Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ Bericht des Bundesrates vom 9. Mai 2012

2012-0606

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Übersicht Der vorliegende Bericht soll darlegen, wie der Bevölkerungsschutz und der Zivilschutz für die Zeit nach 2015 weiterentwickelt, angepasst und verbessert werden können, damit die zuständigen Stellen die Bewältigung von technik- und naturbedingten Katastrophen und Notlagen noch effizienter und wirksamer wahrnehmen können. Zudem soll damit eine solide Grundlage geschaffen werden, um die Interessen und Bedürfnisse von Bund und Kantonen miteinander in Einklang zu bringen.

Der Bundesrat kündigte im Bericht vom 23. Juni 2010 über die Sicherheitspolitik der Schweiz an, zusammen mit den Kantonen (konkret: der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz, Feuerwehr, RK MZF) eine Strategie für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz für die Zeit nach 2015 zu formulieren. Im Oktober 2010 wurde Regierungsrat Josef Dittli, Finanzdirektor des Kantons Uri und ehemaliger Präsident der RK MZF, zum Projektleiter für dieses Vorhaben ernannt.

Der vorliegende Strategiebericht ist das Resultat der Zusammenarbeit von Bund und Kantonen sowie der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes. Bei der Erarbeitung des Berichts standen zwei Ziele im Vordergrund: Erstens soll der Bericht darlegen, wie der Bevölkerungsschutz und der Zivilschutz für die Zeit nach 2015 weiterentwickelt, angepasst und verbessert werden können, damit die zuständigen Stellen ihre primären Aufgaben ­ die Bewältigung von technik- und naturbedingten Katastrophen und Notlagen ­ noch effizienter und wirksamer wahrnehmen können. Zweitens soll der Bericht eine neue, möglichst solide Grundlage sein, um die Interessen und Bedürfnisse von Bund und Kantonen soweit wie möglich dauerhaft miteinander in Einklang zu bringen.

Der Bericht behandelt das Verbundsystem Bevölkerungsschutz (als sicherheitspolitisches Instrument) und den Zivilschutz (als eine der fünf Partnerorganisationen dieses Verbundsystems) in separaten Kapiteln. Beide Kapitel sind jeweils in einen Standbericht und einen Strategieteil gegliedert. In Ersterem wird eine Bestandesaufnahme der aktuellen Situation vorgenommen und ­ daraus abgeleitet ­ im zweiten Teil die künftige Ausrichtung der beiden Instrumente dargelegt. Dabei wird jeweils unterschieden zwischen Elementen, die sich bewährt haben und deshalb beibehalten werden, und solchen, die verstärkt oder neu geregelt werden sollen.
Im Bevölkerungsschutz sollen folgende Elemente gleich bleiben: die primäre Ausrichtung auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen, die grundsätzliche Zuständigkeit der Kantone für den Bevölkerungsschutz sowie dessen Einsatzmittel und die Einsatzführung, das Prinzip der Zuständigkeitsfinanzierung sowie die subsidiäre Unterstützung durch die Armee bei der Katastrophenhilfe. Die wichtigsten neuen Elemente der Strategie sind: eine verstärkte Koordination des Gesamtsystems durch den Bund, die Bezeichnung von zentralen Ansprechstellen auf Stufe Bund und Kantone, Schaffung und Betrieb eines gemeinsamen Lageverbundsystems, eine grundlegende Überprüfung des aktuellen Dienstpflichtsystems sowie die Bereini-

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gung von gewissen Schnittstellen im Verbundsystem, zwischen den einzelnen Partnerorganisationen, aber auch mit Dritten.

Im Zivilschutz sollen folgende Elemente beibehalten werden: die primäre Ausrichtung auf Katastrophen und Notlagen, die föderalistische Struktur, die primäre kantonale Zuständigkeit sowie die Werterhaltung der bestehenden Schutzbauten. Die wichtigsten neuen Elemente sind: gewisse Anpassungen beim Dienstpflichtsystem, eine Überprüfung der Bestände, die Schaffung von interkantonalen ZivilschutzStützpunkten und Massnahmen zur Verbesserung der Interoperabilität.

Die im Bericht skizzierten Massnahmen für die Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes und Zivilschutzes müssen anschliessend im Detail ausgearbeitet und konkretisiert werden. Dazu wird je eine ­ wiederum paritätisch und unter Beizug der Partnerorganisationen zusammengesetzte ­ Projektorganisation für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz eingesetzt, die Umsetzungsvorschläge und -konzepte erarbeiten müssen. Zudem wird eine breit abgestützte Studiengruppe eingesetzt, die das Dienstpflichtmodell überprüfen und Vorschläge für ein möglichst gerechtes und an den realen Bedürfnissen ausgerichtetes System ausarbeiten soll.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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1 Einleitung 1.1 Veranlassung 1.2 Sicherheitsverbund Schweiz, Bevölkerungsschutz, Zivilschutz 1.3 Umfeld 1.3.1 Gesellschaft, Demografie, Dienstpflicht 1.3.2 Bedrohungen und Gefahren 1.3.3 Erwartete Leistungen 1.3.4 Föderalismus und Finanzen 1.3.5 Tendenzen im Bevölkerungsschutz in anderen Staaten

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2 Verbundsystem Bevölkerungsschutz 2.1 Standbericht 2.1.1 Aufgaben 2.1.2 Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung 2.1.3 Zuständigkeiten und Leistungen der Partnerorganisationen 2.1.4 Zusammenarbeit mit weiteren Partnern Beiträge der Armee Beiträge des Zivildienstes Beiträge der wirtschaftlichen Landesversorgung Beiträge der Fachdienste 2.1.5 Zivile Führung und Lageverbund Führung Bund Führung Kantone Gemeinsame Führung Bund­Kantone 2.1.6 Dienstpflicht, Rekrutierung und Bestände 2.1.7 Ausbildung 2.1.8 Infrastruktur 2.2 Strategie Verbundsystem Bevölkerungsschutz 2.2.1 Aufgaben 2.2.2 Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung 2.2.3 Führung und Lageverbund Führung Bund Führung Kantone Gemeinsame Führung und Lageverbund Bund­Kantone 2.2.4 Zusammenarbeit mit weiteren Partnern 2.2.5 Dienstpflichtsystem 2.2.6 Ausbildung 2.2.7 Infrastruktur

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3 Zivilschutz 3.1 Standbericht 3.1.1 Aufgaben 3.1.2 Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung 3.1.3 Organisation und Strukturen

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3.1.4 Dienstpflicht, Bestände und Rekrutierung 3.1.5 Ausbildung 3.1.6 Einsätze 3.1.7 Material 3.1.8 Infrastruktur 3.1.9 Finanzen 3.2 Strategie Zivilschutz 3.2.1 Aufgaben 3.2.2 Organisation Interkantonale Stützpunkte Zivilschutz auf kantonaler Ebene Kantonale Zivilschutzstützpunkte 3.2.3 Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung 3.2.4 Dienstpflicht, Rekrutierung und Bestände 3.2.5 Ausbildung 3.2.6 Material 3.2.7 Infrastruktur 3.2.8 Zivilschutz im Kriegsfall

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4 Weiteres Vorgehen, Umsetzung

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5 Verhältnis zur Legislaturplanung

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Anhänge: 1 Anzahl Personen und Diensttage in der Zivilschutzausbildung 2 Gegenwärtiges Leistungsprofil Bevölkerungsschutz

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Abkürzungsverzeichnis ABCN-Ereignis Ereignis von nationaler Tragweite, das Bevölkerung, Tiere und Umwelt durch erhöhte Radioaktivität, durch ein biologisches oder chemisches Schadenereignis oder durch ein Naturereignis gefährdet oder beeinträchtigt BABS Bundesamt für Bevölkerungsschutz BST ABCN Bundesstab ABCN ELD Elektronische Lagedarstellung EJPD Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EVD Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement FIS Heer Führungs- und Informationssystem des Heeres FKS Feuerwehr Koordination Schweiz GIN Gemeinsame Informationsplattform Naturgefahren IDA NOMEX Interdepartementale Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Notfallschutzmassnahmen bei Extremereignissen in der Schweiz IES Informations- und Einsatzinstrument KFO Kantonales Führungsorgan KFS Kantonaler Führungsstab KKJPD Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKM SVS Konsultations- und Koordinationsmechanismus des Sicherheitsverbunds Schweiz KKS Kantonaler Krisenstab KPABC Koordinationsplattform ABC der Kantone KSD Koordinierter Sanitätsdienst LAINAT Lenkungssauschuss Intervention Naturgefahren des Bundes MZDK Konferenz der Kantonalen Militär- und Zivilschutzdirektoren und -direktorinnen NAZ Nationale Alarmzentrale NFA Neuer Finanzausgleich OWARNA Projekt Optimierung von Warnung und Alarmierung PISA Personalinformationssystem der Armee POLYALERT System zur Alarmierung und Information der Bevölkerung POLYCOM Sicherheitsnetz Funk Schweiz Redog Schweizerischer Verein für Such- und Rettungshunde RK FKS Regierungskonferenz der Feuerwehr Koordination Schweiz RK MZF Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz, Feuerwehr SOGE Sonderstab Geiselnahme und Erpressung SIPOL B 2010 Sicherheitspolitischer Bericht 2010 SVS Sicherheitsverbund Schweiz VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport 5508

Bericht 1

Einleitung

1.1

Veranlassung

Die nach 1989 grundlegend veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in Europa waren Anlass für eine kontinuierliche Anpassung des Bevölkerungsschutzes in der Schweiz. Aus einem primär auf den Schutz vor den Auswirkungen eines Krieges ausgerichteten Zivilschutz entstand das Verbundsystem Bevölkerungsschutz mit seinen Partnerorganisationen Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz, das auf den Schutz der Gesellschaft vor allen Arten von Gefahren und Notlagen ausgerichtet ist. In einem ersten Schritt (1991­1995) wurde die Bedeutung der Katastrophenhilfe jener des Schutzes der Bevölkerung im Kriegsfall gleichgestellt. In der Folge (1999­2004) wurde die Katastrophen- und Nothilfe zur Priorität; die Bewältigung eines bewaffneten Konflikts rückte in den Hintergrund. In den gleichen Zeitraum fiel die Schaffung des BABS im VBS. Es umfasst das frühere Bundesamt für Zivilschutz, das Labor Spiez und die NAZ.

Die seither mit dem Bevölkerungsschutz gemachten Erfahrungen sind mehrheitlich positiv. Als Teil des im Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Juni 20101 über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SIPOL B 2010) skizzierten Konzepts eines SVS muss er jedoch in den nächsten Jahren weiter angepasst werden. Es geht darum, die Aufgabenteilung zwischen den staatlichen Ebenen einerseits und zwischen den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes andrerseits zu überprüfen und nötigenfalls anzupassen, die Leistungs- und Durchhaltefähigkeit zu klären sowie Bestandes-, Infrastruktur- und Materialfragen anzugehen. Dies betrifft insbesondere den Zivilschutz, eine der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes. Dabei sollen nicht finanzierte Lastenverschiebungen zwischen Bund und Kantonen vermieden werden. Sollten für den Bund durch die Beteiligung am Aufbau interkantonaler Stützpunkte oder an der Beschaffung von Einsatzmaterial und persönlicher Ausrüstung Mehrbelastungen entstehen, so werden diese im gleichen Aufgabengebiet durch entsprechende Einsparungen kompensiert.

Punktuelle Optimierungen am bestehenden System sind mit der Teilrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 4. Oktober 20022 eingeleitet worden, die am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist.3 Dabei geht es vor allem um eine flexiblere Handhabung der Anzahl Schutzdienst- beziehungsweise Ausbildungstage für Kader, Spezialistinnen und Spezialisten sowie um die Werterhaltung der Schutzrauminfrastruktur.

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BBl 2010 5133 SR 520.1 Die Schaffung von separaten Gesetzesgrundlagen für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz auf Bundesebene, wie sie zahlreiche Kantone in der Vernehmlassung gefordert haben, wurde bereits anlässlich der letzten Gesetzesreform (2004) eingehend geprüft und als rechtlich nicht möglich und sachlich nicht sinnvoll verworfen. Im Bereich des Bevölkerungsschutzes kann der Bund wegen der fehlenden Zuständigkeit nicht legiferieren, sondern nur deklamatorische Grundsätze festlegen. Die Zuständigkeit für die Legiferierung im Bevölkerungsschutz, d.h. für die Führungsorgane und die Partnerorganisationen (mit Ausnahme des Zivilschutzes), liegt bei den Kantonen.

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Darüber hinaus ist aber eine grundsätzliche Überprüfung durch Bund und Kantone und eine allfällige Anpassung von Bevölkerungs- und Zivilschutz nötig. Die Ausarbeitung eines vertiefenden Berichts wird auch mit der Motion 10.3540 «Bericht zum Bevölkerungsschutz mit umfassendem Modernisierungskonzept» von Nationalrätin Evi Allemann verlangt. Der Bundesrat hat deshalb das VBS beauftragt, in Zusammenarbeit mit der RK MZF eine Strategie zur Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes und des Zivilschutzes für den Zeithorizont nach 2015 zu erarbeiten.

Im Herbst 2010 wurde deshalb eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Regierungsrat Josef Dittli (UR) gebildet. Sie umfasste Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Kantonen, den einzelnen Partnerorganisationen und weiteren Akteure, die im Bevölkerungsschutz zum Tragen kommen. Als konzeptionelle Grundlage, insbesondere bei der Bedrohungs- und Gefahrenanalyse, dient der SIPOL B 2010. Zudem waren bei der Erarbeitung des vorliegenden Berichts parallel laufende Projekte zu berücksichtigen, zu denen inhaltliche Schnittstellen und Abhängigkeiten bestehen, insbesondere der Aufbau des Koordinations- und Konsultationsmechanismus für den Sicherheitsverbund Schweiz, die Einsetzung des BST ABCN, die Weiterentwicklung der Armee und die Sicherheitsverbundsübung 2014.

Zum Entwurf des vorliegenden Berichts wurde eine Vernehmlassung durchgeführt.4 Diese hat gezeigt, dass der Bericht grossmehrheitlich Zustimmung findet. Er wird von den meisten Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern als gute Grundlage für die Weiterentwicklung des Verbundsystems Bevölkerungsschutz und des Zivilschutzes erachtet. Insbesondere die weitgehende Zustimmung der Kantone zeigt, dass es der paritätisch zusammengesetzten Projektgruppe gelungen ist, mit dem Bericht eine tragfähige Ausgangsbasis für die gemeinsame Weiterentwicklung des Verbundsystems Bevölkerungsschutz und des Zivilschutzes zu schaffen. Kritik und Änderungsanträge sind punktuell und konnten teilweise bereits berücksichtigt werden, oder sie beziehen sich auf ein paar wenige, teilweise bereits länger bestehende Grundsatzfragen, die nun in den auf diesen Bericht folgenden Projektarbeiten angegangen und gelöst werden müssen.

1.2

Sicherheitsverbund Schweiz, Bevölkerungsschutz, Zivilschutz

Sicherheitsverbund Schweiz Der Sicherheitsverbund Schweiz soll helfen, Bedrohungen und Gefahren umfassend zu erkennen und unter Beteiligung der verschiedenen Partner koordiniert und vernetzt abzuwehren und zu bewältigen. Er umfasst alle Organisationen, mit denen die Schweiz auf sicherheitspolitische Bedrohungen und Gefahren reagieren kann.

Hauptpartner sind der Bund und die Kantone; sie tragen die Einsatzverantwortung und verfügen über die für ihren Aufgabenbereich nötigen Mittel, Führungsorgane und -infrastrukturen. Weitere Partner sind die Gemeinden, vor allem die grossen Städte, und Dienstleistungserbringer (insbesondere im Bereich der kritischen Infrastrukturen wie Energie, Wasserversorgung und -entsorgung, Verkehr und Kommunikationsinfrastruktur). Entscheidend für das Funktionieren des Sicherheitsverbunds 4

Der Bericht zur Vernehmlassung kann unter folgender Internetadresse abgerufen werden: www.admin.ch > Dokumentation > Gesetzgebung > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2011 > VBS.

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Schweiz sind die Fähigkeiten und Mittel der Partner, die gemeinsame Entwicklung von Strategien sowie eine klare Zuordnung der Aufgaben und die Regelung der Einsatz- und Führungsverantwortung.

Eine Einteilung in vier Sicherheitsbereiche, wie sie im SIPOL B 2010 vorgenommen wurde, ist nützlich, um Aufgaben und Zuständigkeiten zuzuordnen und um Fähigkeiten und Kapazitäten der Partner zur Prävention und Bewältigung von Ereignissen zu verbessern, aufeinander abzustimmen oder neu zu entwickeln. Der Bevölkerungsschutz spielt primär im Sektor B der folgenden Darstellung eine Rolle, Teile davon sekundär auch in den Sektoren A und D.

Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Schutz der demokratischen rechtlichen Ordnung Völkerrechtliche Schutzaufgaben

A

Schutz kritischer Infrastruktur Wahrung der Lufthoheit

Polizeiliche Gefahrenabwehr und Strafverfolgung

Wahrung der Interessen der Schweiz

Wahrung der Interessen der Schweiz im Ausland und Beiträge zum internationalen Krisenmanagement

Schutz von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland Humanitäre Hilfe bei Kriegen und Katastrophen Friedensfördernde und vertrauensbildende Massnahmen

C

Präventive und vorsorgliche Massnahmen Warnung und Alarmierung von Behörden und Bevölkerung Schutz der Bevölkerung und Lebensgrundlagen Rettung, Hilfe und erste Instandstellung B der Basis-Infrastruktur Sicherstellen des Minimalbetrieb Vorbeugung, kritischer Infrastrukturen Vorsorge und Sicherstellung der Versorgung Bewältigung von mit strategischen Gütern natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen Abhalten und Abwehr eines militärischen Angriffs

D

Abhalten und Abwehr eines militärischen Angriffs Verteidigung des Luftraums Wiederherstellen der territorialen Integrität

Der Sicherheitsverbund Schweiz stellt die bestehende Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen und insbesondere den Grundsatz der Subsidiarität5 nicht in Frage. Es geht darum, die Koordination zwischen Bund und Kantonen sowie den Kantonen untereinander zur Verhütung und Bewältigung sicherheitspolitischer Bedrohungen und Gefahren, zur Entwicklung gemeinsamer Strategien und Lösungen und zur Festlegung und Umsetzung der in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich liegenden Massnahmen zu verbessern. Ein Konsultations- und Koordinationsmechanismus, dessen Pilotphase bis Ende 2014 dauert, dient dazu, Massnahmen und Entscheide aufeinander abzustimmen. Der Sicherheitsverbund Schweiz schafft keine zusätzlichen Hierarchiestufen; die Verantwortlichkeiten werden dort belassen, wo sie nach geltendem Recht liegen.

Der Sicherheitsverbund Schweiz ist der Rahmen, in dem die Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden, aber auch die Zusammenarbeit der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes weiterentwickelt und die Fähigkeiten verbessert werden sollen.

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Subsidiarität bedeutet, dass Aufgaben auf der tiefstmöglichen staatlichen Ebene wahrgenommen werden und die übergeordnete Ebene nur unterstützt oder eingreift, wenn die untere Ebene ihre Aufgaben in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht allein nicht zu bewältigen vermag

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Bevölkerungsschutz Der Bevölkerungsschutz ist eines von acht Instrumenten6 der Sicherheitspolitik.

Genau besehen bezeichnet der Begriff nicht ein einziges Instrument, sondern ein Verbundsystem von Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technischen Betrieben (Elektrizität, Gasversorgung, Wasserversorgung und -entsorgung, Verkehr, Kommunikationsinfrastruktur) und Zivilschutz. Dazu kommen Führungs- und Koordinationsorgane des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Von Bevölkerungsschutz wird dann gesprochen, wenn ein Ereignis die Partnerorganisationen ­ Polizei7, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz ­ gemeinsam betrifft und sie von den Führungsstäben von Kanton, Region oder Gemeinde im Verbund eingesetzt werden.8 Dabei stützen sie sich auf gemeinsame Einsatzplanungen und umfassende Risikoanalysen.

Der Bevölkerungsschutz ist in erster Linie für die Vorsorge und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen zuständig. Da diese plötzlich eintreten können, muss er in der Lage sein, Leistungen jederzeit und aus dem Stand zu erbringen. Die Mittel zur Ereignisbewältigung liegen in der Verantwortung der Kantone, spezialisierte Kapazitäten (Labor Spiez und NAZ) in jener des Bundes.

Mehrere Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes verfügen über vernetzte Infrastruktureinrichtungen. Dazu gehören öffentliche und private Schutzräume sowie Schutzanlagen, insbesondere Kommandoposten mit Führungseinrichtungen und sanitätsdienstliche Anlagen. Dazu kommen Systeme zur Alarmierung und Information der Bevölkerung: stationäre und mobile Sirenen und geschützte Notfallsender. Wichtig ist auch die Kommunikationsinfrastruktur, die mit dem Sicherheitsnetz Funk Schweiz (Polycom) eine gesamtschweizerische Kommunikation zwischen den Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit ermöglicht.

Im Bevölkerungsschutz arbeiten öffentliche und private Institutionen zusammen.

Dazu gehören auch die koordinierten Bereiche9 (Kommunikationsinfrastruktur, Sanität, Verkehr, Wetter) sowie die Eidgenössische Kommission für ABC-Schutz, welche die Zusammenarbeit in der Planung, Vorbereitung und Umsetzung von Massnahmen sicherstellen. Eine ähnliche Funktion im Bereich der Naturgefahren erfüllt der LAINAT. In diesem Gremium auf Bundesebene sind das Bundesamt für Umwelt, MeteoSchweiz, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (mit dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung) sowie der Schweizerische Erdbebendienst und das BABS vertreten.

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8 9

Aussenpolitik, Armee, Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienst, Wirtschaftspolitik, Zollverwaltung, Polizei und Zivildienst.

Die Polizei ist einerseits ein eigenständiges sicherheitspolitisches Instrument, das in der alltäglichen Gewährleistung von Sicherheit eine zentrale Rolle spielt; anderseits aber ist die Polizei auch Teil des Verbundsystems Bevölkerungsschutz, in dem sie zusammen mit den Partnerorganisationen auch bei Katastrophen und Notlagen zum Einsatz kommt. Für diesen Bericht von Belang ist nur jener Teil der Polizeiaufgaben, die Teil dieses Verbundsystems sind. Eine ähnliche Unterscheidung kann auch für die Feuerwehr, das Gesundheitswesen und die technischen Betriebe vorgenommen werden.

In der Regel erfolgen Führung und Mitteleinsatz auf Stufe der Kantone und Regionen/ Gemeinden; der Bund koordiniert bei Bedarf.

Die koordinierten Bereiche sind für die Planung und Vorbereitung in spezifischen Bereichen zuständig, zur Abstimmung zwischen zivilen Stellen des Bundes und der Kantone sowie der Armee.

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Militärische Mittel kommen erst dann zum Einsatz, wenn die zivilen Mittel im interregionalen und interkantonalen Verbund ausgeschöpft sind oder entsprechende Ressourcen (z.B. Transportkapazitäten, schweres Rettungsgerät) fehlen.

Auf Bundesebene beschäftigt sich das BABS in der normalen Lage mit den Bedrohungen und Gefahren für die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen und für die Kulturgüter. Das Amt entwickelt Strategien zu deren Abwehr und sorgt für die entsprechende Forschung und Entwicklung. Es erarbeitet Grundlagen für die Organisation des Zivilschutzes, für die Ausbildung im Zivilschutz sowie für das Material und die Schutzbauten. Zudem überwacht das BABS den Vollzug der Bundesvorschriften über den Zivilschutz durch die Kantone und unterstützt sie bei der Ausbildung und beim Einsatz von Teilen des Bevölkerungsschutzes. Bei ausserordentlichen Ereignissen wie erhöhter Radioaktivität, Störfällen mit chemischen Stoffen oder Organismen oder Überflutungen ist die NAZ für die Warnung, Alarmierung und Verbreitung von Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung sowie die Information von Medien und Bevölkerung zuständig. Darüber hinaus ist die NAZ die permanente Stabsstelle des BST ABCN. Dieser dient dazu, bei einem ABCNEreignis die Zusammenarbeit der zuständigen Stellen und die Koordination der Einsätze zu gewährleisten. Das Labor Spiez stellt die Analyse von Proben, Fachberatung und spezialisierte Einsatzformationen für ABC-Ereignisse bereit.

Zivilschutz Der Zivilschutz basiert auf einer Dienstpflicht, die in der Bundesverfassung niedergelegt ist. Er ist die einzige Partnerorganisation im Bevölkerungsschutz, welche die Durchhaltefähigkeit gewährleisten und die übrigen Partnerorganisationen bei Katastrophen und Notlagen über Wochen unterstützen, verstärken und entlasten kann.

Grundsätzlich liegt die Verantwortung für den Zivilschutz bei den Kantonen. Der Bund erlässt rechtliche Grundlagen und Vorschriften, insbesondere bezüglich Rekrutierung, Personal, Ausbildung und Einsätze sowie Kommunikationsinfrastruktur, Alarmierung und Schutzbauten.

Die Aufgaben des Zivilschutzes umfassen den Schutz der Bevölkerung, die Betreuung schutzsuchender Personen, den Schutz der Kulturgüter, die Unterstützung der Führungsorgane der Kantone und Gemeinden und anderer Partnerorganisationen sowie Instandstellungsarbeiten
nach Katastrophen. Darüber hinaus erbringt er spezialisierte Leistungen für die Alarmierung der Bevölkerung, Bereitstellung der Schutzinfrastruktur und Mithilfe bei schweren Rettungen. Er kann auch in Abwesenheit von Katastrophen oder Notlagen Einsätze zugunsten der Gemeinschaft leisten.10 Leistungen zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen müssen praktisch ohne Vorbereitungszeit erbracht werden.

Der Zivilschutz wurde in den letzten Jahren stark kantonalisiert beziehungsweise regionalisiert. Als Folge sind die Kantone in der Koordination, in Ausbildungs- und Materialfragen zunehmend gefordert. Auch deshalb ist es angezeigt, die Weiterentwicklung des Zivilschutzes als Partnerorganisation im Verbundsystem Bevölkerungsschutz in einem separaten Teil dieses Berichts zu behandeln. Damit kann eine 10

Einsätze zugunsten der Gemeinschaft sind eine Dienstleistung des Zivilschutzes zugunsten der Öffentlichkeit. Sie kommen z.B. bei kulturellen oder sportlichen Anlässen von nationaler Bedeutung oder bei Massnahmen zur Verbesserung der lokalen Infrastruktur zum Tragen. Sie dienen auch der praktischen Ausbildung von Kader und Mannschaften des Zivilschutzes.

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Vermischung zwischen den Koordinationsfunktionen des Bevölkerungsschutzes und den internen Fragestellungen der Partnerorganisation Zivilschutz vermieden werden.

1.3

Umfeld

Verschiedene Elemente des Umfelds beeinflussen die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes. Dazu zählen der Föderalismus, die Subsidiarität die Entwicklung von Bedrohungen und Gefahren und die Weiterentwicklung der Armee, aber auch gesellschaftliche und demografische Trends. Angesichts der internationalen Zusammenarbeit bei natur- und technikbedingten Gefährdungen, aber auch mit Blick auf Verbesserungen am schweizerischen System, gilt es zudem auch die Entwicklung des Bevölkerungsschutzes und des Zivilschutzes in anderen Staaten, vor allem in den Nachbarländern, zu beobachten.

1.3.1

Gesellschaft, Demografie, Dienstpflicht

Der Bevölkerungsschutz mit seinen Partnerorganisationen basiert auf Berufs-, Milizund Freiwilligenorganisationen. Auf Bundesebene besteht eine Dienstpflicht in der Armee (im Ausnahmefall im Zivildienst) oder im Zivilschutz. Die Feuerwehrdienstpflicht und andere Dienstpflichten sind, soweit solche bestehen, kantonal oder kommunal geregelt.

Instrumente, die auf dem Milizprinzip basieren, sind von gesellschaftlichen Entwicklungen stark betroffen. Das Milizsystem und die Freiwilligenarbeit sind in einen Gegensatz zu Grundströmungen in Wirtschaft und Gesellschaft geraten. Der Milizgedanke hat an Wirkungskraft und damit auch an Verbindlichkeit eingebüsst: Die Bereitschaft, sich ohne marktübliche Entschädigung für die Gemeinschaft zu engagieren, ist schwächer geworden. Die Bereitschaft, sich über das rechtliche Minimum hinaus zu engagieren, wird insbesondere durch konkurrierende Anforderungen von Ausbildung oder Studium, Familie und Beruf beeinträchtigt.11 Diese Gegebenheiten werden sich auch auf die Bestände des Zivilschutzes und der Feuerwehren auswirken. Es wird sich in Zukunft verstärkt die Frage stellen, in welcher Quantität und Qualität das Personal für diese Organisationen rekrutiert werden kann, aber auch, ob die Wehr- beziehungsweise Dienstgerechtigkeit noch gegeben ist.

