Bemühungen, politische Risiken zu minimieren und ihre globalen Lieferketten zu diversifizieren.

Der Bundesrat trieb während des Berichtsjahres verschiedene wirtschaftspolitische Vorhaben voran, darunter die Einführung eines Registers der wirtschaftlich Berechtigten. Die Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Mindestbesteuerung von Unternehmen wurde per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt (Ziff. 10.4). Auch verabschiedete der Bundesrat in Erfüllung der Motion 18.3021 Rieder die Botschaft für ein Investitionsprüfgesetz. Ausserdem verabschiedete der Bundesrat die Maritime Strategie 2023-2027. Das Parlament debattierte über die Einführung der Tonnage-Steuer für Hochseeschiffe. In der Finanzwelt stand der Niedergang der Credit Suisse im Mittelpunkt. Trotz der Herausforderungen erwies sich die Schweizer Volkswirtschaft als widerstandsfähig.

5.2

Wirtschafts-, Finanz- und Freihandelsabkommen

2023 ist das Doppelbesteuerungsabkommen mit Äthiopien in Kraft getreten. Die Schweiz zählt aktuell Doppelbesteuerungsabkommen mit über 100 Staaten und Territorien. Sie verfügt ­ neben der EFTA-Konvention und dem Freihandelsabkommen (FHA) mit der EU ­ gegenwärtig über ein Netz von 33 FHA mit 43 Partnern. Im Juni unterzeichneten die EFTA und die Republik Moldau ein neues FHA. Mit verschiedenen Ländern und Ländergruppen (Kosovo, Indien, Vietnam, Thailand, Malaysia, MERCOSUR) laufen Verhandlungen über neue Abkommen. Zusätzlich finden mit Chile, Mexico und der Zollunion des Südlichen Afrika Verhandlungen statt, um bestehende Abkommen zu modernisieren. Zusätzlich wurden zwei Modernisierungsprozesse eingeleitet: erstens die Weiterentwicklung des bilateralen Handelsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und zweitens die Modernisierung des FHA zwischen den EFTA-Staaten und der Ukraine. Zudem schloss der Bundesrat im Dezember 2023 ein umfassendes Abkommen über die gegenseitige Anerkennung im Bereich der Finanzdienstleistungen mit dem UK ab.

Die Verhandlungsaktivitäten im Rahmen der WTO standen im Zeichen der Vorbereitung der 13. ordentlichen WTO-Ministerkonferenz, die im Februar 2024 in den VAE stattfinden soll. Zentraler Gegenstand ist die Reform der WTO, namentlich die Wiederherstellung eines voll funktionsfähigen Streitbeilegungsmechanismus. 2023 wurden in der WTO u.a. plurilaterale Verhandlungen über Investitionserleichterungen für Entwicklung geführt, mit dem Ziel, internationale Investitionen mittels mehr Transparenz und einfacherer Verfahren zu erleichtern. Das Abkommen soll anlässlich der 13. Ministerkonferenz formell verabschiedet werden.

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5.3

Bildung, Forschung und Innovation

Die Bundesversammlung hat dem Bereich Bildung, Forschung und Innovation (BFI) für die Finanzierungsperiode 2021­2024 insgesamt 28 Milliarden Franken zugesprochen. Dank dieser langfristig ausgerichteten Investitionen und verschiedener anderer Massnahmen zur Gewährleistung günstiger Rahmenbedingungen schneidet das Schweizer BFI-System in internationalen Rankings regelmässig sehr gut ab. So gehört die Schweiz beispielsweise in Bezug auf die Quantität und Qualität der wissenschaftlichen Publikationen weiterhin zu den weltweit erfolgreichsten Ländern. 2023 belegte die Schweiz im Globalen Innovationsindex der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) wiederum den 1. Platz (zum 13. Mal in Folge).

Während der Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die nationalen und internationalen Forschungsinfrastrukturen, an denen die Schweiz seit Langem beteiligt ist, bei einer Krise der öffentlichen Gesundheit einen wertvollen Beitrag leisten. Seit Sommer ist die Schweiz Mitglied von sechs europäischen ForschungsinfrastrukturNetzwerken mit der Rechtsform European Research Infrastructure Consortium (ERIC).

Die Schweiz hat ihre bilateralen Beziehungen im BFI-Bereich mit bestimmten Ländern weiter ausgebaut, insbesondere mit Brasilien, Kanada, Südkorea, den USA, Japan, dem Vereinigten Königreich und Singapur. Im Fokus standen spezifische Bereiche von strategischem Interesse, wie z. B. die Quantenforschung.

Auf multilateraler Ebene leistet die Schweiz einen Beitrag in verschiedenen Gremien wie den UNO-Organisationen, dem Europarat und der OECD. Letztere ist für die Schweiz im BFI-Bereich von besonderer Bedeutung. Die Schweiz bringt sich aktiv im Ausschuss für Wissenschafts- und Technologiepolitik und im Ausschuss für Bildungspolitik ein.

5.4

Entwicklungszusammenarbeit

Die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz sah sich im Berichtsjahr erneut mit sich gegenseitig verstärkenden Krisen konfrontiert. Entsprechend hat der Bundesrat die Koordination der Organisationseinheiten auf verschiedenen Ebenen verstärkt.

Die immer spürbareren Auswirkungen des Klimawandels, wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen, treffen ärmere und fragile Länder besonders stark. Sie verstärken bereits bestehende Vulnerabilitäten, wie Ernährungskrisen, gewaltsame Regierungswechsel, schlechte Regierungsführung, Konflikte und wirtschaftliche Stagnation und beeinträchtigen die Wahrung der Menschenrechte. Die Schweiz unterstützte daher z. B. die nachhaltige Entwicklung von Bergregionen und Anpassungsstrategien in Ostafrika, dem Hindukusch-Himalaya, den Anden und dem Südkaukasus. Dabei werden über regionale Bergzentren Erfahrungen aus etablierten Instrumenten wie der Alpenkonvention genutzt und die lokale Datenlage und deren weltweite Vernetzung verbessert. Dies trägt zu wissenschaftlich fundierten politischen Entscheiden bei. Frieden, Sicherheit und Demokratie stehen unter steigendem Druck. Mit 110 laufenden Projekten in fragilen und Konfliktkontexten trägt die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz zu Konfliktprävention und Friedensförderung 22 / 76

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bei; sie setzt seit Jahrzehnten einen starken Programmfokus auf Demokratisierung, gute Regierungsführung und die Achtung von Menschenrechten.

Auch die globale Gesundheit und die entsprechende Finanzierung stehen wegen Krisen wie den Nachwirkungen der Covid-19-Pandemie, dem Klimawandel und Konflikten unter Druck. Die zunehmende Komplexität der Herausforderungen sowie der Wettbewerb um limitierte Ressourcen führen zu einer Fragmentierung der Akteure. Eine bessere Koordination ist zwecks Effizienzsteigerung unerlässlich. In diesem Sinne ist die Schweiz Mitglied im von UNAIDS 2023 gegründeten Global Council on Inequality, AIDS and Pandemics. In ihren Schwerpunktländern stärkt sie die Gesundheitssysteme und die Pandemieprävention.

Die weltweite Ernährungssicherheit hat sich stabilisiert, bleibt aber gefährdet. Die steigenden Lebensmittelpreise haben dazu geführt, dass die Zahl der hungernden Menschen heute deutlich höher liegt als vor der Covid-19-Krise. Die Schweiz unterstützte deshalb widerstandsfähige und nachhaltige Ernährungssysteme, beispielsweise in Tansania, dem Tschad, Niger und Indien mit dem Anbau von in Vergessenheit geratenen Getreide-, Gemüse- und Hülsenfrüchtesorten. In Benin unterstützt sie den Aufbau nationaler Finanzierungssysteme für prioritäre Agrar- und Weidewirtschaftszweige. Nebst der Finanzierung agro-pastoraler Infrastrukturprojekte erbringt das Projekt nicht-finanzielle Unterstützung der angewandten Forschung und Beratung im Kapazitätsaufbau und in der Zertifizierung und Vermarktung von Produkten.

Als Gastgeberin zweier internationaler Konferenzen förderte die Schweiz die Priorisierung der Bildung in der Entwicklungszusammenarbeit. An der ersten Finanzierungskonferenz des UNO-Fonds für Bildung in Notsituationen und Langzeitkrisen Education Cannot Wait wurden in Genf in Februar 826 Millionen US-Dollar mobilisiert, davon aus der Schweiz 35 Millionen Franken bis 2026. Des Weiteren fand ebenfalls in Genf das zweite International Cooperation Forum Switzerland unter dem Leitsatz Education for Futurestatt. Im Rahmen des von der DEZA und des Schweizerischen Nationalfonds entwickelten Programms Solution-oriented Research for Development wurden zudem in einem wettbewerbsorientierten Verfahren transdisziplinäre Forschungspartnerschaften mit Entwicklungsländern lanciert.

Von allen
erwähnten globalen Herausforderungen sind Frauen und Mädchen überdurchschnittlich betroffen. Deshalb unterstützt die Schweiz z. B. in Nordmazedonien die Regierung bei der geschlechtergerechten Gesetzgebung und Haushaltsplanung.

Um der zunehmenden Einschränkung von Freiheitsrechten entgegenzuwirken, unterstützt sie in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas lokal verankerte Initiativen, die sich auf die politische Beteiligung von Frauen konzentrieren.

Die Entwicklungszusammenarbeit sucht auch neue Finanzierungsquellen. Durch die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor unterstützt die Schweiz z. B. den 2020 ins Leben gerufenen BUILD-Fonds, eine gemeinsame Initiative des UNO-Kapitalentwicklungsfonds und der Schweizer Kapitalgesellschaft Bamboo Capital Partners.

Dieser innovative Fonds will 200 Millionen US-Dollar von privaten Investoren für nachhaltigkeitsorientierte KMU in Entwicklungsländern mobilisieren. Die Schweiz beteiligt sich mit 14 Millionen Franken (9 Millionen für Sambia und Simbabwe).

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6

Nachhaltigkeit

6.1

Agenda 2030

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mit ihren 17 SDG bildet den globalen Referenzrahmen für die nachhaltige Entwicklung. 2023 markiert die Halbzeit für die Umsetzung der Agenda. Die Bilanz ist ernüchternd. Der SDG-Report 2023 der UNO stellte bei der Hälfte aller Zielsetzungen zu wenig Fortschritt fest, bei einem Drittel keine oder gar rückläufige Entwicklungen. Lediglich 12 Prozent sind auf Kurs. Dies ist unter anderem auf die multiplen Krisen der letzten Jahre zurückzuführen. Die UNO fordert mehr politischen Willen und Klarheit in der Finanzierung der SDG, um diese noch zu erreichen. Diese Themen widerspiegelten sich auch am SDG-Summit der Regierungschefs. Entwicklungsländer sollen weiterhin bei ihrer Umsetzung der Agenda 2030 sowie bei der Verabschiedung von Reformen unterstützt werden.

6.2

Umwelt und Klima

Im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen verabschiedete die UNO-Generalversammlung im Juni ein neues rechtsverbindliches Instrument, um dem Verlust der Artenvielfalt auf Hoher See entgegenzuwirken. Das Abkommen über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt des Meeres in Gebieten ausserhalb der nationalen Gerichtsbarkeit (Agreement on the Conservation and Sustaniable Use of Marine Biological Diversity of Areas beyond National Jurisdiction)3 schafft gemeinsam mit dem im Vorjahr angenommenen Biodiversitätsrahmenwerk die Rahmenbedingungen, um bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen für die Biodiversität zu sichern. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity)4 wurde die in Montreal beschlossene Schaffung des neuen globalen Biodiversitätsrahmenabkommen-Fonds (GBFF) im Rahmen des globalen Umweltfonds (GEF) im August gutgeheissen. Weiter hat im November in Genf die erste Verhandlungsrunde zur Schaffung eines multilateralen Mechanismus für den Vorteilsausgleich bei der Nutzung digitaler Sequenzinformationen von genetischen Ressourcen (DSI) stattgefunden.

Die fünfte Sitzung der Internationalen Konferenz zu Chemikalienmanagement verabschiedete Ende September in Bonn ein neues globales Rahmenwerk zum sicheren und nachhaltigen Umgang mit Chemikalien und Abfall. An zwei Verhandlungsrunden wurden die Arbeiten zu einem globalen, rechtlich verbindlichen Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung vorangetrieben. Zudem fanden zwei Verhandlungsrunden im Prozess für ein globales Wissenschaftspanel im Bereich Chemikalien, Abfall und Verschmutzungsbekämpfung statt. Diese Instrumente tragen zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bei. Im September war die 3

4

Abrufbar unter: www.un.org/bbnj > Documents > Fifth Substantive Session > Certified True Copy of the Agreement under the United Nations Convention on the Law of the Sea on the conservation and sustainable use of marine biological diversity of areas beyond national jurisdiction.

Abrufbar unter: www.cbd.int > Biodiversity Convention > Text of the Convention.

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Schweiz Gastgeberin und Ko-Vorsitzende des Globalen Intergouvernementalen Treffens zu Mineralien und Metallen der UNEP, bei dem die Mitgliedsstaaten über Lösungen zur Stärkung der Umweltverträglichkeit von Rohstoffen diskutierten.

Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hält alle vier Jahre einen ordentlichen Kongress ab, so auch 2023. Erstmals wurde mit Celeste Saulo (Argentinien) eine Frau zur Generalsekretärin gewählt. Die Schweiz nimmt weiterhin im Exekutivrat Einsitz.

Am Kongress hat die WMO auch die Umsetzung der UNO-Initiative Early Warnings for All als oberste Priorität festgelegt. Die Initiative verlangt, dass bis 2027 alle Menschen weltweit durch Frühwarnsysteme vor gefährlichen Wetter- und Klimaereignissen geschützt sind. Die Schweiz leistet dazu einen zentralen Beitrag, indem sie die WMO unterstützt, den Fluss von kritischen Wetter- und Klimainformationen zum UNO-System und zu humanitären Organisationen zu verbessern.

Der Weltklimarat (IPCC) schloss seinen 6. Berichterstattungszyklus mit sechs Berichten zum Stand und der Zukunft des Klimawandels im Juli ab und ernannte den Briten Jim Skea zum neuen Vorsitzenden. Die Schweiz nahm im Lenkungsorgan Einsitz. An der 28. UNO-Klimakonferenz im Dezember in Dubai fand die erste globale Bestandsaufnahme der bisherigen Anstrengungen zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens statt. Es wurde ein Beschluss zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern, zur Beschleunigung der Massnahmen in dieser Dekade, zum Netto-Null-Ziel bis 2050, zu einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien sowie zur Verbesserung der Energieeffizienz bis 2030 gefällt. Die Grundlage für die Operationalisierung eines neuen Fonds für Schäden und Verluste wurde gelegt. Anlässlich der zweiten Wiederauffüllung des Green Climate Fund hat die Schweiz einen Beitrag von 135 Millionen Franken zugesichert. Schliesslich schloss die Schweiz bilaterale Staatsverträge zur Durchführung von Projekten zur Emissionsreduktion mit Tunesien und Chile ab. Diese regeln die Bedingungen für die Anrechnung der Emissionsreduktionen an die Schweizer Verpflichtung gemäss Pariser Abkommen. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation verabschiedete eine neue Strategie zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen von Schiffen. Diese legt für die Seeschifffahrt ein Netto-Null-Ziel bis 2050 und die
Einführung alternativer klimaneutraler Kraftstoffe bis 2030 fest. Im Rahmen der Internationalen Meeresbodenbehörde sprach sich die Schweiz für ein Moratorium beim Abbau von Mineralien in der Tiefsee aus.

6.3

Wasser

Die Schweiz nutzt ihr Know-how betreffend den verantwortungsvollen Umgang mit Wasser, um das Schonen dieser lebenswichtigen Ressource zu unterstützen und für eine gerechte und entwicklungsfördernde Verteilung von Wasser zu sorgen. Bei seinem Besuch in Zentralasien im Juli bekräftigte Bundesrat Cassis die Bedeutung einer nachhaltigen Bewirtschaftung grenzüberschreitender Gewässer zwischen Nachbarländern. Die Schweizer Blue-Peace-Initiative bietet technische sowie rechtliche Lösungsvorschläge für den Politikdialog und trägt zur Förderung von Frieden und Stabilität bei, indem sie potenzielle Konflikte um Wasserressourcen entschärft.

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Darüber hinaus führte die Schweiz im März bei der UNO-Wasserkonferenz den Ko-Vorsitz des interaktiven Dialogs zur grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung und unterstützte die Ernennung eines UNO-Sondergesandten für Wasser und sanitäre Grundversorgung. Sie war ausserdem an der Ausarbeitung der Resolution zum Thema Wasser beteiligt, die im September von der Generalversammlung verabschiedet wurde. Im UNO-Sicherheitsrat berief die Schweiz ein Treffen auf Ministerebene zum Schutz lebenswichtiger Dienstleistungen und Infrastrukturen im Wasserbereich während bewaffneten Konflikten ein.

6.4

Energie

Die durch den Krieg gegen die Ukraine ausgelöste Energiekrise wirkte sich weiterhin aus. Um ihre Versorgungssicherheit zu erhöhen ergriff die Schweiz neue Massnahmen: mit Italien wurde eine gemeinsame Erklärung über die Sicherheit der Gasversorgung unterzeichnet und es laufen Verhandlungen über den Einbezug der Schweiz in das Solidaritätsabkommen zwischen Italien und Deutschland. Im Bereich der Kernenergie ist die Versorgung mit nuklearen Brennstoffen für die Schweizer Kernkraftwerke durch eine Diversifizierung der Lieferländer gesichert. Im Strombereich ist der Abschluss eines Stromabkommens mit der EU für die Versorgungssicherheit zentral.

Dies ist weiterhin das Ziel des Bundesrates (Ziff. 8.1).

Die Schweiz förderte den Zugang zu bezahlbarer und sauberer Energie, die Steigerung der Energieeffizienz sowie die Dekarbonisierung des Energiesektors in Entwicklungsund Schwellenländern. Sie unterstützte Projekte zur Förderung sauberer und effizienter Kochherde, nachhaltiger Wasserkraft, der Integration variabler erneuerbarer Energien in die Stromnetze, solarbetriebener Kleinnetze sowie zur Steigerung der Energieeffizienz beispielsweise in Gebäuden und Städten. Die Schweiz hat sich auch an Aktivitäten der Gruppe Friends of Fossil Fuel Subsidy Reform beteiligt.

6.5

Finanz und Unternehmensführung

Der Bundesrat hat seine Haltung zu Greenwashing im Finanzmarkt formuliert und Umsetzungsarbeiten in Auftrag gegeben, damit Kundinnen und Kunden bezüglich der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten nicht getäuscht werden können. Weiter hat er die Verordnung zur Umsetzung der Berichterstattung bezüglich Klimabelange, unter anderem für grosse Finanzinstitute, ausgearbeitet. Diese tritt 2024 in Kraft, die erste Berichterstattung wird 2025 fällig. Die Swiss Climate Scores wurden im Laufe des Jahres verfeinert, damit sie als aussagekräftige Klimaverträglichkeitsindikatoren Transparenz bei Finanzprodukten schaffen. Die Wahrung der Menschenrechte durch Wirtschaftsakteure ist Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Daher unterstützte der Bund im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte 2020­2023 die Unternehmen mit Hilfsmitteln bei der Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung.

