BBl 2024 www.fedlex.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

24.016 Botschaft zum Bundesgesetz über die Massnahmen zur finanziellen und administrativen Entlastung ab 2025 (Teilrevision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes) vom 1. März 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Massnahmen zur finanziellen und administrativen Entlastung ab 20251 (Teilrevision des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2017

M 17.3259

Gebundene Ausgaben reduzieren (N 14.6.17, Finanzkommission NR; S 19.9.17)

2022

M 22.4273

Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen (S 28.2.23, Finanzkommission SR; N 14.6.23)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. März 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Übersicht Im Bundeshaushalt zeichnen sich für die nächsten Jahre grosse strukturelle Defizite ab, die die Einhaltung der Schuldenbremse gefährden würden. Der Bundesrat hat bereits Entlastungsmassnahmen beschlossen. Mit dieser Vorlage unterbreitet er dem Parlament diejenigen Massnahmen, die Gesetzesänderungen erfordern. Der Haushalt wird in den Jahren 2025 und 2026 damit jeweils um rund 600 Millionen Franken entlastet.

Ausgangslage Der Druck auf den Bundeshaushalt wird in den kommenden Jahren zunehmend grösser: Neben der raschen Erhöhung der Armeeausgaben werden namentlich die Ausgaben für die AHV und für die Gesundheit aufgrund der demografischen Entwicklung weiterhin stark wachsen. Zudem werden anhaltend hohe Ausgaben für die Schutzsuchenden aus der Ukraine erwartet. Hinzu kommen mögliche Mehrausgaben unter anderem in Zusammenhang mit den Beziehungen zur EU, dem in den nächsten Jahren mitzufinanzierenden Wiederaufbau der Ukraine und dem Ausbau des Klimaschutzes.

Daraus ergeben sich für die kommenden Jahre strukturelle Defizite in Milliardenhöhe und ein erheblicher Bedarf für eine Priorisierung. Das ordentliche Einnahmenwachstum genügt nicht, um alle genannten Ausgaben zu finanzieren. Eine weitere Neuverschuldung lässt die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die verlangt, dass die ordentlichen Ausgaben und Einnahmen des Bundes über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen sind, nicht zu. Ausserordentlichkeit dient in Krisensituationen vorübergehend als Ventil; ausserordentlicher Zahlungsbedarf darf aber nicht geltend gemacht werden, um damit (neue) Daueraufgaben oder steuerbare Mehrausgaben zu finanzieren.

Inhalt der Vorlage Die Vorlage beinhaltet finanzielle und administrative Massnahmen zur Entlastung des Bundeshaushalts. Namentlich soll im Arbeitslosenversicherungsgesetz eine Kürzung des Bundesbeitrags an die Arbeitslosenversicherung in den Jahren 2025­2029 um insgesamt 1,25 Milliarden Franken ermöglicht werden. Eine Ventilklausel stellt dabei sicher, dass die Arbeitslosenversicherung aufgrund der Kürzung nicht in eine finanzielle Schieflage gerät. Die Vorlage leistet mit der vorübergehenden Kürzung des Bundesbeitrags an die Arbeitslosenversicherung einen wesentlichen Beitrag, um die strukturellen Defizite ab 2025 zu bereinigen. Sie ist notwendig, um die Schuldenbremse einzuhalten. Sie
reicht aber nicht aus, um den Haushalt längerfristig zu stabilisieren. Zudem soll künftig auf die Vorgaben zur Ausgestaltung der Leistungsvereinbarungen zwischen Departementen und Verwaltungseinheiten verzichtet werden.

Dazu muss das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz angepasst werden.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Im Januar 2023 ergaben die Ausgaben- und Einnahmenschätzungen der eidgenössischen Finanzverwaltung strukturelle Defizite von 2 Milliarden Franken für das Jahr 2024 und 3 Milliarden Franken ab 2025. Der Bundesrat hat zwischen Ende Januar 2023 und Anfang März 2024 im Rahmen der Bereinigung der Voranschläge 2024 und 2025 verschiedene Massnahmen zur Beseitigung der strukturellen Defizite beschlossen (siehe Ziff. 1.2). Diese Massnahmen entlasten den Bundeshaushalt um rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. Dennoch bleibt der Haushalt auch in den nächsten Jahren mit Defiziten, die sich auf über 3 Milliarden Franken belaufen könnten, strukturell unausgeglichen, da gewisse Entlastungsmassnahmen zeitlich befristet sind und die Ausgaben bei unveränderter Politik weiter stark steigen werden. Der Bundesrat will deshalb in der Legislatur 2023­2027 weitere Massnahmen zur Stabilisierung des Bundeshaushalts präsentieren.

1.1.1

Einnahmen

Die ordentlichen Einnahmen dürften in den nächsten Jahren im Durchschnitt um rund 2 Milliarden Franken pro Jahr wachsen. Dieser Zuwachs ist fast ausschliesslich auf das Wachstum der betragsmässig grössten Fiskaleinnahmen (direkte Bundessteuer, Mehrwertsteuer, Verrechnungssteuer) zurückzuführen. Ein deutlich geringeres Wachstum ist dagegen bei den Einnahmen aus den Stempelabgaben und den Verkehrsabgaben zu verzeichnen. Rückläufig oder stagnierend entwickeln sich die Einnahmen aus den übrigen Verbrauchssteuern, darunter die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und aus der Tabaksteuer, sowie naturgemäss die Einnahmen aus den Lenkungsabgaben. Bei den nichtfiskalischen Einnahmen (u. a. aus Regalien und Konzessionen, Finanzeinnahmen) wird ein Wachstum von 1 bis 1,5 Prozent pro Jahr angenommen. Für die Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wird unterstellt, dass die Grundausschüttung mit einem Bundesanteil von 0,7 Milliarden Franken erfolgen kann. Das Wachstum der Einnahmen, die in der Bundeskasse bleiben und nicht zweckgebunden sind oder gesetzlich Dritten zugewiesen werden, beträgt pro Jahr rund 1,7 Milliarden Franken.

Die Prognose der Einnahmen ist mit Unsicherheiten verbunden. Für das jeweilige Voranschlagsjahr erfolgt die Schätzung rund zwanzig Monate vor Abschluss des betreffenden Rechnungsjahres anhand der aktuellsten volkswirtschaftlichen Prognose.

Daneben müssen auch Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, deren finanzielle Auswirkungen oft nur schwer voraussehbar sind.

Zusätzliche Einnahmen werden ab 2026 aus der Mindeststeuer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20-Staaten sowie ab 2030 aus der geplanten Abgabe auf Elektrofahrzeugen (in Ergänzung zur Mineralölsteuer, die mit zunehmender Elektrifizierung des Verkehrs erodiert) erwar3 / 20

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tet. In welcher Höhe diese Mehreinnahmen anfallen, ist indes noch unsicher. Trotz dieser neuen Einnahmequellen dürfte das Wachstum der Einnahmen des Bundes längerfristig leicht unter dem durchschnittlichen Wachstum des nominalen Bruttoinlandprodukts (2,5 %) liegen.