Der Bundesrat stellt das Milizsystem oder die allgemeine Militärdienstpflicht nicht in Frage. Das Milizsystem muss aber modernisiert werden. Der SIPOL B 2010 verweist auf die unterschiedlichen Dienstpflichtsysteme bei den milizbasierten Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes und auf die Notwendigkeit, eine Harmonisierung zu prüfen. Allenfalls sei weiteren Organisationen im Bereich des Katastrophenschutzes zu ermöglichen, ihre Leistungen im Rahmen einer zivilen Dienstpflicht zu erbringen.

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Am 5. Jan. 2012 wurde zudem eine Volksinitiative der GSoA eingereicht, welche die Abschaffung der Wehrplicht und die Einführung eines freiwilligen Dienstes verlangt.

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Eine Harmonisierung der Dienstpflichtsysteme bei den Milizorganisationen im Bevölkerungsschutz wie auch die Diskussion um eine allfällige allgemeine Dienstpflicht liegen im Spannungsfeld der Bedürfnisse insbesondere von Armee (und Zivildienst), Zivilschutz und Feuerwehr, aber auch der Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft.

1.3.2

Bedrohungen und Gefahren

Entscheidend für die Ausgestaltung der Sicherheitspolitik und ihrer Instrumente sind die bestehenden und sich für die Zukunft abzeichnenden Bedrohungen und Gefahren.12 Eine ausführliche Darstellung und Analyse der für die Schweiz relevanten Bedrohungen und Gefahren findet sich im SIPOL B 2010. Dieser unterscheidet zwischen direkten Bedrohungen und Gefahren, das heisst solchen, welche die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung direkt berühren, und indirekten Bedrohungen und Gefahren, das heisst solchen, die für sich genommen noch keine Bedrohungen und Gefahren sind, solche aber verstärken können.

Direkte Bedrohungen und Gefahren sind: ­

natur- und zivilisationsbedingte Naturkatastrophen und Notlagen;

­

Versorgungsstörungen infolge von Konflikten;

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militärischer Angriff;

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Nötigung mit wirtschaftlichen Mitteln;

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verbotener Nachrichtendienst;

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Angriffe auf die Informatik- und Kommunikationsinfrastruktur13;

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Terrorismus;

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gewalttätiger Extremismus;

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organisierte Kriminalität;

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Gewalt gegen Leib und Leben.

Zu den indirekten Bedrohungen und Gefahren zählt der Bericht:

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Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen längerer Reichweite;

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Zerfall staatlicher Strukturen;

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Migrationsprobleme;

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Klimawandel;

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Pandemien.

Bedrohung setzt einen Willen voraus, die Schweiz oder ihre Interessen zu schädigen oder zumindest eine solche Schädigung in Kauf zu nehmen. Gefahr setzt keinen Willen zur Schädigung voraus (z.B. Naturgefahren und technische Gefahren).

Der Bundesrat erachtet den Schutz der Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen vor Cyber-Angriffen als wichtiges sicherheitspolitisches Thema, bei dem ebenfalls Handlungsbedarf besteht. Er hat deshalb eine nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken erarbeitet, die dazu beitragen soll, die Schutzmassnahmen von Bund, Kantonen und Wirtschaft, inklusive Betreiber kritischer Infrastrukturen, zu erhöhen und besser aufeinander abzustimmen.

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Die sicherheitspolitischen Instrumente des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sind für die einzelnen Bedrohungen und Gefahren unterschiedlich relevant. Das gilt auch für das Verbundsystem Bevölkerungsschutz: Die Partner des Bevölkerungsschutzes bewältigen lokal begrenzte Ereignisse und Grossereignisse selbständig. Das Verbundsystem kommt zusammen mit dem Bund insbesondere bei Katastrophen und Notlagen zum Einsatz. Es leistet aber auch Beiträge bei Terrorismus, bewaffneten Konflikten, Migrationsproblemen, Klimawandel und bei Pandemien. Im Folgenden wird nur auf jene Bedrohungen und Gefahren eingegangen, die für den Bevölkerungsschutz relevant sind.14 Rahmenbedingungen für den Bevölkerungsschutz Wegen ihrer Topografie ist die Schweiz gegenüber Naturgefahren stark exponiert.

Dies dürfte sich mit dem Klimawandel und den dadurch gehäuft und verstärkt auftretenden Extremereignissen (Starkniederschläge, Stürme, längere Trockenperioden) in Zukunft noch verschärfen. Aufgrund ihrer Topografie und Kleinräumigkeit ist die Schweiz auch einer der am dichtesten besiedelten Staaten Europas mit entsprechend hoher Infrastrukturdichte, die bei physischer oder funktionaler Beeinträchtigung hohe Schäden zur Folge haben kann. Die hohe Infrastrukturdichte führt zu verwundbaren Knotenpunkten und Netzführungen mit mehrfacher Funktionalität,15 die bei natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen besonders anfällig sind. Der hohe Technologisierungsgrad der Schweiz bringt es zudem mit sich, dass insbesondere bei den Informations- und Kommunikationstechnologien eine hohe Vernetzung besteht, was zwar eine wichtige Voraussetzung für hohen Lebensstandard und Wettbewerbsfähigkeit ist, zugleich aber mit Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten verbunden ist.

Natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen und Notlagen16 Die Eintretenswahrscheinlichkeit von Katastrophen und Notlagen ist schwierig abzuschätzen, tendenziell aber gross. Es gibt keine oder nur sehr kurze Vorwarnzeiten, und sie betreffen stets grössere Gebiete. Der Übergang von Alltagsereignissen zu Katastrophen und Notlagen ist fliessend. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Mittel der betroffenen Gemeinschaft ausgeschöpft sind, sich das Ereignis aber weiter verschärft. Die Katastrophen der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass sowohl Ursachen wie Auswirkungen vielfältig und überlappend sein können.17 Sie können zu derart vielen Schäden und Problemen führen, dass die personellen und 14

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Eine Auslegeordnung und Analyse der Gefährdungen der Schweiz wird mit dem Projekt Risiken Schweiz unter Federführung des BABS erarbeitet. Dieser Gefährdungskatalog, der auch Aussagen zu Eintretenswahrscheinlichkeit und Schadensausmass enthält, ist derzeit noch in Ausarbeitung und soll anschliessend als Grundlagendokument für den Bevölkerungsschutz verwendet werden.

So verlaufen z.B. häufig Autobahn- und Zugtrassen nahe beieinander, wobei diese oftmals mit weiteren Telekommunikations- und Stromleitungen ergänzt werden. Gewisse Tunnels haben auch eine Mehrfachfunktion, indem neben der Verkehrsführung auch Telekommunikations-, Strom- und Wasserleitungen eingebaut sind.

Katastrophen sind Ereignisse, die in der Regel plötzlich, d.h. ohne Vorwarnzeit, eintreten (z.B. Naturkatastrophen, zivilisationsbedingte Katastrophen wie Atomunfälle). Demgegenüber entwickeln sich Notlagen kontinuierlich (z.B. Epidemie, Dürre).

Japan zum Beispiel war im März 2011 von einer mehrfachen Katastrophe betroffen: Auf ein Erdbeben der Stärke 8,9 auf der Richterskala folgte ein Tsunami mit Wellen von bis zu 20 Meter Höhe. Zwei Tage nach dem Beben ereignete sich ein Vulkanausbruch im Südwesten Japans, und die Vorfälle im Kernkraftwerk Fukushima I führten zur Freisetzung von Radioaktivität und zur Evakuation von rund 200 000 Menschen.

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materiellen Mittel der betroffenen Gemeinschaft überfordert sind und die ordentlichen Abläufe nicht mehr ausreichen, um die Auswirkungen zu bewältigen. Katastrophen und Notlagen lassen sich aufgrund ihrer Ursachen als natur- oder zivilisationsbedingt definieren.18 Naturbedingte Katastrophen und Notlagen wie die Hochwasser von 2005 und 2007 werden die Schweiz auch in Zukunft betreffen. Wegen des Klimawandels dürften sie voraussichtlich sogar häufiger und intensiver sein. Weil sie sich durch präventive Massnahmen nicht vollständig verhindern lassen, sind vorsorgliche Massnahmen durch das Verbundsystem Bevölkerungsschutz besonders wichtig. Ähnliches lässt sich zu Stürmen und anderen extremen Wetterereignissen (Trockenheit, Hitze- und Kältewellen) sagen. Obwohl die Schweiz eine geringe bis mittlere seismische Aktivität aufweist, gehören auch Erdbeben wegen des mit ihnen verbundenen Schadenpotenzials zu den grössten Risiken in der Schweiz. Weil extreme Wetterperioden und Erdbeben auch länger anhaltende Auswirkungen haben, sind die Übergänge zu Notlagen jeweils fliessend.

Zivilisationsbedingte Katastrophen und Notlagen ereignen sich in der Schweiz seltener als Naturkatastrophen. Ihre Eintretenswahrscheinlichkeit konnte durch verbesserte Sicherheitsvorkehrungen in den letzten 20 Jahren gesenkt werden.

Zudem existiert ein gut ausgebautes Frühwarn- und Alarmierungssystem, beispielsweise zur Überwachung von Kernenergie- und Stauanlagen sowie von Gewässern.

Wie bei Naturkatastrophen führt die hohe Siedlungs- und Nutzungsdichte in der Schweiz aber dazu, dass die potenziellen Schäden grösser geworden sind. Ausfälle kritischer Infrastrukturen (z.B. im Bereich Energie, Verkehr, Informations- und Kommunikationstechnologie) können Ursache wie auch Folge natur- und zivilisationsbedingter Katastrophen sein. Solche Ausfälle können auch zu Versorgungsengpässen ­ und damit Notlagen ­ hinsichtlich weiterer lebensnotwendiger Güter und Dienstleistungen führen. Besondere Bedeutung hat dabei die Stromversorgung.

Militärischer Angriff Dem Bevölkerungsschutz und insbesondere dem Zivilschutz wurde lange Zeit eine wesentliche Rolle bei einem militärischen Angriff auf die Schweiz zugedacht. Der Zivilschutz war während des Kalten Krieges im Falle eines militärischen Angriffs auf die Schweiz für Massnahmen zum Schutz der
Zivilbevölkerung zuständig. Diese Aufgabe hat jedoch in den letzten rund 20 Jahren an Bedeutung verloren, nachdem die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs auf die Schweiz für die absehbare Zukunft gering geworden ist. Der Bevölkerungsschutz und mit ihm der Zivilschutz sind denn auch schwergewichtig auf andere Aufgaben ausgerichtet worden, in erster Linie auf die Bewältigung von natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen. Im unwahrscheinlichen Fall eines militärischen Angriffs würden der Bevölkerungsschutz und insbesondere der Zivilschutz beim Schutz der Zivilbevölkerung aber weiterhin eine tragende Rolle spielen, insbesondere wenn die Schweiz mit Massenvernichtungswaffen angegriffen würde.

18

Im Gefährdungskatalog von Risiken Schweiz sind gegen 120 Gefährdungen in den Bereichen Natur, Technik und Gesellschaft aufgeführt. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gefährdungen werden in sogenannten Gefährdungsdossiers dokumentiert, die neben weiteren Grundinformationen auch ein Beispielszenario enthalten.

5517

Terrorismus Der Bevölkerungsschutz spielt bei der Terrorismusbekämpfung keine Rolle, würde aber bei der Bewältigung eines Terroranschlags zum Einsatz kommen, vor allem nach einem Anschlag mit atomaren, radiologischen, biologischen oder chemischen Mitteln. Auch Terroranschläge auf kritische Infrastrukturen könnten den Einsatz des Bevölkerungsschutzes erforderlich machen, um die Auswirkungen auf die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen zu minimieren (z.B. bei einem Anschlag auf ein Kernkraftwerk, einen grossen Industriebetrieb oder einen Betreiber eines kritischen Netzwerks).

Migrationsprobleme Dem Bevölkerungsschutz kommt bei der Bewältigung von Migrationsproblemen nur eine untergeordnete Rolle zu. Bei einem ausserordentlich grossen Zustrom von Flüchtlingen könnten jedoch die Aufnahme- und Betreuungsstrukturen so stark überfordert sein, dass der Zivilschutz und die Armee eingesetzt werden müssten, zum Beispiel für die Bereitstellung von Aufnahmeplätzen und die Betreuung von Personen.

Klimawandel Der Klimawandel betrifft den Bevölkerungsschutz insofern, als davon ausgegangen werden muss, dass die Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen tendenziell zunehmen werden, auch in der Schweiz. Diese Entwicklung legt nahe, dass die Bedeutung des Bevölkerungsschutzes, dessen primäre Aufgabe es ist, den Schutz vor und die Bewältigung von Naturkatastrophen und Notlagen sicherzustellen, ebenfalls zunehmen wird.

Pandemien Pandemien gefährden unmittelbar die Gesundheit der Bevölkerung und sind eine wiederkehrende Realität (in den letzten Jahren SARS, Vogelgrippe, Schweinegrippe). Traditionell wird die Führung für die Bekämpfung von Pandemien der Gesundheitspolitik zugewiesen. Daran soll festgehalten werden. Pandemien können aber das Funktionieren von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft temporär so stark beeinträchtigen, dass der Einsatz des Zivilschutzes und der Armee nötig wird, wie das bei der Vogel- und Schweinegrippe bereits der Fall war.19

19

Insbesondere bei der Schweinegrippe haben in verschiedenen Kantonen die kantonalen Führungsorgane oder Sonderstäbe die Führung im Umgang mit der Epidemie übernommen. Die Planung und teilweise auch Durchführung von Massenimpfungen wurden über die kantonalen Führungsorgane gewährleistet, die Infrastrukturen vielerorts durch den Zivilschutz aufgebaut, zur Verfügung gestellt und für den Betrieb vorbereitet.

5518

1.3.3

Erwartete Leistungen20

Vom Sicherheitsverbund Schweiz, dem Bevölkerungsschutz und dem Zivilschutz als Partnerorganisation des Bevölkerungsschutzes erwarten Behörden (Bund, Kantone und Gemeinden21) und Private Leistungen. Wie viel die einzelne Partnerorganisation zu einem gemeinsamen Einsatz beitragen sollte, ist schwer zu quantifizieren; für die Betroffenen zählt die Leistungserbringung im Gesamten, das heisst das Resultat. Als bevölkerungsschutz- oder zivilschutzrelevante Resultate werden erwartet:

20 21

Die in diesem Kapitel dargelegten Leistungen beziehen sich auf die heutige Situation.

Grundsätzlich folgt die Zusammenarbeit der drei Staatsebenen den rechtlich festgelegten Verantwortungen und Kompetenzen. Vor diesem Hintergrund arbeitet der Bund primär mit den Kantonen und diese wiederum mit den Gemeinden zusammen.

5519

Sicherheitsbereich

Aufgaben/Bedürfnisse

Mittel

Vorbeugung, Vorsorge und Bewältigung von natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen

­ Vorbeugende und vorsorgliche Massnahmen ­ Warnung und Alarmierung von Bevölkerung und Behörden ­ Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen ­ Rettung, Hilfe, Instandstellung ­ Sicherstellen des Minimalbetriebs kritischer Infrastrukturen ­ Sicherstellung der Versorgung mit strategischen Gütern

Kantone:22 Bevölkerungsschutz (Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe, Zivilschutz) Bund: Aussenpolitik (Diplomatie, Schweizerisches Korps für Humanitäre Hilfe), Polizei (Bundeskriminalpolizei, Bundessicherheitsdienst, internationale Polizeikooperation), Nachrichtendienste, Armee (subsidiäre Unterstützung), Labor Spiez, NAZ, Zivildienst, wirtschaftliche Landesversorgung Dritte: private Leistungserbringer, internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen

Polizeiliche Gefahrenabwehr, Staatsschutz und Strafverfolgung

­ Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ­ Schutz der demokratischen Rechtsordnung ­ völkerrechtliche Schutzaufgaben ­ Schutz kritischer Infrastrukturen ­ Wahrung der Lufthoheit

Kantone:23 Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe, Zivilschutz Bund: Aussenpolitik (Diplomatie), Polizei (Bundeskriminalpolizei, Bundessicherheitsdienst, internationale Polizeikooperation), Nachrichtendienste, Armee (Luftpolizeidienst, subsidiäre Unterstützung), Labor Spiez, NAZ, Eidgenössische Zollverwaltung Dritte: Private Leistungserbringer, Skyguide, internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen

Abhalten und Abwehr eines militärischen Angriffs

­ Abhalten und Abwehr eines militärischen Angriffs ­ Verteidigung des Luftraums ­ Wiederherstellung der territorialen Integrität

Bund: Aussenpolitik (Diplomatie), Polizei (Bundeskriminalpolizei, Bundessicherheitsdienst), Nachrichtendienste, Armee (Verteidigung), Labor Spiez, NAZ, Eidgenössische Zollverwaltung Kantone: Bevölkerungsschutz (Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe, Zivilschutz) Dritte: private Leistungserbringer, Skyguide (militarisiert)

22 23

Für die Fälle erhöhte Radioaktivität, Epidemien (Mensch und Tier), Talsperrenbruch und Satellitenabstürze liegt die Führung beim Bund.

Bei politisch motivierten Geiselnahmen liegt die Führung beim Bund. Er hat auch die Federführung bei der gemeinsamen Verfolgung schwerer grenzüberschreitender komplexer Kriminalität (organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, grenzüberschreitende Wirtschaftskriminalität, terroristisch motivierte Straftaten, verbotener Nachrichtendienst, Sprengstoffdelikte, Korruption).

5520

Die Kantone erwarten vom Bund:

Der Bund erwartet von den Kantonen:

Die Gemeinden erwarten von den Kantonen:

Die Kantone erwarten von den Gemeinden:

Koordination (über finanzielle Beteiligung), Gewährleistung der Zusammenarbeitsfähigkeit

Einsatzbereitschaft der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes (Ausbildungsstand, Zusammenarbeit, Alarmierung, Ausrüstung)

Koordination (über finanzielle Beteiligung), Gewährleistung der Zusammenarbeitsfähigkeit

Organisation, Ausrüstung und Ausbildung der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes auf kommunaler Ebene nach den gesetzlichen Vorgaben

Führung bei grossen, kantonsübergreifenden Ereignissen, gemäss Subsidiaritätsprinzip

Koordination und Führung in Katastrophen und Notlagen auf kantonaler Stufe (zivile Führung und Kantonale Führungsorgane)

Koordination und Führung in regionalen oder kommunalen Katastrophen und Notlagen

Finanzierung von Alarmierungssystemen, Kommunikationsinfrastruktur für den Bevölkerungs- und Zivilschutz, Ausrüstung und Material der Schutzanlagen sowie standardisiertes Material und persönliches Einsatzmaterial für den Zivilschutz kantonsübergreifende Ausbildung (z.B. für Kader und Spezialisten), Herstellung von didaktischem Material

Finanzierung der Einsatzmittel und der Ausrüstung des Zivilschutzes

ausreichend finanzielle Mittel zur Auftragserfüllung

Durchführung von Übungen, Forschung und Entwicklung

Gefährdungsanalyse und Risikobewertung auf kantonaler Ebene

Durchführung von Übungen

internationale Kontakte und Zusammenarbeit

Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Katastrophen und Notlagen

Systemsteuerung und Controlling

Rekrutierung für den Zivilschutz Spezialisierte Leistungen und Einsatzmittel (Labor Spiez, NAZ)

5521

gemeindeübergreifende Ausbildung (z.B. für Kader, Spezialisten und Führungsorgane) Gefährdungsanalyse und Risikobewertung auf kommunaler und regionaler Ebene

1.3.4

Föderalismus und Finanzen

Die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen ist seit 2008 in Kraft. Der NFA soll mehr Effizienz und Kostenbewusstsein in der Leistungserbringung durch den Staat und einen besseren Ausgleich zwischen den Kantonen bewirken. Durch eine Entflechtung der Aufgaben und deren Zuweisung nach dem Subsidiaritätsprinzip sowie eine Bereinigung der Finanzflüsse schafft er klare Zuständigkeiten bei Bund und Kantonen.24 Der NFA trägt dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz Rechnung (wer den Nutzen hat, trägt auch die Kosten) und ebenso der Kongruenz (wer zahlt, bestimmt). Damit schafft er Anreize für eine effizientere Leistungserbringung. Zudem wurden Voraussetzungen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Kantonen geschaffen. So soll ein Kanton, der für andere Leistungen erbringt, dafür entschädigt werden.

Die Reform Bevölkerungsschutz 2001 orientierte sich bereits an den Prinzipien des NFA und nahm diese vorweg, insbesondere beim Zivilschutz. Die übrigen Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes ­ Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe ­ lagen bereits bisher primär in kantonaler Verantwortung.

Beim Zivilschutz standen zwei Optionen im Vordergrund: eine Beitragsfinanzierung von 30 Prozent durch den Bund über alle Aufgabenbereiche des Zivilschutzes einerseits, eine konsequente Finanzierung zu jeweils 100 Prozent durch Bund und Kantone gemäss definierten Zuständigkeiten anderseits. Die zweite Option entsprach besser dem Ziel einer Aufgaben- und Finanzierungsentflechtung; sie wurde im Dokument Eckwerte für das Leitbild Bevölkerungsschutz vom 24. März 2000 festgelegt, zu dem auch die Kantonsregierungen konsultiert wurden. Fortan galt, dass für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen grundsätzlich die Kantone zuständig sind, für die Bewältigung machtpolitischer Bedrohungen und bewaffneter Konflikte grundsätzlich der Bund.

Auf dieser Grundlage wurde die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Kantonen im Leitbild Bevölkerungsschutz vom 17. Oktober 200125 und im totalrevidierten Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz geregelt. Dabei wurde den Vorgaben des NFA Rechnung getragen. Die Kantone mussten insbesondere die Materialbeschaffung für die Formationen des Zivilschutzes zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen (Einsatzmaterial
sowie persönliche Ausrüstung) und die von ihnen durchgeführte Ausbildung übernehmen. Bei den Sachausgaben übernahm der Bund vollumfänglich die Kosten für die Schutzanlagen und das anlagegebundene Material, die Systeme für die Alarmierung (Sirenen) und die Information der Bevölkerung (geschützte Sendeanlagen), die Kommunikationsinfrastruktur (insbesondere Polycom) und das standardisierte ABC-Schutzmaterial. Dies erfolgte im Interesse der Einheitlichkeit und zur Erfüllung kantonsübergreifender Bedürfnisse, die eine gewisse Standardisierung notwendig machten. Bei den effektiven Kosten, die gemäss neuem Prinzip durch Bund und Kantone zu tragen waren, ergab sich zunächst eine ausgeglichene Bilanz. Wegen der anstehenden Erneuerung von Zivilschutzmaterial wird sich diese aber in den nächsten Jahren zuungunsten der Kantone verändern.

24

25

Wenn von der Aufteilung der Finanzen und Aufgaben zwischen Bund und Kantonen die Rede ist, so sind bei Letzteren auch immer die Gemeinden mit gemeint; diese sind Teil der Kantone.

Das Leitbild kann unter folgender Internetadresse abgerufen werden: www.bevoelkerungsschutz.admin.ch > Dokumente > Grundlagen Bevölkerungsschutz.

5522

Der NFA hat insgesamt zur Klarheit bei Aufgaben- und Finanzierungsfragen beigetragen. Insbesondere beim Zivilschutz hat sich aber, vorab bezüglich Einsatzmaterial und persönlicher Ausrüstung, auch gezeigt, dass teils beträchtliche Auffassungsunterschiede zwischen Bund und Kantonen über Zuständigkeits- und Finanzierungsfragen bestehen. Der vorliegende Bericht soll deshalb auch die Aufgabenteilung und Finanzierung nach den Prinzipien des NFA noch einmal überprüfen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

1.3.5

Tendenzen im Bevölkerungsschutz in anderen Staaten

Österreich

Italien

Frankreich

Deutschland

Die Bevölkerungsschutzsysteme in den europäischen Staaten sind stark durch die politischen und institutionellen Rahmenbedingungen geprägt. Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Ausprägungen: Zuständigkeiten

Aufgaben

Institutionen

Dienstleistungsmodell

Zuständigkeit für Katastrophenschutz bei den Bundesländern Unterstützung durch den Bund, v.a. bei ABCSchutz, Sanitätsdienst, Personenbetreuung

Gefahrenabwehr (Alltagsereignisse) Katastrophenschutz Zivilschutz (Kriegsfall)

Feuerwehren Hilfsdienste Technisches Hilfswerk

Freiwilligkeit

Zuständigkeit für Katastrophenschutz bei den Departementen Staat koordiniert Massnahmen und ist für Prävention zuständig

Schutz von Bevölke- Feuerwehren (zivil rung und Lebensund militärisch) grundlagen bei Militäreinheiten Alltagsereignissen und Katastrophen Keine Vorkehrungen für den Kriegsfall

Freiwilligkeit (plus grösserer Anteil ziviles und militärisches Berufspersonal)

Zuständigkeit für Katastrophenschutz Koordination und Richtlinien bei den Regionen Provinzen und Gemeinden setzen Vorgaben um Staat stellt nationale Koordination sicher

Feuerwehren und Forstwache Nationale und regionale Rettungsdienste Freiwillige Zivilschutzorganisationen Streitkräfte Forschungsinstitute

Freiwilligkeit (plus grösserer Anteil ziviles und militärisches Berufspersonal)

Zuständigkeit für Katastrophenschutz bei Bundesländern Bund koordiniert Massnahmen des Zivilschutzes

Feuerwehren Rettungsorganisationen

Freiwilligkeit

Bewältigung von Alltagsereignissen Katastrophenschutz Zivilschutz

5523

Zuständigkeiten

Aufgaben

Institutionen

Dienstleistungsmodell

Brandbekämpfung, Rettung, Nothilfe und Schutz in allen Lagen

Integrierte Rettungsdienste

Schweden

Zuständigkeit für Rettungswesen bei Gemeinden Staat zuständig für Ausbildung und Überwachung der Rettungsdienste und Koordination der Massnahmen

Berufsmodell (in ländlichen Gebieten mit hohem Anteil Freiwilliger)

Finnland

Zuständigkeit für das Rettungswesen in allen Lagen bei Gemeinden Staat zuständig für Planung und Koordination

Brandbekämpfung, Rettung, Nothilfe und Schutz in allen Lagen

Integrierte Rettungsdienste

Berufsmodell (in ländlichen Gebieten mit hohem Anteil Freiwilliger)

Es lassen sich grob zwei Modelle unterscheiden: ­

Katastrophen- und Zivilschutzmodelle mit einem hohen Anteil an freiwilligem Personal, wie er in allen Nachbarstaaten der Schweiz zu finden ist; bei diesem Modell ist der Katastrophenschutz als System verschiedener Organisationen aufgebaut, sodass im Katastrophenfall die für die Bewältigung der Alltagsereignisse zuständigen professionellen Organisationen personell und materiell verstärkt werden können;

­

ein «institutionalisierter» Ansatz mit einem weitgehend professionalisierten, integrierten Rettungswesen für Brandbekämpfung, Rettung, Nothilfe und den Schutz in allen Lagen (vor allem in den skandinavischen Ländern).

Es gibt auch beim Bevölkerungsschutz Trends zur verstärkten internationalen Zusammenarbeit. So hat die EU 2007 beschlossen, zur Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit die Mitgliedsstaaten zur Bereitstellung von BevölkerungsschutzModulen anzuhalten. Die diesbezüglichen standardisierten Fähigkeitsprofile werden im Rahmen des EU Civil Protection Mechanism erarbeitet. In diesem Zusammenhang ist auch für die Schweiz der Zugang zum Monitoring and Information Centre wichtig, da es im Ereignisfall den Informationsaustausch ermöglicht. Daneben werden Mittel des Bevölkerungsschutzes, zum Beispiel im Rahmen der European Forest Fire Tactical Reserve, in Pools zusammengeführt und nach Bedarf den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt.

Wie in der Schweiz lässt sich in Europa eine generelle Bedeutungszunahme des Bevölkerungsschutzes ­ im Sinne eines zivilen Katastrophenschutzes ­ feststellen.

Die Entwicklungen und Prioritäten haben sich deutlich von der klassischen Zivilverteidigung (civil defence) im Falle eines bewaffneten Konflikts zum Zivilschutz (civil protection) bei der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen verschoben.

