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Bericht der

ständeräthlichen Kommission im Rekurs des Christian Salvisberg in Prilly (Waadt).

(Vom 10. Juni-1874.)

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Christian Salvisberg, Jäger, von Mühleberg (Bern), verehelicht mit Rosette, geb. Narbel, wohnhaft in Prilly (Waadt) wurde von der Regierung dieses Kantons in Anwendung des Art. 41 der Bundesverfassung vom 12. September 1848 aus dem Kanton weggewiesen, nachdem er am 23. Dezember 1873 wegen Eigenthumsschädigung (Wegnahme von Weidenzweigen) zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt worden war. Seine Gattin Rosette Salvisberg rekurrirte am 19. März 1874 gegen diese Ausweisung an den Bundesrath, wurde aber von dieser Behörde abgewiesen, weil sich aus dem Berichte des Staatsrathes von Waadt ergab, daß Salvisberg schon wiederholt polizeilich bestraft worden war, folglich die Ausweisung nach Art. 41 (6, b) zuläßig gewesen sei.

Gegen diesen Beschluß rekurrirte Christian Salvisberg unterm 2. Mai. an die Bundesversammlung. Er beruft sich dabei auf seine bisherigen durch Zeugnisse bestätigte gute Aufführung, die im Verhältniß zur Geringfügigkeit seines Vergehens allzu große Härte der

375 ihm auferlegten Strafe, die schweren Folgen der Ausweisung für seine Gattin und sein Tjähriges Kind und bittet um Aufhebung u s> des Ausweisungsbeschlusses.

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Die Regierung von Waadt dagegen spricht die Erwartung aus, daß ihrem Ausweisungsbeschluß freier Lauf gelassen werde und Salvisbcrg aus dem Kanton Waadt weggewiesen werden könne, wo er nicht nur wegen Forstfrevel, sondern auch einmal wegen Diebstahls (zu 20 Tagen Gefängniß) und Eigenthumsschädigung verurtheilt worden sei. Die Regierung von Waadt habe schon einmal einen Ausweisungsbeschluß aus Rüksicht für seine Familie aufgehoben ; allein nachdem nun Salvisberg rükfällig geworden, beharre sie auf ihrem Beschlüsse und hoffe, daß die Bundesversammlung "ö den Rekurs abweise.

Es unterliegt keinem 'Zweifel, daß die rekurrirten Beschlüsse des Staatsrathes von Waadt Und des Bundesrathes, da beide unter der Herrschaft der Bundesverfassung vom 12. September 1848 gefaßt wurden, nach den oben angeführten Bestimmungen des Art. 41 derselben begründet sind und die allerdings unverhältnißmäßig schweren Folgen derselben für die Familie Salvisberg gäben der Bundesversammlung keinen hinreichenden Grund zur Aufhebung derselben an die Hand.

Allein für die Bundesversammlung können natürlich bei Erledigung dieses Rekurses jene Bestimmungen nicht mehr maßgebend sein, indem dieselben seit dem 29. Mai 1874 außer Kraft getreten und durch die davon sehr abweichenden Bestimmungen des Art. 45 der neuen Bundesverfassung ersezt worden sind. Auch ohne daß die Akten durch Einforderung der gegen Salvisberg erlassenen Strafurtheile vervollständigt werden, kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß nach diesen lezteru die Ausweisung nicht mehr wird aufrecht erhalten werden können, weil von einer w i e d e r h o l t e n Verurtheilung wegen s c h w e r e n Vergehen in den Akten nichts erwähnt ist ; und ebenso wenig von. einem der andern Requisite, auf die eine Entziehung der Niederlassung gegründet werden könnte. In Anbetracht des mittlerweile eingetretenen Wechsels des zur Anwendung kommenden Rechts hält es indessen die Kommission nicht für angemessen, daß die Bundesversammlung ihre Intervention direkt eintreten lasse, sondern sie hält dafür, daß vorerst der Regierung des Kantons Waadt Gelegenheit gegeben werden solle, an der Hand der Bestimmungen der erst seither publizirten Bundesverfassung eine Revision des rekurrirten Beschlusses vorzunehmen.

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Antrag:*) Es seien die Akten durch Vermittlung des Bundesrathes der Regierung des Kantons Waadt zu übersenden und dieselbe anzufragen, ob sie sich nicht veranlaßt sehe, den rekurrirten Ausweisungsbeschluß auf Grundlage der Bestimmungen des Art. 45 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 einer Revision zu unterwerfen.

B e r n , den 10. Juni 1874.

Namens der ' ständeräthlichen Kommission, Der B e r i c h t e r s t a t t e r :

Sulzer.

*) Vom Ständerath. angenommen am 13. Juni; der Nationalrath trat bei

am 25. gl. Mts.

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Bericht dès

Schweiz. Konsuls in Philadelphia (Hrn. Rudolf Koradi, von Oberneunforn, Thurgau), über das Jahr 1873.

(Vom 3. April 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

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Tit.!

Wie zur Zeit der Abfassung meines letzten Jahresberichts anzunehmen war, bot das Jahr 1873 in politischer Beziehung, namentlich mit Bezug auf die inneren Verhältnisse des Landes, ein weit ruhigeres Bild als das vorhergehende mit seiner großen Aufregung, hauptsächlich durch die hineinfallende Präsidentenwahl. Es war somit die Grundlage vorhanden, auf welche sich auch die Erfüllung der weiteren, allgemein gehegten Erwartung bauen ließ, daß das Jahr für die Vereinigten Staaten eine neue Epoche geschäftlicher wie staatlicher Prosperität inauguriren würde. Alle Aussichten waren günstig. Das Land blieb von größeren Calamitäten bis gegen das Ende ziemlich verschont. Reiche Ernten gegenüber theilweisem Mangel durch spärliche oder Mißernten in verschiedenen europäischen Ländern veranlaßtcn eine ungewöhnlich starke, günstige Ausfuhr unsrer Produkte, wogegen eine bedeutend verminderte Einfuhr von Luxusartikeln dazu mitwirkte, die geschäftliche Balance günstiger zu gestalten als seit Jahren. Da brach plötzlich im September eine der Krisen über das Land herein, wie sie hier von

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Bericht der ständeräthlichen Kommission im Rekurs des Christian Salvisberg in Prilly (Waadt). (Vom 10. Juni 1874.)

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04.07.1874

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