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24.025 Armeebotschaft 2024 vom 14. Februar 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe der folgenden Bundesbeschlüsse: ­

Bundesbeschluss über die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee bis 2035,

­

Bundesbeschluss über die Beschaffung von Armeematerial 2024,

­

Bundesbeschluss über das Rüstungsprogramm 2024,

­

Bundebeschluss über das Immobilienprogramm VBS 2024,

­

Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen der Armee 20252028.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Februar 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

2024-0436

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Übersicht Der Bundesrat unterbreitet den eidgenössischen Räten mit der Armeebotschaft 2024 erstmals einen Bundesbeschluss, der die Eckwerte zur strategischen Ausrichtung der Armee in den kommenden zwölf Jahren beschreibt. Zudem beantragt der Bundesrat mit dem Rüstungsprogramm, mit der Beschaffung von Armeematerial für neuerdings vier Jahre und mit dem Immobilienprogramm VBS Verpflichtungskredite von 4,9 Milliarden Franken. Mit einem weiteren Bundesbeschluss unterbreitet er dem Parlament einen Zahlungsrahmen der Armee für die Jahre 2025­ 2028. Im Gegensatz zu den bisherigen Zahlungsrahmen deckt dieser neben der Gruppe Verteidigung und armasuisse Immobilien sämtliche Bereiche des Bundesamts für Rüstung (armasuisse) ab und soll 25,8 Milliarden Franken umfassen. Gemäss Parlamentsbeschluss vom 21. Dezember 2023 werden die Armeeausgaben 2025 und 2026 real um 3 Prozent und 2027 um 5,1 Prozent ansteigen.

Ausgangslage Nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und angesichts der verschlechterten sicherheitspolitischen Lage in Europa nahmen die eidgenössischen Räte im Juni 2022 die gleichlautenden Motionen 22.3367 und 22.3374 ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen an. Die Motionen verlangen eine schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben, sodass diese spätestens 2030 mindestens einem Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) entsprechen. Die Armee soll dadurch Fähigkeitslücken schliessen können und rascher als geplant modernisiert werden. Wegen der angespannten Situation in den Finanzplanjahren 20252027 beschloss der Bundesrat im Januar 2023, dass das Ziel, die Armeeausgaben auf ein Prozent des BIP anwachsen zu lassen, erst bis 2035 erreicht werden soll. Am 21. Dezember 2023 bestätigte das Parlament dieses Vorhaben.

Mit dem Aufgaben- und Finanzplan 20252027 beschloss es ein reales Ausgabenwachstum von 3 Prozent in den Jahren 2025 und 2026 sowie von 5,1 Prozent im Jahr 2027.

Welche Fähigkeitsbereiche der Armee gestärkt werden sollen, wird in den Eckwerten zur längerfristigen Ausrichtung der Armee festgehalten. Diese Eckwerte werden dem Parlament neu einmal pro Legislatur im Rahmen einer an den Fähigkeiten der Armee orientierten Armeebotschaft vorgelegt.

Inhalt der Vorlage Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament mit der Armeebotschaft 2024 fünf Bundesbeschlüsse: die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee bis 2035,
die Beschaffung von Armeematerial 20242027 (3520 Mio. Fr.), das Rüstungsprogramm 2024 (490 Mio. Fr.), das Immobilienprogramm VBS 2024 (886 Mio. Fr.) und den Zahlungsrahmen der Armee 20252028 (25,8 Mrd. Fr.).

Ausgehend von verschiedenen Bedrohungsszenarien und unter Berücksichtigung des sicherheitspolitischen Umfelds sowie der Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine hat der Bundesrat drei Varianten für die längerfristige Ausrichtung der Armee erarbeitet. Die erste Variante geht davon aus, dass die Eintretenswahrscheinlichkeit einer militärischen Bedrohung aus der Distanz am grössten ist. Die zweite geht davon aus, 2 / 90

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dass Formen der hybriden Konfliktführung, der militärischen Bedrohung aus der Distanz und eines militärischen Angriffs gleichzeitig oder in rascher Abfolge eintreten können. Die dritte fokussiert auf einen umfassenden militärischen Angriff. Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass die zweite Variante, die auf ein breites und ausgewogenes Fähigkeitsprofil der Armee abzielt, die geeignetste ist, um die Schweiz vor absehbaren Bedrohungen und Gefahren zu schützen. Aufgrund der verfügbaren finanziellen Mittel müssen mit dieser Variante zwar Abstriche bei der Tiefe der Fähigkeitsausprägungen in Kauf genommen werden. Die wesentlichen Fähigkeitslücken können jedoch in absehbarer Zeit geschlossen werden.

Fähigkeitslücken bestehen heute vor allem in den Bereichen «Führung und Vernetzung» sowie «Nachrichtenverbund und Sensoren», aber auch bei der Wirkung am Boden, in der Luft sowie im Cyber- und elektromagnetischen Raum. Mit dem neuerdings für vier Jahre (20242027) beantragten Verpflichtungskredit für Armeematerial kann ein Teil der Fähigkeits- und Ausrüstungslücken geschlossen werden. Geplant sind unter anderem der Ausbau der Informatik- und Telekommunikationssysteme auf den unteren taktischen Stufen (Einheit/Truppenkörper), die Beschaffung von teilmobilen Radaren für die Überwachung des mittleren und oberen Luftraums, die Beschaffung von Mitteln zur bodengestützten Luftverteidigung kurzer Reichweite und ein erneuter Werterhalt des bereits im Jahr 2006 werterhaltenen Kampfpanzers 87 Leopard 2.

Weitere Fähigkeitslücken soll das Rüstungsprogramm 2024 schliessen. Mit der Ausstattung der bestehenden Rechenzentren VBS und der Anbindung von Hauptsystemen kann ein wesentliches Element der Informatikinfrastruktur der Armee erneuert und besser gegen Cyberangriffe geschützt werden. Zudem sollen die Bodentruppen mit einer neuen Lenkwaffe ausgerüstet werden, die gepanzerte Ziele und Schlüsselobjekte auf weite Distanz bekämpfen kann. Überdies sollen teilmobile Sensoren beschafft werden, die eine bessere Detektion, Ortung, Verfolgung und Identifizierung von Luftfahrzeugen ermöglichen. Mit einem weiteren Rüstungsvorhaben soll schliesslich der Werterhalt des Schulungsflugzeugs PC-7 ermöglicht werden.

Mit dem Immobilienprogramm VBS 2024 wird der Bau des neuen Rechenzentrums «Kastro II» beantragt. Wie bereits das in Betrieb
stehende Rechenzentrum «Fundament» soll «Kastro II» ausschliesslich militärisch genutzt werden. Weiter werden bauliche Massnahmen auf den Waffenplätzen Frauenfeld und Bière sowie eine Strassenverlegung auf dem Flugplatz Emmen beantragt.

Schliesslich enthält die Botschaft den Zahlungsrahmen für die Jahre 20252028 zur Deckung des Finanzbedarfs der Armee. Anders als in den zwei bisherigen Zahlungsrahmen deckt er neben der Gruppe Verteidigung und armasuisse Immobilien auch die übrigen Bereiche von armasuisse ab. Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten einen Zahlungsrahmen für die Armee von insgesamt 25,8 Milliarden Franken.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Einleitung

2

Ausgangslage und Rahmenbedingungen 2.1 Zäsur in der Sicherheitspolitik 2.2 Erhöhung des Armeebudgets 2.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung 2.4 Vernehmlassungsverfahren

10 10 11 11 12

3

Eckwerte zur längerfristigen Ausrichtung der Armee 3.1 Bisherige Ausrichtung 3.2 Fähigkeitsorientierte Weiterentwicklung 3.3 Aktuelles Fähigkeitsprofil 3.4 Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine 3.5 Szenarien 3.5.1 Beschreibung 3.5.2 Beurteilung 3.6 Varianten zur Ausrichtung der Armee 3.6.1 Variante 1: Schwergewichtige Ausrichtung auf militärische Bedrohungen aus der Distanz 3.6.2 Variante 2: Ausrichtung auf einen eskalierenden bewaffneten Konflikt 3.6.3 Variante 3: Schwergewichtige Ausrichtung auf einen umfassenden militärischen Angriff 3.6.4 Beurteilung der Varianten 3.7 Erforderliches Fähigkeitsprofil 3.8 Erforderliche Fähigkeitsentwicklung 3.9 Umsetzung

12 12 14 14 20 21 21 23 25

Beschaffung von Armeematerial 20242027 4.1 Kurzfassung 4.2 Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung 4.2.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 4.2.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 4.2.3 Risikobeurteilung und Teuerung 4.2.4 Finanzielle und personelle Auswirkungen 4.3 Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf 4.3.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 4.3.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 4.3.3 Risikobeurteilung und Teuerung 4.3.4 Finanzielle und personelle Auswirkungen 4.4 Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung

37 37 37 37 38 44 45 45 45 45 49 49 49

4

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9

26 27 29 30 31 35 36

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4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 5

Ausgangslage und Handlungsbedarf Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung Risikobeurteilung und Teuerung Finanzielle und personelle Auswirkungen

49 49 52 52

Rüstungsprogramm 2024 5.1 Kurzfassung 5.2 Ausstattung der Rechenzentren VBS 5.2.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 5.2.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 5.2.3 Evaluation und Zeitplan der Beschaffung 5.2.4 Geprüfte Alternativen 5.2.5 Risikobeurteilung und Teuerung 5.2.6 Verpflichtungskredit 5.2.7 Finanzielle und personelle Auswirkungen 5.2.8 Auswirkungen auf die Immobilien 5.3 Teilmobile passive Sensoren zur Ergänzung des Luftlagebilds 5.3.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 5.3.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 5.3.3 Evaluation und Zeitplan der Beschaffung 5.3.4 Geprüfte Alternativen 5.3.5 Risikobeurteilung und Teuerung 5.3.6 Verpflichtungskredit 5.3.7 Finanzielle und personelle Auswirkungen 5.3.8 Auswirkungen auf die Immobilien 5.4 Werterhalt des Schulungsflugzeugs PC-7 5.4.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 5.4.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 5.4.3 Evaluation und Zeitplan der Beschaffung 5.4.4 Geprüfte Alternativen 5.4.5 Risikobeurteilung und Teuerung 5.4.6 Verpflichtungskredit 5.4.7 Finanzielle und personelle Auswirkungen 5.4.8 Auswirkungen auf die Immobilien 5.5 Lenkwaffe Boden-Boden 5.5.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 5.5.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 5.5.3 Evaluation und Zeitplan der Beschaffung 5.5.4 Geprüfte Alternativen 5.5.5 Risikobeurteilung und Teuerung 5.5.6 Verpflichtungskredit 5.5.7 Finanzielle und personelle Auswirkungen 5.5.8 Auswirkungen auf die Immobilien 5.6 Cybersicherheit 5.6.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf

52 52 53 53 53 53 54 54 54 55 55 55 55 55 56 56 56 56 57 57 57 57 57 58 58 58 59 59 59 59 59 60 60 60 60 61 61 61 61 61 5 / 90

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5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.6.5 5.6.6 5.6.7 5.6.8 6

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung Evaluation und Zeitplan der Beschaffung Geprüfte Alternativen Risikobeurteilung und Teuerung Verpflichtungskredit Finanzielle und personelle Auswirkungen Auswirkungen auf die Immobilien

62 62 62 63 63 63 63

Immobilienprogramm VBS 2024 6.1 Kurzfassung 6.2 Immobilienplanung 6.3 Bau des Rechenzentrums VBS «Kastro II» 6.3.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 6.3.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 6.3.3 Projektstand und Zeitplan der Realisierung 6.3.4 Geprüfte Alternativen 6.3.5 Risikobeurteilung 6.3.6 Verpflichtungskredit 6.3.7 Finanzielle Auswirkungen 6.3.8 Personelle Auswirkungen 6.4 Verlegung Rüeggisingerstrasse, Flugplatz Emmen 6.4.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 6.4.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 6.4.3 Projektstand und Zeitplan der Realisierung 6.4.4 Geprüfte Alternativen 6.4.5 Risikobeurteilung 6.4.6 Verpflichtungskredit 6.4.7 Finanzielle Auswirkungen 6.4.8 Personelle Auswirkungen 6.5 Ausbau und Sanierung Waffenplatz Frauenfeld, 4. Etappe 6.5.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 6.5.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 6.5.3 Projektstand und Zeitplan der Realisierung 6.5.4 Geprüfte Alternativen 6.5.5 Risikobeurteilung 6.5.6 Verpflichtungskredit 6.5.7 Finanzielle Auswirkungen 6.5.8 Personelle Auswirkungen 6.6 Teilsanierung Waffenplatz Bière, 1. Etappe 6.6.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 6.6.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 6.6.3 Projektstand und Zeitplan der Realisierung 6.6.4 Geprüfte Alternativen 6.6.5 Risikobeurteilung 6.6.6 Verpflichtungskredit

63 63 64 66 66 67 67 67 68 68 68 68 69 69 69 70 70 70 70 71 71 71 71 72 73 73 73 73 74 74 74 74 75 75 75 75 76

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6.7

6.6.7 Finanzielle Auswirkungen 6.6.8 Personelle Auswirkungen Weitere Immobilienvorhaben 2024 6.7.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf 6.7.2 Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung 6.7.3 Risikobeurteilung 6.7.4 Finanzielle und personelle Auswirkungen

76 76 77 77 77 79 79

7

Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028 7.1 Kurzfassung 7.2 Ausgangslage und Handlungsbedarf 7.2.1 Zahlungsrahmen 2021­2024 7.2.2 Künftiger Finanzbedarf 7.3 Beschreibung der beantragten Variante und Begründung 7.3.1 Betriebsausgaben 7.3.2 Rüstungs- und Investitionsausgaben 7.3.3 Technische Reserve 7.3.4 Einsatz von zweckgebundenen Reserven 7.4 Risikobeurteilung

79 79 80 80 81 82 82 83 83 84 84

8

Auswirkungen 8.1 Auswirkungen auf den Bund 8.1.1 Teuerung, Wechselkurse und Mehrwertsteuer 8.1.2 Finanzielle Auswirkungen 8.1.3 Personelle Auswirkungen 8.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 8.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 8.4 Auswirkungen auf die Umwelt

85 85 85 85 86

Rechtliche Aspekte 9.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 9.2 Erlassform 9.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 9.4 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

87 87 88 88 88

9

86 86 87

Bundesbeschluss über die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee bis 2035 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über die Beschaffung von Armeematerial 2024 (Entwurf)

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Bundesbeschluss das Rüstungsprogramm 2024 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über das Immobilienprogramm VBS 2024 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028 (Entwurf) BBl 2024 568

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Botschaft 1

Einleitung

Mit der Armeebotschaft 2024 werden die bisherige Botschaftsstruktur und die Zusammensetzung der Bundesbeschlüsse neu gestaltet: Erstmals unterbreitet der Bundesrat dem Parlament einen Bundesbeschluss, der die Eckwerte zur strategischen Ausrichtung der Armee in den kommenden zwölf Jahren beschreibt. Das Parlament soll die längerfristige Entwicklung der Armee dadurch effektiver mitgestalten können. Der neue Bundesbeschluss zeigt auf, welche Entwicklungen in verschiedenen Fähigkeitsbereichen erforderlich sind, damit die Armee ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen und ihre Verteidigungsfähigkeit stärken kann.

Ein solcher Bundesbeschluss über die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee wird dem Parlament neu einmal pro Legislatur im Rahmen einer an den Fähigkeiten der Armee orientierten Armeebotschaft unterbreitet. Diese enthält zudem einen Bundesbeschluss, der die Verpflichtungskredite für Armeematerial erstmals über einen Zeitraum von vier Jahren zusammenfasst. Es handelt sich dabei um Kredite für die «Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung» (PEB), den «Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf» (AEB) sowie die «Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung» (AMB). Diese Kredite wurden bisher jährlich beantragt. Der Vier-JahresRhythmus verschafft der Armee eine grössere Planungssicherheit. Zeichnen sich nach der Kreditfreigabe wesentliche Änderungen ab, legt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) diese in den Folgejahren dem Bundesrat zum Beschluss vor.

Zusätzlich zu den Bundesbeschlüssen über die Eckwerte und über die Beschaffung von Armeematerial enthält die vorliegende Armeebotschaft Bundesbeschlüsse über das Rüstungsprogramm und über das Immobilienprogramm VBS. Diese werden wie bisher jährlich vorgelegt, um ihrer Bedeutung gerecht zu werden und um Projektrisiken möglichst tief zu halten. Mit einem fünften Bundesbeschluss wird dem Parlament der vierjährige Zahlungsrahmen der Armee unterbreitet. Dieser legt die Obergrenze fest, welche die Voranschlagskredite in den Jahren 20252028 zur Deckung des Finanzbedarfs der Armee maximal erreichen dürfen.

Die Botschaft ist nach diesen Bundesbeschlüssen gegliedert. Sie beschreibt zunächst einen langfristigen und dann einen mittel- bis kurzfristigen Planungshorizont: die für die nächsten zwölf Jahre geltenden
Eckwerte, das in den kommenden vier Jahren zu beschaffende Armeematerial und die jährlich beantragten Rüstungs- und Immobilienprogramme. Abschliessend wird der Zahlungsrahmen erläutert.

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Ausgangslage und Rahmenbedingungen

2.1

Zäsur in der Sicherheitspolitik

Der Bundesrat entschied im Juni 2021, dem Parlament die Möglichkeit zu geben, stärker als bisher über die strategische Ausrichtung der Armee bestimmen zu können. Im Zentrum der parlamentarischen Beratung sollen künftig Fähigkeiten stehen, welche die Armee aufbauen oder erhalten muss, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Das Parlament soll sich weniger mit der Beschaffung einzelner Rüstungsgüter befassen und sich im Gegenzug vermehrt mit der strategischen Ausrichtung der Armee und ihren Fähigkeiten auseinandersetzen.

Die Frage nach der Ausrichtung der Armee und ihrer Verteidigungsfähigkeit hat seit Beginn des Kriegs in der Ukraine im Februar 2022 an Aktualität gewonnen. Der Krieg ist eine Zäsur in der Sicherheitspolitik Europas und der Schweiz. Er hat gezeigt, dass bewaffnete Konflikte in Europa auch heute noch Realität sind. Davor hatten viele europäischen Staaten ihre Streitkräfte von grossen Wehrpflichtarmeen in relativ kleine Berufsheere umgewandelt, die vermehrt auf friedensfördernde Auslandmissionen als auf Verteidigungseinsätze ausgerichtet waren. Neben dem Krieg in der Ukraine dauern auch bewaffnete Konflikte in der Nachbarschaft Europas an oder flammen auf.

Der Krieg in Gaza beispielsweise birgt Eskalationspotenzial im ganzen Nahen Osten und wirkt sich durch die Angriffe rund um Jemen und das Rote Meer auch auf wichtige internationale Schifffahrtswege aus.

Aufgrund der günstigen sicherheitspolitischen Lage in Europa hatte auch die Schweiz ihre Armee nach dem Ende des Kalten Kriegs auf Einsätze ausgerichtet, deren Eintretenswahrscheinlichkeit höher war als jene eines bewaffneten Angriffs. Bei der Konzeption der Armee XXI rechnete man noch mit einer Vorwarnzeit von bis zu zehn Jahren, die zur Vorbereitung eines Verteidigungseinsatzes zur Verfügung stehen würde. Der Krieg in der Ukraine zeigt aber, dass mehrjährige Vorwarnzeiten nicht realistisch sind.

Dieser Krieg wird voraussichtlich eine langanhaltende Phase starker politischer und militärischer Spannungen zwischen Russland und westlichen Staaten nach sich ziehen. Militärische Mittel behalten in diesem neuen Kontext ihre Bedeutung. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass praktisch alle europäischen Länder wieder erheblich mehr in ihre Streitkräfte investieren, um die Ukraine zu unterstützen und um die militärische Abschreckungswirkung
und Verteidigungsbereitschaft gegenüber einer möglichen russischen Aggression zu erhöhen.

Das Sicherheitsumfeld der Schweiz dürfte für lange Zeit volatil, wenig vorhersehbar und instabil bleiben. Die Lage kann sich schnell und überraschend verändern, wodurch die Anforderungen an die Fähigkeiten und die Bereitschaft der Schweizer Armee steigen. Diese muss sich in Zukunft wieder stärker und konsequenter auf die Verteidigung und die Wahrung der Lufthoheit ausrichten.

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2.2

Erhöhung des Armeebudgets

Angesichts der verschlechterten sicherheitspolitischen Lage sprachen sich Bundesrat und Parlament im Zusammenhang mit der Armeebotschaft 2022 für zusätzliche Rüstungsgüter aus, um bestimmte Fähigkeitslücken der Armee rascher als geplant zu schliessen. Zudem nahmen die eidgenössischen Räte im Juni 2022 die gleichlautenden Motionen 22.3367 und 22.3374 ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen an. Die Motionen verlangen eine schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben, sodass diese spätestens 2030 mindestens 1 Prozent des BIP betragen. Das Parlament hat das Budget der Armee in den Jahren 2023 und 2024 um je 300 Millionen Franken gegenüber dem ursprünglichen Finanzplan erhöht. Der Zahlungsrahmen der Armee für die Jahre 2021­2024 wurde entsprechend um 600 Millionen Franken auf 21,7 Milliarden Franken aufgestockt.1 Der Bundesrat will die Armeeausgaben wegen der angespannten Situation in den kommenden Finanzplanjahren allerdings langsamer anwachsen lassen als vom Parlament mit den Motionen 22.3367 und 22.3374 beauftragt. Die Erhöhung auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts soll bis 2035 erreicht werden. Das Wachstum erfolgt dabei nicht linear. Für die Jahre 2025 und 2026 wird ein jährliches Wachstum von real 3 Prozent angenommen, ab 2027 eines von 5,14 Prozent (nominal 6,14 %). Damit werden in den Jahren 2024­2026 1,6 Milliarden Franken weniger für die Armee eingestellt als vom Parlament ursprünglich gefordert. Eine weitere Verzögerung des Ausgabenwachstums hätte zur Folge, dass bestimmte Vorhaben erst später als geplant umgesetzt werden könnten.

2.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung

Der Bundesrat hat dem Parlament mit der Botschaft vom 24. Januar 20242 die Legislaturplanung 20232027 und den Legislaturfinanzplan 20252027 unterbreitet. Unter anderem soll die Schweiz ihre Kompetenzen zur Führung und Bewältigung von Krisen erhöhen, ihre Widerstandsfähigkeit stärken und über die notwendigen Instrumente und Mittel verfügen, um auf Gefahren und Bedrohungen ihrer Sicherheit angemessen reagieren zu können. Die Ausgaben der Armee sollen bis 2035 auf ein Prozent des BIP ansteigen. In diesem Kontext beantragt der Bundesrat dem Parlament mit der vorliegenden Armeebotschaft die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee über zwölf Jahre sowie Verpflichtungskredite für Rüstung, Immobilien und Armeematerial und den Zahlungsrahmen der Armee für die Jahre 20252028.

1 2

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2.4

Vernehmlassungsverfahren

Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20053 wurde darauf verzichtet, eine Vernehmlassung durchzuführen. Die Armee tätigt ihre Ausgaben im Rahmen der verfassungsmässigen Aufgaben des Bundes. Der beantragte Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen umfasst die Betriebs-, Rüstungs- und Investitionsausgaben der Armee für die Jahre 20252028, die maximal ausgegeben werden dürfen. Dieser Bundesbeschluss hängt von der Entwicklung des Bundeshaushalts ab. Die eidgenössischen Räte haben bei der Überweisung der Motionen 22.3367 und 22.3374 an den Bundesrat die Debatte über die Erhöhung der Armeeausgaben geführt. Die Positionen der interessierten Kreise sind bekannt.

Von einer Vernehmlassung wären keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

3

Eckwerte zur längerfristigen Ausrichtung der Armee

3.1

Bisherige Ausrichtung

Die Armee wird seit jeher dem sich verändernden sicherheitspolitischen Umfeld angepasst. Nach dem Ende des Kalten Kriegs wurde sie aufgrund der damals günstigen sicherheitspolitischen Lage stärker auf die subsidiäre Unterstützung ziviler Behörden und weniger auf die Abwehr eines bewaffneten Angriffs ausgerichtet. Ihr Bestand wurde verkleinert und das Armeebudget kontinuierlich gekürzt. Gleichzeitig erhöhte die Armee ihr Engagement zur militärischen Friedensförderung: Seit Anfang der 1990er-Jahre beteiligten sich Schweizer Militärbeobachter an friedensfördernden Missionen der Vereinten Nationen in Afrika, im Nahen Osten und später auch in weiteren Regionen. 1999 nahm dann ein erstes Schweizer Kontingent an der multinationalen Friedensmission im Kosovo teil.

Nach der Jahrtausendwende verschlechterte sich das sicherheitspolitische Umfeld rasch wieder. Gründe waren der Terrorismus, die Gewaltbereitschaft nichtstaatlicher Gruppierungen und der Zerfall staatlicher Strukturen im Mittleren Osten, in Teilen Afrikas und in Zentralasien. Diese Entwicklungen wirkten sich sowohl direkt als auch indirekt auf die Schweiz aus. Die Armee musste nun rasch und flexibel einsetzbar sowie kooperationsfähig sein, um die zivilen Behörden bei der Terrorismusbekämpfung zu unterstützen.

Der sogenannte Entwicklungsschritt 08/11 sollte diesen Erfordernissen Rechnung tragen. Damit genügend Kräfte vorhanden wären, um bei Bedarf Sicherungseinsätze zu leisten, mussten die hauptsächlich für Verteidigungsaufgaben vorgesehenen Kräfte reduziert werden. Ein Teil der Artillerie- und Panzerformationen wurde in der Folge zu Infanterieverbänden umgebildet. Diese hätten bei akuter Gefährdungslage zur Erhöhung von Sicherheit und Stabilität beitragen können, indem sie strategisch wichtige Räume und Infrastrukturen schützten. Die Bereitschaft zur Unterstützung ziviler Behörden konnte im Laufe der Weiterentwicklung der Armee weiter verbessert werden, unter anderem dank eines abgestuften Bereitschaftssystems und der Bezeichnung von Milizformationen mit hoher Bereitschaft.

3

SR 172.061

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In Bezug auf ihre Verteidigungsaufgabe orientiert sich die Armee heute an einem hybriden Konfliktbild, das zahlreiche Akteure und Konfliktformen umfasst. Ein möglicher Angriff kann zunächst ohne Waffengewalt erfolgen und sich gegen die Gesellschaft und kritische Infrastrukturen richten. Bei einer Eskalation muss die Armee jedoch bereit sein, rasch und nahtlos von Schutz- zu Kampfaufgaben überzugehen.

Sie muss daher ein möglichst breites Fähigkeitsspektrum abdecken.

Der Bundesrat hat mit Richtungsentscheiden vorgegeben, über welche Fähigkeiten die Armee künftig verfügen muss, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Die Stossrichtungen der Weiterentwicklung sind in drei Grundlagenberichten4 nachzulesen:


Luftverteidigung der Zukunft (2017): Dieser Bericht argumentierte, dass die Armee auch in Zukunft fähig sein muss, Luftpolizeiaufgaben zu erfüllen, Konferenzstandorte zu schützen und den Luftraum in bewaffneten Konflikten zu verteidigen. Dazu braucht es eine Kombination aus Kampfflugzeugen und Mitteln zur bodengestützten Luftverteidigung. Zudem soll die Fähigkeit wieder aufgebaut werden, Bodenziele aus der Luft präzise zu bekämpfen.



Zukunft der Bodentruppen (2019): Dieser Bericht wies auf die Notwendigkeit hin, die Landstreitkräfte stärker auf ein Konfliktbild auszurichten, das sich ständig und rasch verändern kann. Dazu sollen sie mit leichteren, geschützten, mobilen und vielseitig einsetzbaren Systemen ausgerüstet werden. Die Tatsache, dass zahlreiche Hauptsysteme der Bodentruppen bald ans Ende ihrer Nutzungsdauer gelangen werden, ist nicht nur ein Problem, sondern auch eine Chance: Die künftigen Fähigkeiten der Armee können bei dieser Gelegenheit systematisch auf die sicherheitspolitischen, militärischen und technologischen Erfordernisse ausgerichtet werden.



Gesamtkonzeption Cyber (2022): Dieser Bericht legte die Grundlage für die Digitalisierung der Truppe und den Eigenschutz im Cyber- und elektromagnetischen Raum. Um Cyberangriffe jederzeit und in allen Lagen erkennen und abwehren zu können, sind eine permanente Überwachung, ein dezentraler Schutz der Informatiksysteme sowie ein personeller Aufwuchs in Form eines Cyberbataillons notwendig. Im elektromagnetischen Raum soll die Mehrheit der Verbände zu selbstständigen Einsätzen fähig sein, bei denen sie beispielsweise den gegnerischen Funkverkehr unterdrücken.

Der Bundesrat hat die Gesamtkonzeption Cyber zur Kenntnis genommen und zu den Boden- und Luftberichten Grundsatzentscheide gefällt. Diese und weitere konzeptionelle Arbeiten etwa der Bericht in Erfüllung des Postulats 11.3752 «Zukunft der Artillerie» sind weiterhin richtungsweisend für die Weiterentwicklung der Armee.