5524

2

Verbundsystem Bevölkerungsschutz

2.1

Standbericht

2.1.1

Aufgaben

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz ist heute auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen ausgerichtet und schützt die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen zudem im Falle eines bewaffneten Konflikts. Der Bevölkerungsschutz trägt zur nationalen Sicherheit bei, die ein wichtiger Faktor für die Standortqualität der Schweiz ist. Im Einzelnen hat er folgende Aufgaben:26 ­

Vorsorgliche Planungen und Massnahmen: Als Grundlage für vorsorgliche Planungen und Massnahmen werden für den Bevölkerungsschutz auf den verschiedenen staatlichen Ebenen Gefährdungs- und Risikoanalysen erstellt und aktualisiert. Diese bilden die Grundlage für Einsatzkonzeption, Organisation, Ausbildung, Ausrüstung, Bestände und Infrastruktur der Partnerorganisationen sowie der Führungsstäbe. Vorbereitungen für den Einsatz des Bevölkerungsschutzes (insbesondere des Zivilschutzes) im Kriegsfall werden heute nur noch in Teilbereichen getroffen (insbesondere durch die Werterhaltung der Schutzinfrastruktur).

­

Sicherstellung der zivilen Führungsfähigkeit: Der Bevölkerungsschutz stellt mit seinen Führungsorganen auf Stufe Kanton und Gemeinde die Führungsfähigkeit der zivilen Behörden bei Katastrophen und Notlagen sowie bei einem bewaffneten Konflikt sicher. Dazu gehören die Warnung, Alarmierung und Verbreitung von Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung, die Bereitstellung eines gemeinsamen Lagebildes, die Koordination der den zivilen Behörden unterstellten Einsatzmittel und die Bereitstellung der Führungsunterstützung.

­

Schutz, Rettung und Betreuung im Ereignisfall: Der Bevölkerungsschutz ist mit seinen Partnerorganisationen für die zivile Ereignisbewältigung bei Katastrophen und Notlagen sowie bei einem bewaffneten Konflikt zuständig. Dabei geht es insbesondere um den vorsorglichen Schutz der Bevölkerung, um die Rettung im Ereignisfall und die Betreuung der betroffenen Personen bei einem Ereignis.

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz sorgt für Koordination und Zusammenarbeit der Partnerorganisationen Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz. Bei Bedarf können weitere Institutionen, die Armee, private Organisationen und Unternehmen sowie allenfalls Zivildienstleistende beigezogen werden.

26

Nach Art. 2 des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes ist es der Zweck des Bevölkerungsschutzes, die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen bei Katastrophen und in Notlagen sowie im Falle bewaffneter Konflikte zu schützen sowie zur Begrenzung und Bewältigung von Schadenereignissen beizutragen.

5525

2.1.2

Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung

Für den Bevölkerungsschutz sind grundsätzlich die Kantone zuständig, wobei innerhalb der Kantone auch den Gemeinden eine wichtige Rolle zukommt. Der Bund hat vor allem eine koordinierende und unterstützende Funktion. Nur den Zivilschutz regelt der Bund weitgehend in eigener Zuständigkeit; den Kantonen obliegt hier die Umsetzung des Bundesrechts. Es gibt demnach im Bevölkerungsschutz Bereiche kantonaler, eidgenössischer und gemeinsamer Verantwortung:27 Zuständigkeit Kantone

Gemeinsame Zuständigkeit

Zuständigkeit Bund

­ Massnahmen bei Katastrophen und Notlagen ­ Zeit- und lagegerechte Führung ­ Organisation des Bevölkerungsschutzes ­ Bereitschaft und Einsatz der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes ­ Ausbildung im Bevölkerungsschutz ­ Regelung der interkantonalen Zusammenarbeit ­ Vollzug der Bundesvorschriften beim Zivilschutz

­ Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes ­ Information der Bevölkerung (präventiv und im Ereignisfall) ­ Information und Kommunikation zwischen Bund und Kantonen, unter den Kantonen und mit den Gemeinden sowie Dritten ­ Internationale Zusammenarbeit

­ Koordination und allenfalls Führung bei Ereignissen, die mehrere Kantone, die ganze Schweiz oder das grenznahe Ausland betreffen (im Einvernehmen mit den Kantonen) ­ Unterstützung der Kantone mit spezialisierten Einsatzmitteln ­ Überprüfung der Zusammenarbeit von Bevölkerungsschutz mit anderen sicherheitspolitischen Mitteln und Regeln der Ausbildungszusammenarbeit ­ Warnung und Alarmierung der Behörden und der Bevölkerung bei Gefahren, inkl. Bereitstellung entsprechender Alarmierungsund Kommunikationssysteme ­ Regelung der Schutzdienstpflicht sowie von Ausbildung und Material im Zivilschutz ­ Massnahmen zur Verstärkung des Bevölkerungsschutzes bei bewaffneten Konflikten ­ Anordnungen bei erhöhter Radioaktivität, in Notfällen bei Stauanlagen, Epidemien und Tierseuchen ­ Anordnungen bei einem bewaffneten Konflikt (u.a. Schutzbauten)

Die Reform zum Bevölkerungsschutz 2001 orientierte sich an den Prinzipien des NFA, der einen grundsätzlichen Wechsel von der Beitrags- zur Zuständigkeitsfinanzierung vorsah. Für die meisten Partnerorganisationen hatte dies keine wesentlichen Veränderungen zur Folge. Die Polizei, die Feuerwehr, das sanitätsdienstliche Rettungswesen und die technischen Betriebe lagen bereits vor der Reform hinsichtlich Zuständigkeit und Finanzierung primär in kantonaler oder kommunaler Verantwortung. Einzig der Zivilschutz als Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden war von der Einführung der Zuständigkeitsfinanzierung betroffen.

27

Nach den Vorgaben des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes und des Leitbilds Bevölkerungsschutz 2001.

5526

Die Kosten der Polizei, der Feuerwehr, des Gesundheitswesens und der technischen Betriebe sind weitgehend von der Bewältigung von Alltags- und Grossereignissen bestimmt. Der Kostenanteil, der darüber hinaus für die Bewältigung von Katastrophen, Notlagen oder bewaffneter Konflikte ausgegeben wird, ist verhältnismässig gering. Beim Zivilschutz ist es umgekehrt: Seine Dimensionierung und Kosten richten sich nach der Unterstützung bei nichtalltäglichen Grossereignissen.

Bei der finanziellen Entschädigung der Angehörigen der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes muss zwischen milizbasierten und professionellen Organisationen unterschieden werden: Bei den Milizorganisationen (Zivilschutz, Feuerwehr, Sanität28) hat der Zivilschutz eine Sonderstellung, weil Schutzdienstleistende beziehungsweise deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für die Dauer der Dienstleistung mit Erwerbsersatz entschädigt werden. Sold und sonstige Entschädigungen gehen bei den anderen Milizorganisationen zulasten der Trägerschaft (Kanton oder Gemeinde). Bei den professionellen Organisationen (Polizei, Berufsfeuerwehr29, Berufssanität30, technische Werke) gehen die Personalkosten vollständig zulasten der Kantone oder Gemeinden.

2.1.3

Zuständigkeiten und Leistungen der Partnerorganisationen

Die fünf Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz haben folgende Zuständigkeiten: ­

die Polizei: die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung;

­

die Feuerwehr: die Rettung und die allgemeine Schadenwehr;

­

das Gesundheitswesen: die medizinische Versorgung der Bevölkerung und der Einsatzkräfte;

­

die technischen Betriebe: die Betreuung der technischen Infrastruktur, insbesondere der Elektrizitäts-, Wasser- und Gasversorgung, der Entsorgung sowie der Verkehrsverbindungen und der Kommunikationsinfrastruktur;

­

der Zivilschutz: den Schutz der Bevölkerung, die Betreuung von schutzsuchenden Personen, den Schutz der Kulturgüter, die Unterstützung der zivilen Führungsorgane und der andern Partnerorganisationen, Instandstellungsarbeiten sowie Einsätze zugunsten der Gemeinschaft.

Die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes tragen die Verantwortung für ihre jeweiligen Aufgabenbereiche selber und unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie kommen in verschiedenen Phasen eines Ereignisses zum Einsatz. Polizei, Feuerwehr und Sanität sind Ersteinsatzmittel, deren Einsätze Stunden bis Tage dauern. Die technischen Betriebe und der Zivilschutz hingegen können ihre Einsatzkräfte zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen Tage bis Wochen zur Verfügung stellen. Dabei ist zu beachten, dass ausser dem Zivilschutz 28 29

30

Zum Beispiel Samaritervereine.

Zum Beispiel Berufsfeuerwehr Basel (Rettung Basel-Stadt), Bern, St. Gallen, Winterthur, Zürich (Schutz und Rettung Zürich), Biel, Neuenburg, Lausanne und Genf (Stadt und Flughafen).

Zum Beispiel Schutz und Rettung Zürich, Lausanne, Sanitätspolizei Bern oder Rettung Basel-Stadt.

5527

alle Partnerorganisationen auch bei Katastrophen und Notlagen ihren Grundauftrag zu erfüllen haben und sich wegen der kurzen Durchhaltefähigkeit möglichst rasch mit dem Gros ihrer Einsatzkräfte wieder zurückziehen müssen.

Die Polizeikorps haben sich zur gegenseitigen Unterstützung in Konkordaten zusammengeschlossen. Eine Vereinbarung regelt zudem den interkantonalen Polizeieinsatz. Im Sanitätsbereich wird die interkantonale Zusammenarbeit durch den Koordinierten Sanitätsdienst31 sichergestellt. Die Zusammenarbeit der technischen Betriebe wird im Rahmen der entsprechenden Regierungskonferenzen geregelt.

Beim Zivilschutz wurde im Jahr 2005 eine Vereinbarung über die interkantonale Hilfeleistung bei Katastrophen und Notlagen von allen Kantonen unterzeichnet. Die Feuerwehren arbeiten im Einsatz spontan ­ im Sinne der Nachbarschaftshilfe ­ über die Kantonsgrenzen hinweg zusammen. Vereinbarungen bestehen, um den raschen interkantonalen Einsatz aus geografischen (z.B. Einsatz von Stützpunktfeuerwehren in einem Nachbarkanton) oder aus fachlichen Gründen (z.B. Chemiewehr, Strahlenwehr) zu gewährleisten. In den letzten Jahren wurden auch Feuerwehrfusionen über Kantonsgrenzen hinweg realisiert.

Die «Philosophie» des Verbundsystems Bevölkerungsschutz hat sich in den letzten Jahren auch in kantonalen und regionalen Strukturen niedergeschlagen: Die verschiedenen Partnerorganisationen wurden unter dem Dach übergreifender Führungsstäbe zusammengeführt, und in einer zunehmenden Anzahl Kantone tragen die zuständigen Ämter den Begriff «Bevölkerungsschutz» in ihrem Namen. Am 6. Januar 2011 haben sich zudem auf Regierungsebene die MZDK und die RK FKS zur gemeinsamen RK MZF zusammengeschlossen, womit nun die beiden grossen Milizorganisationen im Bevölkerungsschutz, Zivilschutz und Feuerwehr, durch eine einzige Regierungskonferenz politisch koordiniert werden.32 Die Schnittstellen bei den Aufgaben der Partnerorganisationen (und Dritten) sind nicht in allen Bereichen klar geregelt. Es bestehen teilweise unterschiedliche Auffassungen. So setzen einige Regionen den Zivilschutz nicht mehr nur als Mittel der zweiten Staffel zur Unterstützung der Blaulichtorganisationen ein, sondern als Ersteinsatzmittel. Damit gehen sie in Richtung eines integrierten Modells, bei dem Feuerwehr und Zivilschutz kombiniert eingesetzt werden.33
Unklarheiten bestehen auch im Gesundheitswesen, wo der Betrieb der geschützten sanitätsdienstlichen Infrastrukturen durch das Gesundheitswesen teilweise ungenügend geregelt ist.

Einige Kantone sind deshalb daran, wieder einen Zivilschutz-Sanitätsdienst aufzubauen. Klärungsbedarf besteht weiter bei der Aufgabenzuordnung an die Partnerorganisationen beim ABC-Schutz sowie bei den technischen Betrieben, wo durch die Privatisierung vieler ehemals staatlicher Unternehmen (z.B. Telekommunikation, 31

32 33

Vergleiche Konzept 96 Koordinierter Sanitätsdienst (KSD) vom 8. Sept. 1997. Dieses Konzept wurde von allen Kantonsregierungen und vom Bundesrat gutgeheissen und verpflichtet die föderal organisierten Organe zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Der Koordinierte Sanitätsdienst wird als Erweiterung des öffentlichen Gesundheitswesens verstanden und soll durch den koordinierten Einsatz von Mitteln der Armee, des Zivilschutzes und ziviler Organisationen die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleisten.

Gleichzeitig wurde auf operativer Ebene die Plattform der ABC-Koordinatoren in die RK MZF integriert.

Dabei übernimmt der Zivilschutz teilweise auch Aufgaben, die nach herkömmlicher Aufgabenteilung den Feuerwehren zufielen (z.B. Elementarschadenbewältigung, Rettung aus Trümmerlagen). In diesem Kontext soll auch die Zusammenarbeit mit Redog im Bereich der Ortung geprüft werden.

5528

Energie-, Wasserversorgung) der Einbezug dieser Betriebe in die Katastrophendispositive schwieriger geworden ist. Diese Frage, die bereits im Rahmen des Programms zum Schutz kritischer Infrastrukturen angegangen wird, ist zusammen mit deren Betreibern zu klären. Deren Rolle und Funktion sind in den Vorsorgeplanungen zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen noch zu wenig berücksichtigt.

2.1.4

Zusammenarbeit mit weiteren Partnern

Beiträge der Armee Die Armee ist nicht Teil des Verbundsystems Bevölkerungsschutz, sondern einer der Partner im übergeordneten Sicherheitsverbund Schweiz. Bei der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen sind die Kantone je nach Art und Dauer des Ereignisses auf Mittel der Armee angewiesen. Diese Mittel kommen auf Begehren der Kantone und nach dem Subsidiaritätsprinzip zum Zuge: Einsätze der Armee werden so weit geleistet, als die Behörden ihre Aufgaben mit den zivilen Mitteln im kantonalen und regionalen Verbund in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nicht selbst bewältigen können. Die Armee erhöht dadurch die Durchhaltefähigkeit und bricht personelle Belastungsspitzen bei den bereits eingesetzten Mitteln des Verbundsystems Bevölkerungsschutz. Die Einsätze der Armee finden grundsätzlich unter ziviler Einsatzverantwortung statt; die Einsatzführung liegt bei der Armee.

Die Armee ist darauf ausgerichtet, Leistungen zur Unterstützung der zivilen Behörden permanent aus dem Stand oder nach nur kurzer Vorbereitungszeit und für Wochen zu erbringen. Praktisch sofort sind vor allem Durchdiener verfügbar, die nach ihrer Grundausbildung in Bereitschaftsverbände eingeteilt werden. Dazu kommt Berufs- und Zeitmilitär sowie ziviles Personal. Diese Mittel können im Luftpolizeidienst, in der Katastrophenhilfe sowie für Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben für die zivilen Behörden eingesetzt werden. Nach kurzer Vorbereitungszeit (Wochen) können auch Truppen in der letzten Phase der Grundausbildung oder Wiederholungskurse leistende Verbände eingesetzt werden. Diese Truppenkörper sind für Konferenz- und Objektschutzaufgaben sowie bei Katastrophen und Notlagen vorgesehen. Nach mittlerer Vorbereitungszeit können weitere Verbände eingesetzt werden; diese müssen aber dafür eigens aufgeboten werden.

Die Armee ist in den Koordinierten Bereichen unterschiedlich stark einbezogen. Ihre Leistungen werden dabei auf zwei verschiedene Arten erbracht: stille Beiträge (Dienstleistungen, die in der ordentlichen Tätigkeit der Verwaltung oder Truppen erbracht werden und keine ausserordentliche Bereitstellungen von Personal oder Material erfordern) und aktive Beiträge (Dienstleistungen, die ausserordentliche Bereitstellungen von Personal beziehungsweise Material erfordern). Für aktive Beiträge wenden sich zivile
Leistungsempfänger beziehungsweise das Steuerungs-/ Lenkungsorgan des entsprechenden Koordinierten Bereichs an die Armee.

Militärische Katastrophenhilfe leisten Truppenformationen, die durch ihre Ausbildung, Ausrüstung, Bereitstellung und Alarmierung dazu befähigt sind (Rettungstruppen), und weitere Truppenformationen, die beigezogen werden können. Damit Hilfe zeitgerecht erbracht werden kann, hat die Armee einen spezialisierten Katastrophenhilfeverband in permanenter Bereitschaft. Zusätzlich sind weitere spezialisierte Mittel verfügbar, wenn sich gerade Katastrophenhilfe-, Genie- oder Pontonierformationen im Dienst befinden. Weitere zur Unterstützung der Katastrophenhilfe 5529

befähigte Verbände sind ebenfalls in erhöhter Bereitschaft, zum Beispiel für Luftaufklärung und Lufttransport, Führungsunterstützung und Logistik. Die militärische Katastrophenhilfe erfolgt sowohl in der unmittelbaren Ereignisbewältigung wie in der Phase der Überlebenshilfe. Eine Besonderheit ist die Spontanhilfe: Diese ist durch gerade im Schadenraum anwesende und in der Regel nicht speziell für Katastrophenhilfe befähigte Verbände auf direktes Gesuch hin möglich. Die Spontanhilfe ist auf den Einsatzraum des betreffenden Verbandes und auf 24 Stunden Dauer beschränkt.

Die ABC-Abwehr der Armee soll durch präventive und reaktive Massnahmen die Überlebenschancen von Menschen, Tieren und Pflanzen verbessern. Dazu gehört die Einsatzequipe VBS, die zusammen mit dem Labor Spiez betrieben wird und von der NAZ alarmiert und eingesetzt werden kann. Zusätzlich existiert eine Messorganisation Radioaktivität der Armee mit Messequipen, die für die NAZ eingesetzt werden kann. Die Messorganisation und die Einsatzequipe VBS werden demnächst zusammengelegt.

Mit der ABC-Abwehr aller Truppen ist die Armee flächendeckend fähig, sich gegen ABC-Bedrohungen zu wappnen (Prophylaxe), Freisetzungen von A-, B- oder CAgenzien zu erkennen und zu melden (ABC-Spürdienst), mit Sofortmassnahmen das Überleben zu sichern (Sofortdekontamination und behelfsmässige ABC-Dekontamination) und durch permanente Beobachtung und Messung die Lageentwicklung zu verfolgen (ABC-Meldungen). Die ABC-Abwehrtruppen können rasch und in grösseren Räumen Informationen über Vorhandensein, Art und Ausmass einer ABC-Kontamination gewinnen, diese den Truppenkommandanten oder zivilen Einsatzkräften melden sowie kontaminierte Gebiete absperren und nicht kontaminierte Gebiete freigeben. Sie können zudem mit ABC-Probenahme und mobilen oder stationären Laboreinrichtungen den Nachweis über Art, Menge, Konzentration/ Intensität von ABC-Agenzien erbringen und mit gründlicher ABC-Dekontamination Personen, Patientinnen und Patienten, Geräte, Grossgeräte und Fahrzeuge von Kontamination befreien, sodass diese nicht mehr gefährdet sind beziehungsweise davon keine Gefahr mehr ausgeht.

Der Sanitätsdienst der Armee ist Teil des Koordinierten Sanitätsdienstes. Der Umstand, dass der Oberfeldarzt heute gleichzeitig Beauftragter des Bundesrates für den Koordinierten
Sanitätsdienst ist, erleichtert die rasche Unterstützung. Mit dem IES hat der Koordinierte Sanitätsdienst ein elektronisches Informationsinstrument, das jederzeit eine Übersicht über die vorhandenen sanitätsdienstlichen Ressourcen gibt. Die sanitätsdienstliche Unterstützung der zivilen Führungsorgane wird durch den Beauftragten für den Koordinierten Sanitätsdienst gesteuert. Es geht dabei um die Koordination zwischen Bundesstellen und den Kantonen, um das Bereithalten einer strategischen Reserve von 800 Betten durch sieben geschützte Spitäler und das Militärspital Einsiedeln (low level care), um den Betrieb dieser geschützten Einrichtungen mit Spitalformationen und um die Dekontamination von Personen in bezeichneten Dekontaminationsspitälern. Dazu kommt die medizinische Überwachung und Risikobeurteilung im B-Bereich für die Kantone, die Bereithaltung von Material durch die Armeeapotheke und die subsidiäre Verstärkung des zivilen Gesundheitswesens.34 34

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass beim Aufbieten von Sanitätstruppen auf den zivilen Gesundheitssektor zurückgegriffen werden muss und diesem dadurch Ressourcen entzogen werden.

5530

Die Zusammenarbeit zwischen den kantonalen Mitteln des Bevölkerungsschutzes und der Armee funktioniert gut. Die Armee dupliziert nicht die zivilen Mittel, sondern beschafft für die eigenen Nutzung Schwergewichtsmittel, die komplementär sind zu jenen der zivilen Partner. Zudem hat sie ausgerichtet auf den militärischen Gebrauch Mittel, die bei den zivilen Partnern fehlen, zum Beispiel Lufttransportmittel, Brückenmaterial sowie Schiffe und bewaffnete Patrouillenboote.

Beiträge des Zivildienstes Der Zivildienst ist ein ziviles Mittel des Bundes. Zivildienstleistende erfüllen die Dienstpflicht ausserhalb der Armee mit gemeinnütziger Arbeit für Staat und Gesellschaft. Gemäss Zivildienstgesetz vom 6. Oktober 199535 leistet der Zivildienst auch Beiträge zur nationalen Sicherheitskooperation36 und zum Schutz und zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Damit ist er auch ein Instrument der Sicherheitspolitik, wobei über die Frage, welche konkreten sicherheitspolitischen Beiträge er leisten kann und soll, noch Unklarheit herrscht.

Im Inland soll der Zivildienst gemäss Zivildienstgesetz zur Prävention von Naturkatastrophen und, wenn ein grösseres Schadenereignis eingetreten ist, zur längerfristigen Schadensbehebung und zur Unterstützung der Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Weil der Status der Zivildienstleistenden weitestgehend jenem der Armeeangehörigen entspricht, können Zivildienstpflichtige auch zu ausserordentlichen Einsätzen verpflichtet werden.37 Für ausserordentliche Zivildiensteinsätze liegt die Aufgebotskompetenz beim Bundesrat, für Einsätze zur Katastrophen- und Nothilfe bei der Vollzugsstelle für den Zivildienst. 2005 und 2006 sind Gruppeneinsätze zur Behebung der Folgen von Naturkatastrophen durchgeführt worden, vornehmlich für spätere, länger dauernde Instandstellungsarbeiten.

Die Zahl der Zivildienstpflichtigen wächst: Ende 2010 lag sie bei 23 227, Ende 2011 bei 25 049 (Stand Dezember 2012, Entlassungen Ende Jahr berücksichtigt). Davon haben mehrere hundert eine Kaderausbildung der Armee absolviert. Systematisch ausgebildetes Kader oder Führungsstrukturen, die Einsätze im Verband zuliessen, fehlen jedoch. Individuelle Einsätze von mehreren Monaten Dauer sind zwar möglich, die Einsatzbereitschaft des Zivildienstes als Organisation ist aber derzeit tief: Gruppen von Zivildienstleistenden können nicht aus dem Stand alarmiert und eingesetzt werden, sie sind nicht speziell ausgebildet und haben ausser wetterfester Arbeitskleider weder eine eigene Ausrüstung noch eine eigene Infrastruktur. Die Vorbereitung für einen Gruppeneinsatz erfordert deshalb mehrere Wochen. Der Zivildienst eignet sich deshalb nicht als Mittel der Sofort- und Nothilfe und tritt nicht in Konkurrenz zu Blaulichtorganisationen, Zivilschutz und Armee. Der Einsatz von Einzelpersonen
ist rasch möglich. Einzelne Personen können in mehrmonatigen Einsätzen für Präventions- und Wiederaufbauarbeiten eingesetzt werden, dies aber nur zur individuellen Unterstützung von Einsatzbetrieben und nicht als eigenständiges Instrument im Rahmen des Bevölkerungsschutzes.

35 36 37

SR 824.0 Das Konzept der nationalen Sicherheitskooperation ist durch den Sicherheitsverbund Schweiz ersetzt worden (gemäss SIPOL B 2010).

Bisher sind allerdings noch nie ausserordentliche Zivildiensteinsätze angeordnet worden.

5531

Beiträge der wirtschaftlichen Landesversorgung Aufgabe der wirtschaftlichen Landesversorgung ist die Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen im Falle von schweren Mangellagen. Nach dem Subsidiaritätsprinzip tritt der Staat jedoch bei der Erfüllung dieses verfassungsmässigen Auftrags nicht etwa an die Stelle der Wirtschaft, vielmehr sorgt er mit gezielten Massnahmen dafür, dass die Wirtschaft ihre Versorgungsfunktion wieder selber wahrnehmen kann. Damit die Landesversorgung im Verbund mit dem Bevölkerungsschutz einen Beitrag zur Bekämpfung einer Krise leisten kann, wird eine schwere wirtschaftliche Mangellage vorausgesetzt, die aber nur dann angenommen werden darf, wenn die mangelnde Versorgungsleistung für die Gesamtversorgung eine lebenswichtige Bedeutung hat. Indiziert ist eine solche Mangellage etwa dann, wenn eine generelle Unterversorgung besteht oder wenn bei einer Monopolsituation der einzige Anbieter oder bei einem Oligopol einzelne bedeutende Anbieter eines lebenswichtigen Produkts oder einer lebenswichtigen Dienstleistung ausfallen. Von einem Angebotsausfall müssen zudem grössere Teile des Landes betroffen sein. Entscheidend ist letztlich aber stets, dass die Wirtschaft einer solchen Versorgungskrise aus eigener Kraft nicht mehr Herr wird.

Im globalisierten Güteraustausch kommt heutzutage vor allem den Dienstleistungen, namentlich den Transporten, der Telekommunikation und der Informationstechnologie, eine zunehmend grössere Bedeutung zu. Durch entsprechende Vorbereitungsmassnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung gilt es deshalb, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft und ihrer lebenswichtigen Betriebe zu stärken, damit ihre Versorgungsfunktion in einer Krise sichergestellt werden kann.

Beiträge der Fachdienste Fachdienste auf allen Ebenen der Gemeinwesen erfüllen wichtige Aufgaben im Bevölkerungsschutz: Sie stellen die allgemeinen Gefahrengrundlagen wie z.B.

Gefahren- und Risikokarten. Bei unmittelbar drohender Gefahr oder bei Ereignissen beurteilen sie z.B. als Lawinen- und/oder Naturgefahrenkommissionen in den Gemeinden und Kantonen die Gefahrensituation und bereiten Entscheidgrundlagen für Führungsorgane vor. Sie planen und begleiten die Ausführung von Notfallmassnahmen durch die Einsatzkräfte.

Im Bereich der Naturgefahren hat der Bundesrat zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Fachdienste und zur besseren Vernetzung mit den Führungsorganen in den Jahren 2007 und 2010 im Zusammenhang mit dem Projekt OWARNA Massnahmen beschlossen38 und verschiedenen Bundesstellen Aufträge erteilt, die bis 2018 gemeinsam mit den Kantonen umzusetzen sind. Insbesondere muss die Vorhersage von Naturereignissen und die Information der Bevölkerung in Gefahrensituationen und bei Ereignissen verbessert sowie die Einsatzfähigkeit der Fachdienste gestärkt werden. Die Massnahmen werden durch den Lenkungsausschuss Intervention Naturgefahren LAINAT koordiniert.

38

Gestützt auf den Schlussbericht OWARNA vom 12. Dez. 2006 und den Folgebericht OWARNA vom 26. Mai 2010 (www.planat.ch).

5532

Auch im ABC-Bereich spielen die verschiedenen Fachdienste und Fachexperten eine wichtige Rolle. Sie koordinieren die Vorsorgemassnahmen, beraten und unterstützen im Ereignisfall die Führungsorgane sowie die Einsatzorganisationen mit entsprechenden Fachexpertisen. Diese Fachstellen beziehungsweise Fachexpertinnen und -experten sind teils im Pikettdienst organisiert, sodass sie rasch die notwendige fachliche Unterstützung leisten können. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung sowie der Umwelt bei ABC-Gefahren. Organisatorisch sind die ABC-Fachstellen sowie ABC-Koordinatorinnen und -Koordinatoren in der KPABC zusammengeschlossen, die wiederum mit den Fachstellen auf Bundesstufe vernetzt ist.

2.1.5

Zivile Führung und Lageverbund

Die Behörden auf Bundes- und Kantonsebene sind gesetzlich verpflichtet, (zivile) Führungsorgane für die folgenden Aufgabenbereiche zu bilden: ­

Information der Bevölkerung über Gefährdungen, Schutzmöglichkeiten und Schutzmassnahmen;

­

Warnung und Alarmierung sowie Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung;

­

Sicherstellen der Führungsfähigkeit;

­

Koordination der Vorbereitungen und Einsätze der Partnerorganisationen;

­

Sicherstellen einer zeit- und lagegerechten Bereitschaft sowie der personellen und materiellen Verstärkung des Bevölkerungsschutzes für bewaffnete Konflikte.

