Geeignetes Personal im diplomatischen Dienst Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 26. Februar 2016

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Bericht 1

Einleitung

Im Januar 2014 beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation zum Personal im diplomatischen Dienst.

Der Grund für diesen Auftrag waren in den letzten Jahren vermehrt geäusserte Zweifel, ob das Eidgenössische Departement für äussere Angelegenheiten (EDA) im Rahmen der ordentlich dafür vorgesehenen Prozesse und Instrumente genügend geeignetes Personal für den diplomatischen Dienst zu gewinnen und zu erhalten vermag. Grundlage für solche Bedenken bildet die Tatsache, dass sich sowohl das Aufgabengebiet der Mitarbeitenden des diplomatischen Dienstes als auch deren persönlichen Interessen und Lebensmodelle (insbesondere Vereinbarkeit von Beruf und Familie) stark verändert haben. Das mehrstufige Auswahlverfahren, der sogenannte Concours, und das Karrieresystem als vorgezeichnete Laufbahn im diplomatischen Dienst haben dagegen seit den 1950er Jahren kaum einen Wandel erfahren.

So wurde denn auch eine mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie als ein wichtiger Grund für einen frühzeitigen Austritt aus dem diplomatischen Dienst vermutet.

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Ständerates (GPK-S) beschloss im August 2014, dass die PVK im Rahmen ihrer Evaluation insbesondere der Frage nachgehen soll, ob für die Aufgaben des diplomatischen Dienstes geeignetes Personal gewonnen und erhalten werden kann. Im Zentrum standen Fragen zu den Kompetenzen der Mitarbeitenden im diplomatischen Dienst bzw. dazu, ob das EDA diese Kompetenzen angemessen definiert, ob die Rekrutierung sich an diesen Kompetenzen orientiert und ob Mitarbeitende mit entsprechenden Kompetenzen gewonnen und im diplomatischen Dienst gehalten werden können. Dagegen wurde nicht der Frage nachgegangen, ob mit dem bestehenden Personal auch der eigentliche Auftrag ­ die Wahrung der aussenpolitischen Interessen der Schweiz ­ in entsprechender Qualität erfüllt werden kann.

Die PVK schloss ihre Untersuchung mit Bericht vom 10. August 2015 ab.1 Dieser wurde daraufhin von der GPK-S behandelt und gewürdigt. Im vorliegenden Bericht präsentiert die Kommission nun die aus ihrer Sicht wichtigsten Feststellungen und die davon abgeleiteten Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Er ist somit komplementär zum Bericht der PVK und führt dessen Ergebnisse
nur soweit auf, wie es zum Verständnis notwendig ist. Auf der Basis des Berichts der PVK befasste sich die GPK-S aber auch mit übergeordneten Fragen zur Personalpolitik im EDA, die nicht Gegenstand der Evaluation waren.

An ihrer Sitzung vom 26. Februar 2016 entschied die GPK-S, ihren Bericht zusammen mit der Evaluation der PVK zu veröffentlichen.2 1 2

Evaluation zum Personal im diplomatischen Dienst. Bericht der PVK zuhanden der GPK-S vom 10. Aug. 2015 (im Anhang) Die Materialien zum PVK-Bericht werden auf deren Website publiziert.

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Die nachfolgenden Hauptkapitel befassen sich zum einen mit der Frage, ob das aktuelle System der Laufbahnentwicklung im diplomatischen Dienst, der Karrieredienst, in der heutigen Zeit noch angemessen ist (Kap. 2), und zum anderen mit dem bestehenden Optimierungspotenzial innerhalb des Systems (Kap. 3). Darüber hinaus wird die Frage aufgeworfen, ob das Entschädigungssystem angemessen ist (Kap. 4).

