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Nachkontrolle zur Inspektion «Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten» Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 14. November 2023 Stellungnahme des Bundesrates vom 10. April 2024

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 14. November 20231 betreffend Nachkontrolle zur Inspektion «Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. April 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) befasste sich im Rahmen einer Nachkontrolle von 2019 bis 2023 mit der Praxis des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in Bezug auf die Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste (SL) der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) und auf die periodische Überprüfung der in der SL aufgeführten Arzneimittel. Sie prüfte, inwieweit der Bundesrat und die Bundesverwaltung die Empfehlungen und Postulate aus dem Bericht der GPK-S vom 25. März 20142 «Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste» umgesetzt haben. Zudem hat sie sich mit den aktuellen und künftigen Herausforderungen in diesem Bereich befasst.

Die GPK-S hält fest, dass die Massnahmen, die der Bundesrat seit 2014 ergriffen hat, es ermöglicht haben, die Verfahren im Bereich der Arzneimittel auf verschiedenen Ebenen zu verbessern und mehrere ihrer Empfehlungen von 2014 umzusetzen. Allgemein erkennt die GPK-S keine grundsätzlichen Mängel bei der Führung der Aufnahme- und Überprüfungsprozesse. Gemäss ihrer Einschätzung erfüllt das Handeln der Verwaltung das Kriterium der Zweckmässigkeit, und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass das Kriterium der Rechtmässigkeit nicht erfüllt wäre. Die GPK-S ist allerdings der Auffassung, dass die Wirksamkeit der Verfahren angesichts der aktuellen Herausforderungen im Arzneimittelbereich (Anstieg der Kosten zulasten der OKP, neue kostspielige Therapien und Versorgungssicherheit) zwingend verbessert werden muss.

Ausgehend von ihren Untersuchungen hat die GPK-S beschlossen, dem Bundesrat zehn neue Empfehlungen zu unterbreiten und zwei Postulate einzureichen, die auf eine wirksamere Umsetzung der rechtlichen Vorgaben im Arzneimittelbereich abzielen. Die GPK-S hat den Bundesrat mit ihrem Bericht vom 14. November 20233 zur Stellungnahme eingeladen.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Allgemeines

Der Bundesrat hat den Bericht der GPK-S vom 14. November 2023 positiv zur Kenntnis genommen und teilt die Meinung der GPK-S, dass bei den Verfahren für die Aufnahme und Überprüfung von Arzneimitteln aufgrund der aktuellen Herausforderungen in diesem Bereich ein Verbesserungspotenzial besteht. Erfreut stellt der Bundesrat fest, dass die GPK-S keine grundsätzlichen Mängel bei der Führung der Aufnahmeund Überprüfungsprozesse durch den Bundesrat, das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und das BAG erkannt hat und dass das Handeln der Bundesbehörden als 2 3

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zweckmässig und rechtmässig eingeschätzt wird. Dass die Bestrebungen zur Einführung einer differenzierten Prüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW), wie sie die Botschaft vom 7. September 20224 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung ­ Paket 2) vorsieht, anerkannt werden, nimmt der Bundesrat positiv auf, da er diese als wichtiges Mittel sieht, um der Versorgungsproblematik zu begegnen.

Auch der Bundesrat sieht weiteren Handlungsbedarf bei den Verfahren bezüglich Dauer und Transparenz sowie bei der Weiterentwicklung der relevanten Beurteilungskriterien WZW. Die Wichtigkeit einer raschen und hochstehenden WZW-Prüfung bei Arzneimitteln wurde von der GPK-S in ihrem Bericht stark betont. Der Bundesrat unterstützt Massnahmen und Empfehlungen, die den Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln zu angemessenen, finanzierbaren Preisen verbessern. Der Bundesrat stellt fest, dass der Zugang zur Vergütung von lebenswichtigen Arzneimitteln in der Schweiz ausserordentlich gut ist. Die Schweiz steht im internationalen Vergleich sehr gut da. Er teilt die Meinung der GPK-S, dass Verzögerungen bei der Aufnahme in die SL primär auf das Kriterium der Wirtschaftlichkeit zurückzuführen sind. Konkret führen sehr hohe Preisforderungen der Pharmaunternehmen zu längeren Verfahren. Hier sieht der Bundesrat konkreten Handlungsbedarf bei der Anpassung der Preisfestsetzung basierend auf einer gesellschaftspolitischen Diskussion zu Nutzen und Kosten von Arzneimitteltherapien. In diesem Zusammenhang gilt es angesichts der stark überdurchschnittlich wachsenden Ausgaben für Arzneimittel auch unangenehme Fragen zu kostendämpfenden Massnahmen anzusprechen.

