12.021 Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017 (Agrarpolitik 2014­2017) vom 1. Februar 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen die Entwürfe zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes und zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017 mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2009 P

09.3188

Agrarpolitik und Ammoniak (N 12.6.2009, Bourgeois)

2009 P

09.3981

Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh (Massnahmen BSE) (N 2.12.2009, Finanzkommission NR )

2010 M 09.3973

Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems.

Konkretisierung des Konzepts. (S 10.12.09, Kommission für Wirtschaft und Abgaben SR; N 10.3.10)

2010 M 08.3194

Sicherung der Selbstversorgung unserer Bevölkerung über die Agrarpolitik 2015 (N 3.12.09, von Siebenthal; S 11.3.10)

2010 P

09.4033

Sicherheit der Schweizer Nahrungsmittelproduktion (N 19.3.10, Bourgeois)

2010 P

10.3156

Abbau unnötiger Bürokratie in der Landwirtschaft (N 18.6.10, Fraktion CVP/EVP/glp)

2010 P

10.3092

Zukünftige Unterstützung der bäuerlichen Kälbermastbetriebe (N 18.6.10, Lustenberger)

2010 M 09.3612

Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft (N 25.9.09, Bourgeois; S 11.3.10; N 14.9.10)

2010 P

Nachhaltige Entwicklung. Verbesserung der Konsumenteninformation durch Labels.

(N 13.12.10, Kommission für Wirtschaft und Abgaben NR)

2011-2214

10.3627

2075

2011 M 09.3461

Hangbeiträge (N 3.12.09, von Siebenthal; S 1.12.10, N 8.3.2011)

2011 M 10.3767

Gestüt als nationale Aufgabe (N 1.12.10, Bieri; S 30.5.11)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Februar 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2076

Übersicht Ausgangslage Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Teil der Schweizer Volkswirtschaft. Sie produziert einerseits Nahrungsmittel und Dienstleistungen im Umfang von rund 10,3 Milliarden Franken pro Jahr. Andererseits trägt sie durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion auch zur sicheren Versorgung der Bevölkerung, zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Pflege der Kulturlandschaft, zur dezentralen Besiedlung und zum Tierwohl bei. Für die Erbringung dieser gemeinwirtschaftlichen Leistungen unterstützt der Bund die Landwirtschaft heute mit Direktzahlungen im Umfang von jährlich 2,8 Milliarden Franken.

Die Agrarpolitik wurde seit Anfang der Neunzigerjahre in vier Etappen weiterentwickelt. Die direkten Interventionen des Staates in die Märkte wurden deutlich reduziert und gleichzeitig die Direktzahlungen zur Förderung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen sukzessive ausgebaut. Dadurch konnten sowohl die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität als auch die ökologischen und die ethologischen Leistungen der Landwirtschaft gesteigert werden. Indes besteht bei den von Parlament und Bundesrat definierten Zielen für die natürlichen Lebensgrundlagen, die Kulturlandschaft und das Tierwohl noch Handlungsbedarf.

Verschiedene vom Parlament überwiesene Vorstösse beauftragen den Bundesrat, dem Parlament Vorschläge zur Anpassung des Landwirtschaftsgesetzes (LwG) zu unterbreiten. Zudem muss der Bundesrat dem Parlament einen Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft (Zahlungsrahmen) in den Jahren 2014­2017 vorlegen. Die Gesetzesrevision und der Zahlungsrahmenbeschluss bilden zusammen die Agrarpolitik 2014­2017 (AP 14­17).

Zukünftige Herausforderungen und Strategie Die weltwirtschaftlichen Aussichten haben sich im Jahr 2011 deutlich verschlechtert. Die Schuldenprobleme vieler grosser Industrienationen werden das Wachstum der Weltwirtschaft in den kommenden Jahren spürbar dämpfen. Die Kombination von schwächeren Wachstumsaussichten und starkem Franken ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz eine grosse Herausforderung und wirkt sich zusammen mit der stetigen Öffnung der Märkte auch auf die Land- und Ernährungswirtschaft aus.

Zudem bekommt die Landwirtschaft in den nächsten Jahren auch in zunehmendem Masse die Folgen der knapper werdenden natürlichen
Ressourcen und des Klimawandels zu spüren. Um diese Herausforderungen erfolgreich zu meistern, hat der Bundesrat eine langfristige Strategie mit vier Schwerpunkten definiert: 1.

sichere und wettbewerbsfähige Nahrungsmittelproduktion und -versorgung gewährleisten;

2.

Ressourcen effizient nutzen und nachhaltigen Konsum fördern;

3.

Vitalität und Attraktivität des ländlichen Raums stärken;

2077

4.

Innovation und Unternehmertum in der Land- und Ernährungswirtschaft fördern.

Mit der AP 14­17 werden konkrete Massnahmen für die Umsetzung dieser Strategie in den Jahren 2014­2017 festgelegt.

Kerngehalt der AP 14­17 Mit der AP 14­17 sollen einerseits günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Land- und Ernährungswirtschaft die Marktpotenziale optimal nutzen kann, und andererseits die Wirksamkeit und Effizienz der Direktzahlungen verbessert werden. Von zentraler Bedeutung für die Erschliessung der Marktpotenziale sind die Instrumente der Qualitäts- und Absatzförderung, die im Zusammenhang mit der Qualitätsstrategie gezielt ausgebaut werden. Parallel dazu sollen durch gezieltere Investitionshilfen die Produktionskosten gesenkt und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft gesteigert werden. Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems sollen Massnahmen mit unspezifischer Zielausrichtung durch zielgerichtete Instrumente ersetzt werden. Die heutigen tierbezogenen Beiträge geben Anreize zur Intensivierung der Tierhaltung und verursachen damit unerwünschte Marktverzerrungen und ökologische Probleme. Sie sollen daher grösstenteils in die Versorgungssicherheitsbeiträge umgelagert und neu als flächenbezogene Zahlungen unter Voraussetzung eines Mindesttierbesatzes ausgerichtet werden. Da der allgemeine Flächenbeitrag heute die Strukturentwicklung behindert und keine spezifische gemeinwirtschaftliche Leistung fördert, soll er aufgehoben werden. Die frei werdenden Mittel werden einerseits für den Ausbau der Direktzahlungsinstrumente in Bereichen mit Ziellücken und andererseits für die Übergangsbeiträge eingesetzt. Mit den Übergangsbeiträgen soll ein sozialverträglicher Wechsel vom heutigen zum weiterentwickelten Direktzahlungssystem sichergestellt werden. Die Übergangsbeiträge haben eine hohe Einkommenswirkung, da sie vollständig von der Produktion entkoppelt sind. In dem Ausmass, wie der Mittelbedarf bei den zielorientierten Instrumenten im Laufe der Zeit steigen wird, werden die Mittel für die Übergangsbeiträge reduziert. Mit gleich bleibenden finanziellen Mitteln können so die agrarpolitischen Ziele in Zukunft besser erreicht werden als bisher.

Wichtigste Änderungen im Bereich der Gesetzgebung Allgemeine Grundsätze ­

Das Tierwohl ist eine gemeinwirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft und soll explizit als weiteres Ziel im Landwirtschaftsgesetz verankert werden (Art. 1 Bst. e LwG).

­

Der Grundsatz der Ernährungssouveränität soll gemäss Mehrheitsvorschlag der WAK-N in Artikel 2 Absatz 4 LwG aufgenommen werden.

Produktion und Absatz ­

2078

Der Bund soll die Möglichkeit haben, Massnahmen zu treffen, um angesichts der stetigen Öffnung der Märkte die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie zu unterstützen (Art. 2 Abs. 3, 10, 11, 12 Abs. 2 und 3, 14 Abs. 4 LwG). Er soll die Kompe-

tenz erhalten, die Kennzeichnung besonders nachhaltig hergestellter Produkte öffentlich-rechtlich zu schützen (Art. 14 Abs. 1 Bst. f LwG).

­

Da im Jahr 2009 die Milchkontingentierung und die Milchbeihilfen ausgelaufen sind, können auch die entsprechenden Gesetzesbestimmungen aufgehoben werden (Art. 30­36a, 40­42 und 167 LwG sowie 83 Bst. s Ziff. 1 BGG).

­

Die Gesetzesgrundlage für Milchkaufverträge wird angepasst. Die Branchenorganisation des Milchsektors soll einen Standardmilchkaufvertrag mit gewissen Mindestvorgaben bezüglich Vertragsdauer, Mengen, Preisen und Zahlungsmodalitäten beschliessen, den der Bundesrat allgemeinverbindlich erklären kann; falls die Branchenorganisation keinen Beschluss fasst, kann der Bundesrat entsprechende Vorschriften erlassen (Art. 37 LwG, Aufhebung Art. 36b und 43 Abs. 3 LwG).

­

Die auf die Periode 2008­2011 befristeten Regelungen über die Höhe der Zulagen für verkäste Milch und für die Fütterung ohne Silage sind ausgelaufen. Wie für alle anderen Beiträge soll ihre Höhe in Abstimmung zu den Budgetbeschlüssen des Parlaments in der Verordnung festgelegt werden (Art. 38 Abs. 3 und 39 Abs. 3 LwG). Der Bundesrat soll neu Käse mit einem geringen Fettgehalt von diesen Zulagen ausschliessen können (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 2 LwG).

­

Dem Bund soll die Möglichkeit eingeräumt werden, für Kulturen, die für die Versorgung der Bevölkerung wichtig sind, Beiträge auszurichten (Art. 54 LwG, Aufhebung Art. 55 und 56 LwG).

­

Weil den Faserpflanzen seit der Ausrichtung von Anbaubeiträgen der Durchbruch am Markt nicht gelungen ist, soll kein spezifischer Beitrag mehr ausgerichtet und damit die Nahrungs- und Futtermittelproduktion gestärkt werden. Die technische Verwendung pflanzlicher Erzeugnisse in Pilot- und Demonstrationsanlagen soll nicht weiter gefördert werden (Aufhebung Art.

59 LwG).

­

Die bis 2011 befristeten Umstellungsbeiträge zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse sowie im Rebbau sind ausgelaufen (Aufhebung Art. 58 Abs. 2 und 66 LwG).

­

Die Beiträge zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte in ausserordentlichen Situationen sollen nicht nur in Zusammenhang mit BSE, sondern auch aufgrund anderer Tierseuchen ausgerichtet werden können (Art. 45a TSG, Aufhebung Art. 62 TSG).

Direktzahlungen ­

Um einen klaren Bezug zwischen den angestrebten Zielen und den einzelnen Direktzahlungsinstrumenten zu schaffen, sollen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gemäss Artikel 104 Absatz 1 Buchstaben a­c und Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung (BV) je mit einem spezifischen Instrument gefördert werden (Art. 2 Abs. 1 Bst. b und 70 LwG). Folgende Direkt-

2079

zahlungsinstrumente, die jeweils nach deren Hauptzielsetzung benannt sind, sind vorgesehen: ­ Kulturlandschaftsbeiträge zur Offenhaltung der Kulturlandschaft (Art. 71 LwG); ­ Versorgungssicherheitsbeiträge zur Erhaltung der Produktionskapazitäten für den Fall von Versorgungsengpässen (Art. 72 LwG); ­ Biodiversitätsbeiträge zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt (Art. 73 LwG); ­ Landschaftsqualitätsbeiträge zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften (Art. 74 LwG); ­ Produktionssystembeiträge zur Förderung besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (Art. 75 LwG); ­ Ressourceneffizienzbeiträge zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft sowie zum effizienten Einsatz von Produktionsmitteln (Art. 76 LwG); ­ Übergangsbeiträge zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Entwicklung der Landwirtschaft (Art. 77 LwG).

­

Als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen sind weiterhin der ökologische Leistungsnachweis und die Anforderungen an die landwirtschaftliche Ausbildung zu erfüllen. Soziale und strukturelle Eintretens- und Begrenzungskriterien stellen sicher, dass die Direktzahlungen an bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe ausgerichtet werden. Der Bundesrat soll auch künftig die Direktzahlungssumme je Standardarbeitskraft begrenzen können (Art. 70a LwG). Aufgehoben werden soll die Abstufung der Direktzahlungen nach Fläche und Tierzahl. Die Einkommens- und Vermögensgrenzen sollen auf die sozial motivierten Übergangsbeiträge beschränkt werden (Art. 77 Abs. 4 LwG). Auf Stufe Verordnung wird eine Anpassung der Faktoren für die Standardarbeitskräfte an den technischen Fortschritt vorgeschlagen.

­

Da im Sömmerungsgebiet neben dem Sömmerungsbeitrag neu auch Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge ausgerichtet werden sollen, werden die Voraussetzungen für die Ausrichtung dieser Beiträge in einem eigenen Artikel geregelt (Art. 70b LwG).

­

Die Massnahmen zugunsten des Kulturlandschutzes werden verstärkt. Der bereits heute geltende Grundsatz, dass für Flächen in rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen keine Direktzahlungen ausgerichtet werden, soll auf Gesetzesstufe verankert werden (Art. 70a Abs. 1 Bst. d LwG). Mittels Behördenbeschwerde soll das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Möglichkeit erhalten, die korrekte Interessenabwägung bei der Beanspruchung von Fruchtfolgeflächen durch eine unabhängige Gerichtsinstanz überprüfen zu lassen (Art. 34 Abs. 3 RPG).

2080

­

Alle Hofdüngerverschiebungen werden neu mit einem zentralen Informationssystem (HODUFLU) erfasst. Im Gegenzug soll der Vertragszwang bei Hofdüngerabgaben aufgehoben werden (Art. 165f LwG und 14 Abs. 4 GSchG, Aufhebung Art. 14 Abs. 5 GSchG).

­

Massnahmen, die Wildschäden durch Grossraubtiere an Nutztieren verhindern, sollen durch gezielte Anreize im Rahmen des Sömmerungsbeitrags gefördert werden (Art. 12 Abs. 5 JSG).

Soziale Begleitmassnahmen und Strukturverbesserungen ­

Die Befristung der Umschulungsbeihilfen soll um vier Jahre bis Ende 2019 verlängert werden (Art. 86a Abs. 3 LwG).

­

Bei den Investitionshilfen werden Anpassungen zur Senkung der Produktionskosten und zur Verbesserung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der unterstützten Betriebe vorgeschlagen (Art. 89 Abs. 1 Bst. d und 93 Abs. 1 Bst. e LwG).

­

Das Verfahren zur Feststellung der Wettbewerbsneutralität bei Investitionshilfen soll den Kantonen zugewiesen und der Rechtsschutz bei der Gewährung von Beiträgen und Investitionskrediten vereinheitlicht werden (Art. 89a, 97 Abs. 1 und 7, 108 Abs. 1bis und 2 und 166 Abs. 2 LwG, Aufhebung Art. 87 Abs. 2 LwG).

­

Pachtlandarrondierungen und weitere Formen der Arrondierung zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur sollen erleichtert werden (Art. 20 Abs. 1 und 3 LPG).

Forschung und Beratung, Förderung der Pflanzen- und Tierzucht sowie genetische Ressourcen ­

Die Bewilligungspflicht für die Gewinnung und den Vertrieb von Sperma und Embryonen von Nutztieren wurde 2007 aufgehoben. Der entsprechende Gesetzesartikel ist deshalb nicht mehr notwendig (Aufhebung Art. 145 LwG).

­

Artikel 147 Absatz 1 LwG soll verbindlicher formuliert werden, indem der Bund verpflichtet wird, ein Gestüt zu betreiben.

­

Aufgrund der internationalen Verpflichtungen des Bundes wird der 6. Titel des LwG um den Bereich genetische Ressourcen ergänzt. Es soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der genetischen Ressourcen (Art. 147a LwG, Aufhebung Art. 140 Abs. 2 Bst. c und 142 Abs. 1 Bst. c LwG) sowie für den Zugang zu diesen Ressourcen und die Aufteilung der Vorteile, die daraus entstehen (Art. 147b LwG).

Weitere Bestimmungen ­

Für den Fall von radiologischen, biologischen, chemischen Katastrophen oder Naturereignissen mit internationalen oder nationalen Auswirkungen soll eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, damit das BLW Vorsorgemassnahmen treffen kann und allfällige Folgeschäden verhindert oder begrenzt werden können (Art. 165a LwG).

2081

­

Der Betrieb von agrarpolitischen Informationssystemen soll auf Gesetzesebene besser abgestützt und präzisiert werden (Art. 165c­165g LwG, Aufhebung Art. 185 Abs. 5 und 6 LwG).

­

Zur Regelung der Rechte auf Immaterialgütern im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden (Art. 165h LwG).

Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen ­

Den Behörden sind zusätzliche Kompetenzen einzuräumen, sodass sie angemessene Massnahmen ergreifen können, namentlich um gefährliche Produkte zu neutralisieren oder zurückzurufen (Art. 169 Abs. 3 LwG).

­

Es soll eine klare rechtliche Grundlage geschaffen werden, die vorsieht, dass bei Nichteinhaltung von Bestimmungen der Gewässerschutz-, Umweltoder Tierschutzgesetzgebung alle Direktzahlungsarten gekürzt werden können (Art. 170 Abs. 2bis LwG).

­

Die Strafbestimmungen im Zusammenhang mit Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben werden angepasst, damit sie mit den übrigen Strafbestimmungen in Sachen geistiges Eigentum konform sind (Art. 172 Abs. 2 LwG). Bei den Übertretungen wird die Liste um die Zuwiderhandlungen im Zusammenhang mit der Verwendung des gemeinsamen Erscheinungsbildes nach Artikel 12 LwG und der Verwendung der öffentlichen Zeichen nach Artikel 14 Absatz 4 LwG ergänzt (Art. 173 Abs. 1 LwG).

­

Um mehrere Strafverfahren und mehrere Verurteilungen durch dieselbe Behörde zu verhindern, wird in Artikel 175 ein neuer Absatz 3 (Konkurrenzregel) aufgenommen.

Schlussbestimmungen ­

Der Vollzug der Direktzahlungen soll in Zukunft auf einem geografischen Informationssystems (GIS) basieren (Art. 178 Abs. 5 LwG).

­

Es soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um bei amtlichen Kontrollen insbesondere von besonders heiklen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder Pflanzen eine Gebühr zu erheben (Art. 181 Abs. 4, 5 und 6). Die Notwendigkeit dazu ergibt sich auch aufgrund von Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen des Landwirtschaftsabkommens mit der EU.

­

Die Auskunftspflicht soll verstärkt und das Prinzip der gegenseitigen Unterstützung zwischen dem BLW und den übrigen Behörden soll gesetzlich verankert werden (Art. 183 und 184 LwG).

­

Der Bund wird beauftragt, ein Monitoring bezüglich der ökonomischen, ökologischen und sozialen Lage der Landwirtschaft sowie der von der Landwirtschaft erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen durchzuführen und die Wirksamkeit der Massnahmen des Landwirtschaftsgesetzes zu evaluieren (Art. 185 Abs. 1bis und 1ter LwG).

2082

­

Verschiedene Übergangsbestimmungen sollen aufgrund des Ablaufes ihrer Frist oder der Aufhebung gewisser Gesetze beziehungsweise Gesetzesbestimmungen aufgehoben werden (Art. 187 Abs. 2­9 und 11­13, 187a, 187b Abs. 1­4 und 6­7, 187c Abs. 2 LwG).

Zahlungsrahmen für 2014­2017 In der nächsten Vierjahresperiode sollen für die Finanzierung der agrarpolitischen Massnahmen drei Zahlungsrahmen massgebend sein. Dabei ist die Entwicklung der Finanzmittel in den drei Massnahmenbereichen auf die Strategie und die Massnahmen der AP 14­17 auszurichten. Der Bundesrat sieht vor, in den Jahren 2014­2017 die Gesamtmittel für die drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen grundsätzlich auf dem Niveau der Vorjahre weiterzuführen. Unter Berücksichtigung der finanzpolitischen Vorgaben und in Abstimmung mit der Legislaturfinanzplanung ergeben sich für die Periode 2014­2017 folgende Zahlungsrahmen: (in Mio. CHF)

2014

2015

2016

2017

Total

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Produktion und Absatz Direktzahlungen

159

159

160

160

638

442 2 814

442 2 814

445 2 814

447 2 814

1 776 11 256

Total

3 415

3 415

3 419

3 421

13 670

Sollten internationale Abkommen im Agrarbereich in Kraft treten und sich im Zeitraum 2014­2017 auf den Inlandmarkt auswirken, bräuchte es zusätzliche finanzielle Mittel zur Finanzierung von Begleitmassnahmen. Der Bundesrat beabsichtigt, solche Begleitmassnahmen und deren Finanzierung zusammen mit der Ratifizierung eines entsprechenden Abkommens dem Parlament vorzulegen.

Auswirkungen Mit der AP 14­17 werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft durch den Bund relativ stabil bleiben.

Gemäss Modellberechnungen wird sich das Sektoreinkommen zwischen 2013 und 2017 nicht verändern. Damit kommt das Sektoreinkommen rund 110 Millionen Franken oder 4,2 Prozent höher zu liegen, als wenn die heutigen Instrumente unverändert weitergeführt würden. Da sich die Strukturen weiterentwickeln und die Arbeitsproduktivität zunehmen wird, werden mit der AP 14­17 die einzelbetrieblichen Einkommen im Mittel voraussichtlich um 7 Prozent steigen. Die Kaufkraft der Bauernfamilien bleibt dadurch erhalten. Die Modellrechnungen zeigen, dass die Nahrungsmittelproduktion kalorienmässig zunimmt. Dies ist unter anderem auf eine höhere Getreideproduktion zurückzuführen. Damit sinkt auch die Abhängigkeit von importierten Kraftfuttermitteln. Positive Auswirkungen werden zudem bei der Wettbewerbsfähigkeit und im ökologischen Bereich (Biodiversität, Stickstoff- und Phosphoreffizienz) erwartet. Zudem leistet die AP 14­17 auch einen Beitrag zur Reduktion des Kulturlandverlusts und führt zu einer Aufwertung der Landschaftsqualität.

2083

Vernehmlassung und geplantes Inkrafttreten Vom 23. März bis zum 29. Juni 2011 wurde eine Vernehmlassung zur AP 14­17 durchgeführt. Die Vorlage mit dem weiterentwickelten Direktzahlungssystem als Kernelement wurde im Grundsatz breit unterstützt. Unterschiedliche Meinungen gab es insbesondere in der Frage, ob und in welcher Form künftig tierbezogene Direktzahlungen ausgerichtet werden sollen, und in Bezug auf die Verteilung der Finanzmittel auf die neuen Direktzahlungsinstrumente. Während mehrere bäuerliche Organisationen die Weiterführung der heutigen allgemeinen Tierbeiträge oder zumindest einen stärkeren Tierbezug im Rahmen der Versorgungssicherheitsbeiträge forderten, sprachen sich die Wirtschafts- und Umweltkreise für den Vorschlag des Bundesrates aus. Auch bei der Mittelverteilung lagen die Stellungnahmen zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen stark auseinander. Die bäuerlichen Kreise wollten die Versorgungssicherheitsbeiträge deutlich erhöhen. Die Wirtschafts- und Umweltverbände schlugen hingegen vor, die Mittel deutlich zu reduzieren. Von den Kantonen und von bäuerlicher Seite wurden zudem die Übergangsbeiträge als zu hoch beurteilt. Vertreter der Wirtschaft forderten demgegenüber, die Übergangsbeiträge zu erhöhen.

Der Bundesrat hat den Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen und schlägt aufgrund der breiten Unterstützung in der Vernehmlassung vor, das Konzept wie vorgesehen umzusetzen. Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage sieht er unter anderem folgende Änderungen vor: Dem Anliegen nach einer Weiterführung der Tierbeiträge trägt er Rechnung, indem für Ganzjahresbetriebe, die ihre Tiere in die Sömmerung abgeben, ein tierbezogener Alpungsbeitrag eingeführt wird. Zudem ist vorgesehen, die Höhe der Versorgungssicherheitsbeiträge auf dem Grünland entsprechend der Nutzungsintensität zu differenzieren. Die Mittel für die Versorgungssicherheitsbeiträge sollen leicht erhöht werden. Weiter sollen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Berggebiets über die Kulturlandschafts- und die Biodiversitätsbeiträge stärker gefördert und die Beiträge für besonders umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen erhöht werden. Die dafür notwendigen Mittel sollen durch eine entsprechende Reduktion des Übergangsbeitrags finanziert werden.

Die Gesetzesänderungen sollen gleichzeitig mit den Zahlungsrahmen 2014­2017 auf den 1. Januar 2014 in Kraft gesetzt werden.

2084

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2077

Abkürzungsverzeichnis

2088

1 Ausgangslage 1.1 Bilanz der bisherigen Agrarpolitik 1.1.1 Nachhaltigkeit 1.1.2 Gemeinwirtschaftliche Leistungen 1.1.3 Wettbewerbsfähigkeit 1.1.4 Sozioökonomische Lage der Landwirtschaft 1.2 Künftige Rahmenbedingungen 1.2.1 Bevölkerungsentwicklung 1.2.2 Wirtschaftswachstum 1.2.3 Klimawandel und Naturkatastrophen 1.2.4 Ressourcenverfügbarkeit 1.2.5 Technischer Fortschritt 1.2.6 Internationale Agrarmärkte und Ernährungssituation 1.2.7 Aussenpolitik 1.2.8 Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik in der EU 1.2.9 Nationale Politikbereiche mit Einfluss auf die Landwirtschaft 1.3 Herausforderungen 1.3.1 Versorgungssicherheit 1.3.2 Wettbewerbsfähigkeit 1.3.3 Ressourceneffizienz 1.3.4 Ländlicher Raum 1.3.5 Innovation und Unternehmertum 1.3.6 Nachhaltiger Konsum 1.4 Langfristige strategische Ausrichtung 1.5 Ziele im Zeithorizont 2014­2017 1.6 Schwerpunkte der Agrarpolitik 2014­2017 1.7 Verhältnis der AP 14­17 zu den aussenhandelspolitischen Projekten

2093 2094 2095 2099 2106 2113 2117 2117 2117 2118 2119 2121 2123 2124 2130 2133 2139 2140 2140 2141 2142 2143 2143 2144 2147 2151 2155

2 Landwirtschaftsgesetz: Grundzüge der Vorlage 2.1 Allgemeine Grundsätze 2.1.1 Ergänzung des Zweckartikels 2.1.2 Förderung gemeinwirtschaftlicher Leistungen 2.1.3 Ernährungssouveränität 2.2 Produktion und Absatz 2.2.1 Qualitätsstrategie 2.2.2 Nachhaltiger Konsum 2.2.3 Marktbeobachtung 2.2.4 Milchwirtschaft 2.2.5 Viehwirtschaft 2.2.6 Pflanzenbau

2156 2156 2157 2158 2160 2162 2162 2170 2172 2173 2178 2183

2085

2.3 Direktzahlungen 2.3.1 Übersicht über das Konzept 2.3.2 Eintretens- und Begrenzungskriterien 2.3.3 Beitragsberechtigte Flächen 2.3.4 Ökologischer Leistungsnachweis 2.3.5 Kulturlandschaftsbeiträge 2.3.6 Versorgungssicherheitsbeiträge 2.3.7 Biodiversitätsbeiträge 2.3.8 Landschaftsqualitätsbeiträge 2.3.9 Produktionssystembeiträge 2.3.10 Ressourceneffizienzbeiträge 2.3.11 Übergangsbeiträge 2.4 Soziale Begleitmassnahmen 2.5 Strukturverbesserungen 2.6 Forschung und Beratung, Förderung der Pflanzen- und Tierzucht sowie genetische Ressourcen 2.6.1 Forschung und Beratung 2.6.2 Tierzucht 2.6.3 Genetische Ressourcen 2.7 Weitere Bestimmungen 2.8 Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen 2.9 Schlussbestimmungen 2.10 Parlamentarische Vorstösse

2190 2190 2194 2198 2201 2204 2208 2212 2215 2218 2222 2224 2225 2227

3 Landwirtschaftsgesetz: Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2244

4 Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel 2014­2017 4.1 Ausgangslage 4.2 Erfahrungen mit den bisherigen Zahlungsrahmen 4.3 Rahmenbedingungen zur Festlegung der Zahlungsrahmen 4.3.1 Finanzpolitische Vorgaben 4.3.2 Berücksichtigung der Wirtschaftslage 4.4 Mittelbedarf für die Zeitspanne 2014­2017 4.5 Ausgestaltung der Zahlungsrahmen 4.5.1 Zahlungsrahmen für die Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen 4.5.2 Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz 4.5.3 Zahlungsrahmen für die Direktzahlungen 4.6 Berücksichtigung der Ergebnisse der Vernehmlassung 4.7 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 4.7.1 Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele 4.7.2 Befristung und degressive Ausgestaltung der Subvention 4.7.3 Verfahren und Steuerung der Beitragsgewährung

2277 2277 2280 2282 2282 2283 2284 2286

5 Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf den Bund 5.1.1 Personelle Auswirkungen

2306 2306 2306

2086

2232 2232 2233 2234 2235 2237 2238 2240

2286 2289 2291 2300 2303 2303 2304 2304

5.2

5.3

5.4 5.5

5.1.2 Finanzielle Auswirkungen 5.1.3 Sonstige Auswirkungen Auswirkungen auf die Kantone 5.2.1 Personelle Auswirkungen 5.2.2 Finanzielle Auswirkungen 5.2.3 Sonstige Auswirkungen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.3.1 Auswirkungen auf einzelne gesellschaftliche Gruppen 5.3.2 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Zweckmässigkeit im Vollzug Nachhaltigkeitsbeurteilung 5.5.1 Ökonomie 5.5.2 Ökologie 5.5.3 Soziales 5.5.4 Zusätzliche IDANE-Indikatoren 5.5.5 Zusammenfassung

2306 2307 2307 2307 2308 2308 2309 2309 2313 2314 2315 2315 2316 2317 2317 2318

6 Verhältnis zur Legislaturplanung

2319

7 Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Ausgabenbremse 7.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

2319 2319 2320 2321 2324

Bundesgesetz über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz, LwG) (Entwurf)

2327

Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017 (Entwurf)

2349

2087

Abkürzungsverzeichnis AEV Agrarabkommen AP 14­17 AP 2002 AP 2007 AP 2011 ARE ART AS BAFU BAG BB BBG BBl BDP BFF BFS BGG BLW BSE BSV BTS BV BVET CHF CVP DSG DZV ECDC EDV EFSA

2088

Verordnung vom 26. Oktober 2011 über die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrareinfuhrverordnung); SR 916.01 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen; SR 0.916.026.81 Agrarpolitik 2014­2017 Agrarpolitik 2002 Agrarpolitik 2007 Agrarpolitik 2011 Bundesamt für Raumentwicklung Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesbeschluss Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz); SR 412.10 Bundesblatt Bürgerlich-Demokratische Partei Biodiversitätsförderfläche Bundesamt für Statistik Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz); SR 173.110 Bundesamt für Landwirtschaft Bovine Spongiforme Enzephalopathie (Rinderwahnsinn) Bundesamt für Sozialversicherungen Besonders tierfreundliches Stallhaltungssystem Bundesverfassung; SR 101 Bundesamt für Veterinärwesen Schweizer Franken Christlichdemokratische Volkspartei Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz; SR 235.1 Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung); SR 910.13 Europäisches Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control) Elektronische Datenverarbeitung Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority)

EFTA EG EKL ETH EU EVD EVP EWRS EZV FAO FDP FHAL&GesA FJAE GAP GeoIG GGA GIS GLP GMO GPS GSchG GSchV GUB GVE ha HODUFLU HP IDANE IP IPCC IV-PGREL IWF JAE

Europäische Freihandelsassoziation Europäische Gemeinschaft Eidgenössische Kommission für Lufthygiene Eidgenössische Technische Hochschule Europäische Union Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Evangelische Volkspartei Frühwarn- und Reaktionssystem (Early Warning and Response System) Eidgenössische Zollverwaltung Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations), Rom FDP.Die Liberalen Abkommen mit der EU in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit Familienjahresarbeitseinheiten Gemeinsame Agrarpolitik der EU Bundesgesetz vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation (Geoinformationsgesetz); SR 510.62 Geschützte geografische Angabe Geografisches Informationssystem Grünliberale Partei Gemeinsame Marktordnung der EU Grüne Partei der Schweiz Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz); SR 814.20 Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998; SR 814.201 Geschützte Ursprungsbezeichnung Grossvieheinheit Hektare Internetanwendung zur einfachen Dokumentation und Verwaltung der Hofdüngerflüsse Gesundheitsprogramm (Health Programme ) Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung Integrierte Produktion Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change) Internationaler Vertrag vom 3. November 2001 über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft; SR 0.910.6 Internationaler Währungsfonds Jahresarbeitseinheiten 2089

JSG KOP LBV LFI LMG LN LPG LwG MERCOSUR MONET MWSTG N NAP-PGREL NFA NH3 NHG NST öAF OECD ÖLN ÖQV

OSPAR P Protokoll Nr. 2 RAPEX

2090

Bundesgesetz vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz); SR 922.0 Konsolidierungsprogramm Verordnung vom 7. Dezember 1998 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung); SR 910.91 Schweizerisches Landesforstinventar Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz); SR 817.0 Landwirtschaftliche Nutzfläche Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht; SR 221.213.2 Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz); SR 910.1 Gemeinsamer Markt Südamerikas (Mercado Comùn del Sur) Indikatorensystem zum Monitoring der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz.

Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz); SR 641.20 Stickstoff Nationaler Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen Ammoniak Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz; SR 451 Normalstoss Ökologische Ausgleichsflächen Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (Organization for Economic Cooperation and Development), Paris Ökologischer Leistungsnachweis Verordnung vom 4. April 2001 über die regionale Förderung der Qualität und der Vernetzung von ökologischen Ausgleichsflächen in der Landwirtschaft (Öko-Qualitätsverordnung); SR 910.14 Übereinkommen vom 22. September 1992 über den Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks; SR 0.814.293 Phosphor Protokoll Nr. 2 vom 22. Juli 1972 über bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse; SR 0.632.401.2 Schnellwarnsystem der EU im Bereich Konsumentenschutz (Rapid Exchange of Information System)

RASFF RAUS RGVE RGVE-Beitrag RPG SAK SBV SECO SG SGPV SHL SILAS SNB SPS SR SUG SVP SVV SWISSland TEP-Beitrag TJ TNP TSG TSM UNEP UNFCCC UNO UREK-N USG UVEK

Schnellwarnsystem der EU für Lebens- und Futtermittel (Rapid Alert System for Food and Feed Regelmässiger Auslauf im Freien Raufutterverzehrende Grossvieheinheit Beitrag für die Haltung raufutterverzehrender Nutztiere Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz); SR 700 Standardarbeitskraft Schweizerischer Bauernverband Staatssekretariat für Wirtschaft Schlachtgewicht Schweizerischer Getreideproduzentenverband Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft Sektorales Informations- und Prognosesystem für die Landwirtschaft Schweiz Schweizerische Nationalbank Sozialdemokratische Partei der Schweiz Systematische Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz); SR 616.1 Schweizerische Volkspartei Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Strukturverbesserungen in der Landwirtschaft (Strukturverbesserungsverordnung); SR 913.1 Strukturwandel-Informationssystem der Schweizer Landwirtschaft Beitrag für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen Terajoule Tierische Nebenprodukte Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966; SR 916.40 Treuhandstelle Milch Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme) Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change) Organisation der Vereinten Nationen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz); SR 814.01 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation 2091

VTNP WAK-N WAK-S WTO ZG ZR ZTG

2092

Verordnung vom 25. März 2011 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten SR 916.441.22 Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates Welthandelsorganisation (World Trade Organization) Zollgesetz vom 18. März 2005; SR 631.0 Zahlungsrahmen Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986; SR 632.10

Botschaft 1

Ausgangslage

Die Agrarpolitik 2014­2017 (AP 14­17) ist eine weitere wichtige Etappe in der Weiterentwicklung der Agrarpolitik. Sie enthält einerseits Vorschläge zur Anpassung der agrarpolitischen Instrumente (vgl. Ziff. 2 und 3) und andererseits einen Entwurf für den Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017 (vgl. Ziff. 4).

Die Revision des Bundesgesetzes vom 29. April 19981 über die Landwirtschaft (LwG) berücksichtigt verschiedene vom Parlament überwiesene Vorstösse. Es sind dies insbesondere: ­

Motion WAK-S zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems2: Diese beauftragt den Bundesrat, das im Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems vorgeschlagene Direktzahlungskonzept zu konkretisieren und dem Parlament bis Ende 2011 eine Botschaft zur Änderung des Direktzahlungssystems zu unterbreiten.

­

Motion Bourgeois zur Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft3: In Zusammenarbeit mit den massgebenden Verbänden der Land- und Ernährungswirtschaft soll der Bundesrat eine Qualitätsstrategie für Schweizer Lebensmittel erarbeiten.

­

Motion von Siebenthal zur Sicherung der Selbstversorgung4: Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der nächsten Reformetappe Massnahmen vorzuschlagen, um einen Selbstversorgungsgrad von mindestens 60 Prozent zu sichern.

Zudem berücksichtigt die Revision die parlamentarische Initiative Bourgeois zur Ernährungssouveränität5: Die Initiative wurde von beiden Räten angenommen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) hat anschliessend einen konkreten Umsetzungsvorschlag ausgearbeitet und den Bundesrat gebeten, diesen in die Vorlage zur AP 14­17 zu integrieren.

Ziel der AP 14­17 ist es, die Effizienz der agrarpolitischen Instrumente signifikant zu verbessern und so mit stabilen finanziellen Mitteln die agrarpolitischen Ziele besser zu erreichen.

Um die Vorlage in den agrarpolitischen Gesamtkontext zu stellen, wird in Ziffer 1 aufgezeigt, wie sich die bisherige Agrarpolitik in den letzten Jahren entwickelt hat und inwiefern die gesetzten Ziele erreicht wurden (Ziff. 1.1). Anschliessend wird erörtert, mit welchen Rahmenbedingungen die Landwirtschaft in den nächsten Jahren konfrontiert sein wird (Ziff. 1.2) und welche Herausforderungen sich daraus 1 2 3 4 5

SR 910.1 09.3973 Mo WAK-S, «Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Konkretisierung des Konzepts», 16. Oktober 2009.

09.3612 Mo Bourgeois, «Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft», 11. Juni 2009.

08.3194 Mo von Siebenthal, «Sicherung der Selbstversorgung unserer Bevölkerung über die Agrarpolitik 2015», 20. März 2008.

08.457 Pa.Iv. Bourgeois, «Ernährungssouveränität», 29. September 2008.

2093

für die Land- und Ernährungswirtschaft ergeben (Ziff. 1.3). In Ziffer 1.4 wird aufgezeigt, mit welcher langfristigen Strategie die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden sollen. In einem nächsten Schritt werden konkrete Ziele für den Zeithorizont bis 2017 definiert (Ziff. 1.5) und wird aufgezeigt, wie diese Ziele erreicht werden sollen (Ziff. 1.6). Schliesslich wird das Verhältnis der AP 14­17 zu den aussenhandelspolitischen Projekten dargestellt (Ziff. 1.7).

1.1

Bilanz der bisherigen Agrarpolitik

Verfassungsgrundlage Am 9. Juni 1996 haben das Schweizer Stimmvolk und alle Stände mit einem JaStimmenanteil von 78 Prozent eine neue Verfassungsgrundlage gutgeheissen. Der nun geltende Artikel 104 der Bundesverfassung6 (BV) definiert den Auftrag an die Agrarpolitik wie folgt: Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur: a.

sicheren Versorgung der Bevölkerung;

b.

Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und Pflege der Kulturlandschaft;

c.

dezentralen Besiedlung des Landes.

Verschiedene Studien7 zeigen, dass Artikel 104 BV die Erwartungen der Schweizer Bevölkerung an die Landwirtschaft immer noch gut widerspiegelt.

Entwicklung der Agrarpolitik seit Anfang der Neunzigerjahre Die Agrarpolitik wurde bisher in vier Etappen an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst. Die erste Etappe wurde Anfang der Neunzigerjahre eingeleitet. Mit der Einführung von produktunabhängigen Direktzahlungen im Jahr 1992 wurden Preis- und Einkommenspolitik voneinander entkoppelt8. Die zweite Etappe von 1999­2003 (AP 20029) brachte die Aufhebung der staatlichen Preis- und Abnahmegarantien und damit verbunden die Abschaffung halbstaatlicher Organisationen wie der Butyra und der Käseunion. Dem Verfassungsauftrag entsprechend, wurde die Ausrichtung von Direktzahlungen von der Erfüllung eines ökologischen Leistungsnachweises abhängig gemacht. Zentrales Element der dritten Etappe (AP 200710) war die Aufhebung der Milchkontingentierung im Jahr 2009. Weitere wichtige Änderungen waren die Einführung der Versteigerung der Importkontingente für Fleisch und der Ausbau der Strukturverbesserungsmassnahmen.

6 7

8 9 10

SR 101 Brandenberg A. et al. (2007): Was erwartet die schweizerische Bevölkerung von der Landwirtschaft?, 4hm AG und Uni St. Gallen. St. Gallen; Abele, M. und Imhof, S. (2009): Univox Landwirtschaft. Schlussbericht einer repräsentativen persönlichen Bevölkerungsbefragung im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft, gfs-zürich und BLW.

BBl 1992 II 1 BBl 1996 IV 1 BBl 2002 4721

2094

Kernelemente der vierten Etappe ab 2008 (AP 201111) waren die Aufhebung aller Exportsubventionen, ausgenommen derjenigen für Verarbeitungsprodukte (Bundesgesetz vom 13. Dezember 197412 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten, «Schoggigesetz»), die Reduktion der Marktstützungsmittel und deren Umlagerung in produktunabhängige Direktzahlungen sowie die Senkung der Grenzabgaben für Getreide und Futtermittel. Das agrarpolitische Instrumentarium wurde mit der Botschaft vom 30. Juni 201013 zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2012 und 2013 bis Ende 2013 unverändert weitergeführt.

Auswirkungen auf den Agrarsektor Die Weiterentwicklung der Agrarpolitik hat Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Sektor. Nachfolgend wird überprüft, wie die in Artikel 104 BV formulierten Zielsetzungen erreicht werden. Dabei wird der Fokus in Ziffer 1.1.1 zuerst auf die Nachhaltigkeit gerichtet (durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion); in einem zweiten Schritt werden die Entwicklungen bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen dargestellt (vgl. Ziff. 1.1.2). Die Nachhaltigkeitsbetrachtung ist ein inputorientiertes Konzept und fokussiert auf einen effizienten Umgang mit den Ressourcen. Die Analyse der gemeinwirtschaftlichen Leistungen ist outputorientiert, das heisst sie zeigt auf, welchen Nutzen die Gesellschaft von der landwirtschaftlichen Aktivität hat. In den Ziffern 1.1.3­1.1.5 werden weitere agrarpolitisch relevante Themen vertieft.

1.1.1

Nachhaltigkeit

Die Verordnung vom 7. Dezember 199814 über die Beurteilung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft sieht vor, dass periodisch überprüft wird, ob sich die Landwirtschaft bei gegebenen Rahmenbedingungen (Ernährungsverhalten, staatliche Rahmenbedingungen) in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt. Zu diesem Zweck wurde basierend auf dem Nachhaltigkeitskonzept des Bundes ein Set mit insgesamt elf Indikatoren entwickelt (vgl. Tabelle 1), welche die zentralen Nachhaltigkeitsthemen aufgreifen (Ressourcen, Effizienz und Gerechtigkeit).

11 12 13 14

BBl 2006 6337 SR 632.111.72 BBl 2010 5097 SR 919.118

2095

Tabelle 1 Nachhaltigkeitsindikatoren Dimensionen Themen

Ökonomie

Soziales

Ökologie

Ressourcen

Kapitalerneuerung

Ausbildung

Ökologische Ausgleichsflächen Verkäufe von Pflanzenschutzmitteln

Ackerfähiger Boden (Quantität) Effizienz

Gerechtigkeit

Arbeitsproduktivität

Stickstoffeffizienz Phosphoreffizienz Energieeffizienz Einkommensvergleich mit übriger Bevölkerung Lebensqualitätsvergleich mit übriger Bevölkerung

Quelle: BLW 2005

Ökonomie Der Indikator Kapitalerneuerung misst das Verhältnis zwischen Gesamtbestand an Gebäuden, Maschinen, Einrichtungen, Nutztieren und -pflanzungen (= Kapitalstock) und Investitionen. Er zeigt, wie viele Jahre die Erneuerung dieses Kapitalstocks mit den jeweils getätigten Investitionen dauern würde. 2008/10 ist die Kapitalerneuerung praktisch gleich hoch wie in den Referenzjahren 2000/02, nämlich bei etwas mehr als 30 Jahren.

Der Indikator ackerfähiger Boden macht eine Aussage zur Entwicklung desjenigen Teils der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN), der die wichtigste Grundlage für den Beitrag der Landwirtschaft zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Lebensmitteln bildet. Gemäss Arealstatistik nahm die Ackerfläche zwischen 1979/85 und 1992/97 um 2,1 Prozent ab. Da nahezu das gesamte eingebüsste Terrain versiegelt worden ist, ist diese Entwicklung als nicht nachhaltig einzustufen. In Ziffer 1.1.2 wird erläutert, wie sich die Landwirtschaftsflächen im Dauersiedlungsgebiet seit 1992/97 entwickelt haben.

Der Indikator Arbeitsproduktivität zeigt, wie viel Wertschöpfung eine Arbeitskraft erzielt. Er misst damit die Effizienz des Arbeitskräfteeinsatzes in der Schweizer Landwirtschaft. Diese ist zwischen 2000/02 und 2008/10 um knapp 18 Prozent (2,1 % pro Jahr) gestiegen.

Ökologie Der Indikator ökologische Ausgleichsflächen zeigt, wie sich die Fläche der naturnahen Lebensräume auf Landwirtschaftsland entwickelt, die zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Stabilität der Ökosysteme beitragen. Die ökologischen Ausgleichsflächen haben zwischen 2000/02 und 2008/10 von 112 000 auf 123 000 Hektaren zugenommen (+10 %). Damit werden 12 Prozent der LN als ökologische Ausgleichsflächen bewirtschaftet. Der Indikator ökologische Ausgleichsflächen wird 2096

derzeit von Agroscope weiterentwickelt, um zukünftig bessere Aussagen zur Entwicklung von Arten und Lebensräumen in der Landwirtschaft machen zu können.

Die Verkäufe von Pflanzenschutzmitteln dienen als Indikator für die Gefahr von Einträgen in die Umwelt, insbesondere in Wasser und Böden. Die verkauften Mengen sind zwischen 1990 und 2005 tendenziell zurückgegangen. Basierend auf einer neuen Erhebungsmethode war zwischen 2006 und 2008 ein Anstieg zu verzeichnen; in den Jahren 2009 und 2010 sind die Verkäufe wieder leicht gesunken. Da zwischen 2000/02 und 2008/10 keine wesentliche Änderung festzustellen ist, kann die Entwicklung insgesamt als neutral eingestuft werden. Auch dieser Indikator wird derzeit von Agroscope weiterentwickelt, um zukünftig bessere Aussagen zum Risiko der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln machen zu können.

Der Indikator Stickstoffeffizienz gibt das Verhältnis zwischen Output und Input von Stickstoff bei der landwirtschaftlichen Produktion an. Aufgrund der natürlich bedingten Prozessabläufe liegt gemäss heutigem Kenntnisstand die maximal mögliche Stickstoffeffizienz in der landwirtschaftlichen Produktion zwischen 30 und 40 Prozent. Die Stickstoffeffizienz konnte zwischen 2000/02 und 2007/09 von 27 auf 29 Prozent gesteigert werden, nachdem sie bereits zwischen 1990/92 und 2000/02 von 22 auf 27 Prozent zugenommen hatte.

Der Indikator Phosphoreffizienz misst das Verhältnis zwischen Output und Input von Phosphor im landwirtschaftlichen Produktionsprozess. Da Phosphor eine nicht erneuerbare Ressource ist, ist dessen haushälterische Nutzung wichtig. Der Einsatz mineralischer Phosphordünger hat in der Schweizer Landwirtschaft insbesondere in den Neunzigerjahren abgenommen. Die Effizienz nahm zwischen 1990/92 und 2000/02 entsprechend stark von 22 auf 53 Prozent zu. Zwischen 2000/02 und 2007/09 stieg die Effizienz weiter auf 59 Prozent.

Beim Indikator Energieeffizienz wird das Verhältnis zwischen der produzierten Nahrungsenergie und dem für die Produktion notwendigen Energieeinsatz berechnet. Die Energieeffizienz in der Landwirtschaft lag zwischen 2000/02 und 2007/09 bei rund 40 Prozent; seit 1990 ist dieser Wert stabil geblieben.

Soziales Der Indikator Ausbildung zeigt, wie sich das Verhältnis zwischen der Anzahl landwirtschaftlichen Lehrabschlüsse (Eidgenössische Fähigkeitszeugnisse
Landwirt/ Landwirtin) hochgerechnet pro Generation (30 Jahre) zur Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe entwickelt. Zwischen 2000/02 und 2008/10 hat sich das Verhältnis von 0,36 auf 0,51 erhöht. Aus einer Nachhaltigkeitsperspektive ist diese Entwicklung positiv zu werten. Sie ist darauf zurückzuführen, dass einerseits die Anzahl landwirtschaftlicher Lehrabschlüsse in den letzten Jahren gestiegen und andererseits die Basis durch die Aufgabe von Betrieben kleiner geworden ist.

Der Indikator Lebensqualitätsindex zeigt auf, wie sich anhand einer Selbsteinschätzung die Lebensqualität der bäuerlichen Bevölkerung im Vergleich mit jener der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung entwickelt. Der Indikator ist zwischen 2005 und 2009 von 14,6 auf 13,8 Punkte gesunken. Im Vergleich mit der übrigen Bevölkerung war der Lebensqualitätsindex bei der bäuerlichen Bevölkerung sowohl 2005 (­12 %) als auch 2009 (­20 %) tiefer. Dies ist vor allem auf die grössere Unzufriedenheit in den Bereichen stabile Rahmenbedingungen, Einkommen sowie genügend Zeit und Freizeit zurückzuführen.

2097

Beim Indikator Einkommensvergleich mit der übrigen Bevölkerung wird der Arbeitsverdienst je Familienjahresarbeitseinheit (FJAE) aller Betriebe dem Vergleichslohn von Angestellten gegenübergestellt. Seit es den Vergleich gibt, besteht eine Differenz zwischen den bäuerlichen und den nichtbäuerlichen Einkommen.

Zwischen 2000/02 und 2008/10 ist der Arbeitsverdienst je FJAE um knapp 20 Prozent gestiegen. Da in der gleichen Zeit die Löhne in den anderen Sektoren weniger stark angestiegen sind, ist die Einkommensdifferenz zur übrigen Bevölkerung um 5,8 Prozentpunkte gesunken. Im Durchschnitt der Jahre 2008/10 betrug sie 40 Prozent.

Abbildung 1

70'000

70

60'000

60

50'000

50

40'000

40

30'000

30

20'000

20

10'000

10

0

%

Fr.

Entwicklung des Arbeitsverdiensts je FJAE und des Vergleichslohns

0 2000/02 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Arbeitsverdienst je FJAE Vergleichslohn Verhältnis Arbeitsverdienst je FJAE / Vergleichslohn

Quelle: ART

Übersicht Tabelle 2 zeigt im Überblick, wie sich die Indikatoren seit der Jahrtausendwende entwickelt haben. Dazu wird die für das Indikatorensystem MONET15 entwickelte Symbolik verwendet.

15

MONET ist ein Indikatorensystem zum Monitoring der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz. Es misst und dokumentiert die aktuelle Lage und Entwicklung der Schweiz hinsichtlich der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte der Nachhaltigen Entwicklung. MONET ist eine gemeinsame Aktivität von BFS, BAFU, ARE und DEZA.

2098

Tabelle 2 Entwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren seit 2000/02 Dimension

Indikatoren

Entwicklung

Ökonomie

Kapitalerneuerung Boden (Quantität) Arbeitsproduktivität

Ökologie

Ökologische Ausgleichsflächen Pflanzenschutzmittelverkauf Phosphoreffizienz Stickstoffeffizienz Energieeffizienz

Soziales

1.1.2

Ausbildung Lebensqualitätsvergleich mit übriger Bevölkerung Einkommen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung

Beurteilung

Keine wesentliche
Veränderung
Abnahme Zunahme

+ Positiv

Zunahme Keine wesentliche
Veränderung
Zunahme Zunahme Keine wesentliche
Veränderung

+ Positiv
Neutral

Zunahme Abnahme

+ Positiv ­ Negativ

Zunahme

+ Positiv

­ Negativ + Positiv

+ Positiv + Positiv
Neutral

Gemeinwirtschaftliche Leistungen

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Weiterentwicklung der Agrarpolitik seit Anfang der Neunzigerjahre in den meisten Bereichen zu Verbesserungen führte. Die Ziele, die der Bundesrat in den Botschaften jeweils für die einzelnen Etappen definiert hat, wurden mehrheitlich erreicht16.

Mit dem Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems hat der Bundesrat auf der Basis von Artikel 104 BV erstmals eine umfassende Auslegeordnung bezüglich der von der Landwirtschaft erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen vorgenommen und für jede langfristig ausgerichtete, quantifizierbare Ziele festgelegt (vgl. Tabelle 3).

16

BLW (2009): Die Schweizer Landwirtschaft im Aufbruch ­ Das neue Landwirtschaftsgesetz, eine Bilanz nach zehn Jahren, Bern. Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Agrarbericht 2011.

2099

Tabelle 3 Ziele für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gemäss Bericht des Bundesrats zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems Leistung

Zielsetzung

Versorgungssicherheit

­ Produktionskapazität durch Kalorienproduktion in heutigem Ausmass und wichtige Einzelkulturen erhalten ­ Genügend fruchtbaren Kulturboden erhalten

Natürliche Lebensgrundlagen

­ Biodiversität erhalten und fördern ­ Natürliche Ressourcen Boden, Wasser, Luft nachhaltig nutzen

Kulturlandschaft

­ Kulturlandschaft offen halten ­ Vielfältige Landschaften erhalten und fördern

Dezentrale Besiedlung

­ Ziele sind auf kantonaler Ebene festzulegen

Tierwohl

­ Hohe Beteiligung bei besonders tierfreundlichen Haltungssystemen erreichen

In der vom Parlament überwiesenen Motion vom 16. Oktober 200917 der WAK-S wird der Bundesrat beauftragt, das vorgeschlagene Konzept zu konkretisieren. Die Motion hält fest, dass «die multifunktionalen Aufgaben gemäss Artikel 104 BV und die im Bericht definierten Ziele als Grundlage zu dienen haben». Deshalb werden diese Ziele nachfolgend als Referenz herangezogen, um zu beurteilen, ob in den entsprechenden Bereichen die Ziele erreicht sind oder ob Ziellücken bestehen.

Versorgungssicherheit Die landwirtschaftliche Produktion hat seit der Jahrtausendwende zugenommen. Im Durchschnitt der Jahre 2007/09 wurden in der Schweiz rund 6,9 Prozent mehr Nahrungsmittelkalorien produziert als 2000/02. Der Anstieg der Bruttokalorienproduktion ist vorwiegend auf eine höhere Kalorienproduktion im Pflanzenbau (+12,4 %) zurückzuführen, wobei witterungsbedingt von Jahr zu Jahr grössere Schwankungen auftreten können (z.B. Hitzesommer 2003). Die tierische Produktion hat leicht zugenommen (+1,8 %), sodass der Futterbedarf entsprechend ebenfalls leicht gestiegen ist. Da gleichzeitig die inländische Futtergetreide- und Raufutterproduktion gesunken sind, mussten deutlich mehr Futtermittel importiert werden (+46 %). In den letzten Jahren hat so der Anteil der tierischen Produkte, die auf der Basis von importierten Futtermitteln erzeugt werden, laufend zugenommen und im 2009 mit 24 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Das hat dazu geführt, dass die Nettokalorienproduktion (Nahrungsmittelproduktion auf der Basis inländischer Futtermittel) zwar auch gestiegen ist, der Anstieg jedoch mit 4,1 Prozent geringer ausfällt als derjenige bei der Bruttokalorienproduktion. Die Zielsetzung, die Kalorienproduktion auf dem Ausgangsniveau zu halten, wurde sowohl brutto als auch netto klar erreicht.

17

09.3973 Mo WAK-S, «Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Konkretisierung des Konzepts», 16. Oktober 2009.

2100

Abbildung 2 Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion 2000/02 bis 2009 26 000 25 000

Terajoule

24 000 23 000 22 000 Inlandproduktion brutto

21 000

Inlandproduktion netto

20 000 19 000

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2000/02

18 000

Quelle: SBV

Der Verbrauch von Nahrungsmitteln hat im gleichen Zeitraum, insbesondere aufgrund der wachsenden Bevölkerung, um 6,7 Prozent zugenommen. Der Bruttoselbstversorgungsgrad ist aufgrund des Produktionsanstiegs zwischen 2000/02 und 2007/09 bei 62 Prozent konstant geblieben. Der Nettoselbstversorgungsgrad liegt aktuell bei 55 Prozent, der krisenrelevante Selbstversorgungsgrad18 bei gut 90 Prozent.

Die offene Ackerfläche ist zwischen 2000/02 und 2008/10 von 290 500 auf 275 200 Hektaren gesunken (­5,3 %). Rund zwei Drittel der nicht mehr als offene Ackerfläche bewirtschafteten Flächen werden heute als Kunstwiesen genutzt, ein Drittel fiel der Siedlungsausdehnung zum Opfer. In den letzten Jahren hat sich der Rückgang der offenen Ackerfläche leicht beschleunigt, was insbesondere auf den starken Rückgang der Futtergetreideproduktion zurückzuführen ist (­18 %). Das ist mit ein Grund, weshalb der Anteil importierter Kraftfuttermittel in der Schweine-, Rindvieh- und Geflügelhaltung steigt. Diese Entwicklung ist aus der Optik der Versorgungssicherheit negativ zu bewerten.

Bezüglich Vielfalt der Ackerkulturen kann festgehalten werden, dass diese im Moment gesichert ist. Die Ölsaaten- und Zuckerrübenfläche hat seit 2000/02 um 33 beziehungsweise 9 Prozent zugenommen. Bei der Kartoffelfläche ist ein Rückgang von 20 Prozent zu verzeichnen. Die produzierten Mengen vermögen den Bedarf für die menschliche Ernährung nach wie vor zu rund 90 Prozent zu decken. Bei den Eiweisspflanzen ist die Anbaufläche nach einer deutlichen Ausdehnung am Anfang des neuen Jahrtausends in den letzten Jahren rückläufig.

18

Der krisenrelevante Selbstversorgungsgrad berücksichtigt, dass der mittlere Nahrungsmittelverbrauch mit derzeit zirka 3300 Kilokalorien pro Person und Tag deutlich über dem notwendigen Nahrungsmittelenergiebedarf von 2500 Kilokalorien liegt und dass sich die Futtergetreidefläche bei Bedarf auch direkt zur Produktion von Nahrungsmitteln nutzen liesse.

2101

In Bezug auf die Versorgungssicherheit ist die Entwicklung bei den für die landwirtschaftliche Produktion nutzbaren Flächen (Bodenquantität) kritisch zu bewerten.

Insbesondere aufgrund der intensiven Bautätigkeit im Mittelland hat die landwirtschaftlich genutzte Fläche laufend abgenommen. Zwischen 1979/85 und 1992/97 betrug die Abnahme der Landwirtschaftsflächen im Dauersiedlungsgebiet über 30 000 Hektaren (­3,0 %). Erste Auswertungen der gegenwärtig laufenden Aktualisierung der Arealstatistik zeigen, dass die Landwirtschaftsflächen in den letzten Jahren weiter abgenommen haben. Der Rückgang hat sich leicht verlangsamt. Zwischen 1992/97 und 2004/09 sind in den bisher ausgewerteten Gemeinden 20 200 Hektaren Landwirtschaftsflächen verloren gegangen (­2,2 %). Durch die Versiegelung wird der Boden praktisch irreversibel zerstört. Neben der Bodenquantität ist mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Flächen auch die Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, um die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten.

Natürliche Lebensgrundlagen Seit Anfang der Neunzigerjahre wurden im Bereich der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen insgesamt deutliche Verbesserungen erreicht. Die Anstrengungen zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität wurden verstärkt. Die Einführung des ökologischen Ausgleichs hat sich moderat positiv auf die Biodiversität ausgewirkt19.

Im Berg- und insbesondere im Sömmerungsgebiet ist jedoch ausgehend von einem mittleren bis hohen Niveau nachwievor ein Rückgang der Arten- und Lebensraumvielfalt zu verzeichnen. Im Talgebiet erfolgten leichte Verbesserungen ausgehend von einem tiefen Niveau20. Insgesamt konnte mit der Einführung des ökologischen Ausgleichs der Rückgang bei gefährdeten Arten zwar nicht gestoppt, aber zumindest verlangsamt werden.

