16.018 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Volksrepublik China über soziale Sicherheit vom 3. Februar 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Volksrepublik China über soziale Sicherheit.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. Februar 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2015-3174

1297

Übersicht Das Abkommen über soziale Sicherheit mit China ist Teil der Bemühungen, die Beziehungen zwischen der Schweiz und den bedeutenden Wirtschaftspartnern in Asien zu vertiefen. Nach dem Abschluss von Sozialversicherungsabkommen mit Japan, Indien und Korea hat die Schweiz auch Vertragsverhandlungen mit China aufgenommen mit dem Ziel, das Vertragsnetz in Asien zu erweitern.

Das vorliegende Abkommen mit China regelt in erster Linie die Vermeidung der Doppelversicherung in beiden Vertragsstaaten und erleichtert damit den Einsatz von Personal sowie die Erbringung von Dienstleistungen im anderen Staat.

Werden Erwerbstätige für eine befristete Dauer von ihrem Arbeitgeber in den anderen Vertragsstaat entsandt, so verbleiben sie weiterhin im Rentenversicherungssystem des Herkunftsstaats und entrichten dort ihre Beiträge. Das Abkommen folgt grundsätzlich dem Muster der von der Schweiz bislang abgeschlossenen Abkommen und richtet sich nach den im internationalen Sozialversicherungsrecht allgemein geltenden Grundsätzen.

Das Abkommen sieht keinen Export von schweizerischen Rentenleistungen an chinesische Staatsangehörige vor, erlaubt jedoch die Rückerstattung der Beiträge beim definitiven Verlassen des Landes. Umgekehrt erhalten schweizerische Staatsangehörige beim endgültigen Verlassen Chinas ihre Beiträge, die sie an die chinesische Rentenversicherung entrichtet haben, zurückerstattet.

1298

BBl 2016

Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage

Die Volksrepublik China (China) hat in den letzten Jahren eine aktive Politik beim Abschluss von Sozialversicherungsabkommen verfolgt und bereits mit einigen europäischen Staaten ein solches unterzeichnet. Für die Schweiz ist das Abkommen über soziale Sicherheit Teil der Bestrebungen, die Beziehungen mit wichtigen Wirtschaftspartnern in Asien zu vertiefen. Die Umsetzung der bereits 2010, 2011 und 2015 in Kraft getretenen Abkommen mit Japan, Indien und Korea erfolgt problemlos.

Heute leben rund 1900 Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in China. In der Schweiz leben rund 12 500 chinesische Staatsangehörige.

In den letzten Jahren hat sich der wirtschaftliche Austausch zwischen der Schweiz und China zunehmend intensiviert. China ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz in Asien. Rund 600 Schweizer Firmen sind in China vertreten; sie beschäftigen insgesamt rund 200 000 Angestellte.

1.2

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Nach der Einführung eines nationalen Sozialversicherungssystems in China wies die Handelskammer Schweiz­China (SwissCham) mit einem Positionspapier auf die Folgen für die in China tätigen Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Arbeitgeber in der Schweiz hin und forderte die zuständigen Behörden auf, Schritte im Hinblick auf den Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens zu unternehmen. Die Schweiz unterbreitete China in der Folge einen Abkommensentwurf, der darauf ausgerichtet war, den Einsatz von Arbeitskräften im anderen Staat zu erleichtern, indem die gleichzeitige Beitragspflicht von entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Sozialversicherungssystemen beider Staaten vermieden wird (Entsendeabkommen). Die gleichzeitige Beitragspflicht in beiden Staaten bedeutet eine erhebliche finanzielle Zusatzbelastung für die Schweizer Arbeitgeber und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die als Entsandte für eine befristete Dauer in China tätig sind.

Nach einem vorgängigen Austausch von Entwürfen im Rahmen von Expertengesprächen fanden im Verlauf des Jahres 2013 zwei Verhandlungsrunden statt. Auf dem Korrespondenzweg wurden die letzten Differenzen im Sommer 2015 bereinigt und der Abkommenstext konnte finalisiert werden.

Das Abkommen wurde anlässlich des Besuchs von Bundesrat Alain Berset in Peking am 30. September 2015 unterzeichnet.

1299

BBl 2016

1.3

Vernehmlassung

Für diese Art von Abkommen wird kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, da die massgebenden Rechtsvorschriften keine Anwendung finden. Das vorliegende Abkommen unterliegt nicht dem Referendum. Ausserdem betrifft es weder zentrale Interessen der Kantone, noch hat es weitreichende Konsequenzen.