Entsprechend nimmt der Bundesrat nachfolgend zu den einzelnen Empfehlungen der GPK-S Stellung. Die von der GPK-S eingereichten Postulate werden separat beantwortet.

2.2

Stellungnahme zu den neuen Empfehlungen der GPK-S (Anhang 5 des Berichts)

Empfehlung 1

Rechtsgrundlagen und andere Vorgaben für die Bewertung der Medikamente nach den WZW-Kriterien

Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass das BAG das Handbuch zur SL und ­ soweit notwendig ­ das Dokument zur Operationalisierung der WZW-Kriterien aktualisiert.

Der Bundesrat wird zudem ersucht, sicherzustellen, dass das BAG die öffentliche Kommunikation über die Rechtsgrundlagen, die sonstigen Vorgaben und die Rechtsprechung in Sachen Bewertung der Medikamente nach den WZW-Kriterien im Aufnahme- und Überprüfungsverfahren weiter verbessert. Das Bundesamt wird gebeten, hierbei die digitalen Möglichkeiten zu nutzen.

Der Bundesrat teilt die Auffassung, wonach das Handbuch zur SL angepasst werden muss, dies insbesondere aufgrund der umfassenden Revision vom 22. September 4

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20235 der Verordnung vom 27. Juni 19956 über die Krankenversicherung (KVV) und der Änderung vom 22. September 20237 der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 19958 (KLV). Die entsprechenden Arbeiten wurden bereits an die Hand genommen, das Inkrafttreten des revidierten Handbuchs ist für das dritte Quartal 2024 vorgesehen. In Bezug auf das Dokument zur Operationalisierung der WZWKriterien erachtet es der Bundesrat als genügend, wenn das BAG und die eidgenössischen Kommissionen die notwendigen Aktualisierungen der Verwaltungsverordnung in eigener Verantwortung vornehmen.

Die Publikationen des BAG stehen bereits heute auf der Website des BAG zur Verfügung (allgemeine Informationen, Handbuch betreffend die SL inkl. Anhängen, Rundschreiben, Liste der von einer Beschwerde betroffenen Arzneimittel, Publikation der Beurteilungsgrundlagen des BAG usw.). Für die SL gibt es die Website spezialitaetenliste.ch, die monatlich aktualisiert wird und der alle Informationen zur aktuellen SL sowie die Archivdaten zu entnehmen sind.

Der Bundesrat weist auch darauf hin, dass das BAG an einer neuen Plattform (elektronische Plattform Leistungen, ePL) arbeitet, über die in Zukunft verschiedene für die Vergütung von Leistungen relevante Listen publiziert und die zugehörigen Prozesse digitalisiert werden können. Im Rahmen des genannten Projekts werden die SL, die Geburtsgebrechen-Spezialitätenliste und die Liste der Mittel und Gegenstände aufgeschaltet. Es wird dadurch künftig insbesondere möglich sein, sowohl die Aufnahmeprozesse als auch die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre digital durchzuführen.

Empfehlung 2

Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Medikamenten

Der Bundesrat wird ersucht, die Modalitäten der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Medikamenten bestmöglich zu klären und zu optimieren, um den therapeutischen Quervergleich (TQV) und den Auslandpreisvergleich (APV) wirksamer zu machen. Er wird gebeten, in diesem Zusammenhang ­ in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren ­ insbesondere zu prüfen:

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ob für die Auswahl der Medikamente, die vom BAG für den TQV und den APV herangezogen werden, allgemeine Leitlinien definiert werden müssten;

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inwieweit die Verordnungsbestimmungen (KVV und KLV) dahingehend angepasst werden könnten, dass im APV die im Ausland tatsächlich vergüteten Medikamentenpreise berücksichtigt werden;

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inwieweit sich der APV und der TQV immer noch als Modelle für alle Szenarien eignen, oder ob es nicht alternative Ansätze braucht.

