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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Landwirtschaftspolitik des Bundes und die Lage der schweizerischen Landwirtschaft (Vom 31. Januar 1956)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Landwirtschaftspolitik des Bundes und die Lage der schweizerischen Landwirtschaft wie folgt Bericht zu erstatten: I. Veranlassung zur Berichterstattung Nachdem am 1. Januar 1954 das neue Landwirtschaftsgesetz in seinen wesentlichen Bestimmungen in Kraft getreten war, hatte sich der Bundesrat schon wenige Monate später aus Gründen, auf die in diesem Bericht näher eingetreten wird, genötigt gesehen, den Milch-Grundpreis (Produzentenpreis) auf den 1.Mai 1954 von 89 auf 38 Kappen je kg/l herabzusetzen. Dieser Beschluss verursachte in bäuerlichen Kreisen grosse Unruhe und Mißstimmung; er gab auch zu öffentlichen Demonstrationen in Bern, Luzern und Zürich Anlass. Ferner sind in der Junisession 1954 der eidgenössischen Bäte von den Nationalräten Pidoux und Reichling sowie von Ständerat Quartenoud Motionen, von Nationalrat Moulin ein Postulat und von den Nationalräten Raschein, Gadient und Colliard Interpellationen eingereicht worden. Bei diesen parlamentarischen "Vorstössen wurde der Milchpreisentscheid unter Hinweis auf die bäuerlichen Einkommensverhältnisse beanstandet und erklärt, die Landwirtschaft sei im Vergleich zu den übrigen Wirtschaftszweigen des Landes, die sich einer andauernd guten Konjunktur erfreuten, offensichtlich ins Hintertreffen geraten. Man erwarte deshalb vom Bundesrat die vollumfängliche Anwendung des Landwirtschaftsgesetzes, eine straffere Regelung der Einfuhr land- und milchwirtschaftlicher Konkurrenzprodukte, eine stärkere Förderung des Ackerbaues durch eine bes-

325 sere Unterstützung des Futtergetreidebaues, eine Ausdehnung der Bapsfläche und die Schaffung der Voraussetzungen für einen vermehrten Zuckerrübenanbau durch die Erstellung einer zweiten Zuckerfabrik. Die Vertreter der Berggebiete befürchteten als Folge des Milchpreisabschlages ungünstige Rückwirkungen auf den Verlauf der Zuchtviehmärkte im Herbst und empfahlen entsprechende Hilf smassnahmen.

Im Anscbluss an die Begründung der parlamentarischen Vorstösse gab Bundespräsident Eubattel sowohl im Nationalrat, als auch im Ständerat kurze und allgemein gefasste Erklärungen ab und begründete insbesondere den Milchpreisentscheid als Folge der ausserordentlichen Produktions- und Marktverhältnisse. Damit sei aber keineswegs eine grundsätzliche Änderung der Agrarpolitik des Bundes beabsichtigt, sondern der Bundesrat werde auch weiterhin der Lage der Landwirtschaft seine volle Aufmerksamkeit schenken.

Erschöpfendere Ausführungen durch den Vertreter des Bundesrates erfolgten in der Herbstsession 1954 der eidgenössischen Eäte. Dabei sah sich Bundespräsident Eubattel vefanlasst, verschiedene Eichtigstellungen anzubringen und auf bereits angeordnete und noch vorgesehene Massnahmen des Bundes zur Erreichung einer ausgewogeneren landwirtschaftlichen Produktion hinzuweisen sowie die konsequente Handhabung des Landwirtschaftsgesetzes zu bestätigen. Gleichzeitig wurde ein Bericht des Bundesrates über die Landwirtschaftspolitik und die Lage der Landwirtschaft in Aussicht gestellt.

n. Die rechtlichen Grundlagen für die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund

In Übereinstimmung mit der Bundesverfassung ist es das Ziel der staatlichen Landwirtschaftspolitik und der Anwendung der Gesetzgebung, speziell des neuen Landwirtschaftsgesetzes, einen gesunden Bauernstand zu erhalten und eine leistungsfähige Landwirtschaft zu fördern. Für unser Land ist dieses Ziel um so wichtiger, als wir in der Versorgung mit lebenswichtigen Nahrungsmitteln ohnehin stark von Zufuhren aus dem Ausland abhängig sind. Alle für diesen Zweck getroffenen gesetzlichen Massnahmen zielen darauf ab, der Landwirtschaft einen ausreichenden wirtschaftlichen Schutz zur Erhaltung und Verbesserung ihrer. Existenzgrundlage zu bieten und so weit als möglich einen angemessenen Anteil am schweizerischen Volkseinkommen zu gewährleisten. Massgebend sind im wesentlichen die folgenden Gesetze: Das B u n d e s g e s e t z vom 13. Juni 1917 b e t r e f f e n d die B e k ä m p f u n g von T i e r s e u c h e n . Im Interesse der systematischen Bekämpfung von Tierseuchen regelt dieses Bundesgesetz den Verkehr mit Tieren und tierischen Stoffen, die beim Ausbruch von Tierseuchen zu treffenden Massnahmen und die von Kantonen und Bund an Seuchenschäden und an die Kosten der Seuchenbekämpfung zu leistenden Beiträge. Von« entscheidender Bedeutung ist die erfolgreiche Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, die früher verschiedentlich in verheerender Weise aufgetreten war.

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

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Ende 1953 wurde durch einen besondern Bundesratsbesohluss die systematische Bekämpfung des Einderabortus Bang eingeleitet, nachdem die schon früher, erstmals im Jahre 1934, vom Bunde getroffenen Massnahmen in den Kantonen nur wenig Beachtung gefunden hatten.

Das Bundesgesetz vom 29. März 1950 über die B e k ä m p f u n g der E i n d e r t u b e r k u l o s e . Dieses ersetzte die vom Bund im Jahre 1942 erlassenen Bekämpfungsvorschriften, die sich bereits als wirksam erwiesen hatten.

Bund und Kantone leisteten erhebliche Beiträge für die Durchführung der Tuberkuloseuntersuchungen und an den Schaden infolge der Ausmerzung tuberkulöser Tiere. Heute verfügen etwa 80 Prozent aller Viehbesitzer über tuberkulosefreie Bestände. Ihren bedeutenden Aufwendungen für den Ersatz der ausgemerzten Tiere stehen die erhöhte Leistungsfähigkeit und die verlängerte Nutzungsdauer der gesunden Viehbestände gegenüber, deren höherer Ertrag, langfristig gesehen, die Ausmerzverluste mehrfach übersteigt Das A l k o h o l g e s e t z vom 21. Juni 1932/25. Oktober 1949. Die Alkoholgesetzgebung ist gemäss Artikel 32bls der Bundesverfassung im Interesse der Volksgesundheit so zu gestalten, dass sie den Verbrauch von Trinkbranntwein vermindert. Zu diesem Zwecke fördert der Bund den Tafelobstbau und die brennlose Verwertung von Obst und Kartoffeln. Dabei sind die Übernahmepreise so anzusetzen, dass sie dem Produzenten für seine Eohstoffe eine angemessene Vergütung unter dem Gesichtspunkt der Überschuss- und Abfallverwertung geben. Als Überschuss ist hier in der Eegel auch vollwertige Ware zu betrachten, für die nur eine ungenügende. Nachfrage besteht. Die Absatzgarantie für die Brennereirohstoffe des Obst- und Kartoffelbaues, welche zirka einen Drittel des Endrohertrages der pflanzlichen Produktion ausmachen, sowie die minimale Preissicherung bedeuten für die landwirtschaftliche Einkommensbildung einen nicht zu unterschätzenden Faktor.

Das Getreidegesetz vom 7. Juli 1932/17. Dezember 1952. Gemäss Artikel 23bls der Bundesverfassung fördert der Bund den Brotgetreidebau im Inland und übernimmt gutes, mahlfähiges Inlandgetreide zu einem Preis, der den Getreidebau ermöglicht. Nach Artikel 5 des Getreidegesetzes kauft der Bund von Produzenten, die im Inland niedergelassen sind, unter Ausschluss jeglichen Zwischenhandels, selbst gebautes,
mahlfähiges Brotgetreide, wobei die Abnahme grundsätzlich von der Durchführung der Selbstversorgung ·abhängig gemacht wird. Damit ist dem Produzenten eine unbeschränkte Abnahmegarantie für die verkäufliche Brotfrucht zu kostengerechten Preisen gesichert.

Das Bundesgesetz vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen G r u n d b e s i t z e s . Dieses zielt darauf ab, den bäuerlichen Grundbesitz zu schützen, die Bodennutzung zu fördern, die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen und die Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu begünstigeji. Die wesentlichsten Vorschriften betreffen das Vorkaufsrecht der Nachkommen, des Ehegatten und der Eltern des Verkäufers eines landwirtschaftlichen Gewerbes und die damit verbundenen Be-

327 Stimmungen über die Bemessung des Liegenschaftspreises, ferner die Kompetenz der Kantone, für Handänderungen landwirtschaftlicher Liegenschaften ein Einspruchsverfahren zur Anwendung zu bringen, und schliesslich Bestimmungen über den gewerbsmässigen Liegenschaftshandel, über die Ordnung der Pachtverhältnisse und über den Schutz gegen unwirtschaftliche Zwangsverwertungen.

Das L a n d w i r t s c h a f t s g e s e t z vom 3. Oktober^ 1951. Die früheren gesetzlichen Erlasse zur Förderung der Landwirtschaft ermöglichten lediglich die finanzielle Unterstützung mehrheitlich technischer Massnahmen. Schon während des ersten Weltkrieges, aber auch in der Zwischenkriegszeit, erwies es sich aber als notwendig, auch Hilfen wirtschaftlicher Natur zu bieten. Es geschah dies zum Teil auf Grund äusserordentlicher Vollmachten des Bundesrates, zum Teil auf Grund dringlicher Bundesbeschlüsse. Erst die neuen Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung, die vom Schweizervolk am G.Juli 1947 gutgeheissen wurden, gaben indessen die Möglichkeit, das nunmehr in Kraft befindliche Bundesgesetz vom S.Oktober 1951 über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes (Landwirtschaftsgesetz) vorzubereiten und die entsprechenden Anordnungen zu treffen.

m. Entwicklung und Stand der landwirtschaftlichen Produktion Über die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion seit 1936/40 gibt folgende Tabelle Auskunft: 1936/40

1941/45

1946/50

1951/53

1954

Mahlfähiges Brotgetreide: 1. Ablief erung an den Bund Wagen 10849 14163 14069 16777 21 375 ')' 2. Für die Selbstversorgung » 8154 11269 9280 8275 8500 3. Geaamt-Produktion . . » 19003 25432 23349 25052 29875 *) Futtergetreide » 4460 16190 14020 13940 14050 Kartoffeln » 74200 159 100 2 115 000 112700 152 000 Raps » 1093 ) 545 522 493 -- Zuckerrüben » 9640 16530 19120 20820 21 910 Kern- und Steinobst . . . » 57374 83490 90746 70307 93550 Wein hl 499 400 797 370 714 820 800 370 698 428 Verkehrsmilch Mio q 18,0 ' 15,2 17,9 19,0 20,3 Fleischproduktion . . . . M i o q 1,879 1,367 1,434 1,857 1,987 (mit Hausschlachtungen) Eierproduktion . . . . . . Mio St. 423 411 275 524 ' 540 Gesamt-Rindviehbestand . Mio St.

1,66 1,47 1,64 1,59 1,51 davon Kühe Stück 904,000 828 000 829 000 894 000 888 000 Schweine-Bestand . . . . Stück 914 000 672 000 784 000 972 000 950 000 1 ) Darüber hinaus kamen noch 4591 Wagen nicht mahlfähiges Brotgetreide zur Ablieferung.

2 ) Ernte 1945.

Ohne den nachfolgenden Ausführungen vorzugreifen, ist aus dieser Übersicht leicht zu erkennen, in wie starkem Masse vorab die Erträgnisse des Pflanzenbaues gegenüber der letzten Vorkriegsperiode 1936/40 gestiegen sind und wie sich gleichzeitig auch die tierische Produktion weiter vermehrt hat.

Die Erträge des Jahres 1954 waren mit wenigen Ausnahmen nochmals höher

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als 1951/53. Die Vermehrung der pflanzlichen Produktion ist nun nicht etwa allein auf die erweiterte Ackerfläche, sondern auch auf die Steigerung der Ertragsfähigkeit dank der Fortschritte in der Züchtung und in der Technik des Anbaues, der Pflege und der Ernte zurückzuführen. Aber auch die Leistungen der Tiere sind besser geworden, wodurch der erwartete regulierende Einfluss des Ackerbaues auf die Grosse der Milch- und Fleischproduktion etwas weniger zur Auswirkung kommt.

Diese Feststellungen sind insofern bemerkenswert, als sie einmal dem technischen Stand der schweizerischen Landwirtschaft ein gutes Zeugnis ausstellen, zum andern es aber auch erklärlich machen, welche Aufwendungen es benötigt, die bedeutenden Ernte- und Produktionsmengen abzusetzen.

IV. Die landwirtschaftliche Produktionsorientierung Im Hinblick auf die in den dreissiger Jahren gemachten Erfahrungen und die damals getroffenen zusätzlichen Yerwertungsmassnahmen sieht das Landwirtschaftsgesetz die Anwendung der wirtschaftlichen Bestimmungen in der Weise vor, dass die landwirtschaftliche Produktion unter Berücksichtigung der durch die Natur gegebenen "Verhältnisse die Landesversorgung so weit als möglich gewährleistet, der Aufnahmefähigkeit des einheimischen Marktes entspricht und den Möglichkeiten der Ausfuhr genügt. Diese Eichtlinien führen ohne weiteres zur besondern Betonung des Ackerbaues. Die Inlandproduktion an Nahrungsmitteln pflanzlicher Natur deckt nämlich nur etwa 40 Prozent des Gesamtverbrauches, an tierischen Erzeugnissen dagegen mehr als 90 Prozent. Aus klimatischen Gründen können wir allerdings viele Nahrungsmittel, vorab pflanzlicher Herkunft, nicht in unserm Lande erzeugen. Trotzdem ist auf dem Gebiete der pflanzlichen Produktion immer noch Spielraum für eine Ausweitung vorhanden.

Je mehr es gelingt, die "Voraussetzungen für eine vermehrte Erzeugung an pflanzlichen Nahrungsmitteln zu schaffen, um so mehr ist .eine Entlastung der durch zeitweise Überschüsse gekennzeichneten tierischen Produktion zu erwarten. Dieses Ziel wird mit dem bekannten Ackerbauprogramm von etwa 300 000 ha, wie es erstmals in der Botschaft zum Bundesbeschluss vom 6. April 1939 über Massnahmen zur weitern Förderung des, Ackerbaues entwickelt wurde, angestrebt.

Seit 1934 hat sich der Ackerbau wie folgt entwickelt:

1934 1939 1945 1950 1954 !)

1955 l) l

Brotgetreide ha 101 465 114 746

Futtergetreide

140 642 121 911 124 605 127 900

75864 43420 47155 47500

Kartoffeln

ha

ha

15141 22160

45819 47321

83572 55603 57500 57000

) Schätzungen des Schweizerischen Bauernsekretariates.

Gesamte

Andere Ackerfrüchte

Ackerfläche

21054

183 479

25430 55171 34889 35630 37700

209 657 355 249 255 823 264 830 270 000

ha

ha

329 Nachdem es schon ira Verlaufe der dreissiger Jahre gelungen war, die offene .Ackerfläche allmählich zu erweitern, ergab sich dann namentlich während des Krieges im Eahmen des kriegswirtschaftlichen Anbauwerkes eine Vermehrung um rund 145 000 ha, also um etwa 70 Prozent. Von da ab war bis 1950 wieder ein Rückgang um rund 100 000 ha zu verzeichnen, und seither ist eine erneute Erweiterung nur in massigem Eahmen vorgenommen worden. Im Blick auf die Schwierigkeiten der Verwertung von Milch und Fleisch erliess der Bundesrat unterm 15. Oktober 1954 einen Aufruf an die schweizerische Landwirtschaft, in der diese ersucht wurde, die offene Ackerfläche im .Verlaufe der Jahre 1955 und 1956 tunlichst wieder auf etwa 280 000 ha auszudehnen. Nach den vorliegenden Schätzungen ist von der neuen Anbauetappe, deren Beachtung durchaus im · Interesse der Landwirtschaft selbst empfohlen wurde, bisher erst ein kleiner Teil erfüllt worden.

Abgesehen von den Massnahmen gemäss Getreide- und Alkoholgesetz, gehört die Eegulierung der Einfuhr von Futtergetreide und von Kraftfutter überhaupt zu den wichtigsten Mitteln sowohl zur Unterstützung des Ackerbaues, als auch zur Normalisierung der Milch-, Fleisch- und Eierproduktion. Es werden nämlich immer noch rund 11 Prozent des gesamten Verbrauches an Nährstoffeinheiten durch eingeführte Futtermittel, und zwar namentlich Kraftfutter, gedeckt.

Die inländische Produktion deckt indessen nur 28 Prozent des Kraftfutterbedarfes, 15 Prozent stammen aus der Verarbeitung ausländischer Eohstoffe, und 57 Prozent werden direkt importiert. Vom eingeführten Kraftfutter verzehren u. a. die Milchkühe ca. 20 Prozent, die Schweine 40 Prozent, die Pferde 11 Prozent, das Geflügel 17 Prozent. Die landes- und betriebseigene Futtergrundlage weist demnach insbesondere beim · Kraftfutter noch grosse Lücken auf, die wenigstens teilweise durch vermehrte Eigenerzeugung geschlossen werden könnten. Bei der Ausgabe vierteljährlicher Kontingente durch die Schweizerische Genossenschaft für Getreide und Futtermittel (GGF), werden die Einfuhr von Futtermitteln mengenmässig beschränkt und auf diesen Importgütern Preiszuschläge erhoben. Diese betragen zurzeit für Hafer 5 Franken, für Gerste 6 Franken, für Mais und Ölkuchen 4 Franken je per 100 kg. Die Zuschläge erfahren periodische Anpassungen an die Weltmarktpreise,
um eine gewisse Stabilität zu erreichen und den inländischen Gestehungskosten gleichartiger Erzeugnisse Eechnung zu tragen. Mit den Erträgnissen werden vorab die Aufwendungen für die Anbauprämien zugunsten des Futtergetreideanbaues, die Eapsverwertung, die Förderung der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, sowie für gelegentliche weitere Massnahmen zur Absatzförderung gedeckt. Mit der mengenmäßigen Eegulierung der Futtermitteleinfuhren und den Preiszuschlägen soll nicht bloss ein tunlichster Ausgleich zwischen dem Preis importierter Futtermittel und den Produktionskosten landeseigener Futtermittel erreicht, sondern auch einem Überborden der Produktion von Milch, Fleisch und Eiern so gut als möglich entgegen gewirkt werden.-Würde nämlich die Futtermitteleinfuhr in unbeschränkten Mengen zugelassen, liesse sich der eigene Anbau von Futtergetreide nicht mehr aufrecht erhalten, und als Folge einer über-

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massigen Ausweitung der Tierhaltung müsste man mit andauernden Schwierigkeiten in der Verwertung von Überschüssen rechnen. Ferner ist zu beachten, dass in Jahren mit Überschüssen die Importeure von Kraftfuttermitteln gehalten sind, nach Massgabe ihrer Einfuhren gewisse Mengen von Kartoffelerzeugnissen zur Verwertung zu übernehmen.

Von den weitern Massnahmen zur Anpassung der Tierbestände an die betriebs- und landeseigene Futtergrundlage gemäss Artikel 19 des Landwirtschaftsgesetzes (Kontingentierung der Tierbestände oder Beschränkung des Verbrauches eingeführter Futtermittel, beispielsweise durch eine Futterzuteilung an die einzelnen Betriebe) hat der Bundesrat bis jetzt keinen Gebrauch gemacht; sie dürften ohnehin nur verfügt werden, wenn die Absatzverhältnisse für viehund milchwirtschaftliche Erzeugnisse oder andere wirtschaftliche Gründe es zwingend verlangen. Wesentlich ist dabei auch die Überlegung, dass die Landwirtschaft selbst sich über die eigene Mitverantwortung bei der Verhinderung einer Überproduktion bewusst sein muss.