Die Qualität der Einnahmenschätzungen wurde seit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 wesentlich verbessert. Jährlich wird im Rahmen der Staatsrechnung der durchschnittliche Prognosefehler für die ordentlichen Einnahmen berechnet. Dieser liegt im Schnitt der Jahre 2003 bis 2023 bei 1,1 Prozent (Mehreinnahmen im Vergleich zum Budget). Den grössten Schätzfehler weist dabei die nur schwer zu prognostizierende Verrechnungssteuer aus. Er macht ungefähr 60 Prozent des gesamten Schätzfehlers in Bezug auf die ordentlichen Einnahmen aus. Unter Ausklammerung der Verrechnungssteuer wurden die Einnahmen seit 2003 im Durchschnitt um 0,4 Prozent unterschätzt. Im Jahr 2012 wurde eine neue Schätzmethode für die Verrechnungssteuer eingeführt, wodurch die durchschnittlichen Budgetabweichungen reduziert werden konnten. Die Schätzfehler gleichen sich seitdem über die Zeit in etwa aus.

1.1.2

Ausgaben

Die ordentlichen Ausgaben des Bundes wachsen gemäss aktueller Planung in den nächsten Jahren selbst unter Berücksichtigung der vom Bundesrat beschlossenen Bereinigungsmassnahmen stärker als die Einnahmen, weshalb strukturelle Defizite entstehen. Der Ausgabendruck steigt grundsätzlich: Entlastende Elemente der letzten Jahre fallen weg (die Ausgaben in den Bereichen Verteidigung, Migration und Zinsen steigen wieder), neue, nicht gegenfinanzierte Ausgaben kommen hinzu und die Wachstumsdynamik bei der Armee und der sozialen Wohlfahrt ist hoch. Aufgrund dieses neuen Wachstumsprofils der Bundesausgaben ist die Finanzierung der Ausgaben mit den aktuellen Einnahmen auch nach den beschlossenen Bereinigungsmassnahmen nicht nachhaltig.

Die Höhe der künftigen Defizite ist noch mit Unsicherheiten verbunden. Gemäss Artikel 4 Absatz 3 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 20062 (FHV) berücksichtigen die Finanzpläne insbesondere die finanziellen Auswirkungen von rechtskräftigen Erlassen, von von der Bundesversammlung angenommenen, noch nicht rechtskräftigen Erlassen, von mindestens von einem Rat beschlossenen Vorlagen, von vom Bundesrat verabschiedeten Botschaften sowie von von einer parlamentarischen Kommission oder einem Rat unterbreiteten Erlassentwürfen. Je nach Stand eines Geschäfts können sich zwischen Planung und Umsetzung noch erhebliche Änderungen sowohl hinsichtlich der Höhe als auch des Zeitpunkts der Ausgaben ergeben. Das Parlament kann bei verschiedenen Geschäften mit Anpassungen und Redimensionierungen im Rahmen der Beratungen einen Beitrag zur Bereinigung leisten.

Die kurz- und mittelfristigen Finanzperspektiven werden von folgenden Entwicklungen geprägt: Bei der sozialen Wohlfahrt, die rund einen Drittel der Bundesausgaben ausmacht, wachsen die Leistungen des Bundes an die AHV und IV, die Ergänzungs2

SR 611.01

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leistungen sowie die individuelle Prämienverbilligung überdurchschnittlich stark (rund 800 Mio. CHF pro Jahr). Die Ausgaben im Bereich Migration hängen von der Anzahl Asylgesuche ab und schwanken deshalb stark, in den nächsten Jahren ist aber mit einem höheren finanziellen Bedarf zu rechnen. Für einen erheblichen Teil der Kosten im Bereich Migration (über 1 Milliarde Franken) hat der Bundesrat 2024 nochmals Ausserordentlichkeit geltend gemacht. Ab 2025 wird angestrebt, diese Ausgaben zumindest teilweise wieder ordentlich zu finanzieren. Die schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben auf 10,7 Milliarden Franken bis 2035 (1 % des Bruttoinlandprodukts) führt zu einem jährlichen Ausgabenwachstum von bis zu 600 Millionen Franken. Der Bereich Finanzen und Steuern (Einnahmenanteile, Finanzausgleich, Schuldzinsen) wächst um rund 200 bis 300 Millionen Franken pro Jahr. Daneben haben sich die Ausgaben für die Schuldenbewirtschaftung aufgrund der steigenden Zinsen und der gestiegenen Schulden jüngst um einen dreistelligen Millionenbetrag erhöht, nachdem der Haushalt in den letzten Jahren von den niedrigen Zinsen und der tiefen Verschuldung profitiert hat. Auch im Verkehr wachsen die gebundenen Ausgaben durchschnittlich um über 100 Millionen Franken pro Jahr. Schliesslich wurde bei den schwach gebundenen Ausgaben mit linearen Kürzungen zwar das Niveau gesenkt und Spielraum geschaffen, deren jährliches Wachstum beträgt aber weiterhin über 300 bis 400 Millionen Franken, davon entfällt rund die Hälfte auf den Bereich Bildung und Forschung. Bei diesem Wachstumsprofil fehlt in den nächsten zehn Jahren der Spielraum für Ausgaben für neue Aufgaben ­ es entstehen im Gegenteil jährlich wachsende Defizite.

Im Parlament standen und stehen indessen weitere neue Aufgaben zur Diskussion.

Dazu gehört etwa die familienergänzende Kinderbetreuung. Nach dem Willen des Nationalrates soll der Bund dafür im Einführungsjahr rund 800 Millionen Franken aufwenden, wobei die Ausgaben in den Folgejahren stark wachsen sollen. Um wieviel der Bundeshaushalt netto tatsächlich belastet wird, hängt ab von den anstehenden Beschlüssen des Parlaments.

Nicht in der Planung enthalten sind verschiedene Vorhaben, welche nicht unter Artikel 4 FHV fallen. Diese möglichen Mehrbelastungen ab 2025 summieren sich auf über 1 Milliarde Franken pro Jahr. Dazu
gehören beispielsweise mögliche Mehrausgaben im Zusammenhang mit den EU-Forschungsprogrammen (Assoziierung an Horizon Europe), mit dem Wiederaufbau in der Ukraine, mit der Migration oder mit der Erreichung der Klimaziele national und international. Zudem befinden sich verschiedene Steuerreformen in der oder auf dem Weg zur parlamentarischen Beratung (Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung sowie nachträglicher Einkauf in die Säule 3a), die zu Mindereinnahmen führen könnten. Namentlich die Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung (Individualbesteuerung) hat einen langen Umsetzungshorizont, damit verbundene Mindereinnahmen dürften daher erst in den 2030er Jahren anfallen.

Die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen und die vorliegend beantragten Gesetzesänderungen sind ein erster Schritt hin zur Wiedererlangung eines gewissen finanzpolitischen Handlungsspielraums.

