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Schweizerisches Bundesblatt

37. Jahrgang. IV.

Nr. 50.

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14. November 1885.

Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Rekurs der Herren Boivin und Konsorten wegen der Taxen auf den Berner Jurabahnen.

(Vom 6. November 1885.)

Tit.

Von den in der Hand der Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft liegenden Konzessionen enthalten diejenigen : 1) des Kantons Bern für die Linie von Biel durch den Jura nach Delsberg, mit Abzweigung von Delémont in der Richtung nach Pruntrut und von Sonceboz in der Richtung nach Convers, vom 10. März 1870, Eisenbahnaktensammlung VI, 274, Art. 39; 2) des Kantons Neuenburg, für die Strecke von der bernischen » Grenze im St. Inmerthal bis nach Convers oder Chaux-deFonds, vom 18. Mai 1870, E. A. S. VI, 326, Art. 37; 3) des Kantons Solothurn, für den auf denn solothurnischen Gebiet liegenden Theil der Berner Jurabahnen, vom 8. Dez.

1872, E. A. S., VIII, 159, Art. 37; 4) des Kantons Baselstadt, für die auf baselstädtischem Gebiet befindliche Strecke der Linie Delémont-Basel, vom 31. Dez.

1872, B. A. S. VIII, 146, Art, 37.

folgende Bestimmungen : ,,Wenn die Bahnunternehmung 3 Jahre nacheinander einen 10 °/o übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist der Betrag der Transporttaxen, der laut den Bestimmungen dieser Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

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Konzessionsurkunde in dem von der Gesellschaft aufzustellenden Tarife nicht überschritten werdet) darf, gemäß einer zwischen dem Regierunssrathe und der Gesellschaft zu treffenden Uebereinkunft herabzusetzen.

Reicht dagegen der Reinertrag des Unternehmens nicht hin, um das Aktienkapital wenigstens zu 2 °/o zu verzinsen, so ist es der Gesellschaft vorbehalten, obige Tarifsätze um höchstens 30 °/o zu vermehren."

In der Konzession für den auf basellandschaftlichem Gebiet liegenden Theil der Linie Delémont-Basel, E. A. S. VII, 680, findet sich nur der erste dieser beiden Sätze; in den übrigen Konzessionen, a. für Bern-Biel-Neuenstadt, E. A. S. IV, 223, b. für Lyß-Fräschels, E. A. S. VII, 60, und c. für Pruntrut-Delle, B. A. 8. V, 115, findet sich eine Bestimmung wegen eventueller Erhöhung oder Ermäßigung von Taxen nicht.

Unbestrittenermaßen ermöglichten die Betriebsergebnisse der Jura-Bern-Luzern-Bahn in den eisten Jahren die Bezahlung einer Dividende überhaupt nicht, so daß die Verwaltung sich veranlaßt sah, von dem in den resp. Konzessionen ihr vorbehaltenen Recht, Taxerhöhungen einzuführen, Gebrauch zu machen. Der Bundesrath beschloß denn auch auf deren Gesuch : a. unterm 28. Dezember 1876, E. A. S. n. F. IV, 284, eine Erhöhung der sämmtlichen Taxen auf den Linien Biel-Dachsfelden und Sonceboz-Convers um 30 °/o zu bewilligen ; b. am 19. Dezember 1878. E. A. S. n. F. V, 135, eine Taxerhöhung auch zu gestatten um 20°/o hinsichtlich des Rei.sendenund Gepäckverkehrs auf den Linien Tavannes-Delle und Delémont-Basel, soweit diese auf dem Gebiet der Kantone Bern » und Solothurn liegen, Alles mit dem Vorbehalt, zu jeder Zeit eine neue Reglirung der Transporttaxen anzuordnen.

Mit Rücksicht darauf, daß in den Jahren 1880 und 1881 den Aktionären eine Dividende von 1%, im Jahr 1882 eine solche von 2 °/o und pro 1883 von 3 °/o hatte ausgerichtet werden können, hat der Verwaltungsrath der Jura-Bern-Luzern-Bahn vom 1. September 1884 an auf den Bezug der Hälfte der Zuschlagstaxen verzichtet.