V. Die Förderung der Landwirtschaft und der Stand der einzelnen Produktionszweige A. Das landioirtschaftliche Bildungs- und Versuchswesen Der neuzeitliche Landwirtschaftsbetrieb stellt sowohl an seinen Leiter, als auch an das Personal hohe Anforderungen, die um so grösser sind, je mehr auf eine steigende Produktivität geachtet werden muss. Bildungs- 'und Versuchswesen gehören zu den massgeblichsten Institutionen zur Hebung der landwirtschaftlichen Technik und zur Verbesserung des Betriebserfolges. Die Mittel hiefür sind vorab die landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen, die landwirtschaftlichen und die speziellen Fachschulen, die Lehrlings-, Berufs- und Meisterprüfungen, das Vertrags-, Kurs- und Beratungswesen und die landwirtschaftlichen Versuchsanstalten. Der Bund unterstützt die von den Kantonen und von Organisationen betriebenen Bildungsstätten und die weiteren in vielfältiger Art und Weise gebotenen Möglichkeiten zur Aufklärung. Massgebend hiefür ist die gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz erlassene Verordnung vom 29.März 1955 über das landwirtschaftliche Bildungs- und Versuchswesen. Die damit getroffene Eegelung hat für die zukünftige Hebung des technischen Standes unserer Landwirtschaft eine grosse Bedeutung. Eines vermehrten Ausbaues bedürfen insbesondere
das landwirtschaftliche Lehrlingswesen, die landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen und dann namentlich der Beratungsdienst nicht nur in technischer, sondern auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht.

Die eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalten sind in den letzten Jahren durch die Angliederung von Versuchsbetrieben, durch Um- und Erweiterungsbauten, durch Personalverstärkungen etc. noch mehr als bis anhin in die Lage versetzt worden, die ihnen vermehrt zufallenden Aufgaben zu erfüllen. Abgesehen vom eigentlichen Versuchswesen

331 entfällt ein beträchtlicher Teil des Arbeitsaufwandes auf die Kontrolle der landwirtschaftlichen Hilf sstoffe; es geschieht dies im Interesse der Vermittlung zweckmässiger Düngemittel, Futtermittel, Pflanzenschutzmittel und Sämereien.

B. Die Bodenverbesserungen In der Botschaft an die Bundesversammlung vom 16. Juli 1954 haben wir über die Bedeutung der verschiedenen Massnahmen und Werke berichtet, die den Zweck haben, die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhalten und zu steigern, seine Bewirtschaftung zu erleichtern oder ihn vor Verwüstungen oder Zerstörung durch Naturereignisse zu schützen. Wir möchten auf jene Ausführungen verweisen und hier lediglich einmal mehr die grosse Bedeutung der Bodenverbesserungen ganz allgemein und der Güter- bzw. Grundstückzusammenlegungen im besondern hervorheben. Wegen der damit verbundenen hohen Kosten haben Bund, Kantone und Gemeinden solche Werke je und je unterstützt. Im Hinblick auf die erschwerten Produktionsbedingungen hat die Bundesversammlung mit Beschluss vom 4. Oktober 1954 - in Anwendung von Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 29. September 1950 über die Finanzordnung 1951 bis 1954 den Bundesrat ermächtigt, in Berggebieten im nicht gekürzten Eahmen Beiträge zu gewähren für Güterzusammenlegungen, umfassende Alpverbesserungen, Weganlagen, Wasserversorgungen und Dorfsennereien. Ferner erliess der Bundesrat, gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz, am 29. Dezember 1954 die Bodenverbesserungs-Verordnung, die eine Eeihe weiterer Neuerungen und Erleichterungen bringt und es dem Bund ermöglicht, noch mehr als bis anhih an der Lösung der grossen Aufgaben mitzuhelfen. Trotzdem bedeuten die verschiedenen Verbesserungswerke eine ansehnliche Belastung der Landwirte, und es ist daran festzuhalten, dass in der Hegel die Kantone für die Berechnung der Höhe ihres Beitrages allfällige Leistungen der Gemeinden nicht mitzählen, sondern dass die kommunalen Aufwendungen als erwünschte, weitere Beihilfe 'gewährt werden.

C. Die pflanzliche Produktion T. P f l a n z e n z u c h t Ertrag und Qualität der Ernten werden massgeblich von der Wahl von Sorte und Saatgut beeinflusst. Auf züchterischem Wege gelingt es nicht nur ertragreichere Sorten zu gewinnen, sondern auch erwünschte Qualitätseigenschaften stärker hervortreten zu lassen. In neuerer Zeit wird auch der Widerstandskraft
gegen Krankheiten und Schädlinge vermehrte Beachtung geschenkt.

Die züchterischen Arbeiten sind überaus langwierig und kostspielig, weshalb in unserm Lande solche Aufgaben vorab den landwirtschaftlichen Versuchsanstalten des Bundes übertragen sind; diese arbeiten in enger Verbindung mit den speziell für das Saatzuchtwesen geschaffenen· Organisationen zusammen.

Anerkannte Erfolge liegen auf dem Gebiete der Getreide- und Gemüsezucht, aber auch bei verschiedenen Früchten vor. Ferner wird der Prüfung und Vermehrung geeigneter ausländischer Sorten alle Aufmerksamkeit geschenkt.

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Für die Produktion von feldbesichtigtem und anerkanntem Saatgut besteht eine umfassende Organisation. Der Bund unterstützt diese Bemühungen durch die Ausrichtung von Verbilligungsbeiträgen an die Saatzüchter und von Umsatzvergütungen an die Saatzuchtgenossenschaften. Dem gleichen Zweck dienen auch die Beiträge an die Kosten der Feldbesichtigung.

2. Der B r o t g e t r e i d e b a u Die Wirtschaftlichkeit des Brotgetreidebaues ist durch die Getreideordnung gesichert, und die Preise tragen auch den erschwerten Bedingungen in weniger begünstigten Ackerbaugebieten Kechnung. Für die verschiedenen Qualitätsklassen Weizen betrugen die Übernahmepreise 1939 36 Franken/38,50 Franken; bis 1945 stiegen sie auf 54 Franken/58,50 Franken, und auch seither sind unter verschiedenen Malen Aufbesserungen vorgenommen worden. Die letzte Erhöhung erfolgte für die Ernte 1952 auf den heutigen Stand von 64,50 Franken/67 Franken. In den Jahren 1952 und 1953 erzielten die Produzenten einen tatsächlichen Durchschnittserlös von 65,30 Franken und im Jahre 1954 von 64 Franken je q.

Diese Preise übersteigen die Kosten für Auslandware, franko Schweizergrenze verzollt, um mehr als 20 Franken. Der Anbaustatistik und den Schätzungen ist zu entnehmen, dass die Brotgetreidefläche seit Kriegsende weniger Schwankungen ausgesetzt war als andere Ackerfrüchte, was im wesentlichen mit der Absatz- und Preissicherung gemäss Getreideordnung im Zusammenhang steht.

Die Erfolge der Getreidegesetzgebung ergeben sich auch aus den ino der Tabelle auf Seite 327 verzeichneten Ernteerträgen. Die mittlere Ernte an mahlfähiger Brotfrucht betrug in der zweiten Half te der zwanziger Jahre nur 12368 Wagen, in den Jahren 1936-1940'bereits 19003 Wagen, und während des Krieges stieg sie auf 25432 Wagen. Trotz Anbauverminderung vermochte sie sich auch 1951-1953 auf über 25000 Wagen zu halten. Das Jahr 1954 brachte schliesslich eine Eekordernte von beinahe 30 000 Wagen mahlfähigem Brotgetreide, die 4591 Wagen ausgewachsener und daher nicht mehr mahlfähiger Ware nicht eingerechnet.

Für das Erntejabr 1954 hatten sehr gute Aussaatverhältnisse bestanden; die Anbaufläche erfuhr wieder eine Erweiterung, und es waren auch die Wachstumsbedingungen denkbar günstig, so dass sich gegenüber den Vorjahren eine Ertragssteigerung um etwa 30 Prozent je ha ergab. Leider fiel
jedoch die Ernte in eine ausgesprochene Schlechtwetterperiode, was die Qualität weit herum ernstlich beeinträchtigte. Trotzdem erwiesen sich nicht weniger als 21375 Wagen als mahlfähig, und darüber hinaus übernahm die Schweizerische Genossenschaft für Getreide und Futtermittel im Auftrag des Bundes noch 4591 Wagen ausgekeimtes Getreide zu Futterzwecken. Seitdem Schutzbestimmungen zugunsten des Anbaues von Brotgetreide zur Anwendung kommen, sind noch nie derart bedeutende Mengen Brotgetreide an den Bund abgeliefert worden.

In den letzten Jahren konnten als Folgen des vermehrten Anbaues, des hochwertigeren Saatgutes und der allgemein besseren Anbau-, Pflege- und Ernte-

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technik im Mittel etwa 46 Prozent des Bedarfes an Brotfrucht durch die Inlandernten gedeckt werden, gegen nur 25 bis 30 Prozent im Jahrzehnt 1926-1935.

3. Der F u t t e r g e t r e i d e b a u Der Anbau von Futtergetreide erfolgt nahezu ausschliesslich zur Selbstversorgung; die Ernten decken nur knapp 30 Prozent des Bedarfes zur Viehfütterung. Ein Interesse für den Eigenanbau von Hafer und Gerste besteht bloss dann, wenn die Kosten nicht höher sind als die Preise für Importware. Um die Selbstkosten zu ermässigen, erhielten die Pflanzer erstmals 1939 eine Anbauprämie. Die Mittel dazu werden, wie bereits bemerkt, den Erträgnissen der Preiszuschläge auf Futterimporten entnommen. Die Anbauprämie beträgt seit Jahren 200 Franken je ha, was bei 25 q Ertrag je ha einer Kostenverbilligung um 8 Franken je 100 kg entspricht. In Berggegenden werden Zuschlagsprämien von 60 Franken, bzw. 100 Franken ausgerichtet. Es ist wichtig, die Preiszuschläge den Importgetreidepreisen anzupassen, da gestörte Preisrelationen zwischen Eigenproduktion und Auslandware sich rasch im Anbau auswirken. Die Futtergetreidearten spielen auch insofern eine wichtige Eolle, als sie in der Fruchtfolge weniger empfindlich sind als etwa Weizen, und sie ermöglichen es, den Anteil Getreide an den Ackerfrüchten als Ganzes zu erhöhen und entlasten so auch etwas den Anbau von Hackfrüchten (Kartoffeln, Futter- und Zuckerrüben, Feldgemüse etc.).

Dank der getroffenen Massnahmen ist eine bemerkenswerte Entwicklung des Futtergetreidebaues erreicht worden. Betrugen die jährlichen Ernten vor dem Kriege nur etwa 4500 Wagen, sind sie nun dank der Unterstützung durch den Bund auf 14 000 Wagen gestiegen. Ähnlich wie bei der Brotfrucht, waren 1954 auch beim Futtergetreide die Erträge je ha um gut 20 Prozent grösser als üblicherweise.

4. Der K a r t o f f e l b a u Gegenüber der Vorkriegszeit ist die heutige Anbaufläche rund 10 000 ha . grösser, im Vergleich zu 1944 aber etwa 26 000 ha kleiner. Der jährliche Verbrauch an Speisekartoffeln pro Kopf der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung stieg von 60 kg in den dreissiger Jahren auf 130 kg im Jahr 1944 und ist seither auf etwa 55 kg zurückgegangen. Es ergeben sich deshalb bereits bei Normalernten Überschüsse, die sich nur auf dem Wege der Verfütterung verwerten lassen.

Soweit Überschüsse von Produzenten
abgenommen werden müssen, erfolgt gestützt auf das Alkoholgesetz eine Zuteilung in frischer oder getrockneter Form an die gewerblichen Schweinehalter. Wenn es sich um grosse Mengen handelt, . haben auch andere Käufer von importiertem Kraftfutter Trockenkartoffeln zu übernehmen. Die mehr oder weniger beträchtlichen Verluste, die daraus erwachsen, werden zum grossen Teil aus Krediten der Eidgenössischen Alkoholverwaltung, zum Teil aus allgemeinen Bundesmitteln gedeckt. Diese Massnahmen tragen mit andern Vorkehren wesentlich dazu bei, dass Preise realisiert werden können, die den Produktionskosten Eechnung tragen.

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Im Durchschnitt der Jahre 1946-1953 stellten sich die jährlichen Ernten auf ungefähr 114 125 Wagen, gegenüber 70 000 Wagen im Jahrzehnt 1926-1935.

Sehr gross war die Ernte 1954 mit einem geschätzten Ertrag von 152 000 Wagen zu 10 t. Da der Bedarf der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung an Speisekartoffeln nur etwa 24 000 Wagen beträgt, mussten etwa 75 000 Wagen in frischem Zustand zum guten Teil in den Betrieben der Produzenten verfüttert werden; ferner sind zur Verwertung bedeutender Überschüsse ca. 17 800 Wagen für Futterzwecke auf Kartoffelflocken und Kartoffelmehl verarbeitet worden.

Die gesamte Kartoffeiverwertung hatte zu Lasten der Eidgenössischen Alkoholverwaltung und allgemeiner Bundesmittel einen ausserordentlich hohen Kostenaufwand von rund 24 Millionen Franken zur Folge, während sich die Verwertungskosten im Mittel der 4 vorangehenden Jahre (1950-1953) mit je ca. 5 Millionen Franken wesentlich niedriger stellten.

Es ist vorauszusehen, dass die Durchschnittserträge mit der weiteren Verbesserung der Saatgutqualität und der intensiveren Schädlingsbekämpfung noch mehr ansteigen werden, womit bei gleichbleibender Anbaufläche die Überschüsse im Mittel der Jahre eher noch zunehmen können. Eine etwelche Entlastung bringt auf der andern Seite die vermehrte inländische Produktion von Saatkartoffeln. Die Kartoffel-Anbaufläche als Ganzes soll aber deswegen nicht ausgedehnt werden.

5. Der Anbau von Zuckerrüben Soweit es sich um Zuckerrüben zur Verarbeitung auf Zucker in der Zuckerfabrik und Eaffinerie Aarberg AG handelt, erfolgt der Anbau auf Grund von Verträgen zwischen Fabrik und Pflanzern. Immerhin war es der Zuckerfabrik Aarberg dank vertraglicher Vereinbarungen mit dem Bund möglich, ihre Einrichtungen auszubauen und so die jährliche Verarbeitungsmenge, die um die Mitte der dreissiger Jahre nur 6000 bis 7000 Wagen betragen hatte, kräftig zu vermehren. Ab 1949 sind nun regelmässig 20000 bis 23 000 Wagen übernommen und verarbeitet worden. Trotzdem muss der Anbau wegen Erschöpfung der Verarbeitungskapazität kontingentiert werden. Für Eüben aus Vertragsanbau wird der Preis alljährlich auf Grund der Produktionskosten durch den Bundesrat festgesetzt. Bei allfälligen Verlusten, die der Zuckerfabrik aus der Verarbeitung der Eüben erwachsen, sollen diese soweit möglich zur Hälfte aus Eeserven der
Zuckerfabrik Aarberg gedeckt werden, und an den verbleibenden Eest leistet der Bund gemäss vertraglicher Garantie einen Zuschuss bis höchstens 3,6 Millionen Franken pro Jahr, wovon wiederum die Hälfte besondern Eückstellungen entnommen wird. Seit 1939 konnte aber das Unternehmen auf Bundeszuschüsse verzichten, da die Gestehungskosten sich nicht höher stellten als die Preise für eingeführten Zucker, einschliesslich Zoll und Abgaben für die Pflichtlagerhaltung.

Schon die dauernde Erhaltung des Ackerbaues im heutigen Umfang, namentlich aber dessen weitere Ausdehnung setzen aus Gründen des zweckmässigen Fruchtwechsels einen vermehrten Hackfruchtbau voraus. Diese For-

335 derung kann zur Hauptsache nur durch einen vermehrten Anbau von Zuckerrüben erfüllt werden, wozu es aber einer zweiten Zuckerfabrik bedarf. Die mit dieser Frage betraute Studienkommission hat am 21. September 1955 ihren Schlussbericht eingereicht, der nun den Kantonen und Wirtschaftsverbänden zur Stellungnahme übermittelt worden ist.

6. Der Anbau von Eaps Während des Krieges musste der vordem fast völlig aufgegebene, zur Gewinnung von Speiseöl bestimmte Eaps pflichtmässig angebaut werden. Die Fläche, die im Jahre 1945 mehr als 8500 ha betragen hatte, ging nach Kriegsende innert weniger Jahre auf 1600 ha zurück. Der Eaps hat in der Fruchtfolge ebenfalls die Stellung. einer Hackfrucht, und er verdient schon deshalb die nötige Beachtung. Namentlich aber zur Sicherung einer genügenden Anbaubereit'schaft für die hinsichtlich Anbau, Pflege und Ernte heikle Kultur ist die Anbaufläche, für welche die Abnahme der Ernte zu einem kostendeckenden Preis garantiert wird, 1951 auf 2500 ha, dann auf 3000 ha-und zuletzt im Jahre 1954 auf 5000 ha erhöht worden. Die für die Gewährung eines kostendeckenden Preises erforderlichen Zuschüsse sind beim Eaps besonders gross; sie betragen zurzeit je kg abgelieferte Saat zirka 45 Eappen bzw. je Liter Eapsöl ungefähr l Franken oder je ha etwa 800 Franken. Die Erträge sind wegen der zahlreichen Schädlinge und starker Abhängigkeit von der Witterung ziemlich grossen Schwankungen ausgesetzt. Im Durchschnitt ist bei einem Anbau von 5000 ha mit jährlichen Übernahmemengen von etwa 800 Wagen und Verwertungszuschüssen des Bundes von rund 4 Millionen Franken zu rechnen.

7. Der Gemüsebau Bei der Gemüseproduktion ist ebenfalls eine bemerkenswerte Entwicklung nach Fläche und Hektar-Erträgen festzustellen. Anlässlich der Betriebszählung 1929 betrug die Anbaufläche 7840 ha, 1939 = 9282 ha, 1945 = 17 762 ha, und bis 1950 erfolgte wegen des seither eingetretenen Verbrauchsrückganges ein Abbau auf 11 406 ha. Die jährliche Gemüseernte ist von 22 000 Wagen (1931) auf 31 000 Wagen (1950-1954) gestiegen.Der Inlandbedarf wird in der Eegel mit der jeweils verfügbaren Ernte zum sofortigen Verbrauch und, soweit es sich um lagerfähige Gemüsearten handelt, auch für spätere Perioden gedeckt. Es gibt aber auch Zeiten, wo bestimmte Gemüse aus der einheimischen Produktion nicht verfügbar sind und für
die Versorgung des Landes eingeführt werden müssen. Der Import wird nach dem sogenannten Dreiphasensystem geregelt, und für die Verwertung des gleichartigen Inlanderzeugnisses kann von Fall zu Fall auch das Leistungssystem zur Anwendung kommen. Gewisse Möglichkeiten einer Ausdehnung des inländischen Anbaues bestehen bei Drescherbsen und Bohnen zur Herstellung von Konserven.

Ein besonderes Augenmerk verdient der Anbau von Tomaten. Die frühe Tessiner Ernte begegnet in der Eegel keinen ernsteren .Verwertungsschwierig-

336

keiten. Im Kanton Wallis, wo die Ernte später erfolgt, ist der Anbau in den letzten Jahren so kräftig ausgedehnt worden, dass je nach Erntezeitpunkt und je nach der von der Witterung ziemlich abhängigen Nachfrage mehr oder weniger grosse Überschüsse entstehen können. Es sollte daher, ähnlich wie bei andern Gemüsearten, auch bei den Tomaten eine bessere Übereinstimmung zwischen Anbau und Normalverbrauch hergestellt werden.