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1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

1.2.1

Ansatzpunkte zur Bereinigung

Der Bundesrat ging bei der Bereinigung stufenweise vor. So hat er am 25. Januar 2023 erste Vorentscheide für einen ausgeglichenen Voranschlag 2024 beschlossen. Am 15. Februar 2023 hat er die Bereinigungsmassnahmen für den Voranschlag 2024 konkretisiert und Grundsatzentscheide betreffend Massnahmen zur Entlastung des Haushalts in den Finanzplanjahren 2025­2027 getroffen. Im Einklang mit seiner Bereinigungsstrategie hat der Bundesrat am 10. März 2023 die Zielwachstumsraten für die mehrjährigen Finanzbeschlüsse der nächsten Legislatur verabschiedet. Anschliessend hat der Bundesrat am 29. März 2023 über das Massnahmenpaket zur Entlastung ab 2025 entschieden und es im Juni 2023 in die Vernehmlassung geschickt. Zuletzt hat der Bundesrat zwischen Mitte Januar und Mitte Februar 2024 weitere Massnahmen zur Bereinigung des Voranschlags 2025 beschlossen. Dennoch verbleiben in den nächsten Jahren strukturelle Defizite in Milliardenhöhe und grosse Unsicherheiten.

Demzufolge handelt es sich bei der vorliegenden Botschaft nur um einen Zwischenschritt, es werden noch weitere Bereinigungsmassnahmen nötig sein. Der Bundesrat will in der Legislatur 2023­2027 weitere Massnahmen zur Stabilisierung des Bundeshaushalts präsentieren.

Bei seinem Bereinigungskonzept setzte der Bundesrat vor allem auf der Ausgabenseite an, welche die strukturellen Defizite verursacht, doch wurden auch Mehreinnahmen beschlossen. Das Gesamtpaket ist ausgewogen: Alle Bereiche leisten einen Beitrag. Die Massnahmen setzen sowohl bei den schwach als auch bei den stark gebundenen Ausgaben an und betreffen den Eigen- sowie Transferbereich. Neben grösstenteils gezielten Massnahmen wurden auch lineare Sparvorgaben bei den schwach gebundenen Ausgaben beschlossen. Die Departemente und Verwaltungseinheiten entscheiden selbst, wie sie diese Sparvorgaben umsetzen. In den meisten Aufgabengebieten kommt es trotz dieser Entlastungsmassnahmen nicht zu einer effektiven Senkung der Ausgaben. Vielmehr geht es darum, das Ausgabenwachstum zu dämpfen sowie Reserven und Kreditreste abzuschöpfen.

1.2.2

Gezielte Massnahmen ohne Gesetzgebungsbedarf

Der Bundesrat hat in seinem eigenen Kompetenzbereich ­ das heisst ohne Gesetzgebungsbedarf ­ verschiedene gezielte Massnahmen beschlossen sowie lineare Kürzungen umgesetzt. Diese Massnahmen entlasten den Haushalt ab 2024 um rund 2 Milliarden Franken pro Jahr, wobei ein Teil der Entlastungsmassnahmen zeitlich befristet ist: ­

Der Pflichtbeitrag für Horizon wurde zugunsten von nationalen Übergangsmassnahmen für die Forschung ab 2024 nicht mehr budgetiert. Dies schafft vorübergehend einen finanziellen Spielraum von 0,6 Milliarden Franken jährlich.

­

Der Wachstumspfad der Armeeausgaben wurde abgeflacht; das Ausgabenniveau von 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts soll erst im Jahr 2035 anstelle von 2030 erreicht werden.

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­

Ab 2024 unterliegen Elektrofahrzeuge der Automobilsteuer. Die Aufhebung der Steuerbefreiung dürfte im Jahr 2024 Mehreinnahmen von 180 Millionen Franken generieren. Bis 2030 dürften sich die Mehreinnahmen insgesamt auf 2 bis 2,7 Milliarden Franken belaufen. Die Automobilsteuer ist vollständig für die Einlage in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) zweckgebunden. Die Einlage in den NAF aus der Mineralölsteuer wird aber im Gegenzug zu den neuen Einnahmen um rund 150 Millionen Franken pro Jahr gekürzt.

­

Die Einlage in den Bahninfrastrukturfonds (BIF, Teil der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe) soll im Jahr 2025 um 300 Millionen Franken und im Jahr 2026 um 150 Millionen Franken gekürzt werden. Dabei soll der geplante Ausbau der Infrastruktur nicht in Frage gestellt werden; die Massnahme wird darum aufgehoben, sollte die Fondsreserve unter 300 Millionen Franken fallen.

­

Die Einlage in den Fonds für Regionalentwicklung wird im Jahr 2025 gestrichen und in den Jahren 2026 und 2027 halbiert. Dies entspricht einer Entlastung von 25,4 Millionen Franken im Jahr 2025 und von je rund 13 Millionen Franken in den Jahren 2026 und 2027. Das Parlament hat bereits im Rahmen des Voranschlags 2024 eine Halbierung der Einlage beschlossen. Der Fonds ist aktuell gut dotiert, die geplanten Fondsaktivitäten sind trotz Kürzung der Einlage ohne Abstriche möglich.

­

Der Beitrag an den ETH-Bereich, der aus den zwei Eidgenössischen Technischen Hochschulen sowie vier Forschungsanstalten besteht, wird im Jahr 2025 einmalig um 100 Millionen Franken gekürzt. Der Bereich verfügt derzeit über Reserven von 1,4 Milliarden. Der Bundesrat hat mit den strategischen Zielen bereits seinen Willen bekräftigt, diese Reserven abzubauen.

Die Erfüllung der Aufgaben der Hochschulen und Forschungsanstalten des ETH-Bereichs ist durch die Kürzung nicht gefährdet.

­

Die Tabaksteuer auf Zigarren, Zigarillos, Feinschnitt- und anderen Rauchtabak wird erhöht. Mit dieser Massnahme sollen ab 2025 zusätzliche Einnahmen von mindestens 35 Millionen Franken erzielt werden. Das bestehende Gesetz gibt dem Bundesrat den nötigen Spielraum für die Erhöhungen.

Neben den gezielten Massnahmen hat der Bundesrat bei den schwach gebundenen Ausgaben, die rund einen Drittel der Bundesausgaben ausmachen, zwei Jahre in Folge unbefristete lineare Kürzungen beschlossen. Diese Kürzungen entlasten den Haushalt langfristig um knapp 1 Milliarde Franken pro Jahr.

1.2.3

Massnahmen bei den gebundenen Ausgaben

Die stark gebundenen Ausgaben machen rund 65 Prozent der Bundesausgaben aus und weisen insbesondere im Bereich der sozialen Wohlfahrt eine überdurchschnittliche Wachstumsdynamik auf. Die fehlende kurzfristige Flexibilität bei den stark gebundenen Ausgaben führt dazu, dass bei strukturellen Defiziten in der Regel im schwach gebundenen Bereich gekürzt wird. Dies kann zu einer Verdrängung der 7 / 20

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schwach gebundenen durch die stark gebundenen Ausgaben führen. Der Bundesrat hat deshalb ­ auch gestützt auf entsprechende Forderungen aus dem Parlament ­ entschieden, dass in den kommenden Jahren auch der stark gebundene Bereich zur Bereinigung des Finanzplans beitragen soll.

