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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abänderung der Positionen Nr. 356, 16 und 17 des Zolltarifs.

(Vom 10. November 1885.)

Tit.

Durch Schreiben vom 13. Juni dieses Jahres ist uns durch den Nationalrath mitgetheilt worden, daß er in Bezug auf die Zolltraktanden Nr. 17 und 32b beschlossen habe:

A. U e b e r w e i s u n g der P e t i t i o n e n : 1) Der Genfer Handelskammer, 2) Petition betreffend Strohindustrie, 3) Petition von Uttweil, betreffend ehemische Produkte an den Bundesrath zur Berichterstattung und gutfindenden Antragstellung 5 B. Verschiebung der B e h a n d l u n g des b u n d e s r ä t h räthlichen Vorschlages über E r g ä n z u n g des Z o l l t a r i f g e s e t z e s bis z u g l e i c h z e i t i g e r B e h a n d lung mit obigen Petitionen.

Gemäß der Schlußnahme ad A beehren wir uns, Ihnen hienach Bericht und Anträge zu unterbreiten: 1. Petition der Genfer Handelskammer vom 8. Mai 1885.

Diese Eingabe bezweckt die Einführung von Rückzöllen zu Gunsten der schweizerischen Tabakindustrie auf den aus der Schweiz ausgeführten Tabakfabrikaten.

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Seither haben die Interessenten dem Vorsteher unsers Zolldepartements mündlich erklärt, daß sie sich auch, mit Rücksicht auf die von ihnen keineswegs unterschätzten Schwierigkeiten für die Lösung der Frage der Rückzölle, mit einer angemessenen Reduktion des Eingangszolles auf dem Rohtabak zufrieden geben würden.

Sodann ist uns ganz neulich eine gedruckte Petition der schweizerischen Tabakfabrikanten vom 12. Oktober 1885 eiugereicht worden, welche zur Erleichterung ihrer Exportindustrie ausdrücklich auf eine Ermäßigung des Eingangszolles für Rohtabak abstellen, indem sie selber die Einführung eines Rückzolles als mit zu großen Schwierigkeiten verknüpft anerkennen.

Wir behalten uns vor, unsere Ansicht in dieser Angelegenheit erst dann festzustellen, nachdem die Zollerträgnisse und statistischen Erhebungen pro 1885 vorliegen werden, welche abzuwarten uns dringend geboten erscheint, um eine Frage von so großer Tragweite, wie die vorwürfige, an die Hand zu nehmen.

2. Petition betreffend Strohindustrie (Nr. 356 des Tarifes).

In einer Eingabe datirt aus Wohlen im Aargau, im Mai 1885,, stellt eine Anzahl Industrieller des aargauischen Freiamtes das.

Gesuch, es möchte der Zollansatz von Fr. 10 bei Nr. 356 des eidgenössischen Zolltarifes für Strohgeflechte (Tressen) auf den ini alten Tarif bestandenen Ansatz von Fr. 4 ermäßigt werden.

Die Petenten berufen sich darauf, schon im Mai 1884 das Gesuch an den Nationalrath gestellt zu haben, es möchte von einer Erhöhung des Eingangszolles für Geflechte abgesehen werden.

Dieselben berühren sodann den Gang der Verhandlungen im Nationalrathe, welche die Erhöhung des Zollansatzes für Strohgeflechte (Tressen) von Fr. 4 auf Fr. 10 zur Folge gehabt haben, indem sie darlegen, daß bei diesen Verhandlungen der Gedanke vorgeschwebt habe, durch Erhöhung dieses Zollansatzes der Strohflechterei im Kanton Freiburg zu nützen, welcher Standpunkt jedoch der innern Begründung entbehre, da die Erzeugnisse der freiburgischen Strohflechterei eine Spezialität bilden, welche außer jeder Konkurrenz stehe und deßhalb vom Zoll, ob er niedrig oder noch so hoch sei, nicht berührt werde.