Der Bundesrat und die Kantonsregierungen sind in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen für die politische Führung und das Krisenmanagement zuständig. Die Führung muss mental und fachlich auf solche Lagen vorbereitet sein, und die Unterstützungsorgane müssen in ihren Strukturen und Abläufen fähig sein, die benötigten Leistungen und Produkte (z.B. Lagedarstellung, Handlungsoptionen, Anträge) zur richtigen Zeit zu erbringen. Führungsgrundsätze können die Regelung der Zusammenarbeit und der Kompetenzabgrenzungen erleichtern, ersetzen aber nicht die vorgängige Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und das Üben der Entscheidfindungsprozesse in den dafür vorgesehenen oder ad hoc zusammengesetzten Führungsstrukturen.

Führung Bund Die Führung auf Stufe Bund ist in normalen, besonderen und ausserordentlichen Lagen grundsätzlich die Gleiche. Die Reaktionszeiten können aber in einer Krise durch Anpassungen des Führungsverhaltens und der Führungsorganisation (Einsatz von Krisenstäben) verkürzt werden.39 Der Bundesrat als oberste leitende und vollziehende Behörde der Schweiz ist verantwortlich für die politische Führung in 39

Weisungen vom 24. Okt. 2007 über organisatorische Massnahmen in der Bundesverwaltung zur Bewältigung besonderer und ausserordentlicher Lagen (BBl 2007 8293).

5533

nationalen und internationalen Belangen. Die Departemente tragen die Linienverantwortung, die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher zusätzlich die politische Verantwortung. Das oberste Koordinationsorgan der Bundesverwaltung ist die von der Bundeskanzlerin oder vom Bundeskanzler geleitete Generalsekretärenkonferenz.

Der Bundesrat kann Massnahmen zur Wahrung der Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz treffen, um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung sowie der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen.40 Er hat damit die Kompetenz für das Krisenmanagement in allen Sicherheitsbereichen: polizeiliche Gefahrenabwehr, Staatsschutz und Strafverfolgung, Vorbeugung und Bewältigung von natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen, Abhalten und Abwehr eines militärischen Angriffs sowie Wahrung der Interessen der Schweiz im Ausland und Beiträge zu internationalem Krisenmanagement.

Der Sicherheitsausschuss des Bundesrates besteht aus der Departementsvorsteherin oder dem Departementsvorsteher des VBS (Vorsitz), des EVD und des EJPD. Er bereitet Beratungen und Entscheide des Bundesrats in sicherheitspolitischen Fragen vor und koordiniert sicherheitspolitisch relevante Geschäfte. Er beurteilt die sicherheitsrelevante Lage, koordiniert Aufträge an den Nachrichtendienst des Bundes und an das Bundesamt für Polizei, und er bespricht departementsübergreifende Bundesratsanträge sicherheitspolitischen Inhalts.

Seit Anfang 2011 besteht der BST ABCN.41 Er ist ­ vergleichbar mit dem KFO auf Kantonsebene ­ das Krisenmanagementorgan des Bundes für bevölkerungsschutzrelevante Ereignisse und hat gemäss ABCN-Einsatzverordnung vom 20. Oktober 201042 folgende Aufgaben: ­

Zurverfügungstellung von Szenarien für die vorsorgliche Planung;

­

Koordination der vorsorglichen Planung und Ausbildung zur Bewältigung von ABCN-Ereignissen;

­

Überprüfung der Einsatzbereitschaft durch regelmässige Übungen.

Im Ereignisfall übernimmt der BST ABCN zusätzlich folgende Aufgaben:

40 41

42

­

Beurteilung der Gesamtlage;

­

Antragstellung an den Bundesrat für Massnahmen zur Bewältigung eines ABCN-Ereignisses sowie Koordination und Vollzug dieser Massnahmen;

­

Koordination mit weiteren Stäben des Bundes, mit den kantonalen Führungsorganen und mit den zuständigen Stellen im Ausland;

­

Koordination der Fachunterstützung der Kantone durch die zuständigen Bundesämter und des Einsatzes der zusätzlich erforderlichen Ressourcen.

Art. 185 der Bundesverfassung; SR 101.

Der Bund hat weitere Sonder- und Krisenstäbe, die auf die Bewältigung bestimmter Ereignisse ausgerichtet sind und nur im Ereignisfall aufgeboten werden. Ihre Bereitschaft wird durch Alarmorganisationen, Piketts, feste Standorte und Infrastrukturen sowie regelmässige Trainings zusammen mit externen Partnern (u.a. Kantone) sichergestellt (z.B. SOGE, Sonderstab Geiselnahme und Erpressung).

SR 520.17

5534

Als permanente Stabsstelle des BST ABCN verfolgt die NAZ mit ihrem Melde- und Lagezentrum laufend und in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Ämtern die bevölkerungsschutzrelevante Lage in der Schweiz und beurteilt diese. Mit der elektronischen Lagedarstellung43 trägt sie zum Wissensgleichstand unter den Partnern des Bevölkerungsschutzes bei. Die bevölkerungsschutzrelevante Lage konzentriert sich auf die natur- und technologiebedingten Gefahren, deren Auswirkungen auf kritische Infrastrukturen sowie die zur Bewältigung des Ereignisses erfolgten Aktivitäten. Sie ergänzt damit die Bedrohungslage, die vom Nachrichtendienst des Bundes und anderen Bundesbehörden erstellt wird.

Bei Bedarf kann der Bund Ad-hoc-Stäbe, Koordinationsorgane oder Task-Forces bilden. Diese haben, wie die Sonder- und Krisenstäbe, nur beschränkte Weisungsoder Entscheidbefugnisse und unterstützen den Bundesrat, die Departemente oder Dritte, indem sie, basierend auf den Produkten des Nachrichtenverbunds Schweiz44 und weiterer Quellen, die Grundlagen für die Lagebeurteilung und Entscheidfindung beschaffen, Entwürfe für Anordnungen oder Anträge erarbeiten und den Vollzug von Entscheiden überwachen. Zudem koordinieren sie die Zusammenarbeit zwischen den Departementen und externen Stellen.

Führung Kantone Das Krisenmanagement auf Stufe Kanton ist mit jenem des Bundes vergleichbar.

Primär sind dafür die Direktionen beziehungsweise Departemente sowie kantonalen Ämter verantwortlich. Sie bereiten sich inhaltlich und organisatorisch (Task-Forces, Sonderstäbe) auf die Bewältigung von Krisenlagen vor und stellen der kantonalen Exekutive entsprechende Anträge.

Innerhalb des Kantonsgebiets trägt die Kantonsregierung die politische Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung. Wie der Bund arbeiten die Kantone im Ereignis- oder Krisenfall so lange wie möglich in ihren ordentlichen Strukturen: Bei Alltagsereignissen führt eine Einsatzleiterin oder ein Einsatzleiter ­ in der Regel eine Führungsperson der Polizei oder Feuerwehr ­ die Partnerorganisationen. Wenn mehrere Partnerorganisationen zusammen über längere Zeit im Grosseinsatz stehen, übernimmt das KFO45 die Koordination der Mittel und die Sicherstellung der Verbindung zu den vorgesetzten Regierungsstellen. Das KFO steht bei Katastrophen und Notlagen immer in der Führungsverantwortung, die operative Führung der Einsatzkräfte delegiert es aber in der Regel an die Führungskräfte der eingesetzten Formationen. Das KFO beurteilt die Bedrohungen und Gefahren und veranlasst Planungen und Vorbereitungen. Es berät die Exekutive und schlägt allfällige Notmassnahmen vor. Im Einsatz koordiniert beziehungsweise führt das KFO den Einsatz von Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technischen Betrieben, Zivilschutz sowie Dritten (z.B. Armee oder zivilen Partnern). Das KFO besteht in der Regel aus 43

44

45

Durch die Sammlung der Informationen von Kantonen, Fachstellen, Netzbetreibern und weiteren Partnern entsteht in der elektronischen Lagedarstellung ein Gesamtbild. Die zusammenfassenden Lageberichte und -karten der NAZ verdichten die Informationen und geben einen Überblick über die Lage in der Schweiz und im Ausland.

Bei diesem Nachrichtenverbund machen sich mit Sicherheitsfragen befasste Behörden von Bund und Kantonen lagerelevante Informationen gegenseitig zugänglich. Das Lagebild, das vom NDB geführt wird, ist für alle angeschlossenen Stellen auf einer geschützten elektronischen Plattform abrufbar.

In einzelnen Kantonen spricht man auch vom KFS oder KKS.

5535

der Leitung, Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung und den Ressortchefinnen oder -chefs von Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technischen Betrieben und Zivilschutz. Bei Bedarf werden weitere Spezialistinnen und Spezialisten aufgeboten.

Bei der Katastrophenhilfe und Hilfe in Notlagen spielt grundsätzlich die Nachbarschaftshilfe; zum Teil gibt es auch regionale Vereinbarungen. Es gibt wenig bindende Vereinbarungen zwischen den Kantonen. Auf nationaler Ebene schlossen die Kantone 2005 eine entsprechende Vereinbarung für den interkantonalen Einsatz des Zivilschutzes ab.46 Die Bewältigung von Schadenereignissen in den vergangenen Jahren (Sturm Lothar 1999, Hochwasser 2005 und 2007) hat gezeigt, dass die Führungs- und Einsatzkräfte der Kantone, insbesondere die Feuerwehr und der Zivilschutz, sich rasch, unbürokratisch, wirksam und über längere Zeit gegenseitig unterstützen können.

Seit Herbst 2009 sind die Stabschefinnen und -chefs der KFO im Rahmen der Konferenz der Kantonalen Verantwortlichen für Militär, Bevölkerungsschutz und Zivilschutz in einer interkantonalen Konferenz zusammengeschlossen. Gleiches gilt für die ABC-Koordinatorinnen und -Koordinatoren der Kantone und des Bundes. Diese Plattformen dienen aber in erster Linie der Koordination vorsorglicher Massnahmen und nicht der Ereignisbewältigung.

Gemeinsame Führung Bund­Kantone Der Bund hat mit dem Bundesrat, seinem Sicherheitsausschuss, dem BST ABCN sowie den Sonder- und Krisenstäben Gremien, die für die Bewältigung von Krisen auf Stufe Bund vorgesehen sind. Die Kantone sind in einzelnen beratenden und vorbereitenden Gremien des Bundes vertreten.47 Der mit dem SIPOL B 2010 geschaffene KKM SVS soll die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in der Sicherheitspolitik und im Krisenmanagement verbessern.

Die Hauptpartner des SVS ­ der Bund und die Kantone ­ sind im KKM SVS paritätisch vertreten. Der Bundesrat ist in der politischen Plattform mit den Chefinnen und Chefs des VBS und des EJPD vertreten, die kantonalen Fachkonferenzen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der KKJPD und der RK MZF. Bei Bedarf können weitere Exekutivmitglieder beigezogen werden. Auf der operativen Ebene ­ im Steuerungsausschuss ­ sind Bundesämter und interkantonale Konferenzen, Fachund Koordinationsgremien vertreten. Der Steuerungsausschuss wurde Anfang 2011 gebildet und hat seine Arbeit aufgenommen. Sein Vorsitz wird durch einen Delegierten wahrgenommen, der von Bund und Kantonen gemeinsam ernannt und durch eine Geschäftsstelle unterstützt wird. In Fach- und Arbeitsgruppen sollen technische, einsatzspezifische und organisatorische Problemstellungen sowie Ausbildungsfragen, inklusive Übungen, bearbeitet werden.

46 47

Vereinbarung vom 13. Mai 2005 über die interkantonale Hilfeleistung durch den Zivilschutz bei Katastrophen und Notlagen (von allen Kantonen unterzeichnet).

Eine Vertretung der Kantone in entscheidbefugten Bundesgremien steht nicht zur Debatte; sie würde der verfassungsrechtlichen Kompetenzaufteilung grundlegend widersprechen.

5536

Bisher existieren nur bei der Polizei Strukturen und Entscheidabläufe, die alle Kantone und die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und dem Bund abdecken. Bei der Katastrophen- und Nothilfe fehlen zum Voraus festgelegte kantonsübergreifende Koordinations- und Führungsstrukturen sowie verbindliche und standardisierte Abläufe, die in Krisen eine effiziente Zusammenarbeit unter den Kantonen sowie zwischen den Kantonen und dem Bund fördern.

Ein weiteres Element der gemeinsamen Führung von Bund und Kantonen ist die gemeinsame Lagedarstellung. In dieser Hinsicht präsentiert sich die Situation in den Kantonen uneinheitlich: Eine Mehrheit der Kantone verfügt zwar über ein solches System, es besteht aber keine Einheitlichkeit. Verschiedene Kantone greifen auf mehr als ein System zurück. Weit verbreitet sind die elektronische Lagedarstellung der NAZ (in elf Kantonen zumindest teilweise im Einsatz) sowie das Informationsund Einsatzsystem IES48 (in 18 Kantonen), die beide durch den Bund betrieben werden. Daneben gibt es eine Vielzahl anderer Systeme, darunter auch Eigenentwicklungen. In fast allen Kantonen wird die elektronische Lagedarstellung durch die Kantonspolizei betrieben, wobei teilweise auch andere Partner involviert sind (KFO, Zivil-/Bevölkerungsschutz, Kantonsspital). In den meisten Kantonen kann die elektronische Lagedarstellung von den Organen des Zivil- und Bevölkerungsschutzes benutzt werden, wobei sich diese Zugriffsmöglichkeit in einigen Kantonen auf Katastrophenereignisse und Notlagen beschränkt.

Der Aufbau und die Einführung einer schweizweit einheitlichen elektronischen Lagedarstellung würden von einer Mehrheit der Kantone grundsätzlich begrüsst, von einigen aber auch abgelehnt. Dies wird damit begründet, dass die Idee einer einheitlichen elektronischen Lagedarstellung zu spät lanciert worden sei und viele Kantone inzwischen eigene Lösungen erarbeitet und finanziert hätten. Einige Kantone schliessen eine Mitfinanzierung zwar nicht aus, beziehen diese jedoch in erster Linie auf eine mögliche kantonsspezifische Ausgestaltung des Systems. Eine Mehrheit der Kantone lehnt eine finanzielle Beteiligung am Aufbau einer elektronischen Lagedarstellung aber ab, mit der Begründung, dass der Aufbau einer solchen Lagedarstellung Sache des Bundes sei. Die MZDK (die heutige RK MZF) hat in der Folge
ablehnend zur gemeinsamen Entwicklung einer «elektronischen Lagedarstellung Kantone» Stellung genommen und dem BABS empfohlen, die Vielfalt der eingesetzten Systeme dadurch einzuschränken, dass der Bund künftig nur noch ein System zur Verfügung stellt, das sämtliche Funktionen der bisher angebotenen Lösungen sowie die neu entwickelte Plattform GIN vereint. Die dafür notwendigen Arbeiten seien durch den Bund zu finanzieren. Es gilt zu berücksichtigen, dass die öffentlichen Netze, über die auf die elektronische Lagedarstellung IES und GIN zugegriffen wird, bei einem grösseren Stromausfall nicht mehr zur Verfügung stünden und die Erreichbarkeit unter den Partnern damit nicht mehr gesichert wäre. Mit dem geplanten Vorhaben Polydata (stromsicherer Internetzugriff auf Anwendungen wie ELD, GIN und IES von Bund und Kantonen) soll diese Lücke geschlossen werden.

48

IES ist eine vom Koordinierten Sanitätsdienst aufgebaute webbasierte Plattform, welche die Prozesse der Führungs- und Einsatzorganisationen des Sanitätsdienstes im Alltag, bei Katastrophen und in Notlagen unterstützt und neben weiteren Funktionen auch ein elektronisches Lagebild darstellen kann.

5537

2.1.6

Dienstpflicht, Rekrutierung und Bestände

Dienstpflicht und Rekrutierung Die Partnerorganisationen bauen auf unterschiedlichen Dienstmodellen auf: Die Polizei, das Gesundheitswesen und die technischen Betriebe sind Berufsorganisationen; der Zivilschutz und die Feuerwehr hingegen basieren grundsätzlich auf dem Milizprinzip. Im Rahmen des Gesundheitswesens (z.B. Samariter) und des Zivilschutzes sind jedoch auch freiwillige Dienstleistungen möglich, und bei den Berufsfeuerwehren als Teil der Feuerwehr handelt es sich um Berufsorganisationen. Somit setzen sich die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes aus professionellen Angehörigen, Freiwilligen wie auch Dienstpflichtigen (kantonal und national) zusammen.

Entsprechend unterschiedlich sind die Rekrutierungsverfahren: Die Berufselemente rekrutieren ihre Angehörigen auf dem Arbeitsmarkt. Bei den Feuerwehren regeln die Kantone die Rekrutierung und die Ausgestaltung der Dienstpflicht, wobei Zwangsrekrutierungen eine Ausnahme sind und die Kompetenz zur Regelung der Dienstpflicht durch kantonales Recht teilweise an die Gemeinden delegiert wird. Während einige Kantone auf eine Feuerwehrdienstpflicht verzichten, besteht in den meisten anderen Kantonen eine unterschiedliche Dienstpflicht für Männer und teilweise auch für Frauen, wobei die Dienstpflicht auch durch die Bezahlung einer jährlichen Ersatzabgabe erfüllt werden kann. Zwangsrekrutierungen bilden heute die Ausnahme; die meisten Feuerwehrleute leisten freiwillig Dienst. Der Zivilschutz ist analog der Militärdienstpflicht eine nationale Dienstpflicht. Das Rekrutierungsverfahren für die Schutzdienstpflichtigen wird gemeinsam mit der Armee durchgeführt.

Personelle Zusammensetzung der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz

Führungsorgane Freiwillige

Gesundheitswesen Technische Betriebe

Kantonale/ kommunale Dienstpflicht

Polizei Feuerwehr Zivilschutz

Nationale Dienstpflicht

Armee Zivildienst

5538

Berufselemente

Während die Situation bei den Berufselementen im Bevölkerungsschutz klar und unbestritten ist, präsentiert sich das Bild bei den milizbasierten Partnerorganisationen uneinheitlich und unübersichtlich. Problematisch ist insbesondere, dass aus Sicht der Dienstpflichtigen die Ungleichheiten der national geregelten Schutzdienstpflicht und der kantonal beziehungsweise kommunal geregelten Feuerwehrdienstpflicht teilweise als unbefriedigend empfunden wird, dies insbesondere bezüglich der ungleichen finanziellen Entschädigung für Dienstleistende im Zivilschutz sowie in der Feuerwehr, bei der es keinen Erwerbsersatz wie beispielsweise bei der Armee gibt. Bei Miliz- und Freiwilligenorganisationen zeichnen sich zudem Bestandesprobleme ab, insbesondere in den grösseren Gemeinden und Agglomerationen, weil es schwieriger wird, genügend Freiwillige zu finden, und der Zivilschutz seinerseits hat zunehmend Probleme, genügend qualifiziertes Personal für die anspruchsvoller werdenden Aufgaben zu finden, weil nur Militärdienstuntaugliche rekrutiert werden können. Verschiedene Nichtregierungsorganisationen (z.B. Samariter, Redog, Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft) leisten ausserdem auf freiwilliger Basis ebenfalls einen wichtigen Beitrag für das Verbundsystem Bevölkerungsschutz, ohne dass sie von ähnlichen Leistungen des Staates wie die Dienstpflichtigen profitieren können. Gerade bei grösseren Ereignissen ist aber deren Unterstützung wesentlich.

Bestände In der folgenden Tabelle sind die Bestände der Partnerorganisationen ersichtlich (die Bestände des Gesundheitswesens und der technischen Betriebe lassen sich nicht beziffern, da es sich nicht um einheitliche oder einzelne Organisationen handelt): Bestände Partnerorganisationen Bevölkerungsschutz Partnerorganisation

Bestand

Polizei Feuerwehr

ca. 17 000 ca. 101 000 (in ca. 1700 Organisationen), davon 1200 Berufsfeuerwehrleute in 14 Organisationen nicht bezifferbar nicht bezifferbar ca. 143 000 total (in 371 Organisationen) ca. 76 000 Aktive ca. 67 000 Personalreserve

Gesundheitswesen Technische Betriebe Zivilschutz

2.1.7

Ausbildung

Die Angehörigen der Blaulichtorganisationen Polizei, Feuerwehr und sanitätsdienstliches Rettungswesen werden nach eigenen Lehrplänen und Standards ausgebildet, wobei sich eine kantonsübergreifende Zusammenarbeit etabliert hat. Bei der Polizei etwa bietet das Schweizerische Polizei-Institut Weiterbildungs- und Kaderkurse sowie Ausbildungsmaterialien für alle Polizeikorps an, bei den Feuerwehren spielt

5539

die FKS eine ähnliche Rolle.49 Bei all diesen Ausbildungen steht die Bewältigung von Alltags- und Grossereignissen im Zentrum.

Beim Zivilschutz erfolgt die Grundausbildung nach Vorgaben des Bundes in den Kantonen. Die Ausbildung der Zivilschutzkommandanten und deren Stellvertreter, der Kader und Spezialisten der Führungsunterstützung und des Kulturgüterschutzes sowie des Lehrpersonals für den Zivilschutz werden vom Bund durchgeführt.

Die Ausbildung der Führungsorgane ist uneinheitlich: Auf den Stufen Gemeinde und Region werden diese gemäss kantonalen Vorgaben ausgebildet; daneben gibt es auch Ausbildungsmodule des BABS und der Feuerwehr Koordination Schweiz.

Hinzu kommen ­ je nach Kanton in unterschiedlicher Anzahl und Grösse ­ regelmässige Übungen auf Ebene der Kantone oder Regionen, teilweise in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern (z.B. der Armee).

Die Ursachen für Defizite im Bereich Ausbildung liegen in den kantonalen Unterschieden, die unter anderem wegen unterschiedlicher Bedürfnisse und Anstrengungen bestehen, sowie in den unterschiedlichen, zum Teil uneinheitlichen Ausbildungsangeboten einzelner Partner. Es fehlt nicht nur eine durch die Ausbildung der Führungsorgane und der Angehörigen der Partnerorganisationen getragene, gesamtschweizerische unité de doctrine im Bevölkerungsschutz, sondern auch eine durchgehende Kompatibilität der in Unterlagen und Lehrschriften verwendeten Terminologie. Bei der Lehrpersonalausbildung hingegen wurde die Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen, insbesondere mit der Feuerwehr und dem sanitätsdienstlichen Rettungswesen, intensiviert. Es werden gemeinsame methodisch-didaktische Ausbildungen durchgeführt.

2.1.8

Infrastruktur

Die Infrastruktur des Bevölkerungsschutzes besteht aus zwei Teilen: einer Vielzahl klar zugeteilter Infrastrukturobjekte der Partnerorganisationen (z.B. Spitäler, Feuerwehrstützpunkte, Polizeiposten) sowie aus Elementen, die zwar als Zivilschutzinfrastruktur aufgebaut, heute aber grösstenteils für das gesamte Verbundsystem eingesetzt (z.B. Alarmierungssysteme) oder von den Führungsorganen (z.B. Kommandoposten) sowie anderen Partnerorganisationen (z.B. Polycom) genutzt werden.

Es hat sich in der Praxis und besonders auch bei der Übung «Schweiz Dunkel» 2009 gezeigt, dass bei der sicheren Kommunikation innerhalb der Führungsebenen von Bund und Kantonen und zwischen diesen in Katastrophen und Notlagen erhebliche Lücken bestehen. Ein grossflächiger Stromausfall würde dazu führen, dass das Gros der Telefonleitungen, Mail- und Internetverbindungen der Stäbe des Bundes und der Kantone, die auf den öffentlichen Netzen basieren, ausfielen. Der Bundesrat und die Kantonsregierungen könnten in einer solchen Situation nur mit Schwierigkeiten miteinander kommunizieren.

49

Die FKS erlässt die Reglemente zur Ausbildung der Feuerwehren. Die Aus- und Weiterbildung erfolgt auf der Grundlage der Reglemente und der kantonalen Vorgaben auf lokaler, regionaler und kantonaler, zum Teil interkantonaler Ebene; die Koordination der Ausbildung wird zunehmend in den vier Koordinationsregionen des Feuerwehrwesens koordiniert. Die Aus- und Weiterbildung aller 1200 Feuerwehrinstruktorinnen und -instruktoren obliegt auf gesamtschweizerischer Ebene der FKS.

5540

Weil davon auszugehen ist, dass Strompannen sich häufen werden, besteht hier Handlungsbedarf. Die in den achtziger Jahren speziell für solche Szenarien eingeführten Systeme wie das Regierungsnetz für die Telefonie (R-Netz) und VulpusTelematik für die verschlüsselte Meldungsübermittlung, beide vom Verteidigungsbereich bereitgestellt und finanziert, sind am Ende ihres Lebenszyklus (R-Netz: 2011; Vulpus-Telematik: ca. 2014). Es müssen neue Systeme beschafft werden, die den erhöhten Anforderungen bei der Krisenbewältigung in allen Lagen Rechnung tragen. Die dafür vom VBS vorgesehenen Führungskommunikationssysteme Polyconnect (Führungskommunikation zwischen Bund und Kantonen) und Polydata könnten einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Führungsfähigkeit im Sicherheitsverbund Schweiz leisten; vorgängig müssen aber noch Fragen der Finanzierung und Zuständigkeit geklärt werden.50 Die ortsgebundenen Kommandoposten, die Systeme für die Alarmierung und Information der Bevölkerung (geschützte Sendeanlagen), die Kommunikationsinfrastruktur sowie das standardisierte ABC-Material, das teilweise erneuerungsbedürftig ist beziehungsweise ergänzt werden muss, werden heute als Zivilschutzinfrastrukturen durch den Bund finanziert und stehen im Katastrophenfall und in Notlagen dem Bevölkerungsschutz zur Verfügung.

2.2

Strategie Verbundsystem Bevölkerungsschutz

Der Bevölkerungsschutz ist als Verbundsystem für Führung, Schutz, Rettung und Hilfe konzipiert. Insgesamt hat die Etablierung dieses Systems trotz aller kantonalen Unterschiede in den letzten zehn Jahren Fortschritte gemacht. Auf kantonaler und je nach Kantonsgrösse und -organisation auch auf regionaler und kommunaler Ebene existieren zivile Führungsstrukturen für Katastrophen und Notlagen, die das Zusammenwirken der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz und weiterer Partner (z.B. Armee) koordinieren können. Anderseits ist es bis heute nur ungenügend gelungen, die Idee des Bevölkerungsschutzes breit in der Bevölkerung, den Partnerorganisationen, involvierten Dritten und in der Politik zu verankern, und die Erwartungen des Bundes an die Kantone und umgekehrt widersprechen sich teilweise. Der Bevölkerungsschutz muss deshalb ­ auch wenn die grundsätzliche Ausrichtung stimmt ­ weiterentwickelt und angepasst werden. Die künftige Strategie für den Bevölkerungsschutz besteht entsprechend aus Elementen, die gleich bleiben wie bisher, weil sie sich bewährt haben, und solchen, die neu sind, weil sich gezeigt hat, dass dort Handlungsbedarf besteht.

Gleichbleibende Elemente der Strategie sind: ­

50

Die primäre Ausrichtung des Bevölkerungsschutzes auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen soll beibehalten werden. Das Verbundsystem muss sich auch in Zukunft an den für die Schweiz besonders relevanten und wahrscheinlichen Bedrohungen und Gefahren orientieren, und im Falle des Bevölkerungsschutzes sind dies natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen und Notlagen.

Dabei wird auch abgeklärt, inwieweit die bestehenden Netze (Glasfaser), wie z.B. der Swisscom, von Swissgrid, der SBB oder von SwissGas, redundant genutzt werden könnten.

5541

­

Der Bevölkerungsschutz soll in der grundsätzlichen Verantwortung der Kantone verbleiben, und die verschiedenen Partner des Verbundsystems sollen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche weiterhin auf bewährte Weise in den Kantonen und Gemeinden zusammenarbeiten. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen den Partnerorganisationen im Verbundsystem Bevölkerungsschutz ist weitgehend unbestritten und hat sich bewährt.

­

Die Aufteilung der Finanzierung zwischen Bund und Kantonen im Bevölkerungsschutz soll grundsätzlich beibehalten werden, gemäss dem Prinzip der Zuständigkeitsfinanzierung. Für die Finanzierung der Partnerorganisationen sind die Kantone zuständig; der Bund finanziert wie bisher gewisse Teile des Zivilschutzes.

­

Die Führung von Einsätzen im Bevölkerungsschutz soll weiterhin grundsätzlich bei den Kantonen liegen. Die Kantone verfügen über das Gros der Mittel zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen.

