Interdepartementale Zusammenarbeit in der Aussenpolitik: Abschluss der Inspektion/Ankündigung Nachkontrolle Brief der GPK-N an den Bundesrat vom 4. September 2015

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) verabschiedete am 28. Februar 2014 ihren Bericht zur interdepartementalen Zusammenarbeit in der Aussenpolitik. In diesem Bericht stellte die Kommission, gestützt auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) vom 19. Juni 2013, fest, dass die Bundesstellen bei aussenpolitischen Themen zur Zusammenarbeit gewillt sind und in dieser auch einen Nutzen sehen. Sie identifizierte aber auch gewisse Schwächen und kritisierte insbesondere die fehlende Gesamtsicht in der Aussenpolitik und die teilweise langsamen Verfahren bei der Zusammenarbeit verschiedener Bundesstellen. Sie forderte den Bundesrat daher in zwei Empfehlungen auf, Massnahmen zu prüfen, um diese Probleme zu beheben oder zumindest zu entschärfen.

In seiner ersten Stellungnahme vom 21. Mai 2014 zum Bericht der GPK-N zeigte sich der Bundesrat grundsätzlich einverstanden mit den Stossrichtungen der Empfehlungen und kündigte verschiedene Massnahmen an. Aus Sicht der Kommission blieben dabei allerdings verschiedene Fragen offen. Die GPK-N forderte vom Bundesrat daher mit Schreiben vom 6. November 2014 weitere bzw. ergänzende Auskünfte dazu, mit welchen Massnahmen und in welchem Zeitrahmen die Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden sollen.

Weil der Bundesrat dieser Forderung aus Sicht der GPK-N auch in seiner zweiten Stellungnahme vom 21. Januar 2015 nur teilweise nachgekommen ist, hat die Kommission entschieden, die Thematik der interdepartementalen Zusammenarbeit in der Aussenpolitik als Querschnittsthema für die Sitzungen mit den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern zum Geschäftsbericht des Bundesrates vom Mai 2015 zu wählen. Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher wurden deshalb jeweils gefragt, wie sie in ihrem Departement sicherstellen, dass sie selber einen guten Überblick über die aussenpolitischen Geschäfte ihres Departements haben und dass sich die Fachämter bei aussenpolitischen Themen mit dem EDA koordinieren und in welchen Politikbereichen sie die Erarbeitung einer aussenpolitischen Sektorstrategie als sinnvoll erachten würden.

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Bei der Auswertung der Anhörungen hat die GPK-N festgestellt, dass die Bedeutung, die aussenpolitischen Themen und der Koordination mit dem EDA beigemessen wird, ziemlich variiert; ebenso wie die Massnahmen, die getroffen werden, um einen Überblick über diese Themen zu haben und diese mit dem EDA abzustimmen.

Sie nimmt aber auch zur Kenntnis, dass die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher angaben, dass die Zusammenarbeit mit dem EDA gut funktioniere oder sich in den letzten Jahren zumindest verbessert habe.

Aus Sicht der GPK-N lieferten die beiden Stellungnahmen und die Anhörungen nützliche Informationen über die Umsetzung ihrer Empfehlungen, gewisse Fragen blieben aber auch offen. Sie nimmt daher im Folgenden einerseits eine zusammenfassende Bewertung der Stellungnahmen vor und nutzt andererseits auch die Gelegenheit, um einige Forderungen aus dem Bericht vom 28. Februar 2014 noch einmal zu bekräftigen: Empfehlung 1: Verbesserung der Gesamtsicht ­

Die GPK-N hat den Bundesrat aufgefordert, die Rollen- und Aufgabenteilung zwischen Fachdepartementen und EDA sowie die Zuständigkeiten im EDA zu klären und besser bekannt zu machen (Empfehlung 1.1 und 1.3). Sie begrüsst es daher, dass der Bundesrat angekündigt hat, die Rollen- und Aufgabenteilung zwischen den Fachdepartementen und dem EDA an der Generalsekretärenkonferenz thematisieren zu lassen. Bei dieser Gelegenheit sollten nicht nur die Organisationsverordnung des EDA und die Weisungen des Bundesrates über die Pflege der internationalen Beziehungen in Erinnerung gerufen werden, sondern auch die Zuständigkeiten innerhalb des EDA und insbesondere die Rolle der Abteilung für sektorielle Aussenpolitiken erläutert werden. Die Kommission geht davon aus, dass diese Massnahme inzwischen umgesetzt wurde. Die GPK-N wird sich im Rahmen einer Nachkontrolle genauer mit deren Wirkung befassen.

