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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes betr. die elektrischen Schwach- und Starkstrom anläge n bestraften : Johann Bodmer, Zimmermann ; Jakob Ryser, Negoziant, und Virgilio Muzzolini, Unternehmer, sämtlich in Därligen.

(Vom 8. Dezember 1906.)

Tit.

Die drei obgenannten Einwohner der Gemeinde Därligen wurden vom Polizeirichter des Amtsbezirkes Interlaken der fahrlässigen Gefährdung und Schädigung einer Starkstromleitung schuldig erklärt und Bodmer und Ryser zu je Fr. 20, Muzzolini zu Fr. 10 Busse verurteilt, weil am 3. Juli 1906 beim Holzfällen an der Strasse Därligen-Interlaken, das Bodmer und Ryser im Auftrage Muzzolinis ausführten, durch eine fallende Tanne die Leitung des Kander-Hagneckwerkes zerrissen wurde. Dabei fand keine direkte Gefährdung oder Schädigung von Personen statt, dagegen entstand durch die Störung der Stromzuleitung, die sich im Gebiete der Gemeinde Interlaken und in den Hotels auf Beatenberg, sowie in der Beatushöhl geltend machte und von 8 Uhr 10 Minuten morgens bis 12 Uhr mittags dauerte, ein direkter Schaden für das Elektrizitätswerk im Betrage von Fr. 122.

Der Unternehmer Muzzolini hatte aus Unkenntnis der betreffenden Vorschriften unterlassen, dem Elektrizitätswerk von der beabsichtigten Fällung von Bäumen im Gebiete der Stromleitung Kenntnis zu geben und auch seine beiden Arbeiter hatten nach ihrer glaubhaften Sachdarstellung keine Ahnung von der drohenden Gefahr, da die Drähte ihnen durch den Waldbestand verdeckt

212 waren. -- Der entstandene Schaden wurde von Muzzolini vor dem Richterspruche freiwillig gedeckt.

Die drei Bestraften ersuchen um Erlass der Bussen durch Begnadigung, indem sie geltend machen, dass sie nicht in böswilliger Absicht gehandelt haben, dass Bodmer und Ryser unbemittelte Arbeiter seien, die grosse Familien zu ernähren haben, und dass Muzzolini durch die Vergütung des entstandenen Schadens genügend bestraft sei.

Es fällt allen drei Potenten eine grobe Vernachlässigung derjenigen Vorsicht zur Last, welche von jedem Menschen bei Anordnung von Arbeiten der in Frage kommenden Art und bei Ausführung derselben verlangt werden kann und muss. Muzzolini hätte beim Ankauf der zu fällenden Bäume mit Leichtigkeit sich davon überzeugen können, dass oberhalb des Staudortes derselben sich die Starkstromleitung hindurchzog, und die gleiche Beobachtung war seinen Beauftragten im kritischen Momente möglich. Sie wurden daher mit vollem Rechte der Fahrlässigkeit bezichtigt und mit Rücksicht auf die von ihnen verursachte Schädigung bestraft. Die Bussen, welche der Polizeirichter von Interlaken aussprach, erscheinen auch dann in ihrer Höhe den Verhältnissen angemessen, wenn alles zu gunsten der Fehlbaren in Betracht gezogen wird, was sie im Begnadigungsgesuche vorbringen lassen, denn es darf nicht vergessen werden, dass bei solchen Schädigungen elektrischer Starkstromleitungen es immer vom Zufall abhängt, ob nicht neben den für weite Kreise empfindlichen Störungen der Kraftzufuhr noch anderer schwerer Schaden an Personen und Sachen entsteht.

Wir stellen bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Johann Bodmer und Genossen abzuweisen.

B e r n , den 8.Dezember

1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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1906

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50

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12.12.1906

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211-212

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