­

Der Bund soll wie bis anhin im Einvernehmen mit den Kantonen Einsätze zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen koordinieren und allenfalls führen, wenn mehrere Kantone, das ganze Land oder das grenznahe Ausland betroffen sind. In Fällen von Radioaktivität, Notfällen bei Stauanlagen, Satellitenabstürzen, Epidemien, Tierseuchen und bei einem bewaffneten Konflikt liegt die Führung beim Bund. Der BST ABCN ist ­ vergleichbar den KFO auf Ebene der Kantone ­ das Krisenmanagementorgan des Bundes für bevölkerungsschutzrelevante Ereignisse. Er berät und unterstützt den Bundesrat bei der Führung solcher Einsätze und ist im Ereignisfall auch für die Koordination mit den Kantonen zuständig.

­

Auch die Zusammenarbeit von Bevölkerungsschutz und Armee soll grundsätzlich gleich bleiben. Wenn die Mittel zur Bewältigung einer Katastrophe oder Notlage nicht ausreichen oder bestimmte Mittel fehlen, kann die Armee zur subsidiären Unterstützung der Kantone eingesetzt werden.

Neue Elemente der Strategie sind: ­

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz muss in enger Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen weiterentwickelt und angepasst werden; dazu braucht es eine stärkere Koordination zwischen den verschiedenen Partnerorganisationen auf gesamtschweizerischer Ebene. Das BABS soll deshalb seine Koordinationsfunktion für den Bevölkerungsschutz als Gesamtsystem stärker wahrnehmen als bisher. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob der Koordinierte Sanitätsdienst von der Armee ins BABS transferiert werden soll.

­

Um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen zu verbessern und zu vereinfachen, sollen auf Stufe Bund und Kantone jeweils klare Ansprechstellen ­ im Sinne von zentralen «Eingangs- und Ausgangstoren» ­ bezeichnet werden. Dabei muss zwischen Ereignisfall und Alltag unterschieden werden. Im Ereignisfall ist auf Stufe Bund die NAZ als permanente Stabsstelle des BST ABCN die zentrale Anlaufstelle und für subsidiäre Einsätze der Armee weiterhin die kantonalen territorialen Verbindungsstäbe; auf Stufe Kantone sind es im Ereignisfall die Kantonalen Führungsorgane. Für den Alltag sollen das BABS und die zuständigen kantonalen Ämter ebenfalls

5542

jeweils eine zentrale Ansprechstelle für alle Belange des Bevölkerungsschutzes bezeichnen.

­

Die Aufgabenteilung im Bevölkerungsschutz ist grundsätzlich unbestritten, es gibt aber einzelne Schnittstellen zwischen Partnerorganisationen (und Dritten, wie z.B. den Organisationen des Roten Kreuzes), die bereinigt werden müssen. Dazu gehört insbesondere die Aufgabenteilung zwischen der Feuerwehr und dem Zivilschutz, wo etwa bei der Rettung aus Trümmerlagen Klärungsbedarf besteht, sowie die ABC-Abwehr. Ebenfalls zu klären ­ und wo nötig auf- und auszubauen ­ ist die Zusammenarbeit zwischen Fach- und Führungsorganen auf allen Ebenen der Gemeinwesen sowie mit öffentlichrechtlichen und privaten Akteuren der technischen Betriebe, insbesondere den Betreibern kritischer Infrastrukturen.

­

Der gemeinsame Lageverbund ist ein wesentliches Element für eine effiziente und wirksame Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Ereignisfall.51 Der Bund soll deshalb den bevölkerungsschutzrelevanten Lageverbund so weiterentwickeln und vereinfachen, dass dieser künftig über eine einzige elektronische Plattform dargestellt und den Kantonen sowie den Partnerorganisationen zur Verfügung gestellt werden kann. Beim Lageverbund sollen ausserdem die Betreiber kritischer Infrastrukturen noch stärker miteinbezogen werden.

­

Das derzeitige Dienstpflichtsystem verursacht im Bevölkerungsschutz verschiedene Probleme: Es können teilweise zu wenige für die Aufgaben qualifizierte Personen rekrutiert werden (v.a. im Zivilschutz), und die Regelung der Dienstpflicht und Entschädigung bei den einzelnen milizbasierten Partnerorganisationen ist teilweise ungleich. Es soll deshalb eine Studiengruppe eingesetzt werden, die prüft, ob und wie diese Nachteile behoben werden könnten.

­

Die für die Zukunft absehbaren Einsätze zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen erfordern zunehmend eine mobile Einsatzführung. Bei technischen Nachrüstungen der bestehenden ortsfesten Kommandoinfrastruktur soll deshalb künftig die Möglichkeit geschaffen werden, auch mobile Einsatzführungsstrukturen zu schaffen.

2.2.1

Aufgaben

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz orientiert sich an den derzeit wahrscheinlichen Ereignissen, muss aber noch stärker auf sich abzeichnende Entwicklungen bei den natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und Notlagen ausgerichtet werden. Dabei stehen insbesondere folgende Entwicklungen im Vordergrund: ­

51

Naturkatastrophen als Folge des Klimawandels (z.B. Hochwasser, Trockenheit, Hitze- und Kältewellen);

­

Notlagen aufgrund eines Ausfalls von kritischen Infrastrukturen;

­

ABC-Ereignisse (z.B. Radioaktivität, Epidemie).

Unter Lageverbund versteht man das Zusammenfassen der Lage vor Ort sowie der unterschiedlichen Lagedarstellungen aller in einer Ereignisbewältigung involvierten Partner.

5543

Die damit verbundenen Aufträge sind für den Bevölkerungsschutz nicht grundsätzlich neu, müssen aber in Zukunft in organisatorischer, material- und ausbildungsmässiger Hinsicht noch stärker berücksichtigt werden. Folgen ergeben sich daraus insbesondere für den Zivilschutz, dessen Leistungsprofil vor allem im ABC-Bereich, bei der Bewältigung des Ausfalls von kritischen Infrastrukturen und in Bezug auf das Sanitätswesen angepasst werden muss.

Bei einem bewaffneten Konflikt ergeben sich keine grundsätzlichen Änderungen im Aufgabenbereich des Bevölkerungsschutzes. Die Partnerorganisationen haben auch im Falle eines bewaffneten Konflikts ihre herkömmlichen Aufgaben zu erfüllen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Personalbestand des Zivilschutzes aufzustocken.

Die Werterhaltung der Schutzbauten (Schutzanlagen und Schutzräume für die Bevölkerung) soll auch längerfristig sichergestellt werden.

2.2.2

Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung

Der Bevölkerungsschutz bleibt in der grundsätzlichen Verantwortung der Kantone, wobei innerhalb der Kantone auch den Gemeinden eine wesentliche Rolle zukommt.

Dem Bund wird im Alltag weiterhin vor allem eine koordinierende und unterstützende Funktion zukommen. Um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen den Partnerorganisationen aber noch effizienter und wirksamer zu gestalten, soll das BABS seine Koordinationsfunktion für den Bevölkerungsschutz als Gesamtsystem noch stärker wahrnehmen als bisher. Zudem soll auf Stufe Bund und Kantone jeweils eine zentrale Ansprechstelle für alle Belange des Bevölkerungsschutzes im Alltag bezeichnet werden. Auf Stufe Bund ist dafür das BABS zuständig, auf Stufe Kantone die für den Bevölkerungsschutz zuständigen Ämter.

Bei der verstärkten Koordinationsfunktion des BABS sollen, bei Respektierung kantonaler und kommunaler Hoheitsrechte, vermehrt auch die grossen Städte miteinbezogen werden. Ausserdem soll der Bund bei der Rekrutierung für den Zivilschutz bei Bedarf künftig auch gewisse Leistungen für andere Partnerorganisationen übernehmen beziehungsweise anbieten können (z.B. Abklärungen zur Erfüllung medizinischer Anforderungen für die Dienstleistung in anderen Partnerorganisationen). Das BABS soll teilweise neue Aufgaben übernehmen, und teilweise solche, die es schon bisher hatte, noch stärker ausüben als bisher.

Neue Aufgaben des BABS: ­

Analyse, Aufarbeitung und Weiterverbreitung von sachdienlichen Informationen aus Grossereignissen, Katastrophen, Notlagen, bevölkerungsschutzrelevanten Krisen und internationalen Kontakten.

Aufgaben, die das BABS bereits hatte, künftig aber verstärkt werden sollen: ­

Lösungsvorschläge für Fragen der Interoperabilität erarbeiten und den zuständigen Regierungskonferenzen (RK MZF, KKJPD) vorlegen;

­

Grundlagen für die Kantone erarbeiten in den Bereichen Risikoanalyse (Programm Kataplan), Planungsgrundlagen (z.B. grossräumige Evakuierungen), Terminologie (z.B. Führungsprozesse), Information (z.B. Verhaltensempfehlungen für die Bevölkerung bei Ereignissen), Planung, Durchführung und Auswertung von grossen Übungen;

5544

­

Interoperabilität im Bevölkerungsschutz sicherstellen durch die Finanzierung von Alarmierungs- und Informationssystemen, Ausrüstung und Material der Schutzanlagen und des standardisierten Materials, die Mitfinanzierung von ausfallsicheren Kommunikationsinfrastrukturen (z.B. Polydata, Polyconnect)52 sowie den Betrieb eines Lageverbundsystems;

­

Kader, Spezialistinnen und Spezialisten der Kantonalen Führungsorgane ausbilden und Übungen durchführen, darunter insbesondere auch Kurse im Bereich Polycom oder ABC-Schutz für Kader der Partnerorganisationen, die in den Kantonen und Gemeinden als Multiplikatoren wirken. Dabei sollen auch Synergien mit der simulationsgestützten Ausbildung der Armee angestrebt werden;

­

Zusammenarbeit zwischen Fach- und Führungsorganen auf allen Ebenen der Gemeinwesen fördern.

Den Kantonen kommt die Aufgabe zu, die Einsatzbereitschaft der Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes in Bezug auf ihren Ausbildungsstand sowie hinsichtlich der Alarmierung (Aufgebot für den Einsatz) und Ausrüstung sicherzustellen. Sie tragen die Verantwortung für die Gefährdungsanalyse und die Risikobewertung auf kantonaler Ebene sowie die Interoperabilität, das heisst die Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Katastrophen und Notlagen zwischen den eigenen Partnerorganisationen und denjenigen der Nachbarkantone. Dazu überprüfen sie regelmässig die Einsatzbereitschaft und setzen, wo nötig, Verbesserungen durch.

Die Aufteilung der Finanzierung zwischen Bund und Kantonen ist unbestritten und soll weitgehend gleich bleiben. Einzig beim Zivilschutz ist die Frage zu prüfen, inwiefern sich der Bund ­ zusätzlich zur Finanzierung von Schutzanlagen, Kommunikationssystemen, Alarmierung und standardisiertem Material ­ auch an den Kosten für weiteres Einsatzmaterial und persönliche Ausrüstung beteiligen soll. Je nach Ausgestaltung des Dienstpflichtmodells könnten in Zukunft ausserdem nicht nur Schutzdienstpflichtige, sondern auch Angehörige anderer Partnerorganisationen (z.B. Feuerwehr, Samariter) Anrecht auf eine Reduktion des Wehrpflichtersatzes oder Leistungen der Erwerbsersatzordnung haben, wobei dies nur für Dienstleistungen im Rahmen des Bevölkerungsschutzes (z.B. Übungen, längere Kurse) gelten würde. Dies hätte beim Wehrpflichtersatz Einnahmeeinbussen und bei der Erwerbsersatzordnung Mehrausgaben zur Folge.

2.2.3

Führung und Lageverbund

Führung Bund Die Führung von Einsätzen auf Stufe Bund liegt beim Bundesrat. Der BST ABCN berät und unterstützt den Bundesrat bei ABCN-Ereignissen im In- und Ausland, wo der Bund eine Koordinations- oder Führungsrolle hat, und er stellt im Ereignisfall auch die Koordination mit den Kantonen sicher. Mit dem BST ABCN wurden die Zuständigkeiten auf Stufe Bund bei ABCN-Ereignissen ­ in Analogie zu den KFO auf Ebene der Kantone ­ geregelt; die permanente Stabsstelle ist beim BABS. Es 52

Der Kostenschlüssel zwischen Bund und Kantonen (Benutzer der Systeme) ist noch zu definieren.

5545

müssen nun in den nächsten Jahren Erfahrungen gesammelt werden, um zu sehen, ob sich diese Lösung in der Praxis bewährt oder ob Anpassungen nötig sein werden.

Eine weitere Frage ist, wie das Verhältnis zwischen BST ABCN und dem KKM SVS künftig aussehen soll. Letzterer ist noch im Aufbau begriffen und soll nach derzeitigem Stand primär in der normalen Lage als Plattform von Bund und Kantonen zur Diskussion strategischer und operativer Fragen dienen, und zwar im gesamten Sicherheitsbereich, inklusive der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen.

Der BST ABCN hingegen ist ein Instrument, das in einem ABCN-Ereignisfall ­ also einem Teilbereich der vom KKM SVS abgedeckten Themenpalette ­ zum Einsatz gelangt. Der KKM SVS ist damit als übergeordnete sicherheitspolitische Koordinations- und Dialogplattform zu sehen, der BST ABCN hingegen als spezialisiertes Krisenorgan des Bundes für die Bewältigung von ABCN-Ereignissen. Sollte der KKM SVS dereinst ­ nach Beendigung der Aufbauphase und aufgrund erster Erfahrungen ­ auch eine aktive Rolle im Krisenmanagement von Bund und Kantonen übernehmen, ergäben sich im Verhältnis zum BST ABCN neue Abgrenzungsfragen, die bereinigt werden müssten.

Führung Kantone Die Führung auf Stufe Kantone hat sich bewährt und soll beibehalten werden. Die politische Verantwortung beziehungsweise Führung liegt bei den Kantonsregierungen, die operative Verantwortung bei den KFO. Für die innerkantonale Führung (Kanton­Gemeinde bzw. Region) sind die Kantone zuständig. Bei kantonsübergreifenden Katastrophen und Notlagen hat sich die Nachbarschaftshilfe, zum Teil gestützt auf interkantonale Vereinbarungen, etabliert. Die interkantonale Zusammenarbeit findet seit Herbst 2009 zudem im Rahmen der Konferenz der kantonalen Stabschefinnen und -chefs, in der alle Stabschefinnen und -chefs der KFO zusammengeschlossen sind, statt.

In einigen Kantonen sind aber Lücken vorhanden und Verbesserungen nötig: Die Doppelbelastung von Führungspersonen der kantonalen Verwaltung durch die Mitarbeit im KFO und die Tagesgeschäfte im Amt kann sich gerade bei längeren Krisenlagen als Nachteil der Milizlösung erweisen. Die Führungsfähigkeit der KFO muss aber auch bei länger andauernden Katastrophen oder Notlagen sichergestellt sein. Die KFO sollen deshalb durch spezifische Sonderstäbe (z.B. Epidemie), durch Stabsgruppen (Erweiterung des KFO je nach Ereignis durch entsprechendes Fachpersonal aus der kantonalen Verwaltung und/oder aus der Privatwirtschaft) oder durch professionelle Strukturen (z.B. Geschäftsstellen KFO) entlastet werden.

Klar definierte Prozesse für die interkantonale Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz existieren nicht. Zudem sind die Führungsprozesse und Abläufe von Kanton zu Kanton verschieden. Bei der Stabsarbeit sollen künftig gemeinsam erarbeitete Standards angewendet werden, die sich zum Beispiel an jene der Armee und Polizei anlehnen. Die Voraussetzungen für die interkantonale Zusammenarbeit sollen aber auch durch eine verstärkte Koordination auf Bundesebene und durch entsprechende Dienstleistungen des Bundes (z.B. nationaler Lageverbund, weitergehende Ausbildungsangebote für Führungsorgane, frei verfügbares Angebot von Übungen und Übungsmaterial) optimiert werden, was eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes voraussetzen würde.

5546

Gemeinsame Führung und Lageverbund Bund­Kantone Auf Stufe Bund und Kantone sind die Zuständigkeiten und die Führung bei ABCNEreignissen jeweils klar geregelt. In Fällen, wo Bund und Kantone bei der Ereignisbewältigung zusammenarbeiten, kommt dem Lageverbund und der Festlegung einer zentralen Ansprechstelle besondere Bedeutung zu: Der Lageverbund, das heisst die Zusammenarbeit aller Beteiligten und das Zusammenführen ihrer relevanten Informationen zum entsprechenden Ereignis, ist wichtig für die gemeinsame Führung von Bund und Kantonen im Ereignisfall. Für die zeitund lagegerechte Führung im Bevölkerungsschutz sind die Kantone verantwortlich.

Dies kann nur dann effizient und wirksam erfolgen, wenn in einem Einsatz auch die überregionale Dimension beachtet wird. Eine enge Zusammenarbeit im bevölkerungsschutzrelevanten Lageverbund zwischen Bund und Kantonen ist deshalb essenziell. Bei der Führungskommunikation und der Darstellung der Lage muss der Informationsfluss und -gleichstand weiter verbessert werden. Dazu soll künftig der Bund mit den Kantonen, deren Einsatzleitzentralen und den Partnerorganisationen ein ausfallsicheres Führungskommunikationssystem (Polyconnect, Polydata) aufbauen und eine einzige integrierte Lagedarstellung zur Verfügung stellen. Dabei soll auch die Zusammenarbeit mit den Betreibern kritischer Infrastrukturen (z.B.

Swissgrid, Swisscom, SBB) ausgebaut werden, weil hier eine zunehmend starke Vernetzung und Abhängigkeit besteht.53 Diese Infrastrukturbetreiber können wichtige Beiträge in den Lageverbund einbringen, sind aber ihrerseits auch auf einen sicheren Zugang zur bevölkerungsschutzrelevanten Lagedarstellung angewiesen; nur so können sie ihren Beitrag zur Ereignisbewältigung leisten.

Ein zweites wesentliches Element bei der Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Ereignisfall ist das Bezeichnen von klaren Ansprechstellen ­ im Sinne von «Eingangstoren» ­ auf beiden Seiten. Sowohl Bund wie auch Kantone müssen im Ereignisfall Gewissheit haben, dass sie sich bei der anderen Seite an eine zentrale zuständige Stelle wenden können. Auf Seiten des Bundes wird diese Funktion für den Bevölkerungsschutz von der NAZ wahrgenommen, bei den Kantonen sind es die Kantonalen Führungsorgane. Im Fall der Armee sind für die Kantone die Territorialregionen die Ansprechstellen auf Stufe Bund.

2.2.4

Zusammenarbeit mit weiteren Partnern

Armee Die Armee ist ein zentraler Partner für das Verbundsystem Bevölkerungsschutz. Sie hat Mittel und Fähigkeiten, die bei den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes knapp sind oder ganz fehlen. Es wäre aufwändig und sinnlos, diese Mittel in einer anderen Organisation aufzubauen und damit Doppelspurigkeiten zu schaffen. Die Armee ist de facto ein nationaler Stützpunkt, nicht nur für den Zivilschutz, sondern auch für andere Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes.

Die Armee hat weitere Stärken. Sie kann auch dann eingesetzt werden, wenn eine starke Schutzkomponente ­ für die Bevölkerung, für Infrastrukturen, aber auch für 53

Dabei müssen die neuen rechtlichen Bedingungen berücksichtigen werden, weil viele dieser Betriebe in den vergangenen Jahren privatisiert wurden.

5547

die eingesetzten Mittel selber ­ nötig ist, z.B. bei einer akuten Terrordrohung oder zur Bewältigung der Folgen eines Anschlages. Diese Robustheit erweitert die Handlungsfreiheit der politischen Behörden, und die relativ grossen Bestände erlauben auch eine substanzielle Durchhaltefähigkeit.

In Anbetracht dieser Fähigkeiten drängt es sich auf, die bisherigen Beiträge der Armee zum Bevölkerungsschutz weiterzuführen; ihre Bedeutung nimmt eher zu als ab. Die Grundsätze (vor allem die Subsidiarität) und die Mechanik der Zusammenarbeit sind eingespielt. Der Sicherheitsverbund Schweiz bietet die Möglichkeit, die Abstimmung mit den Mitteln des Bevölkerungsschutzes noch zu verfeinern ­ massive Veränderungen sind aber weder nötig noch erwünscht. Eine Umgruppierung von Kräften von der Armee zum Zivilschutz oder umgekehrt würde mehr Nachteile als Vorteile bringen; sie steht nicht zur Debatte.

Aus Sicht des Bevölkerungsschutzes ist es wesentlich, dass die Armee eine solide Mannschaftsstärke behält, damit sie im Einsatz (auch im Assistenzdienst) lange durchhalten kann. Das Milizsystem ist wichtig, weil es möglich macht, auch die zivil erworbenen Fähigkeiten der Angehörigen der Armee zu nutzen, was bei Einsätzen im Bevölkerungsschutz besonders wichtig ist. Schliesslich liegt es auch im Interesse eines wirksamen Bevölkerungsschutzes, dass die Armee für diese Aufgabe gut und modern ausgerüstet ist.

Zivildienst Der Zivildienst kann gemäss Zivildienstgesetz für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen eingesetzt werden. Er verfügt aber heute weder über Führungsstrukturen, noch über ausgebildetes Personal oder geeignetes Material. Wenn ein entsprechender Bedarf nachgewiesen würde, müsste der Bund die Führung und Ausbildung der Zivildienstleistenden sicherstellen. Ein stärkerer Einbezug des Zivildienstes in die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen ist deshalb zurzeit weder realistisch noch sinnvoll.54 Die Studiengruppe, die eingesetzt werden soll, um das heutige Dienstpflichtsystem zu überprüfen, soll unter anderem auch die Frage klären, ob und in welcher Form der Zivildienst (als Organisation oder durch Zusammenarbeit) nicht in eine gegenüber dem heutigen Zivilschutz erweiterte Palette von Möglichkeiten zur Ableistung der Schutzdienstpflicht integriert werden könnte.

Koordinierte Bereiche Für die
Koordinierten Bereiche soll eine flexible Struktur gefunden werden, in der je nach Bedarf neue Koordinierte Bereiche geschaffen beziehungsweise nicht mehr notwendige aufgelöst werden können. Weiterhin sollen die Geschäftsstellen der Koordinierten Bereiche bei den durch die jeweiligen Aufgaben am meisten tangierten Verwaltungseinheiten angesiedelt sein. Gemäss diesem Grundsatz sollte die Geschäftsstelle des Koordinierten Sanitätsdienstes, die heute bei der Armee angesiedelt ist, beim BABS integriert werden.

54

In der Vernehmlassung hat eine Mehrheit der Kantone gefordert, dass der Zivildienst nicht länger als sicherheitspolitisches Instrument gelten und eine entsprechende Gesetzesrevision geprüft werden soll.

5548

2.2.5

Dienstpflichtsystem

Um Bestandesproblemen sowie den fehlenden oder ungleichen Anreizen­ insbesondere auch finanzieller Art ­ zwischen den verschiedenen milizbasierten Organisationen zu begegnen, soll eine Anpassung des nationalen Dienstpflichtsystems geprüft werden. Eine solche Prüfung muss sorgfältig angegangen werden, weil es sich um eine komplexe Materie handelt, bei der viele, ganz unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen sind, nicht nur rechtlicher und finanzieller, sondern auch gesellschafts- und staatspolitischer Art. Um diese Fragen mit der gebotenen Umsicht abzuklären, soll eine Studiengruppe eingesetzt werden, die ihre Untersuchungen für eine allfällige Anpassung der nationalen Dienstpflicht für die Zeit nach 2015 ausrichten soll. Als Rahmenbedingung für diese Überprüfung gilt, dass die Militärdienstpflicht weiterhin Priorität hat und das Milizprinzip beibehalten wird. Die Studiengruppe soll aber prüfen, ob und wie die folgenden Anliegen befriedigt werden können: a.

Die bisher allein im Zivilschutz geleistete Schutzdienstpflicht sollte auch in einer anderen Partnerorganisation des Bevölkerungsschutzes (z.B. Feuerwehr, Sanität) oder in Nichtregierungsorganisationen, die in den Kantonen anerkannte Partner des Bevölkerungsschutzes sind (z.B. Rotes Kreuz, Samariter, Redog), oder in einer sozialen Institution geleistet werden können.

b.

Der Zivilschutz (und die gemäss vorstehendem Absatz zusätzlichen Organisationen, die neu von der Schutzdienstpflicht profitieren könnten) sollte nicht allein aus militärdienstuntauglichen Stellungspflichtigen rekrutiert werden können, sondern auch (in beschränkter Zahl) aus militärdiensttauglichen. Die Armee muss aber bei der Rekrutierung weiterhin Priorität haben, und es soll keine Wahlfreiheit bestehen. Hingegen soll geprüft werden, ob und wie das Dienstpflichtsystem durchlässiger und flexibler gemacht werden könnte (z.B. mittels differenzierter Tauglichkeit). Die Studiengruppe soll dazu verschiedene Varianten ausarbeiten.

c.

Dabei soll auch die Möglichkeit geprüft werden, ob und in welcher Form der Zivildienst (als Organisation oder durch Zusammenarbeit) in eine gegenüber dem heutigen Zivilschutz zu erweiternde Palette von Möglichkeiten zur Ableistung der Schutzdienstpflicht innerhalb des Bevölkerungsschutzes integriert werden könnte. Dabei wäre darauf zu achten, dass die Belastung mindestens jener des Militärdienstes entspricht. Eine ungleiche Belastung innerhalb der Schutzdienstpflicht ­ je nachdem, ob diese infolge einer Zuteilung oder des Vorbringen von Gewissensgründen gegen den Militärdienst erfolgt ist ­ wäre dabei nicht a priori auszuschliessen.

d.

Milizangehörige und Freiwillige des Verbundsystems Bevölkerungsschutz sollen für ihren Einsatz angemessen entschädigt werden. In diesem Zusammenhang wäre zu klären, ob ein Anspruch nach dem Erwerbsersatzgesetz auch auf Milizangehörige und Freiwillige des Verbundsystems Bevölkerungsschutz ausgedehnt werden könnte, ob hierfür von der föderalistischen Organisation abgerückt werden müsste und welche finanziellen Auswirkungen dies für die Erwerbsersatzordnung und die Wehrpflichtersatzabgabe zur Folge hätte, respektive in welchem Mass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge deswegen erhöht werden müssten. Es sollen ausserdem Möglichkeiten erarbeitet werden, die den zivilen Dienst dem Militärdienst möglichst gleichwertig machen (z.B. Diensttage, Entschädigung, Anreizsystem).

5549

2.2.6

Ausbildung

In den vergangenen Jahren wurden nur noch wenige grosse, komplexe Übungen mit Beteiligung des Bundes und der Kantone durchgeführt (Mikado Due 2005, Mikado Quatro 2006, Rheintal 2006, Regiocat 2006). Als Folge davon gingen auf allen Stufen Wissen und Verständnis für bereichs- und regionenübergreifendes ziviles Krisen- und Notfallmanagement verloren. Bei den durchgeführten Übungen wurden in erster Linie Themen und Szenarien geübt, die militärischen Ausbildungsbedürfnissen entsprachen. Künftig soll in Übungen wie Seismo 12 (Erdbeben in der Nordwestschweiz, 2012), Pandemie 2013 und der Sicherheitsverbundsübung SVU 2014 das Zusammenwirken der politischen und operativen Führungsorgane des Bundes und der Kantone geschult und überprüft werden.

Damit das Zusammenwirken der nationalen und kantonalen Führungsstrukturen wirksam trainiert werden kann, bedarf es einer verbesserten Koordination und Zusammenarbeit der damit betrauten Stellen bei Bund und Kantonen. So ist vorgesehen, dass für grosse und komplexe Übungen im SVS gemeinsame Projekt- und Übungsleitungen eingesetzt werden.

Folgende Massnahmen sind deshalb erforderlich: ­

Der Bund ist zuständig für Konzeption und Durchführung von grossen Übungen im Rahmen des Sicherheitsverbunds Schweiz und koordiniert die Zusammenarbeit der mit dieser Aufgabe beauftragten Stellen bei Bund und Kantonen.

­

Der KKM SVS koordiniert das Übungsregime und führt eine mehrjährige Planungsübersicht über alle Ausbildungsmassnahmen und Übungen der sicherheits-politischen Partner.

­

Der Bund bietet Module für die Aus- und Weiterbildung der kantonalen Führungsorgane an und unterstützt beim Erstellen und Durchführen von Übungen für die unteren Stufen der Führungsorgane (Regionen, Gemeinden).

­

Das BABS stellt im Hinblick auf die Interoperabilität in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Partnerorganisationen Grundsätze zur Führungsdoktrin, -terminologie und -ausbildung bereit.

­

Das BABS unterstützt die Kantone durch elektronisch verfügbare Übungsunterlagen zum Anlegen und Durchführen von Übungen mit Führungsorganen der Gemeinden und Regionen sowie mit Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes.