Seit der Jahrtausendwende haben die ökologischen Ausgleichsflächen um rund 11 000 Hektaren zugenommen. Die Zunahme erfolgte stärker im Berggebiet als im Talgebiet. Während insbesondere in den höheren Zonen ein Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen besteht, der deutlich über dem im Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) geforderten Mindestanteil von 7 Prozent liegt, wurde die Zielsetzung von 65 000 Hektaren ökologischer Ausgleichsflächen im Talgebiet bisher nicht erreicht. Die ökologische Ausgleichsfläche im Talgebiet
hat in den letzten Jahren nur ganz leicht auf rund 60 000 Hektaren zugenommen. Gleichzeitig wurden mit der Einführung der Öko-Qualitätsverordnung vom 4. April 200121 (ÖQV) die ökologischen Ausgleichsflächen besser vernetzt und qualitativ aufgewertet. Heute sind 36 Prozent der ökologischen Ausgleichsflächen vernetzt und 26 Prozent der Flächen verfügen über biologische Qualität, wobei die Anteile im Berggebiet deutlich höher sind als im Talgebiet. Die Hauptproblematik im Berg- und Sömmerungsgebiet besteht darin, dass die Nutzung von Parzellen in Hofnähe tendenziell intensiviert wird und im Gegenzug schlecht erschlossene und steile Parzellen extensiviert werden bis hin zur Nutzungsaufgabe. Im Talgebiet kommen viele Arten nur noch in kleinen, gefährdeten Populationen vor. Der Brutvogelbestand von Kulturlandarten gilt als guter Indikator für den Zustand der Biodiversität. Bei den entsprechenden Leitarten ist in den letzten 20 Jahren eine konstante Entwicklung festzustellen. Die 19 20 21

Flury C. (2005): Bericht Agrarökologie und Tierwohl 1994­2005, Bern.

Lachat et al. (2010): Wandel der Biodiversität in der Schweiz seit 1900. Ist die Talsohle erreicht? Hauptverlag, Bern.

SR 910.14

2102

Bestände der Zielarten haben in den Neunzigerjahren abgenommen. Betrachtet man den Zeitraum seit der Jahrtausendwende, so ist kein Trend ersichtlich22.

Die Landwirtschaft produziert heute umweltfreundlicher als Anfang der Neunzigerjahre. Die Stoffeinträge in die Umwelt und die Belastung von Wasser und Luft haben abgenommen. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Einführung des ÖLN als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen. Gegenüber den Neunzigerjahren haben sich die Fortschritte im neuen Jahrtausend verlangsamt. Im Zeithorizont 2000/02 bis 2007/09 sind die Stickstoff-Überschüsse um knapp 3500 Tonnen (­3 %) und die Phosphor-Überschüsse um rund 1500 Tonnen (­20 %) gesunken. Die Verluste sind insbesondere beim Stickstoff und beim Phosphor immer noch zu hoch.

So liegen die Konzentrationen von Nitrat und Phosphor aber auch von Pflanzenschutzmitteln in verschiedenen Gewässern über den angestrebten Werten. Bezüglich Luftqualität sind vor allem die Ammoniak-Emissionen relevant. Diese haben nach einem deutlichen Rückgang hauptsächlich aufgrund abnehmender Milchviehbestände seit 2004 wieder leicht zugenommen und liegen fast zwei Mal höher, als sie sein dürften, damit sensible Ökosysteme wie Wälder oder Moore nicht geschädigt werden.

Die Grundlagen für die Beurteilung der Bodenqualität sind dürftig, da gesicherte Zeitreihen fehlen. Einzig bei ausgewählten Schwermetallen gibt es verlässliche Grundlagen, die aufzeigen, dass sich zum Teil Schadstoffe in den landwirtschaftlichen Böden anreichern. Es wird geschätzt, dass die Richtwerte von Cadmium, Blei, Zink und Kupfer in rund 10 Prozent der Bodenfläche überschritten werden. Erosion, Unterbodenverdichtung und Humusschwund sind weitere Prozesse, die auf einer bedeutenden Fläche vorkommen und die Bodenqualität signifikant beeinträchtigen.

Die landwirtschaftliche Produktion wirkt sich auch auf das Klima aus. Neben CO2 entstehen bei der Produktion von Lebensmitteln insbesondere Methan und Lachgas.

Gemäss nationalem Treibhausgasinventar sind die klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft zwischen 1990 und 2009 um 8 Prozent zurückgegangen. Der Rückgang ist vor allem auf die im Zusammenhang mit höheren Milchleistungen stehende Reduktion des Rindviehbestandes und auf den verminderten Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern zurückzuführen. In
der Bilanz nicht berücksichtigt sind die Aufnahme und Freisetzung von Kohlenstoff in den landwirtschaftlich genutzten Böden sowie die mit der Herstellung und Bereitstellung von Vorleistungen verbundenen Emissionen.

Die im Rahmen der AP 2011 gesetzten agrarökologischen Etappenziele23 wurden bisher noch nicht erreicht. Tabelle 4 gibt einen Überblick.

22 23

Birrer S., Jenny M. und Zbinden N. (2011): Bestandsentwicklung der einheimischen Brutvögel im Landwirtschaftsgebiet 1990­2009, Agrarforschung Schweiz 2 (2), 66­71.

BBl 2006 6337, 6390

2103

Tabelle 4 Agrarökologische Ziele der Agrarpolitik 2011 Zielgrösse

Stickstoff-Bilanz Reduktion der Stickstoffüberschüsse1 Ammoniak-Emissionen Reduktion der AmmoniakEmissionen Phosphor-Bilanz Reduktion der Phosphorüberschüsse Biodiversität Ökologische Ausgleichsflächen im Talgebiet

Einheit/Indikator

Basis

SOLL

IST

t N-Überschuss2

1994: 124 600

2015: 95 900 (­23 %)

2007/09: 114 700 (­8,0 %)

1990: 56 800

2009: 43 700 (­23 %)

2009: 48 600 (­14 %)

t P-Überschuss2

1990/92: 19 900

2009: 5 000 (­75 %)

2007/09: 6 000 (­70 %)

ha öAF

1993: 5 700

2009: 65 000

2010: 60 000

t N in NH3-Emissionen

1

Aufgrund der natürlich bedingten Prozessabläufe sind gewisse Stickstoffemissionen unvermeidbar. Unter der Annahme, dass die Stickstoffeffizienz bei konstanter Produktion maximal auf 40 % gesteigert werden kann, könnten die Stickstoffüberschüsse höchstens auf rund 70 000 t N reduziert werden.

2 nach OSPAR-Methode Quellen: ART, SHL und BLW

Kulturlandschaft Durch die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen wird dem Waldeinwuchs entgegengewirkt und so die Kulturlandschaft offen gehalten. Die Arealstatistik zeigt, dass in den tieferen Lagen der Waldeinwuchs kaum eine Rolle spielt. Der Rückgang der LN ist hier vor allem auf die Ausdehnung des Siedlungsgebiets und den Ausbau der Infrastrukturen zurückzuführen. In den oberen Bergzonen und vor allem im Sömmerungsgebiet findet jedoch ein namhafter Waldeinwuchs statt. So betrug der Rückgang der alpwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen 1979/85 und 1992/97 rund 18 000 Hektaren (­3,2 %). In den Gemeinden, für welche die neue Erhebung der Arealstatistik (2004/09) bereits vorliegt, hat der Waldeinwuchs gegenüber der Vorperiode zwar abgenommen, in diesen Gemeinden befinden sich jedoch weniger als 40 Prozent der alpwirtschaftlich genutzten Flächen, so dass sich daraus keine Schlüsse ziehen lassen. Gemäss den im März 2010 publizierten Ergebnissen der dritten Erhebung des Schweizerischen Landesforstinventars hat sich die Ausdehnung der Waldfläche zwischen 1993/95 und 2004/06 gegenüber der Vorperiode beschleunigt. 88 Prozent der Waldausdehnung wurden in den Regionen Alpen und Alpensüdseite festgestellt. Der Waldeinwuchs kann auch für die Biodiversität nachteilig sein, da viele eingewachsene Flächen aufgrund ihrer traditionell extensiven Bewirtschaftung über eine hohe Artenvielfalt verfügten.

Die Qualität der Landschaft verändert sich langsam. Obwohl es keine flächendeckenden Erhebungen gibt, liegen doch für einzelne Landschaftstypen Untersuchungen vor. So konnte für die Wytweiden des Juras in den letzten Jahrzehnten ein Verlust der mosaikartigen Struktur von Wald und Grünland festgestellt werden.

2104

Neben den traditionellen Kulturlandschaften spielen für die Erholung der Bevölkerung auch diejenigen in der Nähe der Agglomerationen eine wichtige Rolle. Diese Landschaften stehen insbesondere aufgrund der Siedlungsentwicklung unter Druck.

Insgesamt hat sich die Vielfalt und Qualität der Kulturlandschaft in den vergangenen Jahren verschlechtert, was sowohl auf die fortschreitende Ausdehnung des Siedlungsgebiets als auch auf die veränderte landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen ist.

Dezentrale Besiedlung Aufgrund der dezentralen Produktionsstruktur und der engen Verflechtung mit den vor- und nachgelagerten Betrieben leistet die Landwirtschaft einen Beitrag zur dezentralen Besiedlung. Die Landwirtschaft trägt gemäss einer Studie der ETH Zürich24 in rund 12 Prozent der Schweizer Gemeinden massgeblich zur Besiedlung bei. Aufgrund des Strukturwandels und des damit verbundenen Rückgangs der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen nimmt der Beitrag der Landwirtschaft tendenziell ab. Die Landwirtschaft kann die dezentrale Besiedlung nicht alleine sicherstellen und ist auf eine funktionierende Wirtschaft im ländlichen Raum (Nebenerwerbsmöglichkeiten) sowie grundlegende Infrastrukturen angewiesen. In den Jahren 2005­2008 hat nur in wenigen Regionen ein namhafter Rückgang der Wohnbevölkerung stattgefunden. Der Bund verfügt heute über verschiedene Instrumente, um lokale Initiativen zur Erhöhung der Wertschöpfung im ländlichen Raum gezielt zu fördern. Mit der Agrarpolitik und insbesondere den Massnahmen zugunsten des Berggebiets im Bereich der Direktzahlungen und der Strukturverbesserungen unterstützt der Bund indirekt die dezentrale Besiedlung, ohne aber ein konkretes Besiedlungsziel zu verfolgen. Da auch die politische Einschätzung der betroffenen Gebiete einzubeziehen ist, obliegt die Beurteilung, ob sich in einem bestimmten Gebiet die Besiedlung in unerwünschter Weise entwickelt, in erster Linie den Kantonen.

Tierwohl Das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 200525 und die darauf basierenden Ausführungsbestimmungen legen Minimalvorgaben hinsichtlich Tierhaltung fest, die für alle Tierhalterinnen und Tierhalter verbindlich sind. Mit den beiden fakultativen Anreizprogrammen «Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme» (BTS) und «Regelmässiger Auslauf im Freien» (RAUS) wird das Tierwohl über den
gesetzlichen Minimalstandard hinaus gefördert. Mit den jährlich ausgerichteten Direktzahlungen wird dem mit der Beteiligung an diesen Programmen laufend anfallenden Mehraufwand Rechnung getragen. Je nach Tierkategorie variiert die Beteiligungsrate erheblich. Da der Einstieg ins BTS-Programm in der Regel mit einem Um- oder Neubau eines Stalles verbunden ist, werden für solche Bauten höhere Investitionshilfen ausgerichtet. Von den neu gebauten Rindviehställen, die mit Investitionshilfen unterstützt werden, entsprechen rund 90 Prozent den BTS-Anforderungen. Dies führt zu einer laufenden Verbesserung bei der Beteiligung an den BTS-Programmen.

In den letzten Jahren sind die Beteiligungsraten beim BTS-Programm im Gleichschritt mit der Stallerneuerungsrate gestiegen. Die höchsten Beteiligungsraten bei 24

25

Rieder P., Buchli S. und Kopainsky B. (2004): Erfüllung des Verfassungsauftrags durch die Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung ihres Beitrags zur dezentralen Besiedlung. Zürich.

SR 455

2105

BTS weisen im Jahr 2010 das Geflügel (86 %) und die Schweine (64 %) auf. Beim Rindvieh liegt der Wert bei 42 Prozent.

Beim RAUS-Programm sieht es gerade umgekehrt aus. Im Jahr 2010 erreichen die Tiere der Rindergattung einen durchschnittlichen Beteiligungsgrad von 77 Prozent.

Bei den Schweinen liegt die Beteiligung bei 50 Prozent und beim Geflügel bei knapp 40 Prozent. Spezifische Tierkategorien mit tiefen Beteiligungswerten sind die Tiere der Rindergattung bis 120 Tage, die säugende Zuchtsauen und abgesetzten Ferkel, sowie die Zucht-, Junghennen und Mastpoulets. Die vom Bundesrat als Richtgrösse definierte Beteiligungsrate von mindestens 80 Prozent wird bis heute bei vielen Tierkategorien noch nicht erreicht.

Übersicht Tabelle 5 zeigt, wie sich die gemeinwirtschaftlichen Leistungen seit der Jahrtausendwende entwickelt haben und in welchen Bereichen Ziellücken bestehen.

Tabelle 5 Entwicklung der Zielerreichung bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen seit 2000 und gegenwärtige Ziellücken Zielbereich und Aspekt

Entwicklung

Ziellücke

Versorgungssicherheit Bruttoproduktion Nettoproduktion Futtermittelproduktion Vielfalt der Ackerkulturen Bodenquantität







nein nein ja nein ja

Natürliche Lebensgrundlagen Biodiversität Wasser Boden (Qualität) Luft/Klima






ja ja ja ja

Kulturlandschaft Offenhaltung Vielfalt (Qualität)




ja ja

Dezentrale Besiedlung



offen

Tierwohl



ja

1.1.3

Wettbewerbsfähigkeit

Nachfolgend wird auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen, die Leistungsfähigkeit der Betriebe sowie die Veränderungen der Produzenten- und Konsumentenpreise im In- und Ausland eingegangen.

2106

Strukturen Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe ging in den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends insgesamt um rund 11 500 Einheiten von 70 537 auf 59 065 zurück, was einem Rückgang von 1,8 Prozent pro Jahr entspricht. Gegenüber dem Jahrzehnt 1990­2000 betrug der Rückgang rund die Hälfte. Hauptgrund dafür ist, dass in den Neunzigerjahren etwa 50 Prozent der Reduktion der Anzahl Betriebe auf den Rückgang der Kleinbetriebe mit einer Fläche bis 3 Hektaren zurückzuführen war. Die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft verringerte sich in der Zeitspanne 2000­2010 um rund 36 500 Personen von 203 793 auf 167 462. Dies entspricht einer Abnahmerate von 1,9 Prozent pro Jahr.

Tabelle 6 Entwicklung der Anzahl der Betriebe und der Beschäftigten Merkmal

Anzahl Betriebe/Beschäftigte

Veränderung pro Jahr in %

2000

2009

2010

2000­2010

2009­2010

Betriebe Talregion Hügelregion Bergregion

70 537 31 612 18 957 19 968

60 034 26 708 16 468 16 858

59 065 26 297 16 221 16 547

­1,8 ­1,8 ­1,5 ­1,9

­1,6 ­1,5 ­1,5 ­1,8

Haupterwerb Nebenerwerb

49 239 21 298

42 214 17 820

41 434 17 631

­1,7 ­1,9

­1,8 ­1,1

Beschäftigte Vollzeit Teilzeit

203 793 95 995 107 798

169 788 75 480 94 308

167 462 74 339 93 123

­1,9 ­2,5 ­1,5

­1,4 ­1,5 ­1,3

Quelle: BFS

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ging sowohl die Zahl der Betriebe als auch diejenige der Beschäftigten jährlich um knapp 2 Prozent zurück. In dieser Zeitspanne konnte die Schweizer Landwirtschaft ihre Produktion leicht steigern (vgl. Ziff. 1.1.2). Diese Entwicklung schlägt sich im Indikator Arbeitsproduktivität für die Nachhaltigkeitsbeurteilung nieder, der zwischen 2000/02 und 2008/10 um 2,1 Prozent pro Jahr zugelegt hat (vgl. Ziff. 1.1.1).

Der Rückgang der Landwirtschaftsbetriebe ist ein Phänomen, das nicht nur in der Schweiz, sondern auch im übrigen Europa beobachtet wird. Die Abnahmerate bei den Betrieben lag im Zeitraum 2003­2010 in den Niederlanden und in Dänemark bei 2,4 Prozent, in Frankreich bei 2,5 Prozent und in Österreich bei 1,7 Prozent pro Jahr. Im Vergleich dazu lag sie in der Schweiz bei 1,5 Prozent pro Jahr.

2107

Leistungsfähigkeit der Betriebe Rohleistung, Kosten Die Rohleistung26 hat zwischen 2003/05 und 2008/10 um rund 12 Prozent zugenommen27. Bezüglich der Entwicklung der Rohleistung pro Jahresarbeitseinheit ist zwischen 2003/05 und 2008/10 eine Steigerung von 10,5 Prozent festzustellen.

Die Fremdkosten sind 2008/10 im Vergleich zu 2003/05 um 14 Prozent gestiegen, die grösste Zunahme ist bei den Kosten für Personal, Kraftfutter sowie Maschinen und Gebäude zu verzeichnen.

Stellt man die Kosten in das Verhältnis zur Rohleistung, so kann festgestellt werden, dass die Kosten pro Umsatzfranken zwischen 2003/05 und 2008/10 praktisch stabil geblieben sind. Unter Berücksichtigung der Preisentwicklung auf der Kosten- und der Leistungsseite hat sich das Verhältnis leicht verbessert, da die Preise für Produktionsmittel und Arbeit um rund 5­10 Prozent gestiegen sind, die Produzentenpreise 2008/10 hingegen auf demselben Niveau sind wie 2000/02.

Effizienzsteigerungspotenzial Anhand von einzelbetrieblichen Daten hat die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) untersucht, wie gross das Potenzial der Schweizer Landwirtschaftsbetriebe zur Steigerung der Effizienz ist28. Dazu wurden die Buchhaltungsbetriebe in möglichst homogene Gruppen eingeteilt (gleiche Produktionsausrichtung und Region). Anschliessend wurde die Effizienz aller Betriebe berechnet und mit den Betrieben verglichen, die in dieser Gruppe die höchste Effizienz erreichten (Benchmarkbetriebe). Die Resultate zeigen, dass ein Potenzial zur Verbesserung der Effizienz vorhanden ist. Während zwischen den verschiedenen Betriebstypen grössere Unterschiede beim Effizienzsteigerungspotenzial festgestellt werden, bestehen zwischen den Regionen nur geringe Differenzen. Wird die obere Hälfte der Betriebe als Benchmark herangezogen, beträgt das Effizienzsteigerungspotenzial 8 Prozent. Bildet das beste Viertel der Betriebe die Benchmark, kommt das Potenzial auf 14 Prozent zu liegen. Für den gesamten Sektor kann ein monetäres Effizienzverbesserungspotenzial hochgerechnet werden. Wenn beispielsweise alle Betriebe das Effizienzniveau der 50 Prozent Besten erreichen, beträgt das sektorale Effizienzverbesserungspotenzial rund 700 Millionen Franken.

Vergleich mit dem Ausland Eine Studie der ART29 vergleicht die Produktivität der Schweizer Talbetriebe mit dem
klimatisch und topografisch ähnlichen deutschen Bundesland BadenWürttemberg. Um den agrarpolitischen Unterschieden Rechnung zu tragen, wurden die baden-württembergischen Buchhaltungszahlen an die Schweizer Preis- und 26

27 28

29

Wert aller in einem Jahr im landwirtschaftlichen Betrieb produzierter Güter und Dienstleistungen, die nicht innerhalb des Betriebs verbraucht werden. Die Rohleistung setzt sich zusammen aus: a) Leistungen aus Verkäufen, b) Direktzahlungen, c) allen externen Lieferungen (Güter, Dienstleistungen, Wohnungsmiete), d) Wertveränderungen der Tierbestände und selbstproduzierten Vorräte.

Aufgrund einer methodischen Anpassung bei der zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten ist ein Vergleich nur ab 2003 möglich.

Todesco P., Jan P. und Lips M. (2011): Projekt Effizienzsteigerungspotenzial der Schweizer Landwirtschaftsbetriebe, Abschlussbericht zuhanden des Bundesamts für Landwirtschaft, Agroscope Reckenholz-Tänikon.

Schmid D. (2009): Schweiz ­ Baden-Württemberg: ein Produktivitätsvergleich. Agrarforschung, 16(4), 118­123.

2108

Direktzahlungsverhältnisse angepasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schweizer Landwirtschaft ein Potenzial zur Verbesserung der Produktivität hat. Bezüglich Globalproduktivität (Leistung/Kosten inkl. kalkulatorischer Entschädigung für eigene Arbeit und Eigenkapital) können die besten 17 Prozent der Schweizer Talbetriebe mit Baden-Württemberg mithalten, bei der Nettoarbeitsproduktivität (Betriebseinkommen pro Jahresarbeitseinheit) ist es rund ein Viertel.

Preise Situation in der Schweiz Abbildung 3 zeigt, dass sich die Preishausse 2007/08 am Weltmarkt am stärksten auf Stufe der Produzentenpreise ausgewirkt hat. Seither haben diese wieder deutlich abgenommen, während die Konsumentenpreise relativ stabil geblieben sind.

Abbildung 3 Entwicklung der Produzenten-, Konsumenten- und Importpreisindices für Nahrungsmittel sowie des Indexes der Preise für landwirtschaftliche Produktionsmittel 120

Index (2000/02 = 100)

115 110 105 100 95 90 85 2000/02

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Produzentenpreisindex Landwirtschaft Landesindex der Konsumentenpreise, Untergruppe Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Index der Preise der landwirtschaftlichen Produktionsmittel Importpreisindex für Nahrungsmittel

Quellen: BFS, SBV

Preisvergleich mit dem angrenzenden Ausland Der Preisabstand zu Österreich ist bis 2007 kontinuierlich geringer geworden.

Betrug der Abstand 2000/02 noch 48 Prozent, waren es 2007 nur noch 33 Prozent.

Hauptgründe für diese Entwicklung waren der Anstieg der Weltmarktpreise für wichtige Agrarprodukte und die gleichzeitige Abschwächung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Zwischen 2007 und 2010 ist der Abstand wieder grösser geworden. 2010 betrug er 43 Prozent. Hauptgrund dafür ist der stärker werdende Schweizer Franken. Lag der Eurokurs 2007 noch bei 1,64 Franken, sank er anschliessend deutlich und liegt aktuell bei ungefähr 1,20 Franken (­25 %).

Denselben Trend zeigt der Vergleich mit den Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien bei den Konsumentenpreisen. 2000/02 betrug die Differenz 32 Prozent, 2007 nur noch 19 Prozent und 2010 wieder 27 Prozent. Haupt2109

gründe für die Annäherung bis 2007 waren einerseits der schwächer gewordene Franken und anderseits der gegenüber der Schweiz stärkere Anstieg der Nahrungsmittelpreise in den Nachbarländern. Die Vergrösserung des Abstandes zwischen 2007 und 2010 ist wie bei den Produzentenpreisen auf die Erstarkung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zurückzuführen.

Nahrungsmittelausgaben der Haushalte im Vergleich zu den Nachbarländern Abbildung 4 zeigt eine Schätzung der Aufteilung der Nahrungsmittelausgaben für die Jahre 2006/08. In den gesamten Nahrungsmittelausgaben von 33,2 Milliarden Franken30 machen der Wert der Rohstoffe aus dem Inland 5,9 Milliarden Franken und jener der importierten Lebensmittel 8,3 Milliarden Franken aus. Subtrahiert man diese beiden Werte vom Total, so ergibt sich eine Marktspanne der nachgelagerten Branchen von 19,0 Milliarden Franken. In den Jahren 2006/08 waren die Konsumentenpreise in den Nachbarländern 22,1 Prozent billiger als in der Schweiz. Ausgehend von den gesamten Nahrungsmittelausgaben in der Höhe von 33,2 Milliarden Franken beträgt die preisbedingte Differenz zwischen der Schweiz und den Nachbarländern somit 7,3 Milliarden Franken.

Aufgrund der Differenz bei den Produzentenpreisen von 37 Prozent, beträgt der Anteil der Inlandproduktion an dieser Differenz 2,2 Milliarden Franken. Die importierten Lebensmittel wurden durch die Zollabgaben um 500 Millionen Franken verteuert. Subtrahiert man die höheren Rohstoffkosten (teurere Inlandproduktion plus Zölle) von der gesamten Preisdifferenz von 7,3 Milliarden Franken, verbleibt im Vergleich zu den Nachbarländern eine um 4,6 Milliarden Franken höhere Marktspanne von Verarbeitung und Handel. Die höhere Marktspanne ist teilweise ebenfalls auf den Zollschutz zurückzuführen.

Würde man der Berechnung der Marktspanne statt des durchschnittlichen EuroWechselkurses für 2006/08 von 1,60 Franken einen aktuellen Wechselkurs von 1,20 Franken zugrunde legen, wäre der Wert der Importe um rund 25 Prozent tiefer.

Entsprechend müssten die Nahrungsmittelausgaben in der Schweiz bei konstanter Marge der nachgelagerten Stufen gegenüber 2006/08 um rund 2 Milliarden Franken sinken.

30

Von den Verbrauchsausgaben für Nahrungsmittel wurden die alkoholischen Getränke sowie der direkte Einkauf von Nahrungsmitteln im Ausland durch die Konsumentinnen und Konsumenten ausgenommen. Bei der Ausser-Haus-Verpflegung wurden nur die Warenkosten der Restaurationsbetriebe berücksichtigt.

2110

Abbildung 4 Zusammensetzung der Schweizer Nahrungsmittelausgaben 2006/08 Total Nahrungsmittelausgaben CH 33,2 Mrd. CHF Differenz zu den Nachbarländern in Mrd. CHF

3

Gesamtdifferenz

Marktspanne 19,0 Mrd. CHF

2 Importe 8,3 Mrd. CHF

22,1% von 33,2

7,3

1 Landwirtschaft 37,0% von 5,9 - 2,2 - 0,5 2 Zölle

1

3 Marktspanne von Verarbeitung und Handel

= 4,6

Inlandproduktion 5,9 Mrd. CHF

Quellen: Berechnungen des BLW basierend auf Daten von BFS, SBV, Eurostat, SNB, swissimpex, Statistik Austria

Aufgrund der höheren Kaufkraft ist der Anteil der Nahrungsmittelausgaben an den Konsumausgaben der Haushalte in der Schweiz dennoch nicht höher als in umliegenden Ländern. Im Jahr 2009 betrug der Anteil der Nahrungsmittel einschliesslich alkoholfreie Getränke an den Konsumausgaben in der Schweiz rund 12 Prozent, während er in Deutschland bei 11 Prozent und in Frankreich bei 14 Prozent lag.

Unterstützung der Landwirtschaft gemäss OECD Die Stützung der Schweizer Landwirtschaft mittels Grenzschutz und staatlicher Transferzahlungen (z.B. Direktzahlungen oder Marktstützungsbeiträge) ist gemäss der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) von 7,3 Milliarden Franken in den Jahren 2000/02 auf 6,0 Milliarden Franken in den Jahren 2008/10 gesunken (­17 %). Dies ist auf den Rückgang der produktgebundenen Stützung (v.a. Grenzschutz und Marktstützungsbeiträge) zurückzuführen. Mit 2,2 Milliarden Franken erreichte diese Stützung im Jahr 2007 einen historischen Tiefstwert. Anschliessend war aufgrund der gesunkenen Weltmarktpreise im Zuge der Weltwirtschaftskrise wieder ein Anstieg der produktgebundenen Stützung zu verzeichnen. Aufgrund der Frankenstärke ist im Jahr 2011 nach einem Rückgang im Vorjahr wiederum mit einem Anstieg zu rechnen. Die übrige, nicht produktgebundene Stützung hat seit der Jahrtausendwende laufend zugenommen (+11 %). Dies ist insbesondere auf die sukzessive Umlagerung von Marktstützungsmitteln zu den Direktzahlungen zurückzuführen. Trotz des Rückgangs der Gesamtstützung seit der Jahrtausendwende verfügt die Schweiz im weltweiten Vergleich nach wie vor über eine der höchsten Agrarstützungen.

2111

Abbildung 5 Entwicklung der Gesamtstützung der Schweizer Landwirtschaft 8'000 7'000

Mio. CHF

6'000 5'000

produktgebundene Stützung (Grenzschutz und Marktstützung)

4'000

übrige budgetäre Stützung (v.a. Direktzahlungen)

3'000 2'000 1'000

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2000/02

0 Quelle: OECD

Bedeutung von Vorschriften und Auflagen Vorschriften und Auflagen schaffen Klarheit und bieten Sicherheit. In der Lebensmittelgesetzgebung beispielsweise schützen Hygienevorschriften unsere Gesundheit.

Dank klaren Vorschriften, zum Beispiel betreffend den Einsatz von Produktionsmitteln, können negative Auswirkungen auf die Umwelt verhindert werden. Vorschriften und Auflagen stehen auch im Dienst einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Produktion und begründen zu einem grossen Teil den guten Ruf und das Image der Schweizer Produkte im In- und Ausland. Eine glaubwürdige Deklaration, ethisch vertretbare Produktionsmethoden und umweltverträgliche Verfahren stellen die Voraussetzungen für den Markterfolg der Schweizer Landwirtschaft dar und sind unabdingbarer Teil der Qualitätsstrategie. Da Vorschriften und Auflagen ein wichtiger Bestandteil einer glaubwürdigen Politik sind, sind sie nicht nur aus der Kostenperspektive zu beurteilen. Vielmehr ist den Kosten auch der mit den Vorschriften und Auflagen verbundene Nutzen gegenüberzustellen.

Vorschriften und Auflagen sollen möglichst einfach und für alle transparent sein und möglichst einheitlich vollzogen werden. In den letzten Jahren haben verschiedene Massnahmen zu einer Vereinfachung und Flexibilisierung von Vorschriften und Auflagen geführt. Dazu gehören die Einführung der Parallelimporte, die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197931 (RPG), die Revision der Verordnung vom 19. Oktober 198832 über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder der zweite nationale Kontrollplan verschiedener Bundesämter zur Vermeidung von Mehrfachkontrollen und Doppelspurigkeiten beim Vollzug verschiedener Erlasse.

31 32

SR 700 SR 814.011

2112

Fazit Zusammenfassend zeigt die Analyse, dass die Landwirtschaftsbetriebe in den letzten 10 Jahren ihre Leistungsfähigkeit gesteigert haben. Auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit hat sich gegenüber den Nachbarländern insbesondere aufgrund international steigender Preise sowohl bei den Produzenten- als auch den Konsumentenpreisen verbessert. Der stärker werdende Franken hat allerdings dazu geführt, dass in den letzten drei Jahren die Preisdifferenzen wieder zugenommen haben.