2

Angemessenheit des Karrieresystems und des teilfunktionalen Lohnsystems offen

Der diplomatische Dienst ist ein Karrieredienst: In der Regel3 werden Personen über einen Zulassungswettbewerb in den diplomatischen Dienst aufgenommen 4 und absolvieren dann eine Laufbahn, die bis zur Leitung einer Auslandvertretung führen kann. Dabei unterstehen die Mitarbeitenden der Versetzungspflicht.5 Das heisst, dass sie jederzeit an einen Einsatzort im Ausland oder an eine Stelle in der Zentrale in Bern versetzt werden können.6 Damit verbunden ist in der Praxis ein Rotationsprinzip: Die Mitarbeitenden des diplomatischen Dienstes wechseln in der Regel alle vier Jahre ihre Stelle bzw. ihren Einsatzort.

Beim Karrieresystem geht man davon aus, dass die Bediensteten ihr ganzes Berufsleben in der entsprechenden Organisation verbringen. Damit verbunden sind eine Arbeitsplatzsicherheit und ein ­ über das teilfunktionale Lohnsystem7 ­ weitgehend automatischer bzw. senioritätsbezogener Lohnanstieg durch Beförderungen, sprich durch Wechsel in höhere Lohnklassen.8 Dies wurde lange als unerlässliche Gegenleistung für die Bereitschaft betrachtet, überall in der Welt zu arbeiten und den Arbeitsplatz regelmässig zu wechseln.

Die GPK des Nationalrates (GPK-N) hatte sich im Jahr 2002 im Rahmen einer Inspektion bereits einmal mit der Personalpolitik im diplomatischen Dienst befasst. 9 Dabei kam sie zum Schluss, dass sich das Karriereprinzip im diplomatischen Dienst 3

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Knapp 2 % der gegenwärtigen Mitarbeitenden des diplomatischen Dienstes wurden ohne Zulassungswettbewerb angestellt. Solche gemeinhin als Quereinsteiger bezeichnete Personen stellen somit ein Randphänomen dar (PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 2.2).

Art. 13 der Verordnung des EDA zur Bundespersonalverordnung vom 20. Sept. 2002 (VBPV-EDA, SR 172.220.111.343.3) Art. 13 Abs. 1 Bst. d und Art. 132 Abs. 1 VBPV-EDA Art. 25 Abs. 4 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV, SR 172.220.111.3) und Art. 3 Bst. a VBPV-EDA Art. 114 Abs. 2 Bst. h BPV und Art. 34 Abs. 1 sowie Anhang 2 VBPV-EDA. Im teilfunktionalen System werden die Mitarbeitenden ­ im Gegensatz zu funktionalen Systemen ­ nicht nach ihrer jeweiligen Funktion entlöhnt. So kann es vorkommen, dass eine Person eine in Bezug auf die Lohnklasse höher oder tiefer eingestufte Funktion ausübt, weil die im Rahmen der Personalrotation frei werdenden Funktionen nicht unbedingt den Lohnklassen der Mitarbeitenden entsprechen, die für eine Rotation anstehen. Es findet allerdings eine Gruppierung verschiedener Funktionen zu Funktionsbändern statt. In die Lohnklasse eines höheren Funktionsbands kann eine Person nur dann wechseln, wenn sie auch eine Funktion in diesem höheren Funktionsband übernimmt.

Art. 27 Abs. 1 VBPV-EDA. Siehe dazu Kap. 3.3 Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten, Bericht der GPK-N vom 22. Aug. 2002 (BBl 2003 2995)