AS 2023 570 SR 832.102 AS 2023 571 SR 832.112.31

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Die Vorgaben zur Beurteilung der Aufnahmebedingungen einschliesslich der Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln der SL sind detailliert in der KVV und der KLV geregelt. Es ist im Interesse des BAG, seine Praxis so transparent wie möglich abzubilden. Dies geschieht über das Handbuch zur SL, das wie bereits erwähnt zurzeit revidiert wird. Zudem wird jährlich auf der Website des BAG ein Rundschreiben publiziert und an alle Zulassungsinhaberinnen geschickt. Dieses Rundschreiben stellt einen Zusatz zum Handbuch zur SL dar und verdeutlicht die geltenden Regeln und die Praxis des BAG. Das Rundschreiben enthält vor allem Regelungen und Grundlagen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit; die Durchführung des Auslandpreisvergleichs (APV) und des therapeutischen Quervergleichs (TQV) werden darin sehr ausführlich beschrieben. Das Rundschreiben gilt sowohl für die Aufnahme- als auch für sämtliche Überprüfungsverfahren. Aufgrund der Rechtsprechung musste die Praxis des BAG verschiedentlich angepasst werden; die Zulassungsinhaberinnen werden darüber jeweils durch das Rundschreiben informiert. Die Vorgaben der Verordnungen, des Handbuchs und der Rundschreiben sind sowohl für das BAG als auch für die Zulassungsinhaberinnen verbindlich.

Auch der Bundesrat anerkennt, dass es für eine bestmögliche Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Medikamenten erforderlich wäre, die im Ausland tatsächlich vergüteten Preise zu kennen, um diese entsprechend beim APV berücksichtigen zu können. Verschiedene Versuche des BAG, Zugang zu den entsprechenden Informationen zu erhalten, führten jedoch bisher nicht zum gewünschten Ergebnis. Die Schweiz setzt sich daher weiterhin in internationalen Gremien dafür ein, dass die tatsächlichen Arzneimittelpreise öffentlich bekannt sind. Sie hat deshalb im Jahr 2019 anlässlich der Weltgesundheitsversammlung eine entsprechende Resolution eingereicht.

Gerade im hohen und im tiefen Preissegment stösst das Modell mit APV und TQV an seine Grenzen. Wie die GPK-S festgestellt hat, kann insbesondere im hohen Preissegment die Beurteilung mittels APV und TQV zu nicht sachgerechten Preisen führen.

Der Bundesrat teilt auch die Einschätzung der GPK-S in Bezug auf den APV im Zusammenhang mit den nicht öffentlich bekannten effektiv vergüteten Preisen und begrüsst die Empfehlung der GPK-S hier Massnahmen zu prüfen,
damit der APV wieder zu einem aussagekräftigeren Preisfestsetzungskriterium wird. Er weist darauf hin, dass das BAG bereits entsprechende Arbeiten aufgenommen hat, um zusammen mit den Akteuren zu prüfen, wie die bestehenden Kriterien angepasst werden können und ob und welche weiteren Kriterien für die Preisfestsetzung und die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden können.

Im tiefen Preissegment kann für Arzneimittel aufgrund der Prüfung anhand dieses Modells und den daraus resultierenden Preissenkungen ein Preis resultieren, der für die Zulassungsinhaberin nicht mehr wirtschaftlich ist, was zu einem Marktrückzug und bei relevanten Arzneimitteln anschliessend zu Problemen bei der Versorgung der Schweizer Bevölkerung führen kann. Wie die GPK-S richtig festgestellt hat, hat der Bundesrat mit den Massnahmen zur Kostendämpfung ­ Paket 2 vorgeschlagen, eine Rechtsgrundlage für eine differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien zu schaffen. Mit dieser Rechtsgrundlage könnten künftig Arzneimittel differenziert überprüft und zum Beispiel versorgungsrelevante Arzneimittel, die gewisse weitere Kriterien, wie einen tiefen Preis oder einen geringen Umsatz, erfüllen, von der Prüfung der Wirtschaftlichkeit ausgenommen werden.

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Empfehlung 3

Nutzenbewertungsmodell für nicht-onkologische Medikamente

Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass das BAG ein Nutzenbewertungsmodell für nicht-onkologische Medikamente prioritär finalisiert und einführt.

