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Schweizerisches Bundesblatt

60. Jahrgang. VI.

Nr. 53.

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30. Dezember 1908.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erteilung einer einheitlichen Konzession an die Berner Alpenbahngesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon.

(Vom

21. Dezember 1908.)

Tit.

Die Berner Alpenbahngesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon stellte mittelst Eingabe vom 24. Januar 1908 an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung das Gesuch um Übertragung der Konzession der von ihr unterm 28. September 1907 käuflich erworbenen Spiez-Frutigen-Bahn. Gleichzeitig ersuchte sie um Zusammenlegung der Konzessionen der Lötschberg-Bahn und der Spiez-Frutigen-Bahn zu einem einzigen Konzessionsakte.

.Das Gesuch um Übertragung der Konzession der SpiezFrutigen-Bahn stützt sich auf den ara 26./28. September 1907 zwischen der A. Gr. Spiez-Frutigen-Bahn und der Berner Alpenbahngesellschaft abgeschlossenen und vom Grossen Rate des Kantons Bern am 30. September 1907 genehmigten Kaufvertrag, nach welchem die in den Jahren 1898 --1901 erstellte SpiezFrutigen-Bahn mit allen damit verknüpften Rechten und Pflichten in den Besitz der Berner Alpenbahngesellschaft übergegangen ist.

Dem Ansuchen der Lötschbergbahn, es möchte ihr bei Anlass der Konzessionsübertragung eine einheitliehe Konzession erteilt werden, Folge gebend, erstellte das Eisenbahndepartement bereits · Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. VI.

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im März/April 1908 einen ersten Konzessionsentwurf, dem die Bestimmungen der gegenwärtig zu Recht bestehenden Konzession für die Eisenbahn von Frutigen nach Visp bezw. Brig, vom 23. Dezember 1891 (E. A. S. XI, 535), sowie diejenigen des Bundesbeschlusses vom 30. März 1906 (Konzessionsänderung, E. A. S. XXII, 140) als Grundlage dienten. Um aber die rechtlichen Grundlagen für die Spiez-Frutigen-Bahn, soweit das Verkehrswesen und die Tarife in Frage kommen, nicht ohne weiters erlöschen zu lassen, musste im Ingress vorgesehen werden, dass die Artikel 12 bis und mit 19 der Konzession der Spiez-FrutigenBahn (E. A. S. XI, 222), vom 20. Dezember 1890 noch bis zum Zeitpunkte der Eröffnung des Betriebes auf der Strecke FrutigenBrig in Kraft bleiben. Aus dem nämlichen Grunde war es auch erforderlich, in Art. 34 festzusetzen, dass die Bestimmungen der Artikel 12 bis und mit 25 der neuen einheitlichen Konzession für den Verkehr der Strecke Spiez-Frutigen erst auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebes auf der Strecke Frutigen-Brig in Kraft treten sollen.

Um die Bestimmungen über die Erhebung der Expeditionsgebühren von vornherein klarzulegen, fand in Art. 19, 3. Absatz, eine Bestimmung Aufnahme, wonach dieselben im internen Verkehr in ihrem vollen Umfange, im direkten Verkehr zur Hälfte und im Transitverkehr gar nicht bezogen werden dürfen.

Im Artikel 19, 5. Absatz, wurde die Bestimmung belassen, dre in der Konzessionsänderung vom 30. März 1906 (B. A. S. XXII, 140) auf Grund des Bundesgesetzes betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundeshahnen, vom 27. Juni 1901, aufgenommen worden war und zufolge welcher für Bahnstrecken mit starken Steigungen, sowie für Strecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- und Betriebsverhältnisse bestehen, mit Bewilligung des Bundesrates ein Taxzuschlag erhoben werden kann.

Da die Eröffnung des durchgehenden Betriebes auf der gesamten Strecke Spiez-Brig erst für das Jahr 1912 bezw. 1913 in Aussieht stand, nahm man mit Rücksicht auf den Bundesbesehluss vom 17. Oktober 1897 betreffend Ergänzung der Rückkaufsbestimmungen der neueren Konzession (B. A. S. XV, 23) den I.Januar 1945 als ersten Rückkaufstermin an und hielt sich bezüglich, der Kapitalisierung des Reinertrages für die Festsetzung des Rückkaufspreises an die Bestimmungen des Konzessionsschemas.