Mit Schreiben vom 25. November 1884 hat Hr. Direktor E. Boivin in Delémont eine Anzahl Petitionen aus verschiedenen Gemeinden des Jura dem Bundesrath eingereicht, welche dahin schlössen, daß O

g

235 I. die Gesellschaft der Jura-Bern-Luzern-Bahn verhalten werde, die Erhebung der Taxzuschläge gänzlich einzustellen und sich mit den ihr in den Konzessionen zugesicherten Taxen zu begnügen ; -- uod ferner II. daß der Gesellschaft anbefohlen werde, den zwischenliegenden Stationen diejenigen Taxen zu gewähren, in deren Genuß entfernter liegende Stationen stehen.

Dieses zweite Begehren ist ganz unabhängig von dem .ersten. Es bezieht sich dasselbe auf die Thatsache, daß die Jura-Bern-Luzern-Bahn, in Gemeinschaft mit der französischen Ostbahn, auf den Transporten, welche aus Belgien und Holland via Delle nach Basel gebracht werden, in Basel dieselben Taxen erhebt, um welche die konkurrirende deutsche Route die gleichen Transporte auch besorgt. Diese Taxen sind nicht höher, als die normalen Sätze der französischen Ostbahn bis Delle ergeben. Von diesen normalen Sätzen überläßt die französische Ostbahn der Jura-Bern-Luzern-Bahn einen im Verhältniß der Länge der Strecke Delle-Basel berechneten Antheil, sobald es sich um konkurrenzirte Transporte handelt. Sobald es sich aber um solche Transporte handelt, die nicht konkurrenzirt sind, hat die Ostbahn kein Interesse mehr, von ihren Taxen irgendwem etwas abzugeben, und ist die Jura-Bern-Luzern-Bahn daher in der Lage, ihre eigenen Taxen an die der französischen Ostbahn bis Delle anzustoßen,, woraus sich, da diese letztere Taxe, wie soeben erwähnt, genau dieselbe ist wie für Basel, die selbstverständliche Folge ergibt, daß die Zwischenstationen von Delle bis Basel höhere Transportpreise zu bezahlen haben, als das -- auf dem Wege via Delle -- entferntere Basel, und zwar in der Art, daß die deutsche Konkurrenz für diese Zwischenstationen nur so weit günstig wirkt, als der Anstoß an die Basler Taxen geringere Gesammtsätze ergibt, als derjenige an Delle. Die zwischenliegenden, Stationen sind also immerhin in der Lage, daß sie, wenn sie näher an Basel liegen, nie mehr bezahlen müssen, als wenn die ausschließliche Beförderungaroute über Basel, und soweit sie näher an Delle sind, als wenn die einzige Zufahrtslinie über Delle ginge.

Der Bundesrath hat mit Schlußnahme vom 24. Februar 1885 die beiden in den Petitionen enthaltenen Begehren abgewiesen, das erste, weil eine Taxerhöhung für den Fall konzessionsmäßig vorgesehen sei, als die Dividende der Jura-Bern-Luzern-Bahn
2% nicht übersteige ; da dieses aber nur im Jahr 1883 der Fall gewesen, so müsse der Einfluß der vorgenommenen Taxreduktion abgewartet werden, ehe eine Entscheidung, sei es im Sinn der gänzlichen Aufhebung der in den Beschlüssen von 1876 und 1878 bewilligten Taxerhöhung, " sei es im Sinn einer bloßen weiteren Reduktion, stattfinden könne; und das zweite, weil die angefochtenen Tarife im Einklang mit

236 den von den Bundesbebörden aufgestellten Vorschriften und Grundsätzen stehen.