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6.6

Katastrophenvorsorge

Die Schweiz wird international als Vorreiterin in der Katastrophenvorsorge gesehen.

Sie thematisierte den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Naturgefahren, nachhaltiger Entwicklung und Sicherheit in internationalen Foren wie dem UNOSicherheitsrat oder während Austauschen mit der EU. Ein hochrangiges Treffen der UNO-Generalversammlung markierte 2023 die Halbzeit der Umsetzung des SendaiAbkommens zur Minderung von Katastrophenrisiken 2015­2030. Die Schweiz stützte sich in diesem Rahmen auf das Ergebnis ihres nationalen Umsetzungsberichts.

Dank des gut funktionierenden Zusammenspiels zwischen Akteuren des öffentlichen und des privaten Sektors sowie der Wissenschaft verfügt die Schweiz über ein umfassendes Wissen, das sie teilen kann. Beispielsweise analysierten und dokumentierten die DEZA und das Bundesamt für Umwelt in Pakistan die Schäden der Monsunsaison 2022 in der Bergregion des Swat-Tals. Dieses Projekt konnte die Bedeutung von Katastrophenvorsorgemassnahmen aufzeigen, um die Auswirkungen zukünftiger Grossereignisse zu mindern. Zudem zeigte sich, dass die nach den Überschwemmungen von 2010 durch die Schweiz unterstützten baulichen Massnahmen zur Katastrophenvorsorge an öffentlichen Schulen den letztjährigen Überschwemmungen standhielten und grössere Schäden verhinderten.

6.7

Gesundheit

Die Ende 2021 im Zuge der Covid-19-Pandemie eingeleiteten Prozesse zur Stärkung der globalen Architektur im Bereich der Gesundheitssicherheit waren im Berichtsjahr immer noch im Gange. Es geht dabei z. B. um die Anpassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften von 2005 und um Verhandlungen über ein internationales Instrument zur Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion. Für die Schweiz ist es von Bedeutung, dass die beiden Prozesse gut koordiniert und kohärent weiterverfolgt werden. Im Mai wurde sie für den Zeitraum von Mai 2023 bis 2026 in den WHOExekutivrat gewählt. Sie ist zudem Mitglied im Verwaltungsrat des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Im Bestreben, dem Thema Gesundheit auf der internationalen politischen Agenda höchste Priorität zu verschaffen, fanden im Rahmen der UNO-Generalversammlung in New York drei einschlägige hochrangige Treffen statt. Schliesslich legte der Bundesrat seinen Zwischenbericht zur Gesundheitsaussenpolitik 2019­2024 vor und verlängerte die Strategie bis 2028.

6.8

Kultur

Die Schweiz organisierte die zweite Konferenz der Kulturminister des Europarats über Baukultur. In Fortsetzung seiner Teilnahme an MONDIACULT 2022 setzte sich Bundespräsident Berset an der Generalkonferenz der UNESCO für die Stellung der Kultur auf der internationalen politischen Bühne ein. Mit Kanada wurde ein Koproduktionsabkommen unterzeichnet. Die Unterstützung und Förderung für den Schutz der Kultur in der Ukraine wurde fortgesetzt. Schliesslich hat die Schweizeri27 / 76

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sche UNESCO-Kommission zusammen mit der UNESCO und dem OHCHR einen Dialog über kulturelle Rechte organisiert, um deren Umsetzung zu fördern.

Die Landeskommunikation setzte zur Imageförderung z. B. während des FotografieFestivals in Arles oder am mit verschiedenen Partnern realisierten Auftritt des House of Switzerland an der Design-Woche in Mailand (vgl. Ziff. 11.5.) auf kulturelle Inhalte wie Tradition und Vielfalt. Die Schweiz unterstützt mit ihrem Kulturengagement Kunstschaffende in den Ländern des Südens und Ostens und trägt so zur Anregung gesellschaftlicher Debatten und zum sozialen Zusammenhalt bei.

7

Digitalisierung

7.1

Digitale Gouvernanz

Die Schweiz setzte sich für den Einbezug aller relevanten Akteure in Fragen der digitalen Gouvernanz ein. Damit soll sich ein massvolles internationales Regelwerk für den digitalen Raum ergeben, das die Chancen der Digitalisierung nutzt und Herausforderungen zielgerichtet begegnet. Die Schweiz orientiert sich im Digitalisierungsbereich an der Nutzung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenzials der Technologien unter Wahrung der individuellen Rechte.

Die Schweiz trat für ein wirksameres UN Internet Governance Forum (IGF) ein. Auch auf ihre Anregung hin richtete sich das IGF 2023 erneut an den Inhalten des für 2024 geplanten Globalen Digitalpakts (GDC) aus und bot sich als Plattform für dessen Follow-up an. Die Schweiz unterstützt die Arbeiten des UN Tech Envoy Office, insbesondere jene im Zusammenhang mit dem internationalen Genf und der Stärkung eines inklusiven und offenen Multi-Stakeholder-Prozesses hin zu einem GDC.

In der OECD ist die Schweiz im Ausschuss für Digitale Wirtschaftspolitik (CDEP) und dessen Arbeitsgruppen zur Sicherheit in der Digitalen Wirtschaft und zu KI-Gouvernanz aktiv. In der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und den technischen Normierungsorganisationen fördert sie die Kohärenz des internationalen Regelwerks.

Zur Stärkung des internationalen Genf als Hub der digitalen Gouvernanz präsidierte die Schweiz das Komitee zu Fragen der Gouvernanz im Rahmen der ITU-Ratssitzung.

Im Rahmen des Geneva Dialogue unterstützte sie zudem die Veröffentlichung des Geneva Manuals: damit werden die Verantwortlichkeiten nicht-staatlicher Stakeholder bei der Umsetzung von Normen mit Bezug auf die Cybersicherheit beschrieben.

Mit der Verabschiedung der Guiding Principles on Government Use of Surveillance Technologies setzte sich die Schweiz im Steering Committee der Freedom Online Coalition für den Schutz der Menschenrechte im Internet ein.

7.2

Cybersicherheit

In der UNO-Arbeitsgruppe zu Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien im Kontext der internationalen Sicherheit unterstützt die Schweiz die Konkretisierung der Anwendung des Völkerrechts, besonders des humanitären 28 / 76

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Völkerrechts, im Cyberraum. Gestützt auf das kanadisch-schweizerische Arbeitspapier zum Völkerrecht und den Arbeitsplan des Fortschrittsberichts von 2022 führte diese Arbeitsgruppe zum ersten Mal vertiefte Diskussionen zu Völkerrechtsthemen.

Der im Juli verabschiedete zweite Fortschrittsbericht empfiehlt diese Diskussionen weiterzuführen. Schliesslich unterstützte die Schweiz als Ko-Sponsorin die Resolution für die Schaffung eines UNO-Aktionsprogramms für verantwortungsvolles staatliches Handeln im Cyberraum. Sie brachte sich ebenfalls in der OSZE zugunsten der Umsetzung und Weiterentwicklung der sechzehn vertrauensbildenden Massnahmen im Bereich der Cybersicherheit ein.

Bei den Verhandlungen einer UNO-Konvention zur Cyberkriminalität setzte sich die Schweiz für einen klar abgegrenzten Geltungsbereich der künftigen Konvention und die Erhaltung bestehender menschenrechtlicher Schutzstandards ein. Im Rahmen der Counter Ransomware Initiative will die Schweiz die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Verschlüsselungstrojanern auf technischer, wirtschaftlicher und diplomatischer Ebene stärken. Im internationalen Genf soll zudem die Cyber-Resilienz von ansässigen NGO und internationalen Organisationen erhöht werden: Im November fand eine erste Veranstaltung statt, an der die Durchführung einer praktischen Übung und die Erfassung der vorhandenen Ressourcen thematisiert wurden.

7.3

Digitale Selbstbestimmung

Basierend auf der digitalen Selbstbestimmung strebt die Schweiz an, vertrauenswürdige und interoperable Datenräume zu schaffen. Der Bundesrat hat im Dezember beschlossen, bis Ende 2024 eine zentrale Anlaufstelle dafür zu etablieren. Auch hat er einen freiwilligen Verhaltenskodex für den Betrieb von Datenräumen verabschiedet.

Innerhalb des internationalen Netzwerks zur digitalen Selbstbestimmung hat die Schweiz Anwendungsfälle getestet und den Ausbau des Netzwerks gefördert.

Im Juli starteten der Bund und die ETHZ gemeinsam den Swiss Call for Trust & Transparency in AI zur Förderung der KI-Gouvernanz. Diese Initiative zielt darauf ab, konkrete und sofort umsetzbare Maßnahmen für spezifische KI-Risiken zu entwickeln, zusammen mit Industrie, Wissenschaft und Diplomatie. Unter der Leitung von Bundesrat Rösti beteiligte sich die Schweiz auch am UK AI Safety Summit in London im November. Der Europarat arbeitet an der ersten völkerrechtlichen Konvention für KI, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat, deren Verhandlungsabschluss von September 2023 auf April 2024 verschoben wurde. Im November wurde eine neue Definition von KI in der Arbeitsgruppe KI des CDEP verabschiedet. Die Schweiz kooperiert zudem mit der Internationalen Elektrotechnischen Kommission und der Schweizerischen Normen-Vereinigung, um eine ausgewogene Regulierung durch Zusammenwirken von Rechtsetzung und technischer Standardisierung bei KI zu fördern.

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7.4

Tech4Good

Neue Technologien verbessern die nachhaltige Ressourcennutzung und optimieren Prozesse in der öffentlichen Verwaltung, im Finanzwesen und im Gesundheitswesen.

Ein Beispiel ist das von der Schweiz unterstützte Programm Electronic Governance for Accountability and Participation in der Ukraine. Es ermöglicht den Bürgern über eine App den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Instrumenten zur digitalen Ausübung demokratischer Rechte. Seit dem Kriegsausbruch ist dies ein entscheidendes Instrument für die staatliche Resilienz und ermöglicht Vertriebenen den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen. Ein weiteres Beispiel ist das DYNAMIC-Projekt, das die klinische Entscheidungsfindung digital unterstützt und so die Gesundheitsversorgung für fast eine Million Kinder in Tansania und Ruanda verbessert. Die Schweiz fördert zudem in Zusammenarbeit mit Hochschulen Innovationen für positive Auswirkungen auf das Leben in Entwicklungsländern. Projekte wie die Geneva Internet Platform und Digital Watch stärken die digitale Gouvernanz in Entwicklungsländern, mit einem Fokus auf Afrika im Berichtsjahr. Vertrauenswürdige Daten sind entscheidend für die Digitalisierung der humanitären Hilfe. Die Schweiz hat gemeinsam mit dem IKRK und dem OCHA die Humanitarian Data and Trust Initiative gestartet, um einen Rahmen für den sicheren Datenaustausch in Notsituationen zu schaffen.

Diese Initiativen stärken die Forschungslandschaft in der Schweiz und machen schweizerische Expertise verfügbar. Die DEZA investiert auch in ihre interne digitale Transformation und hat die Software Results Data Management eingeführt, um das Monitoring ihrer Projekte und Programme zu systematisieren. Im Jahr 2023 wurden viele Wirkungsmodelle der DEZA digitalisiert.

7.5

Wissenschaftsdiplomatie

Wissenschaft und Technologie gehören zu den treibenden Kräften moderner Volkswirtschaften. Die Wissenschaftsdiplomatie ist ein wichtiges Instrument der Schweizer Aussenpolitik und ein Hebel zur Umsetzung der Agenda 2030. Im Rahmen der Dimension Diplomacy for Science (Ziff. 5.3) fördern das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation und das Swissnex Netzwerk die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer BFI-Akteure. Swissnex unterstützt seine Partner bei deren Internationalisierung und im globalen Austausch von Wissen, Ideen und Talenten und pflegt die Beziehungen mit ausländischen Behörden. Im Bereich der Nachhaltigkeit, wie beispielsweise Health Tech, Bioeconomy oder Ernährung, dient die Agenda 2030 als Referenzrahmen. Im September wurden das Schweizerische Konsulat in Osaka und Swissnex in Japan eröffnet. Die ist der sechste Swissnex-Hauptstandort. Ebenfalls wurde ein Fokus auf Quantentechnologien gelegt, beispielsweise am von Swissnex organisierten Quantum Summit im Oktober in Lausanne.

Die Stiftung Geneva Science and Diplomacy Anticipator (GESDA) spielt eine zentrale Rolle in der vorausschauenden Wissenschaftsdiplomatie. Sie antizipiert technologische Durchbrüche, beschleunigt diplomatische Prozesse und fördert die Nutzung dieser Durchbrüche zur globalen Ressourcenbewirtschaftung. Im Oktober stellte GESDA beim dritten Gipfel erstmals das Open Quantum Institute vor, wodurch Genf seine Position als führender Gouvernanzstandort für neue Technologien festigt.

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Science for Diplomacy umfasst Projekte wie das Transnational Red Sea Center der ETH Lausanne. Schweizer BFI-Akteure bringen sich regelmässig in internationalen Foren ein, in denen Wissenschaftsdiplomatie eine zentrale Rolle spielt. Beispiele sind der Arktische Rat und das UNO-Komitee für die friedliche Nutzung des Weltraums.

8

Europa

8.1

Stabilisierung des bilateralen Wegs mit der EU

Der Bundesrat verfolgte in der Legislaturplanung 2019­2023 das Ziel, geregelte Beziehungen mit der EU zu schaffen und den bilateralen Weg zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Dieses Anliegen bleibt aktuell. Am 9. Juni verabschiedete er den Bericht Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz­EU5 nach Beratungen in den Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte im Januar und Februar, und erfüllte damit ein Parlamentsanliegen.

Im Berichtsjahr führte der Bundesrat die Sondierungen mit der EU über den von ihm im Februar 2022 gewählten Paketansatz erfolgreich zu Ende. Damit beabsichtigt er eine hindernisfreie sektorielle Beteiligung am EU-Binnenmarkt sowie gegenseitige Kooperationen. Das Paket umfasst die bestehenden Binnenmarktabkommen (Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, Landwirtschaft und technische Handelshemmnisse), drei neue Abkommen (Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit) sowie eine systematische Beteiligung an künftigen EU-Programmen, insbesondere im BFI-Bereich. Dabei strebt der Bundesrat die möglichst rasche Assoziierung an den laufende EU-Programme Horizon Europe und Erasmus+ an.

Um die Rechts- und Planungssicherheit für die Marktteilnehmenden zu erhöhen, bietet die Schweiz Hand zur Lösung der von der EU aufgeworfenen institutionellen Fragen, welche die bestehenden und künftigen Binnenmarktabkommen betreffen. Im Rahmen des Pakets ist der Bundesrat zudem bereit, den Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zu verstetigen und damit zum Zusammenhalt und zur Stabilität in Europa beizutragen. Der breite Ansatz des Pakets soll einen besseren Interessenausgleich zwischen den Anliegen beider Parteien ermöglichen.

Mit einem Stromabkommen soll die Teilnahme der Schweiz am Strombinnenmarkt der EU rechtlich abgesichert werden. Damit würden die aktuellen Probleme bei der Netzstabilität (ungeplante Stromflüsse durch die Schweiz) gelöst und die Versorgungssicherheit gestärkt. Mit dem Gesundheitsabkommen soll die Zusammenarbeit mit der EU im Bereich der Prävention und der Bewältigung von grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren abgesichert werden. Bis anhin war die Zusammenarbeit nur ad hoc sowie zeitlich und inhaltlich auf Krisensituationen beschränkt möglich. Der Zugang zu den EU-Krisengremien, den die Schweiz 2020 im Rahmen der Covid-19Pandemie erhielt, lief 2023
aus. Ein Lebensmittelsicherheitsabkommen schützt die Bevölkerung wirkungsvoll vor unsicheren Lebensmitteln. Zur Schaffung eines gemeinsamen Lebensmittelsicherheitsraums mit der EU soll das heutige Landwirt5

Abrufbar unter: www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Bundesrat verabschiedet den Bericht Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz-EU.

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schaftsabkommen auf die gesamte Lebensmittelkette ausgedehnt werden. Mit dem Abkommen hätte die Schweiz Zugang zum EU-Warnsystem sowie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Gleichzeitig würden nicht-tarifäre Handelshemmnissen im Handel mit Lebensmitteln abgebaut.

Eine rasche Assoziierung am Horizon Paket 2021­2027 (Horizon Europe, Euratom Programm, Forschungsinfrastruktur ITER, Digital Europe Programm) und Erasmus+ bleibt das Ziel des Bundesrates. Um die Folgen der Nicht-Assoziierung abzufedern hat der Bundesrat für die Beteiligung am Horizon-Paket 2021­2027 Übergangsmassnahmen beschlossen (insgesamt 1,85 Milliarden Franken für die Jahre 2021, 2022 und 2023). Das übergreifende Ziel dieser Massnahmen ist es, die schweizerische Forschungs- und Innovationslandschaft zu stärken und die Zeit bis zu einer Assoziierung zu überbrücken.

Am 29. März nahm der Bundesrat Kenntnis vom Stand der exploratorischen Gespräche und beauftragte das EDA, in Zusammenarbeit mit dem EJPD und dem WBF, Eckwerte eines Verhandlungsmandats zu erarbeiten, die am 21. Juni verabschiedet wurden. Diese dienten als Grundlage für die Finalisierung der exploratorischen Gespräche mit der EU und zur Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses im Hinblick auf neue Verhandlungen. Am 8. November prüfte der Bundesrat die Ergebnisse der Sondierungsgespräche und entschied, ein Verhandlungsmandat erarbeiten zu lassen. Am 15. Dezember verabschiedete er den Entwurf eines Verhandlungsmandats mit der EU und eröffnete die formellen Konsultationen bei den Aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments sowie bei den Kantonen. Die Wirtschafts- und Sozialpartner wurden ebenfalls zur Stellungnahme eingeladen.

Innenpolitisch beauftragte er das WBF, mit den Sozialpartnern und den Kantonen die Frage der staatlichen Beihilfen zu klären sowie Vorschläge zur Sicherung des aktuellen Lohnniveaus auf dem Arbeitsmarkt der Entsandten zu erarbeiten, wo nötig mit ergänzenden innenpolitischen Massnahmen. Ebenfalls beauftragte er das EJPD, mit den gleichen Partnern Gespräche zur Frage der Zuwanderung zu führen, und das UVEK, klärende Gespräche in den Bereichen Strom und Landverkehr fortzuführen.

Zur Sicherstellung der Gesamtkoordination des Projektes schuf der Bundesrat eine Projektorganisation, die vom Chef EDA geleitet wurde. Diese traf regelmässig
die Kantone, die Wirtschafts- und die Sozialpartner. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hat am 24. März eine neue europapolitische Standortbestimmung einstimmig verabschiedet. Sie bekräftigte darin ihre aktive Beteiligung an einer erneuerten vertraglichen Beziehung mit der EU.

Aussenpolitisch gab es im Berichtsjahr regelmässige politische, diplomatische und technische Kontakte mit der EU. Bei zwei politischen Treffen im März in Bern und im Juli in Brüssel zwischen Bundesrat Cassis und EU-Vizekommissionspräsident Sefcovic wurden eine Standortbestimmung vorgenommen und die nächsten Schritte festgelegt. Diese wurden auf diplomatischer Ebene zwischen dem EDA-Staatssekretariat und dem Kabinett Sefcovic und in zahlreichen technischen Gesprächen mit der EU-Delegation, unter Einbezug der zuständigen Ämter der Bundesverwaltung, operativ umgesetzt, um alle Aspekte des Pakets zu klären.