Dagegen äußere die Zollerhöhung einen sehr empfindlich nachtheiligen Einfluß auf das Exportgeschäft der schweizerischen Strohindustrie, dessen hauptsächlichste Wichtigkeit darin bestehe, ausländische, und zwar größtentheils chinesische Strohgeflechte (Tressen),

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zu bleichen und zu färben, nach welcher Bearbeitung diese Erzeugnisse wieder nach dem Ausland geliefert werden. Für diesen Geschäftsverkehr bringe die Zollerhöhung auf Tressen eine bedenk liehe Erschwerung mit sich.

Nachdem von Seite unsers Zolldepartements die in dieser Angelegenheit in Betracht fallenden Verhältnisse weiter untersucht worden sind, kann den vorstehenden Ausführungen Folgendes beigefügt werden : Die Strohinduslrie in der Schweiz befaßt sich : 1) mit der Anfertigung von Strohgeflechten aus inländischem Rohstoff; 2) mit der Veredlung von inländischen und fremdländischen Strohgeflechten, welche in der Schweiz für den Exporthandel gebleicht oder gefärbt werden ; 3) mit der Hutfabrikation aus inländischen und aus ausländischen Geflechten.

Letzterer Zweig fällt hier gewissermaßen außer Betracht, einerseits weil der Unterschied zwischen dem alten und dem jetzigen Zollansatze für Geflechte, mit Bücksicht auf den Mehrwerth, den diese durch ihre Verarbeitung zu Strohhüten und Korbwaaren gewinnen, von geringer Bedeutung ist, und andererseits weil die Strohhutfabrikation infolge der Erhöhung des Eingangszolles für nicht ausgerüstete Strohhüte von Fr. 16 auf Fr. 50 per q. sehr günstig gestellt ist.

Die Anfertigung von Strohgeflechten (Tressen) wird hauptsächlich im Kanton Freiburg, sodann auch im Kanton Aargau und in einigen an denselben angrenzenden Gegenden anderer Kantone betrieben, und zwar als Hausindustrie in Verbindung mit der Landwirthschaft.

Die Bevölkerung, welche im Kanton Freiburg sich mit diesem Industriezweig beschäftigt, kann nach Mittheilungen, die das Zolldepartement erhalten hat, je nachdem der Geschäftsgang ein günstiger ist, auf circa 10,000 bis 20,000 Personen, diejenige im Kanton Aargau und Umgebung auf circa 20,000 bis 30,000 beziffert werden.

In der schweizerischen Gewerbestatistik, Seite 116, welche anläßlich der Volkszählung von 1880 aufgenommen wurde, sind zwar hierüber viel niedrigere Ziffern angegeben , nämlich für Freiburg 3550 und für Aargau 7434, sodann für Luzern 2106, für Sehwyz, Unterwaiden und Zug 471, für Zürich 351.

286 Diese Zahlen mögen nun allerdings, nach der Ansicht betheiligter Industrieller, in günstigen Jahren zu tief gegriffen sein.

Ferner erklärt sich die Differenz gegenüber den erstem Angaben dadurch, daß die Mehrzahl derjenigen Personen, welche sich mit Strohflechterei abgeben, dies nicht als ihren Hauptberuf betrachten und deßhalb in die Volkszählungstabellen sich z. B. als Landwirthe eingetragen haben.

In der Qualität steht das freiburgische Strohgefleeht obenan.

Das Rohmaterial zu demselben wird hauptsächlich aus der GreyerzerLandschaft bezogen, wo dieses Stroh zur Verarbeitung als Geflecht in einer Vorzüglichkeit vorkomme, die sich nebstdem nur beim belgischen Stroh finde. Die Vorzüge des freiburgischen Strohes bestehen in seiner weißen Farbe, in seiner Feinheit und darin, daß es meistens eine natürliche Neigung zum Spalten hat.

Die jährliche Produktion von freiburgischem Strohgeflecht wird ungefähr 'auf Fr. 1,000,000 geschätzt, wovon für circa Fr. 925,000 zum Export gelangen mögen und der Rest von circa fr. 75,000 zur Hutfabrikation in der Schweiz verwendet werde.