Die Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine haben die eingeschlagene Stossrichtung weitgehend bestätigt. Die Fähigkeiten der Armee sollen indes noch stärker auf den Kernauftrag Verteidigung ausgerichtet werden.

4

Abrufbar unter www.vtg.admin.ch > Gruppe Verteidigung > Grundlagen > Grundlagenberichte.

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3.2

Fähigkeitsorientierte Weiterentwicklung

Die Weiterentwicklung der Armee als Reformprojekt wurde Ende 2022 abgeschlossen, die Weiterentwicklung der Armee als kontinuierlicher Prozess hingegen nicht.

Sie orientiert sich an Fähigkeiten, welche die Armee als Gesamtsystem erhalten oder aufbauen muss, um künftige Bedrohungen und Gefahren bewältigen zu können. Zu diesen Fähigkeiten gehören die Aktionsplanung, die Nachrichtenbeschaffung, die Wahrung der Lufthoheit, die Abwehr von Angriffsaktionen, logistische und sanitätsdienstliche Leistungen oder der Lufttransport.

Um festlegen zu können, welche Fähigkeiten die Armee kurz-, mittel- und langfristig benötigen wird, wird als Erstes das sicherheitsrelevante strategische Umfeld der Schweiz analysiert insbesondere die politischen, militärischen, gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen und Tendenzen. Massgebend sind dabei die sicherheitspolitischen Berichte des Bundesrates. Sie analysieren die Lage umfassend und zeigen unter anderem auf, ob und inwieweit das aktuelle Fähigkeitsprofil der Armee geeignet ist, um rasch, zweckmässig und wirksam auf mögliche Bedrohungen und Gefahren zu reagieren.

Zu diesen Bedrohungen und Gefahren erarbeitet die Armee Szenarien, um sie anschliessend zu beurteilen. Bei der Beurteilung trägt sie insbesondere der Eintretenswahrscheinlichkeit und dem erwarteten Schadensausmass Rechnung. Auf dieser Basis werden unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeitsprofile für die Armee entwickelt, die sich an den beurteilten Szenarien orientieren. Mit diesen Fähigkeitsprofilen lassen sich die in den Szenarien aufgezeigten Bedrohungen und Gefahren unterschiedlich wirksam bewältigen. Eines dieser Fähigkeitsprofile wird schliesslich zur Umsetzung bestimmt und gibt damit die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee vor.

Die Festlegung eines bestimmten Fähigkeitsprofils ist notwendig, weil die Armee aus finanziellen Gründen nicht alle Fähigkeiten in einer Weise entwickeln kann, um auf alle Szenarien bestmöglich vorbereitet zu sein. Stattdessen muss sie Schwergewichte bilden, was auch bedeutet, auf gewisse Fähigkeiten zu verzichten.

Indem nun das aktuelle Fähigkeitsprofil dem künftigen gegenübergestellt wird, können Fähigkeitslücken ermittelt werden, die geschlossen werden sollen. Die Armee erarbeitete dazu verschiedene Entwicklungsoptionen.

Diese fähigkeitsorientierte Weiterentwicklung
ist ein kontinuierlicher Prozess. Er ist so ausgelegt, dass neue Erkenntnisse laufend einfliessen können insbesondere Lehren aus bewaffneten Konflikten oder Risiken und Chancen, die sich aus dem technologischen Fortschritt ergeben.

3.3

Aktuelles Fähigkeitsprofil

Das aktuelle Fähigkeitsprofil der Armee wird in zehn Fähigkeitsbereiche unterteilt.

Jedem Bereich sind verschiedene Mittel und Systeme zugeordnet. Je höher deren Quantität und Qualität, desto grösser ist die Ausprägung beziehungsweise der Balken im nachfolgenden Diagramm.

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Der Fähigkeitsbereich «Wirkung gegen Ziele in der Luft» bildet zum Beispiel jene Mittel ab, über welche die Armee heute verfügt, um Angriffe aus der Luft abzuwehren. Diese sind aber veraltet und eignen sich nur beschränkt, um neuartige Bedrohungen zu bekämpfen. Für den Fähigkeitserhalt ist daher eine Ersatzbeschaffung von modernen Mitteln (Qualität) erforderlich. Mit einer grösseren Anzahl solcher Mittel (Quantität) könnte ein Anstieg des Fähigkeitsniveaus erreicht werden.

Fähigkeitsprofil 2024 Führung und Vernetzung Nachrichtenverbund und Sensoren Wirkung gegen Ziele in der Luft Wirkung gegen Ziele am Boden Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Logistik Sanität Ungeschützte Mobilität am Boden Geschützte Mobilität am Boden Luftmobilität Zunehmende Ausprägung der Fähigkeiten -> Abb. 1: Aktuelles Fähigkeitsprofil der Armee.y

Führung und Vernetzung Führung bedeutet im militärischen Kontext, die eigenen Mittel so einzusetzen, dass sie zum Erreichen der gesetzten Ziele beitragen. Die militärische Führung kann sich heute aber nicht mehr auf Befehle zwischen einzelnen Führungsstufen beschränken.

Gerade ein hybrides Konfliktumfeld verlangt, dass militärische Aufgaben durch verschiedene Truppengattungen und in enger Zusammenarbeit mit zivilen Partnern erfüllt werden, und dies in mehreren Wirkungsräumen gleichzeitig: am Boden, in der Luft sowie im Cyber- und elektromagnetischen Raum. Die Führungsfähigkeit setzt daher auch eine dichte Vernetzung von Führungs- und Wirkmitteln voraus.

Ein Grossteil der für die Vernetzung erforderlichen Führungs-, Informatik- und Telekommunikationssysteme steht heute am Ende der Nutzungsdauer. Es handelt sich um Einzelsysteme unterschiedlichster Art und Generation, die im Verbund nur beschränkt zusammenwirken können. Die Armee hat in den vergangenen zehn Jahren Anstrengungen unternommen, um die vernetzte Aktionsführung durch den Ausbau des Führungsnetzes Schweiz, die Vereinheitlichung der Telekommunikationssysteme und den Ausbau der Rechenzentren VBS auf allen Stufen zu verbessern.

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Trotzdem weist der Führungsbereich weiterhin Fähigkeitslücken auf. In einem komplexen Einsatzumfeld und unter Zeitdruck muss der rasche und sichere Austausch von grossen Datenmengen möglich sein sei dies für die Erstellung eines Lagebilds oder für die Zusammenarbeit mit zivilen Partnern. Von einem solchen digitalen Verbund sind insbesondere die unteren Führungsstufen bisher noch ausgeschlossen. Wollen sie die heutigen Führungsinformationssysteme nutzen, müssen sie technische Unterbrüche und Informationsverluste in Kauf nehmen.

Nachrichtenverbund und Sensoren Für die Aufgabenerfüllung der Armee in allen Lagen ist die Nachrichtenbeschaffung eine wichtige Voraussetzung. Stäbe und Verbände des militärischen Nachrichtendienstes sind dafür zuständig, alle Führungsstufen mit Informationen über einen Gegner, die Partner und die Umwelt zu versorgen. Dank verschiedener Mittel, sogenannter Sensoren, können sie die Lage darstellen, Bedrohungen oder Gefahren beurteilen und Informationen mit zivilen Organen austauschen.

Für die Nachrichtenbeschaffung am Boden verfügt die Armee über spezielle Aufklärungs- und Späherformationen. Diese sind mit geschützten Fahrzeugen, Wärmebildgeräten und Feldstechern ausgerüstet. Um die Gegenseite zu identifizieren und Ziele zu bezeichnen, fehlen jedoch präzisere und witterungsunabhängige Beobachtungsmittel, die mobil und stationär eingesetzt werden können. Das neue taktische Aufklärungssystem wird diese Fähigkeitslücke schliessen. Einige Verbände verfügen zudem über Mini-Drohnen, die eine Echtzeitaufklärung im bodennahen Raum erlauben. Da diese vorerst aber nur zu Versuchszwecken und in kleinen Mengen vorhanden sind, kann mit ihnen noch kein stufengerechtes Lagebild erstellt werden.

Die Nachrichtenbeschaffung im Luftraum erfolgt teilweise durch ein Aufklärungsdrohnensystem. Für umkämpfte Lufträume und auf grössere Distanzen eignen sich diese aber nicht. Dafür braucht es Kampfflugzeuge, die sich selbst schützen können.

Mit der Einführung des neuen Kampfflugzeugs wird die Armee ihre Fähigkeit zur weitreichenden, lage- und witterungsunabhängigen Luftaufklärung wieder aufbauen.

Das Luftlagebild dieser luftgestützten Sensoren wird mit bodengestützten Sensoren ziviler und militärischer Art ergänzt vor allem mit dem Luftraumüberwachungs- und Einsatzleitsystem sowie mit dem taktischen
Fliegerradar. Letzteres wird ab 2025 alterungsbedingt ausser Dienst gestellt. Insgesamt ist die Sensorik darauf ausgelegt, die Lufthoheit zu wahren. Für die Luftverteidigung ist sie nicht robust genug und zu exponiert.

Auch die Nachrichtenbeschaffung im Weltraum gewinnt für die Armee zunehmend an Bedeutung, insbesondere in den Bereichen Telekommunikation, Erdbeobachtung, Geolokalisierung und Präzisionsnavigation. Die Armee ist heute weitgehend von satellitengestützten Leistungen kommerzieller Anbieter und einzelner Kooperationspartner abhängig. Sie prüft gegenwärtig, wie sie den Weltraum in Einklang mit der Weltraumpolitik 20235, die der Bundesrat am 19. April 2023 verabschiedet hat, besser nutzen kann.

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Abrufbar unter www.sbfi.admin.ch > Forschung und Innovation > Raumfahrt > Schweizer Weltraumpolitik.

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Wirkung gegen Ziele in der Luft Die Schweiz verfügt über ein Gesamtsystem zur Überwachung, zum Schutz und zur Verteidigung ihres Luftraums. Ihr stehen teilweise moderne, aber auch veraltete Komponenten zur Verfügung und solche, die am Ende ihrer Nutzungsdauer stehen.

Im Alltag stellt die Luftwaffe rund um die Uhr den Luftpolizeidienst sicher. In Zeiten erhöhter Spannungen könnte sie während Wochen oder gar Monaten die Lufthoheit wahren und in einem bewaffneten Konflikt könnte sie Bedrohungen in und aus der Luft bekämpfen, wenn auch zeitlich und räumlich beschränkt. Im Verteidigungsfall wäre die Durchhaltefähigkeit der Kampfflugzeuge auch in Bezug auf die Munition sehr begrenzt. Die Bekämpfung von Zielen am Boden wäre zurzeit nicht möglich. Mit der Beschaffung des neuen Kampfflugzeugs wird diese Fähigkeit wieder aufgebaut.

Die bodengestützte Luftverteidigung verfügt derzeit über zwei Fliegerabwehrsysteme kurzer Reichweite. Diese Systeme können bis 3000 Meter über Boden eingesetzt werden und eignen sich primär zur Bekämpfung von Kampfhelikoptern oder bestimmten Drohnen. Zu Beginn der 2030er-Jahre werden sie das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen und müssen ersetzt werden. Ein System zur Bekämpfung von Zielen in grösserer Reichweite fehlt heute noch. Ein solches wurde mit der Armeebotschaft 2022 bewilligt: Das Luftverteidigungssystem des Typs Patriot soll ab 2027 in Betrieb genommen werden.

Wirkung gegen Ziele am Boden Die Bodentruppen müssen helfen, schützen und kämpfen können. Im Alltag können sie Schutzaufgaben erfüllen und im Bedarfsfall auch zivile Rettungsorganisationen unterstützen. In Zeiten erhöhter Spannungen müssten die Bodentruppen zusätzliche Schutzaufgaben übernehmen. Da sich solche Phasen über Monate oder gar Jahre erstrecken können, wäre der heutige Armeebestand eher knapp bemessen, um sämtliche Aufgaben mit einer ausreichenden Durchhaltefähigkeit zu erfüllen. Alleine für den Schutz kritischer Infrastrukturen müssten grösserer Teile der Bodentruppen eingesetzt werden.

Im Falle eines bewaffneten Angriffs kämen verschiedene Mittel im Verbund zum Einsatz. Bei einem terrestrischen Vorstoss könnten Panzertruppen einen gegnerischen Angriff stoppen oder zumindest verzögern. Ihr Hauptsystem, der Kampfpanzer Leopard, kann dank verschiedener Werterhaltungsmassnahmen noch bis Mitte der
2030er-Jahre genutzt werden. Das Hauptsystem der Artillerie hingegen, die der Feuerunterstützung dient, hat das Ende seiner Nutzungsdauer bereits erreicht. Die Panzerhaubitze ist zudem nicht für die präzise Bekämpfung von Zielen in einem komplexen, überbauten Gelände geeignet.

Den Bodentruppen fehlt schliesslich auch die zentrale Fähigkeit, bewegliche gepanzerte Ziele auf Distanzen von mindestens vier Kilometern zu bekämpfen. Seit der Ausserdienststellung des Panzerjägers können sie solche Ziele nur noch auf kürzere Distanz und in Sichtweite bekämpfen.

Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Im Cyber- und elektromagnetischen Raum werden Daten und Informationen zwischen Sensoren, Führungseinrichtungen und Wirkmitteln ausgetauscht, was die Planung und 17 / 90

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Durchführung militärischer Einsätze erst möglich macht. Die Armee verfügt über eine eigene Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Für den Schutz der entsprechenden Systeme und Infrastrukturen ist sie selbst verantwortlich.

Aufgrund der wachsenden Anzahl, Intensität und Komplexität der Cyber-Bedrohungen lancierte das VBS 2016 einen Aktionsplan Cyber-Defence VBS, der unter anderem den Aufbau eines Cyberkommandos und eines Cyberlehrgangs für Rekrutinnen und Rekruten ermöglichte. Der personelle Aufbau und die Ausbildung sind noch im Gang, weshalb die Fähigkeiten zur Cyberabwehr noch nicht ausgeprägt vorhanden sind.

Im elektromagnetischen Raum verfügt die Armee einerseits über Sensoren zur Aufklärung von Sender-, Netz- und Kommunikationssignalen. Mit Effektoren kann sie andererseits Übertragungsbeeinträchtigungen oder Messfehler beim Gegner erzeugen. Diese leistungsfähigen Sensoren und Effektoren sind in wenigen Radfahrzeugen eingebaut und für die oberen Führungsstufen der Armee geeignet. In einem hybriden Einsatzumfeld beziehungsweise auf den unteren taktischen Stufen (Einheit/Truppenkörper) sind sie jedoch wenig geeignet.

Logistik Um ihre Aufgaben zu erfüllen, ist die Armee auf eine funktionierende Logistik angewiesen. Im Zuge der Weiterentwicklung der Armee wurde diese modernisiert unter anderem durch eine Container-Lösung für den effizienten Materialtransport und eine umfassende Erneuerung der Lastwagenflotte. Um die Bereitschaft zu erhöhen, wurden zudem verschiedene Anpassungen der logistischen Infrastruktur und Prozesse vorgenommen.

Heute ist die Logistik der Armee vorwiegend auf die normale Lage und somit auf den Ausbildungsbetrieb und planbare Einsätze ausgerichtet. In Zeiten erhöhter Spannungen oder im Falle eines bewaffneten Konflikts blieben grosse Teile der zentral aufgestellten Basis- und Einsatzlogistik ungeschützt. Die Armee könnte ihr Material nur bedingt unterirdisch oder dezentral lagern. Transporte müsste sie mit ungeschützten Mitteln durchführen.

Überdies bestehen erhebliche Lücken beim Material: Die finanziellen Ressourcen für Immobilien-Betreiberleistungen und Ersatzteile sind knapp, während die Bevorratung von Munition nach dem Ausbildungsbetrieb und nicht nach möglichen Einsätzen bemessen ist. Einzelne Munitionssorten sind nur in geringer Stückzahl vorhanden.
Sanität Der Sanitätsdienst der Armee setzt sich aus der Basissanität und der Truppensanität zusammen. Die Basissanität stellt die medizinische Grundversorgung der Armee in militärmedizinischen Zentren oder durch die Armeeapotheke sicher, während die Truppensanität für die sanitätsdienstliche Versorgung der militärischen Verbände zuständig ist. Die Versorgung der Truppe kann heute nur minimal gewährleistet werden, da grosse Lücken bei Material und Personal bestehen. So ist etwa der geschützte Patiententransport mangels geeigneter Fahrzeuge nur beschränkt möglich, wobei ein Teil der bestehenden Flotte aus umgebauten Fahrzeugen besteht, die ursprünglich einem anderen Zweck dienten. Auch die Sanitätshilfsstellen genügen den heutigen 18 / 90

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Anforderungen bezüglich Mobilität, Bereitschaft und Funktionalität nicht mehr. Ihre medizinaltechnische Einrichtung muss modernisiert werden.

Die Fähigkeiten der Armee sind auch bei der prähospitalen Notfallversorgung also bei der Versorgung vor der Einlieferung ins Spital nur minimal ausgeprägt. Bei der sanitätsdienstlichen Versorgung ist die Armee deshalb stark auf den Leistungen des zivilen Gesundheits- und Veterinärwesens angewiesen, also von zivilen Rettungsdiensten, Spitälern oder Arztpraxen.

Ungeschützte Mobilität am Boden Der Begriff «Mobilität» umfasst die Bewegung und Verschiebung von Mitteln und Verbänden am Boden und in der Luft. Am Boden wird zwischen geschützter und ungeschützter Mobilität unterschieden.

Fahrzeuge von leichten Kräften, die beispielsweise für Patrouillen oder für die Nachrichtenbeschaffung eingesetzt werden, können über einen geringeren Schutzgrad verfügen, ohne dass untragbare Risiken eingegangen werden. Zu diesen ungeschützten Fahrzeugen gehören unter anderem Personen-, Liefer- oder Lastwagen.

Für die ungeschützte Mobilität reichen die armeeeigenen Fahrzeuge heute grundsätzlich aus. Bei Schwerlasttransporten hingegen nimmt die Armee auch Leistungen von zivilen Anbietern in Anspruch. Insgesamt stehen genügend Fahrzeuge zur Verfügung, um die Truppe auszurüsten. Unterbestände sind vor allem bei den Sanitätsfahrzeugen zu verzeichnen, deren Flotte aus finanziellen Gründen nur etwa die Hälfte der benötigten Fahrzeuge aufweist. Die gleichzeitige Verlegung von grossen Verbänden namentlich von Brigaden oder Divisionen ist zudem nur eingeschränkt möglich.

Geschützte Mobilität am Boden Die Bodentruppen müssen in ihrem Einsatzraum beweglich sein, Truppen geschützt transportieren können sowie Hindernisse überwinden oder beseitigen können. Dazu müssen sie mit Fahrzeugen ausgerüstet sein, die über angemessene Schutzsysteme verfügen.

Die heutigen Gefechtsfahrzeuge sind durchgehend geschützt, wobei die Schutzwirkung grösstenteils auf den Beschuss durch Waffen kleinerer Kaliber und teilweise auch mittlerer Kaliber ausgelegt ist. Über einen Minenschutz verfügen nur die Gefechtsfahrzeuge neuerer Generation. Vor gelenkter Munition sind dagegen auch diese nicht geschützt.

Insgesamt ist eine ausreichende Anzahl von Gefechtsfahrzeugen vorhanden. Diese sind aber grösstenteils veraltet
und können nur noch mit erheblichem Aufwand in Betrieb gehalten werden.

Luftmobilität Die Luftmobilität umfasst einerseits den luftgestützten Transport von Personen und Material, mit dem Verbände rasch und geländeunabhängig verschoben werden können. Andererseits gehören auch Such-, Rettungs-, Evakuierungs- und Rückführungsaktionen dazu, die unter anderem für zivile Behörden durchgeführt werden. Des Weiteren verfügt die Luftwaffe über eine Flotte von Transporthelikoptern und Flächenflugzeugen.

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Das Gros der alltäglichen Lufttransportbedürfnisse kann im Inland mehrheitlich durch die Helikopterflotte abgedeckt werden, insbesondere durch die mittelschweren Transporthelikopter Super Puma und Cougar. Mit einer Nutzlast von vier Tonnen sind deren Einsatzmöglichkeiten aber begrenzt. Die übrigen Transportbedürfnisse deckt die Armee mit Flächenflugzeugen oder leichten Transport- und Schulungshelikoptern ab.

Für die Luftmobilität über grössere Distanzen und ins Ausland können nur in sehr beschränktem Masse eigene Mittel eingesetzt werden. Ergänzende Leistungen werden je nach Situation von zivilen Anbietern in Anspruch genommen. Geplant ist die Beteiligung an einer Pool-Lösung im Rahmen der internationalen Kooperation.

Alle diese Mittel sind primär auf ein Umfeld ausgelegt, in dem die zivilen und militärischen Kräfte die Kontrolle über das Einsatzgebiet ausüben und ein Beschuss der Luftfahrzeuge ausgeschlossen werden kann.

3.4

Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine

Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine militärisch angriff, stellte sich die Frage, ob das Fähigkeitsprofil der Schweizer Armee den künftigen Anforderungen an die Verteidigungsfähigkeit und Bereitschaft genügt. Im Hinblick auf die veränderte sicherheitspolitische Lage beschlossen Bundesrat und Parlament, mit einem zusätzlichen Rüstungsprogramm 2022 und einer schrittweisen Erhöhung des Armeebudgets bestimmte Rüstungsvorhaben vorzuziehen, um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken.

Als Folge wurden die Rüstungsvorhaben der kommenden Jahre neu priorisiert. Dabei wurden verschiedene Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine berücksichtigt, die hier überblicksartig aufgeführt werden.

Der bewaffnete Konflikt in der Ukraine war seit der russischen Annexion der Krim durch den Einsatz hybrider Mittel geprägt, mündete schliesslich aber in einen Angriff mit konventionellen militärischen Mitteln. Der Krieg wird heute in sämtlichen Wirkungsräumen ausgetragen.

Die terrestrischen Aktionen seitens Russlands werden sowohl durch leichte mobile Verbände als auch durch schwere mechanisierte Truppen geführt, unterstützt von Kampfflugzeugen, Kampfhelikoptern, Drohnen, elektronischer Kriegführung, Artilleriegeschützen und der Infanterie. Die ukrainischen Verteidiger nutzen neben Kampfpanzern, Artilleriegeschützen und Drohnen auch leichte Kräfte, die mit tragbaren Panzerabwehrwaffen ausgerüstet sind.

Im Luftraum ist es Russland trotz eigentlich grosser Überlegenheit bislang nicht gelungen, die Herrschaft komplett zu erlangen. Die Ukraine verdankt dies einer hochmobilen bodengestützten Luftverteidigung, die Bedrohungen in mittleren und grossen Reichweiten abwehren kann. Den ukrainischen Streitkräften gelingt es, einen viel grösseren Anteil von Drohnen, Marschflugkörper und ballistischen Lenkwaffen sogar Hyperschall-Lenkwaffen abzuschiessen als erwartet. Der beständige Nachschub an Systemen und Munition aus dem Westen trägt massgeblich zum Schutz vor allem des unteren Luftraums bei.

Im Cyber- und elektromagnetischen Raum hatte der Krieg schon lange vor der militärischen Invasion begonnen. Russische Cyberoperationen richten sich unter anderem 20 / 90

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gegen staatliche Institutionen und kritische Infrastrukturen, namentlich gegen die Energieversorgung, Regierungsstellen und Bankdienstleister. Diese Angriffe waren indes weniger ausgedehnt als angenommen. Sie dienten vor allem dazu, konventionelle militärische Angriffe vorzubereiten oder solche zu flankieren.

Beide Kriegsparteien verwenden zudem eine Vielzahl ziviler und militärischer Kommunikationsmittel zu militärischen und propagandistischen Zwecken. Für die angegriffene Ukraine ist es wesentlich, dass Regierung und Armee über geschützte Kommunikationsnetze und eine solide Kommunikationsaufklärung verfügen.

Unabhängig von den einzelnen Wirkungsräumen zeigt der Krieg einmal mehr, dass die Aufklärung ein entscheidender Erfolgsfaktor für militärische Operationen ist. Für einen zahlenmässig unterlegenen Verteidiger ist es wichtig, dass er rasch ein umfassendes Lagebild erstellen kann, um gegnerischen Aktionen zuvorzukommen. Dazu braucht er Informationen von Satelliten, Aufklärungsflugzeugen, Drohnen und weiteren Sensoren, die er auch von Partnern bezieht. Durch die Vernetzung dieser Sensoren mit Wirkmitteln kann viel erreicht werden.

Eine weitere zentrale Voraussetzung für eine wirkungsvolle Verteidigung sind eine funktionierende Logistik und eine ausreichende Bevorratung von Munition, Material und Betriebsstoffen. Dass die ukrainische Armee in ihrem Abwehrkampf über lange Zeit erfolgreich war und immer noch ist, verdankt sie nicht zuletzt der konstanten Lieferung von Rüstungsmaterial durch die USA sowie die EU und ihre Mitgliedstaaten. Dazu gehören Panzerabwehrwaffen, Fliegerabwehrsysteme, Artilleriegeschütze und grosse Mengen an Munition.

Diese Erkenntnisse bestätigen im Wesentlichen die Annahmen, die in den Grundlagenberichten der Schweizer Armee für den Fall eines bewaffneten Konflikts getroffen wurden. Dies betrifft vor allem die Bedeutung der geschützten Mobilität, der bodengestützten Luftverteidigung sowie einer widerstandsfähigen Cyberabwehr. Die Bedeutung der in den Grundlagenberichten identifizierten Fähigkeitslücken hat sich seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine akzentuiert. Die Fähigkeitslücken betreffen die indirekte Feuerunterstützung am Boden und aus der Luft, die Panzerabwehr, die bodengestützte Luftverteidigung kurzer und mittlerer Reichweite, die Vernetzung von Sensoren zur Erstellung eines Lagebilds und die Bevorratung von Munition und Material.

3.5

Szenarien

3.5.1

Beschreibung

Gemäss der in Kapitel 3.2 beschriebenen Methode der fähigkeitsorientierten Streitkräfteentwicklung wurden verschiedene Szenarien entworfen, die in den kommenden Jahren auch für die Schweiz eintreten könnten. Es handelt sich um generisch beschriebene Ereignisse und Entwicklungen, die sich nach möglichen Bedrohungen und Gefahren richten, wie sie im Sicherheitspolitischen Bericht 20216 beschrieben sind.

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Die Szenarien reichen von der blossen Androhung bewaffneter Gewalt über Provokationen nichtstaatlicher Gruppierungen bis zu umfassenden terrestrischen Operationen.

Spätestens seit der Libyen-Krise von 2008 bis 2010 ist klar, dass auch die Schweiz rasch und ohne Vorwarnung von drastischen Massnahmen eines fremden Staates betroffen sein kann, mit unter Umständen grossem Schadensausmass für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Mit dem Krieg in der Ukraine erscheint das Szenario eines militärischen Angriffs durch eine Grossmacht plausibler als früher. Gemäss dem Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 20217 wird zwar ein direkter bewaffneter Angriff auf die Schweiz als unwahrscheinlich erachtet. Er hält aber auch fest, dass eine solche Entwicklung im Hinblick auf die möglichen verheerenden Auswirkungen nicht ausser Acht gelassen werden darf.

Die vier relevanten Szenarien werden nachfolgend in groben Zügen beschrieben.

Szenario 1: Schwerwiegende Bedrohung der inneren Sicherheit Bei diesem Szenario wenden Einzeltäter oder terroristische Gruppierungen verschiedene Formen der Gewalt an, zum Beispiel Sprengstoffanschläge, Drohnen- oder Cyberangriffe. Als Angriffsziele wählen sie Orte mit grossen Menschenansammlungen, kritische Infrastrukturen, aber auch internationale Organisationen oder Vertretungen von Drittstaaten. Ihre Absicht ist es, westeuropäische Staaten darunter auch die Schweiz zu destabilisieren.

Für den Erhalt und die Wiederherstellung der inneren Sicherheit und Ordnung werden zivile Organe eingesetzt. Hält die Bedrohungslage länger an, werden deren Mittel und Fähigkeiten zur Lagebewältigung aber zunehmend erschöpft. Die Armee kann in einer solchen Situation unterstützen, indem sie beispielsweise kritische Infrastrukturen schützt, den Luftpolizeidienst sowie Rettungsdienste und Spitalorganisationen verstärkt, mit Patrouillen das Schutzempfinden der Bevölkerung erhöht oder die Folgen von Cyberangriffen zu bewältigen hilft.

Szenario 2: Staatliche Machtpolitik mit Bedrohung aus der Distanz Bei diesem Szenario wird die Schweiz in einem Streit mit einem anderen Staat zu Konzessionen genötigt. Um seine Interessen durchzusetzen, eskaliert dieser Staat den Konflikt schrittweise, indem er zunächst politische und wirtschaftliche Druckmittel einsetzt, dann Cyberangriffe lanciert, massive
Beeinflussungsversuche unternimmt und Schweizer Staatsangehörige willkürlich auf seinem Territorium festhält. Dadurch wird die Schweiz in allen relevanten Lebensbereichen destabilisiert. In einer nächsten Phase droht er mit dem Einsatz von Distanzwaffen, namentlich von bewaffneten Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Lenkwaffen. Diese hat er zuvor publikumswirksam getestet.

