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Bericht des

schweizerischen Bundesgerichtes an die .hohe schweizerische Bundesversammlung über seine Ge-

schäftsführung im Jahr 1853.

(Vom 22. April 1854.)

Tit.

Unser sub 20te» Iuly 1853 an Sie erstattete Bericht umfaßte den Zeitraum vom July i 851 bis Iuly 1853.

Da fich laut einer an uns erlassenen Weifung die Reserate über nnfere Geschäftstätigkeit jederzeit genaii inner den Schranken des Kalender-Iahres halten follen, so kann der gegenwärtige Rapport nur noch auf unsere amtliche Wirffamkeit während der zweiten Hälfte des Jahres 1853 Bezug haben.

& versammelte sich unsere Behörde außerordentlicher .Weise im Laufe des Monats' Dezember zu Luzern, und erledigte während vier Sitzungstagen fünf Streitigkeiten, betreffend die Einbürgerung von Heimathlofen, nämlich: a. eine folche unter den Regierungen der Kantone Aar.* gau, Schwytz und Tesfin, wobei der heimathlose Joseph Siegel, dessen Beihälterinn und Kinder unter die beiden leztern Kantone vertheilt wurden ; b. sine solche unter den Regierungen der Kantone Schaffhausrn und Zürich in Betreff der Hcimathsberechtigung des Christoph Hartmann, welcher dem erster« Kanton zugesprochen ward; c. eine solche unter den Kantonsregierungen von Suzern, Aargau, Zug, Bern und Baselland wegen Einbürgerung des heimathlofen Michael Herler, wo*

462 bei die erflern drei Regierungen verpflichtet wurden, fich in die Einbürgerungslast zu theilen ; d. eine solche unter den Regierungen von Luzern

und Solothurn hinsichtlich der Heimathsberechtigung der Gebrüder Franz und Peter Schaller, welche zu übernehmen der leztere Kanton als pflichtig erklärt ward; e. endlich diejenige, betreffend Einbürgerung der Katharina Malter und ihrer sechs auperehlichen Kinder unter den Ständen Aargau und Luzern, welche zu Ungunsten von Aargau entschieden wurde.

Der im abgewichenen Iahre begonnene Bau von Eisenbahnen in der Schweiz hatte die .Jolge, daß wir im Wege des Rekurses für Erledigung »on ExpropriationsAnständen mehrfach angesprochen wurden. Wir verwendeten für die Berathung des hiebet zu beobachtenden Verfahrens eine volle Sitzung, Dabei gelangten wir zur Ueberzeugung, daß das provisorifche Bundcegesetz vom 22*en November 1850 den Interessen der ...Betheiliaten nicht entspreche, und wir beschloßen demnach, den Bundesrath auf die Wünschbarfeit der Ausarbeitung eines besondern Prozess-Gesetzes für Sxpropriations-Stireitigfeiten hinzuweisen.

In Hinficht aus einen durch uns abgewandelten Rechtsstreit, beschwerte fich eine Parthei über die KostenNota ihres Rechts-Anwalts und verlangte Prüfung und Ermäßigung derselben. Wir erachteten uns nicht als îompetent, in die dicsifällige Beschwerde einjutretcri, und verwiesen den Anstand an den ordentlichen Ciöilrichter des Angesprochenen. Da jedoch der Erlaß eines Spor* ielngefetzes, dem wir bei unfern Berichterstattungen ju w i e d e r h o l t e n Malen gerufen haben, und das bei der annehmenden Anzahl der »or unser Forum gelangenden

463 Rechtsfälle immer g r ö ß e r e s Bedürfniß wird, hoffemlich in naher Ausficht steht, so dürfte es als angemessen erachtet werden, auch in Betreff der Anwaltgebühren zu Erzielung einer Gleichmäßigkeit die geeigneten Bestimmungen in dasfelöe aufzunehmen.

Die Anklagekammer hatte fich in der zweiten Hälfte des Berichtsjahrs noch zwei Mal zu versammeln. Bei ihrer erstcn Zusammenkunft überwies sie zwei ungetreue Beamtete dem eidsgenösfifchen Schwurgerichte des 3*«" Bezirks. Ihre weitern Berathungen bezogen fich auf die auf Veranlassung der Wahl eines Mitglieds des Nationalrathes in Bulle stattgehabten Wahlumtriebe. Gegenüber dem Antrage des General-Anwalts, welcher 20 Angeflagte wegen Einlegen falfcher Stimmzedel, 9 wegen Ausübung widerrechtlichen Einflußcs durch Versprechungen, Geschenke und Drohungen, 2 wegen Annahme von Geschrafen, 33 wegen unbefugter Teilnahme am Wahlakte in Anllage-Zustand versetzen wollte, erkannte die InllageHammer mit Stimmenmehrheit, es finde zur Zeit eine Anflöge nicht statt, indem fie von der Ansicht ausgieng, daß es der Strafjustiz nicht gelungen sei, die Urheber der verübten Wahlumtriebe und sämmtliche Theilnehmer an denselben zu erforfchen, und daß demnach die Vorunterfuchung auf eine breitere Grundlage gestellt werden müßte, sofern der Arm der Strafgerechtigkeit alle Schuldigra erreichen follte.

Ohne Veranlaßung zu weitern Mittheilungen schließen wir diesen kurzen Nachtragsbericht, und versichern Sie dabei unserer vollkommenen Hochachtung.

Zürich, den 22ten April 1854.

Der P r ä s i d e n t d e s B u n d e s g e r i c h t s : Dr. J. ...Hnttimann.

Der Bundesgerichtsschreiber : £ai>hardt.

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichtes an die hohe schweizerische Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1853. (Vom 22. April 1854.)

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