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Bundesrathsbeschluß über

den Rekurs des Gottfried Steiner-Löw von Walterswyl (Bern), Geschäftsmann, in Binningen (Basel-Landschaft), betreffend Beeinträchtigung der Gewerbefreiheit durch Kautionsauflage.

(Vom 6. März 1885.)

D e r s c h w e i z e r i s e h e B u n d e s rat h

hat in Sachen des Gottfried S t e i n e r - L ö w , von Walterswyl, Kantons Bern, Geschäftsmann in Binningen, Kantons Baselland, betr. B e e i n t r ä c h t i g u n g d e r G e w e r b e f r e i h e i t d u r c h Kautionsauflage, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements und nach Feststellung folgender aktenmäßiger Sachverhältnisse: I. Durch Gesetz vom 8. April 1878 hat der Kanton Baselland die Kaution der patentirten Geschäftsmänner (Schuldenboten) von Fr. 3000, die sie nach einem Gesetze vom 14. März 1837 zu leisten hatten, auf Fr. 15,000 erhöht. Die Kaution kann durch wenigstens vier im Kanton wohnhafte Bürgen oder durch Realversicherung erstellt werden.

Den bereits Fatentirten wurde unentgeltlich wiederum ein Patent ertheilt, sobald sie die vorgeschriebene Kaution geleistet hatten.

II. Dem Rekurrenten war am 4. J u l i 1877 vom Obergericht des Kantons Baselland nach Maßgabe des Gesetzes vom 14. Marx 1837 ein Schuldenbotpatent, d. h. die Befugniß ertheilt worden, im ganzen

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Umfang des Kantons Schuldbetreibungsgeschäfte, worunter solche streitiger Natur, zu übernehmen.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes von 1878 leistete der Rekurrent die erhöhte Kaution nicht. Im Jahre 1884 aber zeigte er in verschiedenen basellandschaftlichen und baselstädtischen Blättern die Eröffnung eines Rechts- und Inkasso-Büreaus in Binningen (Baselland) an. Vom Obergerichte aufgefordert, sich zu erklären, ob er die vorgeschriebene Kaution leisten oder auf das Patent vernichten wolle, zog der Rekurrent die Sache durch ausweichende und sich widersprechende Antworten in die Länge, um schließlich unterm 4. Oktober 1884 mit einer Beschwerdeschrift an das schweizerische Bundesgericht zu gelangen, in welcher folgende Begehren enthalten sind : 1) Es solle das basellandschaftliche Gesetz vom 8. April 1878 und das darauf fußende obergerichtliche Reglement vorn 20. Aug. 1878, soweit von Kautionsleistung der Geschäftsleute darin die Rede ist, als mit dem Wortlaut und Geist der Bundesverfassung von 1874, speziell mil Art.. 31--33 im Widersprüche stehend, aufgehoben und 2) die Ausführung der betreffenden Vorschriften i h m , dem Rekurrenten, gegenüber vorläufig, bis zur definitiven Entscheidung, sistirt werden.

Nachdem das Bundesgericht mittelst Beschlusses vom 10. Oktober 1884 sich in Sachen inkompetent erklärt hatte, reichte der Rekurrent dieselbe Beschwerdeschrift am 2. Dezember 1884 dem Bundesrathe ein.

III. Auf das Suspensionsgesuch ist der Bundesrath nicht eingetreten. Der Regierungsrath von Baselland beantwortete die Beschwerde durch Memorial vom 10. Januar 1885 dem ein einlässlicher Bericht des basellandschaftliehen Obergerichts vom o. Dez. 1884 über die faktischen Verhältnisse beigelegt ist ; in Er wä g ung :

1) Der Bundesrath hat wiederholt erkannt, daß die Kautone grundsätzlich befugt seien, das Recht zur Besorgung von Schuldbetreibungen an die Bedingung einer Kautionsleistung zu knüpfen, indem darin keine Beeinträchtigung der Gewerbefreiheit, vielmehr nur ein Mittel, das Publikum gegen Ausbeutung und Schädigung zu sichern, erblickt werden könne (vergleiche z. B. Bundesrathsbeschlüsse im B. B. 1882, II, 757; 1883, II, 873);



2) Es wird sich sonach in solchem Falle lediglich fragen, ob vielleicht der geforderte Kautionsbetrag angemessene Grenzen überschreite und von diesem Gesichtspunkte aus zur Wahrung der Handels- und Gewerbefreiheit der Schutz des Bundes gegen die kantonale Vorschrift einzutreten habe.

Diese Frage ist im Rekursfalle zu verneinen und es erscheint daher die Beschwerde als völlig unbegründet; beschlossen: 1) Der Rekurs ist als unbegründet abgewiesen.

2) Dieser Entscheid ist der Regierung von Baselland. sowie dem Rekurrenten schriftlich mitzutheilen, unter Aktenrückschluß an beide Theile.

B e r n , den 6. März 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Ausführung der Motion von Herrn Nationalrath Morel und Mitunterzeichnern, betreffend eine Statistik der in eidgenössischen «Angelegenheiten nicht stimmfähigen Schweizerbürger.

(Vom 13. März 1885.)

Tit.

Unterm 21. März 1884 haben die Herren Nationalräthe Morel, Baud, Brosi, Carteret, Comtesse, Cuénoud, Favon, Forrer, Grosjean, Klein, Marmier,, Rohr (Bern), Stockmar, Stößel, Théli, Tissot, Vautier, Viquerat, Vögelin und Vonmatt folgende Motion eingereicht : ,,Im Hinblick auf die Ausarbeitung eines Bundesgesetzes über die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen wird der Bundesrath eingeladen, statistische Erhebungen anzuordnen zum Zwecke der Feststellung der Zahl der Schweizerbürger, welche durch die das Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten einschränkenden Bestimmungen der kantonalen Verfassungen oder Gesetzgebungen von diesem Stimmrecht ausgeschlossen sind."

Die vorstehende Motion ist am 4. Dezember gleichen Jahres vom Nationalrathe angenommen worden.

Ueber die Frage, wie dem Begehren der Herren Morel und Genossen in geeignetster Weise entsprochen werden könnte, hat Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. II.

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Bundesrathsbeschluß über den Rekurs des Gottfried Steiner-Löw von Walterswyl (Bern), Geschäftsmann, in Binningen (Basel-Landschaft), betreffend Beeinträchtigung der Gewerbefreiheit durch Kautionsauflage. (Vom 6. März 1885.)

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1885

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13

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.03.1885

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78-81

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