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grundsätzlich bewähre bzw. eine zwingende Voraussetzung dafür darstelle, dass alle Auslandsvertretungen adäquat mit Personal ausgestattet werden können.10 Die GPK-N empfahl jedoch, das teilfunktionale Lohnsystem durch ein System zu ersetzen, bei dem ein Grundlohn mit einer Funktionszulage gekoppelt wird.11 Heute wird ein Fünftel aller Interessenswahrungsstellen von Personen besetzt, die nicht dem diplomatischen Dienst angehören.12 Zudem wurde das Rotationspersonal der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) per 1. März 2015 der Versetzungspflicht unterstellt,13 ohne dass damit die Einführung eines Karrieresystems mit teilfunktionalem Lohnsystem verbunden gewesen wäre. Auf dieser Basis und gestützt auf die teilweise kritischen Ergebnisse der nun vorliegenden PVKEvaluation (z. B. hinsichtlich der Tatsache, dass das System der quasi-automatischen Beförderung aufgrund beschränkt verfügbarer Kaderstellen und latenter Ressourcenbeschränkungen an seine Grenzen stösst14) ist die GPK-S heute der Ansicht, dass die für die Besetzung aller Auslandsvertretungen weiterhin als notwendig erachtete Versetzungspflicht nicht zwingend mit einem Karrieresystem mit automatischer Lohnentwicklung verbunden sein muss. Diese Erkenntnis wird auch von einer Studie zur Personalpolitik des EDA gestützt, die 2010 im Auftrag des EDA durchgeführt wurde: Die Autoren äusserten darin den Verdacht, dass das teilfunktionale Lohnsystem faktisch zu einer Überbezahlung über die Berufslaufbahn führt.15 Die GPK-S empfiehlt deshalb dem Bundesrat eine erneute16 Überprüfung der dargelegten Elemente der Personalpolitik des EDA. Dabei ist der Frage nachzugehen, ob es nicht angemessener ­ im Sinne der dargelegten Kritik ­ wäre, wenn das EDA vom aktuell bestehenden, stark formalisierten Karrieresystem Abstand nehmen und ein funktionales bzw. funktionsbezogenes Karriere- und Lohnsystem etablieren würde. Ein solches besteht in den allermeisten übrigen Verwaltungseinheiten und entspricht den Grundsätzen des Bundespersonalgesetzes. 17 Eine Abkehr vom Karrieresystem wäre selbstverständlich auch für die übrigen Karrieredienste im Departement zu prüfen.

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BBl 2003 2995, hier 3013 BBl 2003 2995, hier 3022 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 4.3 Direktion für Ressourcen, Kommunikation der Direktorin, Versetzungspflicht für das Rotationspersonal, 17. Dez. 2014 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.1. Vgl. auch Art. 34 Abs. 4 VBPV-EDA, wonach das EDA im Einvernehmen mit dem EFD für die Funktionsbänder 3­6 des diplomatischen Dienstes Stellenkontingente festlegt.

Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/Geiser, Thomas (2012): Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 14 In der erwähnten Studie des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2010 kamen die Autoren u. a. zum Schluss, dass ein Übergang zu einem funktionalen Lohnsystem auch für alle versetzbaren Dienste eine bessere, sprich gerechtere Lösung wäre als das Fortbestehen zweier paralleler Lohnsysteme (Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/Geiser, Thomas [2012]: Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 38 ff.). Das EDA hatte die Studie im Hinblick auf eine geplante Reform seiner Personalpolitik in Auftrag gegeben. Von der Reform wurde 2011 allerdings abgesehen ­ offenbar aufgrund von Widerstand des Personals, v. a. auch von jenem des diplomatischen Dienstes.

Vgl. insbesondere Art. 15 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG, SR 172.220.1)

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Empfehlung 1: Prüfung einer Abkehr vom Karrieredienst Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, eine Abkehr vom System des Karrieredienstes und die Einführung eines funktionsbezogenen Karriere- und Lohnsystems erneut zu prüfen.

3

Optimierungspotenzial im bestehenden System

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass die bestehenden Verfahren zur Personalgewinnung und -erhaltung es heute ermöglichen, für die Wahrnehmung der diplomatischen Aufgaben Mitarbeitende mit geeigneten Kompetenzen anzustellen und zum Verbleib im EDA zu motivieren.18 Dennoch wies die PVK auf Optimierungspotenzial hin, das es nach Ansicht der GPK-S ­ unabhängig von der Frage eines Systemwechsels ­ insbesondere im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen zu nutzen gilt.