Am 8. Dezember 2023 hat der Bundesrat eine Teilrevision des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19463 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung in die Vernehmlassung geschickt. Um die in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte4 beanstandete Ungleichbehandlung von Witwern gegenüber Witwen zu beseitigen, sollen insbesondere die Witwenrenten in Anlehnung an die heutige Regelung für Witwer befristet werden: Grundsätzlich sollen künftig Witwen und Witwer nur noch solange Anspruch auf eine Rente haben, bis das jüngste Kind 25 Jahre alt ist. Übergangsfristen für bestehende Renten sollen eine möglichst sozialverträgliche Umsetzung erlauben. Die Botschaft soll dem Parlament in der zweiten Jahreshälfte 2024 unterbreitet werden. Bei einem Inkrafttreten der Reform 2026 wird das neue System 2035 seine volle Wirkung entfalten, mit Einsparungen von rund 720 Millionen Franken in der AHV und rund 160 Millionen Franken für den Bund. Die Vernehmlassung dauert bis zum 29. März 2024.

Mit der mit vorliegender Botschaft unterbreiteten Anpassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 19825 (AVIG) soll der jährliche Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung (ALV) im Zeitraum 2025­2029 um insgesamt 1,25 Milliarden Franken gekürzt werden. Die ausserordentlichen Bundesbeiträge von insgesamt 16 Milliarden Franken während der Covid-Pandemie (2020­2022) haben neben der hohen Resilienz des Schweizer Arbeitsmarktes dazu beigetragen, dass sich die ALV in diesen Jahren trotz starkem Ausbau der Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) nicht verschulden musste. Unter der Voraussetzung, dass die gute Arbeitsmarktlage anhält, dürfte das Eigenkapital des Ausgleichsfonds der ALV in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Deshalb soll die ALV vorübergehend einen Beitrag an die Entlastung des Bundeshaushalts leisten. Eine Ventilklausel sorgt dafür, dass die ALV bei einer starken Zunahme der Arbeitslosigkeit aufgrund der Kürzung nicht in eine finanzielle Schieflage gerät.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage war weder in der Botschaft vom 29. Januar 20206 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20207 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Vorlage ist auch nicht in der Botschaft vom 24. Januar 2024 zur Legislaturplanung 2023­20278 angekündigt.

3 4 5 6 7 8

SR 831.10 Urteil 78630/12 vom 11. Oktober 2022.

SR 837.0 BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 BBl 2024 525

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Die Vorlage leistet einen wesentlichen Beitrag, um die strukturellen Defizite aus der Finanzplanung 2025­2027 zu beseitigen, und wird vom Bundesrat für den Voranschlag 2025 entsprechend eingeplant. Sie ist notwendig, um die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse einzuhalten. Sie reicht aber nicht aus, um den Haushalt längerfristig zu stabilisieren. Im Rahmen der Legislatur 2023­2027 wird ein weiteres Massnahmenpaket notwendig sein.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Motion Finanzkommission SR 22.4273 «Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen» Die Motion beauftragt den Bundesrat, eine Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen in die Wege zu leiten. Es sollen sowohl die schwach als auch stark gebundenen Ausgaben überprüft werden. Namentlich wird zudem die Überprüfung der Personalausgaben erwähnt.

Die Entscheide des Bundesrates zu den Bereinigungsmassnahmen im schwach und stark gebundenen Bereich sowie zu den Zielwachstumsraten bei den mehrjährigen Finanzbeschlüssen entsprechen der Stossrichtung der Motion. Der Bundesrat wird voraussichtlich in der ersten Hälfte der Legislatur 2023­2027 eine weitere Vorlage zur Bereinigung des Haushalts vorlegen, gestützt auf eine umfassende Aufgaben- und Subventionsüberprüfung (vgl. auch nachfolgend); der Verzicht auf Aufgaben und Priorisierungen werden dort Thema sein. In diesem Sinne erachtet der Bundesrat das Anliegen der Motion mit dieser Botschaft als erfüllt und beantragt deren Abschreibung.

Motion Finanzkommission NR 17.3259 «Gebundene Ausgaben reduzieren» Die Motion beauftragt den Bundesrat, der Bundesversammlung eine oder mehrere Vorlagen zu unterbreiten, mit welchen die stark gebundenen Ausgaben des Bundes um 5 bis 10 Prozent reduziert werden können.

In den vergangenen Jahren wurden laufend neue Ausgabenbindungen beschlossen.

Mittlerweile sind rund 65 Prozent der Ausgaben des Bundes durch Gesetz oder Verfassung gebunden. Gebundene Ausgaben finden sich insbesondere in der sozialen Wohlfahrt (Finanzierung AHV und IV, Prämienverbilligungen, Sozialhilfepauschalen Asyl), im Verkehr (Verkehrsfonds BIF und NAF) sowie im Bereich Finanzen und Steuern (Kantonsanteile an Bundeseinnahmen, Finanzausgleich). Gebundene Ausgaben sind demnach immer Folge eines politischen Entscheids. Das heisst nicht, dass diese nicht hinterfragt, gelockert oder reduziert werden können. Ob eine Reduktion um bis zu 10 Prozent, also bis zu 5 Milliarden Franken, möglich ist, ist allerdings fraglich, selbst wenn grosse Reformen umgesetzt werden. Angesichts der grossen Finanzierungslücken, die es in den kommenden Jahren zu schliessen gilt, wird der Bundesrat aber eine umfassende Aufgaben- und Subventionsüberprüfung zur strukturellen Bereinigung des Haushalts in die Wege leiten. Die Prüfung der gebundenen Ausgaben wird Teil davon
sein. Zudem wird er im 2024 einen Postulatsbericht verabschieden zu den Themen langfristiges Management und Flexibilisierung der gebundenen Ausgaben (Postulate 21.4337 und 23.3605). Der Bundesrat zeigt darin auf, welche Berei9 / 20

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che der gebundenen Ausgaben schneller wachsen als die Bundeseinnahmen, mit welchen Massnahmen dieses Wachstum gedämpft werden kann und wie gebundene Ausgaben vorübergehend flexibilisiert werden können.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Im Rahmen seines Bereinigungskonzepts hat der Bundesrat sowohl Massnahmen mit als auch solche ohne Gesetzgebungsbedarf beschlossen. Mit dem Entwurf zum Mantelerlass über die Massnahmen zur Entlastung des Haushalts ab 2025 wurden zwei Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung gegeben. Erstens wurde eine Reduktion des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer vorgeschlagen (als Gegenfinanzierung zur Vorlage im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung des Nationalrates, parlamentarische Initiative 21.403). Zweitens war eine temporäre Reduktion des Bundesbeitrags an die Arbeitslosenversicherung vorgesehen. Der Vernehmlassungsentwurf enthielt eine auf fünf Jahre befristete Kürzung des Bundesbeitrags an die ALV um jährlich 250 Millionen Franken. Eine Ventilklausel sollte dafür sorgen, dass die ALV bei einer unerwarteten Zunahme der Arbeitslosigkeit aufgrund der Kürzung nicht in eine finanzielle Schieflage gerät. Die Vernehmlassung wurde vom 28. Juni bis zum 12. Oktober 2023 durchgeführt. Massnahmen ohne Gesetzgebungsbedarf (Reduktion der Einlage in den BIF, Automobilsteuer für Elektrofahrzeuge, Entwicklung der Armeeausgaben, Ersatz des Pflichtbeitrags für Horizon durch Auffangmassnahmen, lineare Kürzungen) waren nicht Teil der Vernehmlassung; die Teilrevision des AHVG zur Angleichung der Witwen- und Witwerrenten wurde separat in die Vernehmlassung geschickt (vgl. Ziffer 1.2.3).