­

Das BABS stellt in Zusammenarbeit mit der Höheren Kaderausbildung der Armee sicher, dass kantonale Führungsstäbe auf dem Führungssimulator bevölkerungsschutzrelevante Szenarien trainieren können.

2.2.7

Infrastruktur

Zur Erneuerung der Infrastruktur sind verschiedene Massnahmen bereits in der Phase der Realisierung (Polyalert, Polycom), andere sind für die nächsten Jahre geplant. Bereits im Gang ist die Nachrüstung der aktiven ortsgebundenen Führungs5550

standorte (Kommandoposten) mit moderner Kommunikationstechnologie. In Anbetracht der realen Erfordernisse in heutigen und für die Zukunft absehbaren Einsätzen soll künftig auch die Schaffung von mobilen Einsatzführungsstrukturen möglich sein. Zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit im gesamten Sicherheitsverbund Schweiz werden die veralteten Systeme (R-Netz und Vulpus-Telematik) durch die Informatiksysteme Polyconnect und Polydata ersetzt.55 Als wesentliches Element der gemeinsamen Führung von Bund und Kantonen soll der Bund ein einziges System zur Darstellung der bevölkerungsschutzrelevanten Lage zur Verfügung stellen, das auf der elektronischen Lagedarstellung der NAZ basiert und sämtliche Funktionen der bisher angebotenen Lösungen wie IES des KSD und GIN vereint. In diesem Zusammenhang ist zudem die Frage zu klären, inwieweit das Führungs- und Informationssystem des Heeres (FIS Heer) auch zu einer besseren kommunikativen Vernetzung mit dem Bevölkerungsschutz beitragen kann.

3

Zivilschutz

3.1

Standbericht

3.1.1

Aufgaben

Ursprünglich auf den bewaffneten Konflikt ausgerichtet, ist der Zivilschutz seit der letzten Reform (2001) auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen fokussiert. Er ist im Unterschied zu den anderen Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes grundsätzlich als Einsatz- und Schwergewichtsmittel der zweiten Staffel positioniert und soll insbesondere die Durchhaltefähigkeit der anderen Partnerorganisationen erhöhen. Der Zivilschutz hat folgende Aufgaben:

55

­

Bereitstellung von Schutzinfrastruktur und von Mitteln zur Alarmierung der Bevölkerung;

­

Betreuung von schutzsuchenden und obdachlosen Personen;

­

Schutz von Kulturgütern (in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr);

­

Unterstützung der anderen Partnerorganisationen, insbesondere für Langzeiteinsätze (selbständig oder im Verbund);

­

Unterstützung der Führungsorgane in den Bereichen Lage, Kommunikationsinfrastruktur, ABC-Schutz und Logistik;

­

Instandstellungsarbeiten nach natur- und zivilisationsbedingten Ereignissen;

­

Einsätze zugunsten der Gemeinschaft.

Zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit im SVS ist kein flächendeckendes Kommunikationsnetz notwendig. Es geht hier lediglich um die Vernetzung der Führungsorgane von Bund und Kantonen sowie von wenigen Dritten (z.B. Betreiber von kritischen Infrastrukturen). Öffentliche Netze wie z.B. jenes der Swisscom sind nicht ausfallsicher, deren autarke Stromversorgung beträgt je nach Betreiber, Anlageart und -standort in der Regel nur wenige Minuten bis Stunden. Anzumerken bleibt, dass für die flächendeckende Führungskommunikation innerhalb aller Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit das Sicherheitsfunknetz Schweiz (POLYCOM) eingesetzt wird.

5551

Die gegenwärtigen Bedrohungen und Gefahren verlangen eine hohe Bereitschaft und Flexibilität des Zivilschutzes. Schon heute bestehen Ansätze, um mit kantonalen, teils spezialisierten Mitteln zur Schwergewichtsbildung oder mit erhöhten Bereitschaftsgraden ausgewählter Zivilschutzformationen schneller und wirksamer Hilfe zu leisten. In einigen Kantonen und Regionen werden Teile des Zivilschutzes zudem nicht mehr als Mittel der zweiten, sondern bereits der ersten Staffel eingesetzt.

3.1.2

Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung

Der Zivilschutz wurde mit der Einführung des Verbundsystems Bevölkerungsschutz und dessen Ausrichtung auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen primär ein Instrument der Kantone und Gemeinden. Für die Organisation, Ausbildung, Bereitschaft und den Einsatz des Zivilschutzes sind die Kantone verantwortlich.

Der Bund ist zuständig für Konzeption und Koordination in strategischen Belangen, Information der Bevölkerung im Ereignisfall, Forschung und Entwicklung im Bereich des Zivilschutzes. Er rekrutiert (gemeinsam mit der Armee) die Schutzdienstpflichtigen, bildet die Zivilschutzkommandantinnen und -kommandanten, deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter, das Kader und die Spezialistinnen und Spezialisten der Führungsunterstützung und des Kulturgüterschutzes sowie das Lehrpersonal aus, betreibt dazu eine Ausbildungsinfrastruktur und erstellt in Zusammenarbeit mit den Kantonen Grundlagen für eine einheitliche Ausbildung (Grund- und Fachausbildung). Der Bund erlässt weiter Vorgaben für den Bau, den Unterhalt sowie die Erneuerung von Schutzräumen und Schutzanlagen.56 Ebenfalls Bundessache sind die Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung und die Kommunikationsinfrastruktur des Zivilschutzes, die Schutzanlagen sowie standardisiertes Material.57 Die Kantone tragen seit 2004 die Kosten für die von ihnen betriebene Ausbildung sowie das Einsatzmaterial und die Ausrüstung der Formationen zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen, der Bund die Kosten für die Rekrutierung, die Kommunikationsinfrastruktur, die Alarmierung und Information der Bevölkerung (Sirenen, geschützte Sendeanlagen), Schutzanlagen und standardisiertes Material.

Diese föderalistische Organisation des Zivilschutzes hat sich grundsätzlich bewährt: Es ist sinnvoll, den Zivilschutz auf regionale und lokale Gegebenheiten und Gefährdungen auszurichten.

Allerdings wird die Aufteilung der Kompetenzen, Aufgaben und Kosten zwischen Bund und Kantonen unterschiedlich interpretiert, insbesondere im Materialbereich.

Bund und Kantone einigten sich 2001 grundsätzlich darauf, dass der Bund für das Material, das für besondere Katastrophen und Notlagen und für den Fall eines bewaffneten Konfliktes benötigt wird, zuständig ist und es auch finanziert. Dieses vom Bund finanzierte standardisierte Material blieb bisher auf den ABC-Bereich beschränkt und deckt nicht andere Ereignisse ab, die mehrere Kantone oder die ganze Schweiz betreffen und damit auch ein Aufgebot des Zivilschutzes durch den 56 57

Schutzanlagen sind Kommandoposten, Bereitstellungsanlagen und geschützte sanitätsdienstliche Anlagen.

Standardisiert ist heute jenes Material, dass bei nuklearen, biologischen oder chemischen Ereignissen zum Einsatz käme.

5552

Bund auslösen könnten. Die gemeinsame Materialplattform des Bundes und der Kantone aus dem Jahr 2006 war nicht erfolgreich. Deshalb begannen die Kantone und Gemeinden 2011 mit einem eigenen Materialforum damit, aus der Überalterung des Materials entstehende Lücken auf eigene Kosten zu schliessen. Meinungsunterschiede bestehen darüber, inwieweit der Bund auch Material über den ABC-Bereich hinaus finanzieren und inwieweit das von den Kantonen neu beschaffte Material standardisiert sein sollte. Aus Sicht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz läuft die dezentrale Erneuerung von Material in den letzten Jahren dem Bemühen um Einheitlichkeit und Zusammenarbeitsfähigkeit zwischen den Kantonen sowie einer einheitlichen, effizienten Ausbildung zuwider. Die Kantone ihrerseits argumentieren, dass der Bund nur dann Vorgaben machen sollte, wenn er sich auch finanziell engagiere, also auch Material jenseits des ABC-Bereichs finanziere.

3.1.3

Organisation und Strukturen

Die Kantone und Gemeinden legen nach einem Modell des Bundes Organisationsform und Struktur des Zivilschutzes selber fest, entsprechend ihren politischen und topografischen Gegebenheiten und ihren spezifischen Gefährdungen.

Bei den Zivilschutzorganisationen ist eine Zentralisierung im Gang. Immer mehr Zivilschutzorganisationen sind auf regionaler Ebene organisiert, das heisst sie umfassen mehrere Gemeinden, die zum Beispiel in Form eines Gemeindeverbunds Träger der regionalen Zivilschutzorganisation sind. In kleineren Kantonen ist der Zivilschutz häufig kantonalisiert, sodass es für den ganzen Kanton nur noch eine einzige Zivilschutzorganisation gibt. Mittlerweile sind rund 10 % der Zivilschutzorganisationen auf Kantonsebene, rund 75 % auf Regionsebene und nur mehr etwa 15 % auf Gemeindeebene organisiert (vor allem grössere Gemeinden und Städte).

Die gleiche Entwicklung drückt sich auch in der Anzahl Zivilschutzorganisationen aus und in der Anzahl Einwohner, für die sie jeweils zuständig sind. Die Gesamtzahl der Zivilschutzorganisationen ­ konkret: der kleineren davon ­ ist im Abnehmen begriffen:

Anzahl der Zivilschutzorganisationen <10 000 Einwohner >10 000 Einwohner

2005

2006

2007

2008

2009

2010

425 42 % 58 %

388 38 % 62 %

386 36 % 64 %

385 32 % 68 %

373 31 % 69 %

371 30 % 70 %

Die häufigste Formation des Zivilschutzes ist die Kompanie. Aufgrund der verstärkten Regionalisierung nehmen aber Zivilschutzorganisationen mit Bataillonsstrukturen zu.

5553

3.1.4

Dienstpflicht, Bestände und Rekrutierung

Dienstpflicht und Rekrutierung Die Rekrutierung der Militär- und Schutzdienstpflichtigen erfolgt gemeinsam. Das Verfahren umfasst die Information der Stellungspflichtigen, den Orientierungstag und die eigentliche Rekrutierung. Bei der Zuteilung hat die Armee Vorrang, sodass für den Zivilschutz nur militärdienstuntaugliche Personen rekrutiert werden können.

militärdiensttauglich

schutzdiensttauglich

NEIN

?

?

JA mit Gewissen vereinbar

?

NEIN

Ersatzabgabe

JA

NEIN

Zivildienst

Zivilschutz*

JA

Armee

* Zivilschutzleistende müssen auch eine Ersatzabgabe leisten, können diese aber durch das Leisten von Dienstagen reduzieren.

Zwischen 2005 und 2010 wurden jährlich durchschnittlich 6000 Schutzdienstpflichtige rekrutiert. Dies entspricht zwar den im Leitbild vorgesehenen Rekrutierungszahlen, die Fähigkeiten der Rekrutierten entsprechen den Anforderungen in den einzelnen Fachbereichen aber noch zu wenig. Insgesamt hat aber die gemeinsame Rekrutierung mit der Armee dank der Zentralisierung und Professionalisierung des Verfahrens dennoch zu einer Qualitätssteigerung geführt.

Die für den Schutzdienst Rekrutierten werden den drei Grundfunktionen Stabsassistentin oder Stabsassistent, Betreuerin oder Betreuer sowie Pionierin oder Pionier zugeteilt. Als Ergänzung zu den Grundfunktionen gibt es Spezialfunktionen wie z.B.

Sanitäterin oder Sanitäter, Kulturspezialistin oder Kulturspezialist sowie Anlagewartin oder Anlagewart. Diese Spezialfunktionen können durch eine Zusatzausbildung erworben werden. Die Kantone haben für ihre kantonsspezifischen Bedürfnisse neben den offiziellen Spezialfunktionen eine Anzahl weiterer Funktionen geschaffen (z.B. Seuchenwehr-Pionier/in, Verkehrshelfer/in, Fahrer/in, Kochgehilfe/in, Gerätewart/in).

5554

Bestände Das Leitbild Bevölkerungsschutz 2001 sah für den Zivilschutz einen Bestand von 120 000 Personen vor.58 Pro Jahr sollten 6000 Personen rekrutiert werden, die vom 20. bis zum 40. Altersjahr im Zivilschutz eingeteilt blieben. Es wurde angenommen, dass 15 000 Personen zugunsten anderer Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes vorzeitig aus der Schutzdienstpflicht entlassen würden, woraus ein Sollbestand von 105 000 resultierte. Für den Fall, dass die Kantone mehr Schutzdienstpflichtige als benötigt haben sollten, wurde ihnen eingeräumt, nicht benötigte Schutzdienstpflichtige einer Personalreserve zuzuweisen.

In der Praxis weicht der Bestand von den Vorgaben des Leitbildes ab: 2010 betrug der Bestand des Zivilschutzes rund 76 000. Gleichzeitig bestand eine Personalreserve von rund 67 000. Der Bestand einschliesslich Reserve lag damit 36 % über der Vorgabe des Leitbildes, jener ohne Reserve aber rund 27 % darunter. Der Grund für diese Abweichungen liegt darin, dass die Reorganisation und Zentralisierung im Zivilschutz, aber auch finanzielle Überlegungen dazu führten, dass weniger Schutzdienstpflichtige benötigt und die Überzähligen der Personalreserve zugewiesen werden. Ein kleinerer Teil der Schutzdienstpflichtigen wird bereits bei der Rekrutierung, ein weit grösserer Teil ab einem Alter von 30 Jahren der Reserve zugeteilt.

Dies hängt damit zusammen, dass die Wehrpflichtersatzabgabe und die entsprechende Reduktion mit Vollendung des 30. Altersjahrs wegfallen.59 Freiwillig leisten rund 3000 Personen Schutzdienst; davon rund 500 Frauen.

Die Aufgaben des Zivilschutzes bei Katastrophen und Notlagen können offenkundig mit diesem (gegenüber dem Leitbild rund 25 %) geringeren Bestand erfüllt werden, sonst würden die Kantone ihn zulasten der massiv alimentierten Personalreserve erhöhen. Abweichungen zu den im Leitbild 2001 vorgesehen Beständen gibt es auch bei den einzelnen Fachgebieten. Einzig in der Unterstützung und Logistik werden die vorgesehenen Bestände ausgeschöpft. Besonders in der Führung und Führungsunterstützung wird wegen den Regionalisierungen und Kantonalisierungen weniger Personal benötigt: Fachgebiet

Führung Führungsunterstützung Betreuung Kulturgüterschutz Unterstützung Logistik Weitere Dienste Total 58

59

Sollbestand Leitbild 2001

Effektivbestand 2010

Abweichung

6 000 20 000 35 000 5 000 29 000 10 000 0

2 242 10 598 20 628 2 022 28 570 10 945 1 439

­63 % ­47 % ­41 % ­59 % ­ 1% + 9%

105 000

76 444

­27 %

Dieser Bestand war auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen ausgerichtet.

Man war sich bewusst, dass im Fall eines bewaffneten Konflikts ein grösserer Bestand nötig wäre. Dazu wurde vorgesehen, dass der Bund das Dienstpflichtalter (bis maximal zum 50. Altersjahr) erhöhen und allenfalls auch Männer, die bereits aus der Wehr- oder Zivildienstpflicht entlassen wurden, aufbieten könnte. Das Leitbild ging davon aus, dass der Bestand des Zivilschutzes im Fall eines bewaffneten Konfliktes maximal 200 000 Personen betragen sollte.

Die Wehrpflichtersatzabgabe reduziert sich pro geleisteten Zivilschutz-Diensttag um 4 %.

5555

Zwischen den Kantonen bestehen grosse Unterschiede in der personellen Alimentierung des Zivilschutzes. Gebirgskantone haben teilweise Probleme, ihre Formationen zu füllen; andere Kantone haben beträchtliche Überbestände und weisen einen grossen Teil der Rekrutierten direkt der Personalreserve zu. Diese Unterschiede hängen einerseits damit zusammen, dass in den Gebirgskantonen prozentual mehr Militärdienstpflichtige ausgehoben werden, anderseits sind sie auch eine Folge der Mobilität junger Schutzdienstpflichtiger. Wenn diese nämlich ihren Herkunftskanton verlassen (z.B. für die berufliche Ausbildung), stehen sie ihm nicht mehr zur Verfügung: Der Schutzdienst wird grundsätzlich in dem Kanton geleistet, in welchem die Schutzdienstpflichtigen ihren Wohnsitz haben. Im Einvernehmen zwischen den betroffenen Kantonen können Schutzdienstpflichtige aber auch einem anderen als dem Wohnsitzkanton zugeteilt werden. Von dieser Möglichkeit wird bislang möglicherweise zu wenig Gebrauch gemacht.

Als problematisch erweist sich ausserdem, dass die Schutzdienstpflicht mit 40 Jahren, die Militärdienstpflicht ­ und damit die Pflicht zur Leistung der Wehrpflichtersatzabgabe für Militärdienstuntaugliche ­ bereits mit 30 Jahren endet. Für Schutzdienstpflichtige bedeutet dies, dass sie zusätzlich ab 30 Jahren geleistete Diensttage nicht mehr «kompensieren», das heisst an die Wehrpflichtersatzabgabe anrechnen lassen können.

3.1.5

Ausbildung

Die Zivilschutzausbildung (einschliesslich Wiederholungskurse) liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit der Kantone. Der Bund ist für die Aus- und Weiterbildung der Zivilschutzkommandanten, deren Stellvertreter, bestimmter Kader, Spezialisten sowie des Zivilschutzlehrpersonals zuständig. Einheitliche Ausbildungsgrundlagen werden gemeinsam erstellt.

Die Gesamtdauer der Aus- und Weiterbildung und der Einsätze zugunsten der Gemeinschaft darf für die einzelne dienstpflichtige Person nach der Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes pro Jahr vierzig Tage nicht überschreiten.60 Für die Kontrollführung der Ausbildungs- und Einsatzdienste der Zivilschutzangehörigen sind die Kantone verantwortlich. Um eine korrekte Abwicklung zu gewährleisten, insbesondere hinsichtlich der Auszahlung von Erwerbsersatz, baut das BABS in Zusammenarbeit mit den Kantonen ab 2012/2013 ein geeignetes Kontrollsystem auf.

Zur Ausbildung gehören Grund-, Zusatz- und Kaderausbildung, Weiterbildung und Wiederholungskurse.

Grundausbildung Die Schutzdienstpflichtigen absolvieren nach der Rekrutierung eine Grundausbildung von zwei bis drei Wochen, wobei die Kantone innerhalb dieser gesetzlich vorgeschriebenen Bandbreite die genaue Dauer festlegen (in der Regel zwei Wochen). Im allgemeinen Teil der Grundausbildung wird allen Schutzdienstpflichti60

Für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft gilt gemäss neuer Gesetzgebung ab 2012 eine Beschränkung auf maximal drei Wochen pro Jahr. Einsätze zur Katastrophen- und Nothilfe (inkl. Instandstellungsarbeiten) sowie im Fall eines bewaffneten Konflikts sind in ihrer Dauer nicht beschränkt.

5556

gen das für alle Grundfunktionen relevante Wissen vermittelt. Im funktionsbezogenen Teil der Grundausbildung steht die einsatzbezogene fachtechnische Ausbildung, getrennt nach drei Grundfunktionen, im Vordergrund (Stabsassistent/in, Betreuer/in, Pionier/in).

Die Grundausbildung ist aber nicht durchgehend einheitlich; es gibt zum Teil beträchtliche kantonale Unterschiede in Bezug auf die Inhalte und Organisation (Fächerkanon, Schwergewichte, Arbeitsprogramme). Einige Kantone möchten zudem weitere Grundfunktionen schaffen. Es ist im Interesse der Zusammenarbeitsfähigkeit und zur Vermeidung von Problemen beim Kantonswechsel von Angehörigen des Zivilschutzes darauf zu achten, dass die Grundausbildung in den verschiedenen Kantonen nicht zu stark divergiert.

Verglichen mit den Armeeangehörigen erhalten die Angehörigen des Zivilschutzes eine relativ bescheidene Grundausbildung, zumal diese praktisch überall auf die gesetzliche Minimaldauer von zwei Wochen beschränkt bleibt. Von 2005­2010 absolvierten pro Jahr rund 6500 Angehörige des Zivilschutzes ihre Grundausbildung. Das Total der Diensttage betrug dabei pro Jahr knapp 70 000 (detaillierte Angaben im Anhang 1).

Zusatzausbildung Gewisse Fachgebiete (z.B. Kulturgüterschutz) benötigen Spezialistinnen und Spezialisten (z.B. Anlage- oder Materialwart/in, Kulturgüterspezialist/in), die eine Zusatzausbildung von maximal einer Woche erhalten. Diese Zusatzausbildung kann im Anschluss an die Grundausbildung oder später erfolgen. Von 2005­2010 absolvierten pro Jahr rund 1100 Angehörige des Zivilschutzes eine Zusatzausbildung. Das Total der Diensttage betrug dabei pro Jahr rund 4100 (detaillierte Angaben im Anhang 1).

Kaderausbildung Für die Übernahme einer Kaderfunktion (Gruppen- oder Zugführer/in, Chef/in eines Fachbereichs, Zivilschutzkommandant/in) ist eine Ausbildung von ein bis zwei Wochen zu absolvieren. In Anbetracht der steigenden Anforderungen an Zivilschutzkommandantinnen und -kommandanten hat sich diese Ausbildungsdauer als zu kurz und zu wenig auf die Bedürfnisse der Kantone zugeschnitten erwiesen. Die Dauer der Grundausbildung wurde deshalb mit der Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes verlängert, wobei ein Teil der Ausbildung in den Kantonen durchgeführt werden soll. Von 2005­2010 absolvierten pro Jahr rund 2000 Angehörige des
Zivilschutzes eine Kaderausbildung. Das Total der Diensttage betrug dabei pro Jahr rund 9500. (Detaillierte Angaben im Anhang).

Die Zusammenschlüsse zu regionalen oder kantonalen Zivilschutzorganisationen führen vermehrt zu Formationen mit Bataillonsstruktur. Die bisherigen Ausbildungsunterlagen sowie Aus- und Weiterbildungsangebote sehen aber die Funktion der Bataillonskommandantin oder des Bataillonskommandanten beziehungsweise der Dienstchefin oder des Dienstchefs in einem Bataillonsstab nicht vor.

Die Tendenz zu Zusammenschlüssen hat auch eine vermehrte Professionalisierung der Führung und Verwaltung notwendig gemacht. Grössere Zivilschutzorganisationen werden heute nicht mehr ausschliesslich von nebenberuflichen Kommandantinnen und Kommandanten geführt. Oft verfügen diese auch über weiteres Berufspersonal. Dies hat im Allgemeinen positive Auswirkungen auf die Aus- und 5557

Weiterbildung der Kader und Mannschaft, eine spezifische Aus- und Weiterbildung für hauptberufliche Funktionsträger fehlt jedoch bisher.

Weiterbildung Kader und Spezialisten können innerhalb von vier Jahren zusätzlich zu Weiterbildungskursen von insgesamt höchstens zwei Wochen aufgeboten werden. Weiterbildungskurse haben zum Zweck, Neuerungen rasch umzusetzen sowie Planungen und Vorbereitungen für den Einsatz auf dem neuesten Stand zu halten. Die Weiterbildung der Mannschaft findet in den Wiederholungskursen statt. Von 2005­2010 absolvierten pro Jahr rund 3200 Angehörige des Zivilschutzes eine Weiterbildung.

Das Total der Diensttage betrug dabei pro Jahr rund 4800 (detaillierte Angaben im Anhang 1).

Wiederholungskurse Die Wiederholungskurse dienen der Überprüfung, Erhaltung und Verbesserung der Einsatzbereitschaft. Sie werden zudem verwendet, um Neuerungen einzuführen sowie Planungen und Vorbereitungen für den Einsatz auf dem neuesten Stand zu halten. Wiederholungskurse finden in den jeweiligen Zivilschutzorganisationen, unter Leitung von deren Kader, statt. Schutzdienstpflichtige absolvieren jährlich Wiederholungskurse von zwei Tagen bis maximal einer Woche. Kader, Spezialistinnen und Spezialisten können zu einer zusätzlichen Woche aufgeboten werden.

In den Jahren 2005­2010 sind im Durchschnitt rund 177 000 Diensttage in Wiederholungskursen geleistet worden. Dies ergibt ungefähr zwei Tage pro schutzdienstpflichtiger Person.61 Da Kader, Spezialistinnen und Spezialisten im Durchschnitt aber mehr Diensttage in Wiederholungskursen leisten, ist davon auszugehen, dass nur ein Teil der Mannschaftsstufe den gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Wiederholungskurs absolviert hat. Mit der vorgesehenen Einführung eines zentralen Systems zur Zivilschutzkontrollführung sollte künftig eine flächendeckende Kontrolle möglich sein.

Zuweilen werden im Rahmen von Wiederholungskursen Dienstleistungen erbracht, die Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft gleichkommen.

In vielen Kantonen wird die Dauer der Wiederholungskurse mit rund zwei Tagen auf das Minimum beschränkt, möglich wäre gemäss Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz bis zu einer Woche (7 Tage). Aus finanziellen Gründen und auf Druck der Wirtschaft hin haben aber viele Kantone in ihrer Gesetzgebung das bundesrechtliche Minimum an Diensttagen verankert. Umgekehrt
hat die Erfahrung gezeigt, dass die bisher zusätzlich mögliche Wiederholungskurs-Woche für das Kader nicht ausreicht.

Deshalb wurde mit der Teilrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes die Dauer der Wiederholungskurse für Kader, Spezialistinnen und Spezialisten erhöht.

Ausbildung des Lehrpersonals Der Bund führt seit 1995 Lehrgänge für das Lehrpersonal des Zivilschutzes durch, was zu einer steigenden Zahl diplomierter hauptberuflicher Instruktorinnen und Instruktoren geführt hat. Viele Kantone beziehungsweise Zivilschutzorganisationen

61

Berechnet auf Basis der durchschnittlichen Gesamtzahl Schutzdienstpflichtiger (Kader und Mannschaft, ohne Personalreserve) von 2005­2010.

5558

beschäftigen jedoch nach wie vor auch noch nebenberufliche Ausbildnerinnen und Ausbildner.

3.1.6

Einsätze

Die Schutzdienstpflichtigen können durch die Kantone oder den Bund zu Einsätzen aufgeboten werden. Die Kantone bieten sie für Katastrophen und Notlagen im betreffenden Kanton, für Instandstellungsarbeiten und für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft auf. Der Bund seinerseits kann Schutzdienstpflichtige bei Katastrophen und Notlagen aufbieten, die mehrere Kantone, das ganze Land oder das grenznahe Ausland betreffen, und im Fall bewaffneter Konflikte.

Die folgende Tabelle zeigt, für welche Art von Einsätzen von 2005­2010 wie viele Diensttage geleistet worden sind:

Katastrophen und Notlagen Instandstellungsarbeiten zugunsten Gemeinschaft zugunsten Gemeinschaft, national Diensttage total

2008

2009

2010



57 263 7192

8 269 4 824 60 473 11 728

8 031 2 280 8 016 4 066 66 231 105 584 13 322 27 894

8 587 9 791 78 343 11 757

2 969 9 968 68 133 20 831

12 400 7 300 72 700 15 400

108 522

85 294

95 600 139 824 108 478 101 901 107 800

2005

2006

44 067

2007

Die Diensttage für Einsätze bei Katastrophen und Notlagen schwanken deshalb stark, weil solche Ereignisse unregelmässig eintreffen. Die entsprechenden Einsätze erreichten im Unwetterjahr 2005 ein Hoch und fielen nachher auf rund einen Fünftel davon. Deutlich ist die Zunahme der Diensttage bei den Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft auf kantonaler, regionaler und kommunaler Ebene, wobei 2008 mit der Fussball-Europameisterschaft besonders hervorsticht. Der grösste Teil der Diensttage ­ im Durchschnitt 88 000 pro Jahr oder rund 80 % ­ wurde für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft beansprucht (z.B. internationale oder nationale Sportanlässe wie Skirennen, Radrennen, Eidgenössisches Schwing- und Älplerfest, Eidgenössisches Schützenfest, soziale Betreuungseinsätze und gemeinnützige Instandstellungsarbeiten). Dies sind nützliche Gelegenheiten, um Einsatz und Führung in der Praxis zu trainieren. Sie tragen auch zur Verankerung des Zivilschutzes in der Bevölkerung bei.

Insgesamt wurden für Einsätze pro schutzdienstpflichtige Person (ohne Angehörige der Reserve) durchschnittlich 1,4 Diensttage pro Jahr absolviert.

3.1.7

Material

Der Zivilschutz verfügt über umfangreiches Material, das zu einem guten Teil in den siebziger und achtziger Jahren beschafft wurde, als der Einsatz des Zivilschutzes im Fall eines bewaffneten Konflikts im Vordergrund stand. Dieses Material ist grösstenteils veraltet und sollte ersetzt werden.