In einer solchen Lage muss die Armee die zivilen Behörden subsidiär beim Schutz kritischer Infrastrukturen unterstützen können, den Schutz des Luftraums intensivieren, Aktionen von Sonderoperationskräften zu vereiteln helfen oder notfalls die Ret-

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tungskräfte verstärken. Die Schweiz ist in diesem Szenario also mit einer Bedrohung konfrontiert, die den Einsatz eines breiten Spektrums an Mitteln erfordert.

Szenario 3: Hybride Formen der Konfliktaustragung durch eine Grossmacht Infolge eines bewaffneten Angriffs einer Grossmacht auf einen europäischen Staat wird das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz instabil und unberechenbar. Europaweit ist mit Versorgungsengpässen wichtiger Güter zu rechnen. Als neutraler Staat beteiligt sich die Schweiz nicht an einem bewaffneten Konflikt, trägt aber Sanktionen gegen den Aggressor mit, weshalb sie von diesem als feindlich gesinnt eingestuft wird. Es kommt zu Unruhen und gewaltsamen Demonstrationen, Sabotageakten, wirtschaftlichen Repressionsversuchen und Cyberangriffen, für die allem Anschein nach die Grossmacht verantwortlich ist. Schliesslich werden auch Angriffe auf kritische Infrastrukturen verübt. Eine direkte militärische Intervention der Grossmacht in benachbarte Länder wird immer wahrscheinlicher.

Um dieser schwerwiegenden Bedrohung beizukommen, übernimmt die Armee auf subsidiärer Basis Sicherungsaufgaben. Zur Kontrolle der Migrationsbewegungen unterstützt sie auch die Grenz- und Migrationsbehörden. Ihr Nachrichtendienst trägt ausserdem zur Beschaffung und Auswertung von Informationen über die Akteure und die Lage bei.

Szenario 4: Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs Hybride Formen der Konfliktaustragung bezwecken, eine Gesellschaft über längere Zeit in allen relevanten Lebensbereichen zu destabilisieren. Weil es dem staatlichen Akteur nicht gelingt, dadurch seine Interessen durchzusetzen, setzt er schliesslich militärische Mittel ein. Ziel des Angriffs ist es, einen Geländeteil zu isolieren, um diesen anschliessend mit eigenen Kräften zu besetzen. Als Erstes lanciert der Gegner einen Angriff aus dem Luftraum und mit Sonderoperationskräften, später mit regulären Bodentruppen. Neben Luftfahrzeugen und Panzern kommen auch ferngesteuerte Drohnen, Präzisionswaffen und andere moderne Mittel zum Einsatz. Der Gegner unternimmt im Cyberraum und im elektromagnetischen Raum Operationen gegen kritische Infrastrukturen und Kommunikationssysteme.

Sobald die Intensität und Ausdehnung der Bedrohung ein Ausmass erreichen, das die territoriale Integrität, die Bevölkerung oder die Ausübung der
Staatsgewalt gefährdet, können Bundesrat und Bundesversammlung die Armee zur Verteidigung einsetzen.

Diese wehrt gegnerische Angriffe in sämtlichen Wirkungsräumen ab und unterstützt zivile Einsatzkräfte mit militärischen Mitteln.

3.5.2

Beurteilung

Die oben skizzierten Szenarien werden in Bezug auf ihre Eintretenswahrscheinlichkeit und das erwartete Schadensausmass beurteilt. Der Bundesrat verwendet dabei dieselben Begriffe wie der Nachrichtendienst des Bundes in seinen jährlichen Lageberichten: Auf der ansteigenden Skala werden die Bedrohungen als «eher wahrscheinlich», «wahrscheinlich», «sehr wahrscheinlich» oder «äusserst wahrscheinlich» beur-

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teilt, auf der absteigenden Skala als «eher unwahrscheinlich», «unwahrscheinlich», «sehr unwahrscheinlich» oder «äusserst unwahrscheinlich».

Szenario 1: Schwerwiegende Bedrohung der inneren Sicherheit Als Ergebnis einer nationalen Risikoanalyse veröffentlichte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) 2020 einen Bericht, der die Risiken von 44 relevanten Katastrophenereignissen und Notlagen beurteilte.8 Zu den Gefährdungen durch mutwillig herbeigeführte Ereignisse zählte der Bericht unter anderem Terroranschläge, Unruhen, Cyberangriffe und bewaffnete Konflikte, die allesamt Teil des vorliegenden Szenarios sind. Ein Eintritt dieser Ereignisse wird als teilweise bis ziemlich plausibel eingestuft, während Schäden im einstelligen Milliardenbereich erwartet werden. Der Sicherheitspolitische Bericht 2021 hält seinerseits fest, dass die wahrscheinlichste Terrorbedrohung von radikalisierten Personen ausgeht und die Schweiz weiterhin ein sekundäres Ziel für solche Anschläge bleibt. Hingegen ist damit zu rechnen, dass sich der in den letzten Jahren beobachtete Anstieg von Cyberangriffen mit staatlicher Urheberschaft fortsetzen wird.

Eine schwerwiegende Bedrohung der inneren Sicherheit bleibt daher in der Schweiz wahrscheinlich. Der erwartete Schaden würde ein beschränktes Ausmass annehmen.

Szenario 2: Staatliche Machtpolitik mit Bedrohung aus der Distanz Der Sicherheitspolitische Bericht 2021 hält fest, dass immer mehr staatliche und nichtstaatliche Akteure Waffen auf grosse Distanzen einsetzen können. Ein bewaffneter Angriff auf die Schweiz könnte auch von ausserhalb Europas geführt werden sei dies mit ballistischen Lenkwaffen, Marschflugkörpern oder bewaffneten Drohnen.

Ein Angriff auf die Schweiz mit solchen Waffen wird zwar für die nächsten Jahre als unwahrscheinlich erachtet. Die Libyen-Krise 2008 bis 2010 hat aber gezeigt, wie ein Staat ohne Vorwarnung drastische Massnahmen gegenüber der Schweiz ergreifen kann, angefangen mit Bedrohung und Erpressung.

Eine solche Bedrohung aus der Distanz muss somit aufgrund der kompetitiven geopolitischen Lage und der zunehmenden technologischen Realisierbarkeit als eher wahrscheinlich eingestuft werden. Der erwartete Schaden eines solchen Szenarios wäre isoliert betrachtet mittelgross. Betreffen die Ereignisse auch andere Bereiche von Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft, kann er je nach Intensität der Bedrohung aber sehr gross sein.

Szenario 3: Hybride Formen der Konfliktaustragung durch eine Grossmacht Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 ist ein bewaffneter zwischenstaatlicher Konflikt am Rande Europas Tatsache geworden. Der Sicherheitspolitischen Bericht 2021 stellte fest, dass die Spannungen zwischen dem Westen und Russland sowie das Risiko einer Konfrontation zwischen Russland und der Nato stark zugenommen hatten. Er wies darauf hin, dass sich im Falle einer Eskalation oder gar eines bewaffneten Konflikts zwischen der Nato und Russland mit zunehmender Konfliktdauer auch für die Schweiz eine direkte Bedrohung ergeben könnte sei dies in 8

«Katastrophen und Notlagen Schweiz 2020. Bericht zur nationalen Risikoanalyse», hg. vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz, November 2020.

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Form von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Instabilitäten, aber auch von Ausfällen der Versorgungsketten oder von verstärkten Migrationsbewegungen.

Ein solches Szenario ist ebenfalls wahrscheinlich, zumal seit dem Krieg in der Ukraine Beeinflussungsaktivitäten und Cybervorfälle auch in der Schweiz stark zugenommen haben. Weitere Formen der hybriden Kriegführung können nicht ausgeschlossen werden und ohne Vorwarnung eintreten. Selbst wenn die Schwelle eines bewaffneten Konflikts nicht überschritten würde, könnte der erwartete Schaden sehr gross sein insbesondere im Falle von gewaltsamen Aktionen oder Anschlägen auf kritische Infrastrukturen.

Szenario 4: Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs Der Sicherheitspolitische Bericht 2021 beurteilt die Bedrohung durch einen umfassenden Angriff auf die Schweiz kurz- bis mittelfristig als unwahrscheinlich. Diese Einschätzung hat sich mit dem Krieg in der Ukraine nicht verändert, weil die Schweiz de facto von der Schutzwirkung der Nato profitiert. Die Auswirkungen wären aber derart gravierend, dass das Szenario eines umfassenden militärischen Angriffs nicht vernachlässigt werden darf. Zum selben Schluss kommt der oben erwähnte Risikobericht des BABS, der die mögliche Schadenssumme auf mehrere hundert Milliarden Franken beziffert.

Ein umfassender militärischer Angriff auf die Schweiz ist also nach wie vor unwahrscheinlich, doch der Schaden wäre gravierend.

Werden die Eintretenswahrscheinlichkeit und das erwartete Schadensausmass der vier Szenarien berücksichtigt und die Ergebnisse verglichen, stellt sich heraus, dass dem Szenario 1 eine vergleichsweise geringe Bedeutung zugemessen werden kann zumindest für die künftige Entwicklung der Armee. Da für die Bewältigung einer schwerwiegenden Bedrohung der inneren Sicherheit in erster Linie zivile Organe zuständig sind, wurde dieses Szenario bei der Erarbeitung der nachfolgenden Varianten nicht berücksichtigt. Die Varianten sind jedoch allesamt darauf ausgelegt, dass die Armee Unterstützungsleistungen zugunsten der zivilen Behörden im bisherigen Umfang erbringen kann.

3.6

Varianten zur Ausrichtung der Armee

Die Armee hat drei Varianten zur längerfristigen Ausrichtung der Armee entworfen, die sich unterschiedlich stark nach den Szenarien 2, 3 und 4 ausrichten. Daraus resultieren drei verschiedene Fähigkeitsprofile, die je nach Erfordernis der zu bewältigenden Szenarien eine unterschiedlich starke Entwicklung in den einzelnen Fähigkeitsbereichen vorsehen. Eine schwergewichtige Ausrichtung auf einen Angriff aus der Distanz (Szenario 2) erfordert beispielsweise eine ausgeprägte Fähigkeit zur Wirkung gegen Ziele in der Luft, um Lenkwaffen oder Marschflugkörper bekämpfen zu können. Ungeachtet ihrer Ausrichtung haben die drei Varianten folgende Gemeinsamkeiten: a)

Sie sind darauf ausgelegt, dass die Armee Unterstützungsleistungen für die zivilen Behörden im bisherigen Umfang erbringen kann.

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b)

Sie berücksichtigen den generell notwendigen Fähigkeitszuwachs in den Bereichen «Führung und Vernetzung» sowie «Nachrichtenverbund und Sensoren», die für die Einsatzfähigkeit der Armee in jedem Fall grundlegend sind.

c)

Sie ermöglichen, dass die Armee ihre Leistungen im Bereich der militärischen Friedensförderung mindestens auf dem heutigen Niveau halten kann.

d)

Sie berücksichtigen eine intensivierte internationale Kooperation, um die Verteidigungsfähigkeit der Armee zu stärken.

Letzteres ist mit Blick auf die technologischen, rüstungswirtschaftlichen und betrieblichen Gegebenheiten unverzichtbar. Durch eine engere internationale Kooperation eröffnen sich der Armee insbesondere in den Bereichen der Ausbildung und Rüstungsbeschaffung zusätzliche Möglichkeiten. So könnte die Schweiz im Rahmen internationaler Initiativen beispielsweise Hauptsysteme zusammen mit Partnern beschaffen oder werterhalten.

3.6.1

Variante 1: Schwergewichtige Ausrichtung auf militärische Bedrohungen aus der Distanz

Diese Variante des Fähigkeitsprofils räumt den Fähigkeiten zur Abwehr einer Bedrohung aus der Distanz höchste Priorität ein. Es ist massgeblich geprägt von den Szenarien 2 (Staatliche Machtpolitik mit Bedrohung aus der Distanz) und 3 (hybride Formen der Konfliktaustragung durch eine Grossmacht).

Abb. 2: Fähigkeiten der Armee, ausgerichtet auf die für militärische Bedrohungen aus der Distanz massgebenden Szenarien.

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Das Schwergewicht der Fähigkeitsentwicklung liegt in diesem Fall auf dem Schutz vor Bedrohungen aus der Luft, vor unbemannten und tief fliegenden Objekten und schliesslich vor ballistischen Lenkwaffen. Neben der bereits eingeleiteten Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite sind auch eine Modernisierung der Mittel zum Schutz des unteren Luftraums und ein Fähigkeitsaufbau im mittleren Luftraum erforderlich.

Um die zivilen Behörden bei der Wahrung der inneren Sicherheit unterstützen zu können, sind weitere Investitionen in den Nachrichtenverbund nötig. Mit zusätzlichen Sensoren wird die Überwachung des Luftraums, aber auch die Früherkennung von Bedrohungen am Boden etwa Anschläge auf kritische Infrastrukturen oder Attentate verbessert.

Ein wesentlicher Fähigkeitsaufbau ist schliesslich auch bei der Wirkung am Boden und im Bereich der Logistik notwendig. Dadurch wird die Ausrüstung der Bodentruppen für Einsätze in einem hybriden Konfliktumfeld verbessert und ihre Durchhaltefähigkeit bei langandauernden Einsätzen erhöht.

Wenig ausgeprägt bleiben dagegen die Fähigkeiten der Sanität. Ihre Leistung wird sich auf die Erstversorgung und den Transport von Patientinnen und Patienten beschränken. Die geschützte Mobilität am Boden beziehungsweise die Flotte der Gefechtsfahrzeuge kann sogar stark reduziert werden. Weil diese Variante kein Schwergewicht auf raumgreifende terrestrische Angriffe legt, reicht ein Werterhalt der verbleibenden Mittel aus. Dies trifft auch auf die Mittel der Luftmobilität zu. Die heutigen Systeme werden nur teilweise ersetzt und die Fähigkeit zum Transport von Material oder zur Unterstützung ziviler Behörden wird insgesamt reduziert.

3.6.2

Variante 2: Ausrichtung auf einen eskalierenden bewaffneten Konflikt

Diese Variante des Fähigkeitsprofils ist ausgewogen auf eine hybride Konfliktführung, auf Bedrohungen aus der Distanz und im Extremfall auf einen umfassenden militärischen Angriff ausgerichtet. Diese Bedrohungen könnten durchaus gleichzeitig oder in rascher Abfolge mit unterschiedlichen Akteuren und Mitteln auftreten. Um eine solche Situation bewältigen zu können, muss die Armee über ein ausgeglichenes Fähigkeitsprofil verfügen und somit auf ein klares Schwergewicht in der Fähigkeitsentwicklung verzichten. Das bedeutet, dass die einzelnen Fähigkeiten im Unterschied zu den Varianten 1 und 3 weniger ausgeprägt sind, gleichzeitig aber ein breiteres Spektrum des Fähigkeitsprofils abdecken.

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Abb. 3: Fähigkeiten der Armee, ausgerichtet auf die für einen eskalierenden bewaffneten Konflikt massgebenden Szenarien.

Damit die Armee in allen Bereichen eine substanzielle Wirkung erzielen kann, ist ein umfassendes Lagebild erforderlich. Ein solches ermöglicht den Nachrichtendiensten, Bedrohungen und Gefahren zu antizipieren. Um die angestrebte Fähigkeitsausprägung im Nachrichtenverbund zu erreichen, muss das Sensorenspektrum in allen Wirkungsräumen erweitert werden. Mit dem gleichzeitigen Ausbau der Führungssysteme kann die Kommunikation zwischen Sensoren, Führung und Wirksystemen einerseits und zivilen Partnern andererseits verbessert werden.

Ein weiterer und teilweise schon initiierter Aufbau ist notwendig, um die Fähigkeiten in den einzelnen Wirkungsräumen zu verbessern. Im Cyber- und elektromagnetischen Raum sind neben dem Ausbau des Kommandos Cyber und der Rechenzentren VBS insbesondere auch Wirkmittel zur Aufklärung von Kommunikationssignalen erforderlich. Für einen umfassenden Schutz vor Bedrohungen aus der Luft muss die Armee neben den im Rahmen des Programms Air2030 eingeleiteten Beschaffungen auch in den Schutz des unteren und mittleren Luftraums investieren. Um die angestrebte Wirkung am Boden zu erreichen, müssen neben den geplanten Mitteln zur indirekten Wirkung auf kurze und mittlere Distanz auch Mittel für grössere Distanzen sowie Lenkwaffen gegen Ziele am Boden beschafft werden. Zudem muss die Durchhaltefähigkeit der Truppen verbessert werden, namentlich durch einen erhöhten Schutz der Logistikmittel und eine zweckmässige Bevorratung von Munition und Betriebsstoffen.

In den Bereichen Sanität und Mobilität reicht ein Fähigkeitserhalt grundsätzlich aus, damit die Armee auf die angenommenen Bedrohungen reagieren kann. Die Flotten der ungeschützten Fahrzeuge, der Transporthelikopter und der Flächenflugzeuge werden bei Bedarf erneuert, jedoch nicht erweitert. Bei der geschützten Mobilität werden die Kapazitäten zeitweilig reduziert, da nur ein Teil der ausser Dienst zu stellenden 28 / 90

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Gefechtsfahrzeuge insbesondere die Schützenpanzer M113 ersetzt werden. Wesentliche Investitionen in diesem Bereich sind erst nach 2035 geplant.

3.6.3

Variante 3: Schwergewichtige Ausrichtung auf einen umfassenden militärischen Angriff

Diese Variante des Fähigkeitsprofils räumt den Fähigkeiten zur Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs höchste Priorität ein. Wie in Variante 1 geht dem bewaffneten Angriff eine längere Phase voraus, in der hybride Konfliktformen zur Anwendung kommen.

In dieser Variante sind somit die Szenarien 4 (Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs) und 3 (Hybride Formen der Konfliktaustragung durch eine Grossmacht) massgebend für das künftige Fähigkeitsprofil.

Abb. 4: Fähigkeiten der Armee, ausgerichtet auf die für einen umfassenden militärischen Angriff massgebenden Szenarien.

Das Schwergewicht der Fähigkeitsentwicklung liegt in diesem Fall auf der Abwehr eines bewaffneten Angriffs in sämtlichen Wirkungsräumen. Der Fokus richtet sich primär auf den Schutz des oberen Luftraums. Ebenso wichtig sind hochmobile und gut geschützte Bodentruppen mit robusten Mitteln.

Muss die Armee in sämtlichen Wirkungsräumen gleichzeitig operieren, so tut sie dies im koordinierten Verbund von Systemen und Mitteln. Die führungsstufenübergreifende, rasche und sichere Kommunikation funktioniert heute aber nur ansatzweise.

Ebenso fehlen Sensoren, die ein konsolidiertes Lagebild ermöglichen würden. Die grösste Fähigkeitslücke bei der Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs 29 / 90

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besteht somit im Bereich der Führung und Vernetzung sowie beim Nachrichtenverbund. Verschiedene Massnahmen zur Verbesserung sind bereits eingeleitet worden, so etwa die Vereinheitlichung der Telekommunikationssysteme oder der Ausbau des Führungsnetzes Schweiz.

Um eine robuste Verteidigungsfähigkeit zu erlangen, braucht die Armee neue Mittel gegen Ziele über alle Distanzen. Wie in Variante 2 muss sie neben den geplanten Mitteln zur indirekten Wirkung auf kurze und mittlere Distanz auch Mittel für grössere Distanzen sowie Lenkwaffen gegen Ziele am Boden haben. Damit sie verlorengegangenes Gelände zurückgewinnen kann, müssen diese Mittel mobil, geschützt und durchsetzungsfähig sein. Um die Durchhaltefähigkeit der Truppen zu steigern, müssen gleichzeitig die Logistikmittel geschützt werden. Auch die Bevorratung von Munition und Betriebsstoffen muss verbessert werden. Im Cyber- und elektromagnetischen Raum beschränkt sich die Entwicklung weitgehend auf die mit dem Kommando Cyber und den Rechenzentren VBS eingeleiteten Massnahmen. Im Bereich der Sanität gibt es einen leichten Fähigkeitszuwachs durch die Verbesserung der Erstversorgung und des Patiententransports.

Die Fähigkeitsentwicklung in den genannten Bereichen geht vor allem zulasten der Luftmobilität und der ungeschützten Mobilität am Boden. Ausgediente Luftfahrzeuge, zum Beispiel die mittelschweren Transporthelikopter, werden nur teilweise ersetzt. Dadurch wird die Fähigkeit zur Unterstützung der Bodentruppen stark reduziert. Schliesslich wird auch die Flotte der ungeschützten Fahrzeuge verkleinert, wobei ein Teil durch zivile Leistungen kompensiert werden kann.

3.6.4

Beurteilung der Varianten

Die Varianten 1 und 3 bilden klare Schwergewichte in bestimmten Fähigkeitsbereichen, nehmen dafür aber starke Verzichte und wenig ausgeprägte Fähigkeiten in den übrigen Bereichen in Kauf.

Die primär auf Bedrohungen aus der Distanz ausgelegte Variante 1 legt ein Schwergewicht auf den Schutz des Luftraums in seinem ganzen Spektrum, insbesondere im bodennahen Raum. Im Gegenzug sind die Bodentruppen im Falle eines terrestrischen Angriffs weniger geschützt und haben weniger Mittel, um verlorengegangenes Gelände zurückzugewinnen. Verändert sich die Lage, kann diese Fähigkeitslücke unter Umständen nicht innert nützlicher Frist geschlossen werden.

In Variante 2 kann die Armee in allen Bereichen eine bestimmte Leistung erbringen.

Sie verfügt über ein breites Fähigkeitsprofil und weist keine erheblichen Fähigkeitslücken auf, ohne aber in ausgewählten Bereichen eine überdurchschnittliche Leistung erbringen zu können. Ein solches Profil entspricht dem im Sicherheitspolitischen Bericht von 2021 formulierten Ziel, die Armee verstärkt auf eine hybride Konfliktführung auszurichten. Zudem entspricht es der Schlussfolgerung im Zusatzbericht des Bundesrats von 2022, Fähigkeitslücken rascher zu schliessen, Fähigkeiten im gesamten Spektrum zu erhalten und diese zur Abwehr eines bewaffneten Angriffs aufzubauen.

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Variante 3 legt das Schwergewicht auf die Abwehr eines umfassenden militärischen Angriffs. Hier sind die Bodentruppen im Falle eines terrestrischen Angriffs besser geschützt. Dazu beschafft die Armee eine Vielzahl robuster Mittel, muss dies aber durch eine reduzierte Wirkung gegen Ziele in der Luft kompensieren. Auch im Cyberund elektromagnetischen Raum müssen sich die Armee und zivile Leistungsbezüger mit einer geringeren Wirkung begnügen.

Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass ein breites, ausgewogenes Fähigkeitsprofil der Armee am besten geeignet ist, um die Schweiz vor absehbaren Bedrohungen und Gefahren zu schützen, selbst wenn damit Beschränkungen in einzelnen Fähigkeitsbereichen verbunden sind. Die beste Grundlage für ein solches Fähigkeitsprofil bildet die Variante 2, die auf einen eskalierenden Konflikt einschliesslich der Abwehr eines bewaffneten Angriffs ausgelegt ist, aber keine erheblichen Fähigkeitslücken aufweist.

Dies ist entscheidend, da ein Akteur stets versucht, auf Fähigkeitslücken und Verwundbarkeiten des Gegners zu zielen.

Mit der Variante 2 wird die Armee als Gesamtsystem auf die wesentlichen Szenarien vorbereitet. Sie kann damit die gesamte Breite ihres Aufgabenspektrums abdecken.

Dank ihres ausgewogenen Fähigkeitsprofils kann sie zudem die anderen sicherheitspolitischen Instrumente wirksamer ergänzen und deren Durchhaltefähigkeit erhöhen.

Eine Verlagerung des Schwergewichts auf ausgewählte Fähigkeiten erscheint dem Bundesrat im Hinblick auf die heutige sicherheitspolitische Lage als nicht zweckmässig. Dadurch wäre die Schweiz nur vor einem Teil der potenziellen Bedrohungen ausreichend geschützt.

3.7

Erforderliches Fähigkeitsprofil

Die Armee dient der Kriegsverhinderung und der Erhaltung des Friedens. Sie muss den Schutz des Landes, der Bevölkerung und der kritischen Infrastrukturen gewährleisten, die Lufthoheit wahren und zivile Behörden unterstützen können. Gleichzeitig leistet sie Beiträge im Rahmen der internationalen militärischen Friedensförderung.

Gemäss dem Entwurf der Aussenpolitischen Strategie 202420279, der am 29. September 2023 vom Bundesrat beschlossen wurde, wird die Schweiz ihre hochwertigen Beiträge im Rahmen der militärischen Friedensförderung weiter ausbauen. Um alle diese Aufgaben erfüllen zu können, ist ein breites Fähigkeitsprofil erforderlich. Dieses orientiert sich an einem hybriden Konfliktbild inklusive der Abwehr eines möglichen bewaffneten Angriffs. Im Folgenden wird beschrieben, welche Entwicklung in den einzelnen Fähigkeitsbereichen erforderlich ist.

9

Abrufbar unter www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Strategien und Grundlagen > Aussenpolitische Strategie.

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Fähigkeitsprofil 2024

Fähigkeitsprofil 2035

Führung und Vernetzung Nachrichtenverbund und Sensoren Wirkung gegen Ziele in der Luft Wirkung gegen Ziele am Boden Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Logistik Sanität Ungeschützte Mobilität am Boden Geschützte Mobilität am Boden Luftmobilität Zunehmende Ausprägung der Fähigkeiten -> Abb. 5: Aktuelles Fähigkeitsprofil und Fähigkeitsprofil 2035 mit Ausrichtung auf einen eskalierenden bewaffneten Konflikt.

Führung und Vernetzung Um die Fähigkeiten zur Führung und Vernetzung zu verbessern, müssen die Rechenzentren VBS und das Führungsnetz Schweiz weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen die heterogenen Informations- und Telekommunikationssysteme vereinheitlicht und erweitert werden. Dies verbessert den raschen, geschützten und mobilen Datenaustausch, die vernetzte Aktionsführung sowie die Kommunikation mit zivilen Behörden.

Für diesen Fähigkeitsaufbau braucht es neben weiteren Investitionen in die Rechenzentren und in die Telekommunikation der Armee auch Investitionen in ein neues Führungs- und Informationssystem sowie in neue geschützte Führungsfahrzeuge, die auf einer einheitlichen Trägerplattform basieren.

Nachrichtenverbund und Sensoren Um die Fähigkeiten des Nachrichtenverbunds zu verbessern, müssen die Aufklärungsmittel in allen Wirkungsräumen qualitativ und quantitativ verbessert werden.

Dadurch lassen sich Fähigkeitslücken bei der Nachrichtenbeschaffung in allen Wirkungsräumen und auch bei der Verdichtung des Lagebilds schliessen.

Für diesen Fähigkeitsaufbau sind neben dem Werterhalt und einer Ergänzung der bestehenden Sensoren weitere Investitionen erforderlich, namentlich in ein Passivradar, in ein teilmobiles Radar kurzer und grosser Reichweite, in Mini-Drohnen sowie in die

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Signalaufklärung. Überdies prüft die Armee, wie sie den Weltraum für die Nachrichtenbeschaffung und die Kommunikation vermehrt nutzen kann.

Wirkung gegen Ziele in der Luft Um die Wirkung gegen Ziele in der Luft zu verbessern, sind neben den im Rahmen des Programms Air2030 eingeleiteten Beschaffungen auch Investitionen zur bodengestützten Luftverteidigung kurzer und mittlerer Reichweite geplant. Dies ist im Bericht Luftverteidigung der Zukunft vorgesehen. Dadurch lassen sich Marschflugkörper, bewaffnete Drohnen und Kampfflugzeuge im unteren und mittleren Luftraum wirksamer bekämpfen.

Für diese Fähigkeitsausrichtung muss die Armee in die Erneuerung der beschränkt wirkenden und teils veralteten Fliegerabwehrsysteme kurzer Reichweite investieren.

Wirkung gegen Ziele am Boden Um die Wirkung gegen Ziele am Boden zu verbessern, sind Investitionen in die Modernisierung der Artillerie sowie in den Fähigkeitserhalt der Panzerabwehr notwendig. Dadurch soll die indirekte Feuerunterstützung auf mittlere und grosse Distanz verbessert und die Bekämpfung von beweglichen gepanzerten Zielen wieder möglich werden.

Für diesen Fähigkeitsaufbau sind Investitionen in ein neues radgestütztes Artilleriesystem erforderlich, mit präzisem Unterstützungsfeuer auf bis zu fünfzig Kilometer.

Dieses löst die über fünfzigjährige Panzerhaubitze M-109 ab. Damit die Armee auch in einer umkämpften Umgebung Wirkung erzielen kann, soll der Panzer 87 Leopard WE einem Werterhaltungsprogramm unterzogen werden, wie dies im Bericht Zukunft der Bodentruppen beschrieben ist. Für die Panzerabwehr soll zudem eine Lenkwaffe Boden-Boden beschafft werden, die fahrzeugunabhängig eingesetzt werden kann. Um die Durchhaltefähigkeit zu steigern, soll für diese Wirksysteme ausreichend Munition nachbeschafft werden.

Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Um die Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum zu verbessern, sind neben dem Aufbau des Kommandos Cyber und der Rechenzentren VBS insbesondere Massnahmen zum Schutz der Informations- und Telekommunikationssysteme sowie Wirkmittel zur Aufklärung von Kommunikationssignalen erforderlich. Dadurch soll die Armee die Resilienz ihrer eigenen Systeme und die Abwehr von Cyberangriffen auf militärische oder zivile Infrastrukturen verbessern. Diese Massnahmen bilden gleichzeitig die Voraussetzung
für die Digitalisierung der Truppe auf allen Stufen, wie sie in der Gesamtkonzeption Cyber vorgesehen ist.

Für diesen Fähigkeitsaufbau sind neben dem infrastrukturellen und personellen Aufbau des Kommandos Cyber Investitionen in die Sensoren und Effektoren zur Aufklärung beziehungsweise Störung von Kommunikationssignalen erforderlich.

Logistik Um die Fähigkeiten der Logistik zu verbessern, soll die Armee den Schutz der eigenen Mittel und ihre Versorgungsautonomie erhöhen. Die Bevorratung von Munition und 33 / 90

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Betriebsstoffen soll zudem auf die möglichen Bedrohungsszenarien ausgerichtet werden. Dadurch kann die Armee die Durchhaltefähigkeit ihrer Truppen bei langandauernden Einsätzen durch Nachschub erhöhen.

Für diesen Fähigkeitsaufbau sind Investitionen in den Ausbau der dezentralisierten und geschützten Logistikmittel, in Systeme zur Stromerzeugung sowie in Munition und neue Munitionstypen erforderlich.

Sanität Um die Fähigkeiten der Sanität auf dem heutigen Niveau zu halten, müssen die mobilen Sanitätshilfsstellen und ein Teil der Sanitätsfahrzeuge erneuert werden. Dadurch kann die Armee zumindest die prähospitale Notfallversorgung und den geschützten Patiententransport sicherstellen. Die sanitätsdienstliche Versorgung wird aber weiterhin stark auf Leistungen des zivilen Gesundheits- und Veterinärwesens angewiesen sein.

Für diesen Fähigkeitserhalt sind Investitionen in Sanitätsmaterial und in leichte Fahrzeuge erforderlich.

Ungeschützte Mobilität am Boden Die Fähigkeit zur ungeschützten Mobilität am Boden soll auf heutigem Niveau bleiben. Dazu soll die Flotte der ungeschützten Fahrzeuge bei Bedarf erneuert, jedoch nicht erweitert werden. Dadurch kann die Armee weiterhin die notwendigen Versorgungs- und Hilfseinsätze im In- und Ausland leisten. Der armeeeigene Ressourcenaufwand kann reduziert werden, indem Leistungen ziviler Anbieter in Anspruch genommen werden.

Für den Fähigkeitserhalt muss die Armee laufend in die Erneuerung der heutigen Personen-, Liefer- und Lastwagen investieren.

Geschützte Mobilität am Boden Um die Fähigkeit zur geschützten Mobilität am Boden auf einem vertretbaren Niveau zu halten, muss die Nutzungsdauer der heutigen, grösstenteils über dreissig Jahre alten Gefechtsfahrzeuge verlängert werden. Ein Teil davon eignet sich nur noch bedingt für den Einsatz im überbauten Gelände.

Sowohl für die Nutzungsdauerverlängerung als auch für den Ersatz von Fahrzeugen sind Investitionen erforderlich. Dabei sollen Raupenfahrzeuge zunehmend durch Radfahrzeuge ersetzt werden. Die Anzahl der ausser Dienst zu stellenden Systeme namentlich der rund 300 Schützenpanzer M113 kann aber nicht vollumfänglich durch Neubeschaffungen kompensiert werden. Da wesentliche Investitionen in die geschützte Mobilität erst nach 2035 möglich sind, muss die Armee ein vorübergehend reduziertes Fähigkeitsniveau
in Kauf nehmen.

Luftmobilität Um die Fähigkeit zur Luftmobilität auf heutigem Niveau zu halten, soll die Flotte der Transporthelikopter und der Flächenflugzeuge wo nötig erneuert, jedoch nicht erweitert werden. Dadurch kann die Armee weiterhin luftgestützte Personen- und Materialtransporte sowie Such- und Rettungsaktionen im heutigen Umfang durchführen.

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Für den Fähigkeitserhalt sind vor allem Investitionen in den Ersatz der mittelschweren Transporthelikopter Super Puma und Cougar notwendig. Daneben werden Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der strategischen Luftmobilität geprüft.

3.8

Erforderliche Fähigkeitsentwicklung

Wird das aktuelle Fähigkeitsprofil der Armee mit dem Profil der vom Bundesrat bevorzugten Variante 2 verglichen, bestehen heute in verschiedenen Bereichen Fähigkeitslücken, vor allem bei der Führung und Vernetzung sowie beim Nachrichtenverbund und den Sensoren, aber auch bei den Fähigkeiten zur Wirkung am Boden, in der Luft sowie im Cyber- und elektromagnetischen Raum. Um sie zu schliessen, besteht folgender Handlungsbedarf: Kurzfristig muss die Führungsfähigkeit der Armee verbessert werden, indem bereits laufende Projekte vollständig umgesetzt werden (Rechenzentren VBS, Führungsnetz Schweiz, Telekommunikation der Armee). Zudem muss ein neues Führungs- und Informationssystem beschafft werden, ebenso wie geschützte Führungsfahrzeuge. Bis Ende der 2020er-Jahre können zwei kleine Tranchen solcher Fahrzeuge beantragt werden, eine grössere folgt später.

Der Nachrichtenverbund muss seinerseits durch die Erweiterung des Sensorenspektrums gestärkt werden, was in erster Linie der Luftraumüberwachung dient. Zum Schutz vor Bedrohungen aus dem Luftraum sind überdies weitere Mittel zur bodengestützten Luftverteidigung erforderlich. Der Fähigkeitsaufbau zur Bekämpfung von Zielen in mittlerer Reichweite soll dem Parlament gegen Ende der 2020er-Jahre beantragt werden. Die Erneuerung der Mittel zur bodengestützten Luftverteidigung kurzer Reichweite ist in den 2030er-Jahren vorgesehen.

Die Wirkung am Boden soll durch die Beschaffung eines neuen radgestützten Artilleriesystems und einer Lenkwaffe Boden-Boden verstärkt werden, während sich der bereits einmal werterhaltene Kampfpanzer Leopard einem weiteren Werterhaltungsprogramm unterziehen muss. Um die Durchhaltefähigkeit am Boden und in der Luft zu erhöhen, sind Ergänzungsbeschaffungen von Munition nötig.

Im Cyber- und elektromagnetischen Raum liegt der Fokus auf dem Aufbau des Kommandos Cyber und der elektronischen Kriegführung. In den übrigen Bereichen müssen die heutigen Fähigkeiten erhalten werden, etwa durch den Werterhalt des leichten Transport- und Schulungshelikopters und durch die Modernisierung der mobilen Sanitätshilfsstellen.

Mittelfristig müssen Investitionen in die Logistik und in die Luftmobilität getätigt werden. Im Bereich der Logistik steht beispielsweise der Ersatz von Baumaschinen und Betankungssystemen an. Der ebenfalls anstehende Ersatz
von Lastwagen und Anhängern kann dagegen erst später als geplant umgesetzt werden. Um die Luftmobilität auf dem heutigen Niveau zu halten, müssen ab Anfang der 2030er-Jahre auch die mittelschweren Transporthelikopter ersetzt werden.

Weitere Investitionen müssen in dieser Periode den Bodentruppen zugutekommen.

Dabei geht es einerseits um den Erhalt der Fähigkeit zur direkten Wirkung, wozu geschützte Fahrzeuge mit integrierten Panzerabwehrlenkwaffen eingesetzt werden kön35 / 90

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nen. Andererseits geht es um die Erweiterung der Fähigkeit zur indirekten Wirkung, was mit Raketenartillerie erreicht werden kann.

Langfristig sind Investitionen in die ungeschützte und geschützte Mobilität sowie in die Durchhaltefähigkeit erforderlich. Diese Investitionen werden grösstenteils erst in der zweiten Hälfte der 2030er-Jahre zum Tragen kommen und so das Fähigkeitsniveau beeinflussen.

Ab 2035 müssen schliesslich zahlreiche Bodensysteme ersetzt werden, die das Ende ihrer Nutzungsdauer in den 2020er-Jahren erreicht haben, deren Ausserdienststellung aber aufgeschoben worden ist.

3.9

Umsetzung

Grosse Rüstungsbeschaffungen dauern in der Schweiz zwischen sieben und zwölf Jahren. Im Fall eines sich abzeichnenden Konflikts sind solche Beschaffungsfristen aber zu lang, um die Armee rechtzeitig modernisieren und die Verteidigungsfähigkeit erlangen zu können. Die Armee hat daher eine Strategie entworfen, die eine kontinuierliche Modernisierung der Truppen insbesondere der Bodentruppen erlaubt.

Diese Modernisierung soll in überschaubaren Schritten erfolgen, wobei nur einzelne Formationen mit neuem Material ausgerüstet werden. Die Vorteile gegenüber einer armeeweiten Einführung des Materials sind, dass dieses immer auf dem neusten technologischen Stand ist, den aktuellen militärischen Bedürfnissen entspricht und dass Ausrüstungslücken vermieden werden. Zudem lassen sich mit den neuen Systemen Erfahrungen sammeln, die in künftige Beschaffungsvorhaben einfliessen. Diese adaptive Weiterentwicklung wird die Armee zwar vor Herausforderungen stellen, namentlich in den Bereichen der Ausbildung, der vernetzten Führung und der Logistik. Sie wird es der Armee aber erlauben, ihre Verteidigungsfähigkeit trotz langer Beschaffungsfristen rascher zu stärken.

Ein weiterer Weg zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit besteht darin, die internationale Kooperation auszubauen, wie dies der Bundesrat im Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 empfiehlt. Dies ist im Rahmen multilateraler Kooperationsinitiativen möglich, welche die gemeinsame Entwicklung militärischer Fähigkeiten erlauben. Die beteiligten Staaten können dabei auf freiwilliger Basis Know-how austauschen oder Standards testen, was die Interoperabilität der Streitkräfte fördert. Eine solche Zusammenarbeit ist in bestimmten Bereichen sinnvoll, in einigen sogar notwendig. Gerade bei Systemen mit hochentwickelter Technologie, wie etwa dem neuen Mehrzweckkampfflugzeug F-35A, kann das Potenzial durch Beteiligung an multinationalen Nutzer- und Arbeitsgruppen besser ausgeschöpft werden. Kooperationsinitiativen können aber auch im Zusammenhang mit Rüstungsbeschaffungen nützlich sein, indem die Ausbildung, der Unterhalt und die Logistik effizienter gestaltet werden. Diesen Weg beschreitet die Armee bei verschiedenen Waffensystemen seit Jahren mit Erfolg. Sie verfolgt diesen Zweck auch mit der Beteiligung an der European Sky Shield Initiative für
den Aufbau eines europäischen Luftverteidigungssystems.

Neben der Teilnahme an solchen Initiativen ist schliesslich eine verstärkte internationale Zusammenarbeit in der Forschung und Entwicklung sowie in der Ausbildung 36 / 90

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vorgesehen. Künftig sollen zum Beispiel wo möglich Teile der Bodentruppen zusammen mit ausländischen Streitkräften trainieren können, wie es auch die Luftwaffe seit Langem praktiziert. Dadurch kann die Armee von den Erfahrungen ausgewählter Partner profizieren und die internationale Kooperation durch eigene Beiträge intensivieren.

4

Beschaffung von Armeematerial 20242027

4.1

Kurzfassung

Der Bundesrat beantragt für die Beschaffung von Armeematerial Verpflichtungskredite von 3,52 Milliarden Franken. Diese umfassen die «Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung» (PEB), den «Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf» (AEB) sowie die «Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung» (AMB).

Verpflichtungskredite

Mio. Fr.

­ Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung ­ Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf ­ Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung Beschaffung von Armeematerial 20242027

800 2000 720 3520

Die vorliegende Botschaft umschreibt den allgemeinen Zweck dieser Verpflichtungskredite. Einige wesentliche Vorhaben oder Sammelpositionen werden nachfolgend erläutert. Eine Planung der anstehenden Beschaffungen liegt vor, die detaillierte Spezifikation erfolgt später. Die Planung wird den Sicherheitspolitischen Kommissionen und den Finanzkommissionen beider Räte vorgestellt. Die Spezifikationsbefugnis soll an das VBS delegiert werden.

Die beantragten Verpflichtungskredite enthalten die Teuerung, die Mehrwertsteuer und einen Risikoanteil, der abhängig vom Projektstand berechnet wird.

4.2

Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung

4.2.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Mit dem Verpflichtungskredit PEB werden Beschaffungen vorbereitet. Verwendet wird er für den Bau von Prototypen, für Tests, für Entwicklungsaufträge und für den Bereich «Wissenschaft und Technologie». Weiter werden Studien und Konzepte erarbeitet, technische Analysen erstellt, Software-Anwendungen entwickelt sowie Truppenversuche und Verifikationen durchgeführt. Dies alles reduziert die Risiken für später beantragte Beschaffungen.

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Fähigkeitsbereiche

Mio. Fr.

­ Führung und Vernetzung

170,3

­ Nachrichtenverbund und Sensoren

131,8

­ Wirkung gegen Ziele in der Luft

65,8

­ Wirkung gegen Ziele am Boden

152,8

­ Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum

16,0

­ Logistik

8,0

­ Sanität

7,0

­ Ungeschützte Mobilität am Boden ­ Geschützte Mobilität am Boden ­ Luftmobilität

5,4 31,5 40,0

Weiteres

Mio. Fr.

­ Technische Abklärungen und Vorprüfungen

118,4

­ Wissenschaft und Technologie Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung 20242027

4.2.2

53,0 800,0

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die wesentlichen Vorhaben sind nach Fähigkeitsbereichen kategorisiert und werden im Folgenden erläutert.

Führung und Vernetzung Bei den Telekommunikationssystemen der Armee handelt es sich heute weitgehend um Einzelsysteme unterschiedlicher Art und Generationen, die auf geringe Bandbreiten ausgelegt sind. Für den heutigen mobilen Datenverkehr reicht ihre Übertragungsrate nicht mehr aus. Ein erster Teil der veralteten taktischen Funkgeräte wurde daher mit dem Rüstungsprogramm 2020 ersetzt. Der Ersatz der restlichen Geräte ist für die zweite Hälfte der 2020er-Jahre geplant. Mit diesem Schritt will die Armee sowohl Truppen wie auch Luftfahrzeuge mit neuen leistungsfähigen Funkgeräten ausrüsten.

Gleichzeitig müssen die Funksysteme der Simulatoren und die feldverlegbaren Kabel ersetzt werden. Die finanziellen Mittel werden für die Evaluation eines Systems verwendet, das eine möglichst sichere und den heutigen Anforderungen entsprechende Sprachkommunikation ermöglicht.

Die Armee muss ihre Aufgaben in mehreren Wirkungsräumen gleichzeitig, über verschiedene Führungsstufen hinweg und in Zusammenarbeit mit zivilen Partnern erfüllen können. Dazu baut sie ihre Fähigkeit zur vernetzten Aktionsführung stetig aus. Im nächsten Umsetzungsschritt wird die von der Truppe genutzte Informationstechnolo38 / 90

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gie für den teilmobilen und mobilen Einsatz konfiguriert, was eine Erweiterung der bestehenden IT-Infrastruktur erfordert. Zudem werden Mittel und Anwendungen erprobt, die den Informations- und Datenaustausch im Verbund verbessern sollen.

Ein rascher und sicherer Informations- und Datenaustausch ist die Voraussetzung dafür, dass militärische Entscheidungsträger auf allen Führungsstufen ein einheitliches Verständnis der aktuellen Lage und der möglichen Lageentwicklung haben. Die heute genutzten Lagebilder beschränken sich weitgehend auf zweidimensionale Darstellungen. Komplexe Lagen können nur mit Mühe erkannt und ungenau abgebildet werden.

Der Kredit wird verwendet, um neue Techniken zu erproben, die ein rasches und bedarfsgerechtes Lagebild ermöglichen.

Um aus der zunehmenden Menge von Daten und Informationen ein verlässliches und leicht erfassbares Lagebild erstellen zu können, bedarf es hochentwickelter Auswertungsverfahren. Durch Automatisierung, Digitalisierung und Data Science mit künstlicher Intelligenz können unterschiedliche Quellen fortlaufend analysiert und ausgewertet werden. Dazu braucht es besonders leistungsfähige Informations- und Kommunikationstechnologien. Mit einem Teil des Kredits will die Armee die Fähigkeit aufbauen, solche Auswertungsverfahren für verschiedene militärische Zwecke zu nutzen.

Nachrichtenverbund und Sensoren Um Fähigkeitslücken bei der Nachrichtenbeschaffung am Boden zu schliessen, hat die Armee für einzelne Verbände Mini-Drohnen beschafft. Diese erlauben eine Echtzeitaufklärung im bodennahen Raum. Sie kommen unter anderem beim Objektschutz zum Einsatz, beispielsweise bei Konferenzen und anderen Grossanlässen. Für den Fähigkeitsaufbau wurden die Mini-Drohnen vorerst in Kleinmengen beschafft. Die Drohnentechnologie hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Die Armee will mit dieser Entwicklung Schritt halten und neue Drohnensysteme mit erweiterten Einsatzmöglichkeiten evaluieren. Die finanziellen Mittel werden für die Evaluationen und Erprobung geeigneter Systeme verwendet.

Für die taktische Nachrichtenbeschaffung am Boden nutzen die Aufklärungs- und Späherformationen geschützte Fahrzeuge der Typen Mowag Eagle II und Mowag Eagle III. Diese Fahrzeuge stehen seit mindestens zwanzig Jahren im Einsatz. In den frühen 2030er-Jahren sollen sie
durch ein modernes, leichtes Aufklärungsfahrzeug ersetzt werden. Die finanziellen Mittel werden für die Erprobung und Beschaffungsvorbereitung dieses neuen Fahrzeugs verwendet.

Für die Aufklärung von Kommunikations-, Ortungs- und Lenksystemen sind zwei Vorhaben geplant. Mit dem ersten bereitet die Armee die Ablösung des bestehenden Systems zur Aufklärung von Signalen im Kurzwellenbereich vor. Die strategische Kurzwellenaufklärung dient dem Nachrichtenverbund zur Früherkennung von sicherheitspolitischen Entwicklungen und von Bedrohungen. Das betreffende System muss Mitte der 2030er-Jahre ersetzt werden einerseits aufgrund zunehmender technischer Einschränkungen (zum Beispiel durch elektromagnetische Störungen oder Signalüberlagerungen), andererseits aber auch, weil sich die nachrichtendienstlichen Bedürfnisse verändern.

Das zweite Vorhaben betrifft das zentrale Aufklärungssystem der Luftwaffe. Dieses wertet verschiedene Daten aus und ermöglicht die Erstellung eines Luftlagebilds.

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Auch dieses System wird um 2030 technisch überholt sein. Mit den finanziellen Mitteln werden Nachfolgelösungen geprüft, die mindestens den Fähigkeitserhalt sichern.

Die für das Luftlagebild erforderlichen Radardaten stammen unter anderem von Radarstationen, die Teil des Luftraumüberwachungs- und Einsatzleitsystems Florako sind. Ihre Sensoren müssen zu Beginn der 2030er-Jahre erneuert werden und sollen künftig teilmobil zum Einsatz kommen. Die finanziellen Mittel werden für die Erprobung und Beschaffungsvorbereitung eines teilmobilen Radars verwendet.

Die Fähigkeiten im Bereich Nachrichtendienst und Sensoren sollen dereinst auch durch eine intensivere Nutzung des Weltraums verbessert werden. Die Absicht ist, von Weltrauminfrastrukturen einzelner kommerzieller Anbieter weniger abhängig zu sein und gleichzeitig neue Kooperationsmöglichkeiten zu prüfen. Für den Nachrichtenverbund ist vor allem die Erstellung des Weltraumlagebilds und die Nachrichtenbeschaffung von Bedeutung. Das Lagebild gibt beispielsweise Auskunft über die Bahndaten und Funktionen von Satelliten. Die Nachrichtenbeschaffung liefert ihrerseits Informationen über einen bedeutsamen Raum, um frühzeitig vor unerwarteten Ereignissen warnen zu können. Die finanziellen Mittel werden für die erste Projektierungsphase verwendet. Dabei werden Studien erarbeitet und Demonstratoren entwickelt, um zu klären, welche Fähigkeiten die Schweiz benötigt und wie sie entwickelt werden können.

Mit einem weiteren Kredit soll die Erneuerung der mobilen Überwachungssysteme für den Objektschutz vorbereitet werden. Diese Systeme unterstützen und entlasten die Truppe beim Sichern und Bewachen von Objekten, auch bei subsidiären Einsätzen. Einzelne Komponenten wie Videokameras, Zaunsensoren und Radarüberwachungsgeräte müssen zu Beginn der 2030er-Jahre ersetzt werden. Dies erfordert eine frühzeitige Bewertung neuer Technologien und die Erprobung geeigneter Systeme.

Wirkung gegen Ziele in der Luft Für die Ausbildung ihrer Kampfflugzeugpilotinnen und -piloten setzt die Luftwaffe seit 2008 Propellerflugzeuge des Typs Pilatus PC-21 ein. Mitte der 2030er-Jahre wird die PC-21-Flotte das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen und muss durch neue Schulungsflugzeuge ersetzt werden. Mit dem Nachfolgemodell können die Pilotinnen und Piloten direkt auf das neue Kampfflugzeug
F-35A umgeschult werden. Der beantragte Kredit dient der Evaluation eines geeigneten Flugzeugtypen.

Zudem werden in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre Investitionen in den Werterhalt des Militärischen Anflugleitsystems erforderlich. Es dient der Überwachung des unteren Luftraums und wird insbesondere im Nahbereich von Militärflugplätzen eingesetzt, um bei jeder Witterung einen störungsfreien Flugbetrieb zu gewährleisten. Der beantragte Kredit wird für Studien, Konzepte und technische Erprobungen verwendet.

Wirkung gegen Ziele am Boden Die Fähigkeiten der Bodentruppen werden im Hinblick auf ein hybrides Konfliktbild und die Abwehr eines bewaffneten Angriffs weiterentwickelt. Ihre Kernkompetenz bleibt dabei die Abwehr eines terrestrischen Vorstosses, wozu sie moderne, multifunktional einsetzbare Waffensysteme benötigen. Das seit 1987 im Einsatz stehende Hauptsystem der Panzertruppen, der mit dem Rüstungsprogramm 2006 werterhaltene 40 / 90

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Kampfpanzer Leopard, entspricht diesen Anforderungen nicht mehr. Ein weiteres Werterhaltungsprogramm soll die Waffenwirkung und den Schutz auf den neusten Stand der Technologie bringen und die Systemverfügbarkeit verbessern. Der beantragte Kredit wird für die Herstellung und Erprobung von zwei Prototypen verwendet.

Ein weiterer Prototyp soll für die simulatorgestützte Ausbildung der Panzerbesatzungen hergestellt werden. Die Panzer-Fahrsimulatoren erlauben ein ressourcenschonendes und gefahrloses Training. Ab 2030 wird ihr Betrieb jedoch zunehmend eingeschränkt sein, unter anderem wegen fehlender Ersatzteile oder weil SoftwareLizenzen ablaufen. Seit der Inbetriebnahme der Simulatoren vor rund zwanzig Jahren sind zudem technologische Abweichungen zu den Echtsystemen entstanden. Diese erschweren ein realistisches Training zunehmend und erfordern eine Nachfolgelösung.

Im Rahmen des geplanten Fähigkeitsaufbaus zur Wirkung auf grössere Distanzen soll die Artillerie in den 2030er-Jahren mit einem zusätzlichen Artilleriesystem ausgerüstet werden. Dieses soll Ziele in einer Reichweite von über hundert Kilometern und somit in der Tiefe des gegnerischen Raums bekämpfen können. Zur Abwehr eines Gegners soll die Artillerie damit dessen Bereitstellungen, Versorgungslinien, Führungseinrichtungen oder Schlüsselsysteme jenseits der Landesgrenzen zerschlagen können. Die finanziellen Mittel werden für die Beschaffungsvorbereitung eines geeigneten Systems verwendet.

Mit den Rüstungsprogrammen 2016 und 2022 bewilligte das Parlament die Beschaffung des 12-cm-Mörsers 16 zur indirekten Feuerunterstützung auf kurze Distanz.

Zusammen mit der ersten Tranche wurde eine minimale Menge an Munition beschafft, mit der zweiten hingegen keine. Durch den Umbau alter Minenwerfermunition konnte die Armee diesen Minimalbestand leicht erhöhen. Für eine grössere Durchhaltefähigkeit soll Ende der 2020er-Jahre zusätzliche Munition beschafft werden. Dabei handelt es sich um Präzisionsmunition, welche die Treffgenauigkeit erhöht und dadurch den Munitionsbedarf reduziert. Die finanziellen Mittel werden für die Evaluation und Erprobung geeigneter Munitionstypen verwendet.

Zum Fähigkeitsbereich «Wirkung gegen Ziele am Boden» gehören auch die Leistungen der ABC-Abwehrtruppen, der Rettungstruppen und der Kampfmittelbeseitiger.

Erstere klären
kontaminierte Gebiete auf und befreien Menschen, Tiere und Material von den Spuren einer atomaren, biologischen oder chemischen Kontamination. Dazu richten sie Dekontaminationsstellen ein, die sie ortsunabhängig und autonom betreiben können. Das seit rund zwanzig Jahren in Betrieb stehende ABC-Dekontaminationssystem wird in den nächsten Jahren sein Nutzungsende erreichen. Es soll durch ein System ersetzt werden, das über die neuste Technologie verfügt und mobil eingesetzt werden kann sei dies in einem militärischen oder in einem zivilen Umfeld. Die finanziellen Mittel werden für technische Erprobungen und Truppenversuche verwendet.

Die Rettungstruppen wiederum leisten militärische Katastrophenhilfe in allen Lagen.

Sie müssen imstande sein, zivile Behörden bei der Bewältigung von Schadenlagen mit schwerem Rettungsmaterial zu unterstützen. Der Grossteil dieses Materials stammt aus den 1990er-Jahren und muss erneuert werden. Es soll künftig modular aufgebaut und mobil sein: Die Geräte sollen in Wechselabrollbehältern transportiert 41 / 90

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werden können und auch luftverlegbar sein, damit die Rettungstruppen rasch an verschiedenen Orten Hilfe leisten können. Mit dem beantragten Kredit soll die Ersatzbeschaffung des veralteten Rettungsmaterials einschliesslich der Trägerfahrzeuge und der Stromversorgung vorbereitet werden.

Für die Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung sollen neue geschützte Einsatzfahrzeuge beschafft werden. Diese können im In- und Ausland, in allen Lagen und für verschiedene Zwecke genutzt werden sei dies zur Unterstützung ziviler Behörden oder zugunsten der humanitären Minenräumung.

Ein weiteres Projekt betrifft die Stromerzeugungs-, Stromverteilungs- und Beleuchtungssysteme der Armee. Diese sind heute in unterschiedlichster Art und Generation vorhanden. Die Mehrzahl dieser Systeme hat ausgedient, ist technologisch überholt oder entspricht nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften. In den kommenden Jahren soll ein Grossteil dieser Systeme durch eine effizientere und ökologischere Generation abgelöst werden, die in allen Lagen möglichst autark funktioniert. Mit einem Teil des beantragten Kredits wird die Beschaffung neuer Stromerzeugungs-, Stromverteilungs- und Beleuchtungssysteme vorbereitet, was Studien, Erprobungen und Truppenversuche einschliesst.

Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Die Gesamtkonzeption Cyber verlangt einen umfassenden Schutz der armeeeigenen Systeme und Infrastrukturen, damit Bedrohungen und Umwelteinflüsse aus dem Cyber- und elektromagnetischen Raum jederzeit erkannt und abgewehrt werden können. Dieser Eigenschutz ist für den Erfolg militärischer Aktionen entscheidend. Bisher wurde er vorwiegend im Rahmen einzelner Beschaffungsprojekte thematisiert.

Mit der zunehmenden Vernetzung von Sensoren und Wirkmitteln muss das Problem in Zukunft aber systemübergreifend behandelt werden. Angestrebt wird eine querschnittliche und anpassungsfähige Lösung, die den Eigenschutz von Systemen oder Applikationen erhöht und diese jederzeit verfügbar macht. Die finanziellen Mittel werden für einen schrittweisen Fähigkeitsaufbau in den Bereichen Cyberschutz und Cyberabwehr verwendet. Nach Abschluss der Projektierungsphase wird der Ausbau im Rahmen eines Rüstungsprogramms beantragt.