2.2

Vernehmlassungsergebnisse

Es gingen 61 Stellungnahmen auf die Vernehmlassungsvorlage ein.9 Die Reaktionen auf die Bereinigungsmassnahmen fielen heterogen aus. Die Reduktion des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer stiess auf breiten Widerstand. Bei der befristeten Reduktion des Bundesbeitrags an die ALV war die Einschätzung der Vernehmlassungsteilnehmenden differenzierter. Die nachfolgenden Abschnitte geben einen Überblick über die Stellungnahmen zu den einzelnen Massnahmenvorschlägen.

9

Die Stellungnahmen und der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > EFD.

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2.2.1

Reduktion des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer

Die Kantone sprechen sich geschlossen gegen die Reduktion des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer aus. Alle grossen Parteien ausser der SVP, die sich nicht dazu äusserte, lehnen die Kürzung ab. Viele Organisationen sind ebenfalls gegen die vorgeschlagene Massnahme, lediglich Economiesuisse und der Schweizer Bauernverband befürworten diese. Rund ein Drittel der Vernehmlassungsteilnehmenden äusserte sich nicht zur Massnahme. Die Kantone argumentieren, durch die Vorlage würden die Prinzipien der Subsidiarität und der fiskalischen Äquivalenz verletzt, weil der Bund eine (Kantons-)Aufgabe übernehme, die Kosten durch die Kürzung des Kantonsanteils aber auf die Kantone abwälze. Weiter wird kritisiert, dass durch die Massnahme die vom Volk beschlossene Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) im Nachhinein revidiert würde, was wiederum zu einem finanziellen Ungleichgewicht zulasten der Kantone führe. Es wird zudem befürchtet, dass mit der Umsetzung einer solchen Vorlage ein Präzedenzfall geschaffen würde und es in Zukunft öfters dazu kommen könnte, dass ein verstärktes Engagement des Bundes (bei Kantonsaufgaben) direkt oder indirekt durch die Kantone finanziert werden müsse.

2.2.2

Reduktion des Bundesbeitrags an die Arbeitslosenversicherung

Die vorgeschlagene Massnahme ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Nur rund die Hälfte der Kantone äusserte sich zu dieser Massnahme. Zwei Kantone befürworten sie, mehrere Kantone sprechen sich unter Vorbehalten dafür aus, der Kanton Wallis ist dagegen. Bei den Parteien unterstützen die SVP, die FDP und die Mitte das Vorhaben, während die SP und die Grünen dagegen sind. Auch bei den Dachverbänden und interessierten Organisationen, die sich zur Massnahme äusserten, gehen die Meinungen auseinander. Economiesuisse und weitere interessierte Organisationen befürworten sie. Hingegen bekunden die Gewerkschaften, der Schweizerische Gewerbeverband und mehrere Organisationen im Bereich Arbeitsintegration grosse Bedenken und lehnen die Vorlage ab. Auch die Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung lehnt die Kürzung des Bundesbeitrags ab.

Die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden äusserte sich nicht zur Massnahme.

Die Befürworter verweisen vorwiegend auf den Umstand, dass sich die ALV während der Covid-Krise nicht verschulden musste, da der Bund die zusätzlichen Kosten für die KAE übernahm. Zudem sei davon auszugehen, dass das Eigenkapital der ALV kontinuierlich steigen wird, falls die gute Arbeitsmarktlage anhält. Sollte diese sich trotzdem stark verschlechtern, so stelle die Ventilklausel sicher, dass keine Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen nötig sein würden. Die Gegner beanstanden insbesondere, dass mit der Vorlage in den Finanzierungsmechanismus der ALV eingegriffen würde. Zudem würden die konjunkturellen Risiken ungenügend berücksichtigt. Auch wird ein Leistungsabbau im Bereich der Arbeitsintegration befürchtet.

Ein solcher Leistungsabbau zum Beispiel bei arbeitsmarktlichen Massnahmen würde sich negativ auf die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit, das Qualifikationsniveau der betroffenen Personen sowie das Potenzial an inländischen Fachkräften aus11 / 20

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wirken. Weiter wird auf die Gefahr verwiesen, dass die Vereinbarung zwischen Sozialpartnern gefährdet sei, sollten künftig die Lohnbeiträge aufgrund zunehmender Arbeitslosigkeit erhöht werden müssen.

Die Einführung einer Ventilklausel wird von einer deutlichen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt.

2.2.3

Weitere Aspekte

Eine hohe Zahl an Vernehmlassungsteilnehmenden äusserte sich nicht zu den zur Debatte stehenden Gesetzesänderungen. Vielfach wurde das Vernehmlassungsverfahren als Anlass genommen, um eine Rückmeldung zu den (zwischenzeitlich im Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025­202710 vorwiegend bereits umgesetzten) Massnahmen im Kompetenzbereich des Bundesrates anzubringen.

Auch die Auslegung der Schuldenbremse wurde kontrovers diskutiert. Während einige Rückmeldungen einen hohen Nutzen der Schuldenbremse zum Erhalt eines gesunden Bundeshaushalts sehen, plädieren die Grünliberalen, die Grünen sowie die SP für eine Veränderung. Die Schuldenbremse solle so ausgestaltet werden, dass die Schulden im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum stabilisiert werden. Weiter wird von vielen Kantonen sowie von der SVP das hohe Mass an Verbundfinanzierungen zwischen dem Bund und den Kantonen bemängelt. Die Wiederaufnahme des Projekts «Aufgabenteilung II» wird begrüsst.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Gestützt auf die Ergebnisse der Vernehmlassung, der parlamentarischen Beratung des Entwurfs für ein Bundesgesetz über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern sowie die aktuelle Haushaltslage des Bundes hat der Bundesrat folgende Eckwerte beschlossen: ­

10

Anpassung bei der Änderung des AVIG: An der Kürzung des Bundesbeitrags an die ALV um insgesamt 1,25 Milliarden Franken im Zeitraum 2025­2029 wird festgehalten. Zur Erhöhung der Flexibilität soll jedoch der jährliche Kürzungsbetrag nicht im Gesetz festgelegt sein, sondern vom Bundesrat flexibel beschlossen und dem Parlament mit dem jährlichen Voranschlag zum Bundeshaushalt unterbreitet werden können. Die Ventilklausel zum Schutz der ALV bleibt ­ wie in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen ­ Teil der Vorlage.

www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Finanzberichte > Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan > Voranschlag 2024 mit IAFP 2025­2027 Band I.

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Verzicht auf die Änderung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199011 über die direkte Bundessteuer (Senkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer zur Kompensation der Mehrbelastungen infolge der parlamentarischen Initiative 21.403): Da die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates in der Zwischenzeit eine neue Vernehmlassungsvorlage zur familienergänzenden Kinderbetreuung mit deutlich geringeren Kosten für den Bund erarbeitet hat, erachtet es der Bundesrat als nicht mehr zielführend, in einer separaten Vorlage eine Kürzung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer zu beantragen. Der Bundesrat hält aber inhaltlich daran fest, dass eine Kompensation der Zusatzbelastung des Bundeshaushalts durch die Kantone nötig ist, sollte sich die Vorlage des Nationalrates oder eine Lösung mit derart hohen Kosten für den Bund durchsetzen.