1.4

Überblick über den Inhalt des Abkommens und Würdigung

Ohne Abkommen sind Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend von einem schweizerischen Unternehmen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach China entsandt werden und im Schweizer Sozialversicherungssystem versichert bleiben, in beiden Ländern beitragspflichtig. Im umgekehrten Fall entsteht auch bei chinesischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von einem chinesischen Arbeitgeber vorübergehend in die Schweiz geschickt werden und ihre Versicherung in China fortführen, eine Doppelbelastung. Diese Doppelversicherung stellt für Unternehmen ein nicht unbedeutendes Hindernis für den Austausch von Arbeitskräften zwischen den beiden Staaten dar. Mit dem Abschluss des Abkommens wird dieses Hindernis beseitigt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben während der Dauer ihrer Entsendung den Rechtsvorschriften des Entsendestaats unterstellt und werden von der Beitragspflicht des Staates, in dem sie vorübergehend eine Erwerbstätigkeit ausüben, befreit. Es handelt sich um ein Abkommen, das den Bedürfnissen beider Staaten, insbesondere dem Bestreben nach wirtschaftlichem Austausch, angemessen Rechnung trägt.

Das Abkommen entspricht den von der Schweiz unlängst abgeschlossenen Abkommen und den Standards der internationalen Koordinationsregeln für soziale Sicherheit im Bereich der anwendbaren Rechtsvorschriften. Es bezieht sich schweizerischerseits auf die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie die Invalidenversicherung (IV). Es erleichtert durch Bestimmungen zur Entsendung von Arbeitskräften und zu den anwendbaren Rechtsvorschriften den wirtschaftlichen Austausch und vermeidet Doppelunterstellungen.

Chinesische Staatsangehörige, die in der Schweiz erwerbstätig sind und Beiträge einbezahlen, können beim definitiven Verlassen der Schweiz die Rückerstattung der AHV-Beiträge beantragen. Die Beitragsrückerstattung gilt auch für Schweizer Staatsangehörige, die in China erwerbstätig sind, dort Beiträge bezahlen und in die Schweiz zurückkehren.

2

Die soziale Sicherheit in China

2.1

Allgemeines

Am 1. Juli 2011 ist das nationale Sozialversicherungsgesetz Chinas in Kraft getreten. Dieses erfasst die Renten-, die Kranken-, die Berufsunfall- und die Arbeitslosenversicherung sowie die Mutterschaftsversicherung. Anschluss- und beitrags1300

BBl 2016

pflichtig sind alle Arbeitgeber. Die Durchführung der Sozialversicherungen erfolgt durch die Provinzverwaltungen, welche die Beitragssätze festsetzen können. Es gibt deshalb teilweise erhebliche regionale Unterschiede in Bezug auf die Beitragshöhe.

Die Beiträge für alle Sozialversicherungszweige können sich auf bis zu 50 Prozent des Bruttolohns belaufen.

2.2

Alter

Die Rentenversicherung Chinas ist eine Pflichtversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer nicht als Erwerbstätige oder Erwerbstätiger versicherungspflichtig ist, kann sich ab dem sechzehnten Altersjahr der Rentenversicherung freiwillig anschliessen. Die Beiträge variieren je nach Provinz. Sie betragen zwischen 18 bis 30 Prozent des Bruttolohnes. Die Arbeitgeberbeiträge werden dem Grundrentenkonto gutgeschrieben, die Arbeitnehmerbeiträge dem Individualkonto der oder des Versicherten. Die beiden Konti bilden zusammen die gesetzliche Altersvorsorge.

Das Rentenalter beträgt 60 Jahre für Männer und liegt zwischen 50 und 55 Jahren für Frauen. Ein Rentenanspruch entsteht erst nach einer Mindestbeitragsdauer von 15 Jahren. Für die Berechnung des Rentenbetrags werden Faktoren wie die Beitragsdauer, das regionale Durchschnittseinkommen und die durchschnittliche Lebenserwartung beigezogen.

2.3

Tod

Familienangehörigen wird ein Betrag aus der Grundrentenversicherung ausbezahlt, der je nach Anzahl Hinterbliebener zwischen 6 und 12 Monatslöhnen beträgt. Aus dem Individualkonto wird eine Abfindung in der Höhe von zwei Monatslöhnen (basierend auf dem durchschnittlichen lokalen Monatslohn des Vorjahres) ausbezahlt.

2.4

Invalidität

Versicherte mit einer vollständigen Invalidität können ab Alter 45 (Frauen) bzw. 50 (Männer) eine vorzeitige Altersrente beziehen. Die Mindestbeitragsdauer für diese Leistung beträgt 10 Jahre. Wird die Mindestbeitragsdauer nicht erfüllt, so besteht bei vollständiger Invalidität ein Anspruch auf 40 Prozent des versicherten Lohns.