Dieser Entwurf wurde sodann der Generaldirektion der S. B. B., den Regierungen der Kantone Bern und Wallis, sowie der Berner

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Alpenbahngesellschaft imd der Thunerseebahn als Betriebsverwaltung der Spiez-Frutigen-Bahn zur Vernehmlassung übermittelt.

Auf den Vorschlag der Generaldirektion der 8. B. B, wurde nachträglich lit. c des Artikels 32 des Konzessionsentwurfes noch dahin abgeändert, dass im Falle des Rückkaufes zwischen dem 1. Mai 1930 und dem 1. Mai 1945 der 22y2fache Wert- und zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession nur der 20fache Wert des Reinertrages zu vergüten sei. Nach dieser Fassung, die den bezüglichen Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession der Lötschbergbahn entsprach, wäre der 25fache Wert des Reinertrages nur im Falle des Rückkaufes vor dem 1. Mai 1930 in Betracht gekommen.

In seiner Vernehmlassung vom 27. Mai 1908 erhob der Regierungsrat des Kantons Bern Einwendungen gegen die neuvorgeschlagenen Rückkaufstermine, sowie gegen die wieder aufgenommene frühere Abstufung der Kapitalisierung des Reinertrages und sprach sich für die ursprüngliche Fassung des Entwurfes vom März/April aus. Nebstdem sollten einige Artikel, welche dem Bundesgesetze vom 27. Juni 1901 betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen entnommen worden waren, abgeändert und der Bahngesellschaft in bezug auf die Versicherung des Bahnpersonals, die nicht notwendigerweise bei einer Anstalt zu erfolgen habe, freie Hand gelassen werden.

Auch die Berner Alpenbahngesellschaft sprach sich mit Schreiben vom 27. Mai 1908 für die Abänderungsanträge des bernischen Regierungsrates aus und sehlug ferner die Aufnahme eines Zusatzes zu Art. 15, Absatz 2, vor, betreffend die Berechnung der Zuschläge für Strecken mit über 15 %o Steigung. Dieselbe Anregung hatte bereits die Thunerseebahn als Betriebsverwaltung der Spiez-Frutigen-Bahn unterm 8. April 1908 gemacht.

Um den verschiedenen Interessenten Gelegenheit zu bieten, ihren Standpunkt noch näher begründen zu können, und in der Absicht, soweit möglich eine Einigung herbeizuführen, ordnete das Eisenbahndepartement konferenzielle Verhandlungen auf den 17. Juni 1908 in Bern an. Sämtliche Beteiligten waren an dieser Konferenz vertreten. Auf alle Artikel des Konzessionsentwurfes konnte eine Einigung erzielt werden, bis auf den Rückkaufsartikel, bei welchem die Auffassung der Berner Alpenbahngesellschaft und der Berner Regierung derjenigen des Eisenbahndepartements und der G-eneraldirektion der 8. B. B. gegenüberstand.

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Allseitig wurde zugegeben, dass die ganze Linie Spiez-Frutigenßrig ein einziges Rückkaufsobjekt bilden solle. Auseinandergeheud aber waren die Meinungen über den ersten Rückkaufstermin, sowie über die Perioden, bei welchen die Entschädigung für den Rückkauf den 25fachen, 22Vsfachen und 20fachen Wert des Reinertrages betragen solle. Da über diese Punkte keine Verständigung erzielt werden konnte, wurde diese Frage offen gelassen, bezw. dem Eisenbahndepartement zur Antragstellung an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung vorgelegt.

Mit Schlussnahme vom 30. Juni 1908 genehmigte der Bundesrat einen Kompromissantrag des Eisenbahndepartements, gemäss welchem die Rückkaufstermine auf die Jahre 1940 und 1955 festgesetzt werden sollten, in der Meinung, dass der Rückkaufspreis den 25fachen Wert des Reinertrages betragen solle, falls der Rückkauf vor dem 1. Januar 1940 rechtskräftig werde. Für die beiden Perioden vom 1. Januar 1940 bis 1. Januar 1955 und vom 1. Januar 1955 bis zum Ablauf der Konzession wäre dei1 22 YS-, bezw. 20fache Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, vorausgehen, massgebend gewesen.

Dieser Korapromissbeschluss, der- das Zustandekommen der einheitlichen Konzession ermöglichen sollte, wurde der Berner Alpenbahngesellschaft mitgeteilt und diese gleichzeitig ersucht, ihr Einverständnis mit demselben zu erklären.