Im Werth stellt sich das freiburgische. Strohgeflecht : für die geringste Sorte auf .

. Fr. 525 per q.

,, feinere Sorten auf .

.

. ,, 3260 ,, ,, Einkaufspreis beim Flechter.

Für die feinste Auswahl käme der Werth sogar bis gegen Fr. 10,000 zu stehen.

Verarbeitet steigert sich der Werth wie folgt: gebleicht von Fr. 525 auf Fr. 765 per q.

und ,, ,, 3260 ·,, ,, 4725 ,, gefärbt von Fr. 525 auf Fr. 905 per q.

und ,, ,, 3260 ,, ,, 4950 ,, Zu diesen Preisen verhalten sich diejenigen der im Kanton Aargau angefertigten Strohgeflechte (Tressen) wie folgt: ,, . , _ , ,, i gebleicht l Fr. 270 Geringste Sorte per q. Fr. OAn 200 |ögefärbt } ^ 300 Mittlere Sorten

,, ,,

,, '1000 | ^JjjJ*} ,, 1250

Feinste

, ,,

,, M W J ^ J ' } ,, 2300

,,

Von den gebleichten und gefärbten Geflechten sollen circa 90 % zum Export gelangen ; der Rest findet Verwendung zur Hut-

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Fabrikation in der Schweiz, deren Erzeugnisse theilweise ebenfalls exportirt werden.

Die vorliegende Petition ist nun auf denjenigen Verkehr gegerichtet, welcher in der Veredlung von importirten Strohgeflechten (Tressen) besteht, die in der Schweiz sortirt, gebleicht und gefärbt und sodann exportirt werden.

Außer den Strohgeflechten inländischer Produktion bedarf dieser Industriezweig auch ausländischer Sorten, deren Einfuhr in den drei ersten Quartalen dieses Jahres 896 q. betragen hat.

Es sind dies hauptsächlich chinesische Geflechte, deren Quantum auf ungefähr 60°/o der Gesammteinfuhr dieses Artikels zu veranschlagen ist. Nachher reihen sich italienische Geflechte an, und der Rest ist von verschiedener Herkunft.

Alle diese Geflechte, und vor Allem die chinesischen, sind von weit geringerer Qualität als die schweizerischen, unter diesen in erster Linie die freiburgischen.

Die theuersten chinesischen Geflechte kommen, bis nach Basel geliefert, auf circa Fr. 1100 per q. zu stehen, eine courantere Sorte auf Fr. 350 und die geringste Sorte auf Fr. 230.

Der mittlere Werth beträgt sonach circa Fr. 650 per q. anstatt Fr. 1900 bei den freiburgischen und Fr. 1000 bei den aargauischen.

Gleich wie die chinesischen Geflechte im Werthe bedeutend tiefer stehen, als die ireiburgischen und die aargauischen, so ist auch der Nutzen für die Arbeiter und die Arbeitgeber ein ganz bedeutend geringerer, als auf den freiburgischen, wie dies folgende Ziffern darthun: Theuerste Qualität chinesischer Geflechte, in nommen .

.

.

.

.

.

.

. Fr Herstellungswerth als gebleicht höchstens .

,, ,, gefärbt ,, .

,,

Basel ange1100 p e r q .

1160 ,, 1230 ,,

Die mitgetheilten, aus Geschäftsrechnungen neuesten Datums stammenden Zahlen, setzen es wohl außer Zweifel, daß die freiburgische Strohflerhterei dem Einflüsse irgend eines Eingangszolles in der Schweiz nicht ausgesetzt ist, ob der Ansatz ein hoher oder ein noch so niedriger wäre. So viol Strohgeflecht, als der Kanton Frei bürg produzirt, wird entweder exportirt oder findet Absatz für die Strohhutfabrikation in der Schweiz. Wie die mitgetheilten Zdhlen zeigen, ist die Preisverschiedeuheit der freiburgischen und der chinesischen Geflechte eine so große, daß beide Sorten sich

288 nicht Konkurrenz machen. Jede derselben dient einem anderen Bedürfnisse, und es ist die Verwendung derselben eine durchaus verschiedene.