2.5

Arbeitslosigkeit

Die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die Arbeitslosenversicherung betragen 3 Prozent des Bruttolohns. Für die Begründung des Leistungsanspruchs muss ein Beitragsjahr vorliegen. Die Arbeitslosigkeit muss durch die arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt sein und die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer muss bei der Arbeitslosenversicherung als Arbeitssuchende bzw.

1301

BBl 2016

Arbeitssuchender registriert sein. Der Betrag der Arbeitslosenentschädigung liegt in der Kompetenz der Provinzen, darf aber das lokale Existenzminimum nicht unterschreiten. Je nach Beitragsdauer wird die Arbeitslosenentschädigung während einer Dauer von 12 bis 24 Monaten ausgerichtet.

3

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Abkommen bezieht sich auf die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) und auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung der chinesischen Gesetzgebung. Es regelt, wie vergleichbare Abkommen, im Wesentlichen Folgendes: Unterstellung im Beschäftigungsstaat, Befreiung von der Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats bei Entsendung, Rückerstattung von Beiträgen, Datenaustausch und Zusammenarbeit der Behörden der Vertragsstaaten.

Art. 2

Sachlicher Geltungsbereich

Der sachliche Geltungsbereich des Abkommens umfasst auf Schweizer Seite die Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie die Invalidenversicherung. Auf Seiten Chinas umfasst er die Renten- und die Arbeitslosenversicherung.

Die Schweiz führt in vergleichbaren bilateralen Abkommen im sachlichen Geltungsbereich nur die AHV/IV auf. Von der Versicherungspflicht in der Stammversicherung AHV lässt sich nach innerstaatlichem Recht auch die Versicherungspflicht in anderen Zweigen, wie zum Beispiel in der Arbeitslosenversicherung, ableiten.

Deshalb verzichtet die Schweiz auf die Aufführung der Arbeitslosenversicherung und weiterer Versicherungszweige im sachlichen Geltungsbereich von bilateralen Abkommen. Die chinesische Seite hingegen verlangte die explizite Aufnahme der Arbeitslosenversicherung in den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens auf schweizerischer Seite, da auch China diesen Versicherungszweig aufführt und dies dem Standard der Sozialversicherungsabkommen Chinas mit ausländischen Staaten entspricht. Die Parteien haben sich letztlich auf eine Ergänzung beim sachlichen Geltungsbereich in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des Abkommens geeinigt, in der auf die enge Verbindung zwischen der Versicherungspflicht in der AHV mit derjenigen in der Arbeitslosenversicherung in Bezug auf die Entsendung ausdrücklich hingewiesen wird.

Der persönliche Geltungsbereich wird nicht ausdrücklich geregelt. Die Bestimmungen des Abkommens sind offen formuliert und gelten für alle Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit.

Art. 3

Anwendbare Rechtsvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Ein wesentlicher Punkt, der in den Abkommen geregelt wird, betrifft die anwendbaren Rechtsvorschriften für Personen, die im Gebiet des anderen Staates eine Erwerbstätigkeit ausüben. Im vorliegenden Abkommen gilt, wie in allen anderen 1302

BBl 2016

bilateralen Abkommen, der Grundsatz der Unterstellung am Ort der Erwerbstätigkeit. Dies bedeutet, dass Personen, die in beiden Staaten erwerbstätig sind, in jedem Staat nur für die dort ausgeübte Tätigkeit versichert werden. Dies gilt auch für Selbstständigerwerbende.

Art. 4­8

Anwendbare Rechtsvorschriften für bestimmte Personengruppen

Die Artikel 4­8 enthalten für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie für ihre Angehörigen besondere Regelungen, die vom Grundsatz der Unterstellung am Ort der Erwerbstätigkeit abweichen.

Heute sind Personen, die für chinesische Unternehmen vorübergehend in der Schweiz tätig sind, aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in der Schweiz sowohl in der AHV/IV als auch in der chinesischen Rentenversicherung beitragspflichtig. Umgekehrt kommt es beim Einsatz von Personal schweizerischer Unternehmen in China zu einer stossenden Doppelbelastung, wenn die obligatorische Versicherung in der AHV/IV im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber weitergeführt wird.