Mit Zuschrift vom 15. Juli 1908 stellte aber die Berner Alpenbahngesellschaft das Gesuch um eine nochmalige Verschiebung der Rückkaufstermine um fünf Jahre. Dabei führte sie aus, dass. wenn der Rückkauf zum 25fachen Wert des Reinertrages nur bis zürn 1. Januar 1940 stattfinden könne, derselbe auf dieser Basis überhaupt nie zur Ausführung kommen werde, da ja der erste Kündigungstermin 30 Jahre nach Eröffnung der Bahn, d. h. voraussichtlich auf das Jahr 1943 fallen würde. Sie gestatte sich deshalb, das Gesuch zu stellen, es sei der I.Mai 1945 als letzter Termin für den Rückkauf zum 25fachen Werte des Reinertrages anzunehmen. Damit werde auch der Widerspruch, der sich sonst zwischen lit. a und c des Rückkaufsartikels ergebe, beseitigt.

Diesen neuen Vorschlag der Bahngesellschaft unterstützte auch der Regierungsrat des Kantons Bern in einer Zuschrift an das Eisenbahndepartement vom 22. Juli 1908.

439 Es handelte sich also darum, ob der Lötschbergbahn in Abweichung vom streng rechtlichen Standpunkt aus Billigkeitsrücksichten die Möglichkeit gegeben werden solle, ihre Bahn eventuell in der kurzen Periode von 1943--1945 zum 25fachen Werte des Reinertrages verkaufen zu können. Wir sind der Ansicht, dass diese Möglichkeit, die nach dem Wortlaut des Konzessionsschemas allen Bahnen zu gute kommen kann, auch der Lötschbergbahn belassen werden sollte. Auf den Antrag des Eisenbahndepartements beschlossen wir daher unterm 6. November abhin, der Berner Alpenbahngesellschaffc noch weiter entgegenzukommen und ihrem Gesuche um Verschiebung der beiden Rückkaufstermine auf die Jahre 1945 und 1960 zu entsprechen.

Mit dem in diesem Sinne abgeänderten Konzessionsentwurf hat sich die Berner Alpenbahngesellschaft unterm 24. November 1908 einverstanden erklärt. Dabei machte sie aber zwei Vorbehalte, die wir kurz erwähnen müssen.

Im ersten Vorbehalte wünscht die Bahnverwaltung die Zusicherung zu erhalten, dass als Versicherungsanstalt im Sinne des Artikels 31 der Konzession ebenfalls ein Institut betrachtet werde, ·das eventuell von den bernischen Dekretsbahnen zur Versicherung der Verpflichtungen aus der Haftpflichtgesetzgebung geschaffen würde. Grundsätzliche Bedenken, gegen die Anerkennung eines solchen Institutes für die in Artikel 31 der Konzession vorgesehene Versicherung bestehen nicht. Es wird, wenn ein solches Institut früher oder später geschaffen werden sollte, alsdann Aufgabe der Prüfung sein, festzustellen, ob die Grundlagen desselben derart sind, dass sie den Anforderungen entsprechen, welche nach versicherungstechnischen Grundsätzen an das Institut gestellt werden müssen.

Im zweiten Vorbehalt will die Verwaltung der Lötschbergbahn unter dem Ausdruck ,,Personal", wie er im Artikel 31 der Konzession angewendet ist, nur das ßetriebspersonal verstanden wissen, nicht aber die beim Bau der Linie beschäftigten Personen.

Richtig ist, dass, wie die .Berner Alpenbahngesellschaft es erwähnt, die Konzession der Lötschbergbahn vom 23. Dezember 1891 keine Vorschrift über die Haftpflichtversicherung enthält.

Dagegen findet sich dieselbe in allen seit dem Jahre 1892 erlassenen Konzessionen, und es ist seit dem Inkrafttreten des neuen Haftpflichtgesetzes vom 1. August 1905 seitens des Eisenbahndepartements von allen Unternehmungen die Versicherung des Baupersonals, und zwar sowohl desjenigen der Bahngesell-