3.1

Bessere Verknüpfung von Anforderungen an Stelleninhaber und Aufgaben im diplomatischen Dienst

Die Evaluation der PVK zeigt auf, dass die Standardanforderungsprofile für den diplomatischen Dienst nur ungenügend auf die bestehenden Aufgaben 19 und den zunehmenden Führungsgrad der Funktionen20 ausgerichtet sind. Die GPK-S ist klar der Ansicht, dass sowohl die Personalrekrutierung als auch Beförderungen auf der Basis von Anforderungsprofilen nur dann Sinn machen, wenn diese in einem engen Konnex zu den aktuell und zukünftig zu bewältigenden Aufgaben stehen.

Dass das EDA gegenüber der PVK zum Ausdruck gebracht hat, es wolle die Pflichtenhefte für die einzelnen Funktionen differenzieren, nimmt die Kommission zur Kenntnis. Erfolg verspricht eine solche Anpassung aber nur dann, wenn sie auf der Basis der effektiven Aufgaben vorgenommen wird. Zudem sollte nach Ansicht der GPK-S darauf geachtet werden, dass bei der Stellenbesetzung diejenigen Kompetenzen die nötige Beachtung erfahren, die für die Tätigkeit im diplomatischen Dienst in besonderem Masse wichtig sind (so insbesondere im Bereich der Selbst- und der Sozialkompetenzen). Heute ist dies scheinbar noch nicht der Fall.21 Vor diesem Hintergrund erachtet die Kommission sowohl eine vollständige Erhebung der aktuellen Aufgaben des diplomatischen Personals als auch eine Lageanalyse hinsichtlich dessen zukünftigen Herausforderungen als angezeigt.

Tatsächlich von Bedeutung für den diplomatischen Dienst sind die vom EDA angekündigten Arbeiten aber erst dann, wenn die modifizierten Pflichtenhefte auch die Grundlage für die Personalentscheide bilden. Dass heute die als notwendig erachte18 19 20 21

PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 4 und 5 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 3.2 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 3.1 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 3.3

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ten Kompetenzen eines Anwärters im Rahmen des Zulassungswettbewerbs bzw.

eine Beförderung innerhalb des Dienstes nur teilweise auf der Grundlage der Standardanforderungsprofile überprüft werden,22 scheint der GPK-S nicht zielführend zu sein.

Empfehlung 2: Verknüpfung von Aufgaben und Kompetenzen Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Personalentscheidungen im diplomatischen Dienst auf der Basis von Anforderungsprofilen gefällt werden, welche den aktuellen und zukünftigen Aufgaben sowie den dafür benötigten besonderen Personalkompetenzen gerecht werden.

Darüber hinaus regt die GPK-S an, die Personalentwicklung spezifischer auf die im Wandel befindlichen Aufgaben im diplomatischen Dienst auszurichten (z. B.

hinsichtlich der Möglichkeit thematischer Spezialisierungen in den Bereichen Umwelt, neue Technologien und Steuern).23

3.2

Mangelhafte Stufengerechtigkeit der Zulassungsentscheide

Im Gegensatz zu Versetzungs-24 und Beförderungsentscheiden25, die ihrer Bedeutung entsprechend von unterschiedlichen Hierarchiestufen im EDA gefällt werden, entscheidet in der Praxis ­ in Abweichung von der geltenden Regelung26 ­ letztlich immer der oder die Departementsvorstehende über die Zulassung für die Ausbildung und die Aufnahme in den diplomatischen Dienst.27 Aus Sicht der GPK-S wirft die PVK in ihrer Evaluation deshalb zu Recht die Frage der Stufengerechtigkeit der Zulassungsentscheide auf. Für die Kommission sind keine sachlichen Gründe dafür ersichtlich, weshalb sich der Departementsvorstehende mit Personalentscheiden dieser Stufe zu befassen hat. Beispielhaft zeigt sich dies darin, dass er in aller Regel den Empfehlungen der Zulassungskommission folgt. 28

22 23 24 25

26 27 28

PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 3.3 und 4.1 Siehe auch PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.4 Art. 2 Abs. 2 BPV und Art. 6 VBPV-EDA Art. 2 Abs. 1 Bst. f BPV und Art. 5 VBPV-EDA. Allerdings fällt der Departementsvorstehende in der Praxis offenbar mehr Beförderungsentscheide selbst als vom geltenden Recht vorgesehen (vgl. PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.1).