Sowohl aus gesamtwirtschaftlicher Sicht als auch im Hinblick auf die Verteidigung von Marktanteilen beziehungsweise das Erschliessen neuer Exportmärkte muss die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern und das vorhandene Potenzial zur Verbesserung der Effizienz konsequent nutzen.

1.1.4

Sozioökonomische Lage der Landwirtschaft

Für die Beurteilung der sozioökonomischen Lage wird in Analogie zur Nachhaltigkeitsbeurteilung (vgl. Ziff. 1.1.1) auf die drei Themen Ressourcen, Effizienz und Gerechtigkeit eingegangen. Die Lageanalyse ist dabei sowohl auf sektoraler wie auch auf einzelbetrieblicher Ebene möglich33. Die Entwicklungen bei den Indikatoren Kapitalerneuerung, Arbeitsproduktivität und Einkommensvergleich aller Betriebe sowie Ausbildung und Lebensqualitätsvergleich wurde bereits in Ziffer 1.1.1 beschrieben, jene der finanziellen Stabilität und des Nettounternehmenseinkommens sind dem Agrarbericht 201134 zu entnehmen. An dieser Stelle wird daher zusätzlich nur der Indikator «Vergleich Arbeitsverdienst: effiziente Betriebe mit übriger Bevölkerung» erläutert. Vervollständigt wird dieses Kapitel durch eine Analyse des Gesamteinkommens, eine Darstellung der Situation der Frauen in der Landwirtschaft und weiteren bedeutsamen Themen der Sozialberichterstattung. Das Fazit bezieht sich auf das gesamte Indikatorenset.

33

34

Bötsch M. (2010): Die Bedeutung des Einkommens in der Schweizer Agrarpolitik, Impulsreferat an der Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Agrarwirtschaft und Agrarsoziologie vom 26. März 2010 in Tänikon.

Der Agrarbericht 2011 ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Agrarbericht 2011.

2113

Tabelle 7 Beurteilung der sozioökonomischen Lage der Landwirtschaft Ebene Themen

Einzelbetrieb

Sektor

Ressourcen

Finanzielle Stabilität (vgl. Agrarbericht 2011, S. 45­46)

Kapitalerneuerung (vgl. Ziff. 1.1.1) Ausbildung (vgl. Ziff. 1.1.1)

Effizienz

Vergleich Arbeitsverdienst: effiziente Betriebe mit übriger Bevölkerung

Arbeitsproduktivität (vgl. Ziff. 1.1.1)

Gerechtigkeit

Vergleich Arbeitsverdienst: alle Betriebe mit übriger Bevölkerung (vgl. Ziff. 1.1.1)

Nettounternehmenseinkommen (vgl. Agrarbericht 2011, S. 36­40) Lebensqualitätsvergleich mit übriger Bevölkerung (vgl. Ziff. 1.1.1)

Beurteilung des einzelbetrieblichen Arbeitsverdienstes Nach Artikel 5 Absatz 1 LwG wird mit den agrarpolitischen Massnahmen des Bundes angestrebt, dass nachhaltig wirtschaftende und ökonomisch leistungsfähige Betriebe im Durchschnitt mehrerer Jahre Einkommen erzielen können, die mit jenen der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung in der Region vergleichbar sind. Als Referenz für die leistungsfähigen Betriebe wird heute der mittlere Arbeitsverdienst des besten Quartils der Betriebe aus der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten herangezogen und regionsweise mit den entsprechenden Jahres-Bruttolöhnen der übrigen Bevölkerung (Vergleichslohn) verglichen35. Die Eidgenössische Finanzkontrolle empfiehlt in ihrem Bericht vom Dezember 201136, mittelfristig eine Überprüfung der Grundannahmen und gegebenenfalls eine Präzisierung der rechtlichen Vorgaben zur Einkommensermittlung und zum Einkommensvergleich vorzusehen.

Zwischen 2000/02 und 2008/10 ist der Vergleichslohn in allen Regionen gestiegen.

In der Talregion übertrifft der Arbeitsverdienst des vierten Quartils den Vergleichslohn 2008/10 weit mehr als 2000/02 (+34 000 CHF gegenüber +16 000 CHF).

Während in der Hügelregion der Arbeitsverdienst des vierten Quartils 2000/02 etwa gleichauf lag mit dem Vergleichslohn, so liegt er heute darüber (+12 000 CHF). In der Bergregion unterschritt der Arbeitsverdienst des vierten Quartils 2000/02 den Vergleichslohn klar (­9000 CHF), heute ist der Abstand deutlich geringer (­1500 CHF). Die Situation hat sich also in allen Regionen verbessert. Auch im Durchschnitt aller Betriebe hat sich der Arbeitsverdienst in der Landwirtschaft im Vergleich mit den Löhnen der übrigen Bevölkerung positiv entwickelt (vgl. Abb. 1 in Ziff. 1.1.1).

35 36

vgl. Antwort des Bundesrates auf 11.5427 Frage Kunz Josef, «Einkommen in der Landwirtschaft», 21. September 2011.

Eidgenössische Finanzkontrolle (2011): Ermittlung der landwirtschaftlichen Einkommen, Evaluation der aktuellen Einkommensermittlung auf einzelbetrieblicher Ebene sowie der Reformmassnahmen. Die Evaluation ist abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Evaluationen.

2114

Entwicklung der einzelbetrieblichen Gesamteinkommen nach Quartilen Über alle Regionen betrachtet hat sich der durchschnittliche Arbeitsverdienst der Betriebe im zweiten, dritten und vierten Quartil verbessert, im ersten Quartil ist er zurückgegangen. Dieselbe Entwicklung ist bei den landwirtschaftlichen Einkommen zu beobachten. Das Gesamteinkommen ist hingegen in allen Quartilen gestiegen.

Die Betriebe im ersten Quartil haben die tieferen landwirtschaftlichen Einkommen mit einer Steigerung der ausserlandwirtschaftlichen Einkommen um über 10 000 Franken mehr als kompensiert. Die Quartilsergebnisse der unterschiedlichen Einkommenskennziffern zeigen, dass eine Analyse allein auf der Basis der Arbeitsverdienste oder des landwirtschaftlichen Einkommens zu kurz greift. Bei den Betrieben des ersten Quartils bildete das ausserlandwirtschaftliche Einkommen bereits 2000/02 60 Prozent des Gesamteinkommens. Bis 2008/10 hat sich diese Situation weiter akzentuiert und der Anteil ist auf 78 Prozent gestiegen.

Tabelle 8 Entwicklung von Einkommensgrössen der Einzelbetriebe nach Quartilen1 Erstes Quartil (0­25 %) Dreijahresdurchschnitt

Zweites Quartil (25­50 %)

00/02

08/10

00/02

Drittes Quartil (50­75 %) 08/10

00/02

Viertes Quartil (75­100 %) 08/10

00/02

08/10

3 065 31 498 36 297 49 891 60 270

81 883

99 779

In Franken pro Betrieb

Arbeitsverdienst

6 153

Landwirtschaftliches Einkommen

18 967 11 351 43 840 45 096 63 938 70 836

98 108 112 274

Ausserlandwirtschaftliches Einkommen

28 621 39 854 18 171 23 034 15 535 19 969

12 888

Gesamteinkommen

47 588 51 205 62 011 68 130 79 473 90 805 110 996 131 600

1

19 326

Quartile eingeteilt anhand des Indikators Arbeitsverdienst je FJAE

Quelle: ART

Frauen in der Landwirtschaft Unter den im Jahr 2010 167 500 beschäftigten Personen in der Landwirtschaft waren 63 000 Frauen, davon über 2800 Betriebsleiterinnen. Dies entspricht insgesamt einem Anteil von 37 Prozent. Die Frauen engagieren sich unterschiedlich stark auf dem Betrieb. Viele arbeiten als Familienmitglieder mit, oft wird die Buchhaltung durch die Frau erledigt. Andere führen einen Betriebszweig, für den sie die alleinige Verantwortung tragen. Wieder andere gehen vorwiegend einer ausserlandwirtschaftlichen Tätigkeit nach. Daneben haben die Frauen auch vielfältige Aufgaben im Bauernhaushalt, bei der Erziehung der Kinder und der Pflege der Eltern oder Schwiegereltern, in ihrer beruflichen Tätigkeit ausserhalb des Betriebes und bei weiteren Engagements.

Der Bundesrat anerkennt die Bedeutung der Frauen in der Landwirtschaft und unterstützt ihre Anliegen. So ist der Grundsatz der Gleichstellung im LwG verankert. Seit der Agrarpolitik 2007 (AP 2007) werden sowohl in der Direktzahlungsverordnung 2115

vom 7. Dezember 199837 (DZV) wie auch in der Strukturverbesserungsverordnung vom 7. Dezember 199838 (SVV) die Ausbildungen von Bäuerinnen und Landwirtinnen/Landwirten explizit gleichgestellt.

Für frauenspezifische Anliegen in nichtlandwirtschaftlichen Rechtsbereichen wie etwa dem Eherecht oder der Arbeitslosenversicherung gelten für Frauen in der Landwirtschaft dieselben Regelungen wie für Frauen von anderen Familienunternehmen. Unterstützung bei diesen Fragen bietet die landwirtschaftliche Beratung39.

Ausserdem wird heute bei der Bäuerinnenausbildung mit dem Pflichtmodul «Landwirtschaftliches Recht» ebenfalls mehr Gewicht auf die Information über rechtliche Belange gelegt.

Ergebnisse der Schweizerischen Gesundheitsbefragung aus den Jahren 1997, 2002 sowie 2007 geben keine eindeutigen Hinweise auf eine mögliche Überbelastung der Bäuerinnen: Einige Resultate der Gesundheitsbefragung könnten ein Anzeichen dafür sein, dass die Bäuerinnen stärker unter Druck sind als früher, denn im Gegensatz zu den Bauern und zur übrigen Bevölkerung verschlechterte sich in der Selbstwahrnehmung der Gesundheitszustand der Bäuerinnen. Andere Indikatoren hingegen verbesserten sich wie etwa der Rückgang der Ein- und Durchschlafstörungen.

Im Jahr 2012 wird unter anderem als Antwort auf das Postulat Graf40 eine nationale Studie über die Frauen in der Landwirtschaft durchgeführt.

Weitere Themen der Sozialberichterstattung in der Landwirtschaft Seit 2000 werden im Agrarbericht regelmässig verschiedene sozial bedeutsame Themen behandelt, etwa die erfolgreiche Kinder- und Jugendhilfe Eggiwil (im Agrarbericht 2001), die Situation und Rolle der Frauen in der Landwirtschaft (2002), die Entwicklung der Arbeitsbelastung von Bauern und Bäuerinnen (2003), die verschiedenen kantonalen Anlaufstellen für Bauernfamilien in Schwierigkeiten (2004), Bauern und Bäuerinnen im Pensionsalter (2006), junge Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter und ihre Sicht der Zukunft (2008) oder Neuorientierung ausserhalb der Landwirtschaft (2009)41.

Fazit Gesamthaft betrachtet hat sich die finanzielle Lage der Landwirtschaft gegenüber 2000/02 leicht verbessert. Dank der kontinuierlichen Erneuerung von Gebäuden, Einrichtungen und Maschinen und der Verbesserung der Arbeitsproduktivität hat die Landwirtschaft die Grundlage für steigende einzelbetriebliche
Einkommen geschaffen. Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung hat sich die Einkommenssituation der leistungsfähigen Betriebe in der Tal- und Hügelregion wesentlich und in der Bergregion leicht verbessert. Der Vergleich zwischen dem Arbeitsverdienst aller Betriebe und jenem der übrigen Bevölkerung zeigt, dass zwar nach wie vor eine wesentliche Lücke vorhanden ist, die Einkommen in der Landwirtschaft aber im Gleichschritt mit der übrigen Bevölkerung steigen. Diese an sich positive Entwicklung wird von 37 38 39 40 41

SR 910.13 SR 913.1 LBL/SRVA (2004): Bewusst Bäuerin sein ­ Rechte und Pflichten der Ehepartner in der Landwirtschaft, Lindau/Lausanne sowie entsprechende Merkblätter.

11.3537 Po. Graf, «Bericht zur Situation der Frauen in der Landwirtschaft», 15. Juni 2011.

Die Agrarberichte sind abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Agrarbericht 2011

2116

den Landwirtinnen und Landwirten jedoch nur bedingt so wahrgenommen. Insbesondere weil die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von den Landwirtinnen und Landwirten negativer eingeschätzt werden, ist der Lebensqualitätsindex in den letzten Jahren gesunken. Erfreulich ist hingegen die Tatsache, dass die Anzahl der Jugendlichen, die ein Fähigkeitszeugnis Landwirt/in erworben haben, zugenommen hat, also für die Zukunft mehr ausgebildete Fachpersonen zur Verfügung stehen.

1.2

Künftige Rahmenbedingungen

Die Land- und Ernährungswirtschaft sind in eine vielfältige und komplexe Welt eingebunden. Je nachdem wie sich die Rahmenbedingungen in Zukunft weiterentwickeln, werden gewisse Themen wichtiger oder aber sie verlieren an Bedeutung. Die wichtigsten Rahmenbedingungen für die Agrarpolitik werden nachfolgend erläutert.

1.2.1

Bevölkerungsentwicklung

Gemäss den Prognosen der UNO wird die Weltbevölkerung bis 2050 weiter zunehmen, wobei die jährliche Wachstumsrate von heute rund 1,3 Prozent je nach Szenario mehr oder weniger stark sinken wird. Gemäss dem mittleren Szenario wird die Weltbevölkerung von aktuell 7 Milliarden bis 2025 auf gut 8 Milliarden ansteigen.

Die jährliche Zunahme von heute rund 80 Millionen würde dabei auf gut 60 Millionen sinken. Das Wachstum der Weltbevölkerung ist ungleich verteilt. Während die Bevölkerung in Europa leicht zurückgehen wird, sind vor allem in Asien und in Afrika grosse Zunahmen zu erwarten. Zudem wird sich die Bevölkerung weiter in die Städte verlagern (Landflucht, Urbanisierung). Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln wird sich bis 2050 mehr als verdoppeln. Rund 60 Prozent des Nachfragezuwachses ist durch das Bevölkerungswachstum und rund 40 Prozent durch die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten (mehr Fleisch und Milchprodukte) bedingt.

Das stärkste Nachfragewachstum wird in Afrika erwartet, wo sich die Nachfrage bis Mitte des Jahrhunderts verfünffachen wird42.

In der Schweiz wird gemäss den Prognosen des Bundesamts für Statistik (BFS)43 die Wohnbevölkerung von heute 7,8 auf 8,6 Millionen Personen im Jahr 2025 steigen (+10 %), wobei sich das Wachstum ebenfalls verlangsamen wird. Aufgrund der Alterung der Bevölkerung wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln in der Schweiz tendenziell etwas weniger stark zunehmen.

1.2.2

Wirtschaftswachstum

Über die letzten 40 Jahre hinweg betrug das durchschnittliche Weltwirtschaftswachstum 3,5 Prozent pro Jahr. In den letzten Jahren vor der Finanz- und Wirtschaftskrise erreichte das jährliche Wachstum sogar 4,7 Prozent, wobei das Wachs42 43

Parmentier B. (2007): Nourrir l'humanité, les grands problèmes de l'agriculture mondiale au XXIe siècle, Editions La Découverte, Paris.

mittleres Szenario A-00-2010

2117

tum in den Entwicklungs- und Schwellenländern fast dreimal so hoch war wie in den Industrieländern. Nach der Krise 2009 verzeichnete die Weltwirtschaft im Jahr 2010 wieder ein Wachstum von 5,1 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht in seinen Prognosen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum in Zukunft auf einem leicht tieferen Niveau (4,3 %) fortsetzt44. Extrapoliert man diese Entwicklung bis 2025, bedeutet dies fast eine Verdopplung der Weltwirtschaftsleistung und der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen (+88 %). Damit verbunden ist eine gegenüber heute noch einmal deutlich stärkere Beanspruchung der Rohstoffe und natürlichen Ressourcen. Dadurch werden die Preise beispielsweise für Energie weiter steigen, was sich dämpfend auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird.

Der IWF hält fest, dass die aktuellen Prognosen mit ungewöhnlich hoher Unsicherheit behaftet sind. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass die in vielen Ländern durchgeführten Konjunkturprogramme zu einem massiven Anstieg der Staatsverschuldung geführt haben. Verschiedene Länder haben derzeit Schwierigkeiten ihren Forderungen nachzukommen. Es wird daher erwartet, dass die Schuldenkrise das Wachstum der Weltwirtschaft in den kommenden Jahren spürbar dämpfen wird.

In der Schweiz wird nach der Erholung in den Jahren 2010 und 2011 aufgrund der schwächeren Wachstumsaussichten auf den Exportmärkten und der wahrscheinlich anhaltenden Frankenstärke mit einem abgeschwächten Wirtschaftswachstum gerechnet (vgl. auch Ziff. 4.3.2). Die Wachstumsraten werden weiterhin unter den Werten der Entwicklungs- und Schwellenländer liegen.

1.2.3

Klimawandel und Naturkatastrophen

Die globalen Treibhausgasemissionen durch menschliche Aktivitäten sind seit vorindustrieller Zeit stark angestiegen. Allein zwischen 1970 und 2004 betrug der Zuwachs 70 Prozent. Dies führt dazu, dass das Klima wärmer wird. Im vergangenen Jahrhundert betrug der Temperaturanstieg global 0,6 °C. Die aktuellen Prognosen gehen davon aus, dass die Temperatur infolge der bereits in die Atmosphäre emittierten Treibhausgase bis 2100 zwischen 1,8 und 4 °C ansteigen wird. Um gravierende und irreversible Schäden mit relativ grosser Wahrscheinlichkeit zu vermeiden, müsste die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal 2 °C begrenzt werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist gemäss Modellprognosen bis 2050 eine Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen um mehr als 85 Prozent gegenüber 1990 nötig.

Insgesamt nimmt das Potenzial für die globale Nahrungsmittelproduktion bei einer moderaten Erwärmung zu. Steigen die Temperaturen aber um mehr als 3 ºC, gehen die Klimaforscher davon aus, dass das Potenzial abnimmt. Zudem wird der Klimawandel zu einer Zunahme von Naturkatastrophen wie Unwetter und Stürmen beziehungsweise Trockenheit und Dürre führen. Solche Extremereignisse werden voraussichtlich stärkere Ertragsschwankungen bewirken. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die armen Länder, die über geringere Ressourcen zur Anpassung verfügen, vom Klimawandel härter betroffen sein werden als die reichen. Auf den Agrarmärkten werden grössere Preisschwankungen erwartet, die aufgrund der Vernetzung der Märkte auch lokal spürbar werden können.

44

IWF (2011): World Economic Outlook, Washington.

2118

Die kontinentale Lage und die komplexe Topografie der Alpen haben zur Folge, dass sich das Klima in der Schweiz stärker erwärmt als im globalen Mittel. Obwohl das Wasserangebot in der Schweiz insgesamt mehr als ausreichend ist, wird die Landwirtschaft während der Vegetationszeit zunehmend von Trockenheit betroffen sein. Bereits heute besteht auf 41 Prozent der potenziellen Ackerfläche und 26 Prozent der gesamten LN ein theoretisch ausgewiesener Bewässerungsbedarf.

Die Zunahme der Witterungsextreme mindert zudem die Ertragssicherheit. Bei vermehrtem Stress durch Hitze, Kälte, Trockenheit oder Nässe ist im Pflanzenbau mit zum Teil erheblichen Ertragsausfällen zu rechnen, insbesondere wenn der Stress während sensitiver Phasen, zum Beispiel während der Blüte, auftritt. Zusätzlich können Schäden durch Hagel, Starkniederschläge und Überflutung bei Hochwasser oder durch erhöhte Spätfrostgefährdung (vor allem im Obstbau) aufgrund verringerter Winterhärte zunehmen. Darüber hinaus können sich Pflanzenschutzprobleme verstärken, die mit neuen Schadorganismen und einer Zunahme des Befallsdrucks durch derzeit unauffällige Schadorganismen einhergehen.

Die zunehmende Trockenheit während der Vegetationsperiode und eine höhere Vernässungsgefahr im Herbst stellen neue Herausforderungen für die Bewirtschaftung dar. Der Humuserhaltung kommt in diesem Zusammenhang eine erhöhte Bedeutung zu. Lokal können Wassernutzungskonflikte entstehen oder sich verschärfen. Durch die Erwärmung und häufigere und intensivere Extremereignisse ist damit zu rechnen, dass die Bodenfruchtbarkeit ohne entsprechende Anpassungsmassnahmen durch Erosion und Verdichtungsgefahr in vernässten Böden und Abbau organischer Substanz beeinträchtigt wird und Agrarumweltprobleme wie Auswaschung zukünftig zunehmen könnten. Umgekehrt kann die Landwirtschaft durch eine angepasste Bewirtschaftung etwa zur Dämpfung von Hochwasserereignissen beitragen.

In der Tierproduktion können höhere Sommertemperaturen die Produktivität verringern. Auch für Einschleppung und Ausbreitung neuer, durch tierische Vektoren verbreitete Krankheiten, wie der Blauzungenkrankheit bei Wiederkäuern, hat der Klimawandel eine wichtige Bedeutung.

Insgesamt stehen den erwarteten Vorteilen für die landwirtschaftliche Produktion (wärmere Temperaturen, längere Vegetationsperiode) zunehmende
Risiken durch Extremereignisse (Hitze, Trockenheit, Starkniederschläge) und ein höherer Druck ausgehend von Schadorganismen gegenüber. Es bestehen grosse Unsicherheiten über das künftige Ausmass dieser Risiken.

Eine weitere Quelle von Unsicherheiten ergibt sich aufgrund einer zunehmend globalisierten Wirtschaft und aufgrund von möglichen Umweltkatastrophen. Das Risiko einer schnellen und umfassenden Verbreitung von unerwünschten oder für Mensch, Tier und Umwelt gefährlichen Stoffen und Organismen ist heute höher als früher und erfordert das Ergreifen entsprechender Vorsorgemassnahmen.

1.2.4

Ressourcenverfügbarkeit

Bei den natürlichen Ressourcen ist eine weitere Verknappung zu erwarten. Allein aufgrund der steigenden Weltbevölkerung und der Ausdehnung des Siedlungsgebiets ist davon auszugehen, dass bis 2025 zwischen 30 und 40 Millionen Hektaren Agrarland durch Versiegelung verloren gehen. Da die meisten Städte in fruchtbaren Gebieten (Küstenregionen, Flussmündungen) liegen, dürfte der grösste Teil des 2119

Flächenmehrbedarfs auf Kosten von guten Ackerböden gehen. Zudem gehen gemäss Weltbank jährlich zwischen 5 und 10 Millionen Hektaren Agrarland durch starke Degradation verloren. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und die OECD gehen davon aus, dass noch rund 500 Millionen Hektaren Agrarland in eine ackerbauliche Produktion überführt werden können, wobei dies grosse Investitionen erfordert und die Erträge auf diesen Flächen unterdurchschnittlich sind. In den nächsten 15 Jahren liegt das realisierbare Potenzial bei gut 100 Millionen Hektaren, was rund 7 Prozent der heute weltweit bewirtschafteten Ackerfläche entspricht. Neben dem Boden ist Wasser der entscheidende limitierende Faktor für die landwirtschaftliche Produktion. Heute gehen rund 70 Prozent des weltweit genutzten Süsswassers in die Landwirtschaft. Eine nachhaltige Produktion ist vor allem dort gefährdet, wo mit Grundwasser intensiv bewässert wird und zu diesem Zweck mehr Wasser entnommen wird, als während des Jahres wieder nachfliesst. Gemäss Schätzungen des «International Water Management Institute» wird ohne Verbesserung der Wasserproduktivität die Wassernachfrage für die Ernährung der Bevölkerung bis 2025 um 20­30 Prozent steigen. Dazu kommt der erwartete zusätzliche Bedarf an Trinkwasser und für die Produktion von Energie (inkl. Biotreibstoffe) und anderen pflanzlichen Rohstoffen (z.B. Baumwolle). Das zukünftige Wasserangebot wird zudem durch den Klimawandel beeinflusst (vgl. Ziff. 1.2.3).

Neben den natürlichen Ressourcen sind auch Rohstoffe wie Erdöl und Phosphor zentrale und gleichzeitig endliche Produktionsfaktoren. Das bedeutet, dass mit steigender Nachfrage die verfügbaren Mengen sinken.

In der Schweiz ist der landwirtschaftliche Kulturboden sehr knapp. Pro Einwohnerin und Einwohner beträgt die Ackerfläche lediglich 5,3 Aren. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz damit nach Japan auf dem zweitletzten Rang. Im weltweiten Durchschnitt beträgt die Ackerfläche 20 Aren und die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche 71 Aren pro Person.

2120

Abbildung 6 Internationaler Vergleich der landwirtschaftlich genutzten Fläche pro Einwohnerin und Einwohner 120 Ackerfläche

100 Aren pro Einwohner

übrige landwirtschaftlich genutzte Fläche 80 60 40 20

Mittelwert global

Japan

Schweiz

Niederlande

China

Italien

Deutschland

Österreich

Frankreich

Brasilien

Rumänien

USA

Russland

0

Quelle: FAO

Aufgrund der weiteren Bevölkerungszunahme und des erwarteten Wirtschaftswachstums wird der Siedlungsdruck auf die landwirtschaftlichen Flächen in der Schweiz hoch bleiben. Der Bewässerungsbedarf wird in der Schweiz aufgrund des Klimawandels ansteigen, und in einigen Einzugsgebieten kann es zu Wassernutzungskonflikten kommen.

Die Schweiz ist bei den meisten Rohstoffen und bei den Energieträgern stark abhängig von Importen. Beispielsweise stammen mehr als 95 Prozent des Schweizer Phosphorbedarfs aus aussereuropäischen Quellen. Im Bericht Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit45 hat der Bundesrat aufgezeigt, welche Schritte zu unternehmen sind, um die Effizienz und die Nachhaltigkeit bei der Ressourcennutzung in Produktion und Konsum zu steigern.

1.2.5

Technischer Fortschritt

Aufgrund des technischen und biologischen Fortschritts wird die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft auch in Zukunft noch steigen und damit der Bedarf an Arbeitskräften in der klassischen landwirtschaftlichen Produktion abnehmen.

Dadurch wird sich die Abwanderung aus der Landwirtschaft fortsetzen, was insbesondere Länder mit einem hohen Anteil landwirtschaftlicher Bevölkerung vor grosse Herausforderungen stellen wird (Landflucht). In Regionen mit bereits hohem 45

Bericht des Bundesrates vom 19. August 2009, Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit, in Erfüllung des Postulats Stadler vom 29. Mai 2008 (08.3270).

Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Themen > Knappe natürliche Ressourcen.

2121

Ertragsniveau wie Europa oder Nordamerika ist das Potenzial für weitere Ertragssteigerungen geringer als in Regionen mit tiefen Erträgen wie Afrika. Der Bedarf an Dünger, aber auch an anderen Produktionsmitteln (z.B. Pflanzenschutzmittel), wird weltweit weiter zunehmen. Der technische Fortschritt eröffnet auch neue Möglichkeiten zur Entwicklung besonders nachhaltiger Anbausysteme.

In einer nicht publizierten Erhebung von ART konnte am Beispiel der Milchviehhaltung aufgezeigt werden, wie sich der Arbeitsbedarf bisher entwickelt hat und welche Entwicklung mittelfristig noch zu erwarten ist (Abbildung 7). Es handelt sich um eine Durchschnittsbetrachtung für die Schweizer Milchproduktion. Der Anteil der Laufställe wird in der Zeitspanne von 1990­2020 von 3 auf über 50 Prozent anwachsen. Aufgrund der hohen Investitionen in die Stalleinrichtungen und deren Amortisation über mehrere Jahrzehnte ist es sinnvoll, dass diese kontinuierliche Entwicklung weitergeführt wird. Bei der Fütterungs-, Melk- und Entmistungstechnik sind weitere Rationalisierungen möglich und die Arbeitsproduktivität kann in den nächsten 10 Jahren im bisherigen Ausmass gesteigert werden. Auch im Ackerbau besteht nach wie vor ein Potenzial zur Reduktion der Arbeitszeiten. Mögliche Ansatzpunkte sind eine bessere Arrondierung der Parzellen, der Ausbau der überbetrieblichen Zusammenarbeit, gemeinsame Maschinennutzung und Verstärkung der Lohnarbeit oder die Reduktion der Arbeitsgänge auf drei bis vier Überfahrten (minimale Bodenbearbeitung oder Direktsaat).

Abbildung 7

Arbeitszeitbedarf je Kuh und Jahr (Akh)

Entwicklung des Arbeitszeitbedarfs in der Milchviehhaltung 160

Betriebsführung/Sonderarbeiten Misten/Einstreuen Füttern Melken

140 120 100 80 60 40 20 0 1990

2001

2010 Jahr

2122

2015

2020 Quelle: ART

1.2.6

Internationale Agrarmärkte und Ernährungssituation

Preisentwicklung Die Produzentenpreise am Weltmarkt liegen gemäss «Food Price Index» der FAO 2011 auf dem höchsten Niveau seit Beginn der entsprechenden Aufzeichnungen Anfang der Neunzigerjahre. Der Wert liegt auch deutlich über jenem, der am Höhepunkt der Nahrungsmittelkrise im Sommer 2008 verzeichnet wurde. Nach einem Einbruch 2008/09 im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise stiegen die Preise 2010 wieder rasant an. Betroffen waren dabei alle wichtigen Produktegruppen, am stärksten Getreide, Öle und Fette sowie Zucker. Die Preise haben in den letzten Jahren stärker geschwankt als in der ganzen Zeitspanne seit der Erdölkrise in den Siebzigerjahren. Entsprechend gross sind die Unsicherheiten in Bezug auf die künftigen Preisentwicklungen. OECD und FAO46 gehen davon aus, dass die Weltmarktpreise für die allermeisten Produkte bis 2020 im Vergleich zum Beginn des Jahrtausends auf einem deutlich höheren Niveau liegen werden. Die beiden Organisationen schätzen, dass im Durchschnitt der Jahre 2011­2020 die realen Preise für Getreide (Mais) um bis zu 20 Prozent und bei Fleisch (Geflügel) um bis zu 30 Prozent höher liegen werden als 2001­2010.

Inwiefern die tendenziell steigenden Weltmarktpreise zu einer Annäherung des internationalen Preisniveaus an das Preisniveau in der Schweiz führen werden, hängt insbesondere auch von der Wechselkursentwicklung ab. So hat der stärker werdende Franken dazu geführt, dass sich die Preissteigerungen auf den internationalen Märkten im vergangenen Jahr nur in abgeschwächtem Ausmass auf die Schweizer Importpreise und damit das inländische Preisniveau ausgewirkt haben.