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Schaft als der Bauunternehmer, gefordert worden. Da die Haftpflicht der Bahngesellschaften für das Baupersonal im Haftpflichtgesetz vom Jahre 1905 allgemein eingeführt wurde, kanu der zweite Vorbehalt der Berner Alpenbahngesellschaft nicht Berücksichtigung finden. Dies schliesst indessen nicht aus, dass die Lötschbergbahn, beziehungsweise die Bauunternehmung das Personal im Wege der Selbstversicherung versichert, da auch bei dieser Art der Versicherung bei der Lötschbergbahn keine Gefahr besteht, dass die verunfallten Personen in ihren Rechten verkürzt werden.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. Dezember 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Erteilung einer einheitlichen Konzession an die Berner Alpenbahngesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Berner Alpenbahngesellschaft, vom 24. Januar 1908, und des Abtretungsvertrages der Spiez-FrutigenBahn, vom 26./28. September 1907; 2. einer Botschaft des Bundesr'ates vom 21. Dezember 1908, beschliesst: Der Berner Alpenbahngesellschafft Bern-Lötschberg-Simplon wird eine einheitliche Konzession für den Bau und den Betrieb einer Hauptbahn von Spiez nach Brig unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Gleichzeitig werden aufgehoben die Bundesbeschlüsse betreffend : a. die Lötschbergbahn, nämlich Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1891 (Konzessionserteilung, siehe E. A. S. XI, 535), Bundesbeschluss vom 26. März 1897 (Konzessionserweiterung, E. A. S. XIV, 338), Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1899 (Konzessionsübertragung, E. A. S. XV, 888) und Bundesbeschluss vom 30. März 1906 (Konzessionsänderung, E. A. S. XXII, 140); b. die Spiez-Frutigen-Bahn, nämlich Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1890 (Konzessionserteilung, siehe B. A. 8. XI, 222) und Bundesbeschluss vom 22. Juni 1901 (Konzessionsänderung, E. A. S. XVII, 102), mit Ausnahme der Vorschriften der Art. 12 bis und mit 19 des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1890,

442 welche erst auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebes auf der Strecke Frutigen-Brig ausser Kraft treten.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2.

erteilt.

Art. 3.

Die Konzession wird bis zum 23. Dezember

1971

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der. Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern bestehen, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den revidierten Statuten einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Die Bahnverwaltung hat dafür zu sorgen, dass die Arbeiten im grossen Tunnel am Sonntag, mit Ausnahme der Arbeiten ,,vor Orta und allfälliger unaufschiebbarer Arbeiten, eingestellt werden.

Art. 6. Binnen 6 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Buudesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche dnrch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von 1,436 Meter erstellt und mittelst Dampf oder Elektrizität betrieben.

Die Anlage der Doppelspur richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 24. September Î907 (E. A. S.

XX1I1, 231).

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Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgaben zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach heiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur PersonenbeförderungWagen nach dem Uurchgangssystem mit drei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenziigen Personen zu befördern.

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Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : 1. Für einfache Fahrten : in der ersten Wagenklasse 10,4 Rappen, ÌQ der zweiten Wagenklasse 7,a Rappen, in d°er dritten Wagenklasse 5,2 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

2. Für Hin- und Rückfahrt: in der ersten Wagenklasse 15,e Rappen, in der zweiten Wagenklasse 10,o Rappen, in der dritten Wagenklasse 6,5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für die Bahnstrecken mit starken Steigungen und für Bahnstrecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- und Betriebsverhältnisse bestehen, sowie für die Benützung aussergewöhnlicher Einrichtungen (Schlafwagen, Luxuswagen und dergleichen) wird der Bundesrat die Erhebung eines Zuschlages zu diesen Taxen bewilligen.

Für Kinder unter vier Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu bezahlen. Der Bundesrat ist berechtigt, diese Altersgrenze von 10 Jahren zu erweitern.

Art. 16. Für den Abonnementsverkehr, mit Einschluss der Generalabonnemente, der Arbeiterbillette und der Schülerbillette, für den Rundreiseverkehr, sowie für Gesellschaften und Schulen sind besondere Ermässigungen zu gewähren.

Mit Zustimmung des Bundesrates können Staffeltarife und Kilometerbillette eiageführt werden.

Art. 17. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

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Art. 18. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck wird eine Taxe von höchstens fünf Rappen pro 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen.

Für Gepäcksendungen beträgt die Minimaltransporttaxe im internen Verkehr höchstens 25 Rappen und im direkten Verkehr höchstens 40 Rappen.

Es ist vorzusorgen, dass Gepäck und ähnliche Güter, auch wenn sie ohne Begleitung zur Beförderung kommen, zu den Taxen für Gepäck aufgegeben werden können (Expressgut).

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein anderes Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden.