Gemäss Artikel 4 VBPV-EDA läge diese Kompetenz je nach Lohnklasse entweder bei der Departementsspitze oder der Direktion für Ressourcen (DR).

PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 2.2 und 4.2 Es ist allerdings daran zu erinnern, dass es unter der vormaligen Vorsteherin des EDA mehrfach zu von den Empfehlungen abweichenden Entscheiden kam. Vgl. z. B. «Das ist keine Banalität, das ist gefährlich», Artikel im Tagesanzeiger vom 8. Febr. 2011

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Die GPK-S fordert den Bundesrat deshalb dazu auf, dafür besorgt zu sein, dass die Stufengerechtigkeit der Personalentscheide im EDA gewahrt wird.29 Von der Regelung, dass der Departementsvorstehende im Einzelfall «zur Gewinnung hervorragender Arbeitskräfte» auch von den vorgesehenen Voraussetzungen abweichen kann,30 muss dabei aus Sicht der Kommission nicht abgesehen werden.

Die PVK kam in ihrer Evaluation zum Schluss, dass den Anhörungen vor der Zulassungskommission eine besondere Bedeutung für die Aufnahme in den diplomatischen Dienst zukommt.31 Vor diesem Hintergrund regt die GPK-S an, dass im Rahmen der Neuregelung der Zuständigkeit der Zulassungsentscheide auch geprüft wird, ob der Zulassungskommission nicht eigentliche Entscheidkompetenz zukommen sollte. Diesfalls müsste nach Ansicht der GPK-S aber für Transparenz bezüglich der Zusammensetzung der Zulassungskommission gesorgt werden.

Empfehlung 3: Stufengerechtigkeit der Zulassungsentscheide Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Entscheide zur Aufnahme von Personen in den diplomatischen Dienst auf adäquater Stufe gefällt werden und sich der Vorsteher oder die Vorsteherin des EDA nur in Ausnahmefällen damit befasst.

3.3

Unklare Bedeutung des formalisierten Beförderungsprozesses

Um in eine höhere Lohnklasse zu gelangen, müssen die Mitarbeitenden des diplomatischen Dienstes befördert werden. Diese Möglichkeit besteht alle drei Jahre.32 Wie bereits ausgeführt, erfolgt eine solche Beförderung (und damit der Lohnanstieg über den Wechsel in eine höhere Lohnklasse) in einem Karrieredienst in aller Regel unabhängig von der tatsächlich auszuübenden Funktion.

Beförderungen bedingen die Erfüllung zweier weiterer Voraussetzungen: Erstens muss das dienstliche Bedürfnis gegeben sein, und zweitens muss der oder die Angestellte die entsprechende Eignung aufweisen. 33 Persönliche Eignung als Beförderungsvoraussetzung Zur Überprüfung der persönlichen Eignung der Mitarbeitenden als Beförderungsvoraussetzung werden für jeden Einzelnen entsprechende Dossiers geführt. Darin finden sich verschiedene Unterlagen, die Angaben zu den Kompetenzen der Kandidaten enthalten (vor allem die jeweiligen Potenzialbeurteilungen und die Einstufung 29

30 31 32 33

Vgl. dazu auch das Postulat 1 der GPK-N vom 19. Juni 2012 zur Steuerung der Personalpolitik («Verteilung der Aufgaben im Personalbereich des Bundes und der Departemente»; 12.3644). Darin wurde der Bundesrat in allgemeiner Form aufgefordert, hinsichtlich der Kompetenzverteilung in der Personalpolitik für Stufengerechtigkeit zu sorgen.