Volatilität Die Prognosen von OECD und FAO geben an, wie sich die Preise mittel- bis langfristig entwickeln werden. Auch wenn kein sichtbarer Trend auf einen dauerhaften Anstieg der Volatilität schliessen lässt, weisen die OECD und die FAO doch darauf hin, dass neue Faktoren ­ darunter das stärkere Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Preisen für Energie und jenen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die relativ tiefen weltweiten Lagerbestände und die möglichen Auswirkungen des Klimawandels ­ zu einer höheren Volatilität der Preise führen könnten. Verschiedene Beobachter, darunter auch die Europäische Kommission, rechnen ebenfalls mit einem Anstieg der Volatilität an den Weltmärkten mit entsprechenden Auswirkungen
auf die nationalen Märkte47.

Grundsätzlich wird auch in der Schweiz für die kommenden Jahre eine ­ wenn auch leichte ­ Zunahme der Volatilität antizipiert. Mit den bestehenden Instrumenten, insbesondere dem Grenzschutz und den Direktzahlungen, können die Auswirkungen der internationalen Preisschwankungen gedämpft werden.

46 47

OECD-FAO (2011): Agricultural Outlook 2011­2020, Paris/Rome.

European Commission (2010): Commodity Price Volatility: International and EU Perspective, Brussels.

2123

Ernährungssituation Die Anzahl unterernährter Menschen ist nach wie vor sehr hoch. Nach den Zunahmen zwischen 2006 und 2009 im Zuge der stark steigenden Lebensmittelpreise und der Weltwirtschaftskrise, ist die Zahl und der Anteil der Hungerleidenden 2010 dank der Erholung der Weltwirtschaft und dem Rückgang der Lebensmittelpreise gegenüber dem davor verzeichneten Rekordstand gesunken. Die FAO schätzt, dass im Jahr 2010 rund 925 Millionen Menschen Hunger litten. Es leiden nach wie vor mehr Menschen an Hunger als vor der Krise, was die Umsetzung der am Welternährungsgipfel von 2009 beschlossenen Ziele zur Hungerbekämpfung und das Ziel 1 der Millenniumserklärung noch erschwert.48 Abbildung 8 Anzahl unterernährter Menschen 1990­1992 und 2010: regionale Trends Anzahl unterernährter Menschen in Mio.

700 600 500 400 300 200 100 0 Asien und Pazifik 1990-1992

1995-1997

Afrika südlich der Sahara 2000-2002

Lateinamerika und Karibik 2005-2007

2008

Naher Osten und Nordafrika 2009

2010

Quelle: FAO

Die meisten unterernährten Menschen leben in Entwicklungsländern, zwei Drittel davon konzentrieren sich auf nur sieben Länder (Bangladesch, China, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Indien, Indonesien und Pakistan) und über 40 Prozent von ihnen leben in China und in Indien. In der Region Asien und Pazifik ist die Anzahl unterernährter Menschen nach wie vor am höchsten.

1.2.7

Aussenpolitik

Mit ihrer Aussenpolitik wahrt die Schweiz ihre Interessen gegenüber dem Ausland und arbeitet an Lösungen für die regionalen und globalen Probleme unserer Zeit mit49. Die Aussenwirtschaftspolitik trägt zum Wachstum der Schweizer Wirtschaft und damit zur Steigerung des Wohlstandes bei. Die Schweizer Volkswirtschaft 48 49

FAO (2010): The State of Food Insecurity in the World: Addressing Food Insecurity in Protracted Crises, Rome.

Aussenpolitischer Bericht 2010 vom 10. Dezember 2010, BBl 2011 1013.

2124

verdient jeden zweiten Franken im Ausland, das heisst mit dem Export von Gütern und Dienstleistungen (insbesondere Finanzdienstleistungen). Der Bericht vom 13. Januar 201050 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009 hält fest, dass der Bundesrat gleichzeitig die Auswirkungen seines Handelns auf die sozialen und ökologischen Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen muss, um zu gewährleisten dass die Aussenwirtschaftspolitik den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung gerecht wird. In diesem Rahmen sind der bessere Zugang zu den Aussenmärkten sowie die Konsolidierung internationaler Regeln für den Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit entscheidend. Die multilateralen Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) haben für den Bundesrat Priorität. An zweiter Stelle folgen die Konsolidierung und der Ausbau der wirtschaftspolitischen Beziehungen zur Europäischen Union (EU). In dritter Priorität verfolgt der Bundesrat bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten. Auf allen drei Ebenen laufen Verhandlungen und die Landwirtschaft ist immer Teil davon. Da die Schweiz einen hohen landwirtschaftlichen Grenzschutz aufweist, ist sie im Bereich Marktzugang besonders gefordert.

WTO Im November 2001 haben die Minister der WTO-Mitgliedsstaaten in Doha die laufende Verhandlungsrunde mit dem Ziel einer weiteren substanziellen Liberalisierung des Handels lanciert. Die Schweiz als sehr exportorientierte Wirtschaft engagiert sich stark in dieser Runde. Sie strebt vor allem Verbesserungen des Marktzuganges für Industrieprodukte und Dienstleistungen an. Im Landwirtschaftsbereich nimmt sie hingegen, vor allem beim Marktzugang, eine defensive Position ein. Der aktuelle Verhandlungsstand51 im Dossier Landwirtschaft sieht unter anderem folgende Verpflichtungen vor: ­

Durchschnittliche Senkung der Zölle um 60 Prozent; für eine beschränkte Anzahl Zolllinien, die als «sensible Produkte» bezeichnet werden, dürfte eine geringere Zollreduktion angewandt werden, falls im Gegenzug zollfreie Einfuhrkontingente offeriert werden. Eine Höchstlimite für Zölle ist ebenfalls vorgesehen (sog. Capping), was besonders die hohen Agrarzölle der Schweiz treffen wird.

­

Bei der Inlandstützung ist eine Kürzung der Marktstützungssumme der Schweiz um die Hälfte vorgesehen. Produktungebundene Direktzahlungen (sog. Green-Box-Massnahmen) sollen weiterhin von jeglichen Reduktionsverpflichtungen ausgenommen werden.

­

Beim Exportwettbewerb geht es um die Abschaffung aller Formen von Exportsubventionen.

Durch die Neugestaltung der Schweizer Agrarpolitik seit den Neunzigerjahren können die Resultate der Doha-Runde in den beiden Kapiteln «Exportsubventionen» und «Interne Stützung» relativ gut abgefedert werden. Das Kapitel «Marktzugang für Agrargüter» hingegen stellt für die Schweiz eine grosse Herausforderung dar.

Zudem wäre auch der Ausgleich der Rohstoffpreisnachteile zugunsten der exportierenden Nahrungsmittelindustrie (im Rahmen des Schoggigesetzes) davon betroffen.

50 51

BBl 2010 479 Modalitätenentwurf vom 6. Dezember 2008

2125

Das Abkommen würde voraussichtlich im Rahmen einer fünfjährigen Implementierungsphase umgesetzt. Eine Ausnahme sind die Exportsubventionen, die gemäss Einigung an der WTO-Ministerkonferenz von 2005 in Hongkong bis Ende 2013 vollständig abgeschafft werden müssen.

Die Verhandlungsposition des Bundesrates wurde im Parlament immer wieder unterstützt. So hat der Nationalrat in der Wintersession 2009 zwei Motionen abgelehnt, die die Ausklammerung der Landwirtschaft aus den WTO-Verhandlungen forderten52. Hingegen hat der Nationalrat ein Postulat angenommen, das vom Bundesrat verlangt, zu prüfen, ob der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln getrennt von den Freihandelsabkommen behandelt werden könnte53.

Die WTO-Verhandlungen sind zurzeit auf politischer Ebene blockiert. In bedeutenden Mitgliedstaaten stehen momentan wichtige innenpolitische Weichenstellungen an. Ein Abschluss ist daher frühestens ab 2013 wieder möglich. Es hat sich gezeigt, dass viele Staaten wegen der Verlangsamung der Doha-Verhandlungen die Handelsliberalisierung verstärkt über bilaterale Freihandelsabkommen fortführen, was zu einer weniger koordinierten Öffnung der Märkte führt. Für Länder wie die Schweiz erweist es sich bei solch bilateralen Abkommen als schwieriger, gleichwertige Resultate zu erzielen wie im multilateralen Kontext.

Es ist ausserdem festzustellen, dass die korrekte Einhaltung der Verpflichtungen, insbesondere auch bei den internen Stützungsmassnahmen, während der reduzierten Verhandlungstätigkeit intensiver und kritischer überprüft wird. Zudem muss damit gerechnet werden, dass die Hemmschwelle für eine Einleitung von WTO-Streitbeilegungsverfahren sinken wird.

Bilaterale Verhandlungen mit der EU Die laufenden Verhandlungen mit der EU über ein Abkommen in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit (FHAL&GesA) sind ein prioritärer Eckpfeiler für die Fortführung und den Ausbau der bilateralen Beziehungen zur EU. Mit einem FHAL&GesA wird das Ziel verfolgt, dem Sektor mit einer vorausschauenden Strategie verlässliche Perspektiven zu geben. Dazu sollen tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse mit der EU entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Agrar- und Lebensmittelbereich abgebaut werden. Dies geht über eine reine Weiterentwicklung
der bestehenden bilateralen Verträge mit der EU im Agrarbereich (Abkommen vom 21. Juni 199954 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen [Agrarabkommen], Protokoll Nr. 2 vom 22. Juli 197255 über bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse [Protokoll Nr. 2]) hinaus.

52

53 54 55

08.3301 Mo Graber, «Freihandel. Landwirtschaft weitgehend ausschliessen», 10. Juni 2008; 09.3722 Mo Stamm, «Die Landwirtschaft aus den jetzigen WTO-Verhandlungen herauslösen», 12. Juni 2009.

08.3263 Po Thorens Goumaz, «Landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel von Freihandelsabkommen ausschliessen», 28. Mai 2008.

SR 0.916.026.81 SR 0.632.401.2

2126

Abbildung 9 Abkommen in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit

Marktzugang

Abbau von: · tarifären Handelshemmnissen · nicht-tarifären Handelshemmnissen

Lebensmittelsicherheit EFSA: Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit RASFF: Schnellwarnsystem im Bereich Lebens- und Futtermittel

Produktesicherheit RAPEX: Schnellwarnsystem im Bereich der NichtLebensmittel-Produkte

Öffentliche Gesundheit ECDC: Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten EWRS: Frühwarn- und Reaktionssystem HP 2008-2013: EUGesundheitsprogramm

Marketing Zölle Standards, Quoten Produktionsmittel

Acquis Lebensmittelsicherheit

Acquis Produktesicherheit

Acquis Gesundheit

Ein umfassendes Abkommen verbessert den Marktzugang in die EU, steigert die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Branche und senkt die Preise für landwirtschaftliche Produktionsmittel. Dadurch können langfristig eine produzierende Landwirtschaft und eine wettbewerbsfähige Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz erhalten sowie die Kaufkraft und das Wirtschaftswachstum gesteigert werden. Dennoch stellt ein solches Abkommen für die Land- und Ernährungswirtschaft insbesondere im Übergang auch eine grosse Herausforderung dar, weshalb Begleitmassnahmen erforderlich sind. Diese sind auf die übrigen innenpolitischen Agrargeschäfte abzustimmen (vgl. Ziff. 1.7).

Die Verhandlungen im tarifären Bereich des Marktzugangs sind gut vorangekommen. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass nach Produkten differenzierte Übergangsfristen und Abbaumechanismen gebraucht werden, und haben Offerten betreffend der Dauer dieser Übergangsfristen ausgetauscht. Im nichttarifären Bereich sowie in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit haben sich die Verhandlungen verlangsamt. Es wird darüber diskutiert, ob die Verhandlungsmandate der Schweiz und der EU angepasst werden müssen. Während die EU auch den Bereich Konsumentenschutz in die Verhandlungen einbeziehen will, wünscht die Schweiz vollständigen Marktzugang ebenfalls im nicht harmonisierten Bereich. Zudem gibt es horizontale institutionelle Fragen, die mit den allgemeinen Modalitäten der Weiterführung des bilateralen Wegs zusammenhängen. Sie werden momentan von einer gemeinsamen informellen Arbeitsgruppe mit der EU geprüft. Hauptsächlich werden Fragen zur Weiterentwicklung der Abkommen, zu ihrer Interpretation, zur Überwachung ihrer Anwendung und zum Streitbeilegungsverfahren diskutiert. Der Bundesrat hat am 26. Januar 2011 beschlossen, für die Regelung der Beziehungen mit der EU einen gesamtheitlichen und koordinierten Ansatz zu verfolgen. Solange die institutionellen Fragen mit der EU nicht geklärt sind, lässt sich nicht sagen, wann der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zu einem FHAL&GesA vorlegen kann.

2127

Ein Abschluss der FHAL&GesA-Verhandlungen ist insbesondere für die Nahrungsmittelindustrie von grosser Wichtigkeit, da dies den Zugang zu Rohstoffen zu wettbewerbsfähigen Konditionen langfristig sicherstellt, dies auch vor dem Hintergrund des international zunehmend unter Druck geratenen Rohstoffpreisausgleichsmechanismus des Schoggigesetzes.

Das Parlament hat in der Wintersession 2009 den Weg des Bundesrates bestätigt und Motionen abgelehnt, die die Beschränkung auf die nichttarifären Handelshemmnisse56 beziehungsweise den Abbruch der Verhandlungen57 verlangten. In der Sommer- und der Herbstsession 2010 wurde im Parlament erneut je eine Motion eingereicht, die den Abbruch beziehungsweise den Stopp der Verhandlungen fordern58. Der Nationalrat hat diese in der Sommersession 2011 angenommen, die Beratung im Ständerat steht noch aus. Weiter hat Nationalrat Joder eine parlamentarische Initiative eingereicht, mit der er einen Grundsatz- und Planungsbeschluss betreffend die Verhandlungen der Schweiz mit der EU und der WTO in Sachen Agrarfreihandel verlangt59. Der Nationalrat hat der parlamentarischen Initiative Folge gegeben, der Ständerat hat sie in der Sommersession 2011 jedoch abgelehnt.

Bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittländern Mit dem Abschluss von bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen nimmt die wirtschaftliche Vernetzung unseres Landes laufend zu. Die Schweiz schliesst solche Abkommen entweder im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder auf bilateralem Weg ab. Bisher hat die Schweiz 27 solche Abkommen (inkl.

EFTA-Konvention) abgeschlossen, 23 davon sind bereits in Kraft. Mit Algerien, Bosnien-Herzegowina, Indien, Indonesien, Thailand, China, Russland und seiner Zollunion (Kasachstan und Belarus) wurden Verhandlungen formell aufgenommen.

Mehrheitlich geht es für die Schweiz darum, einen gleichwertigen Marktzugang zu Ländern zu erhalten, mit denen die EU bereits Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. Die Abkommen werden in der Regel im Rahmen der EFTA verhandelt und abgeschlossen. Sie umfassen immer auch ein Kapitel über den Marktzugang für Agrarprodukte. Bis anhin konnten mit wenigen Ausnahmen die Konzessionen innerhalb der WTO-Kontingente gewährt werden. Dies wird bei künftigen Verhandlungen wahrscheinlich nicht mehr genügen, da die Schweiz mit Partnern verhandelt,
die wichtige Exportinteressen im Agrarbereich haben, beispielsweise China oder Russland. Um auch künftig Freihandelsverhandlungen erfolgreich abschliessen zu können, wird es notwendig sein, dass bei den Marktzugangsverpflichtungen mit den Verhandlungspartnern ein Interessenausgleich innerhalb der einzelnen Sektoren und über alle Sektoren gefunden werden kann. Die Schweiz bedarf deshalb eines grösseren Handlungsspielraums im Agrarbereich. Es muss folglich ein auf die künftigen WTO-Verpflichtungen und den EU-Aussenschutz abgestimmter Zollabbau geprüft werden.

56 57 58

59

09.3432 Mo Walter, «Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse beim Export von Agrarprodukten in die EU», 30. April 2009.

09.3888 Mo SVP, «Sofortiger Abbruch der Verhandlungen über ein Agrarfreihandel mit der EU», 24. September 2009.

10.3473 Mo Joder, «Abbruch der Verhandlungen über ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU», 16. Juni 2010; 10.3818 Mo Darbellay, «Verhandlungen mit der EU über ein Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich stoppen», 1. Oktober 2010.

09.515 Pa.Iv. Joder, «Die Zukunft der schweizerischen Landwirtschaft», 11. Dezember 2009.

2128

Weil sich der Abschluss der Doha-Runde der WTO verzögert hat, haben bilaterale und regionale Freihandelsabkommen international weiter Auftrieb erhalten. So verhandelt beispielsweise die EU mit den MERCOSUR-Staaten über ein Freihandelsabkommen. Da die MERCOSUR-Staaten auch im Landwirtschaftsbereich starke Exportinteressen verfolgen, könnte ein späteres Abkommen der EFTA oder der Schweiz mit diesen Staaten sektoriell (z.B. beim Fleisch) ähnliche Auswirkungen für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft haben wie ein WTO-Abkommen.

Internationale Abkommen im Bereich der Biodiversität Die Schweiz hat 1994 das Übereinkommen vom 5. Juni 199260 über die Biologische Vielfalt ratifiziert. 2002 haben sich die 193 Vertragsstaaten verpflichtet, bis 2010 die Rate des Verlustes an biologischer Vielfalt signifikant zu reduzieren. Wie das Übereinkommen verfolgt auch der Internationale Vertrag vom 3. November 200161 über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft drei Ziele: die Erhaltung der Vielfalt der Kulturpflanzen, ihre nachhaltige Nutzung und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile.

An der 10. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt in Nagoya im Oktober 2010 wurde unter anderem ein Strategieplan und das Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile (Nagoya-Protokoll über Zugang und Vorteilsaufteilung) verabschiedet. Der Strategieplan definiert bis 2020 folgende Ziele: Bewirtschaftung der Landwirtschaftsflächen, welche die Erhaltung der biologischen Vielfalt sicherstellt (Ziel 7), Beseitigung von Anreizen, die sich negativ auf die biologische Vielfalt auswirken, die Schaffung von positiven Anreizen (Ziel 3), Einführung von Massnahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Produktion und des Konsums von Komponenten der biologischen Vielfalt (Ziel 4), Abbau von Nährstoffüberschüssen auf ein Niveau, welches das Ökosystem und die Biodiversität nicht beeinträchtigt (Ziel 8), Erhaltung von mindestens 17 Prozent der Bodenfläche (Ziel 11) und Erhaltung der genetischen Vielfalt von Kulturpflanzen und Nutztieren (Ziel 13).

Das Nagoya-Protokoll über Zugang und Vorteilsaufteilung kreiert einen völkerrechtlichen
Rahmen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und zu sich darauf beziehendem traditionellem Wissen, die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung dieser Ressourcen oder dieses Wissens ergebenden Vorteile sowie die Einhaltung der Pflichten in Bezug auf innerstaatliche Vorschriften derjenigen Parteien, welche die Ressourcen oder das Wissen bereitstellen. Es tritt in Kraft, sobald es von 50 Staaten ratifiziert worden ist.

Internationale Klimaabkommen Mit der Unterzeichnung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Mai 199262 über Klimaänderungen (UNFCCC) im Jahr 1992 hat sich die Schweiz verpflichtet, die anthropogene globale Erwärmung und ihre Folgen zu mildern und über ihre aktuellen und erwarteten Treibhausgasemissionen zu berichten. Um die Massnahmen zum Klimaschutz der UNFCCC zu konkretisieren, wurde am Weltkli-

60 61 62

SR 0.451.43 (Convention on Biological Diversity, CBD) SR 0.910.6 SR 0.814.01

2129

magipfel 1997 das Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 199763 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto-Protokoll) erarbeitet. Darin vereinbaren 192 Vertragsstaaten mit völkerrechtlich verbindlichem Status, wie viele Treibhausgase sie emittieren dürfen und zu welchen Emissionsreduktionszielen sie sich verpflichten. Die Schweiz hat sich ­ wie auch die EU ­ zu einer Reduktion der Treibhausgase gegenüber den Emissionen von 1990 um 8 Prozent bis 2012 verpflichtet.

Gemäss dem Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) von 2007 müssen die Industrieländer ihre Emissionen bis 2020 um 25­40 Prozent reduzieren, um das im Abkommen von Cancún im Dezember 2010 ­ dem «Cancún Agreement» ­ festgehaltene Ziel von maximal 2 °C Erderwärmung einhalten zu können. Langfristiges Ziel der Schweiz ist ein verbindliches Abkommen, das die wichtigsten Treibhausgas-Emittenten einbezieht.

An der Klimakonferenz in Durban im Dezember 2011 hat man sich darauf geeinigt, das Kyoto-Protokoll sicher bis 2017, allenfalls auch bis 2020 weiterzuführen.

Gleichzeitig wurde beschlossen, bis 2015 ein alle Länder ­ einschliesslich USA, China, Indien, Brasilien und Südafrika ­ umfassendes, verbindliches Abkommen auszuhandeln, das 2020 in Kraft treten kann.

Da der Anteil der Landwirtschaft an den weltweiten Emissionen ungefähr 14 Prozent beträgt (ohne Berücksichtigung der Emissionen infolge Landnutzungsänderungen, Düngerproduktion usw.), ist es wichtig, dass die Landwirtschaft in den kommenden internationalen Verhandlungsrunden thematisiert wird. Die Schweiz setzt sich für eine Senkung der landwirtschaftlichen Emissionen ein, wobei die Nachhaltigkeit und die Ernährungssicherheit gewährleistet bleiben müssen.

1.2.8

Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik in der EU

In der EU laufen momentan die Diskussionen über die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013. Am 12. April 2010 eröffnete die Europäische Kommission eine öffentliche Debatte zur Zukunft der GAP. In der Folge publizierte die Kommission am 18. November 2010 eine erste Mittelung an das Europäische Parlament und den Rat zur GAP bis 202064. Sie definiert folgende Herausforderungen für die nächsten Jahre: ­

Ernährungssicherung;

­

Umwelt und Klimawandel;

­

räumliche Ausgewogenheit und Vielfalt der ländlichen Gebiete;

Im Papier wurden drei Optionen für die künftige Gemeinsame Agrarpolitik bis 2020 dargelegt. Grundsätzlich soll das derzeitige System mit zwei Säulen65 beibehalten werden und bei der Bemessung der Direktzahlungen keine historischen Referenz63 64

65

SR 0.814.011 Europäische Kommission (2010): Die GAP bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete ­ die künftigen Herausforderungen, Brüssel. KOM (2010) 672 endg.

Säule I: Direktzahlungen und Marktmassnahmen zur Grundsicherung der Einkommen und Unterstützung im Falle von Marktstörungen; Säule II: ländliche Entwicklung.

2130

zeiträume mehr zugrunde gelegt werden. Nach einer institutionellen Debatte im Jahr 2011 hat die Kommission am 12. Oktober 2011 einen konkreten Gesetzgebungsvorschlag präsentiert66. Dieser sieht Folgendes vor: Direktzahlungen Die Verordnung über Direktzahlungen soll ersetzt werden67. Alle Direktzahlungen sollen auch mit der neuen Verordnung weiterhin an die Einhaltung einer Reihe grundlegender Anforderungen an Umwelt- und Tierschutz sowie Pflanzen- und Tiergesundheitsnormen («Cross Compliance») geknüpft werden.

­

Neu soll eine Basisprämie, die an die Fläche gebunden ist, ausbezahlt werden. Damit soll die heute stark unterschiedliche Beitragshöhe zwischen Regionen und Mitgliedstaaten angeglichen werden. Bis 2019 müssen alle Mitgliedstaaten auf eine national oder regional einheitliche Hektarzahlung umgestellt haben. Bei hohen Einkommen sollen die Zahlungen gekürzt werden, eine Deckelung ab 300 000 Euro wird eingeführt. Die Mitgliedstaaten verwenden ca. 60 Prozent ihres Agrarbudgets für diese Zahlungen.

­

Zusätzlich zur Basisprämie können Landwirtinnen und Landwirte eine Zahlung für die Einhaltung bestimmter, dem Klima- und Umweltschutz förderlicher Bewirtschaftungsmethoden erhalten, beispielsweise für den Anbau von mindestens drei verschiedenen Kulturpflanzen, die Erhaltung von Dauergrünland oder die Ausweisung von mindestens 7 Prozent der Flächen als im Umweltinteresse genutzte Flächen (z.B. Ackerränder, Biotope). Die Mitgliedstaaten verwenden 30 Prozent ihres Agrarbudgets für diese Zahlungen.

­

Zusätzliche Zahlungen sollen möglich sein für Gebiete mit naturbedingter Benachteiligung, für Junglandwirtinnen und -wirte oder für «gekoppelte Stützung», also an ein bestimmtes Produkt gebundene Zahlungen, für sensible Sektoren (um möglichen negativen Auswirkungen einer Aufteilung der Direktzahlungen auf nationaler Ebene entgegenzuwirken und aktuellen Gegebenheiten Rechnung zu tragen).

Marktordnung Hauptinstrument der ersten Säule im Bereich Marktmassnahmen ist die Gemeinsame Marktorganisation (GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Deren Rechtsrahmen, die Verordnung «Einheitliche GMO»68 soll überarbeitet werden. Die Änderungen betreffen vor allem folgende Punkte: ­

66 67 68

Die Instrumente der Marktintervention und der privaten Lagerhaltung werden überarbeitet, um effizienter auf Krisen reagieren zu können. Für alle Sektoren wird eine neue Sicherheitsklausel eingeführt, mit der die Kommission auf allgemeine Marktstörungen (z.B. EHEC-Krise) reagieren kann. Die Massnahmen werden aus einem neu gebildeten Krisenfonds finanziert.

Europäische Kommission (2011): GAP-Reform, Erläuterung der wichtigsten Aspekte, Brüssel. Memo 11/685.

Dokument KOM (2011) 625 endg.

Dokument KOM (2011) 626 endg.

2131

­

Nachdem die Milchquotenregelung und das Anpflanzungsverbot für Reben noch im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften auslaufen werden, soll auch die letzte Quotenregelung, diejenige für Zucker, beendet werden. Die Zuckerquoten werden am 30. September 2015 auslaufen.

­

Die Vorschriften über die Anerkennung von Erzeugerorganisationen (EO) und Branchenverbänden werden auf alle Sektoren ausgeweitet, und weitere Optionen für die Einrichtung solcher Erzeugerorganisationen können über Mittel für die ländliche Entwicklung (Säule II) finanziert werden. Damit soll die Verhandlungsmacht der Landwirtinnen und Landwirte in der Nahrungsmittelkette gestärkt werden.

Ländliche Entwicklung Im Bereich der Politik zur Entwicklung im ländlichen Raum (Säule II) sollen die bestehenden Förderinstrumente, die im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds entwickelt wurden, fortgeführt werden69. Neuerungen umfassen insbesondere folgende Bereiche: ­

Schaffung einer «Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit». Damit wird eine engere Zusammenarbeit zwischen Agrarwirtschaft und Forschung und eine raschere Übertragung von neuen Technologien in die landwirtschaftliche Praxis angestrebt.

­

Im Bereich Risikomanagement werden Versicherungen und Gegenseitigkeitsfonds für Wetterschäden, Pflanzen- und Tierseuchen unterstützt und ein Stabilisierungsinstrument für landwirtschaftliche Einkommen geschaffen (Teilkompensation von Einkommenseinbussen über 30 % im Vergleich zu den Vorjahren).

Der Budgetvorschlag für die GAP 2014­2020 sieht auf nominaler Ebene eine Aufrechterhaltung der bisherigen Ausgaben vor (435 Mrd. EUR). Dies bedeutet jedoch eine Verringerung in reellen Zahlen.

Die Vorlage wird nun vom EU-Parlament und vom Ministerrat behandelt und soll voraussichtlich 2014 in Kraft treten. Das EU-Parlament kann dabei erstmals sein Mitspracherecht geltend machen.

Die Herausforderungen und die Massnahmen, die in der EU und in der Schweiz für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft anstehen, überschneiden sich in vielen Bereichen. Gerade im Bereich der Lebensmittel- und Versorgungssicherheit bestehen grosse Interdependenzen. Bereits in den letzten Jahren war eine Annäherung der agrarpolitischen Instrumente in der Schweiz und der EU zu beobachten und die aktuellen Diskussionen zeigen, dass sich dieser Trend so fortsetzen dürfte.

69

Dokument KOM (2001) 627 endg.

2132

1.2.9

Nationale Politikbereiche mit Einfluss auf die Landwirtschaft

Biodiversität Im September 2011 hat der Bundesrat den Entwurf der Strategie Biodiversität Schweiz70 zur Kenntnis genommen und eine Vernehmlassung dazu eröffnet. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 16. Dezember 2011. Unter Einbezug der Erwartungen der betroffenen Kreise wird der Bundesrat sich im Laufe des Jahres 2012 voraussichtlich zum definitiven Inhalt der Strategie Biodiversität Schweiz äussern.

Die Strategie Biodiversität Schweiz soll die Erhaltung der Biodiversität in unserem Land langfristig sicherstellen. Sie stützt sich auf zehn Ziele, die es bis 2020 zu erreichen gilt, darunter namentlich die folgenden: ­

Natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen: Die natürlichen Ressourcen werden so genutzt, dass die Erhaltung der Ökosysteme und ihrer Leistungen für die Gesellschaft sowie der Fortbestand der Arten und der genetischen Vielfalt gewährleistet ist.

­

Ökologische Infrastruktur aufbauen: Zur Sicherung des Raumes für die langfristige Erhaltung der Biodiversität wird eine ökologische Infrastruktur bestehend aus Schutz- und Vernetzungsgebieten errichtet.

­

Biodiversität im Siedlungsraum fördern: 75 Prozent der Menschen in der Schweiz leben in Städten und Agglomerationen. Damit der Siedlungsraum zur Vernetzung von Lebensräumen beiträgt und um der Bevölkerung das Naturerlebnis in ihrer Wohnumgebung zu ermöglichen, wird die Biodiversität im Siedlungsraum gefördert.

­

Biodiversität in der nationalen Wohlfahrtsmessung berücksichtigen: Die von den Ökosystemen erbrachten Leistungen werden erfasst und ihr Wert wird quantifiziert. Auf diese Weise können diese Leistungen in Form von Indikatoren, die das Bruttoinlandprodukt ergänzen, in die nationale Wohlfahrtsmessung einfliessen.