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8.2

Weitere Themen mit der EU

Die Schweiz und die EU pflegten regelmässige Kontakte zur Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen wie z. B. der Sicherheitspolitik. Der Bundesrat übernahm EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus, verstärkte ihre Wirkung und arbeitete eng mit der EU zusammen, u. a. durch Teilnahme an EU-Treffen und -Foren sowie an einem Sanktionsdialog. Auch im Digitalisierungsbereich ist die Schweiz von der Regulierung der EU betroffen. Gemäss einer Analyse der Bundesverwaltung vom 18. April besteht ausgehend von der EU-Digitalpolitik für die Schweiz kein unmittelbarer zusätzlicher Regulierungsbedarf.6 Die EU führte per Oktober einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ein, um das Risiko von Produktionsverlagerungen in Drittstaaten mit weniger strengen Umweltvorschriften zu mindern. Der Bundesrat hat die Auswirkungen des EU CBAM auf die Schweiz aus volkswirtschaftlicher, ökologischer und aussenwirtschaftlicher Perspektive analysiert und am 16. Juni empfohlen, von der Einführung eines solchen Mechanismus für die Schweiz derzeit abzusehen.

Im Bereich des Abkommens vom 21. Juni 19997 über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) war eine Aktualisierung des Kapitels 4 zu den Medizinprodukten auch im Berichtsjahr nicht möglich. Die EU behandelt die Schweiz im Bereich der Medizinprodukte somit trotz äquivalenter Rechtsgrundlagen nach wie vor als Drittstaat. Um die Äquivalenz aufrechtzuerhalten, hat der Bundesrat am 29. September die Übergangsfristen analog zu denjenigen der EU verlängert. Der Bundesrat strebt unverändert eine vollständige Aktualisierung des MRA an (Ziff. 8.1).

Vor dem Hintergrund der revidierten OECD-Standards für den automatischen Informationsaustausch (AIA) hat der Bundesrat am 25. Oktober ein Verhandlungsmandat zur Revision des bilateralen AIA-Abkommens Schweiz-EU verabschiedet.

Seit dem 1. Januar 2023 gilt die im Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) vorgesehene Ventilklausel gegenüber Arbeitskräften aus Kroatien8. Die Anzahl Bewilligungen B und L für kroatische Staatsangehörige, die in der Schweiz 2023 eine Arbeit aufnehmen können, sind beschränkt. Im Rahmen des zehnjährigen Übergangsregimes für Kroatien hat der Bundesrat am 22. November die Weiterführung der Ventilklausel um ein weiteres Jahr beschlossen (quantitative Begrenzung der Zahl der Aufenthaltsbewilligungen,
die kroatischen Arbeitnehmern bis Ende 2024 erteilt werden).

Im Einklang mit der APS 2020­2023 und den Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen ihrer Schengen-Assoziierung wurden 2023 nach der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen weitere Teile des Schengen-Besitzstands übernommen, namentlich die Weiterentwicklungen des Europäisches Reiseinformations- und Ge-

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Abrufbar unter www.bakom.admin.ch > Das BAKOM > Informationen des BAKOM > Medienmitteilungen > EU-Digitalpolitik: Analyse der Auswirkungen auf die Schweiz.

BBl 1999 6128 Abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Medienmitteilungen des Bundesrats > Personenfreizügigkeit: Der Bundesrat aktiviert die Schutzklausel gegenüber Kroatien.

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nehmigungssystems (ETIAS)9 und des Visa-Informationssystems (VIS)10. Der Bundesrat hat auch zwei Botschaften an das Parlament verabschiedet. Die eine zur Revision des Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus11 und die andere zur Übernahme der EU-Verordnung zur Schaffung eines Instruments für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumspolitik (BMVI)12 sowie zur Genehmigung der im Berichtsjahr paraphierten Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz an diesem Instrument. Zudem hat der Bundesrat die Übernahme zweier weiterer substantieller Weiterentwicklungen unter Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen genehmigt. Die eine betrifft den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden13, die andere die Digitalisierung der Visaverfahren14. 2023 fanden zwei wichtige Veränderungen des Schengen-Raums statt: Im Januar ist Kroatien vollumfänglich beigetreten. Im April beschloss die EU, ab 2024 die Visumspflicht für Staatsangehörige des Kosovo aufzuheben. Dieser Beschluss wurde der Schweiz im Rahmen ihrer Schengen-Assoziierung mitgeteilt.

Der Schengen-Statusbericht der EU-Kommission lieferte im Mai die Grundlage für die strategische Steuerung des Schengen-Raums und für die Priorisierung der Massnahmen. Der EU-Rat beschloss folgende Prioritäten: Stärkung der Schengen-Gouver9

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Verordnung (EU) 2021/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 1; Verordnung (EU) 2021/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861 und (EU) 2019/817 hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems, ABl. L 249 vom 14.7.2021, S. 15.

Verordnung (EU) 2021/1133 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 603/2013, (EU) 2016/794, (EU) 2018/1862, (EU) 2019/816 und (EU) 2019/818 hinsichtlich der Festlegung der Voraussetzungen für den Zugang zu anderen Informationssystemen der EU für Zwecke des Visa-Informationssystems, ABl. L 248 vom 13.7.2021, S. 1; Verordnung (EU) 2021/1134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EG) Nr. 810/2009, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861, (EU) 2019/817 und (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/512/EG und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates zur Reform des Visa-Informationssystems, ABl. L 248 vom 13.7.2021, S. 11.

BBl 2023 1680 BBl 2023 2107 Richtlinie (EU) 2023/977 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates, ABl. L 134 vom 22.5.2023.

Verordnung (EU) 2023/2667 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2023 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EG) Nr. 810/2009 und (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 693/2003 und (EG) Nr. 694/2003 des Rates und des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen in Hinblick auf die Digitalisierung des Visumverfahrens, ABl. L, 2023/2667,
7.12.2023; Verordnung (EU) 2023/2685 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2023 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates, ABl. L, 2023/2685, 7.12.2023.

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nanz (politische Steuerung und Erweiterung um Bulgarien und Rumänien), Erhöhung der Effizienz im Bereich Rückkehr, Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Strafvollzugsbehörden zur Bekämpfung grenzüberschreitender schwerer Straftaten und die Verbesserung des Managements der Aussengrenzen. Die Schweiz setzte sich auch für Fortschritte bei der Reform des EU-Asyl- und Migrationssystems ein und unterstützte insbesondere das Anliegen einer Balance zwischen Verantwortung und Solidarität sowie dem Menschenrechtsschutz. Eine wegweisende Einigung konnte im Juni im EU-Rat erzielt werden, wo die Innenministerinnen und Innenminister eine gemeinsame Position zu zentralen Legislativvorschlägen beschlossen. Damit laufen nun Verhandlungen mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission. Ziel ist neben effizienteren Kontrollen und einer konsequenten Registrierung von Asylsuchenden an den Schengen-Aussengrenzen mehr Solidarität und Unterstützung für die Hauptankunftsländer von Migrierenden sowie effizientere und schnellere Asylverfahren.

Am 1. November hat der Bundesrat das Verhandlungsmandat für den Austausch von Fluggastdaten mit der EU genehmigt. Die Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat haben es im November einstimmig befürwortet. Die Zustimmung der Kantone steht noch aus.

8.3

Nachbarstaaten und übrige EU/EFTA-Staaten

Im Berichtsjahr spielten die Beziehungen Schweiz­EU eine zentrale Rolle in den bilateralen Verbindungen zu allen EU/EFTA-Staaten. Gespräche mit Nachbarstaaten und anderen EU/EFTA-Staaten dienten dazu, das Verständnis für die Schweizer Europapolitik zu vertiefen. Intensive Kontakte auf der internationalen Bühne, einschliesslich Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Chisinau und Madrid sowie der Ukraine Recovery Conference in London, verstärkten die bilateralen Beziehungen. Auch der Einsitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat trug zu dieser Intensivierung bei.

Im Berichtsjahr war die Schweiz in einigen EU-Staaten hauptsächlich wegen Fragen zur Neutralität, Kriegsmaterialgesetzgebung und dem Thema Freeze and Seize Kritik ausgesetzt. Der nicht genehmigte Handel mit 96 Leopard 1 Panzern der Ruag stiess in Deutschland und anderen europäischen Ländern auf Unverständnis. Positiv wurde hingegen der Rückverkauf von 25 Leopard 2 Panzern aus Schweizer Armeebeständen an Deutschland bewertet, den der Bundesrat am 22. November bewilligte. Deutschland sicherte zu, dass die Panzer in Deutschland oder bei Nato- oder EU-Staaten verbleiben. Im Zusammenhang mit dem zweiten Schweizer Beitrag wurden 2023 die letzten fünf von insgesamt 13 bilateralen Umsetzungsabkommen im Bereich Kohäsion unterzeichnet, zusammen mit jenen im Bereich Migration sind es nun insgesamt 15 bilaterale Umsetzungsabkommen. Die Umsetzung des Beitrags ist auf Kurs.

Mit den Nachbarstaaten pflegte die Schweiz sehr gute Kontakte, insbesondere in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Mit Italien konnte die positive Dynamik seit dem Staatsbesuch von Präsident Mattarella Ende 2022 aufrechterhalten werden. Die Schweiz wurde von der «schwarzen Liste» betreffend die Besteuerung natürlicher Personen gestrichen, das Grenzgängerbesteuerungsabkommen wurde seitens Italiens ratifiziert und ist ab 2024 anwendbar, und dauerhafte Regeln für die Besteuerung von 35 / 76

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Homeoffice für Grenzgängerinnen und Grenzgänger wurden vereinbart. Mit Deutschland wurde das Protokoll zur Änderung des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens unterzeichnet, das OECD-Mindeststandards umsetzt. Der Staatsbesuch des Präsidenten Macron ermöglichte Fortschritte in offenen Dossiers mit Frankreich, darunter zwei Absichtserklärungen im Bereich BFI. Die Verhandlungen zum Staatsvertrag Alpenrhein mit Österreich zwecks Verbesserungen des Hochwasserschutzes wurde erfolgreich abgeschlossen. Mit Liechtenstein wurde das 100-jährige Jubiläum des Vertrags über den Anschluss an das schweizerische Zollgebiet gefeiert. Bund und Kantone übernahmen erstmals gemeinsam den Vorsitz der Makroregionalen Strategie für den Alpenraum EUSALP, konzentrierten sich dabei auf das Kerngeschäft und übergaben den Vorsitz an Slowenien.

8.4

Beziehungen zum UK

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich pflegten im Berichtsjahr sehr gute und enge Beziehungen. So konnten u.a. die Verhandlungen für die Weiterentwicklung des bilateralen Handelsabkommens lanciert werden. Die 2022 unterzeichnete gemeinsame Erklärung zur Weiterentwicklung der bilateralen Partnerschaft diente dabei als Basis. Im Rahmen des strategischen Dialogs auf Stufe Staatssekretär EDA wurden im November die Umsetzung der bilateralen Partnerschaft überprüft und die Schwerpunkte zu deren Weiterentwicklung festgehalten. Im Vordergrund stehen dabei vier Kernbereiche: Handel, Finanzdienstleistungen, Forschung und Innovation sowie Mobilität (Ziff. 5.2).

9

Regionen und globale Schwerpunktländer

9.1

Eurasien

Russlands anhaltender völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine verursachte im zweiten Jahr massives Leid und enorme Schäden. Ein Beispiel ist die humanitäre und ökologische Katastrophe durch die mutmassliche Sprengung des Kachowka-Staudamms. Die Schweiz setzte ihre Unterstützung mit einem zusätzlichen Hilfspaket über 140 Millionen Franken für die Ukraine und Republik Moldau fort. Flexible Hilfe umfasst Schutzunterkünfte für Schulen, Reparaturen an Krankenhäusern und Energieinfrastruktur, Kleinkredite für landwirtschaftliche KMU, Minenräumung und psychosozialen Support. Nach der Staudammzerstörung im Juni lieferte die Schweiz Rohre und Pumpen an die Wassernetzbetreiber oberhalb des Staudamms.

Bundespräsident Berset traf im November den ukrainischen Präsidenten Selenskyj während des internationalen Gipfels für Ernährungssicherheit in Kyiv.

Die Diskussionen über die Erholung und den Wiederaufbau in der Ukraine intensivierten sich und sind auch für die Schweiz relevant. Der Bundesrat plant, im Zeitraum von 2025­2028 mindestens 1,5 Milliarden Franken im Rahmen der Internationalen Zusammenarbeit für die Ukraine und die Region bereitzustellen. Zusätzlich bewilligte der Bundesrat ein Unterstützungspaket von 100 Millionen Franken für humanitäre Minenräumung für die Jahre 2024­2027. Die Schweiz nahm mit Bundesrat Cassis an 36 / 76

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der ersten entsprechenden internationalen Konferenz in Zagreb teil und wird 2024 die zweite in Genf mit der Ukraine organisieren.

Weiterhin gibt es keine direkten Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Hingegen bemüht sich die Ukraine darum, ihre Ausgangsposition für Verhandlungen zu stärken, indem sie in verschiedenen Ländern Austausche mit einem breiten Teilnehmerkreis abhält. Die Schweiz begrüsst sämtliche Initiativen zur Wiederherstellung eines gerechten, umfassenden und dauerhaften Friedens unter Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine. Gemeinsam mit der Ukraine hat sie Anfang 2024 ein Treffen der nationalen Sicherheitsberater zur sogenannten Peace Formula der Ukraine durchgeführt.

Die Schweiz legte zusätzlich ihren friedenspolitischen Fokus auf die Bedürfnisse der Menschen nach Sicherheit und Gerechtigkeit. Sie unterstützte die Dokumentation und Bestrafung von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, förderte die demokratische Resilienz und engagierte sich für Wiedergutmachung und die Suche nach vermissten Personen. Der Europarat etablierte ein Schadensregister im Kontext des russischen Krieges gegen die Ukraine, ein grundlegendes Element für einen zukünftigen Reparationsmechanismus. Die Schweiz trat dem Schadensregister im August bei. Sie setzt sich in der Kerngruppe für die Schaffung eines Sondertribunals für das völkerrechtliche Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine ein.

Gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. Dezember 201515 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen und zur Unterstützung der Ukraine beschloss der Bundesrat am 15. Februar, mehr als 130 Millionen Franken zu sperren und Verwaltungsverfahren zu deren Einziehung einzuleiten. Diese Vermögenswerte gehören Personen aus dem Umfeld des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der im Februar 2014 abgesetzt wurde. Die 2014 vom Bundesrat angeordnete Sperrung war nicht mehr notwendig und lief am 27. Februar aus (vgl. Ukraine-Verordnung vom 25. Mai 201616). Diese Verfahren stehen nicht im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland.

In Russland geht die Führung hart gegen jeden Protest vor. Die Schweiz hat zusätzliche EU-Sanktionspakete gegen Russland übernommen. Trotzdem gab es einen
begrenzten Austausch sowohl bilateral wie auch im UNO-Sicherheitsrat. Durch die anhaltende Unterstützung des russischen Angriffskriegs und den beschleunigten Integrationsprozess im Unionsstaat nähert sich Belarus verstärkt Russland an. Die Menschenrechtssituation im Land hat sich weiter verschlechtert.

Mit der stark vom Krieg betroffenen Republik Moldau intensivierten sich die bilateralen Beziehungen der Schweiz. Im Juni wurde ein Freihandelsabkommen zwischen Moldau und den EFTA-Staaten unterzeichnet. Präsidentin Sandu reiste im Oktober im Rahmen eines offiziellen Besuchs in die Schweiz. Zudem weitete das EDA sein IZA-Programm in Moldau aus. Die starke innenpolitische Polarisierung Georgiens hat sich mit dem Krieg gegen die Ukraine verschärft. In diesem Zusammenhang ist die Bereitschaft der Akteure in Tbilisi sowie in den abtrünnigen Gebieten Abchasien 15 16

SR 196.1 SR 196.127.67

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und Südossetien gesunken, politische Risiken für Fortschritte im Dialog einzugehen.

Dies beeinflusst auch die Friedensbemühungen der Schweiz. Die Bewahrung der Souveränität und Stabilität Georgiens ist für die Schweiz von Interesse. Dies unterstrich Bundesrat Cassis beim Besuch des georgischen Aussenministers im Juni in Bern.

Nach der Militäroperation Aserbaidschans vom 19. September gegen Ziele in Bergkarabach, der eine monatelange Blockade des Latschin-Korridors vorausgegangen war, flohen gegen 100 000 Menschen aus dem Gebiet nach Armenien. In internationalen Gremien und bei bilateralen Kontakten forderte die Schweiz die Einstellung der Feindseligkeiten, die Rückkehr zu Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan sowie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, einschliesslich der Rechte von Minderheiten. Die Schweiz rief dazu auf, der notleidenden Bevölkerung in Armenien und in der Region humanitäre Hilfe zu gewähren und stellte zu diesem Zweck 1,5 Millionen Franken bereit. Bundesrat Cassis traf die Aussenminister Armeniens und Aserbaidschans sowohl im September in New York am Rande der UNO-Generalversammlung als auch Ende November in Skopje am Rande des OSZE-Ministerrats zu separaten bilateralen Treffen. Dabei bot er u. a. die Guten Dienste der Schweiz an, um die Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zu unterstützen.

Der geostrategische Balanceakt der zentralasiatischen Länder hält an. Die Sicherheitslage in Afghanistan stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund nimmt die regionale Zusammenarbeit zu, auch wenn es ungelöste Fragen gibt, z. B. zwischen Kirgisistan und Tadschikistan. Bundesrat Cassis bereiste im Juli Kasachstan und Usbekistan, um die bilateralen Beziehungen zu stärken. Die Schweiz unterstützt die Länder Zentralasiens weiterhin bei der effizienten Nutzung von Wasserressourcen. Die Umsetzung des Restitutionsabkommen mit Usbekistan schreitet voran. Wichtige Organe des Treuhandfonds der UNO wurden etabliert und zwei strategische Prioritäten für die Projekte der ersten Tranche von 95 Millionen US-Dollar festgelegt («Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit» und «Öffentliche Schulbildung»). Erste Projekte im Rahmen der ersten Priorität sind angelaufen.

Die Lage im Westbalkan blieb
aufgrund von wiederaufgeflammten Spannungen zwischen Kosovo und Serbien sowie Differenzen in Bosnien und Herzegowina schwierig.

Bundesrat Cassis erläuterte die Schweizer Haltung beim Diplomacy Dialogue Western Balkans im Rahmen des Weltwirtschaftsforum (WEF) 2023. Während der politischen Konsultationen mit Serbien und Kosovo im Mai forderte die Staatssekretärin EDA die beiden Staaten auf, das von der EU fazilitierte Abkommen umzusetzen, und legte die Unterstützung der Schweiz für den Normalisierungsprozess dar. Auch führte sie im Rahmen der von der Schweiz organisierten Solothurner Dialoge Gespräche mit Miroslav Lajcák, EU-Sonderbeauftragter für den Dialog, und nahm am Prespa Forum Dialogue in Nordmazedonien teil. Im Juni verlängerte die Schweiz den Einsatz der Armee bei der KFOR bis Ende 2026, mit der Möglichkeit das Kontingent bei Bedarf zu erhöhen. Ende November beschloss der Bundesrat, die maximale Stärke des Schweizer Kontingents von 195 auf 215 Soldaten zu erhöhen. Die Schweiz nimmt weiterhin an der EUFOR ALTHEA teil.