Gegen diese Schlußnahme richtet sich die vom h. Ständerath am 19. Juni 1885 dem Bundesrath zur Berichterstattung überwiesene Beschwerde der HH. Direktor B. Boivin und Mitunterzeichner vom 23. März 1885. Die Beschwerdeführer halten an der Begründung fest, auf welche sie die an den Bundesrath gerichteten Gesuche gestellt haben, indem sie ausführen: Ad I. In der Thatsache, daß die in Rede stehenden Taxzuschläge nur auf die bernischen und solothurnischen Strecken der eigentlichen Jurabahn gelegt worden, und da.ß die Linien BernBiel-Neuenstadt und die Strecken in den Kantonen Baselland und Baselstadt von denselben befreit geblieben seien, liege eine ungerechtfertigte Bevorzugung eines Theils der Gebiete, deren Verkehr die Jura-Bern-Luzern-Bahn laut Art. 35 des Eisenbahngesetzes gleichmäßig zu bedienen habe. Sodann seien Taxzuschläge überall uur berechtigt, wenn die Dividende der Jura-Bera-Luzern-Bahn n io h t m i n d e s t e n s 2°/o betrage; es sei falsch, darauf abzustellen, daß diese bisher nur Ein mal mehr als soviel betragen habe. Ferner könne nicht zugegeben werden, daß, nachdem die Dividende in 1882 2% und in 1883 gar 3% erreicht habe, man die Wirkungen der am 1. September1884 eingetretenen Taxermäßigungen abwarten müsse, bevor auf Abschaffung auch des Restes der Zuschläge gedrungen werden könne. Die Zuschläge seien vielmehr ganz zu streichen. Erst dann, wenn in den dieser Streichung folgenden zwei (sollte wohl heißen drei) Jahren abermals nicht 2% erreicht wären, möge man zu einer neuen Taxerhöhung schreiten, dann aber ohne Unterschied mit Anwendung auf das ganze Netz der Jura-Bern-Luzern-Bahn. Wenn man auf das Erträgniß von 1885 abstelle, so werde die Jura-Bern-Luzern-Bahn durch Einwerfung großer Summen in die Reserven schon dafür sorgen, daß nicht mehr als 2% Dividende ausgerichtet werden. Das sei es, was man nicht zugeben wolle, und weßhalb der Rekurs ergriffen werde, während man im übrigen sieh für das Jahr 1885 schon noch gedulden könnte.

Ad II. Gegen Differenzialtarife, wo vorhandene Konkurrenzen dieselben nöthig machen mögen, speziell für den Punkt Basel, wende man nichts ein. Aber man verlange, daß die näher am Ausgangspunkt gelegenen Stationen derselben ermäßigten Taxen theilhaft werden. Das sei
vorgeschrieben im Art. 35 des Eisenbahnr gesetzes, indem die Taxen unter gleichen Umständen für alle gleich sein sollen, Es-sei das auch vom Bundesrath anerkannt worden anläßlich.

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der Behandlung des bekannten Ausnahmetarifs 442, wo die JuraBern-Luzern-Bahn, die Schweizerische Centralbahn und die Suisse Occidentale und Simplonbahn haben zugeben müssen, daß Taxvergünstigungen für die Endpunkte allen näher gelegenen und auch den an Paralell- und Seitenlinien befindlichen Stationen gewährt werden. In diesem Sinn erstellen auch die auswärtigen Bahnen ihre Tarife. Auch dürfe man nicht vergessen, daß die Bahn gebaut worden sei unter besonderer finanzieller Mithülfe der Gemeinden, welche heute nur gleiches Recht begehren mit solchen Interessenten, die nichts dazu beigetragen haben.

Die Verwaltung der Jura-Bern-Luzern-Bahn hat schon im Geschäftsbericht pro 1884 (S. 16) erklärt, daß sie bereit sei, auch den Rest der Zuschläge zu supprimiren, wenn die Betriebsergebnisse pro 1885 es erlauben, oder, wie die Direktion in einein unterm 8. Oktober d. J. an das Departement gerichteten Schreiben sieh ausgesprochen hat, wenn nach Ablauf des Jahres das finanzielle Ergebniß die Ausrichtung einer Dividende von mindestens 2°/o gestatte.