Diese Ziele müssen in einem Aktionsplan konkretisiert werden, dessen Massnahmen gemeinsam mit den betroffenen Sektoren ­ namentlich mit der Landwirtschaft, der Waldwirtschaft, der Jagd und der Fischerei, dem Tourismus, dem Verkehr und dem Sektor der erneuerbaren Energien ­ zu definieren sind. Der Aktionsplan muss ferner die Gesetzesänderungen präzisieren, die für die Umsetzung der Strategie erforderlich sind, die Rolle des Privatsektors klären und Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigen.

Die Agrarpolitik verfügt bereits über wirksame Instrumente zur Förderung der Biodiversität im landwirtschaftlich genutzten Raum. Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems sollen die bestehenden Massnahmen gezielt ergänzt und verstärkt werden.

70

BAFU (2011): Strategie Biodiversität Schweiz, in Erfüllung der Massnahme 69 (Ziel 13, Art. 14, Abschnitt 5) der Legislaturplanung 2007­2011: Ausarbeitung einer Strategie zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität (Entwurf).

2133

Stofflicher Umweltschutz 2005 wurde das Zulassungs- und Bewilligungsverfahren für Pflanzenschutzmittel an das EU-Recht angepasst. Datenanforderungen und Beurteilungsmethoden wurden mit der EU harmonisiert, und die EU-Entscheidungen bezüglich der Positivliste für Wirkstoffe wie auch die Bestimmungen zu Anwendungseinschränkungen und Auflagen werden bei den Entscheiden der Schweizer Behörden ebenfalls berücksichtigt.

Im Rahmen eines Überarbeitungsprogramms werden schon lange zugelassene Pflanzenschutzmittel aufgrund neuer Erkenntnisse und Beurteilungsmethoden neu beurteilt und wenn nötig Bewilligungen mit neuen Bestimmungen wie Anwendungsbeschränkungen und Abstandsauflagen verknüpft. Ein Schwerpunkt in diesem Überarbeitungsprogramm ist der Gewässerschutz. Dadurch wird sich das Risiko von Pflanzenschutzmittel-Einträgen in Grund- und Oberflächengewässer reduzieren.

Im Bundesratsbeschluss vom 11. September 200971 wurde das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) beauftragt, Zwischenziele für substanzielle Verbesserungen im Bereich Ammoniakemissionen festzulegen und entsprechende Massnahmen zu verwirklichen. Die Eidgenössische Kommission für Lufthygiene (EKL) kommt in ihrem Bericht von 201072 zudem zum Schluss, dass sich das zweistufige Konzept von Vorsorge und verschärfter Emissionsbegrenzung bewährt hat.

Gemessen an den auf dem Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 198373 (USG) basierenden Umweltzielen Landwirtschaft74 sind die Stickstoff-Einträge über die Luft in die Böden jedoch immer noch zu hoch. Die EKL fordert, dass die Agrarpolitik die Luftreinhaltung als eines ihrer Ziele im Sinne der Vorsorge berücksichtigen muss. Insbesondere soll das Direktzahlungssystem keine Anreize enthalten, die zu einem Emissionsanstieg führen können. Zudem empfiehlt die EKL, die vorhandenen Instrumente (Ressourcenprogramme Ammoniak) noch konsequenter einzusetzen sowie neue Instrumente (Ressourceneffizienzbeiträge) zu schaffen.

Im Bereich Dieselruss wurde die Motion von Siebenthal zu Partikelfiltern in der Landwirtschaft75 angenommen. Der Bundesrat schreibt in seiner Stellungnahme vom September 2010, dass er bei land- und forstwirtschaftlichen Maschinen die EURegelungen übernehmen und vorerst keine strengeren Vorschriften erlassen will.

Der Zeitplan für emissionsreduzierende Massnahmen bei den land- und
forstwirtschaftlichen Maschinen soll sich insbesondere nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit für die schweizerische Landwirtschaft richten.

Der Bundesrat verlangte in seinem Bericht vom 21. Mai 200376 über die Reduktion der Umweltrisiken von Düngern und Pflanzenschutzmitteln die Verbesserung des Vollzugs des bestehenden Umweltrechts anstelle der Einführung von Lenkungsabgaben. Gegenwärtig werden deshalb bereits bestehenden Vollzugshilfen in den Umweltschutzbereichen Boden, Wasser und Luft in der Landwirtschaft aktualisiert und daraus eine neue, umfassende Vollzugshilfe erstellt. Die neue Vollzugshilfe Umweltschutz in der Landwirtschaft ist modulartig aufgebaut und wird den Vollzug 71 72 73 74 75 76

vgl. Bericht des Bundesrates vom 11. September 2009, Konzept betreffend lufthygienische Massnahmen des Bundes, BBl 2009 6585.

EKL (2010): 25 Jahre Luftreinhaltung auf der Basis des Umweltschutzgesetzes.

SR 814.01 BAFU und BLW (2008): Umweltziele Landwirtschaft. Hergeleitet aus bestehenden rechtlichen Grundlagen. Umwelt-Wissen Nr. 0820. Bundesamt für Umwelt, Bern.

10.3405 Mo von Siebenthal, «Vorschriften für Partikelfilter in der Land- und Forstwirtschaft; Koordination mit der EU». 10. Juni 2010.

BBl 2003 4802

2134

des Umweltrechts in den Kantonen vereinheitlichen. Mit dem Modul «Baulicher Umweltschutz in der Landwirtschaft» wurde im Januar 2011 das erste von fünf Modulen publiziert.

Gewässerschutz Am 1. Januar 2011 trat die Revision des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 199177 (GSchG), die als Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» konzipiert worden war, in Kraft. Nach der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 199878 (GSchV) müssen die Kantone für oberirdische Gewässer bis Ende 2018 einen Gewässerraum ausscheiden. Dessen Breite orientiert sich dabei an der Breite des Fliessgewässers. In diesem Gewässerraum ist nur eine extensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung erlaubt. Zulässig sind die heutigen ökologischen Ausgleichsflächen Streuefläche, Hecke, Feld- und Ufergehölz, extensiv genutzte Wiese, extensiv genutzte Weide oder Waldweide. Das Parlament hat den Landwirtschaftskredit um 20 Millionen Franken erhöht, um die Extensivierung dieser Flächen auszugleichen.

Die konkrete Umsetzung dieser Neuerungen im Bereich Landwirtschaft erfolgt im Verordnungspaket zur AP 14­17. Einerseits wird mittelfristig eine Harmonisierung der Bewirtschaftungsvorschriften entlang der Gewässer angestrebt (Art. 41c GSchV, Anhang 2.5 und Anhang 2.6 der Verordnung vom 18. Mai 200579 zur Reduktion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen, Art. 7 Abs. 5 DZV). Andererseits ist ein neuer Typ Uferbereich als Biodiversitätsförderfläche geplant, mit dem die vielfältigen Funktionen des Gewässerraums (Hochwasserschutz, Ökologie, Erholungsraum, Schutz vor stofflichen Einträgen) noch besser gefördert werden können.

Klimapolitik Die Klimapolitik der Schweiz stützt sich hauptsächlich auf das CO2-Gesetz vom 8. Oktober 199980, das seit dem 1. Mai 2000 in Kraft ist und im Einklang mit dem Kyoto-Protokoll eine Reduktion der CO2-Emissionen aus fossilen Energien für den Zeitraum 2008­2012 bezweckt. Derzeit ist eine Vorlage zur Revision des CO2-Gesetzes mit neuen Reduktionszielen und mit Massnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2012 in der parlamentarischen Beratung.

Für die Landwirtschaft sind keine emissionsreduzierenden Massnahmen vorgesehen.

Hingegen wurde in der entsprechenden Botschaft auf die Klimastrategie Landwirtschaft als
Grundlage für die weitere Präzisierung von Anpassungs- und Reduktionsmöglichkeiten sowie deren Umsetzung im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik verwiesen81.

Diese Klimastrategie Landwirtschaft hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) im Mai 2011 publiziert82. Sie umfasst die Aspekte Klimaschutz und Anpassung an 77 78 79 80 81 82

SR 814.20 SR 814.201 SR 814.81 SR 641.71 BBl 2009 7433, 7453 BLW (2011): Klimastrategie Landwirtschaft, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel für eine nachhaltige Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft. Die Klimastrategie Landwirtschaft ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Themen > Nachhaltigkeit > Ökologie > Klima.

2135

den Klimawandel und richtet sich an alle Akteure der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft. Die relevanten Bereiche werden aufgezeigt, Handlungsfelder beschrieben und Handlungsbedarf in folgenden Bereichen identifiziert: Verbesserung der Rahmenbedingungen, Ausbau der Wissensbasis, Lancierung eines Beteiligungsprozesses und Anwendung in der Praxis.

Das dreiteilige strategische Oberziel der Klimastrategie Landwirtschaft adressiert die Anpassung an den Klimawandel, die Reduktion von Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft und der ganzen Lebensmittelkette. Es lautet wie folgt: ­

Die Schweizer Landwirtschaft passt sich vorausschauend an die Klimaveränderung an und kann dadurch sowohl die Produktion als auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen steigern.

­

Sie nutzt die technischen, betrieblichen und organisatorischen Möglichkeiten zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen optimal und erreicht so eine Reduktion von mindestens einem Drittel bis 2050 im Vergleich zu 1990.

­

Mit einer entsprechenden Entwicklung der Konsum- und Produktionsmuster wird in der Ernährung insgesamt eine Reduktion um zwei Drittel angestrebt.

Die Landwirtschaft ist auch einer der relevanten Sektoren in der Anpassungsstrategie des Bundes, die dazu dienen soll, auf die Folgen der Klimaänderung koordiniert zu reagieren. Darin sind übergreifende Ziele und Grundsätze festgehalten, und die Schnittstellen zwischen den wichtigsten Sektoren und Politikbereichen werden analysiert. Die Umsetzung der Strategie soll mit einem gemeinsamen Aktionsplan koordiniert werden.

Energiepolitik Die Schweiz ist bei der Energieversorgung zu etwa 80 Prozent vom Ausland abhängig. Gut zwei Drittel des Endenergieverbrauchs ist fossiler Herkunft und gegen 40 Prozent unseres Stroms wird in Kernkraftwerken erzeugt. Es stellt eine Herausforderung dar, zukünftig mehr Energie aus erneuerbaren Quellen bereitzustellen.

Hauptpfeiler zur Förderung der erneuerbaren Energien sowie zur Förderung der Effizienz im Elektrizitätsbereich sind das Programm EnergieSchweiz und die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) für Strom aus Wasserkraft (bis 10 Megawatt), Photovoltaik, Windenergie, Geothermie, Biomasse und Abfälle aus Biomasse.

Am 25. Mai 2011 hat der Bundesrat den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Um die Versorgungssicherheit auch langfristig zu gewährleisten, setzt der Bundesrat im Rahmen der neuen Energiestrategie 2050 auf verstärkte Einsparungen (Energieeffizienz), den Ausbau der Wasserkraft und der neuen erneuerbaren Energien sowie wenn nötig auf fossile Stromproduktion (Wärmekraftkopplungsanlagen, Gaskombikraftwerke) und Importe. Zudem sollen die Stromnetze rasch ausgebaut und die Energieforschung verstärkt werden. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beauftragt, die Energiestrategie 2050 zu konkretisieren und bis Sommer 2012 eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.

In der Landwirtschaft bestehen grosse ungenutzte Potenziale, Energie zu sparen und erneuerbare Energien zu produzieren. Die Agrarpolitik verfügt mit den Ressourceneffizienzprogrammen und den Investitionshilfen über Instrumente, die Verbesserung 2136

der Energieeffizienz und die Produktion von erneuerbaren Energien zu fördern. Im Rahmen der Energiestrategie werden zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten geprüft.

Ein weiteres Thema im Zusammenhang mit Energie ist auch der Umgang mit der Treibstoffproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen. In seiner Antwort auf die Motion Girod83 unterstreicht der Bundesrat, dass die Nahrungsmittelproduktion gegenüber der Treibstoffproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen Vorrang hat.

Er vertritt deshalb gegenüber biogenen Treibstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen eine restriktive Haltung, spricht sich aber gegen deren Verbot aus. Potenzial für die energetische Nutzung von Biomasse besteht in der Schweiz hauptsächlich bei der Verwertung von organischen Abfällen, Reststoffen und Holz. Dies ist auch in der vom Bundesamt für Energie, dem BLW, dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) gemeinsam erarbeiteten Biomassestrategie festgehalten, die als Grundlage für die zukünftige Ausgestaltung der verschiedenen Politiken auf Stufe Bund dient.

Raumplanung Die quantitative Erhaltung des Kulturlands ist eine zentrale Voraussetzung, damit die Landwirtschaft die gemeinwirtschaftlichen Leistungen weiterhin erbringen kann.

Die Erreichung dieses Ziels ist in erster Linie Aufgabe der Raumplanungspolitik.

Die Zersiedelung und Zerstörung von Kulturland sind noch ungelöste Probleme der schweizerischen Raumplanung. Die Eidgenössische Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)»84 nimmt sich dieser Problematik an. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass sich die Ziele des Volksbegehrens erreichen lassen, ohne dass dafür die Verfassung geändert werden müsste85. Als nicht zielführend erachtet er insbesondere die Übergangsbestimmung der Landschaftsinitiative. Diese sieht vor, die Gesamtfläche der Bauzonen während 20 Jahren ab der allfälligen Annahme an der Urne nicht mehr zu vergrössern, was den regional unterschiedlichen Verhältnissen jedoch nicht gerecht würde. Es würden tendenziell jene Kantone belohnt, die bereits heute über zu grosse Bauzonen verfügen und jene bestraft, die in der Vergangenheit sorgfältig und bedarfsgerecht geplant haben.

Der Bundesrat hat deshalb als indirekten Gegenentwurf zur Landschaftsinitiative eine Teilrevision des Raumplanungsgesetzes
verabschiedet. In einer ersten Revisionsetappe, die sich grundsätzlich mit der Steuerung der Siedlungsentwicklung auseinandersetzt, soll neben der haushälterischen Bodennutzung neu auch die Trennung von Baugebiet und Nicht-Baugebiet als Ziel im Gesetz festgeschrieben, das Kulturland besser geschützt und ein weiteres Hinauswachsen der Siedlungen auf die grüne Wiese vermieden werden. Die erste Revisionsetappe befindet sich in der parlamentarischen Beratung.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass weitere Bereiche der Raumplanungsgesetzgebung ebenfalls revisionsbedürftig sind. Eine zweite Revisionsetappe wird deshalb den Raum ausserhalb der Siedlungen thematisieren. Die dazu gebildeten Arbeitsgruppen haben ihre Vorschläge im Herbst 2011 zuhanden des ARE abgeliefert. Die 83 84 85

08.3336 Mo Girod, «Keine Konkurrenzierung von Nahrungsmitteln durch Agrotreibstoffe», 12. Juni 2008.

BBl 2008 7557 vgl. dazu die Botschaft des Bundesrates vom 20. Januar 2010 zur Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative), BBl 2010 1033

2137

Vernehmlassung zur zweiten Revisionsetappe wird 2012 stattfinden. Mit einer Inkraftsetzung der Änderungen ist frühestens auf 2014 zu rechnen.

Regionalpolitik Die wirtschaftlichen Herausforderungen der Berggebiete und ländlichen Räume und darin eingeschlossen auch der Landwirtschaft bestehen darin, den Strukturwandel erfolgreich zu meistern und der Abwanderung junger, qualifizierter Leute mangels attraktiver Arbeitsplätze (Brain Drain) vorzubeugen. Expertenarbeiten und Evaluationen haben gezeigt, dass die frühere Regionalpolitik nur wenig zur Lösung dieser Probleme beizusteuern vermochte.

Die Neue Regionalpolitik, die mit dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 200686 über Regionalpolitik am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, wurde deshalb konsequent auf die Förderung der regionalen Wertschöpfung ausgerichtet. Für deren Umsetzung hat das Parlament ein Mehrjahresprogramm 2008­2015 beschlossen. Dem Fonds für Regionalentwicklung sollen in einem auf acht Jahre befristeten Zahlungsrahmen Mittel von 230 Millionen Franken zufliessen.

Waldpolitik Der Wald hat nach wie vor eine hohe Bedeutung für die Landwirtschaft. Einerseits sind viele Landwirte auch Waldbesitzer, andererseits bietet die Holzverarbeitung Erwerbsmöglichkeiten im ländlichen Raum. Mit der Teilrevision des Waldgesetzes vom 4. Oktober 199187 bestand die Absicht, die Wirtschaftlichkeit der Waldwirtschaft zu verbessern und verschiedene Bestimmungen unter dem Blickwinkel des natürlichen Waldeinwuchses neu zu regeln (Lockerung der Rodungsersatzpflicht).

Nach dem Scheitern der Vorlage im Parlament hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) das Thema 2009 mit einer parlamentarischen Initiative88 wieder aufgegriffen und verlangt, dass in Gebieten mit einer Zunahme der Waldfläche die Pflicht zum Rodungsersatz flexibilisiert wird.

Die parlamentarischen Beratungen dazu sind am Laufen.

Der Bundesrat will die unterschiedlichen und oft auseinandergehenden Ansprüche der Gesellschaft an den Schweizer Wald miteinander in Einklang bringen. Zu diesem Zweck hat er an seiner Sitzung vom 31. August 2011 die Waldpolitik des Bundes strategisch angepasst und die so genannte Waldpolitik 2020 gutgeheissen.

Die Waldpolitik 2020 soll sicherstellen, dass die Waldbewirtschaftung nachhaltig erfolgt. Sie nimmt die Anliegen der zahlreichen
parlamentarischen Vorstösse der laufenden Legislatur zum Thema Wald auf und löst das bisherige Waldprogramm (WAP-CH) aus dem Jahr 2004 ab. Ausgehend von der Waldpolitik 2020 wird unter Einbezug der wichtigsten Akteure ein Massnahmenplan erarbeitet. Dieser beinhaltet auch die Prüfung von gesetzlichen Anpassungen und soll aufzeigen, wie der voraussichtliche Mehrbedarf finanziert werden soll.

Lebensmittelrecht Die primäre Zielsetzung des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 199289 (LmG) und der dazu gehörenden Ausführungsbestimmungen ist der Gesundheitsschutz.

86 87 88 89

SR 901.0 SR 921.0 09.474 Pa.Iv. UREK-S, «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik», 25. Juni 2009.

SR 817.0

2138

Zudem dient das Lebensmittelrecht dem Täuschungsschutz. Der Bundesrat hat dem Parlament eine Botschaft zur Totalrevision des Lebensmittelgesetzes unterbreitet90, deren Ziel die weitgehende Anpassung an das EU-Recht ist, etwa mit der Ausweitung des Täuschungsschutzes oder Übernahme des Lebensmittelbegriffes der EU.

Die Vorlage befindet sich in der parlamentarischen Beratung. Die Inkraftsetzung wird frühestens per 2013 erwartet. Das EU-System trägt der heutigen Globalisierung des Lebensmittelmarktes Rechnung und geht von einem einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum ohne Grenzkontrollen aus. Für Importe aus Drittländern gelten strenge Anforderungen, sodass Lebensmittel, die rechtmässig in den europäischen Binnenmarkt eingeführt worden sind, dort frei zirkulieren können. Will sich die Schweiz an diesem Wirtschaftsraum beteiligen, muss sie die hierfür erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen und die technischen Vorschriften an diejenigen der EU angleichen.

Tierschutzrecht Die Einhaltung der Tierschutzvorschriften ist einer der sechs Punkte des ÖLN.

Anspruch auf ungekürzte Direktzahlungen haben nur jene Landwirtinnen und Landwirte, die den ÖLN vollständig erbringen. Am 1. Oktober 2008 ist die revidierte Tierschutzverordnung vom 23. April 200891 in Kraft getreten. Bis zum Ablauf der Übergangsfrist, die grundsätzlich bis 2013 dauert, werden viele Betriebe Anpassungen vornehmen müssen. Wegen teilweise wesentlich höheren Anforderungen werden zahlreiche Rindviehhalterinnen und -halter bis 2013 entscheiden müssen, ob sie umfangreiche Investitionen für Stallneu- oder Stallumbauten tätigen oder die entsprechende Tierhaltung aufgeben sollen. Für Schweineställe gilt eine Übergangsfrist bis 2018.

Tierseuchenrecht Das Tierseuchenrecht regelt die Bekämpfung und Kontrolle von Krankheiten, die den Tierbestand gefährden, auf den Menschen übertragbar sind, schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben oder den internationalen Handel beeinträchtigen. Der Bund kann im Zusammenhang mit den zur Ausrottung von der Bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) angeordneten Massnahmen Beiträge an die Kosten zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte bezahlen. In der Schweiz und der EU sind Diskussionen in Gang gekommen, wertvolle Nebenprodukte wieder in der Fütterung von Nutztieren zuzulassen. In diesem Zusammenhang
wurde der Bundesrat mit einem Postulat92 beauftragt, einen Bericht zu erstellen. Der Bundesrat hat diesen Bericht gleichzeitig mit der vorliegenden Botschaft verabschiedet.

1.3

Herausforderungen

Auf der Grundlage der beiden vorangehenden Kapitel soll im Folgenden hergeleitet werden, welches die zentralen Herausforderungen für die künftige Agrarpolitik sind.

90 91 92

BBl 2011 5571 SR 455.1 09.3981 Po Finanzkommission des Nationalrates, «Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh (Massnahme BSE)», 13. November 2009.

2139

1.3.1

Versorgungssicherheit

Die Bereitstellung von Nahrungsmitteln in ausreichender Menge und Qualität ist auf globaler Ebene eine zentrale Herausforderung der Zukunft. Einerseits wird die Nachfrage stark ansteigen, andererseits ist das Potenzial für Produktionsausdehnungen aufgrund der beschränkten natürlichen Ressourcen (fruchtbarer Boden, Wasser und Biodiversität) und Rohstoffe (z.B. Phosphor) begrenzt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Intensivierungen der Vergangenheit die Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen beeinträchtigt haben und der Klimawandel zusätzliche Anpassungen in der landwirtschaftlichen Produktion erfordert. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass es künftig vermehrt zu Verknappungen des Nahrungsmittelangebots kommen wird und die Volatilitäten zunehmen werden.

Obwohl im internationalen Vergleich die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz relativ intensiv ist, wird momentan nur 60 Prozent des Nahrungsmittelverbrauchs im Inland produziert. Das ist vor allem auf die hohe Bevölkerungsdichte und den geringen Anteil an ackerfähigen Böden in der Schweiz zurückzuführen. Es ist daher wichtig, dass die Schweiz aus dem vorhandenen natürlichen Potenzial mit einer effizienten und marktgerechteren Produktion das Optimum herausholt. Dementsprechend sind auch Lösungsansätze zu entwickeln, um dem Rückgang der inländischen Futtermittelproduktion entgegenzuwirken und die Zunahme der Futtermittelimporte zu begrenzen. Da die verfügbare landwirtschaftliche Fläche den limitierenden Faktor für die Produktion in der Schweiz darstellt, ist der quantitative und qualitative Bodenschutz zu verstärken. Zudem sind neue Ansätze zum Umgang mit zunehmenden Preisvolatilitäten zu prüfen. Primär sollen die Auswirkungen von Preisschwankungen durch ein effektives Risikomanagement (Betriebs- und Einkommensdiversifizierung, Lagerhaltung, vertragliche Absicherung, Versicherungen usw.) abgefedert werden.

1.3.2

Wettbewerbsfähigkeit

Die Schweizer Produzentenpreise sind insbesondere aufgrund des Grenzschutzes im internationalen Vergleich immer noch hoch. In der Tendenz wird zwar das internationale Preisniveau steigen, aber aufgrund der sehr wahrscheinlich anhaltenden Frankenstärke ist nicht damit zu rechnen, dass dadurch die Preisdifferenzen zum Ausland wegfallen werden. Das Schweizer Preisniveau wird daher auch künftig in erster Linie von der Höhe der Zölle abhängen, was im Hinblick auf eine weitere Liberalisierung der Agrarmärkte für die Land- und Ernährungswirtschaft ein hohes Risiko darstellt.

Die Verschärfung der Wettbewerbsverhältnisse im Agrar- und Lebensmittelbereich aufgrund der Frankenstärke bedingt, dass die Land- und Ernährungswirtschaft ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessert. Dies gilt ebenfalls im Hinblick auf weitere Marktöffnungsschritte. Dazu sind erstens die Kosten weiter zu senken, um auf der preislichen Ebene gegenüber den ausländischen Konkurrenten nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten. Dies muss aufgrund der engen Verflechtung und der grossen gegenseitigen Abhängigkeit zwischen der Produktion und den nachgelagerten Sektoren auf allen Ebenen, vom Produzenten oder von der Produzentin, über die Verarbeitung bis hin zum Handel synchron erfolgen. Zweitens muss die Inwertsetzung der hohen Schweizer Produktequalität weiter verbessert werden.

2140

Wichtige Elemente sind in diesem Zusammenhang die im Rahmen der Diskussionen über die Qualitätsstrategie definierten Kernelemente Qualitätsführerschaft, Marktoffensive und Qualitätspartnerschaft. Wichtig ist zudem, dass die Zusammenarbeit in und zwischen den verschiedenen Branchen der Wertschöpfungskette verstärkt wird.

Um die Marktanteile im Inland möglichst zu halten oder um sie in Bereichen mit tiefer Inlandversorgung und im Export auszubauen, ist es zentral, dass die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit parallel, sowohl über weitere Kostensenkungen als auch über die verbesserte Inwertsetzung der Qualität, erfolgt und die ganze Wertschöpfungskette umfasst. Ebenfalls eine wichtige Rolle für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit spielen die angewandte Forschung sowie die Bildung und Beratung.

1.3.3

Ressourceneffizienz

Mit der weiteren weltweiten Bevölkerungszunahme und dem Wirtschaftswachstum wird der Bedarf nach Ressourcen global weiter steigen. Insbesondere die physische Verknappung endlicher Rohstoffe und Ressourcen stellt für die Zukunft eine grosse Herausforderung dar. Es ist davon auszugehen, dass die Preise für die entsprechenden Ressourcen weiter steigen werden. Das wird dazu führen, dass alternative Ressourcen attraktiver werden und diese sukzessive die bisherigen Ressourcen substituieren. Da aufgrund der ungewissen technischen Entwicklungen nicht klar ist, welche Substitutionsmöglichkeiten tatsächlich bestehen, sind im Sinne des Vorsorgeprinzips die verfügbaren Ressourcen nachhaltig und effizient zu nutzen. Dies gilt in besonderem Masse für die natürlichen Ressourcen, da sich diese nur sehr begrenzt substituieren lassen. Eine Verbesserung der Ressourceneffizienz in der landwirtschaftlichen Produktion ist deshalb aufgrund der Endlichkeit bestimmter Ressourcen (z.B. Phosphor, nicht erneuerbare Energie) unbedingt angezeigt.

Die Schliessung der bestehenden Ziellücken bei den natürlichen Lebensgrundlagen soll durch eine Steigerung der Ressourceneffizienz und nicht durch einen Abbau der landwirtschaftlichen Produktion im Inland erfolgen. Durch den effizienteren Einsatz der Ressourcen sollen Emissionen (z.B. Ammoniak oder Treibhausgase) gegenüber heute weiter reduziert und so Boden, Wasser, Luft und Klima entlastet werden. Die Steigerung der Ressourceneffizienz in der landwirtschaftlichen Produktion kann sowohl mit der Einführung neuer Techniken als auch mit organisatorischen Massnahmen erreicht werden. Die Potenziale, die sich durch eine optimale Raumorganisation ergeben, sind konsequent auszunutzen. Im Hinblick auf die weitere Verknappung des Wasserangebots, insbesondere in den Sommermonaten, ist es zudem nötig, die Bewirtschaftung anzupassen (Steigerung der Wasserrückhalte- und -speicherfähigkeit des Bodens und Anbau von trockenheits- und hitzeresistenten Nutzpflanzen), die Bewässerungsinfrastruktur gezielt auszubauen und insgesamt das Wassermanagement zu optimieren.

Die Ressourceneffizienz ist nicht nur in der landwirtschaftlichen Produktion, sondern auch in den nachgelagerten Stufen zu steigern. Auf allen Stufen der Ernährungskette fallen Abfälle an, die wertvolle Nährstoffe enthalten (z.B. tierisches
Protein, Phosphor). Einerseits sollen diese Abfälle auf ein Minimum reduziert werden. Andererseits sind gesundheitlich unbedenkliche Verfahren zur Rückgewinnung der Nährstoffe zu entwickeln. Grosses Potenzial besteht diesbezüglich bei der Rückgewinnung von Nährstoffen aus Klärschlamm und Schlachtnebenprodukten. Mit der 2141

Schliessung der Stoffkreisläufe liessen sich die Importe von Futtermittel (Sojaschrot) und Dünger (z.B. Phosphat) reduzieren.

1.3.4

Ländlicher Raum

Der ländliche Raum entwickelt sich im Spannungsfeld zwischen der weiteren Liberalisierung der Agrarmärkte und dem Strukturwandel auf der einen und der zunehmenden Ressourcenverknappung auf der anderen Seite. Die Liberalisierung der Märkte und der technische Fortschritt führen dazu, dass der Arbeitsbedarf in der klassischen landwirtschaftlichen Produktion weiter sinkt. Da mit den knapper werdenden natürlichen Ressourcen langfristig gesehen stabile regionale Wirtschaftskreisläufe wieder an Bedeutung gewinnen, ist es wichtig, einen vitalen ländlichen Raum zu erhalten.

Eine der zentralen Herausforderungen besteht deshalb darin, neue Tätigkeitsfelder zu erschliessen. Potenziale für neue Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen im landwirtschaftsnahen Bereich und im Bereich der Diversifizierung. Eine staatliche Förderung ist nur möglich, wenn die Wettbewerbsneutralität abgeklärt und eingehalten ist. Beispiele für landwirtschaftsnahe Tätigkeiten sind die Aufbereitung, Lagerung, Verpackung und Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Mögliche Tätigkeitsfelder im Bereich der Diversifizierung sind beispielsweise der Agrotourismus, soziale Dienstleistungen (Green Care), die Forstwirtschaft sowie Umweltoder Kommunaldienstleistungen. Auch das Potenzial zur Produktion von erneuerbarer Energie in der Landwirtschaft gilt es verstärkt zu nutzen. Dabei steht die energetische Nutzung von organischen Abfällen sowie von Sonnen- und Windkraft im Vordergrund. Die Energieproduktion soll nicht auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion erfolgen (Flächenkonkurrenz). Damit kann die Abhängigkeit von fossiler Energie reduziert und zur Reduktion der Klimagasemissionen beigetragen werden.

Die Synergien zwischen der Landwirtschaft und den anderen Branchen, wie dem Tourismus, dem lokalen Gewerbe, der Energie- oder der Forstwirtschaft, gilt es zudem verstärkt zu nutzen.