Art. 13 Abs. 5 VBPV-EDA PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 4.1 Art. 27 Abs. 3 Bst. b VBPV-EDA Art. 30 Abs. 1 VBPV-EDA

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in den jährlichen Leistungsbeurteilungen). Die Dossiers gehen an die zuständige Beförderungskommission, die hinsichtlich der Frage der Beförderung Empfehlungen an die Entscheidungsstelle abgibt.34 Zudem werden die Beförderungskommissionen35 mündlich über allfällige Assessments informiert, die für den Übertritt von Funktionsband 1 zu 2 und 2 zu 3 extern absolviert werden müssen. Im Rahmen der Evaluation der PVK wurde bei einer gewissen Anzahl von Beförderungen der Frage nachgegangen, worauf sich die Beförderungskommissionen bei ihren Empfehlungen jeweils genau stützten. Geklärt werden konnte die Frage aber nicht in allen untersuchten Fällen. Offenbar erfolgen Beförderungen innerhalb der Funktionsbänder 1 und 2 sowie ab Funktionsband 3 annähernd automatisch. Dieser Automatismus wird zwar beim Übertritt von Funktionsband 1 zu 2 und von 2 zu 3 durchbrochen, indem die Mitarbeitenden in solchen Fällen genauer evaluiert werden. In den von der PVK untersuchten Dossiers konnten die analysierten kompetenzorientierten Instrumente die tatsächlich gefällten Beförderungsentscheide aber nur teilweise erklären. So blieb letztlich unklar, auf welcher Basis ein Beförderungsentscheid tatsächlich gefällt wurde und welche Rolle der jeweiligen Beförderungskommission dabei zukam.36 Dienstliches Bedürfnis als Beförderungsvoraussetzung Eine Beförderung ist nicht nur von den Kompetenzen der Kandidaten, sondern auch vom dienstlichen Bedürfnis abhängig. Ein solches besteht nur dann, «wenn Angestellte voraussichtlich dauernd Funktionen ausüben, die einer höheren Lohnklasse zugewiesen sind [...]. Berücksichtigt werden dabei insbesondere eine beschränkte Anzahl verfügbarer höherer Funktionen [...]»37. Insofern erfolgen Beförderungen eben doch nicht völlig unabhängig von den auszuübenden Funktionen.

Kritik und Forderungen der GPK-S Nach Ansicht der GPK-S deuten diese Ergebnisse der PVK-Evaluation darauf hin, dass der relativ grosse Formalismus, der den Beförderungsprozess prägt, 38 im Wesentlichen die Tatsache überdeckt, dass für Beförderungsentscheide während eines Grossteils der Karriere meist die Seniorität der Mitarbeitenden ausschlaggebend ist und keine tatsächliche Auslese stattfindet.39 Gewisse Beförderungen erscheinen trotz der an sich klaren Beförderungsvoraussetzungen geradezu willkürlich.40 Nach 34 35

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Art. 31 und 32 VBPV-EDA Es gibt zwei verschiedene Beförderungskommissionen im EDA. Die Zuständigkeit orientiert sich an der Zugehörigkeit zu den verschiedenen Diensten und an der Lohnklasse der Angestellten; vgl. Art. 32 VBPV-EDA.

PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.1. Auch die GPK-N stiess im Rahmen ihrer Untersuchung zur Personalpolitik im diplomatischen Dienst von 2002 auf Unzulänglichkeiten im Bereich der Transparenz des Beförderungssystems (BBl 2003 2995, hier 3022).

Art. 30 Abs. 3 VBPV-EDA So auch die explizite Feststellung bei Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/ Geiser, Thomas (2012): Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 34 Gleicher Ansicht auch Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/Geiser, Thomas (2012): Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 48 So wies die PVK nach, dass auch Personen befördert wurden, die gemäss Potenzialbeurteilung nicht alle erforderlichen Kompetenzen aufwiesen bzw. ­ in einem Fall ­ keine Assessmentempfehlung erhalten hatten, während gleichzeitig andere, die beide Punkte erfüllten, nicht befördert wurden (PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.1).