Mit Rücksicht auf diese Erklärung beantragen wir, auf den ersten Punkt der Beschwerde zur Zeit nicht einzutreten. Die Direktion der Jura-Bern-Luzern-Bahn hat der Erklärung vom 8. Oktober eine Nachweisung über den Stand der Betriebseinnahmen und der Ausgaben der Gesellschaft bis Ende August angefügt, wonach sie auf diesen Zeitpunkt einen zur Verfügung der Aktionäre bleibenden Gewinn von Fr. 683,830 berechnet. Hiernach darf, unter der Voraussetzung, daß nicht unvorherzusehende Umstände den Reinertrag beeinträchtigen, die Möglichkeit der Auszahlung von 2% Dividende kaum bezweifelt werden. Auch sagen die Beschwerdeführer in der Eingabe an die Bundesversammlung selber, daß sie den 31. Dezember, ohne weitere Schritte zu thun, abgewartet hätten; und daß sie nur den Erwägungen, welche der Bundesrath seinem Beschluss unterstellt, sich nicht fügen können.

Diese Erwägungen nun gelten den Verhältnissen, wie sie sieh am 24. Februar 1885 dargestellt haben; was der Bundesrath nach Kenntnißnahme der Rechnungsergebnisse in 1885 thun werde, ist nicht gesagt und kann also nicht debattirt werden. Der Bundesrath wird aber nach Kenntnißnahme dieser Ergebnisse nicht etwa eine Anregung von außen erwarten, sondern von Amtswegen vorgehen , da ihm die Verantwortlichkeit obliegt, für
Beachtung der Bestimmungen der Konzessionen zu sorgen. Im übrigen liait er seinen Beschluß vom 24. Februar 1885 in allen Richtungen aufrecht. Die Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft hat anläßlich der Konzession für das sog. Dekretsnetz und die Ergänzungslinien das

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Recht erworben, auf den Strecken von Biel bis Sonceboz, von da bis Convers und Delémont-Pruntrut und -Basel (mit Ausnahme der Strecke im Kanton Baselland), einen Taxzuschlag zu erheben, wenn der Reinertrag des Unternehmens nicht 2 °/o betrage. In den übrigen Konzessionen ist der Gesellschaft ein solches Recht nicht gewährt, und es hat ihr dasselbe auch offenbar nicht gewährt werden wollen, denn diese übrigen Konzessionen sind mit Ausnahme derjenigen für Lyß-Fräschels altern Datums; der Kanton Bern hätte, wenn er jenes Recht auch auf diese ausdehnen wollte, es anläßlich der Konzessionen für das Dekretanetz und die Ergänzungslinie sagen können und müssen. Daß er es nicht gethau, hat einen guten Grund; die Linien Bern-Biel-Neuenstadt etc. sind Thalbahnen mit geringen, die des Dekretsnetzes und der Ergänzungslinien im Wesentlichen Bergbahnen mit großen Steigungen und daher vermehrten Betriebskosten; wenn der Betrieb nicht eine bescheidene Rendite gewährte, so sollten diese letztern Linien zunächst dafür einstehen. Es liegt also darin, daß der Bundesrath die Taxerhöhungen auf die Strecken Biel-Sonceboz-Convers, SoncebozDelémont-Delle und Delémont- Grenze Baselland gewährte, weder ein Unrecht noch auch nur eine Unbill. Darin hätte eia Unrecht gelegen, wenn die Strecke im Basellaud entgegen dem Inhalt der Konzession mitbelastet worden wäre. Daß die ca. 3 km. auf baselstädtischem Gebiet nicht in die Taxerhöhung einbezogen wurden, ist, wie der Bundesrath den Beschwerdeführern schon eröffnet hat, in .den Schwierigkeiten begründet, welche die Taxbildung geboten hätte, übrigens thatsächlich ziemlich unerheblich, denn eine Zwischenstation liegt nicht auf dem Gebiet des Kantons Baselstadt, deren Verkehr mit Basel die Belassung der einfachen Taxen zu gut gekommen wäre; im übrigen kommen diese einfachen Taxen wie der Station Basel, so auch den übrigen Stationen der Jura-BernLuzern-Bahn zu gut, welche auf der Basler Strecke den Zuschlag auch nicht zahlen müssen.