Eine weitere Herausforderung besteht auch in der Erhaltung und Förderung einer attraktiven Kulturlandschaft. Hier kann die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag leisten, es braucht jedoch gezieltere Anreize, um dem aktuell negativen Trend bei der Landschaftsentwicklung entgegenzuwirken.

Mit verschiedenen Massnahmen fördert der Bund bereits heute die Entwicklung des ländlichen Raums. Im agrarpolitischen Kontext sind dies insbesondere die regionale Absatzförderung,
die Kennzeichnung und die Investitionshilfen (z.B. Projekte zur regionalen Entwicklung nach Art. 93 Abs. 1 Bst. c LwG). Daneben gibt es weitere raumrelevante Politikbereiche, welche die Schaffung neuer Mehrwerte im ländlichen Raum unterstützen, wie die Neue Regionalpolitik, die Energiepolitik (z.B. kostendeckende Einspeisevergütung) oder das neue Instrument der regionalen Naturpärke im Rahmen des Bundesgesetzes vom 1. Juli 199693 über den Natur- und Heimatschutz (NHG). Von besonderer Wichtigkeit wird auch inskünftig die Koordination der verschiedenen Politikbereiche sein. Es gilt Doppelspurigkeiten zu vermeiden und Synergiemöglichkeiten zu nutzen.

93

SR 451

2142

1.3.5

Innovation und Unternehmertum

Die Entwicklung der Rahmenbedingungen (vgl. Ziff. 1.2) eröffnet der Landwirtschaft einerseits neue Chancen, birgt andererseits aber auch Gefahren. Es ist primär die Aufgabe der einzelnen Akteure in der Land- und Ernährungswirtschaft diese Entwicklungen zu antizipieren und für ihre Betriebe geeignete Strategien zu definieren. Das staatliche Handeln ist subsidiär. Die Aufgabe der Agrarpolitik besteht darin, für die Land- und Ernährungswirtschaft möglichst günstige Rahmenbedingungen für die Produktion und den Absatz ihrer Produkte sowie für die Bereitstellung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu schaffen und die Unternehmen in ihrem Anpassungsprozess zu unterstützen.

Um die Herausforderungen zu meistern, braucht es in der Land- und Ernährungswirtschaft künftig noch verstärkt unternehmerisches Denken und Handeln. Die Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen liegt primär bei den Akteuren. Mit ihren Investitionsentscheiden beeinflussen sie den betrieblichen Erfolg massgeblich. Von staatlicher Seite ist insbesondere bei Anpassungen des agrarpolitischen Instrumentariums darauf zu achten, dass die richtigen Anreize für zukunftsgerichtete Investitionen gesetzt werden und die Investitionssicherheit gewährleistet bleibt. Zudem sind die Rahmenbedingungen für die Land- und Ernährungswirtschaft so zu gestalten, dass sich innovatives und unternehmerisches Handeln lohnt. Der unternehmerische Spielraum der Betriebe ist zu erweitern, strukturhemmende Begrenzungen zum Beispiel im Bereich der Direktzahlungen oder der Investitionshilfen sind zu vermeiden und der Vollzug der agrarpolitischen Instrumente ist möglichst einfach zu gestalten.

Je nach einzelbetrieblicher Ausgangslage sind sowohl der Haupt- als auch der Nebenerwerb unter den zukünftigen Rahmenbedingungen erfolgsversprechende Betriebsformen. Die Diversifizierung in landwirtschaftsnahe Betriebszweige ist ebenfalls ein Weg, um auf die weitergehende Marktöffnung zu reagieren. Es bestehen diesbezüglich noch grosse Potenziale, die es in Zukunft zu nutzen gilt.

1.3.6

Nachhaltiger Konsum

Mit ihrem Konsumverhalten haben die Konsumentinnen und Konsumenten einen direkten Einfluss auf die Art und Weise der Nahrungsmittelproduktion. Die Agrarpolitik fördert eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion im Inland. Da zur Deckung des Bedarfs fast die Hälfte der in der Schweiz konsumierten Nahrungsmittel importiert werden, wirkt sich das Konsumverhalten direkt oder indirekt auch auf die Lebensbedingungen und die Ökosysteme in den Exportländern aus. Aufgrund der knappen natürlichen Ressourcen im Inland (v.a. geringe ackerbaulich nutzbare Fläche pro Einwohnerin und Einwohner) ist die Schweiz auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Es ist deshalb von strategischer Bedeutung, dass auch die importierten Nahrungsmittel sozial und ökologisch nachhaltig produziert werden. Eine Zerstörung der Produktionsgrundlagen in den Exportländern hätte langfristig gesehen auch negative Auswirkungen auf die Versorgungslage in der Schweiz.

Das Verständnis für diese Zusammenhänge bei den Konsumentinnen und Konsumenten hat sich in letzter Zeit verstärkt. Während die ernährungsbewussten Konsumentinnen und Konsumenten noch vor wenigen Jahren hauptsächlich hochwertige 2143

oder regionale Lebensmittel suchten, möchten sie heute auch wissen, von wem und unter welchen Umständen die Lebensmittel produziert wurden, ob ihre Herstellung negative Auswirkungen ­ auch indirekte ­ auf die Umwelt hat und wie die sozialen Bedingungen in Produktionsland sind. Die nachhaltige Entwicklung mit ihren Anforderungen in sozialen, ökologischen und ökonomischen Belangen hat sich also auch in der Ernährungsdebatte ihren Platz verschafft. Dank ihrem Wettbewerbsvorteil bei den umweltfreundlichen Produktionsmethoden ist die Schweizer Landwirtschaft sicherlich gut positioniert, um den Konsumentenerwartungen zu entsprechen und die Vorliebe der Konsumentinnen und Konsumenten für Schweizer Landwirtschaftsprodukte zu wahren oder gar auszubauen. Zudem kann die Landwirtschaft von einer effizienteren Nutzung der immer knapperen natürlichen Ressourcen und Rohstoffe direkt profitieren.

Die Antwort auf diese Herausforderung muss von der gesamten Lebensmittelkette kommen. Während bis anhin eine ökologische Produktion gefördert wurde ­ bisweilen zusätzlich mit einer Konsumenteninformation ­ sind inskünftig Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig.

Die Agrarpolitik muss auf allen Ebenen ansetzen: sei dies zur Förderung gewisser Produktionsmethoden, der Unterstützung von Anstrengungen der Branche oder zur objektiven Information der Konsumentinnen und Konsumenten. Denkbar wären Massnahmen wie Zertifizierungen aufgrund von objektiven Nachhaltigkeitskriterien bei der Produktion oder entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Auch Anreize zur Förderung von Lebensmitteln aus besonders nachhaltiger Produktion sind vorstellbar. Die Konsumenteninformation und die Förderung von Qualitätsprodukten soll weiterverfolgt werden, sowohl bei inländischen als auch bei importierten Erzeugnissen. Damit das Prinzip der Nichtdiskriminierung bei Produkten mit gleichartigen Eigenschaften (z.B. Biolandbau) eingehalten wird, müssen Massnahmen zur Förderung eines Konsums getroffen werden, der auf Nachhaltigkeitskriterien beruht ­ und nicht allein auf der Schweizer Herkunft.

1.4

Langfristige strategische Ausrichtung

Im Sommer 2010 hat das BLW ein Diskussionspapier zur langfristig strategischen Ausrichtung der Agrarpolitik publiziert94. Darin analysiert es die wichtigsten Einflussfaktoren, definiert drei mögliche Zukunftsszenarien und macht einen Vorschlag für eine Strategie für die Land- und Ernährungswirtschaft im Zeithorizont 2025. Die Strategie wurde von den interessierten Kreisen im Grundsatz unterstützt und diente als Grundlage für die Erarbeitung der AP 14­17. Die wichtigsten inhaltlichen Elemente der Strategie werden deswegen nachfolgend zusammenfassend wiedergegeben.

94

BLW (2010): Land- und Ernährungswirtschaft 2025, Diskussionspapier des BLW zur strategischen Ausrichtung der Agrarpolitik. Das Diskussionspapier ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Themen > Agrarpolitik > Land- und Ernährungswirtschaft 2025.

2144

Vision ­ Erfolg mit Nachhaltigkeit Die agrarpolitischen Ziele nach Artikel 104 BV sind in der Bevölkerung breit verankert und behalten ihre Gültigkeit. Ausgehend von der Verfassungsgrundlage und vom Leitbild der Beratenden Kommission für Landwirtschaft95 wird für den Zeithorizont 2025 folgende Vision verfolgt: Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft erfüllt mit einer ökonomisch erfolgreichen, ökologisch optimalen und sozial verantwortungsbewussten Nahrungsmittelproduktion die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten und die Erwartungen der Bevölkerung.

­

Die Schweizer Landwirtschaft und ihre Partner in der Produktverarbeitung und -verteilung sind erfolgreich am Markt. Es gelingt ihnen mit einer konsequenten Ausrichtung auf Qualität die Kostennachteile gegenüber ihren ausländischen Mitbewerbern wettzumachen und so die Marktanteile im Inland zu halten und neue Absatzmärkte im Ausland zu erschliessen.

­

Schweizer Nahrungsmittel werden ressourceneffizient sowie umwelt- und tiergerecht produziert. Die Landwirtschaft nutzt das natürliche Produktionspotenzial optimal. Schweizer Nahrungsmittel sind sicher, gesund und werden von den Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund ihres hohen Genusswerts besonders geschätzt.

­

Die Land- und Ernährungswirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag für die Beschäftigung im ländlichen Raum und ist attraktiv für innovative und unternehmerische Personen. Die Konsumentinnen und Konsumenten nehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr und unterstützen durch ihr Konsumverhalten eine nachhaltige Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft.

Doppelstrategie mit vier inhaltlichen Schwerpunkten Auf der Grundlage der Verbesserungspotenziale der bisherigen Politik und des Handlungsbedarfs, der sich aus den neuen Herausforderungen ergibt, sollen die heutigen Instrumente weiterentwickelt werden. Die kommenden Herausforderungen sind jedoch nur mit einer Ausweitung des Geltungsbereichs der agrarpolitischen Instrumente zu meistern. Der Einbettung der Landwirtschaft in die Ernährungskette (vorgelagerte Stufen, Verarbeitung, Handel und Konsumentinnen und Konsumenten), in die Umwelt (Biodiversität, Boden, Wasser, Luft, Klima, Energie, Tierwohl), in den ländlichen Raum (Landschaft, Wald, Tourismus, Raumplanung, Regionalentwicklung) und ins landwirtschaftliche Wissenssystem (Forschung, Bildung, Beratung) soll dadurch besser Rechnung getragen werden und die Landwirtschaft stärker als ein Glied im ganzen Umfeld wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich eine Doppelstrategie, die auf folgenden beiden Säulen beruht:

95

1.

konsequente Optimierung der bisherigen Agrarpolitik;

2.

Erweiterung der heutigen Agrarpolitik in Richtung einer integralen Politik für Landwirtschaft und Ernährung.

BBl 2006 6337, 6399­6400

2145

Diese Strategie ermöglicht es, das übergeordnete Ziel einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft im Zeithorizont 2025 zu erreichen. Sie wird durch die folgenden vier Strategieschwerpunkte konkretisiert (vgl. Abbildung 10): Abbildung 10 Schwerpunkte der Strategie 2025 1. Sichere und wettbewerbsfähige Nahrungsmittelproduktion und -versorgung gewährleisten

4. Innovation und Unternehmertum in der Land- und Ernährungswirtschaft fördern

2. Ressourcen effizient nutzen und nachhaltigen Konsum fördern

3. Vitalität und Attraktivität des ländlichen Raums stärken

Diese vier Schwerpunkte werden alle bereits mit der heutigen Agrarpolitik unterstützt. Entsprechend der Doppelstrategie gilt es bei jedem der vier Schwerpunkte, das heutige Instrumentarium im Hinblick auf die zukünftigen Rahmenbedingungen zu optimieren und gleichzeitig neue Ansätze und Instrumente in Richtung einer integralen Politik zu entwickeln.

1. Sichere und wettbewerbsfähige Nahrungsmittelproduktion und -versorgung gewährleisten Es ist sicherzustellen, dass das natürliche Produktionspotenzial optimal genutzt und die Produktion unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Ökosysteme weiterentwickelt wird. Um dies bei sich weiter öffnenden Märkten zu erreichen, sind die Qualitätsführerschaft der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft weiter auszubauen und in Wert zu setzen. Weiter sind die Kostensenkungspotenziale auf allen Stufen der Wertschöpfungskette konsequent zu nutzen. In Anbetracht zunehmender Marktschwankungen sind Lösungen zu entwickeln, um deren Auswirkungen abzudämpfen.

2. Ressourcen effizient nutzen und verantwortungsbewussten Konsum fördern Zentrales Element zur Erreichung der agrarpolitischen Ziele ist die weitere Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz. Zudem soll die Treibhausgasintensität sowohl in der landwirtschaftlichen Produktion als auch in der gesamten Wertschöpfungskette weiter vermindert werden. Ein besonderes Augenmerk gilt es auch auf 2146

die Erhaltung der Biodiversität zu legen. Im Rahmen der Raumplanung ist es auch unerlässlich, die fruchtbaren Kulturböden stärker zu schützen. Damit die agrarpolitischen Ziele erreicht werden, ist es wichtig, dass sich das Nachfrageverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten auch in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt.

3. Vitalität und Attraktivität des ländlichen Raums stärken Der technische Fortschritt und die weitere Steigerung der Effizienz führen dazu, dass weniger Arbeitskräfte in der klassischen landwirtschaftlichen Produktion benötigt werden. Die Strukturen müssen dieser Entwicklung folgen. Der Ausbau der landwirtschaftsnahen Tätigkeiten, eine Diversifizierung (z.B. Agrotourismus oder Energieproduktion) sowie eine stärkere Vernetzung mit den regionalen Akteuren tragen dazu bei, dass eine möglichst hohe Wertschöpfung im ländlichen Raum erzielt werden kann. Dies ist die beste Voraussetzung, um eine sozialverträgliche Entwicklung zu gewährleisten. Eine wichtige Ressource des ländlichen Raums ist die Kulturlandschaft, die es zum Nutzen der Bevölkerung weiterzuentwickeln gilt.

Synergien, beispielsweise mit dem Tourismus, sind verstärkt zu nutzen.

4. Innovation und Unternehmertum in der Land- und Ernährungswirtschaft fördern Innovation ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die landwirtschaftliche Forschung, Bildung und Beratung haben diesbezüglich weiterhin einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Innovation soll auf allen Ebenen (Organisation, Produktionsverfahren, Produktentwicklung, Vermarktung usw.) ermöglicht und günstig beeinflusst werden.

Der unternehmerische Spielraum der Akteure soll erweitert werden, und der administrative Aufwand muss verhältnismässig sein. Wichtig ist auch die verstärkte Zusammenarbeit und Vernetzung innerhalb der Landwirtschaft und zwischen den verschiedenen Akteuren in der Ernährungskette. Aufgrund der Produktivitätssteigerungen kann die Abhängigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft von der staatlichen Stützung weiter reduziert werden. Innovation soll zudem die Effizienz bei der Ressourcennutzung verbessern und damit auch zu einer verminderten Umweltbelastung beitragen.

1.5

Ziele im Zeithorizont 2014­2017

Die Agrarpolitik muss so weiterentwickelt werden, dass insgesamt eine nachhaltige Entwicklung des Sektors gewährleistet ist und diejenigen gemeinwirtschaftlichen Leistungen stärker gefördert werden, bei denen die Ziele noch nicht erreicht wurden.

In Ziffer 1.1.2 wurde dargelegt, in welchen Bereichen heute Ziellücken bestehen.

Darauf aufbauend und abgestimmt auf die Umweltziele Landwirtschaft werden für die Zeitperiode 2014­2017 quantifizierte Ziele festgelegt. Dabei gilt es die Synergien und Zielkonflikte angemessen zu berücksichtigen. Aufgrund des mehrdimensionalen Zielsystems der Agrarpolitik (Multifunktionalität) und der gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Zielen sind Verbesserungen nur schrittweise realisierbar. Teilweise lassen sich zudem Verbesserungen nur über längere Zeiträume hinweg umsetzen (z.B. Fortschritte im Bereich der Biodiversität).

Generell sind jedoch mit einer besseren Berücksichtigung der Potenziale eines

2147

Standorts auf vielen Betrieben gleichzeitige Verbesserungen in verschiedenen Zielbereichen möglich96.

Mögliche Zielkonflikte können beispielsweise zwischen der Kalorienproduktion und gewissen ökologischen Zielsetzungen wie der Reduktion der Nitratbelastung im Grundwasser auftreten. Es wäre grundsätzlich möglich, in einzelnen Zielbereichen grössere Fortschritte zu erreichen, wenn nicht gleichzeitig auch Ziele in anderen Bereichen angestrebt würden. Im Gegenzug gilt es mögliche Synergien zwischen den Zielbereichen konsequent zu nutzen. Synergien bestehen beispielsweise zwischen den Zielen im Bereich Kulturlandschaft und der Biodiversität.

Die konkreten Ziele der AP 14­17, die im Bereich natürliche Lebensgrundlagen/Ökologie Etappenziele der längerfristigen Umweltziele Landwirtschaft (UZL) darstellen, sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt.

96

Hersener et al. (2011) Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirtschaftlicher Betriebe (ZA ÖB), Agroscope Reckenholz Tänikon.

2148

Tabelle 9 Ziele der Agrarpolitik 2014­2017 Zielbereich

Aspekt

Stand 2007/09

Ziel 2017

Ökonomie

Arbeitsproduktivität

+2,1 % p.a.1

+2,1 % p.a.2

Kapitalerneuerung

30 Jahre

30 Jahre

Soziales

Sektorales Arbeitseinkommen3

­0,7 % p.a.1

Reduktion des Einkommensrückgangs auf unter 0,5 % p.a.2

Sichere Versorgung

Bruttoproduktion

24 200 TJ

24 500 TJ

Nettoproduktion

21 500 TJ

22 100 TJ

Landwirtschaftlich genutzte Fläche im Dauersiedlungsgebiet

­1 900 ha p.a.4

Reduktion des Flächenverlusts auf unter 1000 ha p.a.5

Stickstoffeffizienz

29 %

33 %

Phosphoreffizienz

59 %

68 %

Natürliche Lebensgrundlagen/Ökologie

Ammoniak-Emissionen 48 600 t N6

41 000 t N

Quantität der BFF

60 000 ha BFF im Talgebiet7

65 000 ha BFF im Talgebiet

Qualität der BFF

36 % der BFF vernetzt7, 27 % der BFF mit Qualität7

50 % der BFF vernetzt, 40 % der BFF mit Qualität

Kulturlandschaft

Landwirtschaftlich genutzte Fläche im Alpwirtschaftsgebiet

­1400 ha p.a.8

Reduktion des Waldeinwuchses um 20 %9

Tierwohl

Beteiligung RAUSProgramm10

72 %7

80 %

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Entwicklung 2000/02 bis 2008/10 Entwicklung 2008/10 bis 2017 Nettounternehmenseinkommen plus Arbeitnehmerentgelt Entwicklung zwischen 1992/97 und 2004/09; provisorisch Entwicklung zwischen 2004/09 und nächster Erhebungsperiode Arealstatistik (voraussichtlich 2016/21); kann nur teilweise über die Agrarpolitik beeinflusst werden Stand 2009 Stand 2010 Entwicklung zwischen 1979/85 und 1992/97; gemäss LFI seither verstärkter Waldeinwuchs Entwicklung zwischen 2004/09 und nächster Erhebungsperiode Arealstatistik (voraussichtlich 2016/21) gegenüber Entwicklung zwischen 1992/97 und 2004/09 Mittelwert aller Tierkategorien gewichtet nach GVE

Quellen: ART, BFS, SBV, SHL und BLW

2149

Als Zieljahr wird 2017, das letzte Jahr der Zahlungsrahmenperiode 2014­2017, vorgeschlagen. Da die Zielerreichung in gewissen Bereichen von Jahr zu Jahr deutliche Schwankungen aufweist, wird bei der Beurteilung nicht nur das Zieljahr 2017 zu berücksichtigen sein, sondern ein Mittelwert mehrerer Jahre.

Die Ziele bei der Ökonomie bezwecken erstens die Ausnützung des bestehenden Effizienzverbesserungspotenzials durch eine Steigerung der Arbeitsproduktivität um 2,1 Prozent pro Jahr. Zweitens soll mit den Investitionen der Kapitalstock weiterhin in rund 30 Jahren erneuert werden.

Das Ziel im Bereich Soziales zielt darauf ab, den Rückgang des sektoralen Arbeitseinkommens von 0,7 Prozent pro Jahr im Referenzzeitraum bis 2017 auf unter 0,5 Prozent pro Jahr zu reduzieren. Dabei berücksichtigt der gewählte Indikator sowohl die nicht entlohnten Beschäftigten (Familienarbeitskräfte) als auch die entlohnten Beschäftigten (Fremdarbeitskräfte) in der Landwirtschaft. Da die Strukturentwicklung in den nächsten Jahren weitergeht, werden damit die Einkommen auf Stufe Einzelbetrieb steigen (vgl. Ziff. 5.3.1).

Im Bereich der Versorgungssicherheit soll der Fokus primär auf die Nettoproduktion gelegt werden. Das bestehende Produktionspotenzial für Nahrungs- und Futtermittel soll besser ausgenutzt und dementsprechend die Nettoproduktion erhöht werden.

Ausgehend von den pflanzenbaulich sehr guten Jahren 2007/09 wird bis 2017 ein Anstieg von 600 Terajoules angestrebt. Bei der Bruttoproduktion wird ein geringerer Anstieg anvisiert (+300 TJ), sodass ein Teil der Importfuttermittel durch inländische Futtermittel substituiert werden kann. Ebenfalls angestrebt wird eine Reduktion des Flächenrückgangs im Dauersiedlungsgebiet auf unter 1000 Hektaren pro Jahr.

Im Bereich der natürlichen Lebensgrundlagen wird eine Reduktion der Stickstoffund Phosphorüberschüsse auf 95 000 Tonnen Stickstoff beziehungsweise 4000 Tonnen Phosphor anvisiert. Um gleichzeitig die Ziele im Bereich Versorgungssicherheit zu erreichen, müssen die Stickstoff- und die Phosphoreffizienz auf 33 Prozent beziehungsweise 68 Prozent gesteigert werden. Dadurch verringern sich die umweltbelastenden Verluste an Ammoniak und Nitrat und die endliche Ressource Phosphor wird schonender genutzt. Bezüglich Ammoniak wird eine Verringerung der Emissionen auf 41 000 Tonnen
Stickstoff angestrebt. Im Bereich der Biodiversität bleibt die Zielgrösse von 65 000 Hektaren Biodiversitätsförderfläche (BFF) im Talgebiet bestehen. Zudem soll der Anteil der BFF, die vernetzt sind und die Qualitätskriterien gemäss ÖQV erfüllen auf 50 Prozent beziehungsweise 40 Prozent gesteigert werden.

Bei der Kulturlandschaft besteht die Zielsetzung darin, den Waldeinwuchs gegenüber heute zu reduzieren. Da die aktuellsten Zahlen zur Arealstatistik noch nicht vorliegen, kann kein absoluter Zielwert gesetzt werden. Gegenüber der Vorperiode 1992/97­2004/09 wird eine Reduktion des Flächenverlusts durch Waldeinwuchs um 20 Prozent angestrebt. Eine Definition von quantifizierbaren Zielen auf nationaler Ebene für die Landschaftsqualität ist gegenwärtig nicht möglich.

Beim Tierwohl wird angestrebt die Beteiligung bei den bestehenden BTS- und RAUS-Programmen weiter zu erhöhen. Ein spezifischer Fokus soll auf das RAUSProgramm gelegt werden, wo gegenüber 2010 eine Beteiligungszunahme um 8 Prozentpunkte angestrebt wird.

Die vorgeschlagenen Ziele sind kohärent und berücksichtigen die bestehenden Zielkonflikte. Mit den verwendeten Indikatoren setzt der Bundesrat gezielt Schwer2150

punkte. An diesen soll die AP 14­17 gemessen werden. Die anderen Indikatoren im Bereich der Nachhaltigkeitsbeurteilung und der gemeinwirtschaftlichen Leistungen werden jedoch weiterhin beobachtet und in die Beurteilung der vorgeschlagenen Politik mit einfliessen.

1.6

Schwerpunkte der Agrarpolitik 2014­2017

Basierend auf den vier langfristig strategischen Schwerpunkten (vgl. Ziff. 1.4) und abgestimmt auf die anvisierten Ziele (vgl. Ziff. 1.5) soll das agrarpolitische Instrumentarium im Zeithorizont 2014­2017 folgendermassen weiterentwickelt werden: Schwerpunkt 1: Sichere und wettbewerbsfähige Nahrungsmittelproduktion und -versorgung gewährleisten 1.1

Stärkung der Qualitätsstrategie: Die Ausrichtung der Agrarpolitik auf eine Qualitätsstrategie ist auf Gesetzesebene zu verankern. Die Förderung der Ausrichtung auf Qualität und Nachhaltigkeit ist auszuweiten, die Kräfte in der Absatzförderung müssen gebündelt werden und die Produktekennzeichnung ist weiter zu verbessern.

1.2

Einführung von Versorgungssicherheitsbeiträgen: Mit spezifischen Versorgungssicherheitsbeiträgen soll eine optimale Nutzung des natürlichen Produktionspotenzials sichergestellt werden. Die Anreize sind so zu setzen, dass die Produktion mit standortangepasster Intensität erfolgt und die Tragfähigkeit der Ökosysteme berücksichtigt wird.

1.3

Abgestimmter Grenzschutz beim Getreide: Aufgrund des durch die Siedlungsentwicklung verursachten Flächenverlusts sowie des Abbaus des Grenzschutzes für Futtergetreide zugunsten der Tierhaltungsbetriebe und der damit verbundenen Zunahme der Kunstwiesenfläche ist der Futtergetreideanbau in den letzten Jahren deutlich gesunken. Parallel dazu haben die Futtermittelimporte zugenommen. Um dem entgegenzuwirken, sollen die relative Attraktivität des Ackerbaus gegenüber der Grünlandnutzung erhöht, der Futtergetreideanbau ohne spezifischen Beitrag bessergestellt und der Grenzschutz beim Brotgetreide sowie die Stützungen der übrigen Ackerkulturen entsprechend reduziert werden.

1.4

Weiterentwicklung der Milchmarktstützung: Die Milchzulagen (Zulage für verkäste Milch und Zulage für Fütterung ohne Silage) sollen bis zu einer vollständigen Öffnung des Milchmarktes gegenüber der EU weitergeführt werden. Für die Ausrichtung der Zulage soll neu ein Mindestfettgehalt festgelegt werden. Zudem soll die Gesetzesgrundlage für Milchkaufverträge angepasst werden. Die Branchenorganisation des Milchsektors soll einen Standardmilchkaufvertrag mit gewissen Mindestvorgaben bezüglich Menge, Preis und Laufzeit beschliessen.

1.5

Abfederung von Marktschwankungen: Die Marktschwankungen und Preisvolatilitäten im internationalen Umfeld nehmen zu. Bisher haben sich diese aufgrund der stabilisierenden Wirkung der Direktzahlungen und des Grenzschutzes nur in geringem Masse auf die Einkommensstabilität in der Schweizer Landwirtschaft ausgewirkt. Solange noch ein namhafter Grenz2151

schutz besteht, können Preisschwankungen auf den internationalen Märkten auch weiterhin damit abgedämpft werden. Im Hinblick auf die fortschreitende Marktöffnung sind alternative Ansätze auf privatwirtschaftlicher Basis zu entwickeln und subsidiäre Unterstützungsmöglichkeiten des Bundes zu prüfen.

1.6

Stärkung der Lebensmittelsicherheit: Flankierend soll mit dem mehrjährigen nationalen Kontrollplan des BLW, des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET) und des Bundesamts für Gesundheit (BAG) für die gesamte Lebensmittelkette die Futtermittelsicherheit, Lebensmittelsicherheit, die Tiergesundheit, das Tierwohl und die Rückverfolgbarkeit von der Produzentin und vom Produzenten bis hin zur Konsumentin und zum Konsumenten sichergestellt werden.

Schwerpunkt 2: Ressourcen effizient nutzen und nachhaltigen Konsum fördern 2.1

Steigerung der Rohstoff- und Ressourceneffizienz: Um die Ziele im Bereich des stofflichen Umweltschutzes zu erreichen, soll nicht die Produktion eingeschränkt, sondern mit der Einführung von befristeten Ressourceneffizienzbeiträgen die Umweltauswirkungen pro produzierte Einheit reduziert werden. Die Ressourceneffizienzbeiträge bauen auf den bisherigen regionalen Ressourcenprogrammen auf, verursachen jedoch einen geringeren administrativen Aufwand für Bund und Kantone. Weitere Ansatzpunkte sind Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, die bessere Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und ­ in Abstimmung mit den Entwicklungen in der EU ­ die Wiederverwertung von Protein aus tierischen Nebenprodukten.

2.2

Erhaltung des fruchtbaren Kulturbodens: Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist die zentrale Ressource für die landwirtschaftliche Produktion und die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Insbesondere im Mittelland gehen nach wie vor grosse Flächen aufgrund der starken Ausdehnung der Siedlungsflächen verloren. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist ein koordiniertes Vorgehen im Bereich der Raumplanungs-, Wald- und Agrarpolitik notwendig. Ansatzpunkte im Bereich der Agrarpolitik sind insbesondere der Ausschluss der Bauzonenflächen von den Direktzahlungen und die Einführung des Behördenbeschwerderechts des BLW gegen die Zuweisung von Fruchtfolgeflächen grossen Umfangs in eine Bauzone.

2.3

Verstärkung des Klimaschutzes: Mögliche Ansatzpunkte sind in der Klimastrategie Landwirtschaft beschrieben. Es sind dies beispielsweise eine optimierte Fütterung und eine verbesserte Lebensleistung und Gesundheit beim Milchvieh, ein Abbau von Nährstoffbilanzüberschüssen durch ein angepasstes Düngermanagement, eine reduzierte Bodenbearbeitung beziehungsweise eine humuserhaltende Bewirtschaftung, eine Steigerung der Energieeffizienz sowie die Produktion und Nutzung alternativer Energie zur Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Weitere Beiträge können auch durch eine optimale Raumorganisation und den vermehrten Anbau von Kulturen mit geringem Inputbedarf realisiert werden. Zur Reduktion der klimawirksamen Emissionen der Landwirtschaft besteht für Regionen und Branchen die Möglichkeit, Ressourcenprojekte durchzuführen. Zusätzlich sollen

2152

klimaoptimierte Produktionsformen zukünftig mittels Produktionssystembeiträgen unterstützt werden können.