Neben der Erbebenhilfe (Ziff. 4.5) pflegten die Schweiz und die Türkei regelmässige Kontakte auf politischer Ebene, wobei v.a. Fragen der Migration, der internationalen Sicherheit, der Konfliktbewältigung und der Menschenrechte die Agenda bestimmen.

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9.2

Amerikas

Im Einklang mit seiner Amerikas-Strategie 2022­2025 und seinen thematischen Strategien baute der Bundesrat die Beziehungen zu den Ländern dieser Region im Berichtsjahr weiter aus. Delegationsbesuche aus den USA in der Schweiz boten Gelegenheiten zur Pflege bilateraler Beziehungen. Die Schweiz und die USA schlossen im Januar 2023 ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen im Bereich der guten Herstellungspraxis für Heilmittel ab. Dies ermöglicht der importierenden Behörde, sich auf die Inspektionen der Partnerbehörde zu stützen. Im Rahmen des U.S.-Swiss Cyber and Digital Dialogue wurden gemeinsame Prioritäten festgelegt, wie z. B. die Weiterentwicklung des Völkerrechts im Cyberraum. Die USA legen weiterhin grossen Wert darauf, die Bemühungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei zu verstärken. Auch bei den Gesprächen über Steuerfragen (Revision des Doppelbesteuerungsabkommens) und Migration (Visaerleichterungen für Praktikantinnen und Praktikanten sowie Auszubildende) wurden Fortschritte erzielt. Im Steuerbereich konnte im November 2023 die Verhandlungen über den Wechsel zum automatischen gegenseitigen Informationsaustausch über Finanzkonten (entsprechend dem US Foreign Account Tax Compliance Act FATCA) abgeschlossen werden.

Die Zusammenarbeit mit Kanada wurde 2023 mit den Besuchen vom Bundespräsident Berset (November), Bundesrat Parmelin (April) und Bundesrat Cassis (September) verstärkt. Die gemeinsame Erklärung zu Wissenschaft, Technologie und Innovation sowie der Vertrag über audiovisuelle Koproduktionen wurden erneuert. Das Swiss Polar Institute und das Institut Nordique du Québec intensivierten ihre Kooperation mit einem Memorandum.

In Kolumbien unterstrich Bundespräsident Berset die Rolle der Schweiz in Friedensprozessen, insbesondere beim Friedensabkommen mit der FARC von 2016 und den Gesprächen mit der ELN.

Die Kontakte mit Brasilien intensivierten sich mit der Rückkehr Lulas ins Präsidentenamt, unterstützt durch den offiziellen Besuch von Bundesrat Parmelin. Ministerielle Treffen bei internationalen Konferenzen und Kontakte mit Behörden lateinamerikanischer Länder stärkten die bilateralen Beziehungen. Angesichts der schrittweisen Einstellung der bilateralen DEZA-Aktivitäten bis 2024 bleibt der robuste Dialog mit Lateinamerika wichtig.

Im Sicherheitsrat setzt sich die
Schweiz für eine Linderung der tiefen Krise in Haiti ein, wo sich die sozialpolitischen Verhältnisse und die Sicherheitslage zusehends verschlechtern, was die Dringlichkeit internationaler Unterstützung veranschaulicht.

Die Schweiz unterstützte ausserdem zweimal die Erweiterung des Mandats der UNOVerifikationsmission in Kolumbien.

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9.3

MENA

Im Berichtsjahr setzte die Schweiz die MENA-Strategie 2021­2024 weiter um. Das Interesse an engen Beziehungen mit der Schweiz blieb gross. Am WEF traf Bundesrat Cassis im Januar seinen irakischen sowie israelischen Amtskollegen, während Bundespräsident Berset seine Besorgnis über die Lage in Tunesien der tunesischen Regierungschefin Bouden darlegte. Sicherheitsrelevante Themen standen im Fokus der Treffen von Bundesrat Cassis mit palästinensischen, jemenitischen und kuwaitischen Offiziellen an der Münchner Sicherheitskonferenz in Februar.

Ende Juni absolvierte Bundesrat Cassis einen Arbeitsbesuch in Marokko, 18 Monate nach Unterzeichnung einer Roadmap zur Zusammenarbeit. Auch Bundesrat Parmelin besuchte im Oktober Marokko zusammen mit einer Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation. Zudem lancierte Staatssekretärin Schraner-Burgener im September in Rabat die Ständige gemischte Arbeitsgruppe für Migrationsfragen.

Was die Golfregion angeht, so sind etwa der Finanzdialog Schweiz­VAE im Mai, der Besuch des saudischen Ministers für Industrie und Bodenschätze Alkhorayef in Bern, die Reise von Staatssekretärin Budliger nach Riad, sowie der Besuch des katarischen Finanzministers Al Kuwari bei WBF und EFD im September zu erwähnen. Hervorzuheben ist auch die 13. Gemischte Wirtschaftskommission Schweiz­Saudi-Arabien, bei der Bundesrat Parmelin den saudischen Investitionsminister Al-Falih empfing.

Die Schweiz unterstützte zudem die politischen Prozesse der UNO für Libyen und Syrien sowie die Friedensbemühungen in Jemen (Ziff. 10.2) Nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran lief das Schutzmachtmandat der Schweiz zwischen Iran und Saudi-Arabien im August aus.

Der Terrorangriff der Hamas auf israelische Zivilistinnen und Zivilisten und der darauffolgende Krieg in Gaza stellen eine Zäsur in der Region dar. Die Schweiz verurteilte den Terroraufgriff auf Schärfste und setzte sich bi- und multilateral für die Freilassung aller Geiseln, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und den Schutz der Zivilbevölkerung, den Zugang zu humanitärer Hilfe, die Verhinderung einer regionalen Eskalation und eine politische Lösung des Konfliktes ein. Die durch den Bundesrat eingesetzte Task Force Naher Osten entwickelte Szenarien zum Konflikt und schlug Massnahmen vor, darunter
Umsetzungswege für das Verbot der Hamas in der Schweiz sowie für die Überwachung der Finanzflüsse der Schweizer IZA-Programme im Nahen Osten. Am 22. November beschloss der Bundesrat ein eigenes Gesetz zum Hamas-Verbot zu erarbeiten und beauftragte das EJPD und das VBS, dies bis Ende Februar 2024 vorzulegen. Das EDA plant zusätzliche externe Audits und eine Überprüfung der Kontrollmechanismen für 2024. Die Reflexionen und Analysen der Task Force fliessen in die Überarbeitung der MENA-Strategie ein.

Die Schweiz setzt ihre differenzierte Aussenpolitik gegenüber Iran fort. Sie leistete humanitäre Hilfe im Zusammenhang mit der Syrien-Situation (Ziff. 4.5) und organisierte eine Geberkonferenz für Jemen (Ziff. 10.1). Das Jahr endete mit der Teilnahme von Bundespräsident Berset und Bundesrat Rösti an der COP28 in Dubai. Bundespräsident Berset führte zudem den ersten Präsidialbesuch der Schweiz in Oman anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der diplomatischen Beziehungen durch.

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9.4

Subsahara-Afrika und Frankophonie

Das Berichtjahr war geprägt durch den Ausbruch der Gewalt im Sudan. Der Krieg verursacht hohes menschliches Leid und gefährdet die Stabilität in der Region. Die Schweiz musste, wie andere internationale Partner, ihr Personal aus dem Sudan evakuieren und hat die Botschaft Khartum temporär geschlossen. Diplomatisch dringt die Schweiz auf eine Beilegung der Gewalt, unter anderem mit ihrem Sondergesandten für das Horn von Afrika und mit friedenspolitischen Initiativen. Die Unterstützung der DEZA ist im Sudan seit Ausbruch der Krise schwergewichtig humanitär und beläuft sich für 2023 auf insgesamt CHF 11,3 Millionen.

Im Kontext der laufenden geopolitischen Machtverschiebungen verstärkte sich im Berichtsjahr der Wille der afrikanischen Staaten, sich eigenständig zu positionieren.

Afrikanische Staats- und Regierungschefs reisten öffentlichkeitswirksam nach Kyiv und Moskau und lancierten eine Friedensinitiative. Die Afrikanische Union wurde in die G20 aufgenommen und Äthiopien trat den BRICS bei. Insbesondere Südafrika prägt diese Versuche eines eigenständigen Wegs, während sich andere Staaten klarer in einem Lager positionieren. Im Sahel zeichnete sich aufgrund von gewaltsamen Machtwechseln eine teilweise Abwendung vom Westen und der bestehenden internationalen Ordnung ab, wie das erzwungene Ende der UNO-Friedensmission in Mali sichtbar machte. Ein Militärputsch im Niger im Juli führte zur temporären Evakuierung des Schweizer Personals aufgrund von Sicherheitsbedenken.

Afrika steht weiterhin vor erheblichen Herausforderungen: politische Fragilität, Instabilität, Armut, Konflikte, Klimawandel, humanitäre Krisen, Menschenrechtsverletzungen und sozioökonomische Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sowie des Krieges gegen die Ukraine. Folglich bleibt die Unterstützung der Schweiz sowohl humanitär wie auch in der Entwicklungszusammenarbeit und friedenspolitisch stark.

Die Schweiz pflegte ihre Beziehungen zu Subsahara-Afrika weiter. Bundespräsident Berset reiste nach Mosambik, Botswana und in die Demokratische Republik Kongo, während der Präsident von Botswana einen Staatsbesuch in der Schweiz absolvierte.

Bundesrat Cassis besuchte Ghana und nahm am Frankophonie- Ministertreffen in Kamerun teil. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Verbindung von multilateraler und bilateraler Diplomatie, namentlich in Zusammenhang mit der Schweizer Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat (Ziff. 4.2).

9.5

Asien und Pazifik

Mit dem Ende der Covid-19-Massnahmen setzte die Region ihren wirtschaftlichen Aufstieg fort. Die Länder der Asien-Pazifik-Region waren im Berichtsjahr für mehr als ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich und bildeten damit die volkswirtschaftlich bedeutendste Weltregion. Die schleppende Erholung in China stellt jedoch das Tempo der zukünftigen Entwicklung infrage. Die wirtschaftlichen Verflechtungen westlicher Länder mit China wurden vermehrt kritisch betrachtet.

Eine Reihe von Ländern traf handels- und industriepolitische Massnahmen, um die Risiken ihrer Abhängigkeit von China zu verringern.

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Die Sicherheitslage in Asien-Pazifik blieb angespannt. Die Demokratische Volkrepublik Korea intensivierte ihr Raketenprogramm. Die Spannungen um Taiwan setzten sich im Kontext des strategischen Wettbewerbs zwischen China und den USA fort.

Im Südchinesischen Meer kam es aufgrund der überlappenden Gebietsansprüche wiederholt zu Zwischenfällen zwischen China und seinen Nachbarn. Die militärische Aufrüstung der Region setzte sich vor diesem Hintergrund fort und die USA verstärkten ihre regionalen Allianzen.

Für die Schweiz nimmt die Bedeutung Asien-Pazifiks stetig zu. 2023 entfielen knapp ein Viertel des Aussenhandels auf die Region. Dies entspricht rund der Hälfte des Handelsvolumens mit der EU. Weiteres Wachstumspotenzial birgt insbesondere der Austausch mit Indien, das China im Berichtsjahr als bevölkerungsreichstes Land abgelöst hat. Die Schweiz setzte ihre Bemühungen zum Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der EFTA und Indien entsprechend fort.

Die Schweiz trägt aktiv zur Bewältigung regionaler Herausforderungen bei. So übernahm sie zum Beispiel im UNO-Sicherheitsrat den Vorsitz des Ausschusses zur Umsetzung der Sanktionen gegen die Demokratische Volksrepublik Korea. In Islamabad stärkte Bundesrat Cassis die Zusammenarbeit Schweiz-Pakistan beim Katastrophenschutz mit einem Memorandum. Der bilaterale Menschenrechtsdialog mit China wurde wiederaufgenommen. Mit der IZA ist die Schweiz weiterhin in Afghanistan, Bangladesch, China, Indonesien, Kambodscha, Laos, Mongolei, Myanmar, Nepal und Vietnam mit bilateralen Programmen tätig.

Im Februar verabschiedete der Bundesrat die Südostasien-Strategie 2023­2026, um die Beziehungen zu dieser aufstrebenden Subregion zu stärken und das Schweizer Beziehungsnetz in Asien-Pazifik zu diversifizieren. Bundesrat Cassis betonte diese Absicht bei Besuchen in Indonesien, Singapur, Australien und Neuseeland, während Bundesrat Parmelin die Republik Korea besuchte.

10

Multilateralismus

10.1

UNO

Die UNO steht unter wachsendem politischem und finanziellem Druck, besonders angesichts globaler Spannungen und Konflikte wie dem russischen Angriff auf die Ukraine und den Kampfhandlungen im Nahen Osten. In dieser herausfordernden Weltlage sind die Zusammenarbeit und die finanziellen Ressourcen der UNO beeinträchtigt. Ein Beispiel ist die Nichtverlängerung des Istanbul-Abkommens (Black Sea Grain Initiative) durch Russland. Die Schweiz reagiert aktiv auf diese Herausforderungen, unter anderem durch die Organisation von Geberkonferenzen, wie für Jemen und für den UNO-Fonds «Education cannot wait». Bei der Jemen-Konferenz in Genf mobilisierte sie 1,17 Milliarden US-Dollar, der Schweizer Beitrag belief sich auf 14,5 Millionen US-Dollar.

Hinsichtlich seiner Vision für die Zukunft des Multilateralismus «Our Common Agenda» (OCA), gelang es dem UNO-Generalsekretär verschiedene Verhandlungsprozesse zu initiieren, darunter den GDC. Die Schweiz beteiligt sich daran aktiv. Der Zukunftsgipfel im September 2024 in New York soll Höhe- und Endpunkt dieser 42 / 76

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Bemühungen sein. Als Teil der OCA stellte der Generalsekretär im Juli auch seine Neue Agenda für den Frieden vor. Diese betont einen multilateralen Ansatz für Frieden und Sicherheit auf Grundlage des Völkerrechts und enthält konkrete Empfehlungen für eine umfassende Friedensstrategie.

Positiv zu vermerken ist das wegweisende Abkommen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in Meeresgebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit. Die Rückkehr der USA in die UNESCO unterstreicht die Relevanz des Mandats dieser Organisation und ihrer Rolle als Dialogplattform.

10.2

Internationales Genf und Gaststaat

Im Rahmen des sich wandelnden Multilateralismus festigte die Schweiz ihre Rolle als Gaststaat. Sie setzte sich weiterhin dafür ein, internationale Bedürfnisse zu ermitteln und Brücken zwischen Partnern zu bauen. Genf als starker Gouvernanzstandort unterstützt Staaten bei der Lösung von Problemen und stärkt die internationale Position der Schweiz. Die Schweiz war im März Gastgeberin von Gesprächen über den Jemen unter der Schirmherrschaft der UNO, die zu einem Abkommen über den Austausch von rund 1000 Gefangenen führten. Zudem unterstützte sie Gespräche über den Konflikt in Georgien, die einen direkten Austausch zwischen den Konfliktparteien ermöglichten. Aufgrund der Entwicklungen im Nahen Osten und einer verstärkten Distanznahme lokaler Akteure gegenüber Europa ist die Durchführung von Prozessen in der Schweiz für diese Region zwischenzeitlich unsicherer geworden. Mit dem Verpflichtungskredit 2024­2027 für die drei Genfer Zentren17 trägt der Bundesrat dazu bei, die Rolle Genfs als führendes globales friedens- und sicherheitspolitisches Zentrum zu erhalten.

Die Immobilienprojekte der internationalen Organisationen machten Fortschritte. Die Renovierung des Palais des Nations schritt im Berichtsjahr voran, ebenso wie das Bauprojekt der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Die Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) haben das geänderte Budget für ihr Bauprojekt genehmigt. Die Akteure des internationalen Genf erwägen eine Modernisierung der Konferenzinfrastruktur für die Durchführung von Hybridtreffen.

Der AI4Good Summit, organisiert von der ITU mit Schweizer Unterstützung seit 2019, erlangte weltweit Anerkennung. Die Schweiz förderte weiterhin Plattformen, die für das internationale Genfer Ökosystem relevant sind. Die Unterstützung der GESDA-Stiftung wurde fortgesetzt, um die Anziehungskraft von Genf als Zentrum für Wissenschaftsdiplomatie zu steigern. Im Oktober eröffnete Surinam eine Mission in Genf, ein weiterer Schritt zur Universalisierung des internationalen Genf.

17

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10.3

OSZE, Europarat, EPG

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist die Sicherheitsarchitektur Europas erheblich beeinträchtigt. Die OSZE ist geschwächt, bleibt aber das einzige multilaterale Sicherheitsforum mit einer Kommunikationsplattform zu Russland und Belarus.

Die Entscheidungsprozesse sind aufgrund der erforderlichen Konsensbildung stark eingeschränkt. Die fehlenden Budgets für 2022 und 2023 unterstreichen diese Problematik. Trotz massiver Blockaden konnte beim Ministerrat im November in Nordmazedonien Einigkeit über den OSZE-Vorsitz 2024 für Malta und die Verlängerung von Spitzenpositionen erzielt werden. Bundesrat Cassis bekräftigte in Skopje die Schweizer Unterstützung für eine handlungsfähige OSZE. OSZE-Feldmissionen trugen zur Konfliktprävention und -bewältigung im Westbalkan und in Zentralasien bei.

Weiter fand eine erstmalige hochrangige Konferenz zur Verbindung von Klimawandel und Sicherheit statt, an der die EDA-Staatssekretärin teilnahm.

Der vierte Gipfel der Staats- und Regierungschefs des Europarats in Reykjavik im Mai, an dem Bundespräsident Berset teilnahm, bekräftigte die Unterstützung für die Arbeit des Europarats im Bereich der Menschenrechte, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Das Beitrittsgesuch Kosovos wurde im April vom Ministerkomitee der parlamentarischen Versammlung überwiesen, was den Beitrittsprozess formell startet. Die Generalsekretärin des Europarats traf Bundespräsident Berset am 7. September in Bern.

Bundespräsident Berset nahm an den beiden Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) teil und führte dabei auch zahlreiche bilaterale Gespräche mit europäischen Partnern.

10.4

OECD, Bretton-Woods und Entwicklungsbanken

Das Ministertreffen der OECD fand unter dem Motto «Securing a resilient future: Shared values and global partnerships» statt. Themen waren der Krieg gegen die Ukraine und die globale Wirtschaftslage. Die OECD lancierte am 7. Juni ein Länderprogramm für die Ukraine, an welchem sich die Schweiz finanziell beteiligt und sich für eine Beteiligung des Privatsektors am Wiederaufbau der Ukraine einsetzt. Im Februar veranstaltete der OECD-Entwicklungshilfeausschuss (DAC) in Genf das erste Global Meeting of Development Co-operation Providers. Bundesrat Cassis betonte dabei die Wichtigkeit einer soliden Methodologie zur Wirkungsmessung der Entwicklungszusammenarbeit. Die Veranstaltung versammelte Geberländer über den üblichen Kreis der Geberländer der OECD, die im DAC vertreten sind, hinaus. China sagte die Teilnahme aufgrund der Anwesenheit Taiwans ab. Ausserdem fand im November das «High Level Meeting» des DAC statt.

Die Arbeiten der OECD und der G20 zur Besteuerung von grossen, international tätigen Unternehmensgruppen (erste und zweite Säule) schritten im Berichtsjahr voran.