Im Bereich der Onkologie gibt es international genutzte und von den Onkologinnen und Onkologen anerkannte Bewertungsmodelle, auf die das BAG bei der Entwicklung der Nutzenbewertungsmodelle zurückgreifen konnte. Das Modell für Nicht-Onkologika umfasst alle Krankheiten ausserhalb der Onkologie. Entsprechend komplex war es, ein Nutzenbewertungsmodell zu erarbeiten. Das BAG hat inzwischen sowohl das Nutzenbewertungsmodell für Onkologika auf Basis der neusten Erkenntnisse weiterentwickelt als auch ein solches für Nicht-Onkologika entwickelt. Es wird letzteres noch im laufenden Jahr mit den Expertinnen und Experten in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) besprechen. Es ist geplant, dieses Modell dann ebenfalls einzuführen und damit die Empfehlung 3 vollumfänglich umzusetzen.

Empfehlung 4

Bearbeitungsdauer für die Aufnahmegesuche

Der Bundesrat wird ersucht, darauf hinzuwirken, dass die Dauer für die Bearbeitung der Gesuche um die Aufnahme von Medikamenten in die Spezialitätenliste verkürzt wird. Er wird in diesem Zusammenhang gebeten, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren zu prüfen, inwieweit die Verordnungsbestimmungen über die Fristen ergänzt oder präzisiert werden müssen.

Der Bundesrat wird zudem gebeten, zu prüfen, wie die Transparenz bezüglich der Dauer für die Bearbeitung der Aufnahmegesuche erhöht werden kann, z. B. durch die regelmässige Veröffentlichung entsprechender Statistiken durch das BAG.

Ausserdem wird der Bundesrat eingeladen, zu prüfen, ob es nicht zweckmässig wäre, in die Verordnungen ausdrücklich ein «Stop the clock»-System für das Aufnahmeverfahren aufzunehmen. Ausserdem wird er gebeten, zu prüfen, ob und wie das beschleunigte Aufnahmeverfahren nach Artikel 31a KLV verbessert werden kann.

Der Empfehlung zur Effizienzsteigerung bei der Bearbeitung und zur Verbesserung der Prozesse hat der Bundesrat schon mit den oben genannten Änderungen der KVV und der KLV Rechnung getragen, indem er ein neues Verfahren mit vorzeitiger Gesuchseinreichung (Early-Access-Verfahren) (Art. 69a KVV) eingeführt hat und die Grundlage für einen erleichterten Datenaustausch zwischen der Swissmedic und dem BAG geschaffen hat (Art. 82 der Arzneimittelverordnung vom 21. September 20189 [VAM]). Auch für den Bundesrat ist der Zugang zu lebenswichtigen Therapien sehr wichtig. Er weist in diesem Zusammenhang aber auch auf die Resultate der Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hin, die aufzeigt, dass Pharmaunter9

SR 812.212.21

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nehmen ihre Gesuche sowohl bei der Swissmedic als auch beim BAG nicht auf den frühestmöglichen Zeitpunkt einreichen (vgl. Bericht der EFK vom 2. Oktober 202310 «Prüfung des Zulassungs- und Vergütungsprozesses von Arzneimitteln», S. 4). Nur knapp ein Drittel der Gesuche werden beim BAG zum frühestmöglichen Zeitpunkt eingereicht. Auch der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass das BAG diesbezüglich auch weiterhin das Gespräch mit der Pharmaindustrie suchen soll.

Der Bundesrat anerkennt den Bedarf einer erhöhten Transparenz bei den Bearbeitungszeiten. Dies entspricht auch einer Empfehlung der EFK. Das BAG verfügt bereits über ein System zur Erfassung und Auswertung der Bearbeitungszeiten von verfügten Gesuchen mit Vorbescheid von Swissmedic (Stop-the-Clock-System). Mit der Einführung der ePL wird dieses System digitalisiert. Es ist eine darauf basierende regelmässige Publikation von Kennzahlen vorgesehen.

Empfehlung 5

Austausch zwischen BAG und Pharmaindustrie

Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass das BAG weiterhin einen regelmässigen und strukturierten Austausch mit den Dachverbänden der Pharmaindustrie und mit den betroffenen Unternehmen über das Verfahren zur Aufnahme und Überprüfung von Arzneimitteln pflegt. Ziel des Austauschs muss die konstruktive Suche nach Lösungen sein, die von allen Beteiligten unterstützt werden können. Die Unabhängigkeit des BAG bei der Ausübung seines gesetzlichen Auftrags muss gewahrt bleiben.