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Ansicht der GPK-S ist die Nachvollziehbarkeit von Selektionskriterien im diplomatischen Dienst als Karrieredienst mit Korpscharakter von besonderer Bedeutung, da in solchen Diensten aufgrund der erleichterten Vergleichbarkeit der Anwärter besonders sensibel auf «ungerechte Beförderungen» reagiert wird.

Sollte der Bundesrat am bestehenden System des Karrieredienstes festhalten wollen (vgl. Empfehlung 1), ist nach Ansicht der GPK-S die Rolle der verschiedenen Instrumente und Entscheidträger im aktuellen Beförderungsprozess zu klären und transparenter zu machen. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Beförderungsfrage stärker an die Einsatzplanung zu binden ist.41 Empfehlung 4: Optimierung des Beförderungsprozesses Die GPK-S fordert den Bundesrat dazu auf, dafür zu sorgen, dass der Beförderungsprozess im diplomatischen Dienst transparent ist und die gefällten Entscheide auf der Basis der zur Verfügung stehenden Instrumente und der bestehenden Rahmenbedingungen nachvollzogen werden können.

3.4

Begleitpersonenproblematik erkannt, Personalsteuerungsdaten lückenhaft

Die Versetzungspflicht stellt an die Mitarbeitenden des diplomatischen Dienstes besondere Anforderungen; ihre Partnerinnen und Partner sowie Kinder sind davon ebenfalls stark betroffen. Im Interesse einer wünschbaren Personalerhaltung im diplomatischen Dienst erachtet es die GPK-S deshalb als besonders wichtig, dass das EDA den mit der Versetzungspflicht verbundenen negativen Umständen für die Begleitpersonen aktiv begegnet. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass das EDA die Bedeutung der Begleitpersonensituation erkannt zu haben scheint42 und dass in den letzten Jahren Massnahmen ergriffen wurden, um die Situation der Begleitpersonen zu verbessern. Der GPK-S ist es ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine ständige Herausforderung handelt, deren Bedeutung im Rahmen veränderterer Familienmodelle und Rollenbilder in Zukunft eher noch zunehmen dürfte. Deshalb ist durch das EDA sicherzustellen, dass die Massnahmen zugunsten von Begleitpersonen wirksam sind.

Zur Beurteilung des Erfolgs von Massnahmen zur Personalerhaltung ­ nicht nur, aber auch betreffend die Situation von Begleitpersonen ­ ist es nach Ansicht der Kommission unerlässlich, dass die Gründe für einen frühzeitigen Austritt aus dem diplomatischen Dienst systematisch erhoben werden. Die GPK-S zeigt deshalb kein Verständnis dafür, dass es dem EDA nicht möglich war, der PVK für die jüngere Vergangenheit verlässliche Informationen dazu zur Verfügung zu stellen, wie viele vorzeitige Austritte aus dem diplomatischen Dienst in der Situation der Begleitper-

41 42

Vgl. auch Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/Geiser, Thomas (2012): Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 55 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.3

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sonen begründet lagen.43 Damit werden erfolgsversprechende Massnahmen zum Personalerhalt faktisch dem Zufall überlassen.

Empfehlung 5: Personalsteuerungsdaten Die GPK-S fordert den Bundesrat dazu auf, dafür zu sorgen, dass die für die Beurteilung personalpolitischer Massnahmen (insbesondere zur Personalerhaltung) notwendigen Steuerungsdaten erhoben und verwendet werden.

4

Angemessenheit des Entschädigungssystems offen

Die PVK befasste sich im Rahmen der vorliegenden Evaluation mit dem Entschädigungssystem unter dem eingeschränkten Fokus der Lohnzufriedenheit als Element der Personalerhaltung.44 In diesem Rahmen stiess sie auf eine teilweise Unzufriedenheit; ein Resultat, das sich auch der ordentlichen Personalbefragung im EDA entnehmen lässt.

Ein Grund für dieses Ergebnis dürfte gemäss der PVK-Evaluation in den als tief zu bezeichnenden Einstiegslöhnen liegen. Vor dem Hintergrund, dass im diplomatischen Dienst als Karrieredienst aktuell mit einem automatischen Aufstieg in höhere Lohnklassen zu rechnen ist, besteht aus Sicht der GPK-S diesbezüglich aber kein Handlungsbedarf.