Das Abkommen beseitigt diese Doppelversicherung, indem gemäss Artikel 4 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend zur Arbeitsleistung in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt werden, ausschliesslich den Rechtsvorschriften des entsendenden Vertragsstaats unterstellt bleiben. Gemäss Artikel 7 bleiben auch Personen, die im öffentlichen Dienst des einen Staates angestellt sind und in den anderen Staat entsandt werden, der Versicherung im Herkunftsland unterstellt.

Personen, die an Bord eines Schiffes beschäftigt sind, sind je nach Sachverhalt im Flaggen- oder im Wohnsitzstaat versichert (Art. 5 Abs. 1). Indem die Tätigkeit auf dem Schiff der Tätigkeit auf dem Gebiet der Vertragsstaaten gleichgestellt wird, ist der Versicherungsschutz dieser Personen gewährleistet.

Mit der Regelung in Artikel 5 Absatz 2 wird die Doppelunterstellung des Flugpersonals vermieden. Diese Bestimmung entspricht den von der Schweiz jüngst abgeschlossenen Abkommen und widerspiegelt die internationale Praxis.

In Übereinstimmung mit dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 19611 über diplomatische Beziehungen und dem Wiener Abkommen vom 24. April 19632 über konsularische Beziehungen sieht Artikel 6 vor, dass Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die als Mitglieder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung dieses Staates in das Gebiet des anderen Vertragsstaates entsandt werden, den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates unterstehen. Unter dem Begriff der diplomatischen Vertretung werden sowohl die bilaterale Vertretung (Botschaft) wie auch die ständige Vertretung bei einer internationalen Organisation verstanden.

Bei Artikel 8 handelt
es sich um eine Standardbestimmung über die Versicherungsunterstellung von Familienangehörigen, welche die entsandte Arbeitnehmerin oder den entsandten Arbeitnehmer begleiten. Sie ermöglicht es dem nicht erwerbstätigen

1 2

SR 0.191.01 SR 0.191.02

1303

BBl 2016

Ehegatten oder der nicht erwerbstätigen Ehegattin und den Kindern, im Herkunftsstaat versichert zu bleiben.

Art. 9

Ausnahmbestimmung

Die Bestimmungen über die anwendbaren Rechtsvorschriften werden durch eine sogenannte Ausweichklausel ergänzt, die es den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten erlaubt, in besonderen Fällen abweichende Regelungen zu vereinbaren.

Art. 10

Rückvergütung von Beiträgen

Da das Abkommen keinen Rentenexport vorsieht, wurde eine Bestimmung vereinbart, welche die Rückerstattung von Beiträgen beim endgültigen Verlassen eines Vertragsstaats erlaubt.

Die schweizerische Gesetzgebung sieht vor, dass nur Angehörige von Staaten, mit denen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, bei der definitiven Ausreise aus der Schweiz die Rückvergütung der Beiträge verlangen können, die sie und ihr Arbeitgeber an die AHV entrichtet haben. Der Anspruch auf Rückerstattung entsteht, wenn mindestens während eines Jahres Beiträge geleistet wurden und diese keinen Rentenanspruch begründen (Verordnung vom 29. November 19953 über die Rückvergütung der von Ausländern an die AHV bezahlten Beiträge).

Damit chinesische Staatsangehörige auch nach Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens weiterhin einen Anspruch auf die Rückerstattung von Beiträgen haben, wurde die Beitragsrückerstattung ausdrücklich vorgesehen. Diese Bestimmung geht den Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts vor.

Die chinesische Gesetzgebung sieht ihrerseits eine Rückerstattung der Beiträge vor.

Im Gegensatz zur Rückerstattung nach schweizerischem Recht werden die Beiträge nach chinesischem Recht verzinst.

Art. 12­14 und 16­20

Durchführungs-, Übergangs- und Schlussbestimmungen

Die Durchführungsbestimmungen regeln insbesondere die Übermittlung der für die Durchführung des Abkommens notwendigen Informationen und verpflichten die Behörden der Vertragsstaaten zur gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung des Abkommens (Art. 12).

Artikel 13 regelt die Ausstellung von Entsendebescheinigungen und Artikel 16 sieht vor, dass Meinungsverschiedenheiten durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten geregelt werden.

Der Schutz von Personendaten ist in Artikel 14 ausführlich geregelt. Insbesondere dürfen die zwischen den Staaten übermittelten Daten nur zu den im Abkommen vorgesehenen Zwecken genutzt werden.