Auch der Empfehlung 5 soll gefolgt werden. Das EDI und das BAG pflegen einen regelmässigen Austausch mit den grossen Pharmaverbänden (Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz [Interpharma], Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz [vips] und Vereinigung der führenden Generika- und Biosimilarsfirmen in der Schweiz [Intergenerika]). Der Austausch mit vips und Interpharma findet institutionalisiert zweimal jährlich statt; auch mit Intergenerika findet regelmässig ein Austausch statt. Dies soll auch in Zukunft so weitergeführt werden. Zusätzlich finden auf verschiedenen Ebenen weitere Austausche statt.

Zudem sind die Verbände auch in Arbeitsgruppen vertreten, die sich zum Beispiel mit der Aufnahme neuer Arzneimittel im Rahmen der Weiterentwicklung der Preisfestsetzung und der Umsetzung von Preismodellen befassen. Auch bei der Umsetzung der genannten neuen KVV- und KLV-Bestimmungen sind die Verbände beteiligt.

Schliesslich ist zu erwähnen, dass vips und Interpharma auch in der EAK vertreten sind und dort ihre Anliegen einbringen können.

Das BAG führt zudem jährlich einen Austausch mit Interpharma und vips zur laufenden dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen durch. Beim letzten Austausch hat sich die Industrie positiv zur Entwicklung der Dreijahresüberprüfung geäussert. Insgesamt haben sich die Abläufe seit der ersten derartigen Überprüfung im Jahr 2017 verbessert, das Verfahren ist klarer und es gibt weniger Verzögerungen.

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Der Bericht ist abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit > Prüfauftrag: 22608.

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Die regelmässigen Sitzungen und Gespräche werden von beiden Seiten geschätzt und werden auch weitergeführt werden.

Der Bundesrat weist jedoch auch darauf hin, dass es unerlässlich ist, neben der Pharmaindustrie auch die anderen Akteure wie die Versicherer und die Leistungserbringer einzubeziehen und anzuhören. Nur so können ausgewogene Entscheide gefällt werden.

Empfehlung 6

Bilanz des Early-Access-Verfahrens

Der Bundesrat wird ersucht, in drei bis vier Jahren eine Bilanz zu ziehen über das neue Early-Access-Verfahren für Medikamente, für die ein erhöhter medizinischer Bedarf besteht. Er wird eingeladen, dabei den Auswirkungen dieser Massnahme auf die Dauer des Aufnahmeverfahrens und auf den Vergütungsbetrag besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Bundesrat ist bereit, die von der GPK-S empfohlene Bilanz zu ziehen und dabei insbesondere die Auswirkungen auf die Dauer des Verfahrens und der Vergütungshöhe zu untersuchen. Das BAG ist bestrebt, dass sich die Massnahme des Early-Access-Verfahrens vor allem auf die Verfahrensdauer positiv auswirken wird.

Empfehlung 7

Befristete Aufnahmen

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass das BAG die befristet in die SL aufgenommenen Medikamente eng nachverfolgt.

Er wird zudem eingeladen, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren zu prüfen, welche Massnahmen ergriffen werden können, um die Zahl der Verlängerungen von befristeten Aufnahmen zu reduzieren und sicherzustellen, dass in diesen Fällen die Informationen, die für die WZW-Prüfung fehlen, so rasch wie möglich vorgelegt werden.

Befristungen, die aufgrund noch ungenügender Evidenz zur Wirksamkeit oder zur Zweckmässigkeit, das heisst unter anderem bei Unklarheiten zum Platz in der Therapie im Vergleich zu (vergüteten) Therapiealternativen und zum medizinischen Bedarf, festgelegt wurden, sind auch in Zukunft erforderlich. Es liegt an den Pharmaunternehmen, mit entsprechenden Nachweisen zur Evidenz die Aufhebung der Befristung und die definitive Vergütung zu erreichen. Mit der Festigung der gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung von Preismodellen, wie sie im Rahmen des Pakets 2 der Massnahmen zur Kostendämpfung vorgesehen sind, dürfte eine Abnahme der Anzahl Befristungen erreicht werden, da Befristungen oft nur aufgrund der Notwendigkeit von Preismodellen aufrechterhalten werden müssen.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass nur dank der Umsetzung befristeter Aufnahmen die Vergütung vielversprechender Therapien mit noch ungenügender Evidenzlage überhaupt möglich ist. Es wird bei der Vergütung dieser Therapien, die oft noch in Entwicklung sind, ein gewisses Risiko eingegangen. Es kommt öfter vor, dass Arzneimitteltherapien sich erst nach Marktzulassung als nicht ausreichend wirksam oder 8 / 12