Logistik Seit längerer Zeit besteht ein Mangel an Truppenunterkünften. Eine Prüfung hat ergeben, dass die bundeseigenen
und gemieteten Infrastrukturen nicht ausreichen würden, um den Bedarf bei grösseren Einsätzen abzudecken. Im Kriegsfall würde dieser Mangel besonders akut, da Zivilschutzanlagen aus völkerrechtlichen Gründen nicht genutzt werden können, sondern primär durch die Führungsorgane und den Zivilschutz belegt wären. Eine Lösung besteht darin, an mehreren Standorten eine mobile, auf Containern basierende Infrastruktur für die temporäre Unterbringung der Truppe bereitzustellen. Sie soll die Durchhaltefähigkeit der Armee erhöhen und bei Bedarf auch zivilen Behörden für Menschen in Not zur Verfügung stehen. Mit dem beantragten Kredit werden Studien, Erprobungen und Truppenversuche ermöglicht.

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Sanität In den seit 2001 im Einsatz stehenden Sanitätshilfsstellen können erste ärztliche Hilfeleistungen und Noteingriffe vorgenommen werden. Sie bestehen im Wesentlichen aus Behandlungs- und Materialcontainern sowie Zelten. Durch die erhöhte Bereitschaft und Mobilität von grossen Teilen der Armee haben sich die Anforderungen an die sanitätsdienstlichen Leistungen verändert. Sanitätshilfsstellen müssen heute rasch einsetzbar sein, autonom betrieben werden können und sich auch für den Lufttransport eignen. Zudem müssen sie über bestimmte medizinaltechnische Apparate zum Beispiel Blutreinigungsgeräte verfügen, die bisher fehlen. Die finanziellen Mittel werden verwendet, um ein geeignetes Nachfolgesystem zu evaluieren und zu erproben.

Die sanitätsdienstliche Ausbildung der Armee ist auf unterstützende Geräte und Hilfsmittel angewiesen, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten möglichst realitätsnah und effizient trainieren zu können. Das Training basiert heute vorwiegend auf Simulationen am menschlichen Körper oder an Gips- und Wachsmodellen.

Bestimmte Ausbildungsinhalte können in der Praxis nur reduziert oder überhaupt nicht ausgebildet werden. Mit Simulatoren hingegen können solche Verfahren angewandt und die Ausbildungsergebnisse überprüft werden. Mit dem beantragten Kredit werden Erprobungen und Truppenversuche solcher Simulatoren ermöglicht.

Geschützte Mobilität am Boden Im Rahmen der Weiterentwicklung der geschützten Mittel am Boden und der schrittweisen Erneuerung der Bodentruppen sollen zusätzliche mechanisierte Verbände gebildet werden. Diese sollen unter anderem mit einem geschützten Radfahrzeug ausgerüstet sein, das über eine Kanone verfügt und auf der Plattform des Piranha IV basiert. Die finanziellen Mittel werden verwendet, um eine geeignete Konfiguration zu evaluieren und zu erproben.

Die geschützten Mannschaftstransportfahrzeuge stellen in allen Lagen den Schutz, die Mobilität und die Führungsfähigkeit der Bodentruppen sicher. Die Infanterie nutzt sie unter anderem für Bewachungs- und Überwachungsaufgaben bei subsidiären Einsätzen. In der ersten Hälfte der 2030er-Jahre werden diese Fahrzeuge nach etwa 25 Dienstjahren Abnutzungs- und Alterserscheinungen aufweisen. Durch die Erneuerung abgenutzter Fahrzeugteile kann die Nutzungsdauer um weitere 15 Jahre verlängert und die
Betriebssicherheit erhöht werden. Der beantragte Kredit wird für die Herstellung und Erprobung eines Prototyps verwendet.

Ebenfalls in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre werden die Sanitätstruppen neue Fahrzeuge benötigen. Diese sollen einen sicheren und raschen Patiententransport gewährleisten und einen Teil der bestehenden Flotte ersetzen. Der beantragte Kredit wird für Studien, Prototypen und technische Erprobungen dieser Fahrzeuge verwendet.

Luftmobilität Die mittelschweren Transporthelikopter der Typen Super Puma und Cougar werden insbesondere für Truppen- und Materialtransporte eingesetzt. Zusätzlich leisten sie wesentliche Beiträge bei der Unterstützung ziviler Behörden, bei humanitären Hilfeleistungen im Ausland und im Rahmen von Friedensförderungseinsätzen. Um die Luftmobilität auf dem heutigen Fähigkeitsniveau zu halten, müssen diese Helikopter 43 / 90

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gegen Ende der 2030er-Jahre durch Typen mit vergleichbarer Transportkapazität und Nutzlast, jedoch mit einem besseren Selbstschutz ersetzt werden. Die älteste Generation der heutigen Super Pumas steht bis zu diesem Zeitpunkt 45 Jahre im Einsatz. Mit einem Teil des beantragten Kredits soll die Beschaffung eines mittelschweren Transporthelikopters vorbereitet werden, was technische, operationelle und wirtschaftliche Analysen und Erprobungen beinhaltet.

Zudem ist ein Werterhalt des leichten Transport- und Schulungshelikopters vom Typ EC635 vorgesehen, der mit dem Rüstungsprogramm 2005 beschafft wurde. Er dient der Basis- und Weiterausbildung aller Helikopterpilotinnen und -piloten, die später auf einem mittelschweren Transporthelikopter eingesetzt werden. Mit dem beantragten Kredit sollen die aus Versuchen mit dem Prototyp gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen und die bevorstehenden Serienarbeiten vorbereitet werden. Der Werterhalt wird den eidgenössischen Räten voraussichtlich in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre beantragt.

Technische Abklärungen und Vorprüfungen Diese Kategorie umfasst unter anderem finanzielle Mittel für technische Abklärungen, Systemanalysen und Studien (10 Mio. Fr.), für die rasche Umsetzung dringlicher Informatiklösungen (20 Mio. Fr.) oder für die Planung von Anpassungen an bestehendem Armeematerial, die sich infolge einer technologischen Entwicklung aufdrängen (38,5 Mio. Fr.). Ein Teil des Kredits wird auch für die Umsetzung von Innovationsprojekten im Rahmen der Streitkräfteentwicklung verwendet, wie etwa für die Entwicklung von autonomen Systemen oder neuartigen Sensoren, Fortbewegungsmechanismen und Kommunikationsverfahren (40 Mio. Fr.).

Wissenschaft und Technologie sowie laufender Abklärungsbedarf Ein Teil des beantragten Kredits wird für Forschungstätigkeiten verwendet, die von armasuisse Wissenschaft und Technologie (armasuisse W+T) koordiniert werden (53 Mio. Fr.). Die Mittel für den laufenden Abklärungsbedarf fliessen in Studien, Vorabklärungen und Beschaffungsvorbereitungen kleinerer Vorhaben sowie in Unfallabklärungen und die Initiierung von Änderungsabklärungen (68 Mio. Fr.). Die entsprechenden Beiträge sind in den Fähigkeitsbereichen enthalten.

4.2.3

Risikobeurteilung und Teuerung

Der Verpflichtungskredit wird grösstenteils für Prototypen, Tests und Entwicklungsaufträge eingesetzt. Dadurch reduziert sich das Risiko von nachfolgenden Beschaffungen.

Im beantragten Kredit ist das Risiko eingerechnet, weshalb kein separater Risikozuschlag aufgeführt ist. Dasselbe gilt für die Teuerung.

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4.2.4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Prototypen, Tests und Entwicklungsaufträge führen in der Regel zu Beschaffungen.

Die finanziellen und personellen Auswirkungen werden mit den entsprechenden Anträgen aufgezeigt.

4.3

Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf

4.3.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Neben den Rüstungsprogrammen macht der Verpflichtungskredit AEB einen wesentlichen Anteil der Rüstungsausgaben aus. Zum AEB gehören unter anderem die persönliche Ausrüstung, die Bewaffnung der Armeeangehörigen und das Ausbildungsmaterial. Auch Ersatz- und Nachbeschaffungen für bereits eingeführtes Material sind im Kredit enthalten. Weiter werden Änderungen an bestehenden Systemen vorgenommen, um diese einsatzbereit zu halten.

Materialgruppe (alphabetisch)

­ Artilleriematerial

Mio. Fr.

6,0

­ Ausbildungsmaterial

129,5

­ Bekleidung, Schuhwerk, Gepäck und besondere Ausrüstungsgegenstände

227,0

­ Bewaffnung

16,3

­ Flugmaterial

211,5

­ Führungsunterstützungsmaterial

617,9

­ Genie- und Rettungsmaterial

48,2

­ Infanterie- und Panzerabwehrmaterial

40,8

­ Panzermaterial

10,0

­ Sanitäts- und ABC-Material

106,6

­ Übriges Armeematerial

309,5

­ Versorgungs- und Transportdienstmaterial

276,7

Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf 20242027

4.3.2

2000,0

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die wesentlichen Vorhaben sind nach Materialgruppen kategorisiert und werden im Folgenden erläutert.

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Ausbildungsmaterial Ein Grossteil des Ausbildungsmaterials entfällt auf die Schiessausbildung und -simulatoren. So muss beispielsweise die elektronische Schiessausbildungsanlage für Schiesskommandanten angepasst werden, weil sich deren Aufgaben mit der Einführung des taktischen Aufklärungssystem TASYS verändern werden.

Infolge baulicher Massnahmen auf verschiedenen Schiessplätzen müssen dort auch Zielbahnen ersetzt werden. Solche Bahnen können ein bewegliches Panzerabwehrziel und verschiedene Infanterieziele gleichzeitig darzustellen.

Bekleidung, Schuhwerk, Gepäck und besondere Ausrüstungsgegenstände Zu dieser Materialgruppe gehören beispielsweise die Kampf- und Ausgangsbekleidung, Kampfstiefel, Trag- und Trinksysteme zur Kampfbekleidung oder das Gepäcksystem.

Bewaffnung Das 5,6 mm Sturmgewehr 90 bleibt noch für mindestens zehn Jahre die Ordonnanzwaffe der Schweizer Armee. Um sie auf dem neusten technologischen Stand zu halten, drängen sich verschiedene nutzungserhaltende Anpassungen auf. So wird ein Teil des AEB-Kredits für die Beschaffung von praktischeren Tragriemen, optischen Zielgeräten und LED-Lampen verwendet. Letztere ersetzen die Halogenlampen und ermöglichen den Einsatz der Sturmgewehre in Kombination mit Nachtsichtgeräten.

Flugmaterial Friedensfördernde und humanitäre Auslandeinsätze der Armee setzen eine Infrastruktur voraus, die vor Ort nicht immer vorhanden oder geeignet ist. Die Luftwaffe verfügt daher über mobile Feldhangars. Diese Zeltkonstruktionen dienen als provisorische Einstellplätze insbesondere für Helikopter. Sie sind aber nur für bestimmte Klimaregionen und für eine sichere Einsatzumgebung geeignet. In Gebieten, wo im Tagesverlauf grosse Temperaturunterschiede herrschen oder wo die Sicherheit nicht gewährleistet ist, können witterungsbedingte Schäden und Materialverluste zu Betriebsstörungen führen. In Ergänzung zu den Feldhangars sollen daher verstärkte mobile Schutzhangars beschafft werden, die witterungsunabhängig und in einem kritischen Sicherheitsumfeld betrieben werden können.

Führungsunterstützungsmaterial Ein wesentlicher Teil des Verpflichtungskredits wird für die Führungsunterstützung beantragt. Bei diesen Projekten geht es vor allem um den Werterhalt bestehender Systeme im IKT-Bereich, um Ersatzbeschaffungen oder um die Erneuerung von Software-Lizenzen.
Im Cyberbereich wird mit dem Verpflichtungskredit der Aufbau des geplanten CyberTrainingscenters umgesetzt. Dort lernen Spezialistinnen und Spezialisten der Armee, auf Vorfälle im Cyberraum zu reagieren und geeignete Massnahmen zu treffen. Die Schulungen erfolgen simulationsgestützt und praxisbezogen. In der Aufbauphase des Centers wird die erforderliche Hard- und Software beschafft.

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Im Bereich der Signalaufklärung sind Massnahmen geplant, um die Fähigkeit zur Analyse von drahtlosen Kommunikationsverbindungen aufrechtzuerhalten. Zum Beispiel müssen die Chiffriergeräte des Integrierten Funkaufklärungs- und Sendesystems ersetzt werden, da der Hersteller den Support aufgekündigt hat. Das System zur elektronischen Aufklärung von Satellitenverbindungen wiederum ist seit zwanzig Jahren im Einsatz. Es steht damit am Ende seiner technischen Nutzungsdauer, weshalb Teile davon ersetzt werden müssen.

Um die Flugsicherheit zu erhöhen, werden Anpassungen beim militärischen Anflugleitsystem fällig: Zum einen wird die Anzeigeeinheit angepasst, zum anderen braucht es Ersatzteile für das Präzisionsaflugradar, damit militärische Luftfahrzeuge auch weiterhin bei jeder Witterung möglichst uneingeschränkt starten und landen können.

Überdies sollen die Flugsicherungen der Militärflugplätze mit zwei zusätzlichen Systemen unterstützt werden: mit einem Kollisionswarnsystem (Safety Net) zur Verhinderung von Gefahrensituationen und mit einem Flugplatzperimeter-Überwachungssystem zur Kontrolle des Flugplatzbetriebes.

Im Bereich der Gebäudeautomation will die Armee die heterogene Systemlanschaft vereinheitlichen. An einsatzkritischen Standorten etwa in den Rechenzentren, in Führungsanlagen oder auf Militärflugplätzen sollen die gebäudetechnischen Anlagen schrittweise standardisiert werden. Die dazu erforderlichen Informatikdienste werden über das Führungsnetz Schweiz betrieben. Das Gebäudemanagement wird dadurch effizienter und übersichtlicher.

Eine weitere Vereinheitlichung ist im Bereich der Instandhaltung vorgesehen. Für die Dokumentation von Wartungen, Reparaturen, Funktionskontrollen und anderer Instandhaltungsarbeiten sind heute verschiedene Mittel in Gebrauch: von papiernen Ersatzteilkatalogen über systemspezifische Applikationen bis hin zu Softwarelösungen der Industrie. Diese Vielfalt erschwert die Arbeit der Truppenhandwerker und kann dazu führen, dass Systeme bei der Wartung länger ausfallen. Mit einem für die Instandhaltung entwickelten elektronischen Dokumentationssystem sollen die technischen Dokumente verwaltet und digital verfügbar gemacht werden.

Genie- und Rettungsmaterial Genie- und Rettungsmaterial wird von verschiedenen Truppengattungen im gesamten Aufgabenspektrum der Armee
verwendet sei dies für die Konstruktion improvisierter Bauten oder für die Katastrophenhilfe. Die Kleingeräte sind seit den 1990er-Jahren im Einsatz und werden vielfach mit Benzinmotoren betrieben. Da inzwischen Abnutzungs- und Alterserscheinungen auftreten, sollen sie in den nächsten Jahren durch Geräte ersetzt werden, welche die Umweltschutznormen erfüllen und idealerweise mit Elektrotechnik betrieben werden.

Infanterie- und Panzerabwehrmaterial Zu den Aufgaben der Infanterie gehört unter anderem der Schutz militärischer oder bei subsidiären Einsätzen ziviler Objekte, beispielsweise in Form von Zutrittskontrollen zu Gebäuden, Verkehrskontrollen bei Checkpoints oder der Überwachung von Fahrzeugparks. Dabei ist sie auf Beleuchtungsmittel angewiesen. Heute stehen der Infanterie zwei Beleuchtungssysteme zur Verfügung: eine schwer zu transportierende Schadenplatzbeleuchtung, die primär für die Genie- und Rettungstruppen ausgelegt 47 / 90

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ist, sowie die Arbeitsscheinwerfer der geschützten Mannschaftstransportfahrzeuge, die nicht unabhängig vom Fahrzeug verwendet werden können. Sie sollen mit einem leichten, mobilen, akkubetrieben und schnell einsetzbaren System ergänzt werden.

Sanitäts- und ABC-Material Das Kompetenzzentrum ABC-KAMIR ist für die Beseitigung von atomaren, biologischen und chemischen Kampfmitteln sowie für die Minenräumung zuständig. Es unterstützt im Ereignisfall das Labor Spiez des BABS. Im Gegenzug nimmt das Labor Spiez Aufgaben zugunsten der Armee wahr, zum Beispiel um toxische Stoffe zu analysieren oder die Dichtheit von ABC-Schutzmaterial zu prüfen. Die für militärische Zwecke benötigten Analysegeräte müssen in den nächsten Jahren erneuert werden.

Sie werden von der Armee mitfinanziert.

Übriges Armeematerial Diese Kategorie umfasst vor allem Mittel, mit denen unterschiedlicher Ausrüstungsund Erneuerungsbedarf gedeckt werden kann. Oft handelt es sich um vergleichsweise kleinere Ausgaben von weniger als 0,5 Millionen Franken pro Beschaffung. Ein Teil des Kredits wird für noch nicht spezifiziertes Rüstungsmaterial zurückgestellt, damit solches bei Bedarf rasch beschafft werden kann. Mit einem weiteren Teil werden Änderungen an bestehendem Armeematerial finanziert. Enthalten sind auch Mittel für Material zugunsten friedensfördernder Einsätze sowie Ausrüstungsgegenstände für die Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung. In diese Kategorie gehört schliesslich auch Material für die Realisierung von Innovationsprojekten im Rahmen der Streitkräfteentwicklung.

Versorgungs- und Transportdienstmaterial Die Betriebsfeuerwehren des VBS, die den Armeelogistikcentern zugewiesen sind, verfügen über unterschiedliche Einsatzfahrzeuge. Einige von ihnen sind seit über dreissig Jahren im Dienst und müssen in den kommenden Jahren ersetzt werden, so zum Beispiel Ölwehr-, Atemschutz- oder Waldbrandlöschfahrzeuge. Bei der Nachfolgelösung setzt die Betriebsfeuerwehr auf ein modulares System, das je nach Einsatz mit verschiedenen Materialeinheiten bestückt werden kann.

Die Logistikbasis der Armee sowie die Genie- und Rettungstruppen benötigen für die Ausbildung und für die Unterstützung ziviler Behörden verschiedenartige Baumaschinen. Mit dem Verpflichtungskredit sollen unter anderem geländegängige Raupenhydraulikbagger und Radlader
ersetzt werden, die am Ende der technischen Nutzungsdauer angelangt sind.

Knapp ein Drittel der Investitionen in Transportmittel kommen der Elektromobilität zugute. Wie in den vergangenen Jahren ersetzt die Armee einen Teil ihrer mit Verbrennungsmotoren betriebenen Personenwagen- und Betriebsfahrzeugflotte durch Elektrofahrzeuge. Dadurch will sie ihren Treibstoffverbrauch weiter senken.

Ende der 2020er-Jahre wird auch das aktuelle Militärfahrrad ausgedient haben. Zurzeit verfügt die Truppe noch über rund 4000 solcher Fahrräder für die einfache und umweltfreundliche Verschiebung im Nahbereich. Diese werden zunehmend reparaturanfällig und müssen ersetzt werden.

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4.3.3

Risikobeurteilung und Teuerung

Das Risiko wird gesamthaft als klein eingestuft, da es sich oft um bereits eingeführtes Material handelt. Pro Vorhaben wurde ein Risikozuschlag von 4 Prozent eingerechnet.

Die Teuerung ist im beantragten Kredit eingerechnet.

4.3.4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Allfällige finanzielle und personelle Mehrausgaben werden innerhalb des Armeebudgets kompensiert.

4.4

Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung

4.4.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Der Verpflichtungskredit AMB wird für die Beschaffung, die Revision und die Entsorgung von Armeematerial und Munition verwendet.

Positionen

Mio. Fr.

­ Beschaffung und Instandhaltung von Munition

592,1

­ Revision von Munition

58,3

­ Entsorgung von Armeematerial und Munition

69,6

Ausbildungsmunition und Munitionsbewirtschaftung 20242027

4.4.2

720,0

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Beschaffung und Instandhaltung von Munition Die Armee beschafft Munition zu verschiedenen Zwecken: Erstens wird sie in Schulen und Truppendiensten für die Ausbildung an den unterschiedlichen Waffensystemen benötigt. Zweitens werden Schiessvereine damit beliefert, damit die Angehörigen der Armee ihre ausserdienstliche Schiesspflicht erfüllen können. Drittens stellt die Armee eine Einsatzbevorratung sicher, die für die Durchhaltefähigkeit der Truppe im Assistenz-, Aktiv- und Friedensförderungsdienst massgebend ist.

Beschaffungsvorhaben 20242027 Zur Ergänzung der Bestände wird laufend Munition nachbeschafft. Mit dem Verpflichtungskredit 20242027 will die Armee die Munitionsbevorratung bewirtschaften und die Lagerbestände wo nötig erhöhen.

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Ein grösserer Teil der für die Beschaffung und Instandhaltung vorgesehenen Mittel wird für Kleinkaliberwaffen verwendet. Dazu gehören die persönliche Waffe etwa das Sturmgewehr 90 oder die Pistole 12/15 , aber auch Präzisions- und Scharfschützengewehre sowie Maschinengewehre. Für Letztere werden Übungs- und Panzersprengpatronen beschafft. Mit dieser Munition werden die Lagerbestände aufgebaut, ergänzt oder erhöht.

Im Bereich Mittel- und Grosskaliber ist ein Aufbau der Bestände unter anderem bei den verschiedenen Munitionstypen für den Mörser 19 geplant. Die Kampftruppen setzen diese gegen Ziele ein, die aufgrund der Topografie oder einer Überbauung nur indirekt bekämpft werden können. Ein Aufbau der Bestände ist auch bei der Munition für die Schützen- und Kampfpanzer sowie für die Panzerhaubitzen vorgesehen. Für die Kanone des Schützenpanzers 2000 sollen unter anderem zusätzliche Pfeil- und Mehrzweckpatronen beschafft werden, für den Kampfpanzer Leopard Mehrzweckmunition und für die Panzerhaubitze Zünder sowie Übungsgranaten.

Abgabe von Munition an die Schiessvereine Das Schiesswesen ausser Dienst ergänzt und entlastet die Schiessausbildung an der persönlichen Waffe in den militärischen Kursen und Schulen. Es fördert die Schiessfertigkeit der Armeeangehörigen und ermöglicht es ihnen, die Funktionstüchtigkeit der persönlichen Waffe regelmässig zu überprüfen (vgl. Art. 2 der Schiessverordnung vom 5. Dezember 200310). Daher unterstützt der Bund die anerkannten Schiessvereine bei der Durchführung von Schiessübungen, die mit Ordonnanzwaffen und Ordonnanzmunition absolviert werden (Art. 62 Abs. 2 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199511 [MG]).

Die Schiessvereine erhalten Abgeltungen in Form von Beiträgen (Entschädigungen), um das obligatorische Schiessprogramm, das Feldschiessen und die Jungschützenkurse durchzuführen. Diese Beiträge nach Artikel 38 Buchstabe c der Schiessverordnung werden in der Bundesrechnung im Transferkredit «Beiträge Schiesswesen» ausgewiesen. 2022 beliefen sich diese Beiträge auf 6,4 Millionen Franken (2021: 6,0).

Der Kreditrest von 0,8 Millionen Franken ist bedingt durch Bestandesreduktionen der schiesspflichtigen Armeeangehörigen sowie durch Fusionen und Auflösungen von Schützengesellschaften. Weiter haben nach der Corona-Pandemie nicht alle Schützinnen und Schützen ihre
Schiesstätigkeit wieder aufgenommen.

Neben diesen Beiträgen erhalten die Schiessvereine vom Bund Ordonnanzmunition, die zusammen mit der übrigen Munition für die Armee beschafft wird (Kredit «Rüstungsaufwand und -investitionen», Teil AMB). Sie besteht einerseits aus verbilligter Munition, deren Kaufpreis vom VBS festgelegt wird, und andererseits aus Gratismunition (Art. 38 Bst. a und b der Schiessverordnung). Diese Beiträge haben Subventionscharakter. Sie sind im Transferkredit «Beiträge Schiesswesen» nicht enthalten.

Die Schiessvereine setzen verbilligte Munition bei freiwilligen Schiessübungen und Schiesskursen ein. Gratismunition wird für die Bundesübungen (obligatorisches Schiessprogramm und Feldschiessen) sowie für die Jungschützenkurse und die Finals von nationalen Jungschützenwettkämpfen auf nationaler Ebene verwendet.

10 11

SR 512.31 SR 510.10

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2022 absolvierten rund 97 000 Schiesspflichtige und rund 62 000 Freiwillige das obligatorische Schiessprogramm (2021: 93 000 Schiesspflichtige und 60 000 Freiwillige). Am freiwilligen Feldschiessen nahmen 2022 rund 116 000 Schützinnen und Schützen und an den Jungschützenkursen rund 8100 Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren teil (2021: 105 000 Schützen und 7700 Jugendliche).

2022 wurden rund 22 Millionen Gewehr- und Pistolenpatronen (2021: 10 Mio.) als verbilligte Munition subventioniert, und zwar mit 6,1 Millionen Franken (2021: 3,2 Mio. Franken). Im selben Jahr wurden 6,1 Millionen Gewehr- und Pistolenpatronen 2021: 5,6 Mio.) als Gratismunition abgegeben, dies im Gegenwert von 3,5 Millionen Franken (2021: 3,2 Mio. Franken). Die anfallenden Lager- und Transportkosten sind darin nicht enthalten.

Revision von Munition Die Armee bevorratet verschiedenste Munitionstypen für die Ausbildung und den Einsatz. Die Munition wird nach militärischen und wirtschaftlichen Kriterien bewirtschaftet. Da sie einem Alterungsprozess unterliegt, sind laufend Massnahmen zur Verlängerung der Nutzungsdauer erforderlich. Bei idealen Lagerungsbedingungen bleiben bestimmte Munitionstypen bis zu dreissig Jahre funktions- und anwendungssicher. Dafür muss sie systematisch überwacht und geprüft werden. Gibt es Anzeichen, dass ihre Sicherheit oder Wirksamkeit nicht mehr garantiert werden können, wird die Nutzung mit Auflagen versehen oder verboten. In der Folge wird die Munition entweder revidiert oder entsorgt.

Mit dem Verpflichtungskredit 20242027 will die Armee die Einsatzbereitschaft von Munition durch Revisionsmassnahmen sicherstellen, beispielsweise von Handgranaten und Trichtersprengladungen. Letztere dienen unter anderem dazu, rasch Hindernisse anzulegen, Brücken und Strassen zu zerstören oder Pisten und Rollwege unbrauchbar zu machen.

Entsorgung von Armeematerial und Munition Veraltetes Armeematerial und veraltete Munition werden entsorgt, wenn sie die Anforderungen an Schutz, Sicherheit oder Wirkung nicht mehr erfüllen. Munition wird auch dann entsorgt, wenn das dazugehörige Waffensystem ausser Dienst gestellt wird und die Munition nicht durch ein allfälliges Nachfolgesystem genutzt werden kann. Die RUAG MRO Holding AG entsorgt sie durch Schreddern oder Reststoffrückgewinnung und verkauft überzähliges, noch
marktfähiges Armeematerial weiter.

Vom beantragten Verpflichtungskredit sollen jährlich rund 17,4 Millionen Franken für die Entsorgung von Armeematerial und Munition verwendet werden. Der Ertrag aus dem Verkauf von Armeematerial überstieg in den letzten Jahren die durch die Entsorgung entstandenen Kosten. Der Ertragsüberschuss kommt jeweils der allgemeinen Bundeskasse zugute.

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4.4.3

Risikobeurteilung und Teuerung

Das Risiko wird gesamthaft als klein eingestuft, weil die zu beschaffenden Munitionstypen bereits eingeführt worden sind. Im Durchschnitt wurde ein Risikozuschlag von rund 3 Prozent eingerechnet.

Die Teuerung ist im beantragten Kredit eingerechnet.

4.4.4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Allfällige finanzielle und personelle Mehrausgaben werden innerhalb des Armeebudgets kompensiert.

5

Rüstungsprogramm 2024

5.1

Kurzfassung

Der Bundesrat beantragt mit dem Rüstungsprogramm 2024 Verpflichtungskredite im Umfang von 490 Millionen Franken.

Fähigkeitsbereich

Rüstungsvorhaben

Führung und Vernetzung

Ausstattung der Rechenzentren VBS

Nachrichtenverbund und Sensoren

Teilmobile passive Sensoren zur Ergänzung des Luftlagebilds

40

Wirkung gegen Ziele in der Luft

Werterhalt des Schulungsflugzeugs PC-7

70

Wirkung gegen Ziele am Boden

Lenkwaffe Boden-Boden

Wirkung im Cyber- und elektromagnetischen Raum Cybersicherheit Rüstungsprogramm 2024

Mio. Fr.

130

210 40 490

Die beantragten Verpflichtungskredite enthalten die Teuerung, den Risikoanteil und die Mehrwertsteuer.

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5.2

Ausstattung der Rechenzentren VBS

5.2.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Mit den Rechenzentren VBS wird die Armee eine sichere, robuste, standardisierte und automatisierte Digitalisierungsplattform erhalten. Damit kann sie ein wesentliches Element der Informatikinfrastruktur erneuern und diese besser gegen Cyberangriffe schützen.

Das VBS wird künftig zwei unterirdische Rechenzentren betreiben: «Fundament» und «Kastro II», dessen Bau mit dem Immobilienprogramm 2024 beantragt wird. Ein drittes Rechenzentrum («Campus») erfüllt zivile Schutzanforderungen und wird von zivilen Bundesstellen mitbenutzt.