Sodann ist in der Konzession vorgesehen, daß die Jura-BernLuzern-Bahn die Taxen ermäßigen solle, wenn der Reinertrag während 3 Jahren mehr als 10 °/o ertragen habe. Als Correlai ist beigefügt, daß gegentheils die Gesellschaft zu einer Taxerhöhung berechtigt sei, wenn die Dividende nicht wenigstens 2°/o erreichen würde. Wenn nun auch im zweiten Satz, der
vom Correlai handelt, die drei Jahre nicht ausdrücklich wiederholt sind, so ergibt sich doch aus dem Zusammenhang, daß wie die Stätigkeit der höhern Einnahmen vor der Taxermäßigung durch eine gewisse Dauer nachgewiesen sein muß, ebenso nicht angenommen werden soll, daß die Jahre des geringen Ertrages vorbei seien, wenn auf eine

239 Reihe von Jahren unter 2 °/o einmal ein besseres kommt. Die Besserung muß auch eine anhaltende sein, das heißt drei Jahre gedauert haben, ehe sie als eine ständige rechtlich zur Geltung kommt. Die 3 °/o in 1883 auf die l °/o in 1881 und 2°/o in 1882 waren noch gar kein vollgültiger Beweis der eingetretenen Besserung; das Jahr 1884 hat dies bewiesen, das wieder mit einer Dividende von nur 2 J /2 °/o schloß. Das Jahr 1883 allein konnte von den Beschwerdeführern für die Behauptung, daß die Zuschläge gänzlich abgeschafft werden sollen, in Anspruch genommen werden; in 1882 haben nicht die einfachen Taxen 2% abgetragen, sondern diese unter Zurechnung der Zuschläge. Das Jahr 1882 stand also, unter der Voraussetzung der Erhebung der konzessionsmäßigen Taxen, unter 2 °/o und wir halten den im Beschluß vom 24. Februar 1885 ausgesprochenen Satz ganz aufrecht, daß, so lange Zuschläge bezogen werden, der Ertrag der Jura-Bern-Luzern-Bahn 2 °/o übersteigen muß, bevor die Beseitigung jener auf Grund der Konzession verlangt werden könnte.

Daß nicht durch eine ordnungswidrige Gruppirung des Reinertrags die Jura-Bern-Bahngesellschaft zu einem unberechtigten Vortheil komme, wird zu verhüten unsere Aufgabe sein.

Zur zweiten Frage. Die Konkurrenz, welche die Jura-BernLuzern-Bahn, allerdings in Verbindung mit der französischen Ostbahn, veranlaßt hat, die aus Belgien und Holland kommenden Transporte (und nur diese) zu billigeren als den normalen Taxen nach Basel zu führen, ist die der deutschen Bahnen, also ausländischer Unternehmungen. Wir stehen hier vor genau dem Fall, zu welchem in dem von Ihnen gebilligten Bericht vom 23. November 1883 betreifend das Tarifwesen der schweizerischen Eisenbahnen ausgeführt ist, daß die Taxen der näher gelegenen (der Zwischen-) Stationen höher sein dürfen als die der Endpunkte. Wenn die Jura-Bern-Luzern-Bahn und die französische Ostbahn nicht zu den Taxen, welche die deutschen Bahnen erheben, jene Güter nach Basel fahren, so fällt der Transport ganz an die letzteren, ohne daß die Stationen zwischen Basel und Delle etwas davon haben.