Aufhorchen liess die Kommission dagegen der Befund der PVK, dass die unterschiedliche Zufriedenheit insbesondere damit zusammenhängt, ob sich die Person im Ausland oder in der Schweiz aufhält: Angehörige des diplomatischen Dienstes, die sich im Ausland befinden, scheinen klar zufriedener mit der erhaltenen Entschädigung als solche, die in der Schweiz stationiert sind. Ein Grund dafür könnte in den zusätzlichen Entschädigungen im Ausland liegen. So machten die Zulagen für Personen im Ausland im Jahr 2009 im Durchschnitt zwischen 22 % und 30 % des Gesamtlohnes aus.45 Angesichts dieses Befundes und vor dem Hintergrund des Spardrucks im Personalbereich stellt sich für die GPK-S nicht nur die Frage nach der Angemessenheit dieser Entschädigungen, sondern auch nach der Gleichbehandlung der Mitarbeitenden der Bundesverwaltung. Aus diesem Grund fordert die Kommission den Bundesrat auf, ihr in einem Bericht Auskunft über die verschiedenen Zuschläge, Spesen und Steuerprivilegien der Mitarbeitenden im diplomatischen Dienst im Ausland zu geben. Die Kommission möchte darin insbesondere informiert werden, ob der jeweilige Einsatzort einer Person des diplomatischen Korps ­ Stelle in der Schweiz oder im Ausland ­ mit einer Einkommensdifferenz (Einkommen inkl.

aller Zuschläge und unter Einbezug der Steuerprivilegien) einhergeht und wie gross diese Differenzen gegebenenfalls ausfallen. Neben diesem Vergleich innerhalb des diplomatischen Dienstes bittet die Kommission den Bundesrat auch um einen Inund Auslandvergleich der Entschädigungen der diplomatischen Mitarbeitenden mit 43 44 45

PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.3 PVK-Evaluation im Anhang, Kap. 5.2 Henneberger-Sudjana, Sarah/Henneberger, Fred/Geiser, Thomas (2012): Evaluation der Personalpolitik des EDA, St. Gallen, S. 36, Fussnote 226

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den Entschädigungen von anderen Mitarbeitenden der Bundesverwaltung im Ausland, die nach Funktionen entlöhnt werden (insbesondere mit den Entschädigungen der Mitarbeitenden der DEZA sowie der Mitarbeitenden, die diplomatische Stellen besetzen, ohne zum diplomatischen Dienst zu gehören).

Empfehlung 6: Überprüfung der Entschädigungen der Mitarbeitenden im diplomatischen Dienst Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, ihr in einem Bericht Auskunft über die tatsächlichen Entschädigungen des Personals im diplomatischen Dienst im Inland und im Ausland zu geben (Löhne inkl. aller Zuschläge, Spesen und unter Berücksichtigung allfälliger Steuerprivilegien). Auf dieser Basis soll er einerseits die Angemessenheit dieser Entschädigungen an sich beurteilen und andererseits auch klären, ob es dadurch nicht zu einer Ungleichbehandlung von diplomatischen und nicht-diplomatischen Mitarbeitenden im Ausland und in der Bundesverwaltung insgesamt kommt.

5

Weiteres Vorgehen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, bis spätestens am 23. Mai 2016 zu den obigen Ausführungen und Empfehlungen der GPK-S sowie zu den ihnen zugrunde liegenden Feststellungen der PVK Stellung zu nehmen und darzulegen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

26. Februar 2015

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Hans Stöckli Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

Art.

Artikel

BBl

Bundesblatt

BPG

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1)

BPV

Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3)

Bst.

Buchstabe

DEZA

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

SR

Systematische Rechtssammlung

VBPV-EDA

Verordnung des EDA zur Bundespersonalverordnung vom 20. September 2002 (SR 172.220.111.343.3)

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

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