Für die beiden Rechenzentren «Fundament» und «Campus» bewilligte das Parlament mit den Rüstungsprogrammen 2014 und 2017 die Beschaffung erster Informatikkomponenten (120 und 50 Mio. Fr.). Eine Erweiterung der Rechenkapazitäten und die Installation erster Führungssysteme wurde mit den Rüstungsprogrammen 2021 und 2023 bewilligt (79 und 98 Mio. Fr.).

Für den etappenweisen Ausbau der beiden Zentren beantragt der Bundesrat mit dem vorliegenden Rüstungsprogramm einen weiteren Verpflichtungskredit. Damit wird die im nächsten Ausbauschritt geplante Migration von einsatzkritischen Anwendungen und Services in die neue IKT-Infrastruktur ermöglicht. Ab Ende der 2020er-Jahre sind zusätzliche Ausbauschritte und ein periodischer Austausch von IT-Komponenten geplant.

5.2.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die Erstausstattung der Rechenzentren VBS beinhaltete den Einbau von Speicherhardware, Servern, Software und weiteren Informatikkomponenten. Erste Führungssysteme werden bereits in die neue Informatikinfrastruktur integriert.

In einem nächsten Projektschritt sollen weitere militärische Systeme und Applikationen, insbesondere Führungs- und Kommunikationssysteme, von den bisherigen dezentralen Rechenzentren auf die neue Digitalisierungsplattform migriert werden. Für diese Migration ist ein weiterer Verpflichtungskredit erforderlich. Damit können die Rechenzentren sukzessive erweitert werden.

5.2.3

Evaluation und Zeitplan der Beschaffung

Die Beschaffung der noch benötigten Informatikkomponenten, zu denen auch Software und Lizenzen gehören, sowie von Dienstleistungen erfolgt auf dem ordentlichen Beschaffungsweg. Die Verfügbarkeit der Produkte und Dienstleistungen wird mit den Lieferanten abgestimmt, damit die Migration auf den frühestmöglichen Zeitpunkt und die Inbetriebnahme in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre erfolgen kann.

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5.2.4

Geprüfte Alternativen

Geprüft wurde die Weiterentwicklung bestehender Systeme mit unterschiedlicher Informatikinfrastruktur an mehreren Standorten. Diese Variante wurde verworfen, weil sie hohe jährliche Betriebskosten und längere Interventionszeiten bei Störungen mit sich bringen würde.

Verworfen wurde auch die Option, den Betrieb und die Instandhaltung der Informatikinfrastruktur an externe Partner auszulagern. Dies würde den militärischen Sicherheitsvorschriften widersprechen und hätte aufgrund des erhöhten Koordinationsbedarfs ständige Zusatzkosten zur Folge.

5.2.5

Risikobeurteilung und Teuerung

Die Ausstattung und Anbindung der Rechenzentren ist hoch komplex und birgt technische Risiken, die zu Mehrkosten führen können. Überdies bestehen starke Abhängigkeiten zwischen den einsatzkritischen militärischen Anwendungen und der neuen IKT-Infrastruktur. Der Umfang der Integrationsarbeiten lässt sich noch nicht exakt berechnen. Die Anbindung erfolgt in mehreren Phasen. Mit jeder Phase werden Erkenntnisse für die weitere Entwicklung gewonnen. Die bestehenden Risiken begründen einen Risikozuschlag von rund 25 Prozent auf dem Beschaffungsumfang.

Da die zu beschaffende Hardware und die Lizenzen grösstenteils aus dem Ausland stammen, wird eine Teuerung von rund 9 Prozent angenommen (Teuerungsprognose von armasuisse, Oktober 2023).

5.2.6

Verpflichtungskredit

Der beantragte Verpflichtungskredit für die Ausstattung der beiden Rechenzentren «Fundament» und «Campus» setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Beschaffungsumfang: Hardware, Software, Lizenzen und Sicherheitskomponenten, Dienstleistungsausgaben und Ausbildung

97,0

­ Risikozuschlag

24,0

Teuerung
Verpflichtungskredit

54 / 90

9,0 130,0

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5.2.7

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die jährlichen Ausgaben für die Wartungs- und Lizenzkosten der beantragten Komponenten werden sich auf rund 6 Millionen Franken belaufen. Für Betrieb und Weiterentwicklung sind zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen vorzusehen.

Der Bedarf wird im Rahmen der erforderlichen Betriebskonzepte ausgewiesen und über das ordentliche Betriebsbudget der Gruppe Verteidigung abgedeckt.

5.2.8

Auswirkungen auf die Immobilien

Der beantragte Kredit hat keine Auswirkungen auf die Immobilien. Die Bauten für die Rechenzentren «Fundament» und «Campus» wurden vom Parlament mit den Immobilienprogrammen 2013 und 2016 bewilligt.

5.3

Teilmobile passive Sensoren zur Ergänzung des Luftlagebilds

5.3.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Die Armee verfügt heute über passive Sensorsysteme, die elektromagnetische Strahlungen von Luftfahrzeugen etwa den Funkverkehr oder Radaremissionen erfassen können. Diese Sensorsysteme dienen der Signalaufklärung. Sie können Luftfahrzeuge detektieren, orten, verfolgen und identifizieren und tragen damit zu einem aktuellen Luftlagebild bei.

Das von der Schweizer Armee bisher verwendete Aufklärungssystem besteht aus Sensoren zum Erfassen von Radarsignalen. Sie sind fest installiert und wären daher im Konfliktfall verwundbar. Zusätzliche Sensoren sollen die Resilienz erhöhen und das Luftlagebild auch bei Störungen oder Ausfällen der bisherigen Sensoren ergänzen.

5.3.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Um die Verwundbarkeit des heutigen Erfassungs-, Analyse- und Ortungssystems zu reduzieren, sollen mit dem vorliegenden Rüstungsprogramm zusätzliche Sensoren beschafft werden. Diese können innerhalb kurzer Zeit aufgestellt und beliebig versetzt werden. Dementsprechend sind sie weniger verwundbar als die bestehenden festinstallierten Anlagen. Die zu beschaffenden Sensoren sollen von Milizformationen bedient werden, was eine entsprechende Ausbildung erforderlich macht.

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5.3.3

Evaluation und Zeitplan der Beschaffung

Die zusätzlichen Sensoren sind nahezu identisch mit den bereits vorhandenen. Sie sollen in bestehende Armeefahrzeuge und Immobilien integriert werden. Insofern kann der Beschaffungsauftrag zeitnah und ohne Ausschreibung vergeben werden.

5.3.4

Geprüfte Alternativen

Die Armee hat als Alternative für die zusätzlichen Sensoren verschiedene mobile und teilmobile Lösungen geprüft. Fest installierte Sensoren hingegen wurden bereits früh verworfen, weil die Überlebensfähigkeit der Systeme schon bei einem teilmobilen Einsatz markant höher ist.

5.3.5

Risikobeurteilung und Teuerung

Weil die Integration von Antennen und Empfängern in verschiedene Fahrzeuge mit technischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, werden vorgängig Studien und Erprobungen durchgeführt. Für die Beschaffung der passiven Sensoren wird daher mit einem Risikozuschlag von rund 13 Prozent auf dem Beschaffungsumfang gerechnet.

Die Systeme müssen im Ausland beschafft werden, da kein Schweizer Hersteller über die erforderliche Kompetenz verfügt. Dementsprechend wird eine Teuerung von 6 Prozent angenommen (Teuerungsprognose von armasuisse, Oktober 2023).

5.3.6

Verpflichtungskredit

Der beantragte Verpflichtungskredit für die Beschaffung von teilmobilen passiven Sensoren setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

­ Beschaffungsumfang: Sensoren

Mio. Fr.

30,0

­ Ersatzmaterial, Dokumentation und Ausbildungsmaterial (Logistik)

2,4

­ Risikozuschlag

5,2

Teuerung

2,4

Verpflichtungskredit

56 / 90

40,0

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5.3.7

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die jährlichen Ausgaben für die Instandhaltung der Sensoren werden sich auf 4 Millionen Franken belaufen. Die Systeme sollen von 2026 bis 2040 genutzt werden. Ungefähr nach der Hälfte der Nutzungsdauer wird ein Werterhalt notwendig sein.

Die für den Betrieb erforderlichen personellen Ressourcen sind im bestehenden Rahmen vorhanden.

5.3.8

Auswirkungen auf die Immobilien

Für die Installation der zusätzlichen Sensoren können bestehende Immobilien genutzt werden. Wo nötig werden kleinere bauliche Massnahmen mit geringen finanziellen Ausgaben vorgenommen.

5.4

Werterhalt des Schulungsflugzeugs PC-7

5.4.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Der Pilatus PC-7 Turbo Trainer ist ein Schulungsflugzeug für die Pilotenausbildung.

Er steht bei der Luftwaffe seit 1982 im Einsatz und gehört trotz seines Alters nach wie vor zu den leistungsfähigsten Typen seiner Kategorie. Der PC-7 dient der Luftwaffe zur Selektion und Grundausbildung angehender Helikopterpilotinnen und -piloten sowie Jetpilotinnen und -piloten. Vor allem eignet er sich für den Instrumentenflug bei schlechter Sicht, für den Nachtflug und für den Verbandsflug.

Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Modifikationen und Werterhaltungsmassnahmen vorgenommen, um die Avionik, also die Flugzeugelektronik, auf dem neusten technischen Stand zu halten. So konnte beispielsweise mit dem Rüstungsprogramm 2005 ein neues Cockpit beschafft werden. Mit der Armeebotschaft 2021 bewilligte das Parlament zudem einen Kredit für die Aufrüstung der Kollisionswarnsysteme.

Damals wurden weitere Massnahmen zur Sicherstellung der Lufttüchtigkeit angekündigt, die nun mit dem vorliegenden Rüstungsvorhaben beantragt werden.

Zu den fälligen Werterhaltungsmassnahmen gehören vor allem die Erneuerung des für den Instrumentenflug zentralen Navigationssystems sowie ein Nachrüsten der Funkanlage gemäss den europaweit eingeführten Regelungen. Zudem müssen die beiden Flugsimulatoren auf denselben technologischen Stand gebracht werden wie die Echtsysteme.

5.4.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Bei den Werterhaltungsmassnahmen werden moderne, handelsübliche Luftfahrtkomponenten integriert. Die Firma Pilatus Flugzeugwerke AG in Stans ist für das Ergebnis des Werterhalts der PC-7-Flotte verantwortlich und nimmt dazu den Technologiekon57 / 90

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zern RUAG MRO Holding AG unter Vertrag. An dessen Standorten in Lodrino (TI) und Emmen (LU) soll der Werterhalt der Flotte beziehungsweise der Simulatoren umgesetzt werden.

Nach Abschluss der Arbeiten soll der PC-7 weitere fünfzehn Jahre eingesetzt werden können.

5.4.3

Evaluation und Zeitplan der Beschaffung

Mit der Armeebotschaft 2023 bewilligte das Parlament einen PEB-Kredit zur Projektierung des Werterhalts. Aufgrund der kurzen Frist musste auf die Herstellung eines Prototyps verzichtet werden. Um das Risiko zu minimieren, wurde die Machbarkeit des Werterhalts mithilfe von Projektstudien der Herstellerfirma überprüft und bestätigt. Der probeweise Umbau eines ersten Flugzeugs wird Anfang 2024 beginnen, woraufhin der Rest der Flotte modifiziert werden soll. Der Abschluss der Arbeiten ist für 2029 vorgesehen.

5.4.4

Geprüfte Alternativen

Die Armee hat verschiedene Umbauvarianten mit unterschiedlichen Konfigurationen geprüft, ebenso wie die Beschaffung neuer Flugzeuge. Dabei wurden vor allem die Wirtschaftlichkeit, das aktuelle Pilotenausbildungskonzept und die vorhandenen Personalressourcen berücksichtigt. Der beantragte Werterhalt des PC-7 hat sich dabei als die zweckmässigste Variante herausgestellt und wurde in der Folge ausgearbeitet.

5.4.5

Risikobeurteilung und Teuerung

Sowohl die Pilatus Flugzeugwerke AG als auch die RUAG MRO Holding AG sind mit der Avionik des PC-7 bestens vertraut. Für die Umbauphase wurden Beschaffungsverträge mit Optionen ausgehandelt. Dabei kommen Festpreisverträge zur Anwendung, die unter anderem auch die Schwankung von Fremdwährungskursen, die Entwicklung von Lohnkosten und allfällige Preisschwankungen auf der Lieferantenseite berücksichtigen.

Für den Werterhalt wird mit einem kleinen Risikozuschlag von rund 4 Prozent auf dem Beschaffungsumfang gerechnet. Er wurde aufgrund einer fundierten Risikobeurteilung festgelegt und wird mit der niedrigen bis mittleren Komplexität des Projektes begründet.

Die Teuerung ist im verhandelten Höchstpreis bereits enthalten, weshalb keine zusätzlichen Kosten anfallen.

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5.4.6

Verpflichtungskredit

Der beantragte Verpflichtungskredit für den Werterhalt des PC-7 setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Beschaffungsumfang: Werterhalt von 27 Propellerflugzeugen PC-7 und Anpassungen an 2 Simulatoren PC-7

57,1

­ Ersatzmaterial, Dokumentation und Ausbildungsmaterial (Logistik)

10,7

Risikozuschlag

2,2

Verpflichtungskredit

5.4.7

70,0

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Nach dem Werterhalt werden die Kosten für Betrieb und Instandhaltung im bisherigen Rahmen bleiben. Die jährlichen Ausgaben für die Instandhaltung von 27 Flugzeugen belaufen sich auf 11,7 Millionen Franken. Auch personell wird der Werterhalt keine Auswirkungen haben.

5.4.8

Auswirkungen auf die Immobilien

Der Werterhalt der PC-7-Flotte hat keine Auswirkungen auf die Immobilien.

5.5

Lenkwaffe Boden-Boden

5.5.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Mit der Armeebotschaft 2018 veranlasste das Parlament die Ausserdienststellung des Panzerabwehr-Lenkwaffensystems TOW als Teil des Panzerjägers 90. Damit verlor die Schweizer Armee die Fähigkeit zur Panzerabwehr auf eine Distanz von rund vier Kilometern. Seit dem Krieg in der Ukraine hat diese Fähigkeit wieder an Bedeutung gewonnen: Moderne Panzerabwehrlenkwaffen gehören zu den wichtigsten Mitteln in der Verteidigung.

Damit die Schweizer Armee bewegliche gepanzerte Ziele und Schlüsselobjekte auf weite Distanz bekämpfen kann, soll eine Lenkwaffe Boden-Boden beschafft werden.

Diese soll fahrzeugunabhängig eingesetzt werden können.

59 / 90

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5.5.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die Lenkwaffe Boden-Boden ist ein Wirkmittel, das gegen gepanzerte Ziele eingesetzt werden kann insbesondere gegen geschützte Fahrzeuge oder gedeckte Stellungen. Die Reichweite beträgt bis zu fünfeinhalb Kilometer. Dank eines Lenksystems wirkt der Flugkörper zielgenau, verursacht dadurch ein Minimum an Kollateralschäden und benötigt für einen Treffer weniger Lenkwaffen.

Auf eine Integration in ein Fahrzeug wird verzichtet. Um die Lenkwaffe sicher in die Einsatzräume transportieren zu können, werden leichte Fahrzeuge eines in der Schweizer Armee bereits eingeführten Typs nachbeschafft.

5.5.3

Evaluation und Zeitplan der Beschaffung

Nach einer Marktanalyse hat das Bundesamt für Rüstung (armasuisse) verschiedene europäische und amerikanische Hersteller um Informationen und Offerten zu Lenkwaffen Boden-Boden angefragt. Nach einer detaillierten Analyse der erhaltenen Informationen und einer Prüfung der Offerten sprach sich armasuisse schliesslich für den Waffentypen Spike LR2 der Firma Eurospike GmbH aus. Dieser weist in der Auswertung den höchsten militärischen Nutzwert auf und ist auch wirtschaftlich das vorteilhafteste Angebot.

Der gewählte Waffentyp wird bereits von verschiedenen europäischen Streitkräften erfolgreich eingesetzt. Da es sich um ein Serienprodukt handelt, kann auf eine umfassende Evaluation verzichtet werden. Stattdessen führt die Truppe Versuche und Verifikationen durch. Die Einführung des Systems ist für 2029 vorgesehen.

5.5.4

Geprüfte Alternativen

Die im Rahmen der Evaluation geprüften Alternativen wiesen im Vergleich zum gewählten System eine schlechtere Kosten-Nutzen-Bilanz auf. Ausserdem hätte ein unverhältnismässig grosser Entwicklungsaufwand betrieben werden müssen, um die Anforderungen zu erfüllen.

5.5.5

Risikobeurteilung und Teuerung

Durch den Entscheid, ein bereits bei anderen Streitkräften eingeführtes Produkt zu beschaffen, ist das Risiko gegenüber einem neuen Produkt relativ gering. Jedoch hat das Projekt noch nicht alle Phasen für die Beschaffungsreife durchlaufen, weshalb ein Restrisiko nicht ausgeschlossen werden kann. Daher wird mit einem Risikozuschlag von 4 Prozent auf dem Beschaffungsumfang gerechnet.

Die Systeme müssen im Ausland beschafft werden, da kein Schweizer Hersteller über die erforderliche Kompetenz verfügt. Für die Lenkwaffen liegen Offerten mit Festpreisen vor. Der unten aufgeführte Teuerungsbetrag im Umfang von 4 Millionen 60 / 90

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Franken bezieht sich somit nur auf die restlichen Leistungsanteile ohne die Lenkwaffen (Preisstand Oktober 2022; Teuerungsprognose von armasuisse, Oktober 2023).

5.5.6

Verpflichtungskredit

Der beantragte Verpflichtungskredit für die Beschaffung einer Lenkwaffe Boden-Boden setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Beschaffungsumfang: Lenkwaffen, Ausbildungsmittel und Fahrzeuge

192,8

­ Ersatzmaterial und Logistik

4,8

­ Risikozuschlag

8,4

Teuerung

4,0

Verpflichtungskredit

5.5.7

210,0

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die jährlichen Ausgaben für die Instandhaltung der Lenkwaffen werden sich auf etwa 4,6 Millionen Franken belaufen. Jährlich werden rund drei Vollzeitäquivalente benötigt. Die zu beschaffenden Lenkwaffen sollen von 2029 bis 2049 genutzt werden. Ungefähr nach der Hälfte der Nutzungsdauer wird ein Werterhalt erforderlich.

5.5.8

Auswirkungen auf die Immobilien

Gestützt auf die Erfahrung mit vergleichbaren Systemen sind in Bezug auf die Bewirtschaftung und Lagerung der neuen Lenkwaffe keine Auswirkungen auf die Immobilien zu erwarten.

5.6

Cybersicherheit

5.6.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Bis vor wenigen Jahren gab es innerhalb der Schweizer Armee noch zahlreiche Einzellösungen für die Speicherung und Verwaltung von digitalen Benutzerprofilen sowie für die Regelung von Benutzerzugriffen. Oft mussten die Profile von Benutzerinnen und Benutzern mehrfach bewirtschaftet werden, weil der Datenaustausch zwischen einzelnen Organisationseinheiten oder Systemen technisch schwierig oder gar unmöglich war. Der parallele Betrieb dieser Einzellösungen verursachte hohe Betriebsausgaben und Mängel bei der Datensicherheit.

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Die Armee führte daher vor zehn Jahren ein zentrales Managementsystem ein, das die bisherigen Verzeichnisdienste koordiniert und mit anderen Bundesstellen zusammenwirken kann. In mehreren Umsetzungsphasen wurden zahlreiche Organisationseinheiten und Systeme an die neue Applikation angebunden, die seit 2021 genutzt wird.

Mit dem beantragten Kredit sollen in der nächsten Umsetzungsphase ab 2025 weitere Hauptsysteme der Armee angeschlossen werden, und zwar in enger Koordination mit der Digitalisierungsplattform. Es ist dies eine von vielen Massnahmen zur Erhöhung der Cybersicherheit. Auch sie trägt zur Verbesserung der Fähigkeiten im Cyberraum bei.

5.6.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Das System für die Speicherung und Verwaltung von digitalen Benutzerprofilen sowie für die Regelung von Benutzerzugriffen ist die Voraussetzung, um neu einzuführende Hauptsysteme in die Digitalisierungsplattform zu integrieren, zum Beispiel das neue Kampfflugzeug oder das System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite. Zudem soll das Managementsystem auch an eine Instanz der PublicKey-Infrastruktur in allen Lagen angeschlossen werden. Dies ermöglicht die Identifikation von Personen der Berufsorganisation und der Miliz sowie den kryptografischen Schutz von Daten.

Der beantragte Verpflichtungskredit wird zur Anbindung der neu einzuführenden Hauptsysteme sowie der Instanz der Public-Key-Infrastruktur ab 2025 benötigt.

5.6.3

Evaluation und Zeitplan der Beschaffung

Die Initialbeschaffung erfolgte aufgrund der hohen Datenschutzauflagen im Einladungsverfahren. Denn auf Basis der in das System importierten und im System bearbeiteten Daten lassen sich Persönlichkeits- sowie Bewegungsprofile erstellen, bei denen es sich von Gesetzes wegen um besonders schützenswerte Daten handelt. Die Aufteilung einer Beschaffung in sicherheitsempfindliche und nicht sicherheitsempfindliche Bestandteile ist aus technischen Gründen nicht möglich. Ein Schweizer Unternehmen erhielt damals den Auftrag für die Initialbeschaffung.

Die Realisierungsphase soll ab 2025 im Anschluss an die bisherigen Arbeiten erfolgen dies unter Beibehaltung der bestehenden Auftragnehmerin. Gemäss heutiger Planung werden die Arbeiten Ende 2028 abgeschlossen.

5.6.4

Geprüfte Alternativen

Aus Datenschutzgründen soll das bestehende System von der bisherigen Auftragnehmerin weiter ausgebaut werden. Ein Wechsel der Anbieterin für die Erweiterung bereits erbrachter Leistungen hätte aus wirtschaftlichen und technischen Gründen erhebliche Schwierigkeiten und substanzielle Mehrkosten zur Folge.

62 / 90

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5.6.5

Risikobeurteilung und Teuerung

Die hohe Komplexität der Umsetzung birgt technische Risiken, da zwischen den einsatzkritischen militärischen Anwendungen und der neuen IKT-Infrastruktur starke Abhängigkeiten bestehen. Daher lässt sich der Umfang der Integrationsarbeiten nicht exakt berechnen. Entsprechend ist ein Risikozuschlag von rund 12 Prozent aufgeführt.

Da viele Dienstleistungen aus der Schweiz bezogen werden können, wird mit einer Teuerung von rund 4 Prozent gerechnet (Teuerungsprognose von armasuisse, Oktober 2023).

5.6.6

Verpflichtungskredit

Der beantragte Verpflichtungskredit für die nächste Realisierungsphase setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Beschaffungsumfang: Dienstleistungsausgaben, Ausbildung, Hardware, Software und Lizenzen

34,7

­ Risikozuschlag

4,0

­ Teuerung

1,3

Verpflichtungskredit

5.6.7

40,0

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die jährlichen Ausgaben für die Wartungs- und Lizenzkosten des Systems werden sich auf rund 0,6 Millionen Franken belaufen. Für Betrieb und Weiterentwicklung sind zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen im bestehenden Rahmen vorgesehen.

5.6.8

Auswirkungen auf die Immobilien

Das Beschaffungsvorhaben wird keine wesentlichen Auswirkungen auf die Immobilien haben.

6

Immobilienprogramm VBS 2024

6.1

Kurzfassung

Der Bundesrat beantragt mit dem Immobilienprogramm VBS 2024 Verpflichtungskredite von 886 Millionen Franken.

63 / 90

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Verpflichtungskredite

Mio. Fr.

­ Bau des Rechenzentrums VBS «Kastro II»

483

­ Verlegung Rüeggisingerstrasse, Flugplatz Emmen

14

­ Ausbau und Sanierung Waffenplatz Frauenfeld, 4. Etappe

93

­ Teilsanierung Waffenplatz Bière, 1. Etappe

46

­ Weitere Immobilienvorhaben 2024

250

Immobilienprogramm VBS 2024

886

Die beantragten Verpflichtungskredite enthalten die Mehrwertsteuer und jeweils eine Position «Kostenungenauigkeit». Diese umfasst die Teuerung und einen Risikoanteil, der abhängig vom Projektstand berechnet wird.

6.2

Immobilienplanung

Mit dem Immobilienmanagement stellt das VBS die Immobilien bereit, die nötig sind, um die Aufgaben des VBS zu erfüllen. Als Vorgabe hat das Departement eine Immobilienstrategie erlassen. Sie setzt als Ziele, dass die Bedürfnisse aus den Aufgaben des VBS befriedigt werden, dass mit den finanziellen Mitteln sparsam umgegangen wird und dass die Anliegen von Kantonen, Gemeinden, der Öffentlichkeit und der Umwelt berücksichtigt werden. Die Energiewende wird im Sinne des «Aktionsplans Energie und Klima VBS» umgesetzt12. Standorte und Nutzung der militärischen Infrastruktur werden im Stationierungskonzept der Armee definiert. Dieses bildet die Grundlage für die Immobilienplanung.

Als Teil der Gesamtplanung zur Weiterentwicklung der Armee erarbeitete die Armee 2013 ein Stationierungskonzept. Ziel war es, den Kernbestand der Armee-Immobilien wertmässig um rund ein Drittel zu senken. Bei der Wahl der künftigen Standorte berücksichtigte die Armee neben militärischen auch betriebswirtschaftliche Kriterien und die regionalen Auswirkungen. Im Vordergrund stand die Frage, welche Immobilien für den Einsatz und die Ausbildung notwendig sind, wie die Armee die Instandhaltungs- und Mietkosten ihrer Immobilien senken und den anstehenden Erneuerungsbedarf decken kann.

Zur Umsetzung des Stationierungskonzepts sind erhebliche Investitionen nötig, die in den letzten Jahren den eidgenössischen Räten im Rahmen der Armeebotschaft zum Entscheid unterbreitet wurden.

Das Immobilienprogramm 2019 beinhaltete die erste Etappe der Weiterentwicklung des Waffenplatzes in Thun, die der Konzentration der Instandhaltungsschulen in Thun dient. Mit dem Immobilienprogramm 2020 bewilligte das Parlament unter anderem den Ausbau des Waffenplatzes Chamblon. Dieser Ausbau wird es erlauben, die zurzeit in Moudon stationierte Spitalschule zu verlegen und danach den Waffenplatz in 12

Abrufbar unter www.vbs.admin.ch > Umwelt > Umweltleitbild > Energie und Klima.

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Moudon stillzulegen. Mit dem Ausbau und der Gesamterneuerung des Waffenplatzes Frauenfeld lassen sich die Stadtkaserne Frauenfeld und das bestehende Zeughaus, in Rümlang das Motorwagendienst-Center und der Übungsplatz Haselbach sowie der Waffenplatz St-Maurice Lavey schliessen. Die Waffenplätze Freiburg und Genf hat die Armee planmässig aufgegeben. Zur Schliessung des Waffenplatzes Fribourg musste jener in Drognens erweitert und verdichtet werden.

Das Immobilienprogramm 2021 ermöglichte die Erhöhung der Bereitschaft der Armee durch Anpassungen der Logistikinfrastrukturen. Dazu bewilligte das Parlament 163 Millionen Franken für den Ausbau der Logistikinfrastruktur in Burgdorf. Der Standort Burgdorf ersetzt den ehemaligen Logistikstandort Bern, der unter anderem zugunsten der Infrastrukturentwicklung der zivilen Bundesverwaltung aufgegeben wurde. Weiter wurden die Militärflugplätze Sitten, Buochs und Dübendorf entweder aufgegeben oder auf ihre Kernfunktionen reduziert. Die geplanten Reduktionen in den Bereichen Führungsanlagen, Luftwaffennachrichtenzentralen, Schutzbauten und Kampfinfrastruktur wurden umgesetzt.

Den Waffenplatz St-Maurice Lavey hat die Armee aufgegeben. Der darin enthaltene Standort Dailly wurde jedoch wieder in den Kernbestand zurückgeführt insbesondere aufgrund der während der Corona-Pandemie erkannten Bedürfnisse. Der ursprünglich zum Verzicht geplante Schiessplatz Glaubenberg wurde aufgrund neuer Bedürfnisse wieder in den Kernbestand der Immobilien aufgenommen.

Die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit wirkt sich auch auf das künftige Immobilienportfolio der Armee aus. Ein weiterer Abbau des Portfolios hätte aus militärischer Perspektive bedeutende Risiken zur Folge. Die Armee braucht eine ausreichende Infrastruktur: Die Logistikinfrastruktur soll wieder stärker dezentralisiert und gleichzeitig besser geschützt werden. Die Ausbildungsinfrastruktur soll dahingehend erweitert werden, dass Kampfverbände bis Stufe Truppenkörper Einsätze in überbautem Gelände trainieren können und sich auch das Gefecht der verbundenen Waffen im scharfen Schuss schulen lässt. Ein hoher Bedarf besteht zudem bei der Führungs- und Kampfinfrastruktur, damit die Armee die Führungsfähigkeit sicherstellen und ihren Auftrag auf dem gesamten Schweizer Territorium erfüllen kann. Um diesen Bedarf zu decken,
ist es angezeigt, verschiedene bereits ausser Dienst gestellte Infrastrukturen (Dispositionsbestand) zu reaktivieren, mit abgestufter Bereitschaft zu erhalten oder zumindest mit Auflagen an Dritte abzugeben. Wo möglich, strebt die Armee eine Mehrfachnutzung dieser Infrastrukturen an.