8. Der O b s t b a u Gemäss den Zielsetzungen des revidierten Alkoholgesetzes werden Jahr um Jahr bedeutende Mittel zur Anpassung der Obstproduktion an die Absatzmöglichkeiten und zur Eationalisierung des Obstbaues zur Verfügung gestellt. Es werden die Aufklärung und die Werbung für Obst und Obstprodukte unterstützt, die Abgabe von Frischobst an Minderbemittelte und an die Bergbevölkerung verbilligt und die Herstellung von Obstkonzentraten und die brennlose Verwertung von Obsttrestern sowie der Export von Obst und Obsterzeugnissen gefördert. Zum erstenmal sind für die Verwertung der grossen Ernte 1954 an Tafeläpfeln gestützt auf das neue Landwirtschaftsgesetz Beiträge an die Kosten der Lagerhaltung und die Verwertung von Obstvorräten ausgerichtet worden. In den Bereich der wirtschaftlichen Massnahmen gehören ferner die Eegulierung der Einfuhren nach dem Dreiphasensystem'und, je nach Bedürfnis, die Verpflichtung der Importeure, sich an der Verwertung inländischer Überschüsse zu beteiligen.

Die schweizerische Obsternte, die im Mittel der Jahre 1921-1940 55110 Wagen (davon 51 780 Wagen Kernobst) betragen hatte, erreichte im Durch- schnitt der Jahre 1950-1954 84040 Wagen (davon 74600 Wagen Kernobst).

Zudem hat eine bedeutende Ausdehnung des Obstbaues in andern europäischen Ländern stattgefunden, so dass in Zukunft trotz Zunahme des Früchtekonsums sowohl die Verwertung im Inland als. namentlich auch der Obstexport steigenden Schwierigkeiten begegnen dürfte. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als eine noch stärkere Eeduktion des Obstbaumbestandes vorzunehmen und in der Anlage weiterer Erwerbsobstplantagen sehr zurückhaltend zu sein.

Bei Grossernten hat die Verwertung der Aprikosenernte verschiedentlich Schwierigkeiten verursacht. Die Ernte aus südlichen Ländern kommt früher auf den Markt als die inländische, und es bedarf jeweils einer rechtzeitigen Aufklärung der Konsumenten
über die Grosse der zu erwartenden Inlandernte.

Es ist geboten, in bezug auf die Ausdehnung der Aprikosenkulturen Zurückhaltung walten zu lassen und der Qualitätsproduktion noch vermehrte Beachtung zu schenken.

9. Der Weinbau Die Eebfläche, die 1894 noch 31 553 ha betragen hatte, war als Folge ungünstiger Erntejahre und mangelnder Wirtschaftlichkeit bis 1914 auf 21 352 ha und bis 1930 auf etwa 12 400 ha zurückgegangen. Seither hatte wieder eine

337

gewisse Ausdehnung auf 13 394 ha stattgefunden, und zwar vorwiegend im Zusammenhang mit den umfassenden Bodenmeliorationen im Wallis. In·zwischen ist gemäss den offiziellen Weinerntedeklarationen wieder eine etwelche Eeduktion auf 1^ 139 ha (1955), also um 255 ha, vorgenommen worden.

Die mittleren Erträge je ha sind von 27,2 hl (1911-1920) auf 39,2 hl (19211930), 42,5 hl (1931-1940), 62,2 hl (1941-1950) angestiegen und betrugen 19511954 ebenfalls etwas über 62 hl. Diese Zunahme ist vorab die Folge der Ausschaltung wenig ergiebiger Lagen, der besseren Pflege, der Heranzuoht leistungsfähigerer Sorten und der wirksameren Schädlingsbekämpfung. Die Erträge des Weinbaues sind aber nach wie vor in starkem Masse von den Witterungseinflüssen abhängig.

Die Einfuhr von Naturwein in Fässern, die 1913 noch ein Ausmass von .

1,65 Millionen hl hatte, ging bis 1938 auf 915 000 hl zurück und betrug 1954 954000 hl. Der jährliche Weinkonsum je Kopf der Bevölkerung hat sich von 88 Litern um die Jahrhundertwende auf 38 Liter in den letzten Jahren vermindert. Bemerkenswert 'ist schliesslich, dass vom Konsum etwa 37,5 Prozent auf Weisswein und 62,5 Prozent auf Rotwein entfallen, während im Durchschnitt der letzten 10 Jahre die schweizerische Weinernte sich im umgekehrten Verhältnis aus etwa 74 Prozent Weisswein und nur aus 26 Prozent Botwein zusammengesetzt hat.

Die wichtigsten Massnahmen gemäss Landwirtschaftsgesetz betreffen einmal die Förderung der Qualität (Sortenwahl, Weinlesekontrolle, Abstufung der Preise), die Anlage eines Bebbaukatasters, mit dem die für die Weinproduktion geeigneten Bebgebiete bezeichnet und abgegrenzt werden, die Ausrichtung von Beiträgen für die Erneuerung der Bebberge mit besonderer Begünstigung der Anpflanzung von Botweinsorten und die Unterstützung des Bodens von Beben in ungeeigneten Lagen (Zone C). Eine grosse Bedeutung kommt der vermehrten Umstellung von weissem auf rotes Gewächs guter Qualität zu. Dabei handelt es sich allerdings um eine langfristige Massnahme, da ein Bebberg in der Begel erst nach 20 bis 25 Jahren wieder erneuert werden muss und die Erneuerung recht kostspielig ist. Ferner stehen junge Botwein-Beben von Sorten wirklich guter Qualität, die sich für bisherige Weissweinlagen eignen, erst seit wenigen Jahren in grösserer Anzahl zur Verfügung. Im Jahre 1954 wurden
z.B. in der Westschweiz 182 ha Bebberge erneuert, und davon sind 35 Prozent, d. h. 63 ha auf rotes Gewächs umgestellt worden. Ferner sind schon im ersten Jahr nach Inkrafttreten der .neuen gesetzlichen Bestimmungen 132 ha Beben in der Zone C gerodet worden, und für das zweite Jahr stehen weitere Anmeldungen für etwa 70 ha in Aussicht.

Die Erhebungen für den Bebbaukataster sind abgeschlossen. Gegen die erfolgte Einteilung gingen jedoch zahlreiche Einsprachen ein, über die in den nächsten Monaten entschieden wird.

Für die Verwertung der Ernten werden alljährlich besondere Aktionen für den Absatz von Tafeltrauben und für die Herstellung von alkoholfreiem Traubensaft durchgeführt. Zur vorübergehenden Entlastung des Wein-

338

marktes besteht die Möglichkeit der Blockierung gewisser übergrosser Lager und deren Bevorschussung mit Krediten zu niedrigem Zinsfuss. Die WeinEinfuhr wird beschränkt, so lange sie den Absatz inländischer Weine zu angemessenen Preisen gefährdet. Ferner kann der Bundesra^ je nach Grosse der Vorräte und der jeweiligen Ernten die Importeure verpflichten, im Bahmen des Leistungssystems, d. h. in zumutbarem Verhältnis zu ihren Einfuhren, inländische Überschüsse handelsüblicher Qualität zu übernehmen.

Es ist auch möglich, die Übernahme auf freiwilliger Grundlage zu organisieren. Überdies steht es in der Kompetenz des Bundesrates, für die einheimischen Eebbauerzeugnisse - unter Berücksichtigung der Qualität und der Grosse der Ernte - Eichtpreise festzusetzen. Die Eichtpreise haben den Charakter von Empfehlungen und sollten im langjährigen Durchschnitt die Produktionskosten rationeller Betriebe decken; sie bilden aber auch die Basis für die Bewertung von Weinvorräten bei der Blockierung und für die im-Falle von Übernahme-Aktionen den Produzenten für gute Qualitäten zukommenden Preise. Für weniger gute Qualitäten werden entsprechende Preisabzüge gemacht. Im Falle'von Verwertungs-Aktionen wird die Differenz zwischen dem Produzentenpreis und dem vom Importeur zu bezahlenden Übernahmepreis aus dem Eebbaufonds, d. h. aus den auf eingeführtem Wein und Weinmost erhobenen Abgaben gedeckt. Seit Inkrafttreten des Weinstatutes, d. h. in den Jahren 1954 und 1955, sind auf diese Weise Übernahme-Aktionen auf freiwilliger Grundlage im Umfang von 104 000 hl bzw. 92 000 hl durchgeführt worden, die zu Lasten des genannten Fonds Ausgaben im Betrage von 4,48 Millionen Franken bzw. 5,5 Millionen Franken (approximativ) im Gefolge hatten. Von diesen Massnahmen sind Eebbauerzeugnisse ausgeschlossen, deren Qualität ungenügend ist. Schliesslich fördert der Bund auch die Ausfuhr inländischer Weine und Traubensäfte.

Zur Deckung der dem Bund erwachsenden Kosten wird bei der Einfuhr von Wein und Weinmost der Zolltarif-Nummern 117 a^b2 eine Abgabe von zurzeit 8 Franken je 100 kg brutto erhoben.

D. Die viehwirtschafüiche Produktion 1. Viehzucht und Viehabsatz Die Viehzucht ist seit Jahrzehnten durch Bund und Kantone in besonderm Masse unterstützt worden und zwar mit Eücksicht auf unsere vorwiegend viehwirtschaftliche Produktion,
die Exportinteressen und die ausschlaggebende Bedeutung für die meisten Berggebiete. Angesichts der bemerkenswerten Durchschnittsleistungen des schweizerischen Viehbestandes in bezug auf die Milchproduktion und die Mastfähigkeit, aber auch des guten Eufes unserer Einderrassen im Ausland sind die Erfolge nicht ausgeblieben. Indessen kann es auch auf diesem Gebiete keinen Stillstand geben. Für eine noch vermehrte staatliche Hilfe hat das neue Landwirtschaftsgesetz die Voraussetzungen

339 geschaffen, indem es den Bund verpflichtet, zur Förderung der Eindvieh-, Schweine-, Ziegen- und Schafzucht jährlich einen Bundeskredit von mindestens der Höhe der gesamten für die gleichen Zwecke bestimmten Aufwendungen der Kantone festzusetzen. Damit ist dieMöglichkeit geboten, dieLeistungsprüfuhgen, als Voraussetzung für eine Zucht nach wirtschaftlichen Grundsätzen, und andere Förderungsmassnahmen stärker als bis anhin zu unterstützen. Für die Pferdeund Maultierzucht sowie für die Kleintierzucht können die Bundesbeiträge unabhängig von den Leistungen der Kantone festgesetzt werden, und bereits sind auf Grund des bisherigen Eechtes zugunsten der Pferdezucht namhaft höhere Zuwendungen zugesichert worden.

Vermehrte Beihilfen sollen namentlich den Berggebieten, für welche die Einnahmen aus Verkäufen von Nutz- und Zuchttieren entscheidende Bedeutung haben, zukommen. Die Arbeiten für die neuen Tierzuchtverordnungen auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes, als Voraussetzung für die stärkere Zuchtförderung, sind im Gang und sollen baldmöglichst abgeschlossen werden.

Der Bund unterstützt aber auch den Viehabsatz aus Berggebieten. Von grosser Bedeutung ist namentlich die Förderung des Nutz- und ZuchtviehExportes, der angesichts der bestehenden grossen Preisdifferenzen ohne Überbrückungsbeiträge nicht aufrechterhalten werden konnte.

Um im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes die erschwerten Produktionsund Lebensbedingungen in den Berggebieten besonders zu berücksichtigen, erachten wir die Förderung von Viehzucht und Viehabsatz als die entscheidende Massnahme. Vermehrte Anstrengungen sind aber -auch von der Züchterschaft selbst zu fordern, und Vorbedingung für eine wirkliche Hilfe ist ferner die anhaltende Solidarität der Bauern mit günstigeren und vielseitigeren Produktionsmöglichkeiten gegenüber den bergbäuerlichen Viehzüchtern beim Bezug von jungen Nutz- und Zuchttieren.

2. M i l c h p r o d u k t i o n und Milchverwertung Auf keinem Gebiet der landwirtschaftlichen Produktion und der Verwertung der Erzeugnisse sind die Massnahmen des Bundes und die von den Organisationen getroffenen Anforderungen so vielfältig und weitreichend wie in der Milchwirtschaft. Gleichzeitig mit den immer grösseren Milcheinlieferungen stiegen auch die Verwertungsschwierigkeiten. Es ist durchaus richtig, die Milchleistungen
der Kühe durch Zuchtwahl, zweckmässigere Fütterung und gesundheitliche Sanierung zu verbessern und so ein weiteres Ansteigen der Produktionskosten zu massigen; aber dafür sollte auch eine vermehrte Anpassung der Kuhzahl an die Absatzmöglichkeiten viehwirtschaftlicher Erzeugnisse stattfinden. Sehr wichtig ist sodann ein ausreichender Inlandkonsum an Milch und Milchprodukten, sowie die Vermehrung der Ausfuhr von Käse und andern Milcherzeugnissen.

Aus jüngerer Zeit nennen wir die Bemühungen zur Qualitätsverbesserung einmal durch die Sanierung der Viehbestände und überdies durch die Handhabung der Vorschriften des Milchlieferungsregulatives und die Bezahlung der Konsum-

340

milch nach Qualität. Wirtschaftlich bedeutsam ist die Festsetzung der MilchGrundpreise jeweils für i/o oder l Jahr, verbunden mit der Sicherung von Übernahme und Verwertung aller durch die Produzenten an Sammelstellen eingelieferten Milch guter Qualität. Es werden auch Massnahmen getroffen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Konsummilch zu gewährleisten und einen kostensparenden Vertrieb innezuhalten. Gestützt auf den Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953, wird die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte zur Verbilligung der Konsummilch in Mangelgebieten und Bevölkerungszentren weitergeführt.

Im Interesse der zweckmässigsten Milchverarbeitung ist gemäss Milchbeschluss vom 29. September 1958 der Käsefabrikation und der industriellen Verarbeitung der Vorrang vor der Herstellung von Butter einzuräumen. Es geschieht dies, weil der hohe Stand der Käsefabrikation es ermöglicht, einen bemerkenswerten Teil der Produktion zu angemessenen Preisen zu exportieren, während auf der andern Seite beste Tafelbutter zu Preisen eingeführt werden kann, die wesentlich unter den Kosten einheimischer Butter liegen.

Bei der Butter ist die Einfuhr bei der BUTYEÂ (Schweizerische Zentralstelle für Butterversorgung) zentralisiert, und es wird nur im Eahmen des tatsächlichen Bedarfes importiert. Dagegen ist die Einfuhr von Käse im Eahmen der OECE-Verpflichtungen liberalisiert.

Hinsichtlich der Grosse der M i l c h p r o d u k t i o n ist vorab an die schon während der dreissiger Jahre eingetretene starke Zunahme der Einlieferungen und die damit entstandenen Verwertungsschwierigkeiten zu erinnern. Die Kuhbestände waren 1933/1934 auf rund 920 000 Stück angewachsen, und die jährlichen Milcheinlieferungen stiegen bis auf 19,5 Millionen q. Zur Förderung des Absatzes sah sich der Bund, in Zusammenarbeit mit den milchwirtschaftlichen Organisationen, zu fortgesetzten Hilfs- und Stützungsaktionen genötigt. Schon damals erfolgte eine Beschränkung und Belastung der Kraftfutter-Importe, ferner eine Kontingentierung der Milcheinlieferungen, zum Teil in Verbindung mit abgestuften Preisen, und trotzdem war es nicht mehr möglich, die Produktionskosten voll zu decken. Wie aus der Tabelle auf Seite 327 hervorgeht, gelang es dann gegen Ende der dreissiger Jahre, die Einlieferungen wieder einigermassen zu normalisieren. Eine starke
Verminderung des Kuhbestandes bis auf 802 000 Stück trat während der Kriegszeit ein; bis 1952 erhöhte er sich aber erneut auf 911 000 Stück. Damit war die kritische Grenze bereits wieder überschritten.

Wohl war dann in der Folge dank der Ausmerzung von Tuberkulose-Eeagenten und der zusätzlichen Verwertung von Schlachtvieh eine Eeduktion um 23 000 Stück möglich. Die M i l c h e i n l i e f e r u n g e n , die sich von 14,7 Millionen q bei Kriegsende auf 18,7 Millionen q im Jahre 1952 erhöht hatten, nahmen aber trotzdem weiter zu und erreichten 1954 das früher nie erzielte Maximum von 20,3 Millionen q.

Diese jüngste Entwicklung war auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, einmal auf den verminderten Milchverbrauch im Haushalt und Betrieb der Produzenten (Rückgang der bäuerlichen Bevölkerung) und für die Kälber-

341 fütterung (zahlenmässig geringere Aufzucht), ferner auf die reichliche Versorgung mit Bauhfutter und nicht zuletzt auf die Verbesserung des durchschnittlichen Leistungsvermögens der Kühe. Gegenüber den letzten Vorkriegsjahren dürften nämlich die mittleren Milcherträge je Kuh und Jahr um etwa 250 bis 800 kg, d.h. um 10 Prozent zugenommen haben. Eine weitere Steigerung kann übrigens in Anbetracht der vermehrten Zucht auf Leistung und der gesundheitlichen Sanierung der Bindviehbestände auch in Zukunft erwartet werden. Diese steigende Tendenz ist nicht nur bei uns festzustellen. So lag in allen übrigen Mitgliedstaaten der OECE (ausgenommen Schweden) die Milchproduktion um 12 Prozent über derjenigen der unmittelbaren Vorkriegsjahre. Seit einiger Zeit wird mit einer jährlichen Zunahme um etwa 2 Prozent gerechnet, während sich die Bevölkerung nur um durchschnittlich l Prozent vermehrt. Absatzstockungen lassen sich somit nur durch einen höheren Konsum an Milch und Milchprodukten vermeiden.

In unserm Lande hat der V e r b r a u c h an Trinkmilch je Kopf der Bevölkerung von 243 Litern im Mittel der Jahre 1936/1940 auf 212 Liter 1954 abgenommen. Nach den provisorischen Zahlen des Jahres 1955 scheint nun ein weiterer Bückgang nicht mehr eingetreten zu sein, und es ist nicht ausgeschlossen, dass die ständigen Bemühungen um die qualitative Verbesserung der Milch doch wieder zu einer Vermehrung des Milchkonsums Anlass geben. Bemerkenswert ist neben der erfreulichen Nachfrage für Yoghurt der zunehmende Verbrauch an Konsumrahm, der im Jahre 1954, auf Milch umgerechnet, 18 Liter pro Kopf der Bevölkerung betragen hat. Der Käseverbrauch hat von 8,4 kg in der Periode 1936/1940 auf 7,3 kg im Jahre 1954 abgenommen; seither ist eher wieder eine leichte Zunahme eingetreten. Was schliesslich die Butter anbetrifft, so betrug der Verbrauch im Mittel der Jahre 1936/1940 6,5 kg, 1953 = 6 kg und 1954 = 6,2 kg.

. In verschiedenen west- und nordeuropäischen Ländern ist ein vermehrter Ersatz der Butter durch Margarine festzustellen, was eine stärkere Umstellung von der Butter- auf die Käsefabrikation zur Folge hat. In diesen Ländern ist die Butterproduktion seit der Vorkriegszeit nur um 6 Prozent, die Käsefabrikation aber um 30 Prozent gestiegen. Die Überschussgebiete bemühen sich daher auch, in immer grösserem Ausmasse Käse
zu exportieren, was die ohnehin bestehenden Schwierigkeiten der schweizerischen Käseausfuhr noch erhöht. So ist es verständlich, dass die auch bei uns stark entwickelte Propaganda für Margarine die milchwirtschaftlichen Kreise beunruhigt.