5559

Als Folge der Zivilschutzreform 95, mit welcher der Zivilschutz stärker auf die Katastrophen- und Nothilfe ausgerichtet wurde, erhielten die Rettungszüge eine neue Einsatzausrüstung. Zudem wurden zuerst die Rettungszüge und anschliessend die übrigen Angehörigen des Zivilschutzes mit einer neuen Einsatzbekleidung ausgerüstet. Für das Rettungsmaterial gab der Bund insgesamt ca. 300 Millionen Franken, für die Bekleidung ca. 50 Millionen Franken aus. Dieses Material entspricht nur noch teilweise den Anforderungen an eine zeitgemässe Ausrüstung; es wird deshalb mit der Zeit zu ersetzen sein.

Die grösste derzeitige Divergenz zwischen Bund und Kantonen im Zivilschutz betrifft die Frage, wer für den Ersatz eines Teils des Materials zuständig ist und dafür die Kosten zu tragen hat. Nominell sorgt der Bund für die Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung und die Kommunikationssysteme, die Ausrüstung und das Material der Schutzanlagen sowie das standardisierte Material des Zivilschutzes. Die Meinungsverschiedenheiten beziehen sich darauf, was unter «standardisiertem Material» zu verstehen sei. Nach bisheriger Praxis beschränkt der Bund es auf Material im ABC-Bereich. Die Kantone hingegen sind der Auffassung, dass dies auch Material für andere Katastrophen und Notlagen umfassen müsste, die mehrere Kantone oder die ganze Schweiz betreffen und damit auch ein Aufgebot des Zivilschutzes durch den Bund auslösen könnten.

Eine Lösung dieses Problems ist dringlich. Je nach Bedürfnissen und finanziellen Ressourcen haben einzelne Kantone und Gemeinden in den letzten Jahren damit begonnen, zusätzliches Material zu beschaffen. Aus Sicht des BABS läuft die dezentrale Erneuerung von Material in den letzten Jahren dem Bemühen um Einheitlichkeit und Zusammenarbeitsfähigkeit zwischen den Kantonen zuwider. Die Kantone ihrerseits argumentieren, dass der Bund nur dann Vorgaben machen sollte, wenn er sich auch finanziell engagiere, also auch Material jenseits des ABC-Bereichs finanziere.

Aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 2006 zwischen den Kantonen und dem Bund ist eine von den Kantonen betriebene Materialplattform geschaffen worden, die eine gemeinsame und kostengünstige Beschaffung und Bewirtschaftung des Zivilschutzmaterials bezweckt. Weil bezüglich dieser Materialplattform zu grosse Unterschiede zwischen den Erwartungen
der Kantone und den Möglichkeiten den Bundes bestanden, haben sich die Kantone 2011 zu einem eigenen Materialforum zusammengeschlossen, das unter der Federführung des Kantons Zürich nun die entsprechenden Ersatzbeschaffungen vorantreibt. Mittlerweile haben sich alle Kantone diesem Materialforum angeschlossen.

Ein Teil des ausgedienten ABC-Schutzmaterials ist vom Bund entsorgt worden.

Aber auch beim übrigen Material muss die Frage der Entsorgung dringend geklärt werden.

3.1.8

Infrastruktur

Alarmierungs- und Kommunikationsinfrastruktur Der Bund hat den Auftrag, die Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung bereitzustellen; für den Betrieb sind die Kantone und Wasserkraftwerke verantwortlich. In der Schweiz gibt es heute rund 8200 Sirenen, davon 4700 stationäre und 2800 mobile, mit denen sich der allgemeine Alarm auslösen lässt. Unterhalb von Stau5560

anlagen befinden sich zusätzlich rund 700 stationäre Wasseralarmsirenen. Da der bisherige Betreiber seine Leistung einstellen wird, werden die Sirenen in der ganzen Schweiz ab 2016 über ein neues Netz gesteuert werden müssen (Projekt Polyalert).

Damit sämtliche Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit des Bundes, der Kantone und der Gemeinden über eine einheitliche Infrastruktur Funkgespräche und Daten untereinander übertragen können, wird bis 2013 das Sicherheitsnetz der Schweiz aufgebaut (Polycom). An den Investitionen und am Unterhalt dieses digitalen Funknetzes beteiligt sich der Bund massgeblich. Sobald die Kantone ihre Teilnetze aufgebaut haben, rüstet der Bund auch den Zivilschutz mit Polycom aus. Dadurch kann das veraltete Funksystem SE125 abgelöst werden. Mit der Schulungsanlage im Eidgenössischen Ausbildungszentrum in Schwarzenburg sind zudem die Voraussetzungen geschaffen worden, um die dazu nötige Ausbildung für alle relevanten Behörden und Organisationen zu gewährleisten.

Schutzbauten Schutzbauten dienen primär für den Fall eines bewaffneten Konflikts, sollen aber auch bei Katastrophen und in Notlagen als Notunterkünfte genutzt werden. Der Bund regelt die Erstellung, die Ausrüstung, den Unterhalt, die Erneuerung und die Umnutzung der Schutzbauten.

In der Schweiz gibt es rund 300 000 private und 5000 öffentliche Personenschutzräume, in denen sich über 95 % der Bevölkerung unterbringen lassen. Die Baupflicht ist gesetzlich verankert und geht bei den Personenschutzräumen zulasten der Bauherrschaft. Wird in Wohnhäusern kein Schutzraum erstellt, sind Ersatzbeiträge zu entrichten, die primär zur Finanzierung der öffentlichen Schutzräume verwendet werden. Mit der Revision der gesetzlichen Grundlagen wird die Baupflicht weiter reduziert und führt zu einer finanziellen Entlastung der Eigentümerinnen und Eigentümer, und die Ersatzbeiträge sollen neu auch für die Erneuerung von privaten Schutzräumen eingesetzt werden.

Die rund 2000 Schutzanlagen umfassen Kommandoposten, Bereitstellungsanlagen für Personal und Material des Zivilschutzes sowie sanitätsdienstliche Schutzanlagen (Patientenplätze und Behandlungsmöglichkeiten in geschützten Spitälern und geschützten Sanitätsstellen für derzeit mindestens 0,6 % der Bevölkerung, d.h. für rund 45 000 Personen).62 Die Kantone legen nach
Vorgaben des Bundes den Bedarf an Schutzanlagen fest. Die Gemeinden sind für die Erstellung, Ausrüstung, Erneuerung und Umnutzung zuständig, die Finanzierung liegt beim Bund. Für die geschützten Spitäler sind nach Vorgaben des Bundes die jeweiligen Spitalträgerschaften verantwortlich. Die Finanzierung der Mehrkosten liegt beim Bund.

Mit dem Zivilschutz-Leitbild 95 begann ein faktischer Baustopp für Schutzanlagen.

Die Reduktion der Bestände des Zivilschutzes gemäss Leitbild Bevölkerungsschutz 2001 führte zu einer weiteren Verringerung der benötigten Anlagen. Mit der aus finanziellen Gründen erfolgten Reduktion der Patientenliegestellen von 2 % auf 62

Mit den Umwälzungen im Schweizer Spitalwesen (Neubauten, Zusammenlegungen von Spitälern, Zunahme von Privatspitälern, zunehmende Privatisierung öffentlicher Spitäler) ändert sich die Ausgangslage. Die Vorgabe von Patientenplätze und Behandlungsmöglichkeiten in geschützten Spitälern und geschützten Sanitätsstellen für früher 2 %, dann 0,6 % der Bevölkerung wird in naher Zukunft nochmals überdacht werden müssen. Es wird mit dem Koordinierten Sanitätsdienst zu prüfen sein, was ein machbarer und vertretbarer Ansatz ist.

5561

0,6 % der Bevölkerung wurde zudem eine Reihe von sanitätsdienstlichen Anlagen zur Umnutzung frei. Zwischen 2004 und 2010 wurde so die Anzahl Schutzanlagen um fast 10 % reduziert. Grundsätzlich stehen heute genügend Schutzanlagen zur Verfügung; nur bei den Kulturgüterschutzräumen gibt es gewisse Lücken.

Die fortschreitende Regionalisierung schafft weiteres Potenzial für Umnutzungen.

Durch regelmässigen Unterhalt und Massnahmen zur Werterhaltung kann mit relativ geringem finanziellem Aufwand die Lebensdauer der Schutzbauten verlängert werden. Durch eine differenzierte Betriebsbereitschaft lassen sich künftig zudem Erneuerungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten senken, und es werden weitere Massnahmen zur Senkung der Unterhalts- und Betriebskosten geplant. Die Realität der heutigen und für die Zukunft absehbaren Einsätze im Zivil- und Bevölkerungsschutz verlangt zudem vermehrt nach mobilen Strukturen für die Einsatzleitung. Die bestehenden Kommandoposten hingegen sind ortsgebunden und damit für solche Fälle nur bedingt geeignet. Es muss deshalb die Möglichkeit geschaffen werden, mobile Strukturen für die Einsatzleitung zu schaffen.

3.1.9

Finanzen

Das Leitbild Bevölkerungsschutz 2001 legte in Bezug auf die geschätzten Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden Eckwerte fest. Die Sachausgaben (ohne Personalkosten) des Bundes wurden auf jährlich rund 50 Millionen Franken geschätzt. Bei den Sachausgaben der Kantone und Gemeinden wurde von ebenfalls rund 50 Millionen Franken ausgegangen. Die Sachausgaben umfassen Material (Einsatzmaterial, persönliche Ausrüstung usw.), Alarmierungs- und Kommunikationsinfrastruktur, öffentliche Schutzräume, Schutzanlagen sowie Ausbildung im Bevölkerungsschutz und im Zivilschutz.

Effektiv beliefen sich die durchschnittlichen jährlichen Sachausgaben des Bundes in den Jahren 2004­2009 auf 38,2 Millionen Franken.63 Die Prognose des Leitbildes hat sich somit als ziemlich genau erwiesen, wenn man die angeordneten Budgetkürzungen von rund 12 Millionen Franken, von denen hauptsächlich die Schutzbauten betroffen waren, berücksichtigt.

3.2

Strategie Zivilschutz

Bei der Reform des Zivilschutzes hat sich vieles als richtig erwiesen, insbesondere die primäre Ausrichtung auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen und die verstärkte Regionalisierung, die beim Zivilschutz zu mehr Effizienz in der Organisation und zu grösserem Leistungsvermögen bei den Einsätzen geführt hat.

Der Zivilschutz wird denn heute in der Öffentlichkeit auch stärker und positiver wahrgenommen als früher. Die gemeinsam mit der Armee durchgeführte zentralisierte Rekrutierung und die Professionalisierung des Verfahrens hat zudem insgesamt zu einer besseren Abklärung der Eignung der Schutzdienstpflichtigen für eine bestimmte Funktion im Zivilschutz geführt. Dennoch muss das gegenwärtige System in verschiedener Hinsicht überprüft und mit Blick auf die sich dem Zivilschutz stellenden Herausforderungen angepasst werden. Wie beim Bevölkerungsschutz als 63

Die Ausgaben der Kantone und Gemeinden sind nicht erfasst worden.

5562

Ganzem sollen deshalb auch beim Zivilschutz gewisse bestehende Elemente für die künftige Strategie beibehalten und andere angepasst oder neu geregelt werden.

Gleichbleibende Elemente der Strategie sind: ­

Die Ausrichtung des Zivilschutzes auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen soll weitergeführt und verstärkt werden. Wegen des Klimawandels ist häufiger mit naturbedingten Katastrophen und Notlagen und grösseren Auswirkungen zu rechnen. Das Schadenausmass solcher Ereignisse ist zwar durch Schutzmassnahmen und Warnsysteme verringert worden, gleichzeitig haben aber die Verdichtung der Besiedlung und die Abhängigkeit von kritischen Infrastrukturen (und damit auch die Verletzlichkeit gegenüber solchen Ereignissen) zugenommen. Die Vorbereitungen und der Einsatz im Hinblick auf einen bewaffneten Konflikt sollen wegen der viel kleineren Eintretenswahrscheinlichkeit zweitrangig bleiben.

­

Die föderalistische Organisation des Zivilschutzes soll grundsätzlich beibehalten werden. Dies ermöglicht es den Kantonen, gemäss ihren teils spezifischen Gefährdungen, den topographischen Gegebenheiten sowie den politischen Strukturen massgeschneiderte Organisationen zu schaffen. Zudem ist die föderalistische Struktur für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen auch deshalb sinnvoll, weil der Zivilschutz eine Partnerorganisation des ebenfalls föderalistisch organisierten Verbundsystems Bevölkerungsschutz ist.

­

Der Zivilschutz und dessen Einsätze sollen in der Zuständigkeit der Kantone und der Gemeinden/Regionen bleiben. In Situationen, in denen mehrere Kantone von einem Ereignis betroffen sind, oder in Situationen, in denen die Nachbarschaftshilfe nicht mehr ausreicht, können die Kantone den Bund um Koordination ersuchen. Bei Ereignissen, für deren Bewältigung die Verantwortung beim Bund liegt (z.B. radiologische Verstrahlungslagen, Epidemien), kann der Bund den Zivilschutz in Absprache mit den Kantonen aufbieten. Der Bund kann solche Einsätze koordinieren und entsprechende Massnahmen anordnen, die Einsatzführung vor Ort liegt bei den betroffenen Kantonen.

­

Bei der Ausbildung soll ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Vereinheitlichung und Differenzierung beibehalten werden. Auch wenn nicht alle Kantone dieselben Zivilschutzleistungen benötigen, ist eine flächendeckende, einheitliche Grundausbildung im Zivilschutz ­ im Sinne der Effizienz und Interoperabilität ­ sinnvoll. Die nötige Differenzierung wird mit einer stufengerechten Spezialisierung und Flexibilisierung erreicht, indem zum Beispiel in der Weiterbildung oder bei der Spezialistenausbildung die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kantone berücksichtigt werden.

­

Ein bewaffneter Konflikt ist zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht für immer auszuschliessen. Weil die Erstellung von Schutzbauten sehr zeitintensiv ist, soll an der Werterhaltung der bestehenden Schutzbauten festgehalten werden. Daneben sollen vorbereitende Massnahmen ­ im Sinne einer Vorsorgeplanung ­ für den Fall eines Einsatzes des Zivilschutzes in einem bewaffneten Konflikt festgelegt werden.

5563

Neue Elemente der Strategie sind:

64

­

Der Zivilschutz hat in Anbetracht der Anforderungen in Einsätzen und des angestrebten Leistungsprofils einen zunehmenden Bedarf an qualifizierten und möglichst ohne Einschränkungen einsetzbaren Schutzdienstleistenden.

Bisher können für den Zivilschutz aber nur militärdienstuntaugliche Personen rekrutiert werden. Ob dieser Nachteil mit einer Anpassung des Dienstpflichtsystems behoben werden kann, soll durch die geplante Studiengruppe geprüft werden. Weiter soll geprüft werden, ob gleichzeitig in Analogie zum Militärdienst auf die Unterscheidung zwischen Wiederholungskursen und Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft verzichtet werden soll und ob die Gesamtdienstzeit im Sinne einer Obergrenze möglichst jener von Militärdienstleistenden angepasst werden soll.

­

Die aktuellen Bestände müssen überprüft und dem Auftrag angepasst werden. Entscheidende Parameter dafür sind das Leistungsprofil des Zivilschutzes, das Dienstpflichtmodell (inkl. Dienstalter und Anzahl Diensttage) sowie die zur Verfügung stehenden Finanzen. In Anbetracht der Bedrohungslage und der realen Bedürfnisse des Zivilschutzes scheinen die heutigen Bestände gesamtschweizerisch insgesamt zu hoch. Sie sollen deshalb reduziert werden, indem das Dienstalter gesenkt und jenem in der Armee angepasst wird, und insbesondere soll auch die Reserve abgeschafft werden. Ausserdem soll geprüft werden, ob und wie das PISA auf den Zivilschutz ausgeweitet werden kann.

­

Jeder Kanton muss über genügend Mittel für die Basisleistungen des Zivilschutzes verfügen. Spezialisierte personelle und materielle Mittel (z.B.

Dekontaminationsmaterial, leistungsfähige Notstromaggregate und Pumpen, Hochwassersperren, Ortungs- und Rettungsmaterial) sollen aber in interkantonalen Stützpunkten zusammengelegt werden. Damit lassen sich Kosten sparen und Doppelspurigkeiten vermeiden, und die Mittel können rascher und flexibler zum Einsatz gebracht werden. Die interkantonalen Stützpunkte sollen so ausgestaltet und ausgerüstet werden, dass sie nicht die Mittel der Armee duplizieren. Die Armee bleibt auf Stufe Bund das Reservemittel, um die Kantone bei der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen subsidiär zu unterstützen.

­

Um interkantonal eingesetzt werden zu können, muss der Zivilschutz Interoperabilitätskriterien erfüllen. Der Bund soll gemeinsam mit den Kantonen solche Kriterien erarbeiten, insbesondere für Teilbereiche der Führung, der Ausbildung und des Materials. Es soll auch die Frage geprüft werden, ob sich der Bund an Kosten, die aus Bestrebungen zur besseren Interoperabilität entstehen, beteiligen soll.64 Um den bisher vorwiegend lokal beziehungsweise regional eingesetzten Zivilschutz mobiler und rascher einsatzfähig zu machen, sollen auch Transportmöglichkeiten vorgesehen werden.

­

Das Gros der Schutzdienstleistenden soll auch in Zukunft zur Erhöhung der Durchhaltefähigkeit der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz eingesetzt werden. Um aber den Bedürfnissen der Kantone zu entsprechen und In der Vernehmlassung haben praktisch alle Kantone gefordert, dass der Bund sich zwingend stärker an der Finanzierung von Material und Ausrüstung des Zivilschutzes beteiligen muss, wenn er die Interoperabilität fördern und diesbezüglich den Kantonen Vorgaben machen wolle.

5564

die Effizienz zu steigern, sollen spezialisierte Teile des Zivilschutzes auch als Elemente der ersten Staffel Schwergewichte bilden können (insbesondere die kantonalen und interkantonalen Stützpunkte).

3.2.1

Aufgaben

Katastrophen und Notlagen sind wegen der hohen Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens der primäre Auftrag des Zivilschutzes. Die diesbezüglichen Gefährdungsannahmen und Risikoszenarien stellen hohe Anforderungen an die Bereitschaft und Flexibilität des Verbundsystems Bevölkerungsschutz. Der Zivilschutz ist davon auch betroffen: Neben seiner bisherigen Aufgabe, die Durchhaltefähigkeit der übrigen Partnerorganisationen als zweite Staffel zu erhöhen, werden in Zukunft spezialisierte Zivilschutzformationen mit einem erhöhten Bereitschaftsgrad auch Leistungen im Rahmen einer ersten Staffel erbringen müssen. Der Einsatz im Falle eines bewaffneten Konflikts bleibt ebenfalls ein Auftrag des Zivilschutzes. Weil jedoch die Wahrscheinlichkeit eines solchen Konflikts für die absehbare Zukunft gering ist, ist diese Aufgabe nicht prioritär.

Der Zivilschutz hat im Katastrophen- und im Kriegsfall folgende, weitgehend gleich bleibenden Aufgaben: Leistungen bei Elementarschäden (z.B. Rettungen aus Trümmerlagen, technische Sicherungsarbeiten zur Schadensbegrenzung, Instandstellungsarbeiten), Leistungen beim Ausfall kritischer Infrastrukturen (z.B. logistische Unterstützung der betroffenen Bevölkerung), Leistungen bei ABC-Ereignissen (z.B.

Messung der Ortsdosisleistung bei erhöhter Radioaktivität, Aufbau und Betrieb von Dekontaminationsstellen), Betreuung von schutzsuchenden und obdachlosen Personen, Verstärkung der Führungsunterstützung und der Logistik, Unterstützung der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz, Instandstellungsarbeiten, Schutz der Kulturgüter (in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr), Bereitstellung von Mitteln zur Alarmierung der Bevölkerung, Bereitstellung von Kommunikationsinfrastruktur, Bereitstellung und Betrieb der Schutzinfrastruktur sowie Planung von und Mitwirkung bei Evakuationen65 bei Katastrophen und Notlagen.

3.2.2

Organisation

Damit der Zivilschutz seine Aufgaben effizient wahrnehmen und auch als spezialisiertes Ersteinsatzmittel bei Katastrophen und Notlagen eingesetzt werden kann, sind Anpassungen an der Organisationsstruktur erforderlich. Nachfolgend wird ein neues Modell in groben Zügen beschrieben; die Details müssten in einer späteren Phase noch weiter definiert werden.

65

Der Nuklearunfall in Fukushima hat der Problematik allfälliger grossflächiger Evakuationen neue Aktualität und Dringlichkeit verliehen. Dies daraus zu ziehenden Lehren müssen nun auch in der Schweiz in den entsprechenden Katastrophenbewältigungsszenarien berücksichtigt werden. Der Bundesrat hat in diesem Zusammenhang die Einsetzung einer interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Notfallschutzmassnahmen bei Extremereignissen in der Schweiz (IDA NOMEX) beschlossen. Aufgabe der Arbeitsgruppe, in der auch die Kantone mitarbeiten sollen, ist es, im Lichte der Erfahrungen von Japan zu untersuchen, ob und welche neuen gesetzlichen und organisatorischen Notfallschutzmassnahmen ergriffen werden müssen.

5565

Interkantonale Stützpunkte Neben den «Basiselementen» des Zivilschutzes in den Regionen und Gemeinden und den bereits heute teilweise vorhandenen kantonalen Elementen (Stützpunkten) sollen auch auf interkantonaler Ebene Stützpunkte gebildet werden. Diese Stützpunkte müssten so ausgerüstet sein, dass spezielles Material rasch und flexibel zum Einsatz gebracht werden könnte, in den beteiligten Kantonen, aber auch darüber hinaus in überregionalen Einsätzen oder solchen, wo der Bund die Koordination oder Führung übernimmt. Diese spezialisierten interkantonalen Stützpunkte sollen grundsätzlich so ausgerüstet werden, dass sie über Material und Fähigkeiten verfügen, die nicht jeder Kanton einzeln bereithalten oder beschaffen kann beziehungsweise muss. Sie sollen aber nicht die bereits vorhandenen Einsatzmittel der Armee und der Feuerwehr duplizieren; diese bleibt auf nationaler Ebene das Reservemittel, um bei Katastrophen und Notlagen subsidiär Unterstützung zu leisten.

Als Standorte für die interkantonalen Stützpunkte sollen geeignete, eventuell schon bestehende kantonale Stützpunkte dienen. Personell sollen diese Stützpunkte überkantonal durch die jeweils beteiligten Kantone alimentiert und betrieben werden.

Während die «Basiselemente» des Zivilschutzes weiterhin durch die Kantone ausgerüstet und finanziert werden, soll sich der Bund an der Ausrüstung, am Betrieb und an allfälligen überregionalen oder nationalen Einsätzen der interkantonalen Stützpunkte finanziell beteiligen. Mit Leistungsvereinbarungen könnten die vom Bund erwarteten Leistungen und die Aufteilung der Kosten geregelt werden.

Zivilschutz auf kantonaler Ebene Die Kantone sind für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen auf ihrem Gebiet zuständig. Da der Zivilschutz in den nächsten Jahren noch stärker auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen ausgerichtet werden soll, soll das Gros der Schutzdienstpflichtigen den regionalen Zivilschutzorganisationen in den Kantonen zugewiesen werden. Dort werden die Schutzdienstpflichtigen gemäss den Bedürfnissen als «Katastrophenhelfer» organisiert, ausgebildet und ausgerüstet. Die Organisationsform wird durch die Kantone festgelegt. Mögliche Aufgaben sind Elementarschadenbewältigung, Betreuung, Führungsunterstützung, Logistik, Unterstützung der Partnerorganisationen sowie weitere Aufgaben gemäss kantonalen Eigenheiten.

Die schnellen Einsatzelemente des Zivilschutzes sollen innert rund sechs Stunden am Einsatzort (z.B. für Rettung, Schadenabwehr, Führungsunterstützung und Betreuung) sein, Einsatzelemente der zweiten Staffel nach Tagen (z.B. für die Unterstützung anderer Partnerorganisationen, Instandstellungsarbeiten). Letztere gewährleisten eine Durchhaltefähigkeit von Wochen bis Monaten.

Auch ausserhalb von Katastrophen und Notlagen soll der Zivilschutz in der Lage sein, die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes bei Grossereignissen zu unterstützen, insbesondere durch Führungsunterstützung und logistische Dienstleistungen. Besonders zu beachten ist dabei die Unterstützung der Feuerwehr, unter anderem durch die Möglichkeit der Ablösung nach einer gewissen Einsatzzeit (Erhöhung der Durchhaltefähigkeit), womit die Feuerwehr freigespielt werden

5566

könnte und nach der Retablierung schneller wieder als Ersteinsatzelement zur Verfügung stünde.

Einsätze des Zivilschutzes zugunsten der Gemeinschaft haben dem Zweck und den Aufgaben des Zivilschutzes zu entsprechen. Die Bewilligungspraxis ist zu überprüfen. Dem Bund soll dabei die Aufsichtskompetenz zugeordnet werden.

Kantonale Zivilschutzstützpunkte Für die Erbringung besonderer Leistungen und die Schwergewichtsbildung im Einsatz können die Kantone ­ allein, in bilateraler Zusammenarbeit oder im Rahmen von Konkordaten ­ kantonale Zivilschutzstützpunkte aufbauen. Das Profil dieser kantonalen Stützpunkte umfasst unter anderem folgende Leistungen: Rettung, Elementarschadenbewältigung sowie Unterstützung der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz. Dazu zählen etwa die Unterstützung bei der Rettung aus Trümmern oder komplexe Elementarschadenwehreinsätze. Gleichzeitig können die Kantone mit diesen Stützpunkten weitere Bedürfnisse abdecken, zum Beispiel zur Unterstützung der Berg- und Lawinenrettung, der Care-Teams oder von Einsätzen bei ABC-Ereignissen. Die schnellen Einsatzelemente der kantonalen Stützpunkte sind innert Stunden am Einsatzort; die Einsatzelemente der zweiten Staffel nach Tagen.

Falls kantonale zu interkantonalen Stützpunkten ausgebaut würden, könnten diese innerhalb des Kantons, überregional oder durch den Bund koordiniert auch national eingesetzt werden. Sie könnten somit als Ersteinsatz- und Reserveelement den Kantonen und dem Bund zur Verfügung stehen. In jedem Fall müssen die Leistungen und der Bereitschaftsgrad der Zivilschutzstützpunkte definiert und aufeinander abgestimmt sein.

3.2.3

Aufgabenteilung Bund­Kantone und Finanzierung

Die Kantone sollen für den Zivilschutz auf kantonaler Ebene und dessen Einsätze verantwortlich sein. Sie sollen Vorgaben machen und Leistungsaufträge für die Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden erstellen. Dies gilt insbesondere für die Ausbildung, die Einsatzvorbereitung, das Material und die Infrastruktur. Der Zivilschutz auf kantonaler und kommunaler Ebene bleibt damit weitgehend im Verantwortungsbereich der Kantone. Dies steht im Einklang mit dessen Aufgaben- und Einsatzspektrum, das eine Konzentration auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen vorsieht. Dem Bund soll indessen die Kompetenz zukommen, die in den Kantonen geplanten Zivilschutzeinsätze dahingehend zu prüfen, ob diese mit dem Zweck und den Aufgaben des Zivilschutzes übereinstimmen.

Weiter soll dem Bund die Führung des zentralen Systems zur Zivilschutzkontrollführung obliegen.

Zur Gewährleistung einer kantonsübergreifenden Interoperabilität des Zivilschutzes soll der Bund weiterhin sämtliche Instruktoren und Kommandanten sowie einzelne, näher zu definierende Spezialisten ausbilden. Ausserdem soll er ­ in Zusammenarbeit mit den Kantonen ­ sämtliche Ausbildungs- und Grundlagenreglemente verfassen. Darüber hinaus verbleiben im Verantwortungsbereich des Bundes die Erarbeitung von rechtlichen und konzeptionellen Grundlagen und Planungen im 5567

Bevölkerungsschutz, Zivilschutz und Kulturgüterschutz, die Information der Bevölkerung über Gefährdungen, Grundlagen für die Werterhaltung der Schutzbauten, die Weiterentwicklung der Alarmierungs- und Kommunikationssysteme sowie der weitere Aufbau einer gesamtschweizerischen Kommunikationsinfrastruktur und die vorbereitenden Massnahmen für Ereignisse, in denen die Kompetenz beim Bund liegt (z.B. radiologische Verstrahlungslagen, Talsperrenbrüche, bewaffneter Konflikt).