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nicht verträglich erweisen. Dank engmaschiger Überprüfung aufgrund von Befristungen werden zudem erhebliche Preisanpassungen realisiert, weil der APV in den Referenzländern in der Regel noch erhebliche Änderungen erfährt.

Empfehlung 8

Periodische Überprüfung der Medikamente

Der Bundesrat wird ersucht, das Verfahren für die Überprüfung der Medikamente in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren weiter zu verbessern. Insbesondere wird er eingeladen, zu prüfen, ob es Anpassungen am Verfahren und an den Fristen für die Ankündigung der Preissenkungen braucht. Er wird zudem gebeten, die Möglichkeit einer grösseren Flexibilisierung des Überprüfungsrhythmus (geknüpft an klare Kriterien) zu prüfen. Ausserdem wird er eingeladen, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Überprüfungen noch häufiger Health Technology Assessments (HTA) durchgeführt werden.

Der Bundesrat wird ferner ersucht, sicherzustellen, dass die Überprüfungen nach Patentablauf unter Einhaltung der Vorgaben der KVV erfolgen.

Im Weiteren wird er ersucht, nach dem dritten Zyklus (2023­25) eine allgemeine Bilanz über die Wirksamkeit der periodischen Überprüfung der Medikamente zu ziehen.

Die Durchführung der dreijährlichen Überprüfung ist sehr aufwendig, da jährlich 500­600 Originalpräparate sowie 250­350 wirkstoffgleiche Zweitanmeldepräparate überprüft werden. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität sieht der Bundesrat keine Möglichkeit, die Fristen zur Beurteilung der Arzneimittel zu verkürzen, um die Fristen zur Ankündigung der Preissenkungen im Sinne einer besseren Planungssicherheit für die Akteure zu verlängern. Entsprechend könnte eine Anpassung der letztgenannten Fristen nur mittels Verzögerung und späterer Umsetzung der Überprüfung erreicht werden. Dies würde jedoch dazu führen, dass zulasten der OKP Preissenkungen oder andere Anpassungen der SL erst später in Kraft treten, was nicht sachgerecht wäre.

Der Bundesrat teilt die Auffassung der GPK-S, dass die Überprüfung flexibler durchgeführt werden soll. Er hat im Rahmen des Pakets 2 der Massnahmen zur Kostendämpfung die Schaffung von Rechtsgrundlagen für eine differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien vorgesehen, die ihm die Möglichkeit geben, den Rhythmus und den Umfang der Überprüfung unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien für unterschiedliche Arzneimittel differenziert festzulegen. Nur mit der Verabschiedung einer derartigen gesetzlichen Grundlage durch das Parlament kann die Empfehlung zur Anpassung des Verfahrens umgesetzt werden.

Der Bundesrat unterstützt auch die Empfehlung, im Rahmen der Überprüfungen noch häufiger Health Technology Assessments
(HTA) durchzuführen. Die zuständigen Organisationseinheiten im BAG arbeiten zusammen, um zu bestimmen, bei welchen Arzneimitteln eine vertiefte Prüfung vorzunehmen ist, wenn Zweifel an der Wirksamkeit oder der Zweckmässigkeit bestehen.

Wie die GPK-S richtig festgestellt hat, hat der Bundesrat im Rahmen der Änderungen vom 22. September 2023 der KVV und der KLV entschieden, dass die Überprüfung 9 / 12

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nach Patentablauf weiterhin durchgeführt werden soll. Das BAG wird entsprechend auch weiterhin diese Überprüfung unter Berücksichtigung der Vorgaben in der KVV durchführen.