Was nun speziell die Produktions- und A b s a t z v e r h ä l t n i s s e in den Jahren 1953 und 1954 anbetrifft, die zu einer Senkung des Produzenten-Milchpreises per I.Mai 1954 Anlass gegeben hatten, müssen wir an die bereits gemachte Feststellung erinnern, wonach damals bei den Milcheinlieferungen die Grenze von 20 Millionen q erstmals überschritten worden war. Der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten bemühte sich anfänglich im Einvernehmen mit der Schweizerischen Käseunion AG und den beteiligten Organisationen der Käser und des Käsehandels, die Verwertung über eine zusätzliche Käsefabrikation zu bewerkstelligen. Indessen Hess die Qualität zum Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

24

342 Teil zu wünschen übrig, und es war auch nicht möglich, die grössere Produktion auf normalen Wegen abzusetzen. Das Programm für die Käsefabrikation musste deshalb wieder eingeschränkt und umso mehr Butter hergestellt werden. Ferner sah sich die Käseunion zur Verwertung der beträchtlichen Käselager genötigt, grössere Partien auf Blockkäse umzuschmelzen und stark verbilligt abzugeben.

Weitere Mengen konnten an Schachtelkäsefabriken im Ausland abgestossen werden. Trotzdem waren Ende April 1954 noch 1038 Wagen Käse auf Lager, gegen nur 530 Wagen am 30. April 1953.

Die grössere Butterfabrikation veranlasste die BUTYEA, die Butter- · Importe anfangs Januar 1954 gänzlich einzustellen. Weil aber die laufende Produktion grösser war als der Bedarf, erhöhten sich die Buttervorräte bis Ende April auf 278 Wagen (1953 = 98 Wagen).

Der Bundesrat musste sich auch Kechenschaft geben über die f i n a n z i e l l e n A u f w e n d u n g e n zur Verwertung der eingelieferten Milch und der Milchprodukte. Dabei waren folgende Verhältnisse zu berücksichtigen : Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte. Gemäss Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 hat diese Preisausgleichskasse nach Möglichkeit zur Tiefhaltung des Milchpreises für die Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzentren beizutragen. Zu diesem Zwecke leistet sie namentlich Beiträge an die Sammel-, Transport- und Verteilungskosten für Konsummilch.

Zur Finanzierung dienen - in Abweichung von Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes - die Erträgnisse der Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm, sowie der Zollzuschlag auf Butter. Im Voranschlag 1954 war mit Einnahmen von 12,15 Millionen Franken (davon allein 6 Millionen Franken aus Butter-Importen) und Ausgaben von 14,8 Millionen Franken gerechnet worden. Nachdem aber für absehbare Zeit Buttereinfuhren nicht mehr erwartet werden konnten, wäre das Defizit ohne Senkung des Produzenten-Milohpreises und unter Berücksich- · tigung etwelcher Kostenreduktionen auf über 7 Millionen Franken gestiegen.

Eine Erhöhung des Konsummilchpreises, um die Preisausgleichskasse zu entlasten, konnte aber in einer Zeitperiode, wo man wegen, grösser Milcheinlieferungen einen steigenden Konsum begünstigen sollte, nicht in Erwägung gezogen werden.

BUTYRA. Dieser kommt die Aufgabe zu, die Buttereinfuhr zu regeln, ohne den Absatz
der Inlandbutter zu behindern, ferner die Differenz zwischen den Gestehungskosten der Importbutter und dem vom Bundesrat festgesetzten Engros-Verkaufspreis dem Bund abzuliefern und allfällige Überschüsse an inländischer Butter zu verwerten. Der Bund stellt der BUTYEA die notwendigen Mittel zur Verfügung, um die Inlandbutter unter den Gestehungskosten abzugeben.

Im Geschäftsjahr 1953/1954 betrugen die Gesamtausgaben 16,53 Millionen Franken, wovon auf die Zuschüsse für Tafelbutter 12,13 Millionen Franken und auf die Kosten für die Verwertung der Butterüberschüsse 4,09 Millionen Franken entfielen. Aus Butter-Importen ergab sich ein Ertrag von 10,5 Millionen'Franken,

343

und der Bund musste ein Defizit von 5,98 Millionen Franken aus der «Eückstellung für Milch und Milchprodukte» decken.

Für das Milchjahr 1954/1955 und bei gleich bleibenden Verbilligungsbeiträgen für Tafelbutter, sowie einer vorübergehenden Kochbutteraktion veranschlagte die BUTYEA die Gesamtaufwendungen'auf rund 22 Millionen Franken.

An eine Erhöhung des Butterpreises war schon deshalb nicht zu denken, weil der jährliche Butterkonsum je Kopf der Bevölkerung erst 6 kg gegen 6,5 kg vor dem Kriege erreicht hatte und überdies eine stark vermehrte Propaganda für Margarine entwickelt wurde.

Käseverwertung. Die Schweizerische Käseunion AG sah für das Geschäftsjahr 1953/1954 einen Verlust von rund 7 Millionen Franken voraus, für dessen Deckung nur Eeserven »von 2,5 Millionen Franken verfügbar waren.

Entlastungsmöglichkeiten ausser einer Senkung der Einsfandskosten standen nicht in Aussicht.

Wohl hatte sich der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten bereit erklärt, im Falle eines unveränderten Grundpreises seine Mitglieder zu verpflichten, während des Milchjahres 1954/1955 pro Liter Milch % Eappen in einen Sanierungsfonds einzuzahlen, was ungefähr 10 Millionen Franken eingebracht hätte. Dabei war man sich über die Schwierigkeiten des Einzuges von vorneherein im klaren.

Nach gründlicher Prüfung der Verhältnisse entschloss sich der Bundesrat, vorderhand für das Sommerhalbjahr 1954 den Grundpreis von 39 auf 88 Eappen je kg/l Milch zu senken, die Verkaufspreise für Konsummilch, Eabm, Tafelbutter und Käse aber unverändert zu belassen. Auf diesem Wege war es möglich, die Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm zugunsten der Preisausgleichskasse zu erhöhen und sowohl die BUTYEA als auch die Käseunion wegen der etwas niedrigeren Einstandspreise für Butter und Käse zu entlasten.

Der Bundesrat erklärte sich weiter bereit, namhafte Mittel zur Liquidation der grossen Buttervorräte und zur Verwertung der laufenden Produktion beizusteuern. Tatsächlich gelang es, die Schwierigkeiten, allerdings unter Aufwondung erheblicher öffentlicher und privater Gelder, zu beheben. Wirksam war namentlich die Abgabe verbilligter Kochbutter, von der im Milchjahr 1954/55 606 Wagen gegen nur 241 Wagen im Vorjahr abgesetzt werden konnten.

Im Herbst 1954 gingen die Milcheinlieferungen allmählich wieder zurück, und eine weitere
Abnahme war für den Winter zu erwarten. Ferner hatten sich .

die Butter- und Käsevorräte normalisiert, und es war der F UTYEA auch wieder möglich geworden, die Butterimporte aufzunehmen. Der Bundesrat machte daher auf den I.November 1954 die Senkung des Produzenten-Milchpreises rückgängig.

Die verschiedenen im Milchjahr 1954/55 getroffenen Massnahmen ergaben folgende Abrechnungen:

344

Preisausgleichskasse (Kalenderjahr 1954) Abgabe auf Konsummilch .

Abgabe auf Eahm Zollzuschlag auf Butter . .

Verschiedenes

Ertrag

M*»**7,267 2,977 1,907 0,003 12,154

Defizit zu Lasten des Bundes

0,739

BUTYKA (Milchjahr 1954/55) Nettoertrag auf Importbutter

5,165

Aufwand MÌO Fr.

Zuschüsse für Konsummilch 12,895 Andere Ausgaben . . . .

0,498

12,893

Verbilligung Tafelbutter .

Verbilligung Kochbutter .

Andere Ausgaben . . . .

5,165 Defizit zu Lasten des Bundes Käseverwertung (Milchjahr 1954/55) Bruttoertrag Verschiedenes

17,073

2,232 0,051 2,283

Defizit zu Lasten der H a n d e l s f i r m e n . . . .

des Zentralverbandes Milchproduzenten . . .

9,020 12,899 0,319 22,238

Gesamtaufwand

5,147 5,147

0,692 2,172

Gesamthaft hatten demgemäss der Bund Defizite von 17,81 Millionen Franken und die beteiligten Organisationen und Firmen von 2,86 Millionen Franken zu decken. Die Milchproduzenten büssten über das Sommerhalbjahr 1954 zufolge der Reduktion um l Eappen pro Liter Milch etwa 11,7 Millionen Franken ein. Wegen der grösseren Produktion waren aber die Einnahmen aus Milchverkäufen im Kalenderjahr'1954 trotzdem um 24 Millionen Franken höher als im Vorjahr. Es ist noch festzuhalten, dass ohne die Zuweisung namhafter Erträge von Abgaben an die Preisausgleichskasse Milch, d. h. bei voller Anwendung von Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes es möglich gewesen wäre, die Verluste des Bundes von 17,8 auf 4,9 Millionen Franken zu reduzieren.

345 Für das Mile h jähr 1955/56 setzte der Bundesrat den Milch-Grundpreis wiederum auf 39 Eappen je kg/l fest. Dank der Zuschüsse aus der Preisausgleichskasse Milch konnten die Preise für Konsummilch und mit Hilfe von Verbilligungsbeiträgen die Preise für Tafel- und Kochbutter stabil gehalten werden. Dagegen war eine Erhöhung des Käsepreises um 20 Eappen je kg nicht mehr zu vermeiden, weil es eine ungebührliche Härte bedeutet hätte, die Deckung der grossen Verluste aus der Käseverwertung weiterhin allein den beteiligten Wirtschaftsgruppen zuzumuten. Trotzdem wird es auch im laufenden Milchjahr nicht möglich sein, den Käsemarkt selbsttragend zu gestalten; daher ist im Sinne des Sogenannten Käse/Butter-Planes, der eine nochmalige Erweiterung der Käsefabrikation und eine Steigerung des preisgünstigen Importes/ von Butter ermöglichen soll, eine Lösung zu suchen, die eine ausgeglichenere Verrechnung von Erträgen und Verlusten erlaubt.

Es ist auch immer wieder daran zu erinnern, dass die Weiterführung der Preisausgleichskasse Milch den Massnahmen zur Verbilligung und Absatzförderung von Butter und Käse, wie sie in Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes und auch im Milchbeschluss vorgesehen sind, namhafte Mittel entzieht. Solange diese Verhältnisse nicht geändert werden können, bleibt nichts anderes übrig, als gestützt auf Artikel 25 des Landwirtschaftsgesetzes (Verhinderung eines Preiszusammenbruches) und Artikel 24 (Förderung der Ausfuhr) zusätzlich zu Artikel 26 die erforderlichen Mittel bereitzustellen.

3. P r o d u k t i o n und V e r w e r t u n g von Schlachtvieh Vom jährlichen Endrohertrag der schweizerischen Landwirtschaft entfallen rund 35 Prozent auf die Milchproduktion und etwa 32 Prozent auf die Rindvieh- und Schweinemast. Da diese Betriebszweige zusammen also ungefähr zwei Drittel des Erlöses für die verkauften Erzeugnisse ausmachen, ist ihre entscheidende Bedeutung für die Gesamtlage der Landwirtschaft unschwer zu erkennen. Wie bei der Milchverwertung, ist der Absatz von Schlachtvieh um so leichter und regelmässiger, je mehr die Anlieferungen der Aufnahmefähigkeit des Marktes entsprechen. Es werden deshalb gemäss Schlachtviehordnung vom 30. Dezember 1953 eine Eeihe von Massnahmen von einer geregelten Produktion abhängig gemacht. Darnach sollte diese nicht mehr als 90 bis 95 Prozent des
Bedarfes decken. Um diesem Ziel näherzukommen, werden die Viehhalter über den zu erwartenden Produktionsverlauf rechtzeitig orientiert und die geeigneten Eichtlinien herausgegeben. Bei der Festsetzung der Eichtpreise werden genügende Schwankungsbreiten nach unten und nach oben eingeräumt, die der Entwicklung der Marktpreise einen ziemlich weiten Spielraum offen halten und es ermöglichen, den jeweiligen Verhältnissen zwischen Angebot und Nachfrage Eechnung zu tragen. Übersteigt die Erzeugung in starkem Masse die Aufnahmefähigkeit des Marktes, so können mit Zustimmung des Bundesrates bei der Verwertung von Überschüssen auch Preise zur Anrechnung kommen, die unter der tiefsten Eichtpreisgrenze liegen. Zur Erhaltung einer guten Marktordnung

346

finden regelmässig Schlachtviehmärkte statt, an denen für die aufgeführten Tiere den Produzenten der Absatz zu den jeweils geltenden Richtpreisen gewährleistet wird.

Die Einfuhren von Schlachtvieh und Fleisch werden laufend dem durch die inländische Erzeugung nicht gedeckten Bedarf angepasst. Die Importeure sind verpflichtet, bei der Verwertung von Überschüssen mitzuwirken, und zwar wegen der in der Schlachtviehproduktion nicht vermeidbaren Schwankungen nicht nur im Verhältnis zu den mittleren Einfuhren des betreffenden Jahres, sondern einer mehrjährigen Periode. Zur Erleichterung der Überschussverwertung und für die zahlreichen weiteren Massnahmen laut Schlachtviehordnung haben die Importeure finanzielle Rückstellungen vorzunehmen. Für die praktische Durchführung der verschiedenen Vorkehren besteht eine aus den Organisationen der Produzenten, Händler und Metzger geschaffene Schweizerische Genossenschaft für Schlachtvieh- und Fleischversorgung (GSF), an deren Verhandlungen auch die Vertreter der Konsumenten und der interessierten Amtsstellen teilnehmen.

Die gesamte Ordnung ist nicht so einlässlich wie bei der Milchverwertung, aber doch so, dass unter dem Vorbehalt einer vernünftigen Produktionslenkung der Absatz der Schlachttiere zu angemessenen Preisen weitgehend gewährleistet ist.

In bezug auf die E n t w i c k l u n g und den gegenwärtigen Stand der S c h l a c h t v i e h p r o d u k t i o n , des Fleischverbrauches und der Preise stellen wir zunächst fest, dass die einheimische Fleischerzeugung (Geflügel und Wildbret nicht eingerechnet) 1936-1940 187 900 t, bei Kriegsende nur noch 119 700 t betragen hatte, im Jahre 1952 mit 188 600 t den Vorkriegsstand wieder erreichte. Schon im Frühjahr 1952 war ein Gesamt-Bindviehbestand von 1,68 Millionen Stück festgestellt worden, und auch das Angebot an Schlachtschweinen überstieg den normalen Bedarf. Da zudem die Dürrfutterernte 1952 etwa 50 000 Wagen unter dem langjährigen Durchschnitt lag, sah sich eine grosse Zahl von Viehhaltern genötigt, den übergrossen Bestand abzubauen und mehr als üblich Vieh an die Schlachtbank abzustossen. Zugleich kam im Blick auf die Sanierung der Viehbestände eine beschleunigte Ausmerzung von Tuberkulose-Eeagenten in Gang. Das beträchtliche Angebot fand schliesslich nicht mehr laufenden Absatz, und es mussten zusätzliche
Verwertungsmassnahmen angeordnet werden. Einmal wurden, um den Konsum anzuregen, die Schlachtvieh- und Fleischpreise herabgesetzt, Gefrierfleischlager angelegt, die Herstellung von Corned-beef-Konserven an die Hand genommen, und schliesslich sind mit Hilfe öffentlicher und privater Beiträge in der Zeit von Ende 1952 bis anfangs 1954 34000 Stück Schlachtvieh mit einem Fleischgewicht von etwas über 7000 t ausgeführt worden.

Mit diesen Massnahmen, gefolgt von einer Beschränkung der Aufzucht, konnte der Gesamt-Eindviehbestand innert zwei Jahren um rund 90 000 Stück reduziert und so auch normalisiert werden. Für 1956 steht indessen bereits wieder eine Überproduktion an Schlachtschweinen in Aussicht, und weil auch

347

die Kälberaufzucht zugenommen hat, dürfte sich in ca. 2 Jahren auch bei grossem Schlachtvieh ein Überangebot einstellen, wenn nicht in der Kälberaufzucht Mass gehalten wird und eine frühzeitige Ausmerzung wenig tauglicher Jungtiere erfolgt.

Aus der folgenden Tabelle ergibt sich die Entwicklung der Fleischprod u k t i o n und der Fleischeinfuhren seit den Vorkriegsjahren bis 1952/54: Inländische FleischProduktion ohne HausSchlachtungen und ohne Geflügel und Wildbret t %

T h Jahre

1936-1938 1952. . .

1953. . .

1954. . .

.

.

.

.

154000 167300 180500 179000

93,2 95,0 97,2 94,2

Finfnhr Einfuhr

Tntil Total

Fleischverbauch je Kopf und Jahr

t

%

t

kg

11200 12180 5259 11069

6,8 5,0 2,8 5,8

165200 176100 187100 190600

39,23 36,10 38,03 38,43

Im Jahre 1954 war demnach die inländische Fleischproduktion für die Marktversorgung um 25 0001 grösser als im Durchschnitt der Periode 1936-1938 ; davon entfielen allein 14 500 t auf Schweinefleisch. Der mit der Zunahme der Bevölkerung gestiegene Fleischbedarf ist somit in vollem Umfange der Inlanderzeugung zugute gekommen. Die Einfuhr war dagegen im Mittel der letzten 3 Jahre eher kleiner als vor dem Krieg. Im Jahre 1953 wäre es mit der einheimischen Produktion möglich gewesen, den vollen Fleischbedarf zu decken.

Die immerhin schon 1954 angebahnte und 1955 fortgesetzte Normalisierung der Angebote hatte im Vergleich zu 1953 eine allgemeine Festigung der Schlachtvieh- und damit auch der Fleischpreise zur Folge. Der Index der Kleinhandelspreise für Fleisch und Fleischwaren (1939 = 100) stieg von 197,1 (1953) auf 202,4 (1954) Punkte. Da gleichzeitig auch andere Preissteigerungen eintraten und der Landesindex der Konsumentenpreise von 169,8 (1953) auf 171 (1954) anstieg, stellte sich in den Kreisen der Konsumenten eine zunehmende Beunruhigung ein. Für eine objektive Beurteilung der Verhältnisse darf man indessen nicht nur die Preislage 1953 zum Vergleich heranziehen. Wir haben schon erwähnt, dass in jenem Jahre abnormale Verhältnisse vorlagen.

Es ist eine Eigenart 'der Schlachtviehproduktion, dass sie in mehrjährigen Perioden (bei den Schweinen etwa 3 Jahre, beim grossen Schlachtvieh rund 6 Jahre) ziemliche Schwankungen aufweist. Bei einer für die Produzenten günstigen Marktlage werden mehr Kälber aufgezogen, die Schweinezucht und -mast nehmen zu, und im Zeitpunkt, wo die Tiere schlachtreif werden, d. h.

nach 2 bis 3, bzw. l bis 1% Jahren kommt es leicht zu mehr oder weniger empfindlichen Überangeboten. Diese führen zu einem entsprechenden Druck auf die Preise, die Produktion'wird in der Folge wieder eingeschränkt, und nach 2 bis 3, bzw. l bis 1% Jahren kommt es wegen unzureichendem Angebot zu einer erneuten Festigung der Preise. Im Jahre 1953 war nun zufälligerweise sowohl bei grossem Schlachtvieh als auch bei den Schweinen ein Produktionsmaximum und der Druck auf die Preise bei mehr oder weniger allen Schlachtviehkategorien vorhanden. Die Landwirtschaft sollte sich vermehrt bemühen,

348

zu grosse Ausschläge nach oben und nach unten und damit auch die periodisch von der Preisseite her immer wieder eintretende Beunruhigung zu vermeiden.

Eine- staatliche Eegelung wäre sehr umständlich; sie wird übrigens auch-von der grossen Mehrzahl der Bauern abgelehnt.

Auffallend ist ferner der hohe Stand der Schlachtvieh- und Fleischpreise im Vergleich zu 1939. Es betrug der Kleinhandelsindex für Fleisch (gewogener Durchschnitt der verschiedenen Kategorien) im Jahre 1954 202,4 (1939 = 100), für die ganze Gruppe der Nahrungsmittel aber nur 188 Punkte.