3

SR 831.131.12

1304

BBl 2016

Zwecks administrativer Vereinfachung halten die Übergangsbestimmungen in Artikel 17 fest, dass Auslandeinsätze vor Inkrafttreten des Abkommens für die Berechnung der maximalen Entsendedauer nicht berücksichtigt werden. So können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits vor Inkrafttreten des Abkommens im anderen Vertragsstaat eingesetzt wurden, für maximal sechs Jahre ab Inkrafttreten des Abkommens eine Entsendebescheinigung beantragen und von der Versicherungs- und Beitragspflicht im vorübergehenden Erwerbsstaat befreit werden.

Die Schlussbestimmungen legen fest, dass das Abkommen am neunzigsten Tag nach dem für das Inkrafttreten erforderlichen Notifikationsverfahren in Kraft tritt (Art. 18) und dass das Abkommen unbefristet ist, jedoch unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Frist schriftlich gekündigt werden kann (Art. 19).

Artikel 20 sieht vor, dass innerhalb von 10 Jahren nach Inkrafttreten überprüft wird, ob das Abkommen noch den Bedürfnissen der beiden Vertragsstaaten entspricht oder ob eine Revision angezeigt ist. Diese Bestimmung wurde insbesondere deshalb vorgesehen, weil das chinesische Sozialversicherungssystem noch im Aufbau begriffen ist.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Das Abkommen sieht keine Auslandszahlung von Rentenleistungen vor und verursacht somit keine Mehrkosten.

Die Beitragsrückerstattung an chinesische Staatsangehörige ist bereits im innerstaatlichen Recht vorgesehen und hat somit auch keine Mehrkosten zur Folge.

Das Abkommen erzeugt auch keinen zusätzlichen Personalbedarf.

4.2

Auswirkungen im Bereich der Informatik

Die Anwendung des Abkommens hat keine Auswirkungen auf den Informatikbereich.

5

Legislaturplanung

Das vorliegende Abkommen ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 20124 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 20125 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt, da es sich im Hinblick auf die anderen von der Schweiz abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen um ein Geschäft mit Wiederholungscharakter handelt.

4 5

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

1305

BBl 2016

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verhältnis zu anderen Sozialversicherungsabkommen und zum internationalen Recht

Das vorliegende Abkommen orientiert sich an anderen von der Schweiz unlängst abgeschlossenen bilateralen Abkommen. Die darin enthaltenen Vorschriften entsprechen den Standards der Koordinationsregeln wie sie im europäischen und internationalen Sozialversicherungsrecht vorgesehen sind.

6.2

Verfassungsmässigkeit

Die Kompetenz des Bundes zum Abschluss des vorliegenden Abkommens stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung6 (BV), der dem Bund die allgemeine Kompetenz für die auswärtigen Angelegenheiten zuweist und ihn zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Ausland ermächtigt. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung solcher Verträge ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2), wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

Das vorliegende Abkommen mit China ist jederzeit mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr kündbar (Art. 19), sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und seine Umsetzung erfordert keine Anpassungen auf Gesetzesstufe.

Schliesslich bleibt zu prüfen, ob das Abkommen wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV enthält (vgl.

auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20027).

Das Abkommen mit China enthält zwar rechtsetzende Bestimmungen, diese werden aber nicht als wichtig eingestuft. Die Verpflichtungen dieses Abkommens bewegen sich im Rahmen anderer bereits früher von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen über soziale Sicherheit. Bei den Sozialversicherungsabkommen handelt es sich um standardisierte Abkommen, deren Bestimmungen nicht als grundlegend eingestuft werden können, auch wenn sie Rechtsvorschriften enthalten. Diese Abkommen richten sich nach der gängigen Vertragspraxis der Schweiz und enthalten keine Grundsatzentscheide für die innerstaatliche Gesetzgebung (vgl. Botschaft vom 4. März 20118 zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan über soziale Sicherheit und Botschaft vom

6 7 8

SR 101 SR 171.10 BBl 2011 2575

1306

BBl 2016

21. Mai 20149 zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Korea über soziale Sicherheit). Die in jüngster Zeit abgeschlossenen Abkommen sind vergleichbar ausgestaltet und von ähnlicher rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung.

Die geltende Praxis, wonach internationale «Standardabkommen» nicht dem fakultativen Referendum unterliegen, wird derzeit vom Bundesrat auf ihre Konformität mit Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV geprüft. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob die im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen eingeführte Praxis des Bundesrats, diese Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen, übernommen werden soll.

Das vorliegende Abkommen erfüllt die Voraussetzungen für die Nichtunterstellung unter das fakultative Referendum im Sinne der heutigen Praxis. Der Bundesrat beantragt deshalb, den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Volksrepublik China über soziale Sicherheit nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

9

BBl 2014 4037

1307

BBl 2016

1308