Bericht zur Abschreibung der Motion 10.3641 Finanzkommission des Nationalrates vom 7. September 2010: Überprüfung der Steuerung der Informatiklösung SAP in der Bundesverwaltung vom 25. Mai 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2010

M 10.3641

Überprüfung der Steuerung der Informatiklösung SAP in der Bundesverwaltung (Annahme NR 1.12.10, Annahme SR 16.6.11)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Mai 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-0179

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Bericht 1

Ausgangslage

Die Motion der Finanzkommission des Nationalrates vom 7. September 2010 beauftragt den Bundesrat, zuhanden der zuständigen Aufsichtsorgane der Bundesversammlung in einem Bericht wie folgt Auskunft zu geben: a.

Im Bericht seien die Konsequenzen der Trennung der SAP-Systeme durch die Ausnahmeregelung in Artikel 2 Absatz 3 der (damals geltenden) Bundesinformatikverordnung (aBinfV) zu analysieren.

b.

Es seien die nach der Trennung verbleibenden Redundanzen bei der Informatiklösung SAP hinsichtlich eines effektiven und effizienten Ressourceneinsatzes zu überprüfen.

c.

Sodann seien die Bedürfnisse einer übergeordneten Führung der Informatiklösung SAP zu beurteilen.

d.

Zudem seien die Möglichkeiten der Ausgestaltung einer einzigen zentralen Führung der administrativen Informatiklösung SAP zu prüfen.

Nach der Überweisung der Motion hat der Bundesrat am 9. Dezember 2011 die total revidierte Bundesinformatikverordnung (BinfV)1 erlassen und dabei insbesondere den der Motion zugrundeliegenden Artikel 2 Absatz 32 aufgehoben. Entsprechend fallen nun auch die Systeme der Armee grundsätzlich in den Anwendungsbereich der bundesweiten Informatikvorgaben.

Weiter hat der Bundesrat mit der totalrevidierten BinfV einen Steuerungsausschuss Supportprozesse unter der Leitung des Informatikstrategieorgans des Bundes (ISB) eingesetzt (Art. 20 BinfV).

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Betrieb der SAP-Systeme in der Bundesverwaltung

Sowohl das VBS (Führungsunterstützungsbasis (FUB)) wie auch das EFD (BIT) betreiben SAP-Systeme. Grundsätzlich setzen beide Departemente diese Systeme für die Bereiche Logistik, Finanzen und Personal ein. Ein Zusammenlegen auf einer einzigen Plattform ist aus heutiger Sicht aus folgenden Gründen nicht sinnvoll: ­

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In der Bundesverwaltung sind nicht alle IKT-Systeme und -Anwendungen gleichermassen schützenswert. Schutzmassnahmen für besonders schützenwerte Infrastrukturen sind aufgrund der aktuellen Bedrohungslage sehr kostenintensiv. Ein pauschal hoher Schutz einschliesslich der Verfügbarkeit in ausserordentlichen Lagen für alle Systeme ist weder sinnvoll noch bezahlbar. Auch deshalb sollte wieder vermehrt geprüft werden, inwieweit SR 172.010.58; AS 2011 6093 Art. 2 Abs. 3 aBinfV: «Die Informatikvorgaben nach dieser Verordnung gelten nicht für die Informatik der Waffensysteme und nicht für die Führungs- und Einsatzsysteme der Armee.»

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die IKT-Infrastrukturen in solche mit besonders hohem Schutzbedarf (z. B.

SAP-ERP3 für die Logistik der Armee) und solche mit normalem Schutzbedarf (z. B. SAP-ERP für die zivile Verwaltung) zu gliedern wären. Entsprechend wären diese Infrastrukturen auch verschiedenen Leistungserbringern zuzuschreiben.

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Aus Gründen des Investitionsschutzes können diverse, noch unter der ursprünglichen Fassung der BinfV aufgebaute SAP-ERP-Infrastrukturen des VBS nicht kurzfristig zu einem anderen Leistungserbringer migriert werden.

Dies begründet sich insbesondere auch damit, dass das VBS eine grundsätzlich andere, nämlich logistik-zentrierte, SAP-ERP-Architektur betreibt als das BIT für den zivilen Teil. Die SAP-Systeme des VBS unterstützen die Kernprozesse der Armee und sind eng gekoppelt mit den militärischen Führungssystemen resp. in diese integriert.

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Die durch VBS/FUB betriebenen SAP-Systeme der Armee (Branchenlösung «Defense Forces & Public Security» (DFPS)) sind auf die Durchhaltefähigkeit im Krisenfall konzipiert. SAP-DFPS ist für die Armee-Logistik eine zentrale, eigenständige Kernapplikation. Die armeespezifische Branchenlösung DFPS ist in der Schweiz einmalig im Einsatz und hat kein weiteres Synergiepotenzial mit den vom BIT betriebenen SAP-Applikationen.