Dagegen ist der Import der für den aargauisehen Veredlungsverkehr, nämlich zum Bleichen oder Färben benöthigten, hauptsächlich chinesischen Geflechte in sehr empfindlicher Weise belastet, indem die Frachtspesen, welche sich aus England, dem Hauptstappelplatz, bis Basel auf Fr. 11. 80 stellen, wozu noch der eidgenössische Eingangszoll von Fr. 10 kommt, also im Ganzen eine Vertheurung um Fr. 21. 80 per q., mit Rücksicht auf die Wiederausfuhr zum Gebrauehe der ausländischen Strohhutfabrikation gewissermaßen verloren sind.

Bereits sei der neue eidgenössische Zoll so sehr fühlbar geworden , daß die aargauische Strohindustrie einen Theil ihres Veredlungsverkehrs eingebüßt habe. Es betrifft dies die billigste Sorte von chinesischen Geflechten, im Werthe von Fr. 230 per q., welche vorher gerade ihrer Billigkeit wegen für das Exportgeschäft nach Frankreich lohnend war.

Hiebei muß sieh die Betrachtung aufdrängen, daß wenn die Strohtressen zu einer Zeit, wo die Industrie allgemein sich in viel günstigerer Lage befand, als heutzutage, mit einem Zoll von Fr. 4 in erträglichem Maße belastet war, der dermalen auf Fr. 10 erhöhte Zoll offenbar zu stark auf einem Industriezweig lastet, der beinahe ausschließlich auf den Export angewiesen ist und nur mittelst des Exportes bestehen kann.

Wir glauben nun, noch einige Momente aus den Verhandlungen über die Revision des Zolltarifes berühren zu sollen, in Verbindung mit einem vergleichenden Hinweise auf die Zollverhältnisse für andere Halbfabrikate oder Hülfsstoffe der schweizerischen Industrie.

Die Strohgeflechte (Tressen) gehören ihrer Natur und Verwendung gemäß zu den Halbfabrikaten und Hülfsstoffen. Für diese ist bei Aufstellung des neuen Zolltarifs eine Zollanlage von durchschnittlich i bis 2 Prozent des Mittelwerthes bemessen worden. Für Strohtressen wurde der durchschnittliche Werth zu Fr. 1500 per q. angenommen, gegenüber welchem der Zoll von Fr. 10 nur 0,7 °/o ausmachen würde. Nach der von der Schätzungskommission für die Handelsstatistik aufgestellten Berechnung würde jedoch der mittlere Werth der importirten Strohtressen (chinesische, italienische und andere; nur Fr. 600 per q., jener Zoll somit 1,7 °/o betragen.

289 Dem gegenüber finden wir ebenfalls unter den Begriff von Halbfabrikaten oder Hiilfsstoffen fallend unter Anderm die zubereiteten chemischen Stoffe für gewerblichen Gebrauch, durchschnittlich mit einem Zolle gleich l °/o, dann Oilvenöl mit 0,7 °/o, andere fette Oele mit l °/o, Talg mit 0,5 °/o, Thran mit 0,6 °/o, ferner die einfachen rohen Garne, nämlich LSaumwollengarn mit 1,5 °/o, Wolleogarn mit 0,7 °/o, sowie Rohseide mit 0,04 bis 0,0y °/o.

Sogar Ganzfabrikate, für welche durchschnittlich 3 °/o in Aussicht genommen waren, finden sich, mit Rücksieht auf ihre Verwendung bei der inländischen Industrie, mit niedrigem Ansätzen bedacht, wie z. B. Leder mit 1,1 %, Baumwollengewebe rohe, bis und mit 38 Fäden, mit 2 °/o, roher glatter Tüll sogar mit nur 0,2 °/o.