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Neue Anpassung beim Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199712 (RVOG): Als Massnahme zur administrativen Entlastung der Bundesverwaltung soll Artikel 38a Absätze 4 und 5 (Vorgaben zur Ausgestaltung der Leistungsvereinbarung zwischen Departementen und Verwaltungseinheiten) aufgehoben werden. Diese Anpassung war nicht Teil der Vernehmlassungsvorlage, wurde aber bereits im Bericht zur Evaluation des neuen Führungsmodells für die Bundesverwaltung (NFB) im Jahr 2021 vom Bundesrat beschlossen.

3.1.1

Befristete Senkung der Beteiligung des Bundes an die Arbeitslosenversicherung (Änderung des AVIG)

Die ALV hat während der Covid-Pandemie einen wesentlichen Beitrag zur Krisenbewältigung geleistet. Das Instrument der KAE wurde stark ausgebaut, um die Folgen der Betriebsschliessungen und Arbeitsverbote abzufedern. Die ALV wird hauptsächlich durch die Beiträge der Versicherten (Arbeitgeber und Arbeitnehmende) finanziert. Diese Lohnbeiträge machen etwas mehr als 90 Prozent der Einnahmen aus. Die verbleibenden knapp zehn Prozent entfallen auf Beiträge von Bund (3/4) und Kantonen (1/4). Mit den Beiträgen der öffentlichen Hand wird die Umsetzung arbeitsmarktpolitischer Aufgaben durch die ALV entschädigt. Grundsätzlich soll die ALV im Aufschwung Überschüsse erzielen, damit sie diese in Rezessionen zur Leistungserbringung einsetzen kann. Der Gesetzgeber hat im AVIG einen entsprechenden Artikel zum Konjunkturrisiko verankert, der festlegt, dass die Beiträge zu erhöhen sind, wenn die definierte Schuldenobergrenze von 2,5 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme überschritten wird. Analog sind die Beitragssätze zu senken, wenn das Eigenkapital die gesetzlich definierte Summe erreicht (Art. 90c AVIG).

Im Jahr 2020 betrug die definierte Schuldenobergrenze rund 8,1 Milliarden Franken.

Sie wäre aufgrund der extremen Beanspruchung der KAE während der Covid-Pandemie rasch erreicht worden, da die ALV nicht darauf ausgerichtet ist, flächendeckende, 11 12

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behördlich angeordnete Betriebs-schliessungen aufzufangen; entsprechend hätten auch die Lohnbeiträge erhöht werden müssen. Um dies zu verhindern und um die Zusatzbelastungen abzudecken, sah der Gesetzgeber eine ausserordentliche Finanzierung durch den Bund in der Höhe der KAE-Kosten der Abrechnungsjahre 2020­2022 vor. Insgesamt beläuft sich der pandemiebedingte Beitrag des Bundes an die ALV in den Jahren 2020­2022 auf rund 16 Milliarden Franken. Dieser Betrag wurde zusätzlich zum gesetzlich festgelegten jährlichen ordentlichen Bundesbeitrag im Umfang von 0,159 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme (rund 530 Mio. CHF pro Jahr) vom Bund geleistet.

Die ALV war unmittelbar vor der Pandemie Ende 2019 nach einem langjährigen Schuldenabbau schuldenfrei. Die Ausgaben der ALV hängen direkt von der Arbeitslosenquote und damit der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Der Schweizer Arbeitsmarkt hat sich während der Pandemie als sehr resilient erwiesen. Die ausserordentlichen Bundesbeiträge haben die negativen finanziellen Effekte der Pandemie auf die ALV mehrheitlich neutralisiert. Zusammen mit der raschen wirtschaftlichen Erholung führte dies dazu, dass die ALV im Unterschied zum Bundeshaushalt auch nach der Pandemie schuldenfrei war. Das Eigenkapital der ALV stieg bis Ende 2023 auf rund 6,8 Milliarden Franken. Unter der Annahme, dass die Arbeitslosenquote nicht über 2,8 Prozent ansteigt, budgetiert die ALV für die kommenden Jahre weitere Überschüsse und einen kontinuierlichen Aufbau des Eigenkapitals. Die finanzielle Obergrenze für ordentliche Beitragsreduktionen nach Artikel 90c AVIG dürfte gemäss aktuellen Konjunkturaussichten mit oder ohne Kürzung des Bundesbeitrags in den nächsten drei bis vier Jahren überschritten werden (vgl. Tabelle).

Im Rahmen ihrer Finanzplanung schätzt die ALV die Ausgaben für KAE unter der technischen Annahme einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent auf jährlich 120 Millionen Franken. In vergangenen Krisenjahren stiegen die Ausgaben auf rund 200 Millionen Franken und während der Finanzkrise im Jahr 2009 sogar auf eine Milliarde Franken an. Der Bund hat in den Jahren 2020­2022 neben den ausserordentlichen, pandemiebedingten Leistungen für Kurzarbeit auf Grundlage der Covid-Gesetzgebung auch die regulären Entschädigungen für Kurzarbeit gemäss dem AVIG geleistet.

Ziel des
ausserordentlichen Bundesbeitrags war es zu verhindern, dass die ALV ihre Schuldenobergrenze überschreitet. Dieses Ziel wurde erreicht und die finanziellen Aussichten der ALV können aufgrund der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als positiv eingeschätzt werden, wodurch ein Beitrag an die finanzielle Stabilisierung des Bundeshaushalts möglich sein wird. Die vorübergehende Kürzung des Bundesbeitrags um insgesamt 1,25 Milliarden Franken im Zeitraum 2025­2029 fällt verglichen mit der Entwicklung des Eigenkapitals der ALV moderat aus: Die nachfolgenden Simulationen zur Entwicklung des Stands des Ausgleichsfonds der ALV zeigen, dass das Eigenkapital der ALV bei der aktuell unterstellten technischen Annahme einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent auch mit den beantragten Kürzungen des Bundesbeitrags im Umfang von insgesamt 1,25 Milliarden Franken weiter ansteigen wird.

Simuliert werden eine gleichmässige Aufteilung der Kürzungen über 5 Jahre (Variante 1) und ein maximales Vorziehen der Kürzungen (kein Bundesbeitrag in den ersten zwei Jahren, dafür nachher geringere oder keine Kürzung mehr; Variante 2). Der Gesamtbetrag der Kürzung des Bundesbeitrags bleibt für die Kürzungsperiode gleich.

Die Kürzungen sind in beiden Varianten ohne leistungsseitige Anpassungen umsetzbar. Das Eigenkapital steigt in beiden Varianten stetig an. Die gesetzliche Obergrenze 14 / 20

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wird gemäss aktuellen Konjunkturprognosen je nach Variante Ende 2027 beziehungsweise Ende 2028 überschritten. Das Eigenkapital steigt und erreicht bis 2029 knapp 15 Milliarden Franken.