Die Umsetzung der Massnahmen zur ersten Säule wird hauptsächlich mittels eines multilateralen Abkommens (MLC) vorgenommen. Über einige steuerpolitisch relevante Punkte zum MLC konnte im Berichtsjahr nach wie vor keine Einigung erzielt werden. In Bezug auf die zweite Säule (Mindestbesteuerung) wurde mit der Volksab44 / 76

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stimmung vom 18. Juni die verfassungsrechtliche Grundlage für die Umsetzung der Mindestbesteuerung für grosse, international tätige Unternehmensgruppen in der Schweiz geschaffen. Für den Umsetzungsentscheid verfolgte der Bundesrat die Entwicklungen auf internationaler Ebene. Da diverse gewichtige Staaten die Mindestbesteuerung per 2024 umsetzen, hat der Bundesrat die Mindestbesteuerungsregeln auf den 1. Januar 2024 eingeführt.

Die multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs), allen voran die Weltbank, haben im Berichtsjahr einen Reformprozess eingeleitet, um ihr Kapital wirksamer zu nutzen und auf globale Herausforderungen, insbesondere den Klimawandel, zu reagieren.

Die Schweiz setzt sich im Reformprozess für innovative Geschäfts- und Finanzmodelle, eine stärkere Mobilisierung von privatem Kapital, eine Harmonisierung der Richtlinien, Methoden und Standards sowie verstärkte Partnerschaften und Koordination zwischen MDBs, Zivilgesellschaft und UNO-Organisationen ein. Im Berichtsjahr haben die MDBs weiter einen Schwerpunkt auf die Klimafinanzierung gelegt. Die Schweiz beteiligte sich mit 212 Millionen Franken an der 16. Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (2023­2025), wovon 15 Millionen Franken für Klimaschutz vorgesehen sind. Auch in den anderen regionalen Entwicklungsbanken, wie der Asiatischen Entwicklungsbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank, setzt sich die Schweiz für eine hohe Klimaambition ein.

10.5

G20

Unter indischer G20 Präsidentschaft konnte die Schweiz am «Finance Track» sowie an drei Arbeitsgruppen des «Sherpa Tracks» teilnehmen (Anti-Korruption, Gesundheit, Handel und Investitionen). Im «Finance Track» dominierten Fragen zu Reformen der internationalen Finanzarchitektur, Schuldenfragen, Nachhaltigkeit im Finanzmarkt und bei Infrastrukturinvestitionen sowie Regulierungsvorhaben im Crypto-Bereich. Im «Sherpa Track» hat die Schweiz an der Ausarbeitung von drei Dokumenten mit Leitprinzipien im Bereich Antikorruption mitgewirkt. Diese betreffen die internationale Zusammenarbeit in der Strafverfolgung, die Einziehung von Vermögenswerten sowie die Integrität von Antikorruptionsbehörden.

10.6

Völkerrecht

Die Schweiz und das IKRK organisierten Anfang Jahr gemeinsam ein Treffen von rund 380 Regierungsexpertinnen und -experten aus 120 Ländern zum Thema Umweltschutz in bewaffneten Konflikten. 2023 jährte sich ausserdem die Verabschiedung des Montreux-Dokuments zum 15. Mal. Dabei handelt es sich um das erste internationale Dokument, das die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten in Bezug auf die Aktivitäten privater Militär- und Sicherheitsunternehmen bekräftigt. Es entstand aus einer 2006 von der Schweiz und dem IKRK gemeinsam lancierten Initiative und wird von 58 Staaten und drei internationalen Organisationen unterstützt.

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Am 26. Mai wurde die «Mutual Legal Assistance»-Konvention in Ljubljana verabschiedet, für die sich die Schweiz seit 2016 eingesetzt hatte. Damit besteht erstmals ein multilaterales Abkommen zur Erleichterung der internationalen Rechtshilfe bei Völkerrechtsverbrechen. Am 14. September verabschiedete das Ministerkomitee des Europarates zuhanden der Schweiz eine Resolution mit Empfehlungen zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Resolution stützt sich auf das 5. Gutachten des Beratenden Ausschusses des Rahmenübereinkommens und auf die Stellungnahme der Schweiz, in welcher sie ihre Bereitschaft zum Schutz nationaler Minderheiten bekräftigte.

Mit der Resolution zur Überprüfung der Globalen Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus bekräftigte die UNO-Generalversammlung im Juni die bestehende Stossrichtung für weitere drei Jahre. Auch dank der Schweiz konnten Transparenz, Rechenschaftspflicht und der Schutz der humanitären Arbeit verbessert werden. Ebenfalls konnten unrechtmässige Einschränkungen der Menschenrechte, insbesondere der Verfahrensgarantien von UNO-sanktionierten Personen (namentlich im Rahmen des IS-Al-Qaida-Sanktionsregimes), verhindert werden.

11

Ressourcen

11.1

Aussennetz und Personal

Das Jahr stand für viele Auslandsvertretungen im Zeichen von Krisenmanagement.

Die Vertretung Kiew war durchgehend operativ. Das seit 2021 temporär geschlossene Kooperationsbüro in Kabul wurde per 2024 in ein humanitäres Büro umgewandelt, um die Arbeit vor Ort besser zu führen. Ebenso wurde die Botschaft Port-au-Prince in ein humanitäres Büro umgewandelt. Aufgrund der schweren Kämpfe im Sudan entschied das EDA die Botschaft in Khartum temporär zu schliessen. Gleiches galt für das Kooperationsbüro in Niamey in Folge des Putsches Ende Juli, wobei es im September wiedereröffnet wurde. Nach Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen entschied der Bundesrat per 2024 eine Botschaft in Bagdad zu eröffnen. Im Rahmen des Ausstiegs aus der DEZA-Entwicklungszusammenarbeit werden in 2024 die Kooperationsbüros in Managua, Tegucigalpa und Ulaanbaatar geschlossen.

11.2

Krisenmanagement und Sicherheit

Das EDA hat im Berichtsjahr zahlreiche Krisen und sicherheitsrelevante Ereignisse bearbeitet, darunter die Krise im Nahen Osten, den Putsch in Niger, den Krieg in Sudan, die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine sowie Naturkatastrophen wie das Erdbeben in der Türkei und Syrien sowie die Waldbrände auf den griechischen Inseln. Der Fokus lag auf der Unterstützung des Aussennetzes und der Schweizer Staatsangehörigen. Besondere Herausforderungen ergaben sich in der Ukraine, im Sudan und im Nahen Osten. Die Evakuierung von Botschaftspersonal im Sudan und die Organisation von Sonderflügen aus Israel sind Beispiele für die geleistete Hilfe. Das Krisenmanagement-Zentrum (KMZ) wurde besonders beansprucht.

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Im Sudan gelang es mit der Unterstützung von Partnerstaaten, das versetzbare Personal der Botschaft zu evakuieren sowie die Ausreise von Schweizer Staatsangehörigen zu unterstützen. In Israel unterstützte die Schweiz die Ausreise von Schweizer Staatsangehörigen durch Sonderflüge, in Zusammenarbeit mit der Swiss: 880 Personen konnten damit ausreisen. Der Einsatz der weltweit insgesamt neun Regionalen Sicherheitsberater des KMZ hat sich bewährt. Auf Grund der geopolitischen Volatilität musste das EDA ebenfalls die Reisehinweise vermehrt anpassen.

11.3

Konsularische Dienstleistungen

Die konsularischen Dienstleistungen wurden weiter digitalisiert, um die Betreuung der nun über 800 000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zu optimieren.

Durch Verbesserungen von SwissInTouch, der App für die Auslandschweizergemeinschaft, konnten Dienstleistungen schneller, präziser und kostengünstiger erbracht werden. Die Einführung der elektronischen Stimmabgabe (E-Voting) in drei Kantonen markiert einen digitalen Fortschritt im Bereich politischer Rechte.

Nach Ende der Covid-19-Pandemiemassnahmen hat die Reisetätigkeit der Schweizer Bevölkerung wieder zugenommen, was den deutlichen Anstieg an konsularischen Schutzfällen erklärt. In mehreren Krisen, etwa beim Erdbeben in der Türkei, beim Ausbruch des Kriegs im Sudan oder in Folge der Anschläge der Hamas in Israel, waren die Helpline EDA und der konsularische Schutz wichtige Kontaktstellen für Schweizer Staatsangehörige.

Für Tourismus und Wirtschaft von grösster Bedeutung war die starke Zunahme der Visagesuche: In vielen Ländern übertrafen diese das Niveau vor der Pandemie, was die Schweizer Visaabteilungen vor besondere Herausforderungen stellte. Trotz des Anstiegs der Nachfrage nach konsularischen Dienstleistungen gelang es, diese auf stabilem Ressourcenniveau zu erbringen. Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht Effizienzgewinne, die die steigende Nachfrage kostenneutral zu bewältigen helfen.

11.4

Verständnis der Aussenpolitik im Inland

Die Kommunikation des EDA wurde im Berichtsjahr stark von den Entwicklungen im Nahen Osten und dem Krieg gegen die Ukraine geprägt. Schwerpunkte lagen auf der Information über die Bundesmassnahmen für die Betroffenen des Krieges, die politischen Vorbereitungen für den Wiederaufbau in der Ukraine und das Verhältnis Schweiz-­EU. Der Einsitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat, humanitäre Einsätze und die freiwillige Konsultation der IZA-Strategie 2025­2028 waren ebenfalls zentrale Kommunikationsthemen.

Verschiedene Kanäle wurden genutzt, um die Informationen zielgruppengerecht zugänglich zu machen. Dazu gehörte auch der direkte Kontakt mit der Bevölkerung und die Präsentation verschiedener aussenpolitischer Themen im Rahmen des Projekts Offene Bundesmeile aus Anlass des 175-Jahre-Jubliäums der Bundesverfassung.

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11.5

Landeskommunikation im Ausland

Die Landeskommunikation nutzt Öffentlichkeitsarbeit, um die Interessen der Schweiz im Ausland zu wahren. Dafür werden präzise Kenntnisse über das Wahrnehmungsprofil der Schweiz genutzt. Analysen von ausländischen Medien und sozialen Medien sowie Imagestudien zeigen, dass die Schweiz 2023 im Ausland weiterhin grösstenteils positiv bis sehr positiv wahrgenommen wird. Allerdings erhielt die Schweiz in den ausländischen Medien kritische Aufmerksamkeit für ihre Positionierung im Krieg gegen die Ukraine, insbesondere in Europa, teilweise in den USA und Russland. Dabei wurden auch traditionelle negative Stereotypen aktiviert. Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS führte zunächst zu kritischer Berichterstattung weltweit, insbesondere gegenüber der Bank und dem Finanzplatz Schweiz. Die Reaktion des Bundesrates wurde jedoch differenziert und grundsätzlich positiv kommentiert, insbesondere die schnelle Umsetzung einer wirksamen Lösung zur Verhinderung einer internationalen Destabilisierung des Finanzsystems.

Insgesamt ist das internationale Klima auch auf kommunikativer Ebene rauer geworden. Eine anhaltend kritische Medienberichterstattung kann sich bei relevanten Zielgruppen negativ auf die Wahrnehmung eines Landes auswirken und deren Entscheidungen mit Bezug zur Schweiz potenziell negativ beeinflussen. Sie ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer generellen Reputationskrise mit umfassenden negativen Auswirkungen auf das Image und die Interessen der Schweiz.

Die vielfältigen Stärken der Schweiz stiessen im Ausland weiterhin auf Interesse und wurden kommunikativ ins Rampenlicht gerückt. Das House of Switzerland am WEF bot erneut den Rahmen für die offizielle Präsenz der Schweiz. Es diente als Plattform für die Schweizer Delegation, Gäste und Medien, für Events, Beziehungspflege und Dialog und als Schaufenster für die Innovationskraft der Schweiz. An der Designwoche Mailand präsentierte sich die Schweiz in den Bereichen Kunst, Design, Forschung und Wirtschaft. Mit den Vertretungen im Ausland wurden 195 Kommunikationsprojekte durchgeführt bzw. unterstützt, häufig gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Politik und Verwaltung. So wurde etwa in Chile die Arbeit der Schweiz im Bereich Wasser mit einer neuen Ready-made-Ausstellung präsentiert. Die betroffenen Schweizer Botschaften
in der EU lancierten die Kommunikation zum zweiten Schweizer Beitrag. Zudem wurden 22 Delegationsreisen in die Schweiz zu Themen wie Energie, Verkehr und Transport, Schengen, Innovation, Digitalisierung oder Finanzplatz durchgeführt. Auch Kampagnen wie swiss.tech oder finance.swiss zur Promotion des Innovations- und Technologiestandorts Schweiz bzw. des Finanzplatzes wurden fortgeführt.

12

Ausblick

Der Bundesrat hat Anfang 2024 die APS 2024-2027 endgültig verabschiedet, die den strategischen Rahmen der Aussenpolitik für die neue Legislatur festlegt. Zusätzlich werden 2024 die IZA-Strategie 2025-2028 und weitere Folgestrategien zur APS verabschiedet, darunter erstmals eine Strategie Multilateralismus und Gaststaat. Die Schweiz wird sich voraussichtlich weiterhin mit Positionierungsfragen und Zielkonflikten im polarisierten weltpolitischen Umfeld auseinandersetzen. Die Handhabung 48 / 76

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der Neutralität wird angesichts sich wandelnder Rahmenbedingungen regelmässig überprüft. Die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU, Mitverantwortung für die europäische Sicherheit und den Wiederaufbau der Ukraine, hochrangige Konferenzen zur humanitären Minenräumung und zum Frieden in der Ukraine sowie die Verfolgung von Entwicklungen im Westbalkan und Südkaukasus stehen im Fokus. Beiträge zur Stabilisierung in der östlichen und südlichen Nachbarschaft Europas gewinnen an Bedeutung. Wichtige Themen bleiben zudem der Einsitz im UNO-Sicherheitsrat und die Fortführung der aussenwirtschaftlichen Diversifizierung, um konstruktive Beziehungen zu allen Weltregionen aufrechtzuerhalten.

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Abkürzungsverzeichnis AIA

Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten

APS

Aussenpolitische Strategie

ASEAN

Vereinigung Südostasiatischer Nationen (Association of Southeast Asian Nations)

AU

Afrikanische Union

BAKOM

Bundesamt für Kommunikation

BFI

Bildung, Forschung und Innovation

BMVI

Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (Border Management and Visa Policy Instrument)

BRICS

Informeller Zusammenschluss von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (ab 2024 mit weiteren Staaten)

CBAM

CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU (Carbon Border Adjustment Mechanism)

CDEP

Ausschuss für Digitale Wirtschaftspolitik der OECD (Committee on Digital Economy Policy)

DAC

Entwicklungshilfeausschuss der OECD (Development Assistance Committee)

DEZA

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

DSI

Digitale Sequenzinformationen

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association)

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

ELN

Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional)

EPG

Europäische Politische Gemeinschaft

ERIC

Europäisches Forschungsinfrastruktur-Konsortium (European Research Infrastructure Consortium)

ETHZ

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

ETIAS

Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (European Travel Information and Authorisation System)

EUFOR ALTHEA

European Union Force in Bosnien-Herzegowina

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Euratom

Europäische Atomgemeinschaft

Eurodac

Zentrale Fingerabdruckdatenbank der EU in Asylangelegenheiten

EUSALP

Makroregionale Strategie für den Alpenraum der EU (EU-Strategy for the Alpine Region)

f4p

Fit-for-Purpose-Programm der DEZA

FARC

Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens ­ Volksarmee (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia ­ Ejército del Pueblo)

FHA

Freihandelsabkommen

Frontex

Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache

FZA

Freizügigkeitsabkommen

G20

Gruppe der 20 (USA, Japan, Deutschland, China, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Italien, Kanada, Brasilien, Russland, Indien, Südkorea, Australien, Mexiko, Türkei, Indonesien, Saudi-Arabien, Südafrika, Argentinien, Europäische Union, Afrikanische Union)

GBFF

Globaler Biodiversitätsrahmenabkommen-Fonds (Global Biodiversity Framework Fund)

GDC

Globaler Digitalpakt (Global Digital Compact)

GEF

Globaler Umweltfonds (Global Environment Facility)

GESDA

Geneva Science and Diplomacy Anticipator

GHO

Globale Humanitäre Übersicht der OCHA (Global Humanitarian Overview)

HIV

Menschliches Immunschwäche-Virus (Human Immunodeficiency Virus)

IGF

UN Internet Governance Forum

IKRK

Internationales Komitee vom Roten Kreuz

InstA

Institutionelles Abkommen

IPCC

Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change)

IOM

Internationale Migrationsorganisation (International Organization for Migration)

IStGH

Internationaler Strafgerichtshof

IT

Informationstechnologie

ITER

International Thermonuclear Experimental Reactor

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ITU

Internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union)

IWF

Internationaler Währungsfonds

IZA

Internationale Zusammenarbeit

KFOR

Kosovo Force

KI

Künstliche Intelligenz

KSK

Kommando Spezialkräfte der Schweizer Armee

MONDIACULT UNESCO-Weltkulturkonferenz MDB

Multilaterale Entwicklungsbank

MENA

Mittlerer Osten und Nordafrika (Middle East and North Africa)

Mercosur

Gemeinsamer Markt Südamerikas (Mercado Común del Sur)

MINUSMA

Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (Mission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali)

MLC

Multilaterale Konvention (Multilateral Convention)

MoU

Offizielle Absichtserklärung (Memorandum of Understanding)

MRA

Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die gegenseitige Aberkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, BBl 1999 6128)

MRR

Menschenrechtsrat

NATO

North Atlantic Treaty Organization

OCA

Our Common Agenda

OCHA

Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten der UN (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs)

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development)

OHCHR

UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights)

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

SDG

Sustainable Development Goal

SEM

Staatssekretariat für Migration

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UNAIDS

Gemeinsames Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids

UNEP

UNO-Umweltprogramm (UN Environment Programme)

UNESCO

Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation)

UNHCR

Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen)

UN-Habitat

Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (United Nations Human Settlements Programme)

UNO

Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organisation)

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

OCA

Unsere Gemeinsame Agenda ­ Vision des UNO-Generalsekretärs für die Zukunft der globalen Kooperation (Our Common Agenda)

OCHA

Büro der UNO für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs)

VAE

Vereinigte Arabische Emirate

VIS

Visa-Informationssystem

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WEF

Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum)

WHO

Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)

WMO

Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organisation)

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organisation)

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Anhang 1

Berichte des Bundesrates zu aussenpolitischen Aspekten Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2022 einschliesslich Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen sowie Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2022 01/2023 Der Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2022 beleuchtet Fragen, die im Berichtsjahr für die Schweiz aussenwirtschaftspolitisch von Bedeutung waren, und stellt sie in den Kontext der Aussenwirtschaftsstrategie 2021. Er analysiert die wichtigsten Entwicklungen in der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz, die Wirtschaftsbeziehungen mit der EU sowie verschiedene bilaterale Wirtschaftsabkommen. Der Bericht zum Jahr 2022 befasst sich insbesondere mit den Folgen des Kriegs gegen die Ukraine für die Weltwirtschaft und die Schweiz insbesondere mit den Auswirkungen auf die internationalen Produktions- und Lieferketten. Zudem enthält er einen Ausblick auf 2023.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/75748.pdf, BBl 2023 304

Aussenpolitischer Bericht 2022 02/2023 Der Bericht gibt einen Überblick über die Aussenpolitik der Schweiz im Jahr 2022.