Die Fleischpreise sind also mehr gestiegen als diejenigen der meisten andern Nahrungsmittel. Dies hängt'zum guten Teil mit der Unterbewertung von Schlachtvieh in den dreissiger Jahren zusammen. Die wirtschaftliche Parität zwischen der Schlachtvieh- und Milchproduktion ist dann vorhanden, wenn der Preis von la Schlachtrindern je kg Lebendgewicht das 7,5fache des ProduzentenMilchpreises beträgt. In den Jahren 1933 bis 1938 lag der Faktor aber nur bei 6,6, 1949 bis 1954 dagegen bei 7,5. In Artikel 30 des Landwirtschaftsgesetzes sind angemessene Preisparitäten zwischen den einzelnen landwirtschaftlichen Erzeugnissen vorgesehen, und es wäre nicht gerechtfertigt gewesen, die Viehmast gegenüber der Milchproduktion dauernd zu benachteiligen.

Aus der folgenden Zusammenstellung sind die behördlich festgesetzten Eichtpreise je kg Lebendgewicht und die Entwicklung der Schlachtviehpreise seit 1949 ersichtlich.

Vom Bundesrat bzw. EVD festgesetzteRichtpreise (1949-1954) 1949 Fr.

Fr.

la Rinder . 2.70-2 .75 2 .73 Wurstkühe 1.55 1.57 la Kälber .

·-- 4,.02 SchlachtSchweine 3.20-3,.65 3..47 (Mittel 3 .37)

Tatsächlich erzielte Durchschnittspreise 1950

1951

1952

1953

1954

Durchschnitt 1949/1954

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

2.71

2.79

1.53 4.03

2.66 1.37 3.90

2,.73 1.47 4 .14

2.74

1.47 3.85

2.79 1.61 4.04

3.07

3.36

3.33

3.01

3. 40

3.27

Fr.

1.50 4.00

Nach dieser Aufstellung haben die tatsächlich erzielten Produzentenpreise im Durchschnitt der Jahre 1949/54 die behördlich festgesetzten Richtpreise nicht überschritten. Vereinzelten Überhöhungen stehen auch Unterschreitungen gegenüber. Wenn bei schwindendem Angebot die Preise die Tendenz hatten, die obere Grenze zu überschreiten, wurden im Interesse eines korrigierenden Einflusses angemessene Einfuhren bewilligt. Im Herbst 1954 sind Importe an grossem Schlachtvieh und Schweinen freigegeben worden, bevor die zulässige obere Preisgrenze erreicht war.

349 Über die E n t w i c k l u n g der Fleischpreise und der Preise von Nebenerzeugnissen je kg orientiert folgende Übersicht: 1949 Fr.

la Ochsen-und Rindfleisch. . . 5.82 la Kuhfleisch 5.08 Binderfett, roh 2.15 la Kalbfleisch 7.81 Schweinefleisch zum Braten . . 7.20 Schweinefett 3.91

1950 Fr.

1951 Fr.

1952 Fr.

1953 Fr.

1954 Fr.

5.65 4.89 1.80 7.34 6.70 3.43

5.81 5.03.

1.95 7.56 7.15 3.61

5.98 5.09 1.83 7.65 7.20.

3.17

5.83 4.77 1.67 7.43 6.73 2.87

5.91 4.89 1.64 7.74 7.19 2.97

Dieser Zusammenstellung kann entnommen werden, dass die Preise für Eind-, Kuh- und Kalbfleisch im Jahre 1954 wohl höher waren als 1953, nicht aber im Vergleich zum Preisstand der Jahre 1949, 1951 und 1952. Ähnlich wie 1953, war ein Preisdruck schon 1950 vorhanden gewesen. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang auch der ständige Rückgang aus Fetterlösen, was -verständlicherweise die Gestehungskosten des Fleisches verteuert. Das gleiche gilt für die Erlöse aus Häuteverkäufen. Vergleicht man die Tabellen über die Schlachtvieh- und Fleischpreise, so wird man einen ziemlich gleichsinnigen Verlauf feststellen können. Um noch .besseren Einblick in die Schlachtvieh- und Fleischpreiskalkulationen zu bekommen, hat die Eidgenössische Preiskontrollkommission im Frühjahr 1955 eine Subkommission bestellt, die beauftragt ist, die Metzgermargen und die Berechnung der Fleischpreise zu untersuchen und die Handhabung der Schlachtviehordnung in bezug auf die Fleischpreise und unter Berücksichtigung der Konsumenteninteressen abzuklären; deren Bericht ist abzuwarten. Ferner soll eine Überprüfung der Kostenkalkulationen von Schlachtvieh stattfinden. Dass der Fleischkonsum massgeblich von der Höhe der Fleischpreise beeinflusst wird,- geht einmal mehr daraus hervor, dass der heutige Verbrauch je Kopf der Bevölkerung - trotz Vollbeschäftigung und guter Einkommensverhältnisse - jenen der Vorkriegsjahre noch nicht vollständig erreicht hat. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass Konsumgewohnheiten und neuzeitliche Auffassungen über die Ernährung den Fleischverbrauch unabhängig vom Preis -beeinflussen. Es sind auch Verschiebungen innerhalb des Fleischkonsums festzustellen, indem einmal eine grössere Nachfrage nach Wurstwaren besteht und zum andern den rasch zubereiteten Fleischstücken der Vorzug gegeben wird.

4. Ei&rproduUion und Eierverwertung Für die Verwertung der Inlandproduktion sind, in Fortsetzung bewährter Massnahmen, auch gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz die geeigneten Anordnungen getroffen worden. Um die bäuerliche Geflügelhaltung zu schützen, ist die Errichtung neuer und die Erweiterung bestehender Geflügelfarmen bewilligungspflichtig. Im ganzen Land bestehen Genossenschaften, welche Landeier, soweit sie nicht direkt abgesetzt werden können, zu den von der Eidgenössischen Preiskontrollstelle festgesetzten, saisonmässig variablen Preisen über-

350 nehmen. Zur Hauptsache erfolgt die Verwertung durch die Eierimporteure mit Unterstützung aus Mitteln der gemäss Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle bestehenden Preisausgleichskasse.

Hinsichtlich der Produktionsentwicklung sind zwei Feststellungen von besonderem Interesse, und zwar einmal die Stabilisierung der Leghühnerbestände auf 4,3 Millionen Stück (1938 = 4,0 Millionen) und ferner die steigenden durchschnittlichen Legeleistungen. Im Jahre 1938 betrug die mittlere Eierproduktion je Huhn und Jahr 106 Eier, 1954 dagegen 127 Eier. Dementsprechend haben die Gesamtproduktion von 424 auf 540 Millionen Stück und die Anlieferungen an den Markt von 228 auf 340 Millionen Stück zugenommen. Da die Einfuhr an Schaleneiern um etwa 18 Millionen Stück zurückgegangen ist, wird der Mehrbedarf völlig durch die landeseigene Produktion gedeckt. Es ist bemerkenswert, dass dieses Eesultat ohne Beschränkung der Einfuhr, sondern lediglich mit Hilfe des Leistungssystems, verbunden mit dem Preisausgleichsverfahren, erreicht werden konnte.

VI. Begelang der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse Die Lenkung der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Anpassung an den durch die einheimische Produktion nicht gedeckten Landesbedarf gehört zu den wichtigsten wirtschaftlichen Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes. Es soll durch den Import der Absatz der eigenen Erzeugnisse zu angemessenen, d. h. den Kosten entsprechenden Preisen nicht gefährdet werden.

Andererseits darf eine Beschränkung von Einfuhren nicht einen Mangel hervorrufen oder zu einer ungerechtfertigten Festigung der Preise Anlass geben. Ferner muss auf die in internationalen Vereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen Bücksicht genommen werden. Im wesentlichen bedeutet die Handhabung der Importvorschriften gemäss Landwirtschaftsgesetz die Fortsetzung analoger Massnahmen, wie sie seit Beginn der dreissiger Jahre und seither angeordnet wurden. , Die E n t w i c k l u n g der E i n f u h r e n wichtiger Erzeugnisse ergibt sich aus folgender Übersicht: 1930

Gemüse . . . . . Wagen 6130 Obst » 4040 Südfrüchte....

» 4630 Wein hl 1 159 000 Arbeitspferde. . . Stück 7912 Bindvieh zum Schlachten inkl.

Kälber » 21796 Schlachtschweine .

» 61 331 Fleisch Wagen 512 Butter » 852 Käse » 192 Eier » l 876

1938

1952

1953

1954

5260 4030 4970

7420 5340 10250

7500 5390 10370

7640 4340 10940

947 000

953 000

6095

3853

4321

6858

10949 5934

297 16 155 1413

815 722 222 1227

952 000 1 027 000 2970 2512

3378 564 425 593 262 l 271

6415

46561 507 201 280 1314

351 Bei der Beurteilung dieser Einfuhrzahlen ist zu beachten, dass von 1930 bis 1950 eine Vermehrung der schweizerischen Gesamtbevölkerung von rund 16 Prozent und bis 1955 von etwa 20 Prozent stattgefunden hat. Parallel damit nahm auch der schweizerische Gesamtbedarf an Nahrungsmitteln zu, allerdings nicht in gleichem Umfange,'wohl aber um schätzungsweise 16 Prozent. Dabei hat im Zusammenhang mit einer Änderung der Ernährungsgewohnheiten der Bedarf an pflanzlichen Nahrungsmitteln um 20 Prozent, an solchen tierischer Herkunft aber nur um 7 Prozent zugenommen.

Wie aus der Tabelle hervorgeht, hält sich die Vermehrung der Einfuhr von Gemüse und Obst in bescheidenem Eahmen, was um so mehr Beachtung verdient, als gerade bei diesen Nahrungsmitteln der Verbrauch je Kopf und Jahr wesentlich gestiegen ist. So lässt sich auch die starke Importzunahine von Südfrüchten erklären. Die Weineinfuhr ist im Durchschnitt 'wohl kleiner als zu Beginn der dreissiger Jahre ; aber von Seiten der Landwirtschaft wird immer wieder bemerkt, die Jahr um Jahr ziemlich konstanten Importe würden der recht unterschiedlichen Inlandernte zu wenig Eechnung tragen. Indessen war es bis anhin nicht möglich, auf dem Wege von Verhandlungen mit wichtigen Lieferländern variable Mengen zu vereinbaren. Überdies ist zu beachten, dass wichtige Lieferländer auch Abnehmer sind von schweizerischen landwirtschaftlichen Produkten, wie Zuchtvieh, Käse und Obst.

Wegen der zunehmenden Motorisierung und des geringeren Bedarfes an Pferden sind Einfuhrbewilligungen in viel kleinerem Umfange als früher erteilt worden, um so unserer Pferdezucht den unerlässlichen Schutz angedeihen zu lassen. Der Import von Schlachtvieh und Fleisch ist in Anbetracht des unterschiedlichen Inlandangebotes starken Schwankungen unterworfen; im Durchschnitt stellt er sich aber wesentlich kleiner als 1980..Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Butter- und Eiereinfuhren, während beim Käse die Liberalisierung zu einer allmählichen Vermehrung der Importe geführt hat. Es ist jedoch zu beachten, dass mit der Freigabe das gleiche Entgegenkommen auch, von wichtigen Abnehmerländern für die Ausfuhr gewisser schweizerischer landwirtschaftlicher Produkte, vorab Schweizer Käse, erreicht werden konnte.

/ Der Anteil der Inlandproduktion am Gesamtverbrauch ist seit 1931/85 bis 1951/54 beim
Brotgetreide von 28 auf 46 Prozent, bei den Speisekartoffeln von 92 auf 98 Prozent, beim Wein von 34 auf 44 Prozent, bei den Eiern von 64 auf 71 Prozent und beim Zucker von 4 auf 17 Prozent gestiegen. Bei diesen Nahrungsmitteln hat demnach die inländische Produktion progressiv stärker zugenommen als der Bedarf, was ohne entsprechende einfuhrbeschränkende Massnahmen nicht möglich gewesen wäre. In bezug auf Milch, Butter, Käse und Fleisch hat der prozentuale Anteil der einheimischen Erzeugung am Gesamtverbrauch keine grundlegenden Änderungen erfahren.

Die wertmässige Ein- und Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, verglichen mit dem gesamten Aussenhandel, hat sich wie folgt entwickelt:

352

Gesamteinfuhr '. . .· davon landwirtschaftliche Erzeugnisse . .

Gesamtausfuhr · davon landwirtschaftliche Erzeugnisse . .

1936/38

1952/54

Mio Fr.

Mio Fr.

1560 413(26,5%) 1161 64(5,5%)

5289 1160(21,9%) 5062 161(3,2%)

Bei der Einfuhr ist der Anteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse von 26,5 auf 21,9 Prozent und bei der Ausfuhr von 5,5 auf 3,2 Prozent zurückgegangen. In der Vorkriègsperiode sind wertmässig etwa 6,5mal, in den Jahren 1952-1954 ungefähr 7mal mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse eingeführt als ausgeführt worden; es lässt sich dies mit der Vermehrung der Bevölkerung erklären.

Es darf festgestellt werden, dass die Kegelung der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse Eücksicht nimmt sowohl auf1 den Absatz gleichartiger Inlandprodukte als auch auf die Bedürfnisse der Konsumenten. Im Einzelfall ist es allerdings nicht immer leicht, unter Beachtung aller Umstände abzuwägen und zu entscheiden, wann und in welchem Ausmass Importe bewilligt werden sollen.

VII. Die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft 1. Einkommensverhältnisse a. Ergebnisse der Buchhaltungser hebungen Die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft lässt sich am zuverlässigsten auf Grund von .Buchhaltungserhebungen beurteilen. Dem grossen Vorteil der Genauigkeit steht der Nachteil gegenüber, dass die Ergebnisse erst nach Abschluss eines Wirtschaftsjahres ermittelt werden können. Daneben4assen sich auch Schätzungen über die voraussichtlich zu erwartenden Ergebnisse vornehmen. Seit mehr als 50 Jahren führt das Schweizerische Bauernsekretariat allj ährlich in mehreren hundert Landwirtschaftsbetrieben Buchhaltungserhebungen durch, und es ist nun auch in Artikel 49 der Allgemeinen Landwirtschafts-Verordnung vom 21. Dezember 1953 die Heranziehung der betreffenden Eesultate zur Beurteilung der Produktionskosten rationell geführter Betriebe vorgesehen. Die Erhebungen werden nach dem Urteil eines neutralen, im Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes durch eine Expertenkommission erstellten Gutachtens aus dem Jahre 1952, betitelt «Wissenschaftliche Überprüfung der betriebswirtschaftlichen Grundlagen und der statistischen Auswertung der Eentabilitätserhebungen des Schweizerischen Bauernsekretariates», mit aller Sorgfalt und seriös durchgeführt. Das in den folgenden Ausführungen zitierte Grundlagenmaterial und die Ergebnisse dürfen daher für die betreffenden Betriebe als zuverlässig betrachtet werden.

Die provisorischen Eesultate für das Eechnungsjahr 1954 (I.März 1954 bis 28. Februar 1955) lauten im Vergleich zu den definitiven Ergebnissen früherer Jahre wie folgt :

353 1951

Rohertrag . .'

je ha Fr. 2296.

Betriebsaufwand je ha » 1938 Reinertrag . .

je ha » 358 Reinertrag in Prozent des gesamten investierten Kapitals (direkt berechnet) % 3,76 Arbeitsverdienst je Männerarbeitstag Fr. 16.95

1952

1953

1954 (prov.)

2355 2094 261

2347 2091 256

2474 2120 354

2,64 15.47

2,54 15.80

3,46 21.11

Als Eohertrag bezeichnet man die Gesamtheit der Wertvermehrung, wie sie durch die landwirtschaftliche Unternehmung im Laufe eines Jahres neu erzeugt und durch Veredlung, Tausch und Neubewertung erzielt wird; dazu gehören auch Lieferungen des Gutes an den Haushalt.

Unter B e t r i e b s a u f w a n d wird der gesamte Aufwand verstanden, welcher zur Erzielung des Ertrages notwendig ist, ausgenommen die Zinsansprüche des investierten Kapitals; er setzt sich mithin zusammen aus den Amortisationen, den Vorräte- und Feldinventarabnahmen, den Betriebskosten (wie Zukauf von Dünger, Saatgut, Futtermitteln; Eeparaturen etc.) und dem Arbeitsaufwand.

Der letztere umfasst bei den fremden Arbeitskräften den Barlohn plus den geldmässigen Wert von Kost und Logis, während für den Betriebsleiter und die mitarbeitenden familieneigenen Arbeitskräfte, die keinen Lohn beziehen, ein Lohnanspruch von 14 Franken bis 18 Franken (pro 1954) pro Tag und Männereinheit in die Eechnung eingesetzt wird.

Unter Eeinertrag versteht man das, was übrig bleibt, wenn man vom Eohertrag des Betriebes den Betriebsaufwand im Sinne der soeben gegebenen Definition, also einschliesslich der Lohnansprüche, in Abzug bringt. Im Jahre 1954 ergab sich nach den provisorischen Ergebnissen ein Eeinertrag von 854 Franken je ha. Dieser Überschuss stellt den Ertrag des gesamten Aktivkapitals des,Betriebes dar. Für die objektive Beurteilung des Betriebserfolges ist der Eeinertrag der beste Maßstab, indem er weder von den Vermögens- noch von den Verschuldungsverhältnissen beeinflusst werden kann. Der Eeinertrag gibt Auskunft über die mögliche Verzinsung des im Betriebe investierten Aktivkapitals, welche pro 1954 voraussichtlich 3,46 Prozent betragen hat. Die Bildung dieser Eelation ermöglicht nicht nur einen Vergleich zwischen den landwirtschaftlichen Unternehmungen unter sich, sondern auch mit den Ergebnissen von Industrie, Gewerbe, Handel und mit festen Kapitalanlagen. Vom Eeinertrag sind vorab die Schuldzinsen zu bezahlen, und der Best stellt die Verzinsung des Eigenkapitals dar. Das in der schweizerischen Landwirtschaft investierte Kapital wird auf 13,7 Milliarden Franken geschätzt; davon entfallen 7,3 Milliarden auf zu verzinsende Schulden.

Der Landwirt beurteilt den Wirtschaftserfolg eher nach subjektiven Gesichtspunkten und legt mehr Wert auf
einen angemessenen und nachhaltigen Ertrag aus seinen Arbeitsleistungen; er bemisst daher den Erfolg seiner manuellen und geistigen Mitarbeit im Betrieb nicht nur am Vermögensertrag, sondern zur Hauptsache nach dem tatsächlichen A r b e i t s v e r d i e n s t . Zu die-

354 sem gelangt man, wenn man vom gesamten landwirtschaftlichen Einkommen je Mann (bestehend aus Arbeits-und Kapitaleinkommen) zunächst einen festen Zinsanspruch von gegenwärtig 3,75 Prozent für das im Betrieb investierte Eigenkapital in Abzug bringt und durch die Zahl der Arbeitstage dividiert.

Im Jahre 1954 ergibt sich bei diesem Vorgehen ein Arbeitsverdienst von 21,11 Franken (prov.).

Bei den Ausführungen über den Betriebsaufwand haben wir auf die Anrechnung der Lohnansprüche für die familieneigenen Arbeitskräfte hingewiesen ; deren Grosse muss festgelegt werden, und zwar auch deshalb, um einen Vergleichsmaßstab für die Beurteilung des e f f e k t i v ausgewiesenen Arbeitsverdienstes zu haben. Der theoretische L o h n a n s p r u c h besagt, wie gross der Verdienst sein sollte, damit er als angemessenbetrachtetwerdenkann.Zur Abklärung dieser Frage stützt man sich auf die Bestimmungen der Allgemeinen Landwirtschafts-Verordnung. Nach Artikel 47 kann der gelernte Bauer nämlich einen Lohnanspruch geltend machen, der dem durchschnittlichen Arbeitseinkommen des gelernten Arbeiters in ländlichen und halbstädtischen Gegenden entspricht, allerdings unter Berücksichtigung der besondern Verhältnisse in der Landwirtschaft, wie die billigere Selbstversorgung. Für ungelernte, weibliche und jugendliche Arbeitskräfte in der Landwirtschaft soll ein analoger Eechnungsgang Anwendung finden.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass es schwierig ist, den paritätischen Lohnanspruch genau zu berechnen. Wohl ist ein Ausschuss von Sachverständigen aus verschiedenen Berufsgruppen zurzeit mit der Abklärung dieser Fragen beschäftigt; aber die Problemstellung ist äusserst komplexer Natur, und eine zahlenmässig absolut exakte Schlussfolgerung darf nicht bestimmt erwartet werden.