Im Gegentheil, es wäre zu befürchten, daß alsdann von den deutschen Bahnen die Basler Taxen erhöht würden, was die Zwischenstationen auch belasten müßte. Dazu kommt im speziellen Fall, daß die Jura-Bern-Luzern-Bahn ihre Konkurrenz durchaus nur mit
Hülfe der französischen Ostbahn aufrecht erhalten kann, d. h. soweit, als diese an den Taxermäßigungen theilnimmt. Die letztere zu solchen Taxermäßigungen anzuhalten, hat der Bundesrath kein Recht. Nun bezieht aber, wie bereits angeführt, laut den von den Beschwerdeführern angerufenen Vertrag zwischen der Ostbahn, der Jura-Bern-

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Luzern-Bahn und der Centralbahn, vom 10. November 1880, die Ostbahn auf den Gütern aus Belgien und Holland normal genau dieselbe Taxe bis Delle, wie die deutschen Bahnen bis Basel. Wenn diese Güter also via Delle bis Basel geführt werden, so muß die Ostbahn auf so viel von ihren normalen Taxen zu Gunsten der JuraBern -Luzcrn- Bah n verzichten, als diese für den Transport von Delle bis Basel verlangt. An Taxermäßigungen auf die Zwischenstationen nimmt die Ostbahn nicht theil; wir haben wiederum keine Macht, sie dazu zu zwingen. Von der Jura-Bern-Luzern-Bahn verlangen , daß die Zwischenstationen zu denselben Taxen wie Basel bedient werden, würde also heißen, es dürfe diese für den Transport von Delle bis zur betreffenden Zwischenstation keine Entschädigung fordern. Ein derartiger Anspruch der Aufsichtsbehörde müßte nothwendig dem Verzicht der Jura-Bern-Luzern-Bahn auf die Bedienung der Station Basel im belgisch-holländischen Verkehr rufen, worauf dann .von einer Rückwirkung der Basler Taxen für die Zwischenstationen nicht mehr gesprochen werden könnte; d.h.

das Ende wäre, daß diese die nun beanstandeten Taxen fortbezahlen müßten, die Jura-Bern-Luzern-Bahn aber die Einnahmen nicht mehr hätte, welche ihr gegenwärtig aus den Transporten nach Basel zukommen. Das, ist in dem beregten Bericht vom 23. November 1883 ausgeführt, wäre keine richtige Tarifpolitik und kann Niemand wollen.

Der Spezialfall, von dem die Beschwerdeführer sprechen, betreffend den Tarif Nr. 442, bezieht sich auf ganz verschiedene Verhältnisse. Hier handelte es sich um die Konkurrenz schweizerischer Bahnen unter sich, wo der Bundesrath in der Lage war, seine .Befehle bei allen betheiligten Verwaltungen zur Geltung zu bringen.

Wir können also auch hier nicht zugeben, daß es sich um eine willkührliche Beeinträchtigung gesetzlich begründeter Rechte handle.

Wir werden die Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft bei der Erklärung behaften, daß die in den Jahren 1876 und 1878 bewilligten Taxzuschläge auf den Linien Biel-Sonceboz-Convers, Sonceboz-Dachsfelden, Dachsfelden-Delémont-Delle und Delémont-Basel nicht mehr bezogen werden sollen, wenn das finanzielle Ergebniss des Betriebs pro 1885 die Ausrichtung einer Dividende von mindestens 2 °/o erlaubt.

Im Uebrigen wird b e a n t r a g t : Auf die Beschwerde der Herren Boivin und Genossen gegen den Bundesrathsbeschluss vom 24. Februar 1885 .wird zur Zeit

241 nicht eingetreten, so weit .dieselbe sich gegen den einstweiligen Fortbezug der Taxzuschläge auf den Linien Biel-Sonceboz-Convers, Sonceboz-Dachsfelden, Dachsfelden- Delémont-Delle und DelémontBasel bezieht; im Uebrigen ist dieselbe abgewiesen.

Wir benutzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 6. November 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Rekurs der Herren Boivin und Konsorten wegen der Taxen auf den Berner Jurabahnen. (Vom 6. November 1885.)

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14.11.1885

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