Empfehlung 9

Ressourcen und Fachkompetenz des BAG und der EAK

Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Ressourcen und die Fachkompetenz des BAG und der EAK für die Aufnahme und die Überprüfung der Medikamente ausreichend sind, und abhängig von den zu erwartenden Entwicklungen gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Zudem wird er gebeten, zu prüfen, ob die Fachkompetenz des BAG im wirtschaftlichen Bereich verstärkt werden muss.

Ausserdem wird er eingeladen, zu prüfen, ob die Entschädigung der Mitglieder der EAK angepasst werden sollte.

Die Qualität der WZW-Überprüfung hat für den Bundesrat und das BAG eine sehr hohe Priorität. Es werden vom BAG entsprechend nur ausgebildete Fachpersonen mit ausreichend Erfahrung (Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, Ärztinnen und Ärzte) für die Aufnahme und die Überprüfung von Arzneimitteln angestellt. Zudem werden für die Beurteilung juristischer Fragestellung im Arzneimittelbereich erfahrene Juristinnen und Juristen beigezogen. Wie die GPK-S festgestellt hat, werden in allen Prozessschritten bei Bedarf auch Expertinnen und Experten aus der klinischen Praxis konsultiert.

Die im Bericht der GPK-S angesprochene Weiterentwicklung der Preisfestsetzungskriterien erfordert mehr Kompetenzen im gesundheitsökonomischen Bereich, die einerseits teilweise durch die entsprechende Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und andererseits durch den Einbezug externer Fachleute oder die Verstärkung der zuständigen Organisationseinheiten durch Ökonomen und Ökonominnen abgedeckt werden können.

In der EAK sind neben Fachexpertinnen und -experten auch die wichtigsten Akteure (Pharmaindustrie, Krankenversicherer, Kantone, Leistungserbringer) vertreten. Auch der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Fachexpertise der EAK weiter zu verbessern und die Zusammensetzung allenfalls an neue Gegebenheiten anzupassen ist.

Der Bundesrat ist bereit zu prüfen, wie dem Mehraufwand aufgrund der zunehmenden Komplexität der Gesuche und der hohen Preisforderungen und wie der Prüfung der Auswirkungen von Preissenkungen auf die Versorgungssicherheit Rechnung zu tragen ist sowie inwiefern der insbesondere aus vielen Schriftenwechseln, Sitzungen und Gesprächen resultierende Mehraufwand mittels weiterer gebührenfinanzierter Ressourcen besser bewältigt werden kann.

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Transparenz des Aufnahme- und Überprüfungsverfahrens

Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, wie die Transparenz des Verfahrens zur Aufnahme von Medikamenten in die SL und zur Überprüfung der in der SL aufgeführten Medikamente weiter erhöht werden kann.

Er wird zudem ersucht, die Kommission darüber zu informieren, wie sich die Schweiz auf internationaler Ebene für mehr Transparenz bei den Medikamentenpreisen einsetzen möchte.

Mit den Änderungen vom 22. September 2023 der KVV und der KLV hat der Bundesrat die Transparenz betreffend die Aufnahme und die periodische Überprüfung der SL-Arzneimittel erheblich ausgebaut (vgl. Stellungnahme zu Empfehlung 1). Neu werden insbesondere auch für die periodische Überprüfung erstmals Entscheidgrundlagen publiziert und im Rahmen der Aufnahmeverfahren wird die Transparenz ebenfalls ausgebaut: So können interessierte Dritte beispielsweise den Stand in einem laufenden Aufnahmeverfahren erfragen.

Wie die GPK-S richtigerweise festgestellt hat, setzt sich die Schweiz auch international für mehr Transparenz insbesondere bei den Arzneimittelpreisen ein. Der Bundesrat beabsichtigt, an diesem Vorgehen festzuhalten, da mehr Transparenz in diesem Bereich eine sachgerechtere Preisbildung ermöglichen würde.

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Zusammenfassung

Der Bundesrat dankt der GPK-S für die vertiefte und aufschlussreiche Analyse und Berichterstattung betreffend die Nachkontrolle zur Inspektion «Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten» einschliesslich der im Bericht aufgeführten Empfehlungen. Er ist mit den Zielformulierungen der GPK-S weitgehend einverstanden und grundsätzlich bereit, die Empfehlungen zu übernehmen, soweit diese nicht bereits umgesetzt sind.

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