Simulation der Entwicklung des Kapitals der ALV (technische Annahme: Arbeitslosenquote 2,8 %) in Mrd. CHF

2025

2026

2027

2028

2029

Eigenkapital ALV ohne Kürzung (Prognose Dezember 2023)

10,13

11,40

12,81

14,27

16,16

Variante 1 «Vernehmlassungsvorlage»: gleichmässige Kürzung

­0,25

­0,25

­0,25

­0,25

­0,25

Variante 2 «Voranschlag 2025 mit integrierte Aufgaben- und Finanzplan 2026­2028»: max. Kürzung pro Jahr

­0,60

­0,61

­0,04

­

­

Eigenkapital mit Kürzung Variante 1

9,88

10,90

12,06

13,37

14,91

Eigenkapital mit Kürzung Variante 2

9,53

10,19

11,56

13,12

14,91

11,40

11,60

11,80

12,00

12,20

Obergrenze Eigenkapital (Art. 90c)

Würde die Arbeitslosenquote stark ansteigen, könnte sich die finanzielle Lage der ALV jedoch rasch verschlechtern. Mit der aktuellen technischen Annahme einer Arbeitslosigkeit von 2,8 Prozent erzielt die ALV auch mit Kürzungen einen Überschuss von durchschnittlich gut einer Milliarde Franken pro Jahr. Würde die Arbeitslosenquote beispielsweise auf 3,8 Prozent ansteigen, müsste die ALV einen Verlust von knapp 2 Milliarden Franken hinnehmen. Eine Ventilklausel soll deshalb verhindern, dass die ALV aufgrund des reduzierten Bundesbeitrags in eine finanzielle Schieflage gerät. Konkret soll festgehalten werden, dass die Kürzung ab dem folgenden Geschäftsjahr aufgehoben wird, wenn der Stand des Ausgleichsfonds der ALV am Ende eines Jahres 2,5 Milliarden Franken unterschreitet. Dieser Betrag entspricht dem für den Betrieb notwendigen Betriebskapital zuzüglich einer Reserve von 0,5 Milliarden Franken. Da die Kürzung ohnehin auf fünf Jahre befristet ist, würde sie im Fall einer Anwendung der Ventilklausel dauerhaft aufgehoben.

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3.1.2

Aufhebung der Vorschriften zur Gestaltung der Leistungsvereinbarungen und -nachweise (Änderung des RVOG)

Der Bundesrat hat dem Parlament am 24. November 2021 den Evaluationsbericht zum Neuen Führungsmodell (NFB) überwiesen.13 Die Evaluation zeigt, dass sich das Führungsmodell Bund insgesamt bewährt hat. Niemand wünscht sich einen Umbau oder eine Rückkehr zur traditionellen Input-Steuerung (Zuweisung von finanziellen Mitteln ohne Ausrichtung auf beabsichtigte Wirkung).

Insgesamt resultierten zwei Empfehlungen. Die eine betraf Vereinfachungen in der Finanzberichterstattung (Leistungsgruppen, Ziele und Messgrössen); diese wurden mit der Botschaft zum Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025­2027 bereits umgesetzt. Die zweite Empfehlung betrifft eine Vereinfachung bei den Leistungsvereinbarungen. Diese bedingt eine Änderung des RVOG.

Die Vorschriften zur Gestaltung der Leistungsvereinbarungen und -nachweise sollen aufgehoben werden. Die Evaluation hat gezeigt, dass die jährliche Leistungsvereinbarung zwischen Departement und Verwaltungseinheit beim aktuellen Gebrauch zu wenig Zusatznutzen stiftet. Dabei wird jedoch betont, dass ein regelmässiger Austausch zwischen dem Departement und der Verwaltungseinheit über die Ziele und Prioritäten des nächsten Geschäftsjahres erwünscht und notwendig sei. Eine jährliche Leistungsvereinbarung bietet eine angemessene Grundlage für das Führungsgespräch zwischen Departementsvorsteherin oder -vorsteher und Amtsdirektorin oder -direktor. Hier gilt es, den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern das Führen über Ziele und Prioritäten so einfach und so individuell wie möglich zu machen. Um den Departementen diesen Spielraum in ihrer Verwaltungsführung zu geben, sollen die Vorschriften zur Gestaltung der Leistungsvereinbarungen und -nachweise sowie die Vorschriften zum zeitlichen Ablauf gelockert werden. Es soll lediglich an der Vorgabe festgehalten werden, dass sich das Departement und die Verwaltungseinheit mindestens einmal jährlich über die Ziele, Strategien, Projekte und Massnahmen des Amtes unterhalten, wenn nötig die geeigneten Massnahmen festlegen und die Ergebnisse dieser Besprechung in Form einer frei gestaltbaren Leistungsvereinbarung schriftlich festhalten. Mit dieser Änderung wird sowohl dem Bedürfnis der Departemente nach mehr Flexibilität im Führungsprozess als auch dem Erfordernis der Rechenschaftsablage betreffend die Führungstätigkeit der Departemente Rechnung getragen.

13

Abrufbar unter: www.efd.admin.ch > Das EFD > Medienmitteilungen > Medienmitteilung «Neues Führungsmodell Bund bewährt sich» vom 24. Nov. 2021.

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3.2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

3.2.1

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz

Art. 38a Abs. 4 und 5 Die Absätze 4 und 5 regeln die Gliederung und den Inhalt der Leistungsvereinbarungen sowie die Berichterstattung über die Zielerreichung. Die beiden Absätze sollen aufgehoben werden. Das unbestrittene Element, nämlich dass die Departemente ihre Verwaltungseinheiten mit jährlichen Leistungsvereinbarungen führen, bleibt damit bestehen. Dazu gehört auch, dass die Verwaltungseinheiten über die vereinbarten Leistungen und Ziele Bericht erstatten. Die Führung über die jährlichen Leistungsvereinbarungen soll weiterhin in schriftlicher Form geschehen.

Die ausführenden Bestimmungen in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199814 zum Umfang der Leistungsvereinbarungen werden entsprechend ebenfalls gestrichen.

Die Eidgenössische Finanzverwaltung wird auch künftig zu Beginn der Legislaturplanung zusammen mit den Verwaltungseinheiten die Struktur und Ziele ihrer Leistungsgruppen überprüfen. Sie wird dazu Weisungen erlassen gestützt auf Artikel 27i FHV.

3.2.2

Arbeitslosenversicherungsgesetz

Art. 120b Abs. 1 Gemäss Artikel 90a AVIG leistet der Bund einen jährlichen Beitrag an die ALV im Umfang von 0,159 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme. Die beitragspflichtige Lohnsumme umfasst alle Lohnbestandteile bis zum maximal versicherten Verdienst von 148 200 Franken. Zusammen mit dem Beitrag der Kantone (0,053 % der beitragspflichtigen Lohnsumme, Art. 92 Abs. 7bis AVIG) sollen die Beiträge der öffentlichen Hand rund die Hälfte der Kosten der öffentlichen Arbeitsvermittlung und der arbeitsmarktlichen Massnahmen decken, die bei einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 2,8 Prozent anfallen. Damit beteiligen sich Bund und Kantone an der Umsetzung ihrer arbeitsmarktpolitischen Aufgaben durch die ALV.