Gestützt auf Artikel 148 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200218 legt der Bundesrat der Bundesversammlung einen Rechenschaftsbericht über die aussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz vor. Dabei bezieht er sich insbesondere auf die Aussenpolitische Strategie 2020­2023 (APS 2020­2023), an deren Struktur sich dieser Bericht orientiert. Basierend auf dem Bundesratsentscheid vom 11. Mai 2011 geht der Bericht jeweils auf ein Schwerpunktthema vertieft ein; diesmal ist es die Aussenpolitik im Ukraine-Krieg www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2023/507/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2023-507-de-pdf-a.pdf, BBl 2023 507

Südostasien-Strategie 2023­2026 02/2023 Die Südostasien-Strategie 2023­2026 ist die fünfte geografische Strategie zur Vertiefung der APS 2020­2023. Ziel ist es, die Beziehungen der Schweiz auszubauen und die zahlreichen Chancen, die der allgemeine Aufschwung im asiatisch-pazifischen Raum bietet, ausgewogen zu nutzen. Die Strategie ergänzt die China-Strategie des Bundesrates von 2021. Der Austausch zwischen der Schweiz und den elf Ländern dieser Region wird auf der Grundlage der vier thematischen Schwerpunkte der APS 18

SR 171.10

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2020­2023 (Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung) verstärkt. Ein fünfter Schwerpunkt der Südostasien-Strategie ist die Weiterführung eines hochwertigen Dienstleistungsangebots für die in der Region ansässigen Schweizer Bürgerinnen und Bürger.

www.eda.admin.ch/eda/de/home/das-eda/publikationen.html/content/publikationen/ de/eda/schweizer-aussenpolitik/suedostasien-strategie-2023-2026

Die Ausübung des Stimmrechts aus dem Ausland: Grundlagen, aktuelle Praxis und Handlungsoptionen. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 20.4348 Silberschmidt vom 30. November 2020 03/2023 Bericht «Ausübung des Stimmrechts aus dem Ausland: Grundlagen, aktuelle Praxis und Handlungsoptionen» in Erfüllung des Postulats 20.4348 Silberschmidt, mit dem der Bundesrat beauftragt wurde, zu prüfen, «wie der Versand an und die Abgabe von eidgenössischen Wahl- und Abstimmungsunterlagen von Auslandschweizerinnen und -schweizern vereinfacht werden kann». Der Bericht untersucht verschiedene Optionen zur Beschleunigung der Zustellung von Abstimmungsunterlagen ­ zum Beispiel der Einsatz des EDA-Kurierdienstes, die Vorverlegung des Versands oder die Zustellung an eine Adresse in der Schweiz. Er kommt zum Schluss, dass die elektronische Stimmabgabe weiterhin der erfolgversprechendste Weg ist, um den von langen Postwegen betroffenen Auslandschweizer Stimmberechtigten die Stimmabgabe zu erleichtern.

www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2020/20204348/Bericht%20BR%20D.pdf

Weltraumpolitik des Bundes 2023 03/2023 Mit dem Bericht legt der Bundesrat die künftige Ausrichtung des Bundes in seinen weltraumrelevanten Aktivitäten fest und formuliert im Weltraumbereich eine koordinierte und in den internationalen Kontext eingebettete Politik. Der Bericht bietet eine Grundlage für die Ausarbeitung von Teilstrategien des Bundes, dient als Orientierung für Wirtschaft und Wissenschaft und ermöglicht die Steuerung und Wirkungsprüfung der staatlichen Massnahmen.

www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/dienstleistungen/publikationen/publikationsdatenbank/weltraumpolitik_2023.html

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Bericht des Bundesrates über die Aktivitäten der schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2022 04/2023 Die Schweizer Migrationsaussenpolitik im Jahr 2022 war durch die Folgen des Ukraine-Kriegs geprägt, der die grösste Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg auslöste. Zudem haben steigende Lebensmittel- und Energiepreise, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie, anhaltende bewaffnete Konflikte und Menschenrechtsverletzungen die Flucht- und Migrationsbewegungen verstärkt. Die Schweiz führte ihre aktive Migrationsaussenpolitik fort und schloss zwei weitere Migrationspartnerschaften ab. 2022 waren dies Partnerschaften mit Georgien und Nordmazedonien.

BBl 2023 1176

Jährliche Beurteilung der Bedrohungslage. Bericht des Bundesrates an die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit 05/2023 Gemäss Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe d des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September 201519 (NDG) beurteilt der Bundesrat jährlich die Bedrohungslage der Schweiz und informiert die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit. Die Beurteilung bezieht sich auf die im NDG genannten Bedrohungen sowie auf sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland.

BBl 2023 1177

Bericht über die im Jahr 2022 abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge 05/2023 Nach Artikel 48a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199720 erstattet der Bundesrat der Bundesversammlung jährlich Bericht über die von ihm, von einem Departement, einer Gruppe oder einem Bundesamt abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Der vorliegende Bericht betrifft die im Laufe des Jahres 2022 abgeschlossenen Verträge.

BBl 2023 1512

19 20

SR 121 SR 172.010

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Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz­EU. Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Postulate 13.3151 Aeschi Thomas vom 20. März 2013, 14.4080 Grüne Fraktion vom 8. Dezember 2014, 17.4147 Naef vom 14. Dezember 2017, 21.3618 Sozialdemokratische Fraktion vom 1. Juni 2021, 21.3654 Cottier vom 8. Juni 2021, 21.3667 Grüne Fraktion vom 9. Juni 2021, 21.3678 Fischer Roland vom 10. Juni 2021, 21.4450 Z'graggen vom 15. Dezember 2021, 22.3172 Maître vom 16. März 2022 und der Motion 21.4184 Minder vom 30. September 2021 06/2023 Der Bericht «Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz­EU» enthält eine Auslegeordnung der bestehenden bilateralen Beziehungen mit der EU, eine Standortbestimmung zur Europapolitik und einen Ausblick. Er kommt zum Schluss, dass der bilaterale Weg für die Schweiz weiterhin die vorteilhafteste Lösung ist. Darin wird aufgezeigt, mit welchen Massnahmen der Bundesrat die Fortsetzung des bilateralen Wegs und die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU gewährleisten will.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/74384.pdf

Maritime Strategie 2023­2027 06/2023 Die Maritime Strategie 2023­2027 bietet einen Überblick über die Politik des Bundes und ermöglicht eine kohärentere Politik in maritimen Fragen. Sie orientiert sich an den Zielen der APS 2020­2023. Die Strategie gliedert sich in fünf thematische Schwerpunkte: regelbasierte Maritime Ordnung, maritime Wirtschaft, maritime Umwelt und Soziales, maritime Wissenschaft und Forschung, Schweizer Flagge. Für jeden Schwerpunkt wurden Massnahmen und Ziele festgelegt.

www.eda.admin.ch/content/dam/eda/de/documents/publications/Schweizerische Aussenpolitik/maritime-strategie_DE.pdf

Auswirkungen des CO2-Grenzausgleichs auf die Schweiz.

Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 20.3933 APK-N vom 25. August 2020 06/2023 In seinem Bericht analysiert der Bundesrat die Auswirkungen eines CO2-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) auf die Schweiz aus wirtschaftlicher, ökologischer und aussenwirtschaftlicher Sicht. Er empfiehlt derzeit, aufgrund der damit verbundenen regulatorischen und aussenwirtschaftlichen Risiken nicht gleichzeitig mit der EU einen CBAM einzuführen. Die Schweiz kann

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im Sommer 2026, nach dem Vorliegen einer Zwischenbilanz der EU, eine erneute Lagebeurteilung vornehmen.

www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2020/20203933/Bericht%20BR%20D.pdf

Vorschau auf die 78. Tagung der UNO-Generalversammlung: Bericht des Bundesrates zuhanden der Aussenpolitischen Kommissionen 06/2023 Der Bericht präsentiert die während der 78. Tagung der UNO-Generalversammlung behandelten Themen, die aus Sicht der Schweiz von besonderem Interesse sind: Finanzen und Steuern, Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, Völkerrecht und Reformen der UNO.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/82606.pdf

Internationaler Austausch von Strafnachrichten. Prüfung eines Beitritts der Schweiz zu ECRI. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 17.3269, SPK-N vom 27. April 2017 08/2023 Der Bericht hält fest, dass der direkte Austausch von Daten aus den nationalen Strafregistern zwischen der Schweiz und den EU-Staaten die Sicherheit erhöhen und die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte erleichtern würde. Aus diesem Grund spricht sich der Bundesrat für die Aufnahme von Gesprächen mit der EU über einen Beitritt der Schweiz zum Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) aus.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/82095.pdf

«Cyberrisiken im All» Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 21.4176 Bellaiche «Cyberrisiken im All» vom 17. Dezember 2021 09/2023 Der Bericht liefert eine Bestandsaufnahme zu den kritischen Abhängigkeiten der Schweiz, um ihre stabile Sicherheit und Versorgung mit Diensten und Kapazitäten der Weltrauminfrastruktur zu gewährleisten. Er detailliert die Cyberrisiken für die drei Segmente der Weltrauminfrastruktur (Bodensegment, Datenverbindung und Weltraumsegment). Er kommt zu dem Schluss, dass die Schweiz mit einem relativ kleinen und wenig versorgungs- und sicherheitskritischen Portfolio an Weltrauminfrastrukturen über begrenzte Möglichkeiten verfügt, die Cybersicherheit des Betriebs auf rein nationaler Ebene zu stärken. Er stellt daher auch das Engagement der Schweiz in multilateralen Gremien, internationalen Organisationen und Entwicklungsprogrammen

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dar, die sich Weltraumthemen und der Schnittstelle zwischen Weltraum und Cybersicherheit widmen.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/83692.pdf

Zusammenarbeit mit Schweizer NGO: Mehrwert, Rechtsgrundlagen und Übersicht der Beiträge und Mandate 2017­2020. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 20.4389 Schneider-Schneiter vom 2. Dezember 2020 10/2023 Der Bericht beleuchtet die Strategieperiode 2017­2020. Er legt die Rechtsgrundlagen und Finanzierungsmodalitäten der Zusammenarbeit mit Schweizer NGO dar und zeigt auf, welche Voraussetzungen diese zu erfüllen haben, um Bundesmittel zu erhalten.

Schliesslich erläutert er anhand von Beispielen den Mehrwert der Zusammenarbeit mit Schweizer NGO zur Erreichung der Ziele der IZA und somit der Agenda 2030.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/83306.pdf

Schutz schweizerischer Interessen bei ausländischen Ausfuhrverboten.

Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulates 20.3087, Portmann vom 11. März 2020 12/2023 Der Bundesrat zeigt in diesem Bericht die Möglichkeiten der Schweiz zum Ergreifen aussenwirtschaftlicher Massnahmen als Reaktion auf ausländische Ausfuhrverbote auf. Des Weiteren prüft der Bericht die Entwicklungen protektionistischer Massnahmen im Ausland sowie in der Schweiz. In den Schlussfolgerungen beurteilt er schliesslich, ob die Schweizerische Gesetzgebung ausreichend ist, um Massnahmen in Ausland entgegenzuwirken, oder ob aufgrund der zunehmend protektionistischen Massnahmen ausländischer Staaten Handlungsbedarf besteht bzw. eine Anpassung der Gesetzgebung notwendig ist. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen ausreichend sind.

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/85244.pdf

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Anhang 2

Publikationen des EDA Die nachstehend aufgeführten Publikationen sind alle auf der Website des EDA verfügbar.

www.eda.admin.ch/eda/de/home/das-eda/publikationen.html

Südostasien Strategie 2023­2026 02/2023 Die Südostasienstrategie 2023­2026 ist die fünfte geografische Strategie zur Vertiefung der APS 2020­2023. Ziel ist es, die Beziehungen der Schweiz auszubauen und die zahlreichen Chancen, die der allgemeine Aufschwung im asiatisch-pazifischen Raum bietet, ausgewogen zu nutzen. Die Strategie ergänzt die China-Strategie des Bundesrates von 2021. Der Austausch zwischen der Schweiz und den elf Ländern dieser Region wird auf der Grundlage der vier thematischen Schwerpunkte der APS 2020­2023 (Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung) verstärkt. Ein fünfter Schwerpunkt der Südostasien-Strategie sieht die Weiterführung eines hochwertigen Dienstleistungsangebots für die in der Region ansässigen Schweizer Bürgerinnen und Bürger vor.

Maritime Strategie 2023­2027 06/2023 Die Maritime Strategie 2023­2027 bietet einen Überblick über die Politik des Bundes und ermöglicht eine kohärentere Politik des Bundes in maritimen Fragen. Sie orientiert sich an den Zielen der APS 2020­2023. Die Strategie gliedert sich in fünf thematische Schwerpunkte: regelbasierte Maritime Ordnung, maritime Wirtschaft, maritime Umwelt und Soziales, maritime Wissenschaft und Forschung, Schweizer Flagge. Für jeden Schwerpunkt wurden Massnahmen und Ziele festgelegt.

Aktionsplan Humanitäre Minenräumung 2023­2026 07/2023 Mit dem Aktionsplan setzt die Schweiz ihr langjähriges Engagement in der humanitären Minenräumung fort. Neben der Umsetzung der relevanten Übereinkommen und der Unterstützung für die Räumung belasteter Gebiete stehen beim Aktionsplan auch innovative Ansätze im Vordergrund. Zudem wird die Schweiz in den nächsten Jahren gezielt die Ukraine unterstützen.

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Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit: Statistik 2021 08/2023 Diese Publikation gibt einen Überblick über die Beiträge der öffentlichen Entwicklungshilfe (Bund, Kantone, Gemeinden) und der privaten Hilfe (NGO) der Schweiz im Jahr 2021. Sechs Tabellen liefern eine Übersicht der Hilfe aufgeschlüsselt nach Empfängerländern und Organisationen, sowie eine Liste der wichtigsten Projekte für jedes Land.

Eine Welt 1/2023 02/2023 Diese Ausgabe widmet sich der Rolle der biologischen Vielfalt für die nachhaltige Entwicklung. Die Vielfalt an Arten und Ökosystemen geht rapide zurück. Ein neues globales Rahmenwerk soll den Schutz und Wiederaufbau von Biodiversität beleben.

Eine Welt 2/2023 06/2023 Insbesondere Frauen bezahlen einen hohen Preis bei den mörderischen Konflikten in der Region der Afrikanischen Grossen Seen, dennoch ist ihre Widerstandskraft ungebrochen ­ eine Reportage aus Frauenperspektive.

Eine Welt 3/2023 08/2023 Diese Ausgabe widmet sich dem Kampf gegen die Ernährungskrise. Fachleute sind sich einig: Um das Ernährungssystem langfristig gegen Krisen zu wappnen, braucht es eine Transformation. Nur so kann die Lebensmittelversorgung in Zukunft für alle weltweit gesichert werden.

Eine Welt 4/2023 12/2023 Diese Ausgabe hebt die entscheidende Verbindung zwischen dem Tierschutz, der menschlichen Gesundheit und der Erhaltung der Umwelt hervor. Sie nimmt den Leser mit in den Tschad und erkundet gleichzeitig die Chancen und Herausforderungen, die mit der digitalen Landwirtschaft verbunden sind.

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Swiss Peace Supporter 1/2023 03/2023 Zu ihrem 70. Jahrestag steht die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea im Fokus. Weitere Artikel betreffen den Bericht eines Schweizer Protection Officers über seinen Einsatz in der Ukraine oder die Erfahrungen einer Mitarbeiterin von UN Women im Sudan.

Swiss Peace Supporter 2/2023 06/2023 Zum Anlass des 500. SWISSCOY-Konvois stehen diesmal die logistischen Herausforderungen der militärischen Friedensförderung im Zentrum. Ein EDA-Sonderbeitrag wirft einen Blick hinter die Kulissen der Präsidentschaftswahlen in Nigeria.

Ein Experte berichtet zudem über die Arbeit der UNO in Burkina Faso und eine Expertin erläutert ihre Rolle im Grundrechtsbüro bei der Frontex in Warschau.

Swiss Peace Supporter 3/2023 06/2023 Paz Total ­ unter diesem Stichwort stehen der kolumbianische Friedensprozess, das dortige Engagement der Schweiz und diese Ausgabe des SPS. Ein Sonderbeitrag der Organisation Justice Rapid Response zeigt auf, wie die Rechenschaftspflicht bei schweren Verstössen gegen Menschenrechte gestärkt werden kann. Ein Schweizer Experte blickt zurück auf seinen Einsatz als Tripple-Nexus-Berater bei der UNO im Südsudan.

Swiss Peace Supporter 4/2023 12/2023 Friedensmissionen der UNO, die 2023 mit wachsenden Herausforderungen zu kämpfen hatten, stehen im Fokus dieser Ausgabe. Zudem zeigt der Schweizer Richter am zentralafrikanischen Sondergericht auf, wie wirksam diese neuartige Institution im Kampf gegen Straflosigkeit ist. Aus Addis Abeba berichtet zudem eine Expertin über die Förderung von Frauenrechten in Afrika.

Wer eine Reise tut...

01/2023 Der Reiseratgeber enthält nützliche Tipps für die Reisevorbereitung und für unterwegs. Gleichzeitig informiert er darüber, wie und wann eine Schweizer Botschaft Reisende in Notlagen im Ausland unterstützen kann.

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Praxisleitfaden Völkerrechtliche Verträge 06/2023 Dieser Leitfaden beschreibt die im Bereich der völkerrechtlichen Verträge anwendbaren Regeln und die entsprechende schweizerische Praxis. Er richtet sich vorwiegend an Angehörige der Bundesverwaltung in der Schweiz und in den schweizerischen Vertretungen im Ausland.

Event Analysis: 2022 Floods in Swat Valley, Pakistan 10/2023 Nach den verheerenden Überschwemmungen im Swat-Tal im Sommer 2022 schlug die Schweiz der pakistanischen Regierung eine Hochwasseranalyse vor. Die Studie soll der pakistanischen Regierung Expertenwissen für die künftige Hochwassergefährdung vermitteln und bildet eine gute Grundlage dafür, die Behörden und internationale Organisationen beim Wiederaufbau im Tal zu unterstützen.

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Anhang 3

Zielerreichung Aussenpolitische Strategie 2020-2023 APS-Ziel

Zielerreichung

Ziele der APS 20-23 (teilweise verkürzt, Hervorhebung zur einfacheren Übersicht, vollständige Zielformulierungen siehe APS)

Bilanz im Hinblick auf die Ziele der APS 20-23

1. Frieden und Sicherheit 1.1 Die Schweiz wird als nichtständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat gewählt und verfolgt in diesem ein glaubwürdiges Engagement.

Erreicht Die Schweiz wurde in den UNO-Sicherheitsrat gewählt. Schweizer Prioritäten wurden in UNO-Sicherheitsrats-Beschlüsse und Diskussionen eingebracht und relevante Veranstaltungen wurden organisiert. Der Einsitz wird innen- und aussenpolitisch grundsätzlich positiv wahrgenommen.

1.2 Durch aktive Beiträge zur Förderung der Demokratie, Konfliktprävention, Mediation und Konfliktbeilegung und im Kampf gegen die Straflosigkeit gehört die Schweiz zu den weltweit führenden Ländern in der Friedensförderung.

Über ihren für 2021 geplanten Vorsitz im Netzwerk «Frauen, Frieden, Sicherheit» stärkt sie die Rolle der Frauen in der Friedens- und Sicherheitspolitik.