Vorerst ist das Ergebnis des erwähnten Arbeitsausschusses abzuwarten; erst dann
Immerhin kann man heute schon mit einiger Zuverlässigkeit festhalten, dass der tatsächliche, in den Buchhalt.ungsbetrieben erzielte Arbeitsverdienst je Männerarbeitstag im Jahre 1954 etwas höher gewesen sein
dürfte als der damalige paritätische Lohnanspruch. Indessen ist zu beachten, dass die Ergebnisse der Buchhaltungsbetriebe über dem Landesmittel liegen, da ihre mittlere Betriebsfläche annähernd doppelt so gross ist wie der Landesdurchschnitt. Es wäre daher nicht richtig, anzunehmen, der Arbeitsverdienst habe 1954 in der Landwirtschaft, als Ganzes gesehen, d.h. im schweizerischen Durchschnitt ebenso viel betragen wie der in den Buchhaltungsbetrieben erzielte. Andererseits gehen aber sowohl das Landwirtschaftsgesetz als auch die Allgemeine LandwirtschaftsVerordnung vom Grundsatz einer rationellen Betriebsführung aus, weshalb es wohl zulässig ist, in diesem Fall doch auf die Buchhaltungszahlen abzustellen.

355 Da gemäss Landwirtschaftsgesetz kostendeckende Preise im Durchschnitt mehrerer Jahre (nach der Allgemeinen Landwirtschafts-Verordnung in der Eegel drei Jahre) vorgesehen sind und die Löhne, bzw. die Lohnansprüche einen wesentlichen Bestandteil der Produktionskosten darstellen, leitet sich daraus auch das Prinzip ab, dass ein angemessenes Arbeitseinkommen ebenfalls im Durchschnitt mehrerer Jahre erzielt werden sollte. Zurzeit sind wir allerdings nur über die Arbeitsverdienste orientiert. Unter der Voraussetzung, dass die definitiven Buchhaltungsergebnisse pro 1954 die provisorischen Eesultate bestätigen, hätte sich im dreijährigen Mittel 1952-1954 der Buchhaltungsbetriebe ein Arbeitsverdienst je Männerarbeitstag von ca. 17,50 Franken ergeben (siehe Zusammenstellung der Arbeitsverdienste, S. 353). Demgegenüber sind die Erhebungen über den paritätischen Lohnanspruch, wie weiter oben ausgeführt wurde (s. S. 354, Abs. 3), noch im Gang. Man'wird sich, unter diesen Umständen momentan auf die Feststellung beschränken müssen, dass es mit Hilfe der guten Ergebnisse 1954 möglich war, die in den wirtschaftlich ungünstigen Jahren 1952 und 1953 erlittenen Einbussen einigermassen auszugleichen.

Die trotz erhöhter Löhne und Lohnansprüche im Jahre 1954 erzielten guten Ergebnisse sind auf die stark gestiegenen Eoherträge, bzw. die bedeutend grösseren Einnahmen aus dem Getreide- und Kartoffelbau, ferner aus dem Obstbau und schliesslich auch aus der Tierhaltung (Milch, Schlachtvieh) zurückzuführen.

Auch der Viehabsatz aus Berggebieten gestaltete sich befriedigend.

Um keine irrige Auffassung über die Wirtschaftslage der Landwirtschaft im allgemeinen aufkommen zu lassen, muss jedoch immer wieder auf das ausserordentliche Zusammentreffen verschiedener günstiger Faktoren hingewiesen werden, und weil die Erträge so ausgesprochen von den Witterungsverhältnissen abhängig sind, muss man sich hüten, die Ergebnisse günstiger Jahre zu verallgemeinern. Auch innerhalb des Landes treten bedeutende Unterschiede auf. Es ist heute schon feststehend, dass das Jahr 1955 weniger gute Eesulta'te zeitigen.wird. Einmal sind die Ernten an Brot- und Futtergetreide sowie an Kartoffeln und Obst geringer ausgefallen; ferner gingen die Anlieferungen an grossem Schlachtvieh zurück, und überdies sind die Löhne familienfremder Arbeitskräfte
nochmals angestiegen. Das Schweizerische Bauernsekretariat erwartet daher einen kleineren Eeinertrag und eine entsprechend bescheidenere Verzinsung des Aktivkapitals, resp. einen Bückschlag beim Arbeitsverdienst.

Während bis anhin nur das Gesamtmittel der Buchhaltungsergebnisse für unsere Betrachtungen herangezogen wurde, ist es gegeben, auch die Lage der einzelnen Betriebsgrössenklassen zu untersuchen. Es betrugen im Durchschnitt der Jahre 1951-1953:

356 Grössenklasse ha

8-5 5-10 10-15 15-30 über 30

Reinertrag in % dea AktivArbeitsverdienst je Männerkapitals (bei Anrechnung eines arbeitstag (bei Anrechnung Lohnanspruches der familien- einer normalen Verzinsung von eigenen Arbeitskräfte von Fr. 12 3,75 % des im Betriebe invebisl6proTagundMännereinheit) stierten Beinvermögens) % Fr.

.

Mittel

0,58 2,17 3,20 4,30 3,50 3,06

9.10 12.07 15.17 20.17 21.41 16.07

Der Beinertrag in Prozent des Aktivkapitals ist bei den Kleinbetrieben von 3-5 ha und in den kleinen Mittelbetrieben mit 5-10 ha namentlich in den Nachkriegsjahren zusehend kleiner und unbefriedigender geworden. Vor allem ist aber ein Arbeitsverdienst dieser beiden Gruppen von 9 Franken bis 12 Franken als ungenügend zu bezeichnen, sofern nicht noch ergänzende Einnahmen aus Nebenerwerb erzielt werden. Für das Jahr 1954 liegt eine Gliederung nach Betriebsgrössen noch nicht vor-; doch darf wahrscheinlich angenommen werden, dass auch die Arbeitsverdienste in den kleineren Betrieben um etwa 3 Franken pro Tag zugenommen haben. Trotzdem ist die wirtschaftliche Lage unbefriedigend.

Selbst wenn man die bei der Betriebszählung 1939 vorhandenen 72 000 Heimwesen mit nur 0,5-3 ha Landfläche ausser Betracht lässt, fallen 26 Prozent auf Betriebe mit bloss 3-5 ha und 44 Prozent auf solche mit 5-10 ha. Darnach müssten also über zwei Drittel aller Landwirtschaftsbetriebe einen nur unzureichenden Arbeitsverdienst erzielt haben. Mehr als die Hälfte der Buchhaltungsbetriebe weisen aber eine Fläche von über 10 ha auf, und gerade aus diesem Grunde wurde denn auch hmner wieder erklärt, dass deren Ergebnisse das Landesmittel übertreffen. Eine exakte Berechnung des Vorsprunges ist allerdings nicht möglich, obschon e/als sicher gelten kann, dass ein solcher besteht. Es hängt dies mit der grösseren Betriebsfläche und den in der Eegel günstigeren Produktionsverhältnissen zusammen. Die Landwirtschaft als Ganzes dürfte daher einen um den Betrag des nicht genauer umschreibbaren Vorsprunges kleineren Verdienst erzielt haben als die Buchhaltungsbetriebe. Da indessen gemäss Landwirtschaftsgesetz von Betrieben mit rationeller Führung auszugehen ist, wird man weiterhin auf die Buchhaltungsergebnisse abstellen; dies durchaus im Bewusstsein, dass bei dieser Art der Kalkulation die Lage der Landwirtschaft als Wirtschaftszweig innerhalb der schweizerischen Volkswirtschaft etwas zu günstig dargestellt wird.

Was bisher für die kleinen Bauerngüter gesagt worden ist, trifft auch für die Grosszahl der Bergbetriebe zu. Diese verfügen neben Alpen meist nicht nur über kleine Betriebsflächen, sondern sie erzielen vor allem wegen ihrer Produktionsstruktur (wenig Ackerbau, nur kleine Milchverkäufe, einseitige Abhängigkeit vom Verkauf'von Nutz- und Zuchtvieh; geringe Marktproduktion)

357 ein entsprechend niedrigeres Arbeitseinkommen. Wir schliessen die Bemerkung an, dass in allen vorerwähnten Buchhaltungszahlen die Ergebnisse in ihrer Gesamtheit gemittelt sind. Bei einer Trennung der Resultate für die Talbetriebe einerseits und die Bergbetriebe andererseits müsste sich bei den ersteren eine gewisse Verbesserung ergeben, wogegen die letzteren die Gesamtmittelzahlen nicht mehr erreichen würden.

Z u s a m m e n f a s s e n d halten wir fest, dass sich die wirtschaftliche Lage der landwirtschaftlichen Buchhaltungsbetriebe und damit auch der rationell geführten Heimwesen mit voller Ausnützung der vorhandenen Arbeitskräfte im Jahre 1954 gegenüber den beiden Vorjahren verbessert hat. Diese Feststellung schliesst jedoch nicht aus, dass in den Kleinbetrieben und in einzelnen Landesgegenden, vorab Berggebieten, nach wie vor nur knappe Arbeitseinkommen erzielt werden. Ausserdem ist gerade die Landwirtschaft auf gute Jahre angewiesen, um die Ergebnisse ungünstigerer Perioden einigermassen auszugleichen, eine Tatsache, die übrigens auch für andere Branchen der Wirtschaft zutrifft.

b. B e u r t e i l u n g der Lage auf Grund des K a u f k r a f t v e r m ö g e n s Um die Entwicklung der von der Landwirtschaft beim Verkauf ihrer Erzeugnisse erzielten Preise mit der jeweiligen Veränderung der Produktionsmittelpreise zu vergleichen, ermittelt das Schweizerische Bauernsekretariat monatlich deren jeweiligen Stand. Ausgehend von einer Basisperiode werden monatsweise die indexmässigen Veränderungen festgehalten. Indem man den Index der Erzeugnispreise durch den Index der Produktionsmittelpreise dividiert, ergibt sich der Index der Kaufkraft des Erlöses für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Geht man beispielsweise aus vom Stand in den Jahren 1939 und 1948, so kommt man für 1954 zu folgenden Verhältnissen: Basis 1939 = 100 1939 1948 1954

Basis 1948 = 100 1948 1954

Index der Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse. . . .

.100

211

206

100

98

Index der Preise landwirtschaftlicher ' Produktionsmittel

100

178

183

100

103

Kauf kraft yonErzeugnispreisen gemessen an Produktionsmittelpreisen .

100

118

113

100

95

Ausgehend von der Preis- und Kostensituation, wie sie 1939 bestanden hatte, ergab sich 1948 ein Index der Kaufkraft von 118 "und 1954 von 113. Die aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse erzielte Kaufkraft lag demnach 1948 um 18 und 1954 noch um 13 Punkte über derjenigen von 1939.

Stellt man indessen auf ein jüngeres, d.h. den aktuellen Verhältnissen näheres Basisjahr ab, nämlich entsprechend der Praxis des Schweizerischen Bauernsekretariates auf 1948, so zeigt sich, dass seither der Preis-Index um etwa Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

· 25

358 2 Punkte zurückgegangen, der Index der Kostenelemente aber um 8 Punkte gestiegen ist. Demgemäss hat die Kaufkraft seit 1948 um 5 Punkte abgenommen.

Wenn man sich Eechenschaft darüber geben will, welche'Ausgangsbasis die richtige sei, so muss man sich auch die Veränderungen vor 1939 vor Augen halten, weil diesem Jahre eine lange Krisenperiode vorangegangen war. Geht man auf 1914 zurück, so ergab sich bis 1939 eine Verbesserung des Indexes der Produzentenpreise landwirtschaftlicher Erzeugnisse um 26 Punkte; im gleichen Zeitraum stieg indessen der Kosten-Index viel rascher, nämlich um 49 Punkte.

Wenn man schon auf normale Verhältnisse abstellen wollte, so müsste man eigentlich eine Periode unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg als Ausgangspunkt annehmen, wie dies in den USA üblich ist. Es ist nun aber die schweizerische Methode der Indexberechnung 1914-1939 nicht streng vergleichbar mit jener von 1939 bis heute.

Im übrigen haben sich im Preis- und Kostengef üge auch Strukturänderungen ergeben, so dass die Wahl eines Basisjahres in der näheren Vergangenheit nicht unbegründet erscheint. Auch im Ausland und in schweizerischen Statistiken anderer Art stellt man neuerdings bereits auf Nachkriegsjahre als Basis ab, wie etwa auf die Jahre 1948, 1949 oder 1953. Namentlich für landwirtschaftliche Indexberechnungen scheint ferner ein im Ausland oft angewendetes Verfahren prüfenswert, wonach nicht nur ein einzelnes Jahr, sondern eine Mehrjahresperiode als Ausgangspunkt gewählt wird. .

Als Ergebnis darf man festhalten, dass zwischen 1914 und 1939 die Kosten der landwirtschaftlichen Produktion als Folge der Krise in den dreissiger Jahren rascher gestiegen waren als die Preiserlöse. Zwischen 1939 und 1948 war es umgekehrt, und seit 1948 bis heute entwickelten sich die Kosten wieder rascher als die Verkaufserlöse.

Es wäre nun aber unrichtig, die indexmässigen Veränderungen für sich allein zu betrachten, sondern es ist auch die steigende Produktivität der eingesetzten Betriebsmittel und Arbeitskräfte zu betrachten. In den letzten Jahren dürfte diese jährlich 0,75-1 Prozent oder zwischen 1948 und 1954 gesamthaft doch etwa 5 Prozent betragen haben. . Somit wäre trotz stärker gestiegener Kosten das Kaufkraftverhältnis 1954 ähnlich gewesen wie 1948.

Schliesslich muss man sich darüber im klaren sein, dass die
hier behandelten landwirtschaftlichen Indexzahlen eigentlich nur über die Tendenz der Entwicklung der Preise von Erzeugnissen und Produktionsmitteln Aufschluss geben. Für die zuverlässige Beurteilung der Lage muss man aber richtigerweise auf die Buchhaltungsergebnisse abstellen.

2. Die Verhältnisse auf dem landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt Der andauernde Mangel an geeigneten Arbeitskräften verursacht den landwirtschaftlichen Betrieben die grössten Schwierigkeiten und überschattet alle andern die schweizerische Landwirtschaft gegenwärtig beschäftigenden Probleme. Die sozusagen unbeschränkte Nachfrage nach Arbeitskräften ia andern

359 Berufen veranlagst nicht nur landwirtschaftliche Dienstboten, sondern vermehrt auch Bauernsöhne, die über zu wenig Kapital für den Ankauf eines eigenen Hofes verfügen, die Landwirtschaft zu verlassen. Der Anreiz zur Arbeitsaufnahme ausserhalb der Landwirtschaft beruht weitgehend auf den höheren Löhnen, den besseren Arbeitsbedingungen, wie freier Samstagnachmittag und freier Sonntag, und Sozialzulagen sowie den günstigeren Voraussetzungen für die Gründung einer eigenen Familie. In diesem Zusammenhang soll auch noch auf einen weitern mitbestimmenden Grund hingewiesen werden. Prof.

Dr. W.Pauli, Bern, stellt nämlich im Handbuch der schweizerischen Volkswirtschaft (Ausgabe 1955) zum Problem der Arbeitskräfte fest, dass die Frauenfrage in der Landwirtschaft immer akuter werde. Während man in der Gesamtbevölkerung ein starkes Überwiegen der Zahl an Frauen (auf 100 Männer 107 Frauen) feststellt, bestehe in der Landwirtschaft ein beträchtlicher Männerüberschuss (auf 100 Männer 77 Frauen) ; dieses Missverhältnis führe zu bevölkerungspolitisch und soziologisch unerfreulichen Erscheinungen.

Für familienfremde landwirtschaftliche Arbeitskräfte sind seit 1948 die Löhne im Durchschnitt um 20 Prozent angestiegen, und es scheint, dass die Aufwärtsbewegung noch keineswegs abgeschlossen ist. Diese höheren Löhne stellen auch einen der Hauptgründe dar für das ständige Ansteigen des Indexes landwirtschaftlicher Produktionsmittel.

Selbst unter den geschilderten Verhältnissen ist die Lage heute derart, dass sich auch bei hohen Lohnansprüchen recht oft überhaupt keine Bewerber mehr einstellen, da das Angebot an einheimischen Arbeitskräften weitgehend erschöpft ist. Wohl wird versucht, durch eine vermehrte Motorisierung und Mechanisierung dem chronischen Arbeitskräftemangel zu begegnen; aber damit besteht die Gefahr, dass sich die Betriebe über die Grenze des Tragbaren hinaus mit Traktoren und Maschinen ausrüsten. Eine von der FAO veröffentlichte Statistik reiht denn auch die Schweiz mit England, Westdeutschland, Schweden und den Vereinigten Staaten von Nordamerika unter die Länder mit dem höchsten Bestand an Landwirtschaftstraktoren pro Hektare Kulturland ein.

Unter solchen Umständen sehen sich schliesslich zahlreiche Betriebe, ohne die Mechanisierung noch weiter zu treiben, vor die Alternative gestellt, auch
inskünftig Begehren nach höheren Löhnen zu entsprechen oder zu einfacheren extensiveren Betriebsmethoden überzugehen.

3. Die Entwicklung auf dem landwirtschaftlichen

Liegenschaftsmarkt

Die Erörterung der wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft wäre unvollständig ohne einen Hinweis auf die Verhältnisse auf dem landwirtschaftlichen Liegenschaftsmarkt. Für den Bauern bedeutet der Besitz von Grund und Boden vor allem eine Arbeitsgelegenheit und eine Quelle des Arbeitseinkommens für sich und seine Angehörigen. Wer einen zu normalen Bedingungen erworbenen Betrieb bereits sein eigen nennt, wird durch die momentanen Verhältnisse nicht direkt berührt. Dagegen wird es für Bauernsöhne, die den elterlichen Betrieb

360

'

nicht übernehmen können, oder für langjährige landwirtschaftliche Dienstboten je länger je schwieriger, einen eigenen Betrieb käuflich zu erwerben. Die Preise des landwirtschaftlichen Bodens haben im ganzen Lande einen Stand erreicht, der mit den für die Zukunft möglichen Eenditeverhältnissen in keinen realen Beziehungen mehr steht. Die Verkehrspreise übersteigen die nach den Grundlagen des eidgenössischen Schätzungsreglementes resultierenden Ertragswerte oft um 50 bis 100 Prozent, gelegentlich noch mehr. Die Käuferschaft setzt sich denn auch zum Teil aus nichtlandwirtschaftlichen. Kreisen, aus Gemeinden und andern Körperschaften sowie etwa Bauern zusammen, die in der Umgebung von Städten ihre Höfe zu Bauzwecken teuer verkaufen konnten. Im Gegensatz zu den andern Landwirten ist es ihnen möglich, über die gesetzlich vorgeschriebene Belehnungsgrenze hinausgehende Güterpreise zu bezahlen und sich dank ihrer Kapitalkraft in den Besitz des so begehrten Bodens zu setzen. Hinsichtlich des Ankaufes landwirtschaftlicher Liegenschaften durch nichtbäuerliche Kreise ist zu sagen, dass doch Grund und Boden mehrheitlich im Besitz selbständiger Landwirte bleiben sollten.

Um vermehrte Unterlagen über den gegenwärtigen Stand und die Entwicklung des landwirtschaftlichen Liegenschaftenhandels zu bekommen, sind Vorarbeiten für die Durchführung entsprechender Erhebungen unter Leitung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes in Verbindung mit dem Eidgenössischen Statistischen Amt, den Kantonsregierungen und den Grundbuchämtern im Gange. Jedenfalls wäre es sehr erwünscht, über die Käuferschaft und auch über die bezahlten Kaufpreise nähere Auskünfte zu erhalten.