In Bezug auf die Finanzierung des Zivilschutzes gilt weiterhin der Grundsatz der Zuständigkeitsfinanzierung. Die Finanzierung der Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden regeln die Kantone. Dies gilt insbesondere für das Einsatzmaterial und die persönliche Ausrüstung der in den Zivilschutzorganisationen eingeteilten Schutzdienstpflichtigen sowie für die persönliche Ausrüstung der kantonalen und interkantonalen Stützpunkte. Falls einzelne Kantone gemeinsame Stützpunkte bilden, werden die Kosten zwischen den beteiligten Kantonen entsprechend aufgeteilt. Der Bund würde sich bei der Ausrüstung und beim Betrieb der interkantonalen Stützpunkte finanziell beteiligen. Ob er das via Beschaffung von bestimmtem (speziellem oder mobilem) Material machen würde oder via einen fixen Kostenverteilschlüssel, ist noch festzulegen.

Die Kantone tragen die Kosten für Katastrophen und Notlagen auf ihrem Gebiet, der Bund die zusätzlichen Kosten für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen, bei denen ihm aufgrund des Ausmasses die Koordination übertragen wird, sowie die Kosten für den Fall eines bewaffneten Konfliktes, erhöhte Radioaktivität, Notfälle bei Stauanlagen, Epidemien und Tierseuchen. Konkret trägt der Bund die Kosten für66: die Rekrutierung der Schutzdienstpflichtigen, die vom Bund durchzuführenden Ausbildungen, die Einsätze von Schutzdienstpflichtigen beim Aufgebot durch den Bundesrat (z.B. Einsätze zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene), die Mehrkosten für Schutzanlagen und Kulturgüterschutzräume (Erstellung, Erneuerung, Aufhebung, Pauschalbeiträge für die Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen), Netzbeiträge des Zivilschutzes an die Kommunikationsinfrastruktur Polycom sowie Funkgeräte für den Zivilschutz, die Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung (Polyalert), die Ausrüstung und das Material der Schutzanlagen sowie das standardisierte Material des Zivilschutzes (zurzeit das ABC-Schutzmaterial).

3.2.4

Dienstpflicht, Rekrutierung und Bestände

Dienstpflicht und Rekrutierung Mit der Frage, ob das nationale Dienstpflichtsystem angepasst werden soll, soll unter anderem auch geprüft werden, ob die Schutzdienstpflicht einen höheren Stellenwert erhalten kann, auch wenn die Armee bei der Rekrutierung der Dienstleistenden weiterhin Priorität hat. Bisher konnten für den Zivilschutz nur militärdienstuntaugliche Personen rekrutiert werden. Mit der künftigen Ausrichtung des Zivilschutzes steigt aber die Relevanz und Komplexität der Aufgaben und Leistungen, sodass auch beim Zivilschutz die Bestände konsequenter auf die Bedürfnisse und Aufgaben ausgerichtet werden müssen. Gerade das Stützpunktsystem, das auf spezialisierte Aufgaben ausgerichtet ist, erfordert entsprechend ausgebildetes und einsatzfähiges Personal. Der Schutzdienst wurde bisher oft als Dienstleistung «zweiter Klasse» 66

Art. 71 des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes.

5568

angesehen, die Aufwertung der Schutzdienstpflicht soll sich deshalb auch imagefördernd auf den Zivilschutz auswirken.

Um die Bestände im Zivilschutz ­ unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der einzelnen und insbesondere auch der kleineren Kantone ­ zu reduzieren, aber auch aus Gerechtigkeitsüberlegungen, soll das Dienstalter in den Zivilschutzorganisationen analog der Armee für Mannschaften auf 30 Jahre, für Kader auf 42 und für Kommandantinnen und Kommandanten auf 50 Jahre beschränkt werden. Freiwillige Dienstleistungen über die Altersgrenze hinaus sollen analog zur Armee möglich sein und insbesondere den Einsatz von Berufskadern in den Zivilschutzorganisationen bis zum Erreichen des Pensionsalters ermöglichen. Der Wehrpflichtersatz ist derzeit bis zum 30. Altersjahr zu bezahlen, sodass die Ermässigung für geleistete Zivilschutzdiensttage nur bis zum 30. Altersjahr gewährt werden kann. Künftig soll deshalb die Möglichkeit geprüft werden, ob ab 30 Jahren vom Kader und einzelnen Spezialisten geleistete Schutzdiensttage angerechnet werden können. Dabei ist ein System zu finden, welches den administrativen Aufwand möglichst klein hält.

Bestände Die Bestände im Zivilschutz scheinen heute gesamtschweizerisch (aber nicht in allen Kantonen) insgesamt zu hoch. Die aktuelle Bedrohungs- und Gefahrenlage sowie das Stützpunktmodell erlauben und erfordern eine Senkung des heutigen Bestandes von insgesamt 143 000 Schutzdienstpflichtigen, inklusive Reserve. Das Ziel ist es, die Bestände auf die Gefährdungsannahmen und Risikoszenarien sowie auf die Bedürfnisse von Gemeinden, Kantonen und Bund auszurichten. Dazu soll neben der Senkung des Dienstalters auch die Reserve abgeschafft werden.

Die Bestände der Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden sind von den Gefährdungsannahmen sowie den Gegebenheiten in den Regionen und Gemeinden abhängig. Sie müssen so festgelegt werden, dass die von ihnen geforderten Aufgaben optimal erfüllt werden können. Darüber hinaus wird mit den Beständen der regionalen Organisationen der Aufwuchs bestritten. Bei der Rekrutierung muss mit den jährlichen Zuteilungsquoten erreicht werden, dass insbesondere bei den kleineren Kantonen die minimalen Bestände für den Zivilschutz und deren Leistungsaufträge erfüllt werden können.

Für die interkantonalen Zivilschutzstützpunkte legen
die Kantone die Bestände nach ihren Bedürfnissen fest. Bei der Festlegung der Bestände gilt es, sich insbesondere auf die kantonalen Gefährdungsanalysen abzustützen.

3.2.5

Ausbildung

Die Kantone sollen für die Grundausbildung der Schutzdienstpflichtigen der Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden, der interkantonalen Zivilschutzstützpunkte sowie für die Ausbildung der Kader ­ ohne die Kommandantinnen und Kommandanten und gewisse Kader, Spezialistinnen und Spezialisten ­ verantwortlich sein. Wiederholungskurse finden in der Verantwortung und unter der Leitung der Kader der jeweiligen Stufe statt. Der Bund soll im Sinne einer unité de doctrine und der Interoperabilität Vorgaben für ein angemessenes Ausbildungscontrolling erlassen und die Bewilligungspraxis für Wiederholungskurse regeln. Die Kantone sollen in der Folge diese Vorgaben unter Berücksichtigung der kantonalen Unterschiede entsprechend umsetzen.

5569

Der Bund ist für die gesetzlichen Vorgaben der Zivilschutzausbildung und die diesbezüglichen Umsetzungserlasse verantwortlich. Zur Sicherstellung einer landesweiten Interoperabilität soll der Bund sämtliche Ausbildungsgrundlagen für die Kantone erarbeiten. Aus Gründen der Interoperabilität, Effizienz und Kostenberechnung sollen vom Bund auch die Kommandantinnen und Kommandanten sowie gewisse Kader, Spezialistinnen und Spezialisten der interkantonalen Zivilschutzstützpunkte und der Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden ausgebildet werden. Die Ausbildungsmodule des Bundes stehen auch den Partnerorganisationen offen.

Der Bund soll weiter das Lehrpersonal für den Zivilschutz ausbilden. Die Zivilschutzinstruktoren sollen weiterhin zentral ausgebildet und via Praktika in den Kantonen auf die kantonspezifischen Besonderheiten vorbereitet werden. Im Sinne der Qualitätssicherung sollen für die Ausbildung landesweit nur noch hauptamtliches Personal mit abgeschlossener Bundesausbildung zugelassen werden.

3.2.6

Material

Die Beschaffung des Materials und der Ausrüstung des Zivilschutzes basiert auf den Grundsätzen der Zuständigkeitsfinanzierung und der landesweiten Interoperabilität.

Es wird ausschliesslich für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen beschafft.

Die Zivilschutzorganisationen der Regionen und Gemeinden werden vollumfänglich durch die Kantone ausgerüstet. Für die interkantonalen Stützpunkte könnten das spezielle Einsatzmaterial und die Fahrzeuge vom Bund, die persönliche Ausrüstung der Schutzdienstleistenden von den Kantonen finanziert werden.

Aus Gründen der Interoperabilität, Effizienz und Kostenreduktion soll der Bund die Kantone bei der Beschaffung von Ausrüstung und Material mittels Leistungskatalogen unterstützen, die gemeinsam mit den Kantonen erarbeitet werden, und mittels einer gemeinsamen Beschaffungsplattform.

Als Beitrag zugunsten des Verbundsystems Bevölkerungsschutz bleibt der Bund zuständig für die Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung, die Kommunikationsinfrastruktur, die Ausrüstung und das Material der Schutzanlagen sowie für spezifisches, klar definiertes standardisiertes Material.

3.2.7

Infrastruktur

Die Alarmierungs- und Informationssysteme für die Bevölkerung und die Kommunikationsinfrastruktur der Führungs- und Einsatzorganisationen sowie die Schutzbauten bilden ein Gesamtsystem, auf das die Notfallkonzepte in der Schweiz abgestimmt sind.

Alarmierungs- und Kommunikationssysteme (Polyalert) Die Systeme zur Alarmierung und Information der Bevölkerung sowie die Kommunikationsinfrastruktur müssen zugunsten des Bevölkerungsschutzes weiterentwickelt und durch den Bund finanziert werden.

5570

Schutzbauten Schutzräume bieten für die Bevölkerung insbesondere im Falle eines bewaffneten Konflikts Schutz und sind auch auf diesen Fall ausgelegt. Sie können jedoch auch bei Katastrophen und Notlagen Schutz bieten, etwa bei einem Kernkraftwerk-Unfall.

Öffentliche Schutzräume können zum Beispiel bei einem Erdbeben, grösseren Migrationsströmen oder Evakuierungen aufgrund von Hochwasser oder Lawinengefährdungen zur temporären Unterbringung von Personen genutzt werden.

Die erforderliche Anzahl Schutzanlagen für den Zivilschutz ist weitgehend vorhanden. Ein Ausbau ist kaum mehr notwendig. Mit einer zweckmässigen Kategorisierung in «aktive» Schutzanlagen, die für den Fall von Katastrophen und Notlagen vorgesehen sind, und «inaktive» ­ das heisst für den bewaffneten Konflikt vorgesehene und in einer tieferen Bereitschaft stehende ­ Schutzanlagen lassen sich bei der Werterhaltung Einsparungen erzielen.

Der Wert aller Schutzbauten wird auf rund 12 Milliarden Franken geschätzt. Es wäre deshalb wenig sinnvoll, diese Infrastruktur einfach aufzugeben. Deshalb steht in einer längerfristigen Perspektive eine möglichst kostengünstige Werterhaltung im Vordergrund.

3.2.8

Zivilschutz im Kriegsfall

Die zu Verteidigungsmassnahmen erforderliche Vorwarnzeit reicht aus, um mit zeitund lagegerechten Massnahmen den Zivilschutz zu verstärken. Die Massnahmen für den Einsatz bei bewaffneten Konflikten beschränken sich deshalb neben der Werterhaltung der Schutzbauten auf die Kaderausbildung. Hier sollen vorbereitende Massnahmen, die sich auf den Einsatz des Zivilschutzes im Falle eines bewaffneten Konflikts beziehen, zum Wissenserhalt vermittelt werden.

4

Weiteres Vorgehen, Umsetzung

Nach Abschluss der Beratung des vorliegenden Berichts des Bundesrates zur Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ soll die Umsetzung innerhalb von zwei Projektorganisationen erfolgen: eine zum Bevölkerungsschutz und eine zum Zivilschutz. Die Frage der allfälligen Anpassung des Dienstpflichtsystems wird davon getrennt angegangen, mit der Einsetzung einer eigenen Studiengruppe.

Die beiden Projektorganisationen zum Bevölkerungsschutz und Zivilschutz sollen paritätisch aus Vertretern von Bund und Kantonen zusammengesetzt sein, und auch die Partnerorganisationen sollen angemessen mit einbezogen werden. In den beiden Projektorganisationen sollen anhand von Teilprojekten konkrete Umsetzungskonzepte erarbeitet werden. Dabei sind in geeigneter Form alle relevanten Stellen auf Stufe Bund und Kantone einzubeziehen. Die Projektorganisationen sollen ihre Arbeit nach der Behandlung des Berichts durch das Parlament aufnehmen. In den zwei Projekten und entsprechenden Teilprojekten sollen anschliessend bis Mitte 2014 Konzepte zu den einzelnen Bereichen des Strategieberichts erarbeitet werden.

Diese sollen bis Ende 2014 zusammengefasst und konsolidiert werden; gleichzeitig sollen die personellen, finanziellen und rechtlichen Konsequenzen aufgezeigt werden. Auf dieser Grundlage soll anschliessend die Revision des Bevölkerungs- und 5571

Zivilschutzgesetzes sowie der nachgelagerten Rechtsgrundlagen eingeleitet werden.

Die Inkraftsetzung der neuen Rechtsgrundlagen ist, je nach parlamentarischer Beratung, auf Anfang 2016 oder 2017 vorgesehen. Anschliessend sind die kantonalen Rechtsgrundlagen anzupassen, sodass spätestens bis 2020 die Umsetzung der neuen Konzeptionen erfolgen kann.

Aus derzeitiger Sicht sind in den beiden Projektorganisationen folgende Teilprojekte zu bilden: Bevölkerungsschutz: ­

Leistungsprofil: Die künftigen Entwicklungen im Gefährdungsspektrum, häufigere und schwerere Naturkatastrophen infolge des Klimawandels, Notlagen durch den Ausfall von kritischen Infrastrukturen und ABC-Bedrohungen verlangen Anpassungen des Leistungsprofils des Bevölkerungsschutzes und allenfalls seiner einzelnen Partnerorganisationen. Die daraus resultierenden Herausforderungen und zu erbringenden Leistungen ­ inklusive der dazu nötigen finanziellen und personellen Ressourcen ­ sind zu definieren.

Dabei ist auch die Aufgabenzuordnung an die einzelnen Partnerorganisationen zu überprüfen und allenfalls anzupassen.

­

Verstärkte Koordination im Bevölkerungsschutz: Die Koordination und Zusammenarbeit von Bund und Kantonen (inklusive der grossen Städte) sowie der Partnerorganisationen auf gesamtschweizerischer Ebene soll verstärkt und weiterentwickelt werden. Dazu sollen die Mechanismen der Zusammenarbeit und die institutionalisierten Plattformen auf Stufe Bund und Kantone überprüft und angepasst werden. Zu prüfen ist zudem, wie das BABS seine Koordinationsfunktion stärker wahrnehmen kann und ob sich daraus auch organisatorische Anpassungen ergeben. Zu regeln sind in diesem Kontext auch die Aufgabenzuteilung zwischen den Feuerwehren und dem Zivilschutz bei schweren Rettungen sowie die Rolle des Gesundheitswesens im Bevölkerungsschutz. Vor diesem Hintergrund ist auf Bundesebene auch eine mögliche Überführung des Koordinierten Sanitätsdienstes von der Armee in den Bevölkerungsschutz, das heisst in das BABS, zu prüfen.

­

Sicherstellung der Interoperabilität in Führung und Einsatz: Es soll aufgezeigt werden, in welchen Bereichen zwischen den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes (und der Armee) in Bezug auf Terminologie, Führungsprozesse, Lagedarstellung, Ausbildung und Übungen, Material, Infrastrukturen und technische Systeme Interoperabilität sinnvoll beziehungsweise unabdingbar ist. In diesem Kontext sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie allen Kantonen und Partnern ein möglichst ausfallsicheres System für den gesamtschweizerischen Lageverbund zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei soll auch eine Zusammenführung der bereits heute vorhandenen Fachinformationssysteme in eine elektronische Plattform geprüft werden. Zu behandeln ist zudem die Frage, wie die heute in ortsfesten Kommandoanlagen installierten Kommunikations- und Informationssysteme durch mobile Einsatzführungssysteme ergänzt werden können.

­

Harmonisierung der Dienstpflichten im Bevölkerungsschutz: Im Sinne einer Harmonisierung der zivilen Dienstpflichten ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen auch Milizangehörige und Freiwillige des Verbundsystems Bevölkerungsschutz (insbesondere auch die Feuerwehr) von der Erwerbser-

5572

satzordnung profitieren können, sofern sie Dienstleistungen im Rahmen des Bevölkerungsschutzes erbringen (z.B. Teilnahme an Übungen, längeren Kursen). Dabei sind die finanziellen Konsequenzen für die Erwerbsersatzordnung aufzuzeigen, insbesondere in welchem Mass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge deswegen erhöht werden müssten. Aufgrund der künftigen Bestände (insbesondere im Zivilschutz) sind zudem das heutige Dienstpflichtalter beziehungsweise die Dienstpflichtzeit sowie das Wohnortsprinzip für die Zu- beziehungsweise Einteilung anzupassen.

Zivilschutz: ­

Leistungsprofil, Organisation und Bestände: Ausgehend von einer Gefährdungsanalyse (gesamtschweizerisch wie kantonal) soll das Leistungsprofil des Zivilschutzes überprüft und allenfalls angepasst werden, wobei auch die Frage einer konsequenten Zuständigkeitsfinanzierung abgeklärt werden muss. Ziel ist es, ein einheitliches, gesamtschweizerisch geltendes Basisleistungsprofil zu erarbeiten, das in den Kantonen je nach Gefährdungen durch zusätzliche Spezialisierungen differenziert werden kann. Vom allgemeinen Leistungsprofil wie den spezialisierten kantonalen Leistungsprofilen soll der zukünftige Bestand des Zivilschutzes abgeleitet werden, wobei auch die Leistungen der übrigen Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes und der Armee einbezogen werden müssen. Bezüglich der Organisation ist ein System zu erarbeiten, das einerseits den Gemeinden und Regionen im Katastrophenfall rasch Basisleistungen des Zivilschutzes zur Verfügung stellt, anderseits aber einen mobilen grossräumigen Einsatz mit spezialisierten Mitteln, über die nicht alle Kantone verfügen müssen, ermöglicht.

­

Interkantonale Zivilschutz-Stützpunkte: Neben den bereits bestehenden Zivilschutzorganisationen auf Stufe Gemeinde und Region und den in etlichen Kantonen aufgebauten kantonalen Elementen (Stützpunkten) sollen ­ unter der Voraussetzung einer Bundesbeteiligung ­ neu interkantonale und mobile Formationen (Stützpunkte) des Zivilschutzes geschaffen beziehungsweise bestehende Organisationen entsprechend angepasst, ausgerüstet und ausgebildet werden. In Abstimmung mit den anderen Partnerorganisationen und der Armee soll deren Leistungsprofil, die Anzahl, die geografische Verteilung, die Bestände und die Gliederung sowie die Ausrüstung und das Material (inklusive Fahrzeuge) konzipiert werden. Wichtige Überlegungen sind dabei die Angliederung an bereits bestehende grössere kantonale Stützpunkte, die Sicherstellung des Betriebs sowie dessen Finanzierung. Zu prüfen ist hier insbesondere, wie sich der Bund und die Kantone die Kosten für die Beschaffung und Finanzierung der Ausrüstung und des spezialisierten Materials sowie für pauschalierte Beiträge an den Betrieb teilen ­ seitens des Bundes als Beitrag für jene Katastrophen und Notlagen, für die er zuständig ist (z.B. radiologische Verstrahlungslagen, Epidemien, Talsperrenbrüche) beziehungsweise deren Bewältigung er in Absprache mit den Kantonen koordiniert (gesamtschweizerische Einsätze).

­

Interoperabilität des Zivilschutzes: In enger Zusammenarbeit mit den Kantonen sind Interoperabilitätskriterien für den Zivilschutzes zu identifizieren, die im interkantonalen und gesamtschweizerischen Einsatz notwendig sind beziehungsweise solche Einsätze überhaupt erst ermöglichen, dies insbesondere in den Bereichen Führung, Doktrin, Ausbildung, Reglemente und Mate5573

rial. Dafür sollen auch Gremien geschaffen werden, die permanent die entsprechenden Interoperabilitätsfelder bearbeiten. In diesem Kontext soll geprüft werden, inwiefern dem BABS eine stärker koordinierende Rolle als bisher zukommen soll und ob dazu auch organisatorische Anpassungen nötig sind.

­

Dienstleistungs- und Ausbildungssystem im Zivilschutz: Die möglichen Anpassungen des Dienstpflichtsystems im Zivilschutz, insbesondere die Anhebung der Diensttage in Richtung einer Angleichung an die Obergrenze bei der Armee, verlangt eine grundlegende Anpassung des Dienstleistungssystem sowie der Ausbildung im Zivilschutz. Das heute geltende Dienstleistungs- und Ausbildungssystem ist deshalb zu überprüfen und anzupassen.

Dabei sollen auch differenzierte Lösungen bezüglich der Dienstleistung für Angehörige von Basiselementen und Stützpunkten (kantonal, interkantonal) erarbeitet werden. Im Weiteren sind die Aufgabenzuordnung bei der Ausbildung zwischen Bund und Kantonen sowie die personellen und finanziellen Konsequenzen eines angepassten Dienstleistungs- und Ausbildungssystem zu klären.

­

Vorsorgeplanung «bewaffneter Konflikt»: Dem Einsatz des Zivilschutzes in einem bewaffneten Konflikt kommt zwar weiterhin nur sekundäre Bedeutung zu. Allerdings soll auch in Zukunft an der Werterhaltung der Schutzbauten, die insbesondere für diesen Fall erstellt wurden, festgehalten werden. Vor diesem Hintergrund ist das bestehende Konzept «Aufwuchs des Zivilschutzes für den Fall eines bewaffneten Konflikts» und die darin enthaltenen Massnahmen zu überprüfen. Ziel ist es, dieses Konzept zu einer Vorsorgeplanung «Schutz der Bevölkerung bei einem bewaffneten Konflikt» umzuarbeiten. Darin soll zwischen bereits heute vorsorglich zu treffenden und im Rahmen eines «Aufwuchses» des Zivilschutzes umzusetzenden Massnahmen differenziert werden.

Zukunft des Dienstpflichtsystems Die Frage des Dienstpflichtsystems (Militärdienstpflicht, Schutzdienstpflicht) soll losgelöst von den beiden Projektorganisationen zum Bevölkerungsschutz und Zivilschutz angegangen werden. Eine Studiengruppe, in welche auch die Kantone, die Partnerorganisationen sowie weitere betroffene Akteure miteinbezogen werden, soll prüfen, ob und wie die folgenden Anliegen befriedigt werden können: a.

Die bisher allein im Zivilschutz geleistete Schutzdienstpflicht sollte auch in einer anderen Partnerorganisation des Bevölkerungsschutzes (z.B. Feuerwehr, Sanität) oder in Nichtregierungsorganisationen, die in den Kantonen anerkannte Partner des Bevölkerungsschutzes sind (z.B. Rotes Kreuz, Samariter, Redog), oder in einer sozialen Institution geleistet werden können.

b.

Der Zivilschutz (und die gemäss vorstehendem Absatz zusätzlichen Organisationen, die neu von der Schutzdienstpflicht profitieren könnten) sollte nicht allein aus militärdienstuntauglichen Stellungspflichtigen rekrutiert werden können, sondern (in beschränkter Zahl) auch aus militärdiensttauglichen. Die Armee muss aber bei der Rekrutierung weiterhin Priorität haben, und es soll keine Wahlfreiheit bestehen. Hingegen soll geprüft werden, ob und wie das Dienstpflichtsystem durchlässiger und flexibler gemacht werden

5574

könnte (z.B. mittels differenzierter Tauglichkeit). Die Studiengruppe soll dazu verschiedene Varianten ausarbeiten.

c.

Dabei soll in Zusammenarbeit mit dem EVD auch die Möglichkeit geprüft werden, ob und in welcher Form der Zivildienst (als Organisation oder durch Zusammenarbeit) in eine gegenüber dem heutigen Zivilschutz zu erweiternde Palette von Möglichkeiten zur Ableistung der Schutzdienstpflicht innerhalb des Bevölkerungsschutzes integriert werden könnte. Dabei wäre darauf zu achten, dass die Belastung mindestens jener des Militärdienstes entspricht. Eine ungleiche Belastung innerhalb der Schutzdienstpflicht ­ je nachdem, ob diese infolge einer Zuteilung oder des Vorbringen von Gewissensgründen gegen den Militärdienst erfolgt ist ­ wäre dabei nicht a priori auszuschliessen.

d.

Alle Milizangehörigen des Verbundsystems Bevölkerungsschutz sollen für ihren Einsatz angemessen entschädigt werden. In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob ein Anspruch nach dem Erwerbsersatzgesetz auch auf Milizangehörige und Freiwillige des Verbundsystems Bevölkerungsschutz ausgedehnt werden könnte und ob hierfür allenfalls von den föderalistisch organisierten Ausbildungsstrukturen abgerückt werden müsste. Die Kostenfolgen für die Erwerbsersatzordnung und die Wehrpflichtersatzabgabe müssten ausgewiesen werden. Insbesondere ist zu prüfen, in welchem Mass die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge wegen der Ausdehnung des Entschädigungsanspruchs angehoben werden müssten. Es sollen ausserdem Möglichkeiten erarbeitet werden, die den zivilen Dienst dem Militärdienst möglichst gleichwertig machen (z.B. Diensttage, Entschädigung, Anreizsystem).

Als Rahmenbedingung für die Überprüfung des Dienstpflichtsystems gilt, dass die Militärdienstpflicht weiterhin Priorität hat und das Milizprinzip beibehalten wird.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Der Bericht zur Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ ist in der Botschaft vom 25. Januar 201267 über die Legislaturplanung 2011­2015 als Richtliniengeschäft unter Ziel 13 angekündigt.

67

BBl 2012 558 und 612.

5575

Anhang 1

Anzahl Personen und Diensttage in der Zivilschutzausbildung 2005

2006

2007

2008

2009

2010



Personen Stabsassistent Betreuer Pionier Total

1 305 1 852 2 586 5 743

1 811 2 296 3 339 7 446

1 308 1 849 3 276 6 433

1 257 1 905 3 386 6 548

1 343 1 846 3 422 6 611

1 353 1 809 3 460 6 622

1 400 1 900 3 200 6 500

Diensttage Stabsassistent Betreuer Pionier Total

13 654 20 164 26 956 60 774

19 265 21 946 33 978 75 189

12 903 18 624 32 186 63 713

12 918 19 130 35 846 67 894

14 708 20 263 38 431 73 402

15 861 19 788 38 961 74 610

14 900 20 000 34 400 69 300

Zusatzausbildung Personen Diensttage

639 2 432

1 077 4 411

1 336 4 419

1 323 4 113

1 292 4 980

1 274 4 367

1 100 4 100

Kaderausbildung Personen Diensttage

1 488 6 625

2 357 11 254

2 125 9 860

2 242 10 112

1 925 9 488

1 894 9 880

2 000 9 500

Weiterbildung Personen Diensttage

3 432 4 463

2 422 4 039

3 228 4 716

3 376 4 889

3 349 4 757

3 561 6 278

3 200 4 800

Grundausbildung

Wiederholungskurse 141 445 173 705 189 774 175 479 182 179 203 155 177 600 Diensttage

5576

Anhang 2

Gegenwärtiges Leistungsprofil Bevölkerungsschutz Alltagsereignisse

Katastrophen und Notlagen

ca. 4 000 Angehörige von Führungsorganen ca. 12 000 AdZS (Führungsunterstützung)

Polizei: Sicherheit und Ordnung

ca.

Gesundheitswesen: Medizinische Versorgung

Technische Betriebe: Techn. Infrastruktur

17 000

ca. 101 000 ( Durchhaltefähigkeit: Stunden / Tage )

Aufgaben

Feuerwehr: Schadenwehr / Rettung

Partnerorganisationen:

Führung

nicht bezifferbar

nicht bezifferbar

Zivilschutz: Schadenwehr / Rettung ABC-Schutz Betreuung Präventiv: Kulturgüterschutz Einsätze zu Gunsten Instandstellungsarbeiten der Gemeinschaft

Telematik Geschützte Sendeanlagen

Infrastruktur

Schutzanlagen Alarmierung

Bewaffneter Konflikt

ca.

64 000 ( Durchhaltefähigkeit: Tage / Wochen )

ca.

ca.

ca.

450 Führungsstandorte 1 400 Bereitstellungsanlagen 340 sanitätsdienstliche Anlagen (ca. 45 000 Liegestellen)

zusätzlich: ca. 67 000 (Reserve) ca. 80 000 (Aufwuchs)

8 200 Sirenen: 4 700 stationär, 2 800 mobil, 700 Wasseralarm Polycom Information der Bevölkerung durch den Bund in Krisenlagen (IBBK)

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