Nach dieser Vergleichung erscheint für Strohtressen ein Zoll von Fr. 10 per q. gleich 1,7 °/o des Werthes, diesen zu Fr. 600 angenommen, wohl zu hoch, wenn man berücksichtigt, daß dieser Artikel vorzugsweise nur zur Veredlung und zum Wiederexport eingeführt wird, sowie daß derselbe früher mit nur Fr. 4 per q. belastet war.

Wir gelangen daher zum Schlüsse, daß es der Billigkeit entsprechen dürfte, eine Herabsetzung des Zollansatzes für Strohtressen, Nr. 356 des Tarifs, eintreten zu lassen, und beantragen, denselben im Verhältniß zu l °/o des dermalen durch Sachkundige auf Fr. 600 per q. festgestellten Mittelwerthes, mithin auf Fr. 6 per q. anzusetzen.

Von fiskalischer Wichtigkeit wäre diese Zollermäßigung nicht.

Die Einfuhr von Strohtressen in den ersten neun Monaten dieses Jahres beträgt 896 q. Nach diesem Verhältniß würde sie somit für das ganze Jahr 1120 q. bei ragen. Allerdings seheint die diesjährige Einfuhr keine normale zu sein, weil in Voraussicht der Zollerhöhung ohne Zweifel noch im Jahre 1884 größere Vorräthe eingeführt worden sind, so daß die Zolltabellen eine Einfuhr pro 1884 von 1959 q. aufweisen. Dagegen dürfte die Einfuhr von 1883 mit einem Quantum von 1310 q. als normal angesehen werden.

Nach diesem letztern Einfuhrergebniß würde die Zolldifferenz zwischen dem Ansätze von Fr. 10 und demjenigen von Fr. 6 per q.

eine Mindereinnahme von Fr. 5240 zur Folge haben.

Schließlich machen wir noch auf die mitfolgende Sammlung von Mustern freiburgischer und chinesischer Strohgeflechte aufmerksam, welche mit den gegenwärtig korrenten Preisen bezeichnet sind.

290 3. Petition von Uttweil, betreffend chemische Produkte.

(Nr. 16 und 17 des Tarifes.)

In einer Eingabe an den Bundesrath, datirt vom 25. März, macht die Firma E. Wegmann & Cie., chemische Fabrik in Uttweil, darauf aufmerksam, daß der gegenwärtige Zolltarif für die von ihr betriebenen Fabrikationsbranchen, beziehungsweise speziell für die Fabrikation von technischer Essigsäure und chemisch reinem Methylalkohol gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht nur keinen Schutz biete, sondern letztere begünstige, indem der Eingangszoll, welchen der schweizerische Fabrikant für das Rohmaterial zu entrichten habe, sich höher stelle, als derjenige für das fertige Produkt.

Zur Bestätigung dessen nahen die Petenten eine Berechnung aufgestellt, woraus ersichtlich ist, daß in der That das Rohmaterial zur Herstellung von 100 kg. fünfzigprozentiger Essigsäure (soll heißen: Holzessigsäure) eine Zollbelastung von 62,25 Rappen erfährt, während der Zollansatz für 100 kg. des fertigen Fabrikates bloß 30 Rappen beträgt.

Aehnlich verhält es sich mit dem Methylalkohol, indem das zur Herstellung von 100 kg. erforderliche Rohmaterial auf Fr. 2--3 Eingangszoll zu stehen kommt, während 100 kg. Methylalkohol (ehemisch reiner Holzgeist) nach Nr. 17 des Tarifs zu Fr. l zugelassen sind.

In Anbetracht dieser Verhältnisse stellen nun die Petenten das Ansuchen, es möchte ihnen durch eine entsprechende Erhöhung des Eingangszolles auf den genannten beiden Produkten der nöthige Schutz gegen die ausländische Konkurrenz geschaffen werden.

Obgleich die ungünstigen Zoll Verhältnisse, welche der neue Zolltarif für den in Rede stehenden Fabrikationszweig zur Folge hat, in der vorliegenden Eingabe sehr klar dargelegt sind, hat unser Zolldepartement, unter Zuratheziehung von Fachmännern, die Angelegenheit einer weitern genauen Prüfung unterzogen.