Seit der Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Oktober 2010 zur Motion 10.3641 wurden zudem wichtige Optimierungs- und Sparmassnahmen erfolgreich umgesetzt: Die Ressourceneinsätze wurden im Sinne der Motion überprüft, einzelne zentrale SAP-Systeme wurden an einem Ort zusammengeführt, und eine übergeordnete, zentrale Koordination wurde im ISB angesiedelt.

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So wurden die beiden Leistungserbringer BIT und FUB mit Unterstützung der Firma Boston Consulting Group (BCG) unabhängig voneinander überprüft und neu organisiert. Dabei wurden die früheren CCSAP (Competence Center SAP) in ihrer ursprünglichen Form, unter Berücksichtigung eines effektiven und effizienten Ressourceneinsatzes, aufgelöst und nach der «Information Technology Infrastructure Library» (ITIL) in neue Strukturen übergeführt.

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Redundanzen zwischen den beiden Leistungserbringern BIT und FUB im Bereich SAP wurden überprüft. Heute werden SAP-Basisleistungen zugunsten der gesamten Bundesverwaltung durch das BIT betrieben (z. B. Eingangsplattform für elektronischen Zahlungsverkehr, die Personalplattform BV-Plus, Informatik für das «Neue Führungsmodell der Bundesverwaltung» (NFB)).

Die totalrevidierte BinfV sowie die präzisierenden Weisungen des EFD vom 19. Februar 2013 zur Umsetzung der Bundesinformatikverordnung (WUBinfV) 4 bilden heute die Grundlagen für die zentrale Führung der SAP-Supportprozesse auf 3

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Enterprise-Resource-Planning (ERP) bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, Ressourcen wie insb. Finanzen, Personal und Logistik im Sinne des Unternehmenszwecks rechtzeitig und bedarfsgerecht zu planen und zu steuern. SAP-ERP bezeichnet hier die SAP-basierenden IKT-Systeme, die zu diesem Zweck eingesetzt werden.

www.isb.admin.ch > IKT-Vorgaben > Grundlagen

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der Stufe Bund, insbesondere auch, was den Steuerungsausschuss Supportprozesse (SASP, Art. 20 BinfV) betrifft. Das ISB, nach der Revision der BinfV nun mit weitergehenden Kompetenzen ausgestattet, stellt die strategische Ausrichtung und die zentrale Steuerung des bundesweiten SAP-Einsatzes über den SASP sicher.

Durch sein Fachorgan «Führungsausschuss Supportprozesse Bund» (FASP) werden die SAP-Architektur, das Change- und Releasemanagement, unterstützende Arbeitsgruppen und strategische Projekte, über beide Leistungserbringer hinweg, koordiniert und geführt.

Unter diesen geänderten Rahmenbedingungen soll auch in Zukunft laufend geprüft werden, wo Synergien ausgeschöpft werden können. So sollen z. B. die IAMSysteme von VBS/V (ICAM) Informationen aus dem zivilen Identity-Store (Teil des zivilen IAM-Systems) nutzen.

Gestützt auf die IKT-Strategie des Bundes 2016­2019 wird im Zusammenhang mit den nächsten Technologiewechseln und der Entwicklung der Bedürfnisse im ERPBereich eine gemeinsame und departementsübergreifende Strategie zum Einsatz der IKT erarbeitet. In diesem Rahmen werden auch Fragen der Leistungserbringung und weiterer Synergien geprüft. Berücksichtigt wird dabei auch ein Grundsatz der IKTStrategie 2016­2019, wonach IKT-Leistungen der departementalen Leistungserbringer grundsätzlich komplementär erbracht werden sollen. So soll beispielsweise ein angestrebter zentraler Datacenter-Verbund zu einer weiteren geografischen Zusammenlegung der IKT-Infrastrukturen führen.

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Fazit und Antrag auf Abschreibung der Motion

Der Bundesrat beantragt die Abschreibung der Motion, weil ­

Artikel 2 Absatz 3 aBinfV (zentraler Punkt der Motion) mit der totalrevidierten BinfV per 1. Januar 2012 aufgehoben wurde;

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sich das VBS in das neue Steuerungs- und Führungssystem gemäss totalrevidierter BinfV integriert;

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die IKT-Systeme zur Unterstützung der Supportprozesse in den Bereichen Logistik, Finanzen und Personal (SAP-ERP-Systeme) nicht als Standarddienste geführt werden, weil das benötigte Fach- und Geschäftsprozesswissen nicht zentralisiert werden kann;

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vor dem Hintergrund unterschiedlicher IKT-Architekturen auf eine Zusammenlegung der SAP-ERP-Systeme von VBS/FUB und EFD/BIT verzichtet wird;

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mögliche Synergien zwischen den SAP-ERP-Systemen der FUB und des BIT unter Berücksichtigung von Überlegungen zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit heute ausgeschöpft sind.

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