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In Bezug auf die Umsetzung ihrer Forderung nach einer Institutionalisierung des Einbezugs des EDA bei aussenpolitischen Geschäften anderer Departemente und nach präziseren Informationen zu den einzelnen Instrumenten der Zusammenarbeit (Sektorstrategien, Zusammenarbeitsvereinbarungen, Detachierungen etc.) bestehen aus Sicht der GPK-N noch Unklarheiten (Empfehlung 1.2 und 1.7). Die Kommission vermisst insbesondere eine Klärung der Frage, wie sich die Zusammenarbeitsinstrumente unterscheiden bzw. wann welches Instrument sinnvoll ist. Der Bundesrat hat gegenüber der Kommission auch signalisiert, dass er bereit ist, weitere Sektorstrategien einzuführen und vermehrt Diplomaten in Fachämter zu entsenden. Trotz Nachfragen ist aber unklar, ob er konkrete Aufträge erteilt hat, um diese Massnahmen zu realisieren.

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Die GPK-N hat den Bundesrat auch aufgefordert, zu prüfen, ob das Modell der Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) allenfalls auch auf andere wichtige Bereiche der Aussenpolitik angewendet werden könnte (Empfehlung 1.6). In seinem Brief vom 21. Januar 2015 schreibt der Bundesrat, dass die Prüfung noch nicht stattgefunden hat, dass die zu prüfenden Bereiche sowie der Zeitplan aber im ersten Trimester 2015 definiert werden.

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Die Kommission werde danach über die Ergebnisse dieser Überlegungen informiert. Dies ist bislang nicht erfolgt.

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Um eine Verbesserung der Gesamtsicht zu erreichen und damit die Voraussetzung zu schaffen, dass Zielkonflikte oder mögliche Verknüpfungen von Geschäften erkannt werden, ist es aus Sicht der GPK-N nötig, dass die einzelnen Departemente selber eine gute Übersicht über ihre aussenpolitischen Geschäfte haben und entsprechende Massnahmen ergreifen (Bestimmung eines Akteurs, der den Überblick hat und Priorisierung der Geschäfte innerhalb des Departments; Empfehlungen 1.4 und 1.5). Der Bundesrat hat in seinen Stellungnahmen deutlich gemacht, dass es seiner Ansicht nach Sache der jeweiligen Departementsvorsteherinnen und ­vorsteher ist, wie sich diese einen Überblick verschaffen. Die Anhörungen im Rahmen der Sitzungen vom Mai 2015 haben denn auch gezeigt, dass dies sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Weil mit Hilfe von Ämterkonsultationen und Informationsnotizen aber dennoch gewährleistet ist, dass der Bundesrat über allfällige Verbindungen und Zielkonflikte von aussenpolitischen Geschäften informiert ist, ist die Argumentation des Bundesrates aus Sicht der GPK-N nachvollziehbar. Die GPK-N begrüsst ausserdem, dass der Bundesrat bei Bedarf auch weitere Massnahmen prüft und anordnet, die zu einer besseren Gesamtsicht führen können, wie z.B. die Ende Juni 2015 kommunizierte Verknüpfung der EU-Dossiers und die gleichzeitige Einsetzung eines Chefunterhändlers für alle Verhandlungen mit der EU.

Empfehlung 2: Anpassung der Verfahren der Zusammenarbeit ­

Der Bundesrat hat in seiner ersten Stellungnahme vom 21. Mai 2014 angegeben, dass er spezifische Koordinationsverfahren definieren will, die in besonderen Situationen und Notfällen die Vorbereitung von Bundesratsentscheiden erleichtern und beschleunigen können. Als Beispiel nannte er dabei insbesondere die Möglichkeit, eine hochrangige interdepartementale Adhoc-Arbeitsgruppe einzusetzen. Diese Möglichkeit ist aus Sicht der Kommission zu begrüssen und kann für eine raschere Koordination zwischen den Departementen sorgen.

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Die GPK-N hat allerdings in ihrem Bericht ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Dauer der Verfahren auch durch die Beteiligung der Kantone und des Parlaments verlängert wird. Auf die Frage, wie diese bei dringenden aussenpolitischen Entscheiden auf angemessene Weise, aber schneller als bisher, einbezogen werden können, hat der Bundesrat aus Sicht der GPK-N bisher keine befriedigende Antwort geliefert.

Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Departementsvorsteherinnen und ­vorsteher im Rahmen der Anhörungen angegeben hatten, dass die Zusammenarbeit mit dem EDA gut funktioniere oder sich in den letzten Jahren zumindest verbessert habe, hat die GPK-N letztlich trotz der oben erwähnten, offenen Fragen beschlossen, das Thema zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter zu vertiefen bzw. aktuell keine weiteren Informationen vom Bundesrat zu verlangen. Sie hat aber entschieden, die Thematik aufmerksam weiterzuverfolgen und die noch offenen Fragen zur Umset-

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zung ihrer Empfehlungen in ein bis zwei Jahren im Rahmen einer Nachkontrolle erneut zu thematisieren.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. September 2015

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Der Präsident: Rudolf Joder, Nationalrat Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres

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