Als Grundlage für ihre zukünftige Immobilienplanung lancierte die Armee im Oktober 2021 die strategische Initiative «Infrastruktur der Armee». Diese Initiative soll unter anderem die Auswirkungen auf das zukünftige Immobilienportfolio der Armee aufzeigen, mit dem Fokus auf die militärischen Bedürfnisse. Sie soll bis Mitte 2024 abgeschlossen werden. Darauf aufbauend muss das Stationierungskonzept der Armee überarbeitet und mit den Kantonen abgestimmt werden. Insgesamt ist absehbar, dass ein grösseres Immobilienportfolio, wie es sich aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage aufdrängt, auch höhere Investitions-, Betriebs- und Personalausgaben zur Folge haben wird. Um diesen Herausforderungen optimal zu begegnen, wird die Überarbeitung des Stationierungskonzepts in Zukunft laufend adaptiv erfolgen.

65 / 90

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6.3

Bau des Rechenzentrums VBS «Kastro II»

6.3.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Das VBS verfügt heute über eine heterogen gewachsene Rechenzentren-Infrastruktur, welche die Verwaltungsinformatik und die militärischen Systeme umfasst. Diese Infrastruktur weist bis zur vollständigen Umsetzung der IKT-Strategie des Bundes 20202023 bezüglich Schutz und Verfügbarkeit eine Lücke auf, die geschlossen werden muss. Weil die Systeme stark vernetzt sind, hat ein Ausfall Folgen für den Einsatz der Armee. Diese benötigt in allen Lagen und über das gesamte Leistungsprofil hinweg eine effektive und effiziente IKT-Unterstützung und muss diesbezüglich die grösstmögliche Autonomie anstreben. Die Rechenzentren bilden den Kern der IKT-Unterstützung zugunsten der Armee.

Mit Beschluss vom 2. Juli 2014 hat der Bundesrat das Konzept Rechenzentren-Verbund mit dem Ziel von vier bundeseigenen Rechenzentren genehmigt. Die Umsetzung dieses Konzepts beinhaltet die modulare Neuerstellung eines zivil und militärisch genutzten Rechenzentrums «Campus», den Betrieb und die nachhaltige Instandhaltung des bestehenden und ausschliesslich zivil genutzten Rechenzentrums «Primus» bis 2030 sowie die Bereitstellung der militärischen Rechenzentren «Fundament» und «Kastro II».

Die Rechenzentren sollen in räumlich getrennten Geländekammern realisiert werden, um die geforderte Verfügbarkeit und die abgestufte Sicherheit unter wirtschaftlichen Aspekten zu gewährleisten. Gemäss den IKT-Strategien Bund und Verteidigung müssen Daten und Applikationen an mehreren Standorten gespiegelt werden. Diese Vorgabe erfordert gegenüber der abzulösenden Infrastruktur mindestens eine Verdoppelung der Rechenzentrumskapazität. Zudem nimmt der Leistungsbedarf für einsatzrelevante militärische Applikationen und Datenspeicherung kontinuierlich zu. Die Umsetzung des Konzepts Rechenzentren-Verbund erfolgt gestaffelt in folgenden Phasen: 1. Phase: Realisierung eines vollgeschützten Rechenzentrums (Immobilienbotschaft VBS 2013, 150 Mio. Fr.). Das vollgeschützte Rechenzentrum «Fundament» wurde in einem bestehenden Objekt erstellt und ging Ende 2021 in Betrieb.

2. Phase: Realisierung eines teilgeschützten Rechenzentrums zusammen mit zivilen Departementen des Bundes unter Federführung des VBS (Immobilienprogramm VBS 2016, 150 Mio. Fr.). Das teilgeschützte Rechenzentrum «Campus» ging Ende 2020 in Betrieb.

3. Phase: Realisierung des zweiten
vollgeschützten Rechenzentrums «Kastro II» (Immobilienprogramm VBS 2024, 483 Mio. Fr.).

Weitere Ausbauschritte: Kapazitätsausbau der Rechenzentren «Fundament» und «Campus» in Abhängigkeit zur Bedarfsentwicklung. Die Kosten für die ersten geplanten Ausbauetappen werden mit je 20 Millionen Franken veranschlagt.

Gemäss den Grundsätzen der IKT-Strategie des Bundes müssen geschäftskritische Informationen mit eigenen Kapazitäten in möglichst bundeseigenen Rechenzentren gehalten werden. Die Miete eines Gebäudes ist deshalb keine Alternative. Das Rechenzentrum «Fundament» erfüllt die Anforderungen bezüglich Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sehr gut: Es wurde in ein bereits bestehendes Objekt 66 / 90

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eingebaut und verfügt über einen risikobasierten Schutz. Das Rechenzentrum «Kastro II» soll die gleichen Anforderungen bezüglich Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit wie das Rechenzentrum «Fundament» erfüllen.

6.3.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Das Rechenzentrum «Kastro II» soll am gewählten Standort in einer neu zu erstellenden Kaverne eingebaut werden. Diese verfügt über einen militärischen Vollschutz.

Zur Anbindung des Rechenzentrums an das Führungsnetz Schweiz soll ein Netzknoten erstellt werden.

Das Projekt sieht eine Ausbaureserve vor, die unter laufendem Betrieb einen massgeblichen Ausbau der IT-Leistung erlauben wird. Die Flächen für den Ausbau sollen dafür bereits mit dem Hauptprojekt im Rohbau entstehen. Das vorliegende Projekt beschränkt sich auf die Umsetzung der baulichen Massnahmen. Die Beschaffung der IT respektive der Systemkomponenten für das Rechenzentrum wird mit einem späteren Rüstungsprogramm beantragt.

Massnahmen zum Schutz der Umwelt Dank den am gewählten Standort natürlich vorhandenen Ressourcen kann das Rechenzentrums mit verhältnismässig geringem Energieaufwand gekühlt werden.

6.3.3

Projektstand und Zeitplan der Realisierung

Für den Bau des Rechenzentrums «Kastro II» liegt ein Bauprojekt mit Kostenvoranschlag vor. Die Realisierung soll zwischen 2025 und 2033 erfolgen.

6.3.4

Geprüfte Alternativen

Für die Standortevaluation wurden über 60 Standorte anhand einer Vielzahl von Kriterien (u. a. Sicherheit, Erschliessung, Energieeffizienz der Kühlmöglichkeiten, Wirtschaftlichkeit) miteinander verglichen und bewertet. Um die geologischen Herausforderungen am gewählten Standort und die räumliche Gliederung der unterirdischen Anlage zu optimieren, wurden wiederum verschiedene Varianten geprüft. Aufgrund des risikobasierten Schutzes, der auf Energieeffizienz ausgerichteten Kühlung und dem modularen Ausbau ist das beantragte Projekt die vorteilhafteste aller geprüften Varianten.

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6.3.5

Risikobeurteilung

Da ein Kostenvoranschlag vorliegt, wird mit einer Kostenungenauigkeit von 15 Prozent gerechnet. Um geologische Risiken zu minimieren, wurden Testbohrungen durchgeführt. Aufgrund der Dimension und Einmaligkeit des geplanten Bauwerks bleiben Restrisiken bestehen. Die Risiken werden mit fortschreitendem Planungs- und Bauprozess reduziert.

6.3.6

Verpflichtungskredit

Der Verpflichtungskredit setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Investitionsausgaben nach Baukostenplan 1­9 (davon Honorare: 29,1 Mio. Fr.)

420,0

­ Kostenungenauigkeit Verpflichtungskredit

63,0 483,0

Abgrenzung Die Kostenberechnung basiert auf dem Schweizerischen Baupreisindex, Espace Mittelland vom Oktober 2023 (113,2 Punkte, Oktober 2020 = 100 Punkte).

Für die Projektierungsarbeiten werden bis zum Vorliegen des Bauprojekts 26 Millionen Franken aufgewendet. Diese Ausgaben wurden mit den Rahmenkrediten aus früheren Immobilienprogrammen VBS bewilligt.

Bruttomietkosten Durch die wertvermehrenden Bauarbeiten steigen die Bruttomietkosten um jährlich 33,9 Millionen Franken. Die Abschreibungs- und Nutzungsdauer beträgt 30 Jahre.

6.3.7

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung des Projekts steigen der Betriebsausgaben um 2 Millionen Franken pro Jahr.

6.3.8

Personelle Auswirkungen

Mit der Projektumsetzung werden vom Betriebsstart an rund sechs zusätzliche Vollzeitstellen benötigt.

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6.4

Verlegung Rüeggisingerstrasse, Flugplatz Emmen

6.4.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Der Militärflugplatz Emmen ist ein Hauptstandort der Luftwaffe. Er beherbergt nicht nur das Flugplatzkommando mit dem Drohnenkommando und das Training Center Simulatoren. Stationiert sind dort auch die Pilotenschule der Luftwaffe, diverse andere Partner sowie Teile des Kompetenzbereichs «Luftfahrtsysteme» von armasuisse.

Letztere ist unter anderem zuständig für die Evaluation, Beschaffung und Zulassung der militärisch immatrikulierten Luftfahrzeuge.

Das Militärflugplatzareal soll auch in Zukunft rein militärisch genutzt werden und sich effizient weiterentwickeln. Die 2016 genehmigte Entwicklungsplanung bildet die verbindliche Grundlage für alle nachgelagerten Immobilienprozesse und Bauvorhaben. Als Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung des Areals muss die Rüeggisingerstrasse verlegt werden. Sie führt heute westlich der Piste mitten durch das Militärflugplatzareal und teilt dieses in zwei Teile. Dies verunmöglicht eine optimierte Nutzung und behindert den operationellen Betrieb zunehmend.

Die Sicherheit von Verkehr, Personen, Betrieb und Systemen zu gewährleisten, ist schon heute mit hohem Aufwand verbunden. Für Strassenquerungen müssen Schranken geschlossen werden, was zu langen Wartezeiten für den Verkehr und zu Unmut in der Bevölkerung führt. Die Strasse ist zudem für Fussgängerinnen und Velofahrer nicht normgerecht gestaltet. Die Verlegung der Linienführung an den Rand des Areals würde nicht nur die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer erhöhen und den Verkehrsfluss verbessern ­ auch die Effizienz der flugplatzinternen Betriebsabläufe könnte damit gesteigert werden.

Die im Jahr 2019 überarbeitete Gefahrenkarte Wasser für die Gemeinde Emmen zeigt, dass die Hochwassergefahr durch den Rotbach und Kolbenbach bisher unterschätzt worden ist. Die neue Gefahrenkarte weist eine akute Gefährdung für das Areal des Militärflugplatzes Emmen durch beide Gewässer aus. Diese Einschätzung hat sich bei diversen Hochwasserereignissen bestätigt. Um das Risiko zu reduzieren, sollen Hochwasserschutzmassnahmen umgesetzt werden.

6.4.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die Rüeggisingerstrasse soll an die nördliche Peripherie des Militärflugplatzes verlegt werden. Der Bau der neuen Strasse besteht aus je einer Fahrspur pro Fahrtrichtung für den motorisierten Individualverkehr. Parallel zur Fahrbahn entsteht ein Rad- und Gehweg. Die Quartiere um den Militärflugplatz sollen künftig mit einer neuen Busverbindung an den öffentlichen Verkehr angebunden werden. Für beide Fahrtrichtungen werden je zwei neue Bushaltestellen erstellt. Der Wegfall des strassenquerenden Flugplatz-Transitverkehrs und die Massnahmen zugunsten des Langsamverkehrs machen den Verkehr deutlich sicherer und barrierefrei. Der über die Nachbarparzelle führende Abschnitt der Rüeggisingerstrasse soll rückgebaut und renaturiert werden.

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Um den Hochwasserschutz für den Militärflugplatz zu gewährleisten, wird der Kanton Luzern den Rotbach mit den erforderlichen Hochwasserschutzmassnahmen ergänzen und ökologisch aufwerten. Weil diese Massnahmen und die Strassenverlegung gleichzeitig erfolgen, können für Planung, Projektierung und Ausführung Synergien genutzt werden.

Massnahmen zum Schutz der Umwelt Die neue Bachgestaltung entlang des Hochwasserschutzdamms mit strukturierter Gewässersohle und neuen, bepflanzten Flachufern schafft ökologische Aufwertungsflächen. Ein chaussierter Fussweg mit Sitzgelegenheiten entlang des Baches wertet das Naherholungsgebiet für die Bevölkerung zusätzlich auf.

6.4.3

Projektstand und Zeitplan der Realisierung

Für die Verlegung der Rüeggisingerstrasse liegt ein Bauprojekt vor. Die Arbeiten sollen von 2025 bis 2027 durchgeführt werden.

6.4.4

Geprüfte Alternativen

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden verschiedene Strassenführungen geprüft.

Unter Berücksichtigung aller betriebs- und umweltrelevanten Vorgaben weist die vorgeschlagene Variante den höchsten Nutzen aus.

6.4.5

Risikobeurteilung

Da ein Bauprojekt vorliegt, wird mit einer Kostenungenauigkeit von 10 Prozent gerechnet. Die Risiken werden mit fortschreitendem Planungs- und Bauprozess reduziert.

6.4.6

Verpflichtungskredit

Der Verpflichtungskredit setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

­ Investitionsausgaben nach Baukostenplan 1­9 (davon Honorare 1,4 Mio. Fr.)

­ Kostenungenauigkeit Verpflichtungskredit

70 / 90

Mio. Fr.

12,5 1,5 14,0

BBl 2024 563

Abgrenzung Die Kostenberechnung basiert auf dem Schweizerischen Baupreisindex, gesamte Schweiz, Tiefbau, vom Oktober 2023 (113,6 Punkte, Okt. 2020 = 100 Punkte).

Für die Projektierungsarbeiten werden bis zum Vorliegen des Bauprojekts 0,8 Millionen Franken aufgewendet. Diese Ausgaben wurden mit den Rahmenkrediten aus früheren Immobilienprogrammen VBS bewilligt.

Bruttomietkosten Die neu erstellte Strasse wird nach Bauvollendung der Gemeinde Emmen abgetreten.

Im Gegenzug übernimmt das VBS von der Gemeinde Emmen den über das Flugplatzareal geführten Teil der bisherigen Rüeggisingerstrasse, wobei Bruttomietkosten von 100 000 Franken pro Jahr anfallen werden. Die Abschreibungs- und Nutzungsdauer beträgt 35 Jahre.

6.4.7

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung des Projekts reduzieren sich die Betriebsausgaben um 200 000 Franken. Die Gemeinde Emmen beteiligt sich mit 480 000 Franken am Projekt des VBS.

6.4.8

Personelle Auswirkungen

Aus dem Projekt ergeben sich keine personellen Auswirkungen.

6.5

Ausbau und Sanierung Waffenplatz Frauenfeld, 4. Etappe

6.5.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Der Waffenplatz Frauenfeld soll längerfristig weitergenutzt und verdichtet werden.

Zu diesem Zweck soll das Areal über fünf Etappen ausgebaut und umfassend saniert werden. Im Gegenzug sollen in Frauenfeld die Stadtkaserne, das bestehende Zeughaus und das Motorwagendienstcenter geschlossen werden. Aufgeben will die Armee auch einen Übungsplatz in Rümlang sowie Nutzungsflächen in Dübendorf, Bülach und Kloten.

Die Verdichtung auf dem Areal Auenfeld in Frauenfeld macht die Ausbildung effizienter und reduziert die Betriebsausgaben. Die ersten drei Etappen wurden mit den Immobilienprogrammen VBS 2016, 2020 und 2021 bewilligt.

Der Verpflichtungskredit für die abschliessende fünfte Etappe soll dem Parlament voraussichtlich mit dem Immobilienprogramm 2029 vorgelegt werden.

71 / 90

BBl 2024 563

6.5.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die vierte Etappe umfasst folgende Massnahmen: ­

Ersatzneubau eines Unterkunftsgebäudes: Der Ersatzneubau mit rund 360 Betten dient der Unterbringung von Angehörigen der Armee. Geplant sind auch zughörige Aufenthalts- und Sanitärräume, Räume für Kommandoposten, Magazine sowie Lager- und Retablierungsflächen für zwei Kompanien. Die Erd- und Obergeschosse der beiden zu ersetzenden Unterkünfte werden rückgebaut. Teile der Fundation sollen zur Reduktion der Baukosten erhalten bleiben. Sie können ins Fundationskonzept des Ersatzneubaus integriert werden.

­

Neubau eines Lehrgebäudes: Im neuen Lehrgebäude entstehen zwei Filmsäle für je rund 260 Personen, zwei Fitnessbereiche mit Garderoben und Sanitärbereichen sowie Technikräume. Drei Theorieräume im Obergeschoss ergänzen die Funktionalität des Gebäudes.

­

Ersatzneubau für das Wachgebäude: Neben einer Wachtloge mit Schlaf- und Aufenthaltsräumen sowie Sanitärbereichen für die Wachmannschaften sollen im neuen Wachgebäude 12 Arrestzellen mit zugehörigem Bereich für die Arrestbetreuerinnen und -betreuer untergebracht werden. Wesentlicher Bestandteil des Gebäudes ist die überdachte und witterungsgeschützte Ein- und Ausfahrt zum Areal für die Kontrollen des motorisierten Verkehrs. Erd- und Obergeschoss des bestehenden Wachgebäudes sollen rückgebaut werden, das Untergeschoss bleibt unter dem Ersatzneubau erhalten.

­

Teilsanierung eines Lehrgebäudes: Um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden, werden Nasszellen im Erdgeschoss erweitert. Ansonsten sind an der bestehenden Gebäudestruktur lediglich punktuelle Eingriffe vorgesehen, um die Funktionalität einzelner Räume zu optimieren und die Sicherheitsvorschriften zu erfüllen.

­

Fertigstellung der Aussenanlagen des Waffenplatzareals: In den Aussenanlagen werden Plätze, Strassen, Wege und Grünflächen angelegt, während das Areal umzäunt wird. Zudem werden sämtliche Kompensationsauflagen aus den Umweltverträglichkeitsberichten der Etappen eins bis vier umgesetzt. Im Projekt überbaute ehemalige Grünflächen werden kompensiert.

Massnahmen zum Schutz der Umwelt Für die drei Neubauten kommt der Standard Minergie-A ECO zur Anwendung.

Für die Teilsanierung des Lehrgebäudes sind die Anforderungen gemäss MinergieModul-Standard massgebend.

Die vier Gebäude werden mit der Abwärme des benachbarten Rechenzentrums «Campus» beheizt. Auf ihren Dächern werden Photovoltaikmodule mit einer Gesamtfläche von rund 2800 Quadratmetern installiert. Die produzierte Strommenge beträgt rund 550 Megawattstunden pro Jahr. Dies entspricht dem Strombedarf von rund 140 Haushalten. Der überschüssig produzierte Strom wird an einem anderen VBS-Standort genutzt.

72 / 90

BBl 2024 563

Die landwirtschaftliche Nutzung des gesamten Waffenplatzes wird erweitert und auf biologische Standards umgestellt.

6.5.3

Projektstand und Zeitplan der Realisierung

Für die vierte Etappe der Verdichtung des Waffenplatzes Frauenfeld liegt ein Bauprojekt vor. Die Realisierung soll in den Jahren 2025 bis 2028 erfolgen.

6.5.4

Geprüfte Alternativen

Der Ausbau und die Gesamtsanierung des Waffenplatzes wurden mit dem Immobilienprogramm VBS 2016 beschlossen. Die vierte Etappe ist eine Folge dieses Entscheides. In der damaligen Gesamtbetrachtung wurde die Sanierung der bestehenden Gebäude an den verschiedenen Standorten geprüft und verworfen. Diese Alternative wäre, betrachtet auf die Nutzungsdauer von 35 Jahren, rund 70 Millionen Franken teurer und könnte nicht alle Bedürfnisse erfüllen. Sie wäre nicht nachhaltig, weil die langfristige Nutzung nicht garantiert werden könnte. Die zur Aufgabe vorgesehenen Standorte könnten nicht veräussert werden. Der in der vorliegenden vierten Etappe vorgesehene Ersatzneubau zweier Unterkunftsgebäude erweist sich als wirtschaftlicher als deren Sanierung.

6.5.5

Risikobeurteilung

Da ein Bauprojekt vorliegt, wird mit einer Kostenungenauigkeit von 10 Prozent gerechnet. Die Risiken werden mit fortschreitendem Planungs- und Bauprozess reduziert. Im Plangenehmigungsverfahren sind keine besonderen Risiken zu erwarten.

6.5.6

Verpflichtungskredit

Der Verpflichtungskredit setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

­ Investitionsausgaben nach Baukostenplan 1­9 (davon Honorare 7,8 Mio. Fr.)

­ Kostenungenauigkeit Verpflichtungskredit

Mio. Fr.

84,3 8,7 93,0

73 / 90

BBl 2024 563

Abgrenzung Die Kostenberechnung basiert auf dem Schweizerischen Baupreisindex, Ostschweiz, vom Oktober 2023 (114,8 Punkte, Okt. 2020 = 100 Punkte).

Für die Projektierungsarbeiten werden bis zum Vorliegen des Bauprojekts 4,5 Millionen Franken aufgewendet. Diese Ausgaben wurden mit den Verpflichtungskrediten früherer Immobilienprogramme des VBS bewilligt.

Bruttomietkosten Die Bruttomietkosten für die vierte Etappe betragen 6,0 Millionen Franken pro Jahr.

Die Abschreibungs- und Nutzungsdauer beträgt 35 Jahre.

6.5.7

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung des Projekts erhöhen sich die Betriebsausgaben um jährlich 100 000 Franken.

6.5.8

Personelle Auswirkungen

Aus dem Projekt ergeben sich keine personellen Auswirkungen.

6.6

Teilsanierung Waffenplatz Bière, 1. Etappe

6.6.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Auf dem Waffenplatz Bière befindet sich das Artillerie-Ausbildungszentrum der Schweizer Armee. Die Artillerie- und Aufklärungsschule 31 bildet Rekrutinnen und Rekruten sowie Kader der Artillerie und der Aufklärungstruppen aus. Zudem erfolgt auf dem Waffenplatz Bière die Grundausbildung eines Teils der Infanterie in der Westschweiz. Schliesslich wird der Waffenplatz regelmässig für zahlreiche weitere Ausbildungen und Kurse sowie von diversen WK-Verbänden genutzt.

Die Kaderunterkünfte, das Verpflegungszentrum, das medizinische Zentrum der Region und die Lagerflächen der Logistikbasis der Armee haben einen hohen Instandsetzungsbedarf und erfüllen die heutigen Normen und Standards nicht mehr. Sie müssen umfassend saniert und an die heutigen Nutzungsanforderungen angepasst werden.

Die umliegende Infrastruktur für das Schiesswesen muss ebenfalls modernisiert und an die geltenden Lärmschutznormen angepasst werden. Die erforderlichen baulichen Massnahmen sollen in den nächsten rund 10 Jahren in drei Etappen umgesetzt werden.

Die erste Etappe umfasst die Gesamtsanierung der beiden Kaderunterkünfte. Die ursprünglich als Pferdestallungen genutzten Gebäude stammen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Ende der 1970er-Jahre wurden sie zur Kaderunterkunft umgebaut.

Seit über 40 Jahren wurden keine umfassenden Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten mehr durchgeführt.

74 / 90

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6.6.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Die beiden denkmalgeschützten Unterkunftsgebäude mit rund 300 Betten und einigen Theorieräumen müssen umfassend saniert werden. Die Gebäudehülle mit Dächern, Fassaden, Fenstern und Sonnenschutzvorrichtungen wird komplett erneuert und wärmegedämmt. Die Gebäude müssen ausserdem statisch ertüchtigt werden. Eine neue Raumaufteilung und angepasste Sanitäranlagen werden künftig auch jenen Anforderungen gerecht, die sich aus dem steigenden Frauenanteil in der Schweizer Armee ergeben. Zudem sollen Trockenräume und ein Fitnessraum geschaffen sowie Warenaufzüge installiert werden. Die Haustechnikanlagen und Elektroinstallationen werden den heutigen Anforderungen angepasst und erneuert. Schadstoffbelastete Baumaterialien werden fachgerecht entsorgt und Brandschutzmassnahmen umgesetzt.

Massnahmen zum Schutz der Umwelt Unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Anforderungen wird der MinergieStandard erreicht. Dank des Minergie-Standards kann der CO2-Ausstoss um rund 60 Prozent reduziert werden. Die Wärmeversorgung der Kaserne erfolgt über erneuerbare Fernwärme.

6.6.3

Projektstand und Zeitplan der Realisierung

Für die Gesamtsanierung der Kaderunterkunft liegt ein Bauprojekt vor. Die Gesamtsanierung soll von 2025 bis 2028 durchgeführt werden.

6.6.4

Geprüfte Alternativen

Die Gebäude der Kaderunterkunft sind denkmalgeschützt. Der geplanten Gesamtsanierung konnte deshalb keine Alternative gegenübergestellt werden.

6.6.5

Risikobeurteilung

Da ein Bauprojekt vorliegt, wird mit einer Kostenungenauigkeit von 10 Prozent gerechnet. Die Risiken werden mit fortschreitendem Planungs- und Bauprozess reduziert.

75 / 90

BBl 2024 563

6.6.6

Verpflichtungskredit

Der Verpflichtungskredit setzt sich wie folgt zusammen: Positionen

Mio. Fr.

­ Investitionsausgaben nach Baukostenplan 1­9 (davon Honorare 2,5 Mio. Fr.)

­ Kostenungenauigkeit Verpflichtungskredit

41,3 4,7 46,0

Abgrenzung Die Kostenberechnung basiert auf dem Schweizerischen Baupreisindex, GenferseeRegion, vom Oktober 2023 (113,9 Punkte, Okt. 2020 = 100 Punkte).

Für die Projektierungsarbeiten werden bis zum Vorliegen des Bauprojekts 2,3 Millionen Franken aufgewendet. Diese Ausgaben wurden mit den Rahmenkrediten aus früheren Immobilienprogrammen VBS bewilligt.

Bruttomietkosten Durch die wertvermehrenden Bauarbeiten steigen die Bruttomietkosten um jährlich 1 Million Franken. Die Abschreibungs- und Nutzungsdauer beträgt 35 Jahre.

6.6.7

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung des Projekts erhöhen sich die Betriebsausgaben um 100 000 Franken.

6.6.8

Personelle Auswirkungen

Aus dem Projekt ergeben sich keine personellen Auswirkungen.

76 / 90

BBl 2024 563

6.7

Weitere Immobilienvorhaben 2024

6.7.1

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Die weiteren Immobilienvorhaben 2024 umfassen Ausgaben von weniger als 10 Millionen Franken pro Projekt (exkl. Kostenunsicherheit). Dieser Verpflichtungskredit soll für nachfolgende Zwecke verwendet werden: Mio. Fr.

­ Studien und Projektierungen ­ Ausbauten

40 70

­ Werterhaltungsmassnahmen ­ Weitere Zwecke

130 10

Weitere Immobilienvorhaben 2024

250

Die Planung der Vorhaben ist noch nicht abgeschlossen. Die angegebenen Bausummen entsprechen dem Planungsstand November 2023.

6.7.2

Beschreibung der beantragten Lösung und Begründung

Studien und Projektierungen Die Studien und Projektierungen ermöglichen es, künftige Immobilienprogramme zu planen. Sie umfassen alle Leistungen in den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen und Fachplanung ­ von der Machbarkeitsstudie bis zum Bauprojekt mit Kostenvoranschlag. Zudem dienen sie der Bemessung der Verpflichtungskredite. Die Ausgaben für Studien und Projektierungen betragen rund 9 Prozent der gesamten Investitionen.

Dies entspricht den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre und der Honorarverordnung des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins.

Ausbauten Dieser Teil des Verpflichtungskredits wird für kleinere Ausbauten und ­ in geringem Ausmass ­ für Liegenschaftskäufe verwendet. Letztere werden nötig, wenn sich Nutzungen verändern oder wenn sich eine neue Dimensionierung oder neue Bedürfnisse aus Rüstungsmaterialbeschaffungen ergeben. Wichtige Vorhaben sind:


Bau eines Energieparks Stadera (GR): Im Bündner Hochgebirge soll getestet werden, wie Wind und Sonne im alpinen Raum zur lokalen Stromerzeugung genutzt werden können. Der Standort «La Stadera» in der Region Surselva bietet gute Testbedingungen hinsichtlich Wind, Sonneneinstrahlung und vorhandener Infrastruktur.

77 / 90

BBl 2024 563



Infrastruktur für Elektroladestationen: Das VBS beabsichtigt, das bestehende Netz der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge mit zusätzlichen Ladestationen weiter zu verdichten.