Das Ergebniß dieser Prüfung bestätigte vollständig die Thatsache, daß die inländische Fabrikation von roher Holzessigsäure und von Methylalkohol gegenüber der ausländischen Konkurrenz kaum Stand halten kann, wenn das Mißverhältniß bestehen bleibt, daß die Zollansätze für diese Fabrikate nicht in angemessener Abstufung gegenüber denjenigen für die Hülfsstoffe stehen.

Zur Bereitung der rohen Holzessigsäure ist der Fabrikant genöthigt, den Rohstoff, nämlich holzessigsauren Kalk, sowie Salzsäure, beinahe gänzlich aus dem Auslande zu beziehen. Für alle

291 drei Artikel ist aber nach dem neuen Zolltarif, in welchem dieselben unter Nr. 16 aufgeführt sind, der Zollansatz der nämliche, resp. 30 Rappen per q. Es liegt also die Anomalie vor, daß das fertige Produkt zum gleichen Zolle eingeführt werden kann, mit welchem die hauptsächlichsten Hülfsstoffe, aus denen jenes hergestellt wird, belegt ist.

Aehnlich verhält es sich mit dem reinen Methylalkohol. Irn Zolltarif ist unter Nr. 17 ,,Holzgeist" aufgeführt, worunter also reiner wie roher begriffen ist, während der reine Holzgeist (Methylalkohol) aus dem rohen hergestellt wird.

Im Konventionaltarif B zum Handelsvertrag mit Frankreich ist Holzsäure mit einem Ansatz von Fr. 1. 50 gebunden.

Nach unserm Tarifentwurfe vom 11. Dezember 1882 wäre Holzessigsäure mit diesem Ansätze auch im Generaltarif belegt worden, nämlich als nicht besonders genanntes chemisches Produkt für gewerblichen Gebrauch, Kategorie II. B. 2. b.

Wir sind auch jetzt der Ansicht, daß die Herabsetzung des Zolles für diesen Artikel auf 30 Rappen keine Gründe der Nothwendigkeit für sich hatte und halten das Begehren der Petenten für wohlbegründet, daß das zunächst durch diese Zollherabsetzung entstandene Mißverhältniß durch eine angemessene Abänderung verbessert werden möchte.

Nach unserm Erachten kann dies ohne Verletzung anderer industrieller Interessen, welche dabei in Mitberücksichtigung fallen, geschehen, und zwar mittelst Genehmigung folgender Anträge : 1. Versetzung der rohen Holzessigsäure aus der Tarifposition Nr. 16 (Zollansatz 30 Rappen) in die Tarifposition Nr. 17 zu Fr. l per q.

2. Beifügung der Bezeichnung ,,rohertt bei Holzgeist in der Tarifposition Nr. 17.

Zufolge letzterer Präzisirung fällt dann der Methylalkohol (reiner konzentrirter Holzgeist), welcher im Tarif nicht besonders aufgeführt ist, unter die der Position Nr. 18 mit einem Ansätze von Fr. 2 per q. zugewiesenen nicht genannten Chemikalien für gewerblichen Gebrauch, und mittelst dieser Abstufungen ist das richtige Verhältnis zwischen den Rohmaterialien, resp. Hülfsstoffen und dem daraus hergestellten Produkt erzweckt.

292 Wir übersehen nicht, daß die Beantragung von Abänderungen des Zolltarifs, nachdem dieser erst seit kurzer Zeit in Anwendung steht, bei den h. eidg. Käthen vielleicht Bedenken erregen wird.

Wir erlauben uns jedoch, solchen Bedenken mit dem Hinweis auf die Erfahrung zu begegnen, welche auch andere Staaten machen müssen, daß nämlich die Voraussetzungen, aus denen die Aufstellung der einzelnen Positionen eines Zolltarifes hervorgegangen ist, nicht für alle Zukunft unverändert bleiben können.