In Absatz 1 wird der Betrag festgehalten, um den die Bundesbeteiligung im Zeitraum 2025­2029 insgesamt gekürzt wird. Die Kürzung von insgesamt 1,25 Milliarden Franken würde einer durchschnittlichen jährlichen Kürzung des Bundesbeitrags um 250 Millionen Franken entsprechen; das vorgeschlagene Gesetz lässt jedoch die Aufteilung der Kürzung auf die einzelnen Jahre offen. Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung den Vorschlag für den gekürzten Bundesbeitrag jeweils mit dem Voranschlag. Da der Bundesbeitrag nicht negativ ausfallen kann (keine Entnahmen aus dem Ausgleichsfonds der ALV), werden sich die Kürzungen auf mindestens drei 14

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und höchstens fünf Jahre verteilen. Die Ansiedlung des Gesetzesartikels für die Kürzung im Dritten Kapitel zu den Übergangsbestimmungen betont, dass es sich um eine zeitlich befristete Bestimmung handelt, die an den Grundsätzen der Bemessung der Beiträge der öffentlichen Hand an die ALV nichts ändert.

Abs. 2 Damit die ALV aufgrund der Kürzungen nicht in eine finanzielle Schieflage gerät, sieht Absatz 2 eine Ventilklausel vor. Sollte das Eigenkapital der ALV während der Geltungsdauer der befristeten Bestimmung am Ende eines Jahres 2,5 Milliarden Franken unterschreiten, tritt sie auf Ende dieses Jahres ausser Kraft. Es werden ab dem Folgejahr keine weiteren Kürzungen erfolgen und der volle Bundesbeitrag nach Artikel 90a AVIG würde wieder ausgezahlt.

Der Betrag von 2,5 Milliarden Franken setzt sich zusammen aus dem für den Betrieb der ALV nötigen Kapital von 2 Milliarden Franken (vgl. Art. 90c Abs. 2 AVIG) sowie einer Sicherheitsmarge von 0,5 Milliarden Franken.

3.2.3

Ziffer II

Die Änderungen des AVIG und des RVOG unterstehen dem fakultativen Referendum (Abs. 1).

Der Bundesrat beschliesst das Inkrafttreten unter Vorbehalt von Absatz 3 (Abs. 2).

Um den gewünschten Beitrag an die Finanzplanbereinigung zu leisten, muss die Vorlage im Verlauf des Jahres 2025 in Kraft gesetzt werden. Eine Inkraftsetzung per 1. Januar 2025 ist jedoch nicht zwingend für die vollständige Kürzung des Beitrags an die ALV. Auch eine Inkraftsetzung im zweiten Quartal ermöglicht es, den Beitrag für das ganze Jahr 2025 auf der Grundlage des geänderten AVIG zu kürzen. Die Vereinfachungen gemäss dem RVOG finden damit erstmals auf die Leistungsvereinbarungen 2026 Anwendung.

Die Änderung des AVIG soll nur in Kraft treten, wenn das Eigenkapital des Ausgleichsfonds der ALV hoch genug ist (Abs. 3). Wenn das Eigenkapital des Ausgleichsfonds der ALV bereits Ende 2024 2,5 Milliarden Franken unterschreitet, setzt der Bundesrat die befristete Bestimmung im AVIG nicht in Kraft. Das bedeutet, der Bundesbeitrag an den Ausgleichsfonds der ALV wird nicht gekürzt und die ALV leistet keinen Beitrag an die Sanierung des Bundeshaushalts. Da die Jahresrechnung 2024 der ALV erst im Verlauf von 2025 revidiert und genehmigt wird, erfolgt die Beurteilung gestützt auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens verfügbaren Zahlen und Prognosen.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

Der Bundeshaushalt wird mit dieser Vorlage im Zeitraum 2025­2029 um insgesamt 1,25 Milliarden Franken entlastet. Für den Voranschlag 2025 hat der Bundesrat 18 / 20

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gestützt auf diese Vorlage die vollständige Kürzung des Beitrags an die ALV gemäss Variante 2 «Voranschlag 2025 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2026­ 2028» eingeplant. Sollte das Parlament nicht auf die Vorlage eintreten, müsste eine andere Massnahme in der Grössenordnung von 600 Millionen Franken gefunden werden, um einen Voranschlag 2025 zu gewährleisten, der den Vorgaben der Schuldenbremse entspricht.

Die Vorlage genügt jedoch nicht, um die strukturellen Defizite ab 2027 vollständig zu beseitigen und wieder finanzpolitischen Handlungsspielraum zu gewinnen. Der Bundesrat wird dem Parlament in der Legislatur 2023­2027 eine weitere Vorlage zur nachhaltigen Stabilisierung der Bundesfinanzen gestützt auf eine umfassende Aufgaben- und Subventionsüberprüfung unterbreiten.

Die Änderung des RVOG führt zu einer administrativen Entlastung der Departemente und Verwaltungseinheiten. Der Führungs- und Steuerungsprozess wird flexibilisiert und vereinfacht.

4.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die befristete Kürzung des Bundesbeitrags an die ALV hat keine Auswirkungen auf die Kantone. Die Anpassung des RVOG hat nur bundesverwaltungsinterne Auswirkungen und betrifft die Kantone nicht.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit der Vorlage wird ein befristeter Beitrag zur Reduktion der strukturellen Defizite geleistet. Gesunde Staatsfinanzen und eine im internationalen Vergleich niedrige Steuerbelastung stellen wichtige Rahmenbedingungen für die Attraktivität der Schweiz als Produktions- und Innovationsstandort dar. Leistungseinbussen für Unternehmen oder Privatpersonen sind mit der Vorlage nicht verbunden.

4.4

Auswirkungen in weiteren überprüften Bereichen

Die folgenden Bereiche wurden überprüft: Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen, Berggebiete, Gesellschaft und Umwelt. Es sind keine Auswirkungen zu erwarten.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Revision des RVOG und des AVIG stützen sich auf dieselbe Verfassungsgrundlage (Art. 173 Abs. 2 bzw. 114 BV) wie das bestehende RVOG beziehungsweise das bestehende AVIG.

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5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der vorliegende Mantelerlass hat keine Auswirkungen auf Verpflichtungen, die sich aus der Ratifikation internationaler Abkommen oder aus der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen oder Kommissionen ergeben. Die Massnahmen betreffen die Kostenbeteiligung des Bundes im Bereich des AVIG und die bundesverwaltungsinterne Steuerung.

5.3

Erlassform

Zur rechtlichen Umsetzung der Entlastung des Haushalts ab 2025 müssen das AVIG und das RVOG geändert werden. Die beiden Gesetzesänderungen sind in der Form eines sogenannten Mantelerlasses zusammengefasst; dieser ist in die Form eines Bundesgesetzes gekleidet und untersteht dem fakultativen Referendum. Dieses Vorgehen ist aufgrund des einheitlichen Zwecks der verschiedenen Massnahmen (finanzielle und administrative Massnahmen zur Entlastung des Haushalts) gerechtfertigt.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen.

5.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Weder die vorübergehende Reduktion des Bundesbeitrags an die ALV noch die Vereinfachung im Bereich der bundesverwaltungsinternen Steuerung tangieren die Aufgabenteilung von Bund und Kantonen.

5.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

5.7

Datenschutz

Die Vorlage enthält keine Bestimmungen zur Bearbeitung von Personendaten oder andere Massnahmen, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben.

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