Art. 19. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Dabei dürfen höchstens folgende Tarifsätze Anwendung finden :

s-.

ts> .ae o

i ·3 ÜJ

Frachtgut Stückgut

'Wagenladungen *) Speziai tarife Allgem.

Klassen I II m A a b a b a b B

Taxen per 100 kg. in Centimes

I. Expeditionsgebiihren : 1--20 km. . 18 10 10 6 6 6 6 6 6 7,5 7,5 21--39 km., Zusehlag per km. 0,45 0,25 0,25 0,375 0,375 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 40 und mehr km 27 15 15 15 15 10 10 10 10 10 10 II. Streckentaxen: per km. . . 3,4 !.' 1,35 1,25 1,' 0,95 0,8 0,85 0,7 0,75 0,42 *) A, a = Wag enladnngen zn 5 Tonnen.

B, & = Wagenladungen zu 10 Tonnen.

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Dabei dürfen die unter I vorgesehenen Expeditionsgebühreu im internen Verkehr der Unternehmung in ihrem vollen Betrag, im direkten Verkehr derselben mit andern Transportunternehmungen zur Hälfte und im Transitverkehr übet 1 dieselbe gar nicht eingehoben werden.

Für Eilgut in Wagenladungen darf die Taxe höchstens das Doppelte der allgemeinen Wagenladungsklassen für Frachtgut betragen.

Für die Bahnstrecken mit starken Steigungen und für Bahn strecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- und Betriebsverhältnisse bestehen, wird der Bundesrat die Erhebung eines Zuschlages zu diesen Taxen bewilligen.

Mit Zustimmung des Bundesrates können Staffeltarife eingeführt werden.

Für die Beförderung sperriger Güter, sowie explosiver und feuergefährlicher Gegenstände kann mit Bewilligung des Bundesrates ein Taxzuschlag erhoben oder ein höheres als das wirkliche Gewicht berechnet werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen geringwertigen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 20. Neben den Normaltarifen werden, in Berücksichtigung der Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landund Forstwirtschaft, die erforderlichen Ausnahmetarife erstellt.

Bei Erstellung solcher Ausnahmetarife ist besonders darauf Rücksicht zu nehmen, dass die ausländische Konkurrenz nicht gegenüber der einheimischen Produktion begünstigt wird.

Art. 21. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu erheben.

Art. 22. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzengnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe der Stückgutklasse l des Gütertarifs zu erheben.

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Art. 23. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 24. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 16 Rappen pro Stück und Kilometer für die höchste und 2 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen. Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 % erhoben werden.

Art. 25. Die Minimaltransporttaxe für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt im internen und im direkten Verkehr höchstens 40 Rappen.

Art. 26. Die vorstehenden Taxbestiminungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern auf die Stationsverladeplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Bahnverwaltung Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, bezw. des Adressaten zn treffen (Camionnagedienst).

Soweit nicht im Transportreglemente Ausnahmen vorgesehen sind, wird das Aufladen der Güter in die Bahnwagen und das Ausladen aus denselben bei den Eil- und StUckgutsendungen, sowie bei den Sendungen zu den allgemeinen Wagenladuugstaxen von der Bahnverwaltung besorgt, und es darf eine besondere Taxe hierfür nicht bezogen werden. Die übrigen Güter, sowie die lebenden Tiere sind seitens der Versender und Empfänger auf die Bahnwagen aufzuladen oder von denselben abzuladen. Werden diese Leistungen vom Versender oder Empfänger der Bahn übertragen und von derselben übernommen, so sind die dafür bestimmteo Gebühren zu entrichten.

Art. 27. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet

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und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der gemäss diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 28. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 29. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 30. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 31. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Brneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- uud Unterstiltzungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetx vorn 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 32. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Wallis gelten folgende Bestimmungen:

449 a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes der Linie Spiez-Brig und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschlu.ss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1945 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1945 und 1. Januar 1960 erfolgt, den 22 I /afachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem i. Januar 1960 und dem Ablauf dei- Konzession sieh vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Brneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Rechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten, für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Absehätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

450 Art. 33. Haben die Kantone Bern und Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 32 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Re.chten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 34. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge, der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1909 in Kraft tritt, beauftragt. Die Bestimmungen der Art. 12 bis und mit 25 desselben treten für den Verkehr der Strecke Spiez-Frutigen erst auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebes auf der Strecke Prutigen-Brig in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erteilung einer einheitlichen Konzession an die Berner Alpenbahngesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon.

(Vom 21. Dezember 1908.)

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