In andern Staaten kommt es daher ebenfalls vor, daß der Einführung eines neuen Zolltarifes sogar schon nach ganz kurzer Zeit nachträgliehe Abänderungen oder Ergänzungen folgen, wie solche sich aus den jeweilen zu Tage tretenden Bedürfnissen begründen lassen ; auch würde man sich einer Tauschung hingeben, anzunehmen, daß unser neue Zolltarif in allen seinen Bestimmungen nunmehr als eine Arbeit aufzufassen sei, welcher auf lange Zeit hinaus unabänderliche Gültigkeit zukommen müsse.

Unstreitig ist es von hoher Wünschbarkeit, daß unser Zolltarif von öftern und eingreifenden Abänderungen, zu welch' letztern zwar die vorstehend beantragten nicht gehören, verschont bleibe; allein wenn Mißstände aus einzelnen Bestimmungen desselben hervortreten, deren Fortbestehenlassen die Existenz von bisher lebenskräftigen Industrien bedroht, so halten wir dafür, daß vor der Notwendigkeit der Abhülfe andere Rücksichten zurücktreten müssen.

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend haben wir uns entschlossen, mit gegenwärtiger Botschaft an Sie zu gelangen und Ihnen den hienach folgenden Gesetzesentwurf zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung, B e r n , den 10. November 1885.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

293 (Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

Abänderung des Einfuhrzollfarifes für Strohgeflechte (Tressen) und für rohe Holzessigsäure.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r sch w e i z e r i s e h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 10. November 1885.

beschließt: 1. Für die unter Nr. 356 des Einfuhrzolltarifs genannten Strohgeflechte ( T r e s s e n ) wird der Zollansatz von Fr. 10 auf Fr. 6 per q. ermäßigt.

2. H o l z e s s i g s ä u r e , r o h o , (Essigsäure aus Holzessig) wird aus der Nr. 16 des Einfuhrzolltarifs unter Nr. 17 versetzt und dadurch für dieses Produkt der Zollausatz von 30 Rp. auf Fr. l per q. erhöht.

3. Bei H o l z g e i s t unter Nr. 17 wird die Bezeichnung r o h e r beigefügt.

4. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

20

294

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Nachtrag zur Botschaft des

Bundesrathes vom 8. Mai 1885 betreffend Ergänzung von Art. 4 des Bundesgesetzes über einen neuen schweizerischen Zolltarif.

(Vom 10. November 1885.)

Tit.

Mit Botschaft vom 8. Mai d. J. (Bundesbl. 1885, III, 67) hatten wir die Ehre, Ihnen einen Antrag zu unterbreiten betreffend Ermäßigung der statistischen Gebühr im Eisenbahn-Transitverkehr mit Wagenladungen von einheitlicher Waarengattung.

Durch Beschluß des Nationalrathes vom 13. Juni d. J. wurde das Eintreten auf die Vorlage einstweilen verschoben, in dem Sinne, daß dieselbe gleichzeitig mit andern dem Bundesrathe überwiesenen Petitionen betreffend das Zolltarif-Gesetz zur Behandlung kommen soll. (Bezüglich der Eingaben betreffend spezielle Tarifpositionen verweisen wir auf unsere Botschaft vom heutigen Datum.

Seither sind von verschiedenen Seiten Eingaben eingelaufen, speziell von den Handelskammern von Basel und Genf, dahin gehend, es möchte die für den Transit vorgeschlagene Erleichterung auch für die Ein- und die Ausfuhr gewährt werden.

Die Gründe, welche in dieser Hinsicht vorgebracht werden, sind im Wesentlichen folgende : o Die Gebühr von l Rappen per q. könne als niedrig bemessen betrachtet werden für fraktionirte Sendungen (Stückgüter) ; aber für ganze Wagenladungen einheitlicher Waarengattung -- meistens

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Abänderung der Positionen Nr. 356, 16 und 17 des Zolltarifs. (Vom 10. November 1885.)

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1885

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21.11.1885

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