4. Die besondere Lage der Bergbauern

Es ist im Eahmen dieses Berichtes nicht möglich, das Bergbauernproblem irgendwie erschöpfend darzustellen und, abgesehen davon, liegen für die letzten zwei Jahre die Buchhaltungsergebnisse, ausgeschieden nach Tal- und Bergbetrieben, auch noch nicht vor. Nun waren aber gerade in den Jahren 1954 und 1955 die Absatzverhältnisse auf dem Nutz- und Zuchtyiehmarkt ziemlich günstiger als in der vorangehenden Periode, so dass doch eine etwelche Verbesserung der Lage eingetreten sein dürfte. Trotzdem haben die Bergbauernfrage als Ganzes und das Bedürfnis für eine vermehrte Unterstützung der Landwirtschaft in unsern Berggegenden an Aktualität nichts verloren.

Auf Grund des landwirtschaftlichen Produktionskatasters befinden sich 30 Prozent des eigentlichen Kulturlandes, d. h. rund 355 000 ha, im Berggebiet; dazu kommen noch etwa 982 000 ha Alpweiden. Nach einer Schätzung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bergbauern dürften sich ungefähr 30 Prozent der Bergbevölkerung ausschliesslich und etwa 20 Prozent teilweise der Landwirtschaft widmen. Die durchschnittliche Betriebsgrösse beträgt nur wenig über 4 ha. Je nach Höhenlage, topographischen und klimatischen Verhältnissen gestaltet sich die .Betriebsweise ; doch tritt der Ackerbau gegenüber der Viehwirtschaft mehrheitlich stark zurück. Es bestehen auch geringere Mög-

361 lichkeiten für eine Mechanisierung, und die Ackerarbeit ist namentlich an Steillagen recht mühsam. Die Einkommensverbältnisse sind daher zum guten Teil von den Erträgnissen aus Viehverkäufen, der Milchwirtschaft und dem Waldbau abhängig. Erschwerend wirken auch die Abgelegenheit weiter Gebiete, die Transportverhältnisse innerhalb der einzelnen Betriebe und die kurze. Vegetationszeit.

Nach den Buchhaltungsergebnissen 1952/53 wurden von den reinen Graswirtschaften in1 Alpentälern, den Wiesen- und den Acker-Alpbetrieben Boherträge je ha von 1307 bis 1791 Franken, gegenüber 2355 Franken im Mittel aller Buchhaltungsbetriebe erzielt. Nach Anrechnung einer üblichen Kapitalverzinsung ergaben sich Arbeitsverdienste je Männerarbeitstag von nur 7,30 bis 12,17 Franken, während der Durchschnitt sämtlicher Buchhaltungsbetriebe 15,47 Franken betragen hatte. Es lagen damals also ähnliche Ertrags- und Einkommensverhältnisse vor wie bei den Kleinbetrieben im Unterland. Seither dürfte sich, wie bereits erwähnt, die Lage etwas verbessert haben und zwar namentlich dort, wo die Viehzucht auf höherer Stufe steht.

Gemäss Artikel 2 des Landwirtschaftsgesetzes sind bei der Durchführung des Gesetzes die erschwerten Produktions- und Lebensbedingungen in den Berggebieten besonders zu berücksichtigen. Diesem Grundsatz hat der Bund schon bis anhin im Bahmen des Möglichen Eechnung getragen. Im Vordergrund steht eindeutig die Unterstützung der Bodenverbesserungen, der Viehzucht und des Viehabsatzes.-Die Bodenverbesserungen im weitesten Sinne des Wortes, wie Güterzusammenlegungen, Weganlagen, Wasserversorgungen, Seilbahnen und Erstellung von Alpgebäuden sollen namentlich die Bewirtschaftung erleichtern. Zu der besseren Milchverwertung haben die Dorfsennereien namhaft beigetragen. Wir wiesen schon in einem früheren Kapitel .darauf hin, dass die Abbauvorschriften der Finanzordnung für eine Gruppe wichtiger Meliorationen nicht angewendet werden. Damit sollte es möglich sein, dringliche Verbesserungen stärker als bis anhin zu unterstützen. .

· In einem besondern Abschnitt sind auch die Massnahmen zur Förderung der Viehzucht und des Viehabsatzes dargelegt worden. Es muss allseits das Bestreben sein, die Vorzugsstellung der Berggebiete in der Aufzucht von gesundem, robustem Bergvieh mit guten Leistungsanlagen und gutem Exterieur
zu erhalten und zu fördern. Der Ausbau der Leistungsprüfungen ist geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Herden zu heben, was um so wichtiger ist, als recht oft die ungenügenden Leistungen der Tiere einen Grund für das schmale Einkommen darstellen. Bei den unterstützenden Massnahmen kommen den bergbäuerlichen Züchtern und den Zuchtgenossenschaften verhältnismässig grössere Anteile an öffentlichen Mitteln zu als im Unterland. Das gleiche Prinzip kommt auch bei der gesundheitlichen Sanierung der Viehbestände (Bekämpfung von Eindertuberkulose und Abortus Bang) zur Anwendung. Der Bund stellt indessen auch ansehnliche Mittel zur Förderung des Viehabsatzes zur Verfügung.

Überall dort, wo die Niederschläge nicht zu gross sind und oft noch bis in ansehnliche Höhenlagen ist auch der Ackerbau, vorab zur Verbesserung der

36,2 Selbstversorgung mit Brot- und Futtergetreide, Kartoffeln und Gemüse, am Platz. Sowohl nach dem Getreide- und Alkoholgesetz als auch gemäss Landwirtschaftsgesetz werden bei den Massnahraen zur Produktions- und Absatzförderung von Ackerfrüchten die erschwerten Verhältnisse in Berggebieten besonders berücksichtigt. In das gleiche Kapitel gehören die Beiträge zur gemeinschaftlichen Anschaffung und Benützung landwirtschaftlicher Maschinen und Einrichtungen.

Ergänzend darf auf die Transportkostenbeiträge für wichtige Lebensmittel, die Versorgung mit verbilligtem Obst und Kartoffeln in höheren Lagen und die vermehrten Leistungen sozialer Natur sowie namentlich die Familienzulagen an Bergbauernfamilien (1958 = 5,66 Millionen, 1954 = 5,83 Millionen) hingewiesen werden. In den letzten Jahren sind auch weitere Möglichkeiten für Nebenverdienste geschaffen worden, und es geht aus den Buchhaltungserhebungen hervor, dass den Nebeneinkommen gerade für die Familien der Bergbauern eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Unter diesem Gesichtspunkt verdienen daher die Bestrebungen für die Ansiedlung gewerblicher und geeigneter industrieller Betriebe in Alpentälern eine besondere Aufmerksamkeit.

VIII. Gesamtüberblick 1. Das Bundesgesetz vom S.Oktober 1951 über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes (Landwirtschaftsgesetz) ist in der Absicht erlassen worden, einen gesunden Bauernstand und im Dienste der Landesversorgung eine leistungsfähige Landwirtschaft zu erhalten und sie unter Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft - zu fördern. Um dieses Ziel, zu erreichen, sieht das Gesetz
In Zusammenarbeit mit den Kantonen,
den Wirtschaftsverbänden und der beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes sind für die einzelnen Titel und Abschnitte Ausführungsbestimmungen vorbereitet und vom Bundesrat erlassen worden. Auf den 1. Januar 1954 waren in Kraft getreten: Die Einleitung, der zweite Titel «Wirtschaftliche Bestimmungen», die Abschnitte über Pflanzenbau, Eebbau, vom Abschnitt Tierzucht die Artikel 47 und 49 sowie der Abschnitt Milchwirtschaft, der Abschnitt Landwirtschaftliche Hilfsstoffe, die Vollzugs- und Schlussbestimmungen, der siebente Titel «Allgemeine Bestimmungen über Bundesbeiträge und Fonds» und der

'

363

achte Titel «Kechtsschutz und Strafbestimmungen». Sodann sind auf den , I.Januar 1955 in Kraft gesetzt worden: Der erste Titel «Landwirtschaftliches Bildungs- und Versuchswesen», der sechste Titel «Das landwirtschaftliche Dienstverhältnis» und auf den I.Februar 1955 der fünfte Titel «Bodenverbesserungen».

Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten dieser verschiedenen Titel und Abschnitte des Gesetzes sind bisher folgende Ausführungserlasse herausgegeben worden : Der Beschluss der Bundesversammlung vom 29. September 1953 über Milch, Milchprodukte und Speisefette (Milchbeschluss), die Verordnung vom 18.Dezember 1953 über den Eebbau und den Absatz der B,ebbauerzeugnisse (sogenanntes Weinstatut), die Verordnung vom 21. Dezember 1953 über wirtschaftliche Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes (Allj ;emeine Landwirtschaftsverordnung), die Verordnung vom 30. Dezember 1953 betreffend Schlachtviehmarkt und Fleischversorgung (Schlacht^ iehordnung), der Bundesratsbeschluss vom £0. Dezember 1953 betreffend die Überwachung der Ausfuhr von Käse, die Verordnung vom 30.Dezember 1953 über Abgaben auf Konsummilch und Konsumrahm, die Verordnung vom 19.Februar 1954 über den Eiermarkt und die Eierversorgung (Eierordnung), die Verordnung vom 9.März 1954 über die Versicherung der Betriebsunfälle und die Unfallverhütung in ier Landwirtschaft, die Verordnung vom 29. Dezember 1954 über den milchwirtschaftlichen Kontroll- und Beratungsdienst und das schweizerische Milchlieferungsregulativ vom 29. Dezember 1954, die Verordnung vom 29. Dezeriber 1954 über die Unterstützung von Bodenverbesserungen und landwirtschaftlichen Hochbauten (Bodenverbesserungsverordnung), die Verordnung vom 4. Februar 1955 über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen samt den Hilfsstoffbüchern vom 5. Februar 1955, die Verordnung vom 29.März 1955 über das landwirtschaftliche Bildungs- und Versuchswesen und der Bundesratsbeschluss vom 26.April 1955 betreffend die abgestufte Bezahlung der Milch nach Qualität in 3ammelstellen für Konsummilch.

Noch nicht in Kraft gesetz t sind eine Anzahl Artikel im Abschnitt über die Tierzucht sowie der Abschnitt i.ber den Pflanzenschutz, für welche sich die Ausführungserlasse in Bearbeitung befinden.

Im ganzen handelt es siel um ein umfassendes und vielseitiges Gesetzeswerk und um recht zahlreiche neue Bestimmungen. Als Teil des neuen Wirt-

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schaftsrechtes, das auf die ständig im Fluss befindliche wirtschaftliche Entwicklung Eücksicht nehmen muss, enthält das Gesetz nicht ausschliesslich feste Rechtsgrundsätze, sondern auch Ermächtigungsbestimmungen zur Anordnung von Massnahmen für die Durchführung der Grundsätze des Gesetzes. Es ist daher und angesichts der gegensätzlichen Interessen zwischen Produzent und Konsument verständlich, dass sich in der Auslegung und Anwendung des Gesetzes Meinungsverschiedenheiten nicht vermeiden lassen. Den nicht landwirtschaftlichen Kreisen hat man aber in verschiedenen Kommissionen und Fachausschüssen bei der Handhabung der wirtschaftlichen Bestimmungen ein weites Mitspracherecht eingeräumt. Es ist auch zu beachten, dass vielfach eine längere Einführungszeit erforderlich ist, um die Vorschriften und Massnahmen einspielen zu lassen; dies um so mehr, als immer wieder veränderte Voraussetzungen bestehen, denen auch in der Anwendung des Gesetzes Rechnung getragen werden muss. Diese Umstände sind bei der Beurteilung der bisher getroffenen Anordnungen zu beachten.

2. Zur E r z i e l u n g k o s t e n d e c k e n d e r P r o d u k t e n p r e i s e gemäss Artikel 29 des Landwirtschaftsgesetzes können nur jene Massnahmen zur Anwendung kommen, die im Gesetz selbst vorgesehen sind. Ferner wäre es ein Irrtum, anzunehmen, der Bund hätte unter allen Umständen kostendeckende Preise zu gewährleisten ; vielmehr besteht ein enger Zusammenhang zwischen Artikel 29 und Artikel 18 des Gesetzes. Darnach sind die wirtschaftlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der durch die Natur gegebenen Verhältnisse so anzuwenden, dass die landwirtschaftliche Produktion die Landesversorgung so weit als möglich gewährleistet, der Aufnahmefähigkeit des einheimischen Marktes entspricht und den Möglichkeiten der Ausfuhr genügt.

In Übereinstimmung mit Artikel 19 des Landwirtschaftsgesetzes, der-von der Erhaltung des Ackerbaues und der Anpassung der Tierbestände handelt, hat der Bundesrat in der Allgemeinen Landwirtschafts-Verordnung vom 21. Dezember 1953 entsprechende Vorschriften aufgenommen. Demgemäss ist dem Ackerbau überall dort besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wo Klima-, Gelände- und Bodenverhältnisse im Durchschnitt mehrerer Jahre und bei i zweck-, massigem Fruchtwechsel Erträgnisse versprechen, die die aufgewendeten Kosten
decken. Überdies haben sich die Produzenten von Nutz- und Schlachtvieh im Interesse der Anpassung der viehwirtschaftlichen Produktion, d. h.

von Milch, Fleisch, Vieh, an die Aufnahmefähigkeit des einheimischen Marktes und an die Möglichkeiten der Ausfuhr weitgehend auf die betriebseigene Futtergrundlage und die Verwendung inländischer Futtermittel zu beschränken.

Nach diesen Grundsätzen kann die Landwirtschaft nicht Anspruch darauf erheben, dass das Landwirtschaftsgesetz unter allen Umständen den Absatz der bäuerlichen Erzeugnisse zu kostendeckenden Preisen gewährleistet; vielmehr hat sie im Sinne der Selbsthilfe die ihr zumutbaren Massnahmen zu treffen, d. h. unter, anderem die Produktion so zu regulieren, dass Überschüsse so weit als möglich vermieden werden können. Durch die besondere Betonung

365 des Ackerbaues soll nicht nur eine breitere Einkommensbasis erzielt, sondern auch dem ständigen Ansteigen der viehwirtschaftlichen Produktion entgegengewirkt werden.

3. Auf dem Gebiete der P r o d u k t i o n s o r i e n t i e r u n g hat es der Bund nicht nur bei der Aufstellung von Eichtlinien bewenden lassen, sondern im Eahmen seiner Befugnisse auch die Voraussetzungen für einen ausgedehnten Ackerbau geschaffen. So sind der Übernahme von Brotgetreide und dem Anbau von Futtergetreide keine oberen Grenzen gesetzt; aber auch die Übernahmepreise für Brotgetreide und die Anbaiiprämien für Futtergetreide sichern im Durchschnitt mehrerer Jahre die Deakung mittlerer Produktionskosten. Ebenso ist die Verwertung von Zuckerrüben und Raps, die im Rahmen von Anbauverträgen angebaut werden, zu kostendeckenden Preisen geordnet. Das Alkoholgesetz bietet Gewähr für eine angemessene Verwertung der Kartoffelernten, wobei allerdings den Produzenten zugemutet wird, einen ansehnlichen Teil der Ernte im eigenen Betrieb 0 au verfüttern. Im Hinblick auf die vielseitigen Möglichkeiten und die Verweitung der tierischen Erzeugnisse bedeutet dies keine untragbare Belastung. Es ist durchaus zuzugeben, dass wegen der Erfordernisse eines rationellen Fruchtwechsels und in manchen Landesgegenden wegen der witterungsmässigen Voraussetzungen dem Ackerbau Grenzen gesetzt sind; es fehlt namentlich an genügenden Anbau- und Verwertungsmöglichkeiten von Hackfrüchten, wesialb auch der Getreidebau nicht über ein gewisses Maas hinaus ausgedehnt werden kann. Aus diesem Grunde hat der Bundesrat im Sommer 1954 die Anbaumöglichkeiten für Raps von 3 000 auf 5 000 ha vermehrt, trotzdem die Verwertung für den Bund ausserordentlich kostspielig ist. Sollten die Bemühingen um die Erstellung einer zweiten Zuckerfabrik zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können, so würden damit die Voraussetzungen geschaffen, um die Rübenfläche auf gegen 10 000 ha zu erweitern. Schliesslich wird mit Hilfe einer mengenmässigen Regulierung und mit der Erhebung von Preiszuschlägen versucht, die Einfuhr von°Futtermitteln in angemessenen Grenz an zu halten, um auch auf diesem Wege einem Überborden der Milch- und Fleischproduktion zu begegnen.

Bei aller Würdigung · best* hender Schwierigkeiten und Hindernisse wäre es unrichtig, zu erklären, die Ackerfläche
sei bereits überall an der oberen Grenze angelangt. In manchen Landesgegenden sind auch unter den heutigen Umständen noch etwelche Eniiwicklungsmöglichkeiten vorhanden, ohne dass deswegen bei den Ackerfrüchten ernstliche Verwertungsschwierigkeiten zu befürchten wären. Es sollte aul diese Weise gelingen, angemessene Roherträge auch dann zu erzielen, wenn vorübergehend die Verwertung von Milch und Fleisch zufolge Absatzschwierigkeiten der Landwirtschaft weniger einbringt.

4. Die R e g u l i e r u n g der E i n f u h r landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird gemäss Sinn und Wortlaut des Landwirtschaftsgesetzes und der Vollzugserlasse gehandhabt. Dabei geht es praktisch um dieselben Massnahmen, wie sie schon vordem bestanden hatten. Neu ungeordnet wurde die Anwendung des Leistungs-

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Systems bei der Einfuhr von Trockenmilch. Bei ausgesprochenen Saisonprodukten, aber auch bei weiteren Erzeugnissen, deren Produktionsmenge und übrigens auch der Verbrauch von den wechselnden Witterungsbedingungen abhängig sind, bietet allerdings die laufende Anpassung der Einfuhr an den durch Inlandprodukte nicht gedeckten Bedarf einige Schwierigkeiten. So kann es vorkommen, dass die Ernte einmal früher, ein anderes Mal später als erwartet, einsetzt oder die tatsächliche Ernte mit den Ernteschätzungen nicht übereinstimmt. Die Fachausschüsse werden jedoch regelmässig vor wichtigen Entscheiden bezüglich der Einfuhrregelung zu Eate gezogen.

Unser Land hat im Eahmen der OECE neuerdings bestimmte Verpflichtungen hinsichtlich des Handelsverkehrs mit den Mitgliedländern übernehmen 'müssen. Einmal mussten bis zum I.Juli 1955 mindestens 10 Prozent der mengennaässigen Einfuhrbeschränkungen, die am 80. Juni 1954 noch bestanden hatten-, aufgehoben werden. Im Eahmen dieser Verpflichtung wurden der OECE Pfirsiche, totes Geflügel und Eier 'als liberalisiert gemeldet. Indessen ist die Einfuhr von Pfirsichen und praktisch auch von totem Geflügel und Eiern bereits bisher mengenmässig nicht beschränkt gewesen, und es darf erwartet werden, dass bei Eiern und totem Geflügel das zur Anwendung gelangende Leistungssystem und die preisausgleichenden Anordnungen weiterhin genügen, um die Verwertung dieser Erzeugnisse zu gewährleisten. Sodann wurde den Mitgliedstaaten vorgeschrieben, unter anderem auch auf dem Sektor der Landwirtschaft und Ernährung den bisherigen Liberalisierungssatz von 60 Prozent der aus den OECE-Ländern im Stichjahr 1948 getätigten PrivatEinfuhren bis zum 1. Oktober 1955 auf 75 Prozent zu erhöhen. An Stelle dieser formellen Liberalisierung hat die Schweiz aus Gründen des nationalen Interesses von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine sogenannte Ausweichklausel anzurufen. Diese erlaubte es ihr, das bei der Einfuhr von Früchten und Gemüsen gehandhabte Dreiphasensystem als sogenanntes Auflockerungsprogramm, "welches den Bedürfnissen der Exportländer weitgehend Eechnung trägt, anzumelden. Es besteht die Absicht, das Dreiphasensystem weiterhin beizubehalten. Angesichts der bestehenden Preisdifferenzen ist es verständlich, dass die Landwirtschaft ernst zu nehmende Einwände gegen eine noch weitere Lockerung
der Einfuhrbestimmungen für landwirtschaftliche Produkte geäussert hat, die tatsächlich die Anwendung wichtiger Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes gefährden würde. Der besonderen Lage der schweizerischen Landwirtschaft ist Eücksicht zu tragen. Andererseits muss beachtet werden, dass die monopolisierten Importe wichtiger Produkte, wie Butter, Speiseöle, Speisefette, Brot- und Futtergetreide, bei der Bemessung des Liberalisierungsprozentsatzes nicht zur Anrechnung kommen. Der OECE-Kodex hat wohl unsere Handelsfreiheit hinsichtlich des Einbezuges weiterer Waren in das System der Einfuhrbeschränkungen beschnitten, aber andererseits doch auch Erleichterungen für die Ausfuhr unserer landwirtschaftlichen Erzeugnisse gebracht.