Werterhaltungsmassnahmen Werterhaltungsmassnahmen sind notwendig, um Immobilien gebrauchstauglich zu halten, sie zu modernisieren, gesetzlich vorgeschriebene Massnahmen umzusetzen (z. B. für den Lärmschutz), energietechnische Sanierungen vorzunehmen oder Photovoltaikanlagen einzubauen. Ist eine Instandsetzung aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht mehr sinnvoll, werden Ersatzneubauten erstellt. Belaufen sich die Kosten für Werterhaltungen oder Sanierungen auf mehr als 10 Millionen Franken, werden sie mit separaten Verpflichtungskrediten beantragt. In den vergangenen Jahren hat das VBS jeweils rund 75 Millionen Franken jährlich für Werterhaltungsmassnahmen ausgegeben.

Mit dieser Botschaft werden 135 Millionen Franken für Werterhaltungsmassnahmen beantragt, die sowohl Planungsarbeiten als auch Sofortmassnahmen enthalten.

Mit diesen Mitteln sollen unter anderem die folgenden Vorhaben realisiert werden:


Energetische Massnahmen auf dem Übungsplatz Hellchöpfli: Die Gebäudetechnik auf dem Übungsplatz Hellchöpfli hat das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht. Um Systemausfälle mit Folgeschäden zu vermeiden, müssen Elektroverteilung und Transformatorstation erneuert werden. Zur Erfüllung der Vorgaben aus dem Klimapaket 2030 soll zudem die Ölheizung durch ein System mit erneuerbarer Energie ersetzt werden. Dadurch werden künftig jährlich rund 18 000 Liter Heizöl weniger verbrannt und die CO2-Emission um rund 47 Tonnen reduziert.



Sanierung einer Kommando-Infrastruktur: Das betreffende Gebäude soll an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer angepasst und für die langfristige Gebrauchstauglichkeit saniert werden. Aus wirtschaftlichen Gründen wird ein Gebäudeteil abgebrochen und durch einen neuen Anbau ersetzt, in dem sicherheitsrelevante Räume untergebracht werden. Zudem entstehen 30 Parkplätze für Militärfahrzeuge.

Weitere Zwecke Der Verpflichtungskredit wird für folgende weitere Zwecke verwendet:


für spezifische Ausbauten durch die Mieterschaft sowie für fest installierte Betriebseinrichtungen und Mobiliar bei gemieteten Objekten;



für Investitionsbeiträge zur Sanierung von Infrastrukturen, beispielsweise Strassen und Seilbahnen, die zusammen mit Dritten genutzt werden;



für teuerungsbedingte Mehrausgaben bei weiteren Vorhaben des vorliegenden Immobilienprogramms;



für nicht versicherte Schäden an Bauten und Anlagen des VBS.

78 / 90

BBl 2024 563

6.7.3

Risikobeurteilung

Das Risiko in den Plangenehmigungs- und Vergabeverfahren wird gesamthaft als klein eingestuft. Ein Risikozuschlag zur Absicherung der Kostenungenauigkeit wurde nicht eingerechnet.

6.7.4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Der Verpflichtungskredit wird grösstenteils für Projektierungen, Ausbauten und Werterhaltungsmassnahmen verwendet. Die Nutzung wird dadurch optimiert und die Betriebsausgaben bleiben insgesamt auf konstantem Niveau.

7

Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028

7.1

Kurzfassung

Gestützt auf Artikel 148j MG beschliesst die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss für jeweils vier Jahre einen Zahlungsrahmen für die finanziellen Mittel der Armee. Der Zahlungsrahmen setzt den Höchstbetrag der Voranschlagskredite fest. Er dient dem Parlament als Planungsinstrument für die längerfristige Ausgabensteuerung. Ein erster Zahlungsrahmen wurde mit den Änderungen der Rechtsgrundlagen für die WEA beschlossen und bezog sich auf die Jahre 20172020, ein weiterer auf die Jahre 20212024. Während diese beiden Zahlungsrahmen die finanziellen Mittel der Verwaltungseinheiten Verteidigung und armasuisse Immobilien abdeckten, deckt der vorliegende Zahlungsrahmen 20252028 zusätzlich die Bereiche «armasuisse Beschaffung» sowie «armasuisse W+T» ab. Damit umfasst der Zahlungsrahmen der Armee 20252028 die Gruppe Verteidigung und das Bundesamt für Rüstung (armasuisse).

Der Bundesrat beantragt für die Armee in den Jahren 2025­2028 einen Zahlungsrahmen von 25,8 Milliarden Franken.

in Mio. Fr.

Verteidigung

20212024

2025

2026

2027

2028

20252028

18 538

5135

5353

5697

6038

22 223

Betriebsausgaben

11 223

3065

3021

3033

3210

12 329

Rüstungsaufwand und -investitionen

7315

2070

2332

2664

2828

9894

2362

605

621

664

705

2595

786

186

175

176

187

724

1576

419

446

488

518

1871

armasuisse Immobilien Betriebsausgaben Investitionsausgaben

79 / 90

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in Mio. Fr.

20212024

2025

2026

2027

2028

20252028



116

119

121

127

483

Betriebsausgaben



115

118

120

126

479

Investitionsausgaben



1

1

1

1

4

armasuisse Beschaffung

armasuisse W+T



41

46

49

51

187

Betriebsausgaben



38

43

45

47

173

Investitionsausgaben



3

3

4

4

14

Gruppe Verteidigung und Bundesamt für Rüstung

20 900

5897

6139

6531

6921

25 488

davon Betriebsausgaben

12 009

3404

3357

3374

3570

13 705

davon Rüstungs- und Investitionsausgaben

8891

2493

2782

3157

3351

11 783

Technische Reserve und Rundungsdifferenz

200

312

Erhöhung Zahlungsrahmen 2021­2024

600



Zahlungsrahmen der Armee

21 700

7.2

Ausgangslage und Handlungsbedarf

7.2.1

Zahlungsrahmen 2021­2024

312

25 800

Für die Jahre 2021­2024 haben die eidgenössischen Räte einen Zahlungsrahmen von 21,1 Milliarden Franken beschlossen.13 Der Bundesrat setzte diesen Beschluss im Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022­2024 um. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine nahmen die eidgenössischen Räte die gleichlautenden Motionen 22.3367 und 22.3374 ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen zur schrittweisen Erhöhung der Armeeausgaben auf mindestens 1 Prozent des BIP bis spätestens 2030 an. Infolgedessen stellte der Bundesrat im Voranschlag 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 20242026 zusätzliche Mittel für die Armee ein. Diese Mittel übersteigen den Zahlungsrahmen 20212024, weshalb er mit der Armeebotschaft 2023 um 600 Millionen Franken erhöht worden ist und nun 21,7 Milliarden Franken beträgt. Die nicht beanspruchten finanziellen Mittel entsprechen den zweckgebundenen Reserven, die seit 2021 aufgrund von verzögerten Projekten gebildet wurden und später eingesetzt werden können. Infolge der Entflechtung der militärischen und zivilen Informatik wurden rund 170 Millionen Franken von der Füh-

13

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80 / 90

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rungsunterstützungsbasis (FUB) zum Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) verschoben.

Mit den in den Jahren 20212024 verfügbaren Mitteln konnten in erster Linie die Mittel zum Schutz des Luftraums erneuert werden: Durch die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge des Typs F-35A und eines neuen bodengestützten Luftverteidigungssystems grösserer Reichweite mit modernsten Lenkwaffen wird die Schweizer Bevölkerung besser vor Bedrohungen aus der Luft geschützt sein. Die Bodentruppen wurden ihrerseits mit neuen Panzersappeur-Fahrzeugen, mit einer zweiten Tranche des 12-cm-Mörsers 16 sowie mit neuem Material für die ABC-Abwehr und die Katastrophenhilfe ausgerüstet. Überdies wurde die Nutzungsdauer des Schützenpanzers 2000 verlängert. Zur Verbesserung der Führung und Vernetzung konnten der Ausbau des Führungsnetzes Schweiz, die Ausstattung der Rechenzentren VBS und die Modernisierung der Telekommunikation der Armee realisiert werden. Mit dem zusätzlichen Rüstungsprogramm 2022 wurde auch der Eigenschutz der Armee im Cyber- und elektromagnetischen Raum erhöht.

Im Bereich der Immobilien konnte das VBS unter anderem die Waffenplätze Chamblon, Frauenfeld und Drognens weiter ausbauen, während in Payerne und Herisau Neubauprojekte realisiert wurden. Weitere Infrastrukturen wurden saniert oder erweitert. Dazu gehören verschiedene Ausbildungsgebäude auf dem Waffenplatz Thun, das Ausbildungszentrum des BABS in Schwarzenburg sowie diverse Führungsanlagen der Armee. In Burgdorf und im Nordtessin wurden die Logistikinfrastrukturen optimiert, was der erhöhten Bereitschaft der Armee und den veränderten Transportbedürfnissen zunutze kommt.

7.2.2

Künftiger Finanzbedarf

Die Armeebotschaft basiert auf den sicherheitspolitischen Grundlagen, Zielen und Prioritäten des Bundesrats. Die bisherigen Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine bestätigen diese. Die geplanten Beschaffungen müssen aber künftig rascher und konsequenter umgesetzt werden als heute.

Mit der vom Parlament beschlossenen schrittweisen Erhöhung des Armeebudgets kann die Armee die in den letzten Jahrzehnten entstandenen Fähigkeitslücken rascher schliessen und ihre Verteidigungsfähigkeit stärken. Die Erhöhung des Finanzbedarfs gegenüber dem Zahlungsrahmen 20212024 ist auf zusätzliche Mittel für Rüstungsausgaben und -investitionen zurückzuführen, auf die dadurch anfallenden zusätzlichen Betriebsausgaben sowie auf Ausgaben der beiden Kompetenzbereiche «Beschaffung» und «W+T» von armasuisse, die neu ebenfalls im Zahlungsrahmen der Armee enthalten sind.

Der Bundesrat strebt längerfristig ein Verhältnis von Betriebsausgaben zu Rüstungsausgaben und Investitionen von rund 60 zu 40 Prozent an. Er beabsichtigt, in den Jahren 20252028 den Anteil an Rüstungsausgaben und Investitionen vorübergehend auf durchschnittlich 46 Prozent zu erhöhen. Damit soll die Armee Beschaffungen zeitlich vorziehen können. Längerfristig werden mit den zusätzlichen Rüstungsvorhaben zwangsläufig auch die Betriebsausgaben ansteigen. Die Einführung neuer Systeme

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mit hochentwickelter Technologie führt insbesondere zu höheren Instandhaltungsund Informatikkosten.

Mit den jährlichen Rüstungs- und Immobilienprogrammen sowie mit dem alle vier Jahre beantragten Armeematerial beschliessen die eidgenössischen Räte die Verpflichtungskredite für die Armee. Die daraus entstehenden Verpflichtungen werden über das ordentliche Armeebudget finanziert. Die Finanzierung von bereits bewilligten und künftigen Verpflichtungen erfolgt mit den vom Parlament bewilligten Voranschlagskrediten. Der Zahlungsrahmen der Armee bildet dabei die Obergrenze für die Jahre 20252028.

Für bereits bewilligte Verpflichtungskredite für Rüstungsvorhaben und Armeematerial sind ab 2024 noch rund 13 Milliarden Franken zu bezahlen. Zudem bestehen Verpflichtungen aus den Immobilienprogrammen VBS im Umfang von 1,8 Milliarden Franken. Mit vorliegender Armeebotschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament neue Verpflichtungskredite von 4,9 Milliarden Franken. Die Zahlung all dieser Verpflichtungen wird bis Ende des Jahrzehnts dauern.

7.3

Beschreibung der beantragten Variante und Begründung

Um den Finanzbedarf der Armee zu decken, berücksichtigt der Bundesrat in den Jahren 2025 und 2026 ein reales Ausgabenwachstum von 3 Prozent. In den Jahren 2027 und 2028 geht er von einem Wachstum von real 5,1 Prozent aus. Das Parlament beschloss am 21. Dezember 2023 mit dem Voranschlag 2024 und dem integrierten Aufgaben- und Finanzplan 20252027 dieses Wachstum. 2025 wird eine Teuerung von 1,2 Prozent und ab 2026 von 1,0 Prozent angenommen. Dieses Wachstum basiert auf einem Armeebudget von 5,5 Milliarden Franken im Jahr 2024. Der Bundesrat beantragt deshalb für die Armee einen Zahlungsrahmen von 25,8 Milliarden Franken in den Jahren 2025­2028. Darin enthalten sind die Betriebsausgaben (13,7 Mrd. Fr.), Rüstungs- und Investitionsausgaben (11,8 Mrd. Fr.) sowie eine technische Reserve von 312 Millionen Franken.

7.3.1

Betriebsausgaben

Die in den Jahren 20252028 vorgesehenen Betriebsausgaben erhöhen sich gegenüber dem Zahlungsrahmen 20212024 um 1,7 Milliarden Franken auf 13,7 Milliarden Franken (+14 %). Die Hauptgründe dafür sind, dass der Zahlungsrahmen 20252028 zwei zusätzliche Kompetenzbereiche von armasuisse abdeckt (+647 Mio. Fr.) und höhere Ausgaben für Instandhaltungsbedarf und Informatik anfallen. Die Verschiebung von Informatikmitteln von der FUB zum BIT entlastet den Zahlungsrahmen 2025 2028 um rund 550 Millionen Franken.

Die Betriebsausgaben betragen im Durchschnitt rund 3,4 Milliarden Franken pro Jahr.

Darin enthalten sind Personalausgaben von 1,4 Milliarden Franken sowie Sach- und Betriebsausgaben von 2,0 Milliarden Franken. Zu Letzteren zählen insbesondere die Ausgaben für Ersatzmaterial und für die Instandhaltung von Systemen (Ersatzmate82 / 90

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rial- und Instandhaltungsbudget, 672 Mio. Fr.), für den Betrieb und die Infrastruktur (145 Mio. Fr.), für den Unterhalt der Immobilien (198 Mio. Fr.), für die Truppe (203 Mio. Fr.) sowie für die Informatik (60 Mio. Fr.).

7.3.2

Rüstungs- und Investitionsausgaben

Der Einzelkredit «Rüstungsaufwand und -investitionen» von rund 10 Milliarden Franken für vier Jahre umfasst die finanziellen Mittel, mit denen vom Parlament bewilligte Verpflichtungskredite für Rüstungsbeschaffungen finanziert werden. Durch den höheren Bedarf zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und der Durchhaltefähigkeit soll dieser Kredit gegenüber dem letzten Zahlungsrahmen um 2,6 Milliarden Franken (+35 %) ansteigen. Er enthält die Ausgaben für das Rüstungsmaterial (7315 Mio. Fr., inkl. 100 Mio. Fr. für die Mehrwertsteuer auf Importe), für AEB (1420 Mio. Fr.), PEB (605 Mio. Fr.) und AMB (527 Mio. Fr.).

Für Investitionen in Immobilien benötigt das VBS in den Jahren 20252028 rund 1,9 Milliarden Franken. Die Erhöhung gegenüber dem Zahlungsrahmen 20212024 um 295 Millionen Franken (+19 %) ist unter anderem auf die baulichen Massnahmen zum Schutz der Logistik-Infrastrukturen und den aufgelaufenen Instandhaltungsbedarf zurückzuführen. Weitere Investitionsausgaben von insgesamt 14 Millionen Franken sind für armasuisse W+T vorgesehen, 4 Millionen für armasuisse Beschaffung.

7.3.3

Technische Reserve

Die technische Reserve ist noch nicht in der Finanzplanung abgebildet. Sie wird insbesondere für Lohnmassnahmen und Aufgabenverschiebungen verwendet und nach Bedarf dem Armeebudget zugeteilt. Bei Aufgabenverschiebungen können neue Armeeaufgaben hinzukommen, wofür die technische Reserve verwendet werden kann, oder bestehende fallen weg, was zu einer geringeren Ausschöpfung des Zahlungsrahmens führen kann. In der Periode 20252028 wird mit einer technischen Reserve von 312 Millionen gerechnet. Neben den Lohnmassnahmen wird insbesondere die Rückführung der militärisch einsatzkritischen Anwendungen und Services vom BIT zum Kommando Cyber ab 2026 berücksichtigt.

Mit dem Voranschlag 2024 wurden im Zuge der Informatik-Entflechtung rund 170 Millionen von der FUB (VBS, Gruppe Verteidigung) zum BIT (EFD) transferiert.

Vorübergehend bezieht die Verteidigung das Gros der IKT-Leistungen beim BIT.

Entsprechend wurden die schuldenbremsenwirksamen Ausgaben der Armee reduziert beziehungsweise zum BIT verschoben. Dafür wurde ein erhöhter Aufwand bei den Leistungsverrechnungen der Armee budgetiert. Die militärisch einsatzkritischen Anwendungen und Systeme werden voraussichtlich 2026 vom BIT zum Kommando Cyber (VBS, Gruppe Verteidigung) rückgeführt. In der Folge werden 125 Millionen Franken wieder vom Leistungsverrechnungsaufwand in die schuldenbremsenwirksamen Ausgaben verschoben. Weil dies erst eine grobe Schätzung ist, ist dieser Betrag noch nicht in der Finanzplanung abgebildet, sondern wird in die technische Reserve

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aufgenommen. Die tatsächlichen Ausgaben können damit bedarfsgerecht dem Armeebudget zugeführt werden.

Schliesslich umfasst die technische Reserve eine Rundungsdifferenz von 19 Millionen Franken.

7.3.4

Einsatz von zweckgebundenen Reserven

Per Ende 2022 betrugen die zweckgebundenen Reserven von Verteidigung und armasuisse Immobilien 318 Millionen Franken. Diese wurden aufgrund von verzögerten Projekten in Vorjahren gebildet und dürfen nur eingesetzt werden, wenn die entsprechenden Projekte weitergeführt werden. Werden die Reserven verwendet, kann dies im Extremfall dazu führen, dass der Höchstbetrag des Zahlungsrahmens überschritten wird, was gemäss Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 200514 (FHG) zulässig ist (Art. 36 Abs. 3 Bst. e i. V. m. Art. 30a Abs. 4 Bst. b FHG). Aus diesem Grund müsste keine Erhöhung des Zahlungsrahmens beantragt werden.

7.4

Risikobeurteilung

Der beantragte Zahlungsrahmen ermöglicht die erforderlichen Investitionen in Rüstungsvorhaben und Immobilien und deckt die Betriebsausgaben ab. Er kann jedoch nur bei einer positiven Entwicklung der Haushaltslage ausgeschöpft werden. Aktuell sind die Jahre ab 2025 stark defizitär; die Bereinigung steht noch aus. Die eidgenössischen Räte beschliessen die jährlichen Mittel mit der Verabschiedung des Voranschlags. Dabei sind Kürzungen möglich. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Armee davon nicht verschont bleibt.

Die Beschaffung von Rüstungsgütern und die Investitionen in Immobilien sind jedoch lange dauernde Prozesse. Sie sind auf einen stabilen finanziellen Rahmen angewiesen.

Ist dieser nicht gegeben, werden Beschaffungen über Jahre verzögert oder es muss darauf verzichtet werden. Dies würde das Leistungsvermögen und die Bereitschaft der Armee beeinträchtigen.

14

SR 611.0

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8

Auswirkungen

8.1

Auswirkungen auf den Bund

8.1.1

Teuerung, Wechselkurse und Mehrwertsteuer

Dem Zahlungsrahmen liegen die nachfolgenden Annahmen der Eidgenössischen Finanzverwaltung zugrunde. Stand: Dezember 2023.

Teuerung für die Schweiz (Konsumentenpreise, LIK)

Devisenkurse

2024

1,9 %

­ EUR

0,95

2025

1,1 %

­ USD

0,90

2026

1,0 %

2027

1,0 %

2028

1,0 %

Gemäss der Motion 16.3705 Dittli wird im Rahmen des Voranschlagsprozesses jährlich eine höhere oder eine tiefere effektive Teuerung grundsätzlich berücksichtigt, wenn die Haushaltslage dies zulässt. Dies kann gegebenenfalls zu Erhöhungen oder Senkungen des Zahlungsrahmens führen. Im ersten Fall müsste dies dem Parlament zum Beschluss vorgelegt werden.

Der Bundesrat beantragt, Kreditverschiebungen innerhalb der vorgelegten Bundesbeschlüsse über die Beschaffung von Armeematerial 20242027, über das Rüstungsprogramm 2024 und über das Immobilienprogramm VBS 2024 vornehmen zu dürfen.

Die einzelnen Verpflichtungskredite zur Beschaffung von Armeematerial und zum Immobilienprogramm sollen um 5 Prozent, jene zum Rüstungsprogramm um 10 Prozent erhöht werden können. Bei der Beschaffung von Armeematerial und beim Immobilienprogramm soll das VBS ermächtigt werden, Verschiebungen vorzunehmen.

Beim Rüstungsprogramm soll dies der Bundesrat tun können.

Seit 2018 wird neben der Mehrwertsteuer auf inländischen Beschaffungen auch die Mehrwertsteuer auf Importen (MIMP) mit den Verpflichtungskrediten beantragt. Die MIMP ist für den Bund ausgabenneutral. Die mit dem Rüstungsprogramm 2024 beantragten Verpflichtungskredite enthalten 19 Millionen Franken für die MIMP.

8.1.2

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Armeebotschaft 2024 werden Verpflichtungskredite von 4,9 Milliarden Franken beantragt. Die entsprechenden Ausgaben werden im ordentlichen Armeebudget eingestellt und vom Parlament jährlich mit den Voranschlägen bewilligt.

Die mit der vorliegenden Armeebotschaft beantragten Verpflichtungskredite werden teilweise über den Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028 abgerechnet. Die nach dem Jahr 2028 benötigten finanziellen Mittel werden mit späteren Zahlungsrahmen beantragt. Die Ausgaben für das Rüstungsprogramm 2024 und die Beschaffung von Armeematerial 20242027 werden dem Einzelkredit «Rüstungsaufwand und -inves85 / 90

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titionen» der Gruppe Verteidigung belastet. Die Ausgaben für das Immobilienprogramm VBS 2024 fallen in das Globalbudget «Investitionen» von armasuisse Immobilien.

Das Rüstungsprogramm 2024 führt zu zusätzlichen Instandhaltungs-, Wartungs- und Lizenzkosten von rund 12 Millionen Franken. Durch die Investitionen in die Immobilien steigen die Betriebsausgaben um 2 Millionen Franken. Diese Mehrausgaben werden innerhalb des Armeebudgets ausgeglichen.

8.1.3

Personelle Auswirkungen

Allfällige personelle Mehr- oder Minderaufwände aus den vorliegend beantragten Verpflichtungskrediten werden innerhalb des Armeebudgets ausgeglichen.

8.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete profitieren gleichermassen von der Armee: Die Ausbildung und der Betrieb sichern in den Agglomerationen und Berggebieten zahlreiche Arbeitsplätze. Durch Investitionen der Armee entstehen zusätzliche Arbeitsplätze in der Industrie und in der Baubranche. Dies fördert die soziale Wohlfahrt und führt zu Steuereinnahmen in Kantonen und Gemeinden. Dank der starken Dezentralisierung von Ausbildungsplätzen sowie Einsatz- und Logistikinfrastrukturen fördert die Armee insgesamt die Entwicklung aller Regionen in der Schweiz.

8.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Beschaffung von Rüstungsmaterial und die Investitionen in Immobilien fördern die Schweizer Wirtschaft auf zwei Arten: einerseits durch die Vergabe von Aufträgen durch den Bund an Schweizer Unternehmen, andererseits über Kompensationsgeschäfte, die ausländische Auftragnehmer bei Unternehmen in der Schweiz abschliessen müssen (sogenannte Offsetgeschäfte).

Das Rüstungsprogramm 2024 führt voraussichtlich zu Aufträgen an Schweizer Unternehmen im Umfang von 240 Millionen Franken (49 Prozent der Verpflichtungskredite) und zu Kompensationsgeschäften im Umfang von 220 Millionen Franken (45 Prozent). Damit führen 94 Prozent der Verpflichtungskredite zu zusätzlichen Aufträgen an Unternehmen in der Schweiz. Auch das Immobilienprogramm VBS 2024 wird vorwiegend Firmen in der Schweiz beschäftigen. Insbesondere Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die der Sicherheitsrelevanten Industrie- und Technologiebasis (STIB)15 angehören, sowie die Baubranche profitieren von Aufträgen im

15

Abrufbar unter www.ar.admin.ch > Rüstungspolitik > STIB.

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Umfang von 1,4 Milliarden Franken. Die Beschaffung von Armeematerial ist in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt.

Die Beteiligungen führen in den genannten Bereichen zum Aufbau von Know-how und zu Wertschöpfung. Durch den nachfolgenden Betrieb und die Instandhaltung werden zudem langfristig Arbeitsplätze erhalten und teilweise neu geschaffen.

Bei den Kompensationsgeschäften strebt das VBS eine regionale Verteilung an: 65 Prozent fallen in der deutschsprachigen, 30 Prozent in der französischsprachigen und 5 Prozent in der italienischsprachigen Schweiz an.

8.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die in der Armeebotschaft 2024 beantragten Investitionen sollen möglichst geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben. Geräte der Genie- und Rettungstruppen mit Benzinmotoren werden beispielsweise ersetzt. Die neuen Geräte erfüllen die heutigen Umweltschutznormen und werden idealerweise mit Elektrotechnik betrieben. Elektrische Antriebstechnik kommt wo immer möglich auch bei der Mobilität zum Zug: Knapp ein Drittel der beantragten Transportmittel (Personen- und Lieferwagen) werden elektrisch betrieben, wodurch der Treibstoffverbrauch weiter sinkt.

Bei der Immobilienplanung berücksichtigt das VBS die Anliegen von Raumordnung und Umwelt und handelt bezüglich Umweltschutz über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus. Gebäude werden im Minergie-Standard gebaut respektive saniert, was den Bedarf an Wärme und Kälte reduziert. Der Ersatz von Öl-Heizungen durch Heizungen aus erneuerbaren Energien senkt zudem den CO2-Ausstoss. Beim Ausbau beziehungsweise bei der Sanierung des Waffenplatzes Frauenfeld sind Photovoltaikmodule mit einer Gesamtfläche von 2800 Quadratmetern geplant, die rund 550 Megawattstunden Strom pro Jahr produzieren. Dies entspricht dem Strombedarf von rund 140 Haushalten. Durch den Teilrückbau der alten Rüeggisingerstrasse auf dem Flugplatz Emmen kann zudem eine neue ökologische Bachgestaltung realisiert werden.

9

Rechtliche Aspekte

9.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

In Artikel 60 der Bundesverfassung (BV) 16 ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Armeewesen verankert. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für die vorliegenden Kreditbeschlüsse ergibt sich aus Artikel 167 BV. Ihre Zuständigkeit für die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee stützt sich auf Artikel 28 Absatz 1bis Buchstabe c des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 202217 (ParlG). Der Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028 stützt sich auf Artikel 148j MG.

16 17

SR 101 SR 171.10

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9.2

Erlassform

Nach Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 ParlG ist für die vorliegenden Kreditbeschlüsse und den Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen der Armee 20252028 die Form des einfachen und damit nicht dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses vorgesehen. Für den Bundesbeschluss über die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee, der einem Planungsbeschluss entspricht, ist nach Artikel 28 Absatz 3 ParlG grundsätzlich ebenfalls die Form des einfachen und damit nicht dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses vorgesehen. Für einen Planungsbeschluss von grosser Tragweite kann die Form des dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses gewählt werden. Eine solche grosse Tragweite liegt im Gegensatz zum damaligen Bundebeschluss vom 20. Dezember 2019 über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge nicht vor.

9.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte. Davon betroffen sind die Artikel 2 der Bundesbeschlüsse über die Beschaffung von Armeematerial 2024, über das Rüstungsprogramm 2024 und über das Immobilienprogramm VBS 2024 (mit Ausnahme von Bst. b) sowie Artikel 1 des Bundesbeschlusses über den Zahlungsrahmen der Armee 2025­2028.

9.4

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die vorgelegten Beschlüsse sehen keine neuen Finanzhilfen oder Abgeltungen im Sinne des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199018 vor. Die in Ziffer 4.4.2 beschriebene Abgabe von Gratismunition (Art. 38 Bst. a der Schiessverordnung vom 5. Dezember 2003) und verbilligter Ordonnanzmunition (Art. 38 Bst. b der Schiessverordnung) gilt allerdings als Subvention gemäss Subventionsgesetz. Die Munition für die Schiessvereine wird zusammen mit der übrigen Munition für die Armee beschafft. Die Ausgaben sind deshalb im Armeebudget enthalten.

Das Schiesswesen ausser Dienst erfüllt mehrere Zwecke im Interesse der Landesverteidigung: Es ergänzt und entlastet die Schiessausbildung an der persönlichen Waffe in den Militärdiensten und erhält die Schiessfertigkeit der Angehörigen der Armee (Art. 2 der Schiessverordnung).

Die Durchführung von ausserdienstlichen Schiessübungen hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Andere Lösungen drängen sich nicht auf und wären insbesondere auch nicht kostengünstiger. Die Abgeltung durch die Armee ist an die Menge der bezogenen

18

SR 616.1

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Munition geknüpft, die wiederum für bestimmte Zwecke verwendet wird. So wird sichergestellt, dass die Subvention ihre Ziele erreicht.

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