Erreicht Die Schweiz hat jährlich an 17­21 Friedensprozessen mitgewirkt und ihre Expertise wird weiter nachgefragt. Gute Dienste sind allerdings im aktuellen Kontext keine Selbstläufer, sondern verlangen Agilität und Innovation, strategische Geduld und langfristige Investitionen. Während des auf Grund der Covid-19Pandemie auf 2022 verschobenen Vorsitzes im Netzwerk «Frauen, Frieden, Sicherheit» haben sich weitere Länder dem Netzwerk angeschlossen.

1.3 Die Universalität der Menschenrechte stärkt die Schweiz über einen internationalen Rechtsrahmen mit handlungsfähigen Institutionen, insbesondere dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf sowie den Menschenrechtsorganen des Europarates und der OSZE.

Nicht erreicht Die Schweiz leistete auf Basis der Leitlinien Menschenrechte 2021­2024 wertvolle Beiträge für die Stärkung der Universalität der Menschenrechte und für handlungsfähige Institutionen. Dennoch haben die Akzeptanz des Rechtsrahmens und Durchsetzung der Menschenrechte international abgenommen.

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Zielerreichung

1.4 In humanitären Krisen stellt die Schweiz Nothilfe bereit. Sie stärkt ihren Ruf als «Hub» für humanitäre Fragen, insbesondere über das internationale Genf, und entwickelt neue Lösungsansätze für humanitäre Herausforderungen (...).

In Erstaufnahmeregionen fördert sie den Schutz und die nachhaltige Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen und reduziert die Ursachen irregulärer Migration und Flucht.

Erreicht Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine leistete die Schweiz rasch humanitäre Hilfe, indem sie ihre Unterstützung erheblich ausweitete. Am Horn von Afrika stellte sie zusätzliche Mittel bereit und passte ihre laufenden Aktivitäten an, um der unsicheren Ernährungslage zu begegnen. Die Schweiz mobilisierte einen Rekordbetrag von insgesamt mehr als 200 Millionen Franken zur Unterstützung des Welternährungsprogramms in Ländern, die mit Ernährungsunsicherheit konfrontiert sind, insbesondere in Afrika. Im Rahmen der Reorganisation fit4purpose verstärkte die DEZA die Synergien zwischen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit. Die Schweiz war Mitveranstalterin mehrerer humanitärer Konferenzen in Genf.

1.5 Die Schweiz engagiert sich für den Erhalt von Rüstungskontroll- und Abrüstungsabkommen. Sie bekämpft organisierte sowie digitale Kriminalität und Terrorismus, verhindert dessen Export und Unterstützung und engagiert sich im Kampf gegen Menschenhandel und -schmuggel.

Teilweise erreicht Im Kontext eines zunehmenden Drucks auf Rüstungskontrollabkommen verabschiedete der Bundesrat die Strategie Rüstungskontrolle und Abrüstung 2022­2025. Die Schweiz priorisierte in Folge den Erhalt der bestehenden und die Vorbereitung von neuen Abkommen, namentlich zu neuen Technologien. Die Erosion der bestehenden Architektur konnte aber nicht gestoppt werden.

Die Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung wurde weiterhin erfolgreich umgesetzt und das Nationale Zentrum für Cybersicherheit hat seit 2020 die Koordination zur Bekämpfung digitaler Kriminalität verbessert.

Der Nationale Aktionsplan gegen Menschenhandel 2023­2027 ist 2022 erarbeitet und vom Bundesrat verabschiedet worden.

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Zielerreichung

2. Wohlstand 2.1 Die Schweiz setzt sich für die Stärkung einer stabilen, regelbasierten und verlässlichen Handels-, Finanz- und Währungsarchitektur ein. Sie verbessert die Rahmenbedingungen für die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen mit Partnern und sichert ihren Wirtschaftsakteuren einen hindernis- und diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten.

Teilweise erreicht Das bestehende Netz von bilateralen Wirtschaftsabkommen konnte teilweise modernisiert und erweitert werden. Die Finanzarchitektur wurde durch das Projekt der OECD zur Mindestbesteuerung ergänzt, bei dessen Übernahme die Schweiz auf Kurs ist.

Die liberale Weltwirtschaftsordnung bleibt unter Druck und die Unsicherheit betreffend Zugang zum EU-Binnenmarkt bleibt bestehen.

2023 konnten immerhin die WTOVerhandlungen über Investitionserleichterungen für Entwicklung und elektronischen Handel (E-Commerce) in der Substanz finalisiert werden.

2.2 Die Schweiz unterstützt einheimische Unternehmen bedürfnisorientiert und wirkungsvoll bei Auslandaktivitäten über die Instrumente der Handelsdiplomatie und der Exportförderung.

Erreicht Die Instrumente des Bundes haben sich auch in Krisen als gut und effizient erwiesen und wurden weiter ausgebaut, etwa durch die Anstellung von Infrastrukturfachpersonen, die den Zugang zu Infrastrukturprojekten im Ausland verbessert haben.

2.3 Die Schweiz schafft optimale Rahmenbedingungen, um auch künftig in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation weltweit eine Spitzenposition zu belegen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Teilweise erreicht Die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation wurde gemäss den in der BFIBotschaft für den Zeitraum 2021­2024 dargelegten Prioritäten umgesetzt. Eine Assoziierung an Horizon Europe und Erasmus+ wurde nicht erreicht, bleibt aber das erklärte Ziel des Bundesrats.

2.4 Die Schweiz fördert den Marktzugang von Entwicklungsländern und schafft für sie neue wirtschaftliche Möglichkeiten. Sie unterstützt Initiativen des Privatsektors in den Bereichen Zugang zu Kapital, Integration in die Weltwirtschaft, Unternehmertum und Fachkompetenzen, um die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze zu erleichtern.

Teilweise erreicht Der Marktzugang von Entwicklungsländern hat sich durch die Covid-19-Pandemiemassnahmen und infolge von Konflikten verschlechtert. Die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor schreitet indes voran. Die Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM) ist auf Kurs, die vom Bundesrat gesetzten Ziele zu erreichen. Unter anderem konnte sie dank eines Garantieprogramms der DEZA verstärkt in den am wenigsten entwickelten Ländern investieren. Komplementär dazu haben sich DEZA und SECO an der SDG Impact Finance Initative (SIFI) beteiligt, die zur Entwicklung und Skalierung von Impact Finance in Entwicklungsländern dient. Die DEZA hat eine erste Direktinvestition in einen strukturierten Fonds getätigt, der SME in den am wenigsten entwickelten Ländern unterstützt.

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Zielerreichung

2.5 Die Schweiz engagiert sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und leistet einen Beitrag zur Stärkung des gleichberechtigten Zugangs zu einer guten Grundversorgung.

Teilweise erreicht Die Schweiz hat ihr Instrumentarium unter anderem mit der Reorganisation Fit-4-Purpose der DEZA zielorientiert ausgerichtet und leistet wertvolle Beiträge, auch zur Umsetzung der Agenda 2030. Die Schweiz leistet einen Beitrag an die Versorgung mit Wasser- und Energiedienstleistungen. Die Anzahl hungernder Menschen sowie die Ernährungsunsicherheit haben sich jedoch verschlechtert.

3. Nachhaltigkeit 3.1 Die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Boden und Wald sowie der Schutz der Biodiversität sind für die Schweiz zentral. Sie trägt zur Ressourceneffizienz bei. Dabei werden hohe Standards in den Bereichen Chemikalien und Abfall, Rohstoffgewinnung und -handel sowie Infrastruktur angestrebt. Der Bund fördert eine verantwortungsvolle Unternehmensführung und einen nachhaltigen Finanzsektor.

Teilweise erreicht Biodiversitätsverlust und Verschmutzung nehmen global zu. Die Annahme globaler Rahmenwerke zum Erhalt der Biodiversität, zum Schutz der Biodiversität auf Hoher See sowie zum sicheren internationalen Chemikalienmanagement schaffen zukunftsgerichtete Bedingungen, die Umsetzung der Agenda 2030 weiter voranzubringen. Auch die laufenden Verhandlungen zu einem Plastikabkommen und einem wissenschaftlichen Beirat zu Umweltverschmutzung sind auf Kurs. Die Schweiz hat ausserdem Massnahmen zur Stärkung der verantwortungsvollen Unternehmensführung getroffen.

3.2 Die Schweiz trägt zur wirksamen Umsetzung des Pariser Klimaübereinkommens sowie zur schrittweisen Erhöhung der nationalen Klimaziele bei, um die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Entsprechend ihren Verpflichtungen unterstützt sie Entwicklungsländer bei der Umsetzung multilateraler Umweltabkommen (...). Sie unterstützt diese Länder auch in der Katastrophenvorsorge.

Teilweise erreicht Die Schweiz hat sich an der UNOKlimakonferenz weiter für die Stärkung des multilateralen Klimaregimes eingesetzt. In der Entwicklungszusammenarbeit und der Katastrophenvorsorge wurden insbesondere die ärmsten Entwicklungsländer unterstützt.

3.3 Über das internationale Engagement sollen der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsrisiken erhöht, der Zugang zu sicheren und nachhaltig finanzierbaren Heilmitteln sichergestellt und nachhaltige nationale Gesundheitssysteme gefördert werden. Die Schweiz will die Gouvernanz in der globalen Gesundheitsordnung fördern und zur Weiterentwicklung der internationalen Suchtpolitik beitragen.

Teilweise erreicht Die Schweiz brachte sich insbesondere in den Bereichen Gouvernanz, Prävention und Pandemievorbereitung ein, unter anderem durch Einsitznahme im WHO Exekutivrat (2023­2026), im Global Fund, bei UNAIDS, der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI) oder der UNO-Suchtstoffkommission.

Weiter verabschiedete der Bundesrat den Bericht über Massnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung von Zoonosen und zur Bekämpfung ihrer Ursachen (Postulat 20.3469).

Allerdings reichen die derzeitigen Massnahmen nicht aus, um die Klimaerwärmung auf 1.5 Grad Celsius begrenzen zu können.

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Zielerreichung

3.4 Die Schweiz positioniert sich mit ihrer Strategie zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes in einem internationalen Kontext der zunehmenden Gefährdung des Kulturerbes aufgrund von bewaffneten Konflikten oder Naturkatastrophen.

Der Bund begleitet die verschiedenen Förderbereiche der Kulturpolitik im Ausland wie Filmförderung, Schweizerschulen und Kulturgütertransfer. Auf multilateraler Ebene strebt die Schweiz eine Beteiligung an Programmen der EU an, ist aktives Mitglied des UNESCOExekutivrates und konsolidiert den Platz der Kultur im Europarat.

Erreicht Im Exekutivrat der UNESCO unterstützte die Schweiz eine wirksame Weiterverfolgung der Ziele der MONDIACULT-Konferenz als globale Kulturagenda. Der Krieg gegen die Ukraine hat erneut gezeigt, wie wichtig die Schweizer Strategie zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes und der Unterstützung der UNESCO-Kulturkonventionen ist. Im Europarat hat sich die Schweiz 2023 insbesondere am Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs in Reykjavik dafür eingesetzt, dass die Kultur gestärkt und die soziale Polarisierung reduziert werden.

3.5 Das Potenzial der Städte als aussenpolitische Akteure Akteurinnen nutzt die Schweiz über Partnerschaften im In- und Ausland. Sie verstärkt den Dialog, besonders im Nachhaltigkeitsbereich, mit relevanten Städte-netzwerken oder über UN-Habitat. Dabei bekämpft sie negative Umweltentwicklungen sowie die Folgen von Konflikten für die Städte.

Erreicht Die Schweiz konnte sowohl institutionell wie auch durch Projekte Akzente setzen. Sie stärkte die Städtegouvernanz durch die Finanzierung von Entwicklungsprogrammen und die aktive Mitwirkung in den politischen Entscheidorganen der UN-Habitat. Die Schweiz gehörte zu deren grossen Geberstaaten.

4. Digitalisierung 4.1 Die Schweiz bringt Akteure aus allen Anspruchsgruppen zusammen, um die Verantwortlichkeiten im digitalen Raum zu klären und neue Gouvernanzmodelle zu entwickeln. Als Brückenbauerin spielt sie eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Empfehlungen des hochrangigen Panels des UNOGeneralsekretärs zur digitalen Kooperation.

Erreicht Die Schweiz zeigte, dass sie als Zentrum für die UNO-Aktivitäten im Zusammenhang mit dem künftigen GDC eine zentrale Rolle spielt und betonte insbesondere die Bedeutung des Multi-Stakeholder-Ansatzes. Sie setzte sich namentlich dafür ein, dass das UN Internet Governance Forum auch in Zukunft im Mittelpunkt des Prozesses zur Schaffung und follow-up eines solchen Paktes steht.

4.2 Die Schweiz setzt sich für geeignete Rahmenbedingungen einer globalen Digitalisierungs- und Datenpolitik ein, die Zugang zu und die Nutzung von Daten zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung fördern (...). Die Schweiz schafft dazu ein internationales Netzwerk zur Förderung der digitalen Selbstbestimmung. Sie entwickelt die Zusammenarbeit mit der EU weiter und nutzt so die Chancen eines europäischen Datenraums und eines digitalen Binnenmarktes.

Teilweise erreicht Die globalen Interessenunterschiede verhindern eine effektive Digitalisierungs- und Datenpolitik auf globaler Ebene. Der Bericht des Bundesrats «Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung» schafft die Grundlagen für eine Datenpolitik, die international anschlussfähig ist. Das internationale Netzwerk und dessen weiteren Ausbau ist dabei von zentraler Bedeutung. In den Verhandlungen des Europaratskommitees zum ersten verbindlichen internationalen Abkommen zu KI spielte die Schweiz eine Schlüsselrolle.

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Zielerreichung

4.3 Die Schweiz fördert die Rolle Genfs als Zentrum der globalen Digital- und Technologiepolitik. Sie stärkt existierende Foren wie die Geneva Internet Plattform, die Stiftung GESDA oder den «Geneva Dialogue». Auch mit Forschungsinstituten anderer Kantone wird die Zusammenarbeit verstärkt.

Erreicht Das internationale Genf hat sich mit neuen Initiativen erfolgreich als globales Zentrum für Digitalisierung und neue Technologien positioniert. Die Stiftung GESDA hat auf der Basis ihrer Antizipationsarbeiten Lösungsvorschläge in vier Bereichen vorgelegt. Der Geneva Dialogue on Responsible Behaviour in Cyberspace bindet den Privatsektor in die Umsetzung der staatlichen Vereinbarungen zu Cybersicherheit ein. Die Geneva Internet Platform hat ihr unabhängiges Informationsangebot zu Digitalisierungsthemen ausgebaut.

4.4 Die Schweiz baut ihr Profil im Bereich der Digitalaussenpolitik aus. Sie unterstützt internationale Vertrauensbildung zur Minimierung der Risiken. Das Prinzip «Recht vor Macht» gilt auch virtuell, weshalb sie Initiativen zur Klärung der Anwendung des Völkerrechts im Cyberraum fördert.

Erreicht Die Schweiz hat im Rahmen der UNOArbeitsgruppe Cybersicherheit konkrete Vorschläge für substantielle Diskussionen zum Völkerrecht gemacht, die in den beiden Fortschrittsberichten 2022 und 2023 aufgenommen wurden. In der OSZE hat sie, zusammen mit Deutschland, ein Konsultationsverfahren zur Verminderung politischer oder militärischer Spannungen bei Cybervorfällen entwickelt.

4.5 Die Schweiz unterstützt Entwicklungsländer in der Anwendung neuer Technologien sowie im Umgang mit deren Risiken (...). In Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnern wie dem IKRK erarbeitet sie Rahmenbedingungen für den Schutz von digitalen humanitären Daten.

Erreicht Die Schweiz nutzt das Potential der Digitalisierung für die Erreichung der SDG. In der Ukraine hatten die Projekte für die Digitalisierung im Service Public bereits einen positiven Einfluss auf die Resilienz. Im Rahmen der Blue Peace Initiative stärkt die Anwendung digitaler Daten in Zentralasien die effiziente und strategische Nutzung hydrometeorologischer Analysen. In Zusammenarbeit zwischen dem OCHA und dem IKRK wurde ein institutioneller Rahmen für den verantwortungsvollen Datenaustausch zwischen humanitären Organisationen und Gebern entwickelt, der auch als Grundlage für Ausbildungen dient.

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Zielerreichung

5. Europa 5.1 Die Schweiz konsolidiert durch den Abschluss eines InstA den EU--Binnenmarktzugang sowie den bilateralen Weg insgesamt und ermöglicht dessen Weiterentwicklung durch den Abschluss neuer Marktzugangsabkommen. Für den Fall eines Ausbleibens einer Einigung über das InstA entwickelt die Schweiz zeitgerecht konkrete Massnahmen in den sektoriellen Bereichen der Zusammenarbeit mit der EU, um unerwünschte negative Folgen abzufedern.

Nicht erreicht Der Bundesrat entschied 2021, das institutionelle Abkommen nicht abzuschliessen. Er ergriff verschiedene Massnahmen, um unerwünschte negative Folgen abzufedern ­ u. a.

beantragte er im August 2021 dem Parlament die Freigabe des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Ab März 2022 bis Oktober 2023 sondierte er mit der EU zum neu von ihm vorgeschlagenen Paketansatz. Mit der Einsetzung einer Projektorganisation zur politischen und inhaltlichen Steuerung der Sondierungsgespräche konnte der Bundesrat die Kohärenz in der Europapolitik auch innenpolitisch stärken. Ende 2023 verabschiedete er einen Entwurf für ein Verhandlungsmandat. Auch wenn der Bundesrat seine Ziele für die Legislatur 2019-2023 verfehlte, liegen damit nun gute Voraussetzungen für eine Verhandlungslösung vor.

5.2 Die Schweiz schliesst die laufenden Verhandlungen, insbesondere in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und öffentliche Gesundheit, mit der EU ab und sichert die Beteiligung an EUProgrammen, insbesondere in den Bereichen Forschung und Innovation.

Nicht erreicht Auf Grund der inhaltlichen Verknüpfung mit den institutionellen Fragen durch die EU und des Entscheids des Bundesrates vom 21. Mai 2021, das institutionelle Abkommen nicht abzuschliessen, konnten diese Verhandlungen mit der EU nicht weitergeführt werden. Diese Themen sind neu Teil des Paketansatzes des Bundesrats.

5.3 Die Schweiz nutzt ihre Assoziierung an Schengen/Dublin, um ihre Interessen in der Bekämpfung von Kriminalität und irregulärer Migration sowie beim Grenzschutz auf europäischer Ebene einzubringen. Sie stärkt die Sicherheit der Schweiz und Europas mit der Übernahme und Umsetzung von SchengenWeiterentwicklungen.

Erreicht Die Bundesversammlung genehmigte diverse Schengen-Weiterentwicklungen, insbesondere zur Modernisierung der IT-Architektur zum Schutz des Schengen-Raums. Zudem hatte die Schweiz gestützt auf ihre Schengen-Mitwirkungsrechte u. a. Zugang zu Covid- und Ukraine-Krisenformaten der EU. 2022 wurden ausserdem das Prümer-Abkommen und das Eurodac Protokoll, die die Schengen/DublinZusammenarbeit ergänzen, ratifiziert.