367

5. Die Förderung der A u s f u h r hält sich ebenfalls an die frühere Praxis.

Gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz war es erstmals möglich geworden, die Verwertung der grossen Erntf 1954 an Tafeläpfeln zu unterstützen. Beiträge an die Ausfuhr von Schlachtvieh sind 1952 und 1953, also vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, ausgerichtet worden, weil Futtermangel bestand und überdies im Kahmen der Tuberkulosesanierung der Viehbestände zehntausende von Tieren zusätzlich ausgemerzt vrerden niussten.

6. Trotz des vorübergehenden Milchpreisabschlages waren die von der Landwirtschaft im Jahre 1954 erzielten E o h e r t r ä g e - mit zum Teil erheblichen Unterschieden je nach Betriebszweig und Gegend - im gesamten gut bis sehr gut. Der Endrohertrag ist voi 2373 Millionen Franken im Durchschnitt der Jahre 1951/1953 auf 2532 Millionen Franken im Jahre 1954 gestiegen. Besonders bemerkenswert waren die hohen Erträge an Getreide, dessen Ernte indessen durch ungünstiges Wetter beeinträchtigt wurde, ferner an Kartoffeln und an Obst. Die Milcheinlieferungen erreichten ein Ausmass wie nie zuvor, womit es den Produzenten möglich waTM, den durch den Preisabbau "erlittenen Ausfall mehr als auszugleichen. Büclläufig gestaltete sich die Mengenproduktion an Schlachtvieh; dafür verbesserten sich die Preise, so dass auch aus diesem Betriebszweig grössere Gelderträge erzielt werden konnten als in den Vorjahren.

Schon allein wegen der starken Abhängigkeit von den Witterungseinflüssen, aber auch aus andern Gründen besteht in den Ertrags- und damit auch in den Verdienstmöglichkeiten der Landwirtschaft ein ziemlich breiter Streubereich. Damit wird sie sich a ich in Zukunft abfinden müssen; aber das Landwirtschaftsgesetz ist so anzuwenden, dass sich zwischen guten und weniger guten Produktionsjahren ein frmlichst annehmbarer Ausgleich ergibt.

Nun stellen sich die Ergebnisse der Buchhaltungsbetriebe allgemein besser als diejenigen der Landwirtschaft als Ganzes genommen. Zurückgeblieben sind namentlich die Klein- und Beigbetriebe.

7. Soweit es sich um das A r b e i t s e i n k o m m e n aus der Landwirtschaft handelt, befinden sich die Kleinbetriebe in einer ungünstigeren Lage, und so ist seit langem eine Strukturänderung im Gange. Zwischen 1905 und 1939 (neuere Zahlen seinerzeit erst aus der Betriebszählung 1955 ersichtlich)
hat die Zahl der Kleinbetriebe mit nur 0,5-5 ha, Land um 37 247 abgenommen, während in der gleichen Zeitperiode die Mittelbetriebe von 5-15 ha eine Vermehrung um 7725 aufweisen. Die Strukturänderimg ergibt sich auch aus der seit 1888 eingetretenen Abnahme der bäuerlichen Bevölkerung um rund 30 Prozent, während im gleichen Zeitraum die schweizerische Wohnbevölkerung um zirka 60 Prozent zugenommen hat. Im Jahre 1888 fanden vo:i den Berufstätigen noch 36,4 Prozent ihren Verdienst in der Landwirtschaft, 1950 dagegen nurniehr 16,3 Prozent.

Je mehr die Bationalisierung, die Mechanisierung und die Steigerung der Produktivität eine entscheider de Bolle spielen, umso stärker kommen die Kleinbetriebe mit nur ungenügender Ausnützung der vorhandenen Arbeitskräfte und Maschinen ins Hintertreffen. So sehr diese Entwicklung aus Gründen der Er-

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haltung eines zahlreichen, gesunden Bauernstandes zu bedauern ist, wäre es doch nicht denkbar, ihr etwa allein mit staatlichen Eingriffen und wirtschaftlichen Massnahmen wirksam zu begegnen. Auch hier steht die Selbsthilfe im Vordergrund, und es dürfte in vielen Fällen durchaus die Möglichkeit bestehen, mit Hilfe einträglicherer Spezialzweige und durch Nebenerwerb eine höhere Nützlichkeit der Arbeitskraft zu erreichen. Andererseits ist aber nach wie vor alles zu tun, um auch den Kleinbetrieb von den gesetzlich zulässigen Hilfs- und Schutzmassnahmen Nutzen ziehen zu lassen.

Vielfach noch schwieriger ist die Lage der Bergbauern, soweit diese nicht vermehrte Einnahmen aus Verkäufen von wertvollem Zuchtvieh und von Holz erzielen können. Es wäre aber nicht richtig, allgemein von einer unhaltbaren Situation zu sprechen, indem doch im Vergleich zu früher für die Bergbauernfamilien vermehrte zusätzliche Verdienstmöglichkeiten bei Bauten verschiedenster. Art, in der Hôtellerie usw. bestehen. Der Bund fördert den Ackerbau durch erhöhte Beiträge ; er trägt durch die Ausrichtung erhöhter Zuwendungen an Wegbauten, Güterzusammenlegungen usw. dazu bei, die Betriebsweise zu erleichtern, und abgesehen von den Beihilfen sozialer Natur bietet nun das neue Landwirtschaftsgesetz die Voraussetzungen für eine vermehrte Unterstützung des wichtigsten bergbäuerlichen Betriebszweiges, der Tierzucht.

8. Hand in Hand mit der Steigerung der Roherträge ist noch eine eher stärkere Erhöhung des B e t r i e b s a u f w a n d e s eingetreten. Zum Teil handelt es sich dabei um Kostensteigerungen bei den einzelnen Produktionselementen, zum Teil um neue Aufwendungen. Unter diesen erwähnen wir die technischen Verbessertingen ganz allgemein, einschliesslich Wohnungs- und Stallsanierungen, Zuleitung von Wasser, Elektrizität usw., und die sich aus der Förderung der Qualität der Erzeugnisse, der Bekämpfung von Tierseuchen, der obligatorischen Unfallversicherung und den neuen Bestimmungen über den Dienstvertrag ergebenden Auslagen.

Ein ernstes Problem stellt die Beschaffung tüchtiger landwirtschaftlicher Arbeitskräfte dar. Trotzdem die Löhne auf ganzer Linie stark gestiegen sind, ist die Zahl der Dienstboten innerhalb 30 Jahren (1920-1950) von 93 800 auf 64 000 zurückgegangen; davon entfällt im Jahresdurchschnitt annähernd ein Drittel
auf ausländische Arbeitskräfte. Die seit Jahren anhaltende gute Konjunktur in Industrie und Gewerbe, die höheren Barlöhne, die geregeltere und kürzere Arbeitszeit, der freie Samstag-Nachmittag und Sonntag und die besseren Sozialleistungen üben auf das Personal eine so grosse Anziehungskraft aus, dass namentlich in stärker industrialisierten Gegenden die Bauern oft vor beinahe unüberwindlichen Schwierigkeiten stehen. Dabei ist angesichts der vielseitigeren Betriebsweise und der Notwendigkeit einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit der Bedarf an Arbeitskräften anhaltend gross. Nicht zuletzt wegen des Mangels an Dienstboten sieht sich die Landwirtschaft zu einer immer stärkeren Motorisierung und Mechanisierung genötigt. Seit 1939 hat sich das in der Landwirtschaft investierte Geräte- und Maschinenkapital von 595 auf

369 1200 Millionen Franken im Ja!ire 1958 erhöht, und in jüngster Zeit müssen jährlich etwa 285 Millionen Franken für Neuanschaffungen und Reparaturen aufgewendet werden. Die Ausgaban für die Mechanisierung sind erheblich grösser als die zufolge Verminderung der Dienstbotenzahl erzielten .Einsparungen.

In den Buchhaltungsbetrieben sind 1951-1954 gegenüber 1946-1950 die Roherträge um 10 Prozent, dia Kosten aber um fast 14 Prozent gestiegen. Um daher einer weitern Kostensteigerung so gut als möglich zu begegnen, was im Blick auf die Schwierigkeiter:, der Vermarktung der Erzeugnisse zu höheren Preisen besonders aktuell ist, muss das Bestreben nach immer grösseren Roherträgen vermehrt unter dem Gesichtswinkel der damit verbundenen Kosten betrachtet werden. Es kann ernstlich nicht das Ziel sein, grössere Roherträge mit progressiv noch höheren Kosten zu erkaufen. Um so dringender sind einerseits arbeitserleichternde Maßnahmen, wie namentlich die Güterzusammenlegungen und andererseits die sachkundige Beratung der Landwirte in betriebswirtschaftlichen Fragen geworden.

9. Wir glauben feststelle:! zu dürfen, dass die Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes und der gestützt darauf erlassenen Ausführungsbeschlüsse von Bund und Kantonen smngemäss gehandhabt werden. Sowohl für dio technischen, als auch für die wirtschaftlichen Massnahmen wendet der Bund alljährlich recht erhebliche M:ttel auf.

Das Landwirtschaftsgesetz gewährleistet indessen nicht in jedem Fall und zu jeder Zeit kostendeckende Preise und ein mit andern vergleichbaren Berufen paritätisches Arbeitseinkommi in : es schliesst auch die marktmässigen Einflüsse von Angebot und Nachfrage nicht völlig aus. Der Bundesrat muss sich denn auch weiterhin das Recht vorbehalten, bei der Festsetzung von Richtpreisen und bei der Anordnung von Verwertu agsmassnahmen neben der Kostenlage auch den Produktions- und Absatz Verhältnissen Rechnung zu tragen. Je mehr es aber gelingt, ein vernünftiges Verhältnis zwischen der ackerbaulichen und viehwirtschaftlichen Produktion zu erreichen, anhaltende oder grössere Überschüsse zu vermeiden und die Erzeugnisse in guter Qualität anzubieten, um so eher ist es auch möglich, diese zu angemessenen, die Kosten deckenden Preisen abzusetzen.

Der Selbsthilfe als Voraussetzung für die Wirksamkeit staatlicher Massnahmen kommt deshalb nach wie vor entscheidende Bedeutung zu.

Die grossen Ziele unserer Landwirtschaftpolitik sind im Landwirtschaftsgesetz niedergelegt: Erhaltung und Förderung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft im Dienste der Landesversorgung, unter gleichzeitiger Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft. Bei der Entscheidung über Massnahmen, die zur Erreichnung dieser Ziele im Sinne der Richtlinie a des Landwirts'chaftsgesetzes ge'troffen werden sollen, sehen sich die Behörden vielfach vor eine schwierige Aufgabe gestellt.

Die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge und die Auswirkungen dieser Mass-

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nahmen sind oft schwer übersehbar. Dazu kommen die mannigfachen Interessengegensätze - wir erinnern nur an die Interessen der Produzenten einerseits und der Konsumenten andererseits - und die regional sehr unterschiedlichen, in weitem Masse von der Witterung abhängigen Produktionsverhältnisse, die von Jahr zu Jahr stark wechseln können.

< Bei der Betrachtung all dieser Fragen müssen wir uns bewusst sein, dass alle Staaten, die eine ähnliche Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur wie die Schweiz aufweisen, sich mit ähnlichen Schwierigkeiten auseinanderzusetzen haben. Die Aufgabe der kommenden Jahre liegt darin, auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes . an der Erreichung der gesteckten Ziele 'zu arbeiten, Erfahrungen zu sammeln und daraus die sich aufdrängenden Lehren zu ziehen.

Wir beantragen Ihnen, vom vorstehenden Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 31 Januar 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Feldmann Der Bundeskanzler: Ch. Oser

371 Anhang Übersicht über die finanziellen Leistungen des Bundes auf dem Gebiete der Landwirtschaft pro 1954 A. Abteilung für Landwirtschaft

Pranken

Deckung

Ausgaben (Bundesbeiträge) Pflanzenbau Futtergetreide-Anbauprämien . .

Verwertung der Bapsernte . . .

Kartoffelverwertung (Ernte 1953) Maschinenbeschaffung und MUÌ iterbetriebe in Berggebieten . . .

Tierzuchtwesen

Förderung des Viehabsatzes . . .

Bodenverbesserungen Zusätzliche Beiträge für Boden Verbesserungen

652 067.20 73 909.95 9 538 111.80 2 219 215.20 389 003.80

Allgemeine Bundesmittel Preiszuschläge Futtermittel · Preiszuschläge Futtermittel Preiszuschläge Futtermittel Kartoffelzollzuschlag

143 288.05 Allgemeine Bundesmittel 42498.-- Rückstellung Förderung der Landwirtschaft, verwendet für 1. Schweizerische Geflügelzuchtschule und 2. Schafzucht 2 606 451.65 Allgemeine Bundesmittel 2 987 716.-- Preiszuschläge Futtermittel 4 000 000. -- Allgemeine Bundesmittel 28 074.35 Allgemeine Bundesmittel (Arbeitsbeschaffungs.kredite) 3 000 000.60 Allgemeine Bundesmittel

Bau- u n d Siedlungswesen . . . .

Entwässerungen, Güterzusamnenlegungen, Rodungen etc. gei näss · ausserordentlicheniMeliorati ons4 938 121.84 Allgemeine Bundesmittel Programm 750000.-- Allgemeine Bundesmittel Melioration Linth-Ebene . . . .

l 700 000. -- Allgemeine Bundesmittel Melioration Rhein-Ebene . . . .

Inspektionsdienst und Zen Mi267 853.15 Allgemeine Bundesmittel stellen . . . . ' 102 187.15 Preiszuschläge Futtermittel 11. Schweizerische Ausstellung ; für Landwirtschaft, Forstwirtsc haft 556 762.50 Allgemeine Bundesmittel u n d Gartenbau Luzern . . . .

Butterverwertung '. .16226338.78 Entnahme aus Rückstellung Milchprodukte (Einnahmen aus Butter-Importen etc.)

Übei trag 50221600.02

372 Franken Deckung Übertrag 50221600.02 Landwirtschaftliches Bildungswesen 1681976.10 Allgemeine Bundesmittel Diverse Beiträge an landwirtschaftliche Organisationen 110533.-- Allgemeine Bundesmittel Bekämpfung der Hagelbildung. .

69 644.70 Allgemeine Bundesmittel Bekämpfung der Pflanzenkrankheiten und Schädlinge . . . .

342651.40 Entnahme aus Bückstellung Pflanzenschutz (Einfuhrund Untersuchungsgebühren auf Kartoffeln, Obst und Pflanzen) Förderung des einheimischen Weinbaues 7 783 083.51 Entnahme aus Bückstellung Rebbau (Einfuhrgebühren auf Wein und Weinmost) Total Ausgaben 60 209 488.73

. Einnahmen:

,

Franken

Preiszuschläge auf Futtermitteln 30207828.44 Ausgleichsabgaben auf Konsummilch 11414.31 Preiszuschläge auf Speisefetten und Speiseölen 2 754 625.75 BUTYEA, Erträgnisse aus Butter-Importen 10240896.23 Einfuhr- und Untersuchungsgebühren auf Kartoffeln, Obst und Pflanzen ". . . .

497881.95 Zuschlagsgebühr auf Fasswein 8 620 909.30 Diverse Einnahmen 281114.65 Total Einnahmen 52 614 670.63

B. Landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungsanstalten Ausgaben . .

Einnahmen C. Hengsten- und Fohlendepot Ausgaben Einnahmen

Franken Deckung 4 937 904.04 Allgemeine Bundesmittel 847 652.04 Untersuchungsgebühren, Produktenverkäufe etc.

891784.13 Allgemeine Bundesmittel 311 320.10 Produktenverkäufe, Sprung· gelder etc.

373 D. Preiskontrollstelle Preisausgleichskasse für Eier und Eiprodukte Ausgaben Einnahmen E. Veterinäramt Ausgaben Einnahmen F. Bundesamt für Sozialversichei ung Ausgaben Familienzulagen an landwirtsc' laf tliche Arbeitnehmer Familienzulagen an Bergbauem .

Einnahmen Familienzulagen an landwirtschaftliche Arbeitnehmer und liergbauern Familienzulagen an landwirtsc] laftliche Arbeitnehmer

Pranken Deckung 3 062 648.36 Preisausgleichskasse für Eier 2919742.25 Ausgleichsabgabe auf Importeiern 11944650.93 Allgemeine Bundesmittel (soweit nicht durchEinnahmen gedeckt) 4 995 541.65 Grenztierärztliche Untersuchungsgebühren etc.

5579390.68 5 829 310.39 11 408 701.07 Allgemeine Bundesmittel (soweit nicht durch Einnahmen gedeckt)

3739642.10 Beiträge der Kantone 2 284 OSI. 47 Beiträge der Arbeitgeber 6023693.57

G. Getreideverwaltung (Inland) Ausgaben Mahlprämien . . .· 10030809.90 Spezialtarif für Brotgetreide, Frachtbeiträge an SBB . . . .

1500000.-- Beiträge an die Verbesserung von Mahleinrichtungen in Gebirgsgegenden 3790.-- Verbesserung und Verbilliguni; des Saatgutes .

869230.70 Verlust auf Inlandgetreide (Ankauf-Verkauf) 47634544.83 Gekeimtes Inlandgetreide . . . .

4407479.85 64445855.28 Allgemeine Bundesmittel (Die Einnahmen aus den i Verkauf von Inlandgetreide werden mit den bedeutend höheren Ankaufspreiser verrechnet; die sich ergebende Differenz (AnkaufVerkauf) erscheint als Verlustposten unter den Ausgaben.)

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

26

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Einnahmen Zur teilweisen Deckung der Aufwendungen des Bundes wurden gemäss Art. 23blB der Bundesverfassung die statistische Gebühr im Warenverkehr mit dem Auslande und mit Bundesratsbeschluss vom 13. August 1938 die Zölle auf Weizen und Roggen erhöht.

H. Alkoholverwaltung (Rechnungsjahr 1. Juli 1954-30. Juni 1955, in welches die Verwertung der Obst- und Kartoffelernten 1954 effektiv entfällt.)

Deckung Ausgaben Franken Obstverwertung und Umstellung 3156427.71 Mittel der Alkoholverwaltung: des Obstbaues Kartoffelverwertung t o t a l . . . . 23654842.72 davon 13849706.72 Mittel der Alkoholverwaltung Zollzuschlag auf Importkar74805.10 toffeln Rückvergütung aus der Bun230330.90 deskasse für die vorsorgliche Lagerhaltung an Speisekartoffeln 7000000.-- Allgemeine Bundesmittel 2500000.-- Entnahme aus Reserve für dieFörderung der Kartoffelverwertung 2444 Total 26811270.43

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Landwirtschaftspolitik des Bundes und die Lage der schweizerischen Landwirtschaft (Vom 31. Januar 1956)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1956

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

7031

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.02.1956

Date Data Seite

324-374

Page Pagina Ref. No

10 039 305

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