5.4 Zur Gewährleistung der Kohärenz ihrer Europapolitik prüft die Schweiz, wo sinnvoll, ihre Aussenpolitiken auf ihr Verhältnis zu den europapolitischen Kernzielen, schafft Koordinationsinstrumente und führt einen regelmässigen Dialog mit der EU (...).

Erreicht Die Schweiz führt regelmässig aussen- und sicherheitspolitische Konsultationen mit der EU. Die Europapolitik fliesst nach Bedarf stets auch in die Schweizer Aussenpolitik ein, bspw. in der Besuchsdiplomatie.

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Zielerreichung

5.5 Bestehende gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem UK sind im Rahmen der Umsetzung der Mind-the-Gap-Strategie soweit als möglich rechtlich zu sichern. Das bilaterale Verhältnis zwischen der Schweiz und dem UK wird vertieft und ausgebaut (Mind-the-Gap-Plus).

Erreicht Die bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem UK konnten gesichert und in Kernbereichen (Handel, Finanzdienstleistungen, Forschung und Innovation, Mobilität) ausgebaut werden.

6. Weitere Regionen und globale Schwerpunktländer 6.1 Südosteuropa, Osteuropa und angrenzende Regionen: Die Schweiz pflegt eine kritisch-konstruktive Dialogpolitik mit Russland und der Türkei. Sie verstärkt das Engagement in den Ländern Osteuropas mit dem Ziel, die Eigenständigkeit dieser Staaten zu stärken.

Solange Russland und Georgien keine diplomatischen Beziehungen pflegen, steht die Schweiz bereit, die Kommunikation zwischen diesen Staaten über ein Schutzmachtmandat aufrechtzuerhalten.

Teilweise erreicht Während die Schweiz vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs die Dialoge mit der Türkei vertieft hat, wurde die Dialogpolitik mit Russland nicht wie bisher fortgesetzt. Durch den Ausbau ihres IZA-Engagements und die Übernahme von EU-Sanktionen hat die Schweiz die Eigenständigkeit der Ukraine und Moldau gestärkt. Die Schweiz vertritt weiterhin die Interessen Georgiens in Russland und Russlands in Georgien.

6.2 Subsahara-Afrika: Die Schweiz formuliert eine Strategie für Afrika. Sie baut die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union aus und festigt damit ihre partnerschaftlichen Beziehungen mit den Ländern Afrikas ­ auch im Hinblick auf die Mitgliedschaft der Schweiz im UNOSicherheitsrat.

Erreicht Die Subsahara-Afrika-Strategie 2021­2024 wurde im Januar 2021 vom Bundesrat verabschiedet. Sie trägt zum gestärkten Profil der Schweizer Afrikapolitik bei. Die Strategie diente angesichts der grossen Umwälzungen auf dem Kontinent als strategische Richtschnur. Im UNO-Sicherheitsrat arbeitet die Schweiz partnerschaftliche mit afrikanischen Staaten zusammen, beispielsweise durch die Ko-Federführung mit Ghana zum UNO-Büro für Westafrika und den Sahel.

6.3 MENA-Region: Die Schweiz erarbeitet eine Strategie für die Region und legt neben der Einhaltung von Völkerrecht und Menschenrechten einen verstärkten Akzent auf die wirtschaftliche Entwicklung und die beruflichen Perspektiven für junge Menschen. Sie fördert günstige Rahmenbedingungen für Schweizer Unternehmen. In der gesamten Region führt sie das Angebot der guten Dienste weiter, insbesondere bezüglich der Schutzmachtmandate für den und gegenüber dem Iran.

Erreicht Die MENA-Strategie 2021­2024 ist die erste vom Bundesrat im Rahmen der Kaskade verabschiedete geografische Strategie. Sie dient als zielgerichtetes Instrument zur Wahrung der Schweizer Interessen in der Region und trägt zu einer kohärenten Aussenpolitik bei. Die Schweiz förderte günstige Rahmenbedingungen für Schweizer Unternehmen in den wirtschaftlich attraktiven Märkten der MENARegion und unterstützte die Entwicklung beruflicher Perspektiven für junge Menschen vor Ort mit Kooperationsprogrammen. Im Rahmen ihrer Guten Dienste trug die Schweiz zu Dialog und Stabilität in der Region bei und unterstützte über ihre Schutzmachtmandate die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien.

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Zielerreichung

6.4 Asien: Die Schweiz erneuert ihre ChinaStrategie und schafft interdepartementale Koordinationsgremien, welche die Kohärenz stärken. Im Rahmen der «Belt and Road Initiative» (BRI) setzt sie sich für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Teilnahme von Schweizer Unternehmen an BRI-Projekten ein.

Gleichzeitig engagiert sie sich für eine Ausrichtung der BRI an den Werten und Zielen der etablierten multilateralen Organisationen und Institutionen.

Weiter baut die Schweiz ihre Zusammenarbeit mit der ASEAN punktuell weiter aus.

Teilweise erreicht Die China-Strategie 2021­2024 wurde verabschiedet, die neu geschaffene interdepartementale Arbeitsgruppe trifft sich regelmässig. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen blieb die Beteiligung von Schweizer Unternehmen an der BRI aus. Die strategische Dialogpartnerschaft mit der ASEAN wurde mit der Verabschiedung der Südostasien-Strategie 2023­2026 und der Vereinbarung von Practical Cooperation Areas 2022­2026 weiter gestärkt.

6.5 Amerikas: Die Schweiz setzt sich für eine Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen (Handel, Investitionen, Steuern, Innovation) ein mit dem Ziel, die teils engen wirtschaftlichen Beziehungen weiter auszubauen. Mit vielen Staaten in der Region teilt sie eine multilaterale like-mindedness; sie wird sich gemeinsam mit diesen für die eigenen multilateralen Prioritäten einsetzen.

Erreicht Mit der Amerikas-Strategie 2022­2025 hat der Bundesrat die Konturen seiner Politik gegenüber dieser Region geschärft. Die Schweiz hat die Beziehungen, insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen, zu Ländern Amerikas intensiviert. Sie hat in verschiedenen Gremien, unter anderem im UNOSicherheitsrat, eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Staaten der Region aufgebaut.

7. Multilateralismus 7.1 Die Schweiz stärkt die Reformbemühungen der UNO. Sie arbeitet gezielt in Allianzen, die sich für den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten einsetzen und die mehr Rechenschaft und Transparenz in den Arbeitsmethoden des UNOSicherheitsrates einfordern.

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Erreicht Die Schweiz setzte sich konsequent für die Umsetzung von Reformen ein. Wegen anhaltender geopolitischer Spannungen gestaltete sich die multilaterale Zusammenarbeit jedoch auch im Reform-Bereich als herausfordernd.

Auf Basis von ihrer langjährigen Erfahrung nutzte die Schweiz ihren Einsitz als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat um für den Schutz der Zivilbevölkerung einzustehen.

Die Schweiz setzte sich ausserdem für die Verbesserung der Arbeitsmethoden und die Transparenz des Rates ein, unter anderem durch den Einbezug der Zivilgesellschaft.

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Zielerreichung

7.2 Die Schweiz nutzt die strategische Partnerschaft mit dem IKRK, um dem humanitären Völkerrecht Geltung zu verschaffen, und setzt sich für einen leistungsfähigen Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ein. Sie engagiert sich für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Weltbank und der UNO, um den Grundursachen von Fragilität und Gewalt entgegenzutreten.

Teilweise erreicht Im Kontext der russischen Aggression gegen die Ukraine setzte sich die Schweiz konsequent für den Respekt des humanitären Völkerrechts und die strafrechtliche Aufarbeitung schwerster Verbrechen ein. Generell stärkte sie den IStGH, z. B. durch die Entsendung von Expertinnen und Experten. Das IKRK wurde von der Schweiz finanziell stabilisiert, damit es sein Mandat weiter erfüllen kann. Trotz vielfältiger Schweizer Beiträge und Massnahmen steht es jedoch schlecht um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, wie die Entwicklungen in Nahost Ende 2023 zeigten.

7.3 Die Schweiz nutzt die Gelegenheit, sich als Gastland in den Arbeiten der G20 einzubringen und die Beziehung zu diesem Forum zu stärken.

Erreicht Die Mitwirkung der Schweiz am Finance Track der G20 hat sich etabliert ­ die Schweiz konnte im Berichtszeitraum immer mitarbeiten. Sie nahm auch weitere Gelegenheiten wahr, sich in der G20 einzubringen.

7.4 Die Schweiz stärkt ihre Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit als Gaststaat.

Der Fokus liegt dabei auf der Universalisierung der diplomatischen Vertretungen, der Durchführung von internationalen Konferenzen und Friedensgesprächen sowie auf der Positionierung bei Zukunftsthemen.

Teilweise erreicht Trotz der zunehmenden Konkurrenz anderer Staaten bei der Ansiedlung internationaler Organisationen oder der Durchführung von Konferenzen sowie der geopolitischen Herausforderungen bleibt die Schweiz ein attraktiver Gaststaat. Neben dem Gipfeltreffen Biden-Putin fanden in der Schweiz mehrere Treffen von Friedensprozessen statt, namentlich im Zusammenhang mit dem Jemen, Libyen und Syrien. Antigua und Barbuda, Samoa und Surinam haben in Genf eine Vertretung eröffnet.

Ausserdem war die Schweiz Gastgeberin zahlreicher Konferenzen (auch während der Pandemie), darunter das Globale Flüchtlingsforum im Dezember 2023.

7.5 Die Schweiz strebt vermehrt themen-, sach- und regionenbezogene diplomatische Initiativen mit gleichgesinnten Staaten und Staatengruppen an.

Erreicht Im multilateralen Bereich hat die Schweiz in den letzten vier Jahren zusammen mit gleichgesinnten Staaten zahlreiche Initiativen vorangetrieben, beispielsweise die erste Resolution zu Covid-19 in der UNOGeneralversammlung, mehrere Resolutionen zur Abschaffung der Todesstrafe im Menschenrechtsrat und der Generalversammlung sowie der Lancierung von gemeinsamen Verpflichtungen für Klima, Frieden und Sicherheit im Sicherheitsrat.

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Zielerreichung

8. Aussennetz und bürgernahe Dienstleistungen 8.1 Die Schweiz unterhält ein optimal aufgestelltes Aussennetz als Grundlage für ihre Aussenpolitik. Sie überprüft Standorte und Aufgaben der rund 170 Vertretungen regelmässig. Die Zusammenarbeit mit allen Akteurinnen und Akteuren, ob aus Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft oder anderen Bereichen, wird im Aussennetz systematisch im Sinne des One Switzerland-Ansatzes gefördert.

Erreicht Die Überprüfung der Standorte und Aufgaben der Schweizer Aussennetzes ist ein fortlaufender Prozess. Dieser manifestiert sich in den verschiedenen, zwischen 2020 und 2023 vollzogenen Öffnungen, Schliessungen und Umwandlungen von Vertretungen. Mittels des Projekts Rebalance hat das EDA die Anzahl versetzbarer Mitarbeitender im Aussennetz substantiell erhöht. An rund 50 Standorten sind ein oder mehrere bundesnahe Partner in die Vertretung integriert. An rund 80 Standorten sind weitere Akteure der Bundesverwaltung präsent. Sie bilden einen elementaren Pfeiler des One-Switzerland-Ansatzes des Aussennetzes.

8.2 Der Bund achtet beim Personal auf eine repräsentative Vertretung der Bevölkerung auf allen Hierarchiestufen. Flexible Arbeitsmodelle und die Vereinbarkeit von Beruf und anderen Lebensbereichen werden gefördert und das Personal regelmässig weitergebildet.

Die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Berufskarrieren wird erhöht.

Teilweise erreicht Die Förderung der Diversität ist eine Priorität im EDA. Seit Anfang 2022 verfügt das EDA über einen Aktionsplan Chancengleichheit.

Beim oberen Kader und im Topkader steigt der Anteil der Frauen kontinuierlich an. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und anderen Lebensbereichen fördert das EDA das flexible Arbeiten. Das EDA entwickelte sein Ausbildungsangebot stetig weiter, insbesondere auch mit Online-Formaten, verfügt über Grundsätze für die Durchlässigkeit und flexibilisiert die Laufbahnen schrittweise.

8.3 Die Schweiz fördert das Konzept «nachhaltiger Vertretungen». Der Bundesrat engagiert sich für eine Reduktion des CO2-Ausstosses durch die verstärkte Nutzung von Videokonferenzen, durch ein gut aufgestelltes Aussennetz sowie durch die Einsparung von Flügen.

Er setzt sich auch in der Aussenpolitik für seine Umweltziele ein und achtet auf seine Umweltbilanz.

Erreicht Das EDA hat mehrere Initiativen zur Förderung der Nachhaltigkeit im Aussennetz und an der Zentrale lanciert. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik hat das EDA ein Pilotprojekt initiiert, um den ökologischen und energetischen Fussabdruck der Schweizer Auslandvertretungen zu erfassen.

Das Ziel, den CO2-Ausstoss der über die Bundesreisezentrale gebuchten Flugreisen im Vergleich zu 2019 um 3 Prozent pro Jahr zu senken, wurde erreicht.

8.4 Das Krisenmanagementzentrum des EDA stärkt die Krisenmanagementkapazitäten und die Sicherheitskultur (...).

Die Sicherheit der Vertretungen wird regelmässig überprüft und durch neue Technologien unterstützt. In speziell schwierigen Kontexten kommen Sicherheitsfachleute zum Einsatz.

Erreicht Die Kapazitäten wurden gestärkt, unter anderem durch Anpassung der Ausbildungskurse und Entsendung von mehr regionalen Sicherheitsberatern in die fragilsten Regionen sowie die Digitalisierung des Krisen- und Sicherheitsmanagements im Aussennetz.

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Zielerreichung

8.5 Als wichtiger Wissenschafts- und Innovationsstandort unterhält die Schweiz alleine oder mit Partnern ein Angebot, das konsequent die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt. Das Online- und Mobile-Angebot im Bereich der Konsulardienstleistungen wird kontinuierlich ausgebaut. Zentrale Bedeutung kommt dabei einer sicheren, vertrauenswürdigen elektronischen Identifizierung der Kundinnen und Kunden zu.

Erreicht Wichtige Digitalisierungs-Projekte konnten umgesetzt werden (Travel Admin Web; neue mobile Passstationen; Lancierung von SwissInTouch, der App für die Auslandschweizergemeinschaft). Zudem wurden die Rahmenbedingungen für den nächsten Ausbauschritt sichergestellt (Hub consulaire). Die bestehenden Identifikationslösungen funktionieren, eine breit etablierte elektronische Identifikation dürfte die Benutzerfreundlichkeit künftig weiter erhöhen.

9. Kommunikation 9.1 Der Bundesrat sorgt für eine transparente, zeitnahe, proaktive und qualitätsgesicherte Kommunikation über seine Aussenpolitik und achtet auf die Kohärenz der Kommunikation im In- und Ausland.

Erreicht Die Kommunikation zu aussenpolitischen Geschäften des Bundesrates, etwa zum Verhältnis Schweiz-EU oder im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine, wurde frühzeitig mit der Bundeskanzlei und anderen beteiligten Departementen koordiniert. Die konkrete Umsetzung der Kommunikation orientiert sich immer auch an den Schwerpunkten der Aussenpolitischen Strategie 2020­2023 des Bundesrates.

9.2 Das kommunikative Potenzial der sozialen Medien wird sowohl an der Zentrale als auch im Aussennetz systematischer ausgeschöpft. Damit werden der Erklärungsbedarf in der Schweiz abgedeckt und die Kommunikationsbedürfnisse vor Ort sowie die Umsetzung der aussenpolitischen Strategie und der Strategie Landeskommunikation unterstützt.

Erreicht Dank den Vertretungen ist der Bund weltweit auf Social-Media-Kanälen präsent. Die Verantwortung für die Nutzung der Social-MediaKanäle und die publizierten Inhalte liegt bei den Vertretungen. Die Kohärenz der Kommunikation wird durch regelmässige Koordinationssitzungen zwischen Zentrale und Aussennetz sichergestellt. Ebenso spricht das EDA die Social-Media-Kommunikation zu zentralen aussenpolitischen Themen mit der Bundeskanzlei ab, um die bestmögliche Social-Media-Kommunikation auf Ebene Departement und Bundesrat umzusetzen.

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BBl 2024 413

APS-Ziel

Zielerreichung

9.3 Das EDA pflegt den Austausch mit der Bevölkerung zur schweizerischen Aussenpolitik und Diplomatie. Hierzu führt es das Pilotprojekt Meet the Ambassadors aus dem Jahr 2019 weiter.

Teilweise erreicht Der direkte Austausch mit der Bevölkerung wird durch den Vortragsservice oder durch Ausstellungen zu spezifischen aussenpolitischen Themen gefördert. So hat das EDA für das Projekt «Offene Bundesmeile» aus Anlass von 175 Jahren Bundesverfassung Präsentationsformate kreiert (z. B. zu konsularischen Dienstleistungen oder zur Diplomatie im Wandel der Zeit,). Diese stiessen auf grosses Interesse und sollen auch künftig im direkten Kontakt mit der Bevölkerung angeboten werden.

Dank der gegenüber dem Projekt Meet the Ambassadors geringeren Komplexität können diese Formate rascher und flexibler eingesetzt werden (z. B. zu Ferienbeginn an Schweizer Flughäfen). Die Kontakte waren während der Pandemie allerdings eingeschränkt.

9.4 Auftritte der Schweiz an internationalen Grossveranstaltungen werden unter Einbezug von Partnerinnen und Partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Tourismus, Sport, Kultur und Gesellschaft genutzt. Dazu gehören insbesondere der Auftritt des House of Switzerland an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und 2022 in Peking sowie die Teilnahme an der Expo 2020 in Dubai.

Das WEF wird nach dem erfolgreichen Projekt im Jahr 2019 verstärkt als Plattform für die Landeskommunikation genutzt.

Erreicht Die Schlussbilanz des Auftritts der Schweiz an der Expo Dubai ist positiv. Das House of Switzerland konnte als Plattform für Treffen, Gespräche und Veranstaltungen etabliert werden und hat sich zu einer Visitenkarte für die Schweiz entwickelt. Auf die geplanten Auftritte an den Olympischen Spielen in Tokio und Peking musste pandemiebedingt verzichtet werden. Stattdessen konnten Präsenzen des House of Switzerland z. B. in Stuttgart und Mailand organisiert werden. Die Präsenz der Schweiz am WEF wurde gestärkt.

9.5 In enger Zusammenarbeit mit den Partnerinnen und Partnern werden Landeskommunikationskampagnen zu Themen wie den Beziehungen Schweiz­EU, der Schweiz als bedeutendem «Hub» für Innovation, der Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat sowie zur Umsetzung der Agenda 2030 konzipiert. Diese Kampagnen ergänzen und verstärken die geltenden Strategien in den jeweiligen Themenbereichen.

Teilweise erreicht Die Bilanz des Instruments der Kampagnen ist insgesamt positiv. Dies bestätigen auch die involvierten Partner. Dank der engeren Zusammenarbeit wurden Synergien geschaffen und die Wirkung der Kommunikationsmassnahmen erhöht. So konnte etwa im Bereich Innovation mit der swisstech-Kampagne ein starkes Kommunikationsökosystem geschaffen werden. Auch die Kandidatur für den UNOSicherheitsrat wurde unterstützt. Gleichzeitig zeigte sich, dass sich nicht alle Themen gleichermassen für eine Kampagne eignen und die Organisationsform spezifisch auf das Thema und die beteiligten Akteure ausgerichtet werden muss.

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