2.4

Förderung der Biodiversität: Die bisherigen Instrumente zur Förderung der Biodiversität sollen zielgerichtet weiterentwickelt werden. Die Anreize für qualitativ hochwertige Flächen sollen ausgebaut und die Beiträge für Qualität und Vernetzung im Berggebiet sollen auf das Niveau im Talgebiet erhöht werden. Zudem sollen Biodiversitätsbeiträge auf das Sömmerungsgebiet ausgedehnt und der Vollzug von LwG und dem NHG im Bereich der Biodiversität effizienter gestaltet werden.

2.5

Stärkung der umwelt- und tierfreundlichen Produktionsformen mittels Produktionssystembeiträgen: Die bestehenden Programme zur Förderung des biologischen Landbaus und der integrierten Produktion sollen weitergeführt werden. Gleiches gilt für die bewährten Tierwohlprogramme. Die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion soll verstärkt gefördert werden.

Damit wird auch die Qualitätsstrategie subsidiär unterstützt.

2.6

Entwicklung nachhaltiger Konsummuster: Eine langfristig nachhaltige Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion kann nur gewährleistet werden, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten auch nachhaltig erzeugte Produkte, insbesondere saisongerechte Produkte aus der Region, nachfragen.

Um Verbesserungen bezüglich des nachhaltigen Konsumverhaltens zu bewirken, soll eine rechtliche Grundlage für die Kennzeichnung besonders nachhaltig erzeugter Produkte geschaffen werden. Zudem sind die wissenschaftlichen Grundlagen für eine umfassende Nachhaltigkeitsbeurteilung der Produkte (z.B. Ökobilanzierung) zu verbessern.

Schwerpunkt 3: Vitalität und Attraktivität des ländlichen Raums stärken 3.1

Förderung der regionalen Entwicklung: Die heutigen Strukturverbesserungsmassnahmen und die Projekte zur regionalen Entwicklung sollen weitergeführt werden. Dabei sollen die sich bietenden Synergien mit den anderen Akteuren im ländlichen Raum noch verstärkt genutzt werden.

3.2

Verbesserung der Rahmenbedingungen für landwirtschaftsnahe Tätigkeiten: Die bestehenden Fördermöglichkeiten im Rahmen der Strukturverbesserungsmassnahmen sollen weitergeführt und im Rahmen der zweiten Etappe der Revision des RPG sollen angepasste Lösungen für die Landwirtschaft und insbesondere den Agrotourismus entwickelt werden.

3.3

Erhaltung der vielfältigen Kulturlandschaft: Die Landwirtschaft trägt durch die flächendeckende Bewirtschaftung wesentlich zum Landschaftsbild und dem Wert der Landschaft in der Schweiz bei. Die Leistung soll künftig einerseits mit den Kulturlandschaftsbeiträgen sichergestellt werden. Diese bezwecken in erster Linie die Offenhaltung der Kulturlandschaft (inkl.

Sömmerungsgebiet). Mit dem neuen Instrument der Landschaftsqualitätsbeiträge sollen anderseits spezifische landschaftspflegerische Leistungen der Landwirtschaft gefördert werden. Für die Landschaftsqualitätsbeiträge ist eine Kofinanzierung durch die Kantone vorgesehen.

2153

Schwerpunkt 4: Innovation und Unternehmertum in der Land- und Ernährungswirtschaft fördern 4.1

Verbesserung der Innovation und Kooperation entlang der Wertschöpfungskette: Projekte, die darauf abzielen, Qualität und Nachhaltigkeit entlang der Kette zu verbessern, sollen mit Beiträgen unterstützt werden können.

4.2

Verbesserung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit: In einem volatileren und dynamischeren Umfeld gewinnen Fragen der Wirtschaftlichkeit und der Kostensenkung an Bedeutung. Die Voraussetzungen für einzelbetriebliche Investitionshilfen sollen angepasst werden. Zudem sind für gemeinschaftliche Initiativen zur nachhaltigen Senkung der Produktionskosten Anreizbeiträge vorgesehen.

4.3

Förderung der Pachtlandarrondierung: Das Potenzial zur Kostensenkung mittels Pachtlandarrondierungen und virtueller Flurbereinigungen wird trotz bestehenden Fördermöglichkeiten nur beschränkt genutzt. Die Bestimmungen des Pachtrechts sollen so angepasst werden, dass die Umsetzung solcher Vorhaben erleichtert und damit eine effizientere Bewirtschaftung ermöglicht wird.

4.4

Anpassung der Faktoren für Standardarbeitskräfte: Die Faktoren zur Berechnung der Standardarbeitskräfte (SAK) sollen gemäss den technischen Entwicklungen der letzten zehn Jahre angepasst werden. Dadurch entfällt für kleinere Betriebe die Beitragsberechtigung für die Direktzahlungen und es gibt weniger Betriebe, die potenziell Anrecht auf Strukturverbesserungsmassnahmen haben beziehungsweise als Gewerbe gemäss bäuerlichem Bodenrecht anerkannt werden.

4.5

Einführung von Übergangsbeiträgen: Mit den Übergangsbeiträgen sollen die Auswirkungen des Systemwechsels auf die einzelnen Betriebe abgefedert und eine sozialverträgliche Entwicklung ermöglicht werden. Ein wesentlicher Teil des bisherigen allgemeinen Flächenbeitrags wird in diese betriebsgebundenen und von der Fläche entkoppelten Beiträge umgelagert.

Dadurch verbessert sich die Flächenmobilität und die Pachtzinse kommen unter Druck.

4.6

Reduktion von wettbewerbsbehindernden Bestimmungen: Verschiedene Begrenzungskriterien im Bereich der Direktzahlungen behindern den Wettbewerb und benachteiligen zukunftsgerichtete Betriebe. Die Abstufung der Direktzahlungen nach Fläche und Tierzahl soll aufgehoben und die Einkommens- und Vermögenslimiten sollen auf die sozial motivierten Übergangsbeiträge beschränkt werden.

4.7

Verhältnismässiger administrativer Aufwand: Die technischen Möglichkeiten zur Reduktion des Vollzugsaufwands sollen noch konsequenter genutzt werden und mit dem nationalen Kontrollplan und einem gemeinsamen Datenmanagement die amtlichen Kontrollen über die gesamte Lebensmittelkette hinweg koordiniert werden. In diesem Zusammenhang wird auch eine Harmonisierung der Stichtage für agrarpolitische Massnahmen geprüft.

Zudem soll die Kontrolle der Bewirtschaftungsvorgaben von Biodiversitätsförderflächen nach dem LwG und dem NHG auf landwirtschaftlich genutzten Flächen harmonisiert werden.

2154

1.7

Verhältnis der AP 14­17 zu den aussenhandelspolitischen Projekten

Die aussenhandelspolitischen Verhandlungen bezwecken allesamt eine weitere Liberalisierung der Agrarmärkte. Es ist mit einer weiteren Öffnung und zunehmenden Vernetzung der Agrarmärkte zu rechnen. Eine entscheidende Rolle wird der Fortgang der Doha-Runde bei den WTO-Verhandlungen spielen. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, die Verhandlungen möglichst rasch abzuschliessen, da dies im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz liegt. Die innenpolitische Situation einiger wichtiger Akteure in der WTO lässt jedoch darauf schliessen, dass ein Abschluss der Doha-Runde nicht in unmittelbarer Zukunft zu erwarten ist. Auch die Verhandlungen mit der EU über ein Abkommen in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittel- und Produktsicherheit sowie Gesundheit (FHAL&GesA) sind verlangsamt. Es ist also nicht absehbar, wann die Umsetzung der Marktöffnungen im Rahmen dieser beiden prioritären Projekte des Bundesrates erste spürbare Auswirkungen auf den Grenzschutz haben werden.

Wegen den Unsicherheiten rund um diese aussenhandelspolitischen Geschäfte werden diese in der vorliegenden Botschaft ausgeklammert. Es soll von der Arbeitshypothese ausgegangen werden, dass im Zeitraum 2014­2017 noch keine Auswirkungen von internationalen Abkommen im Agrarbereich spürbar werden. Die Vorschläge zu den Instrumenten und zur Mittelverteilung sollen deshalb eine möglichst gute Zielerreichung mit dem gegenwärtig geltenden Grenzschutzniveau ermöglichen.

Auch wenn die Verhandlungen in der WTO oder mit der EU verlangsamt sind, steht die Marktöffnung nicht still. In den laufenden Verhandlungen mit wichtigen Agrarexporteuren wie China oder Russland wird der Bundesrat möglicherweise grössere Konzessionen machen müssen als bisher in Drittlandabkommen. Gleichzeitig führt die momentane Währungssituation mit dem starken Franken dazu, dass die schweizerische Land- und Ernährungswirtschaft bereits ohne konkrete Marktöffnung Gefahr läuft, Marktanteile zu verlieren. Dazu kommt, dass diejenigen Instrumente, die die bestehenden Preisdifferenzen zum Ausland für die verarbeitende Industrie teilweise ausgleichen (z.B. Schoggigesetz) international zunehmend stärker in Kritik geraten. Es ist deshalb notwendig, dass die Landwirtschaft sowohl die bestehenden wie auch die mit dieser Vorlage neu geschaffenen Potenziale zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
nutzt und ihre Marktposition verbessert.

Im Hinblick auf ein FHAL&GesA mit der EU und auch auf einen Abschluss der Doha-Runde der WTO ist der Bundesrat bereit, konkrete Begleitmassnahmen vorzuschlagen. Diesbezüglich wurden bereits wichtige Grundlagen erarbeitet. Eine vom EVD eingesetzte Arbeitsgruppe hat mögliche Begleitmassnahmen vorgeschlagen97.

Sie hat dafür vier Ziele definiert:

97

­

die Stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft gezielt unterstützen;

­

die Marktposition sichern und ausbauen; Begleitmassnahmen zu einem Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich, Bericht der AG Begleitmassnahmen zuhanden des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, Juli 2009. Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Themen > Agrarpolitik > Freihandel Schweiz­EU.

2155

­

die Standortbedingungen und damit die Wettbewerbsfähigkeit verbessern;

­

mit befristeten Massnahmen den Übergang sozialverträglich gestalten.

Basierend auf dem Bericht der Arbeitsgruppe Begleitmassnahmen wird im EVD unter Einbezug des Eidgenössischen Finanzdepartements ein Gesamtkonzept erarbeitet. Die vier Ziele werden dabei grundsätzlich beibehalten. Die Begleitmassnahmen werden zurzeit weiter konkretisiert, wobei zwischen permanenten und temporären Massnahmen unterschieden wird. Im Rahmen der Massnahmen zur Qualitätsstrategie (vgl. Ziff. 2.2.1) werden bereits erste Überlegungen der Arbeitsgruppe Begleitmassnahmen in diese Vorlage aufgenommen. Mit dem Einrichten einer Bilanzreserve mit der Änderung vom 18. Juni 201098 des LwG hat das Parlament ausserdem bereits zusätzliche Mittel für Begleitmassnahmen vorgesehen.

Ein stärkerer Grenzschutzabbau in der Periode bis 2017 aufgrund eines aussenhandelspolitischen Abkommens würde in einer separaten Vorlage behandelt. Dabei wären zwei Handlungsachsen zu unterscheiden. Einerseits wäre bei den in der vorliegenden Unterlage beschriebenen Massnahmen die Verteilung der Mittel neu zu beurteilen. Dies gilt insbesondere für die beiden folgenden Bereiche: ­

Die Zulage für verkäste Milch würde reduziert (entsprechend dem neuen Niveau des Grenzschutzes bei einem WTO-Abkommen) oder vollständig abgebaut (bei einer vollständigen Marktöffnung gegenüber der EU). Die frei werdenden Mittel würden zu den Direktzahlungen umgelagert.

­

Das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Direktzahlungsinstrumenten müsste bei einer Öffnung der Märkte neu beurteilt werden.

Andererseits würden dem Parlament die temporären und permanenten Begleitmassnahmen, allfällige Anpassungen der bestehenden Instrumente sowie die zusätzlich benötigten finanziellen Mittel in einer separaten Botschaft zusammen mit einem entsprechenden Abkommen unterbreitet.

2

Landwirtschaftsgesetz: Grundzüge der Vorlage

2.1

Allgemeine Grundsätze

Die Grundsätze des LwG sind nach wie vor aktuell. Die vorgesehenen Änderungen reihen sich weitgehend unter den geltenden Grundsätzen ein. Lediglich im Zweckartikel und in Artikel 2 LwG sind Änderungen angezeigt. Der Zweckartikel soll mit dem Tierwohl ergänzt werden. Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b LwG soll angepasst werden, um das Prinzip der Förderung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen mit Direktzahlungen zu formulieren. In den neuen Absätzen 3 und 4 sollen die Qualitätsstrategie und die Ernährungssouveränität verankert werden.

98

AS 2010 5851

2156

2.1.1

Ergänzung des Zweckartikels

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Zweckartikel hält die Ziele fest, die der Gesetzgeber mit dem LwG verfolgt. In Anlehnung an Artikel 104 BV wird die Multifunktionalität der Landwirtschaft in ihren zwei Hauptfunktionen beschrieben: Gleichzeitig mit der Produktion von privaten Gütern, für die ein Markt besteht, erbringt die Landwirtschaft gemeinwirtschaftliche Leistungen. Diese Leistungen sind positive Externalitäten der landwirtschaftlichen Produktion und haben den Charakter von öffentlichen Gütern. Da für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen kein Markt besteht und sie unter reinen Marktbedingungen nicht im gesellschaftlich erwünschten Ausmass bereitgestellt werden, wird dem Bund die Aufgabe übertragen, dieses Marktversagen mit agrarpolitischen Instrumenten zu korrigieren. Entsprechend sorgt er dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen.

Dafür werden gute Rahmenbedingungen für die Produktion und den Absatz von landwirtschaftlichen Erzeugnissen definiert und mit der Ausrichtung von Direktzahlungen gezielte Anreize für die Bereitstellung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen gesetzt.

Im heutigen Zweckartikel sind, abgeleitet von Artikel 104 Absatz 1 BV, vier gemeinwirtschaftlichen Leistungen explizit aufgeführt: ­

sichere Versorgung der Bevölkerung;

­

Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen;

­

Pflege der Kulturlandschaft;

­

dezentrale Besiedlung des Landes.

Bereits im Bericht über die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems99 hält der Bundesrat fest, dass zusätzlich auch das Tierwohl eine gemeinwirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft ist. Bei der Definition der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nimmt er sowohl auf Artikel 104 Absatz 1 Buchstaben a­c als auch auf Artikel 104 Absatz 3 Buchstabe b BV Bezug. Letzterer hält fest, dass der Bund Produktionsformen mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen fördert, die besonders naturnah, umweltund tierfreundlich sind. Absatz 3 Buchstabe b BV besagt also implizit, dass eine besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Produktion ein agrarpolitisches Ziel ist. Die besonders naturnahen und umweltfreundlichen Produktionsformen sind bereits über die Zielsetzung der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen in Artikel 104 Absatz 1 Buchstabe b BV beziehungsweise Artikel 1 Buchstabe b LwG abgedeckt. Im LwG hingegen fehlt die Erwähnung des Tierwohls als Zielsetzung.

Beantragte Neuregelung Der Bund sorgt bereits heute dafür, dass die Landwirtschaft einen Beitrag zum Tierwohl leistet. Er tut dies im Rahmen der Direktzahlungen über die BTS- und RAUS-Programme sowie im Rahmen der Strukturverbesserungen über höhere Investitionshilfen für BTS-Ställe. Diese Massnahmen zur Förderung des Tierwohls 99

Bericht des Bundesrates vom 6. Mai 2009, Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, in Erfüllung der Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006 (06.3635). Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Berichte.

2157

haben sich bewährt und sollen unverändert weitergeführt werden (vgl. Ziff. 2.3.9).

Um das Tierwohl jedoch explizit als Ziel im LwG zu verankern und damit der hohen Bedeutung, welche die Bevölkerung dem Tierwohl zumisst100, gerecht zu werden, soll der heutige Zweckartikel durch einen neuen Buchstaben e ergänzt werden.


Einführung von Art. 1 Bst. e LwG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Das Tierwohl wird bereits heute mit spezifischen Massnahmen des LwG gefördert (BTS- und RAUS-Programme und Strukturverbesserungen). Mit der vorgeschlagenen Änderung soll das Ziel des Tierwohls explizit im Zweckartikel des LwG verankert werden. So kann eine von Tierschutzkreisen breit geäusserte Forderung aus der Vernehmlassung berücksichtigt werden. Auch wenn damit auf instrumenteller Ebene keine Änderungen verbunden sind, wird mit der Aufnahme des Tierwohls in den Zweckartikel des LwG der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Anliegens besser Rechnung getragen.

2.1.2

Förderung gemeinwirtschaftlicher Leistungen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit den agrarpolitischen Instrumenten generell und insbesondere mit den Direktzahlungen soll das in Ziffer 2.1.1 beschriebene Marktversagen korrigiert und so die Bereitstellung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im gesellschaftlich erwünschten Ausmass sichergestellt werden. Werden die gemeinwirtschaftlichen Leistungen ohne staatliches Eingreifen erbracht, so haben sie zwar einen Wert für die Gesellschaft, die Erbringung der Leistungen wird in diesem Fall jedoch allein über den Markt sichergestellt beziehungsweise bezahlt. Der Umstand, dass heute eine Differenz zwischen privatem Angebot und gesellschaftlicher Nachfrage nach gemeinwirtschaftlichen Leistungen besteht, macht ein staatliches Eingreifen nötig. Der Gesetzgeber hat deshalb vor 20 Jahren Direktzahlungen eingeführt.

In Artikel 3 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990101 (SuG) wird unterschieden zwischen Finanzhilfen und Abgeltungen. Finanzhilfen sind geldwerte Vorteile, die Empfängern ausserhalb der Bundesverwaltung gewährt werden, um die Erfüllung einer vom Empfänger gewählten Aufgabe zu fördern oder zu erhalten.

Voraussetzungen für die Gewährung von Finanzhilfen sind nach Artikel 6 SuG unter anderem, dass der Bund ein Interesse an der Aufgabenerfüllung hat und dass die Aufgabe ohne Finanzhilfe nicht hinreichend erfüllt würde. Dies trifft für die Direktzahlungen zu: Die Finanzhilfen des Bundes stellen sicher, dass die Leistungen im aus volkswirtschaftlicher Sicht erwünschten Ausmass erbracht werden. Demgegenüber sind Abgeltungen gemäss dem SuG Leistungen an Empfänger ausserhalb der Bundesverwaltung zur Milderung oder zum Ausgleich von finanziellen Lasten, die sich ergeben aus der Erfüllung von bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben 100

Brandenberg A. et al. (2007): Was erwartet die schweizerische Bevölkerung von der Landwirtschaft?, 4hm AG und Uni St. Gallen, St. Gallen; Abele, M. und Imhof, S.

(2009): Univox Landwirtschaft. Schlussbericht einer repräsentativen persönlichen Bevölkerungsbefragung im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft, gfs-zürich, Zürich.

101 SR 616.1

2158

oder von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die dem Empfänger vom Bund übertragen worden sind. Beide Tatbestände treffen auf die mit Direktzahlungen geförderten landwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht zu. In der Terminologie des Bundesrechts sind Direktzahlungen also nicht Abgeltungen, sondern finanzielle Anreize (Finanzhilfen), mit denen die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen gefördert wird102.

Beantragte Neuregelung Die Formulierung in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b soll angepasst werden, um die Massnahmen in Bezug auf die gemeinwirtschaftlichen Leistungen klarer zum Ausdruck zu bringen und die Inkongruenz mit der bundesrechtlichen Terminologie zu bereinigen. Neu soll anstelle des bisher verwendeten Begriffs «abgelten» der Begriff «fördern» verwendet werden. Damit kommt besser zum Ausdruck, dass die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen grundsätzlich auf Freiwilligkeit beruht und der Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin vom Staat nicht zur Bereitstellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen verpflichtet wird, es sich also nicht um einen Zwang handelt.

Gleichzeitig wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Höhe der Direktzahlungen abhängig ist vom Marktumfeld. Bei hohen Preisen trägt der Markt beispielsweise mehr zur Offenhaltung der Kulturlandschaft bei als bei tiefen Preisen.

Damit die gemeinwirtschaftlichen Leistungen erbracht werden, ist somit je nach Marktverhältnissen eine höhere oder eine tiefere Förderung der jeweiligen Leistung mittels Direktzahlungen nötig.


Anpassung von Art. 2 Abs. 1 Bst. b LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die vorgeschlagene Formulierung ist präziser, kongruent mit der Terminologie des SuG und bringt die Natur der Direktzahlungen klarer zum Ausdruck.

Ein Grossteil der Kantone, mehrere Parteien sowie eine Vielzahl von Organisationen mit verschiedenster Interessensprägung sind der Auffassung, dass der Begriff «Förderung» gegenüber dem heutigen Begriff «Abgeltung» schwächer sei und fordern deshalb bei der heutigen Formulierung zu bleiben. Insbesondere besteht die Befürchtung, dass mit dem neuen Vorschlag Leistungen nur solange gefördert würden, bis die gesetzten Ziele erreicht sind. Diese Befürchtung ist insofern nicht begründet, als dass auch dann noch ein Marktversagen vorliegt, wenn ein definiertes Ziel erreicht worden ist. Solange sich die Rahmenbedingungen nicht wesentlich ändern, wird es auch nach Erreichung des Ziels weiterhin eine Förderung brauchen, um die Leistungserbringung auf dem entsprechenden Stand zu halten.

Umwelt- und Tierschutzorganisationen fordern, dass neben dem Begriff «gemeinwirtschaftlichen Leistungen» explizit auch die Begriffe «ökologische Leistungen» beziehungsweise «ethologische Leistungen» im Gesetzesartikel enthalten sein müssten. Da Ökologie und Tierwohl nach Artikel 1 LwG genauso gemeinwirtschaftliche Leistungen sind wie beispielsweise die Versorgungssicherheit oder die Pflege der Kulturlandschaft sind sie mit diesem Begriff abgedeckt. Die ökologischen Leistungen sind in der Formulierung «Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 1 Bst. b LwG) enthalten. Die ethologischen Leistungen werden abgedeckt durch die 102

Huber A. J. (2003): Direktzahlungen sind Subventionen. Blätter für Agrarrecht 37.

2159

vorgeschlagene Ergänzung von Artikel 1 durch einen neuen Buchstaben e, in dem das Tierwohl neu explizit als gemeinwirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft aufgeführt wird (vgl. Ziff. 2.1.1).

2.1.3

Ernährungssouveränität

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Für den Bundesrat bedeutet Ernährungssouveränität das Recht aller Völker, Länder und Ländergruppen, ihre Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu definieren beziehungsweise die Selbstbestimmung bezüglich Art und Weise, wie Nahrungsmittel produziert werden, und das Recht der Versorgung mit eigenen Nahrungsmitteln, soweit dem nicht völkerrechtliche Vereinbarungen entgegenstehen103.

Für den Bundesrat stellt das Prinzip der Ernährungssouveränität keinen Widerspruch dar zum Abschluss von internationalen Abkommen.

In der Schweiz sind die wesentlichen Elemente des Konzepts der Ernährungssouveränität im Sinne der bundesrätlichen Definition verwirklicht: Die Schweizer Landwirtschaft leistet auf der Grundlage von Artikel 104 BV einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Versorgung, und die Schweiz verfügt über die notwendigen Instrumente und finanziellen Mittel für den Vollzug einer autonomen Agrarpolitik. Für den Krisenfall sind Massnahmen vorbereitet, um die Selbstversorgung steigern und die Bevölkerung ausreichend versorgen zu können.

Der parlamentarischen Initiative Bourgeois zur Ernährungssouveränität104 wurde von beiden Räten Folge gegeben. In der anschliessenden Diskussion hat sich die WAK-N für die Aufnahme des Begriffs ins LwG ausgesprochen, dies vor dem Hintergrund, dass die Sicherstellung einer ausreichenden Inlandproduktion unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Ökosysteme eine grosse Herausforderung darstellt: Die Bevölkerung wächst, die fruchtbaren Böden nehmen ab und die Märkte öffnen sich weiter.

Die WAK-N hat den Bundesrat angefragt, ihren Umsetzungsvorschlag zur parlamentarischen Initiative Bourgeois vom 17. Januar 2011 in die Vorlage zur AP 14­17 zu integrieren und so in die Vernehmlassung zu schicken. Der Bundesrat hat dieser Anfrage zugestimmt und den Vorschlag der WAK-N unverändert und global in die Vorlage integriert. Gemäss WAK-N soll der Grundsatz der Ernährungssouveränität in Artikel 2 Absatz 4 LwG verankert werden, wobei der Mehrheitsvorschlag vorsieht, den Begriff im Gesetz zu präzisieren («... zur Berücksichtigung der Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten nach qualitativ hochwertigen, vielfältigen und nachhaltigen inländischen Produkten»), während der Vorschlag der Minderheit lediglich festhält, dass sich die Massnahmen des LwG am Grundsatz der Ernährungssouveränität orientieren.

103

Bericht des Bundesrates vom 6. Mai 2009. Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, in Erfüllung der Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006 (06.3635). Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Berichte.

104 08.457 Pa.Iv. Bourgeois, «Ernährungssouveränität», 29. September 2008.

2160

Beantragte Neuregelung Der Bundesrat schlägt aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung vor, den Mehrheitsantrag der WAK-N in Artikel 2 Absatz 4 LwG zu verankern. Gemäss WAK-N unterscheidet sich der Begriff der Ernährungssouveränität in verschiedener Hinsicht von den agrarpolitischen Kernbegriffen Multifunktionalität und Nachhaltigkeit: ­

Erstens fokussiert der Begriff weniger auf die landwirtschaftliche Produktion als auf die Ernährung und damit auf das Ergebnis der Leistungserbringung der ganzen ernährungswirtschaftlichen Wertschöpfungskette.

­

Zweitens, und damit in Zusammenhang stehend, sind auch die angesprochenen Akteure vielfältiger: An erster Stelle stehen die Zivilgesellschaft beziehungsweise die Konsumentinnen und Konsumenten eines Landes mit ihren Bedürfnissen. Damit diese Bedürfnisse befriedigt werden können, sind sämtliche Akteure der Wertschöpfungskette (vorgelagerte Stufe, Produktion, Verarbeitung, Gross- und Detailhandel) und auch der Staat (Rahmenbedingungen) gefordert105.

­

Drittens bringt der Begriff mit der Forderung nach ernährungspolitischer Selbstbestimmung ein neues Element ins Spiel.

Der Begriff der Ernährungssouveränität lenkt in diesem Sinn, in Ergänzung zu den durch die Multifunktionalität und die Nachhaltigkeit abgedeckten Bereichen, die Aufmerksamkeit darauf, dass die Landwirtschaft Teil eines umfassenden Ernährungssystems ist. Ihre Leistungen kann sie nur dann im gewünschten Mass zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten in Wert setzen, wenn auch die anderen Glieder der Kette die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen (bezüglich Qualität, Wettbewerbsfähigkeit, effizientem und nachhaltigem Umgang mit Rohstoffen und Ressourcen usw.) erbringen. Der Begriff unterstreicht somit die Interdependenzen zwischen den Gliedern der Kette.

Der Bundesrat kann der von der WAK-N vorgenommenen Interpretation des Begriffs folgen. Die von der Mehrheit der WAK-N beantragte Formulierung und Platzierung des Begriffs in Artikel 2 LwG schafft die Grundlage dafür, dass der Bund bei der Weiterentwicklung der Agrarpolitik die systemischen Zusammenhänge zwischen der Landwirtschaft und den anderen Stufen der Ernährungswirtschaft noch stärker berücksichtigt und die effiziente Zusammenarbeit unterstützt, ohne dass damit der Geltungsbereich des LwG verändert wird.


Einführung von Art. 2 Abs. 4 LwG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Es ist sinnvoll, den Begriff der Ernährungssouveränität mit dem Hauptziel der Nahrungsmittelproduktion in Verbindung zu setzen, nämlich der langfristigen Befriedigung der Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten nach qualitativ hochwertigen, vielfältigen und nachhaltigen einheimischen Produkten. Die diesbezügliche Charakterisierung der Konsumentenbedürfnisse leitet sich ab aus Artikel 1 LwG, in dem der Bund beauftragt wird, dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen 105

Auch bei der Nachhaltigkeit setzt sich in letzter Zeit verstärkt die Erkenntnis durch, dass eine diesbezügliche Optimierung entlang der ganzen Wertschöpfungskette anzustreben ist. In Artikel 104 BV wird der Begriff aber ganz klar mit der Landwirtschaft in Verbindung gebracht.

2161

Beitrag leistet zur sicheren Versorgung der Bevölkerung. Diese Ansicht teilte in der Vernehmlassung auch die Mehrheit der Kantone und der bäuerlichen Organisationen.

Der Minderheitsvorschlag der WAK-N wurde in der Vernehmlassung vor allem von links-grüner Seite begrüsst. Diesen kann der Bundesrat nicht unterstützen, weil der Begriff der Ernährungssouveränität damit nicht in Verbindung gesetzt wird mit einer konkreten Zielsetzung. So ginge aber der Mehrwert der Aufnahme des Begriffs in das LwG verloren, da der Begriff allein unpräzis ist und in der internationalen Diskussion für eine breite Palette von Forderungen steht, mit denen sich der Bundesrat nur teilweise identifizieren kann.

2.2

Produktion und Absatz

Seit dem Inkrafttreten des LwG im Jahr 1999 ist die Agrarpolitik darauf bedacht, die Eigenverantwortung der Landwirtinnen und Landwirte zu stärken und die Eigeninitiative zu fördern. Hierzu kommt bei verschiedenen Instrumenten das Subsidiaritätsprinzip zum Tragen. Zu den Aufgaben, die in erster Linie in den Händen der betroffenen Branchen- und Produzentenorganisationen liegen, gehören die Qualitäts- und Absatzförderung sowie die Anpassung von Produktion und Angebot an die Bedürfnisse des Marktes (Art. 8 LwG). Der Bund unterstützt die Produzentinnen und Produzenten und ihre Partner der Land- und Ernährungswirtschaft unter der Voraussetzung, dass sie konkrete Projekte entwickeln und einen erheblichen Teil der zu erbringenden Leistung übernehmen. Dieser Grundsatz gilt beispielsweise für die Qualitätskennzeichnung (kein GUB-Schutz, wenn die Produzenten und Produzentinnen nicht selbst das entsprechende Gesuch einreichen, Art. 14 LwG), die Absatzförderung (keine Unterstützung des Bundes, wenn nicht 50 Prozent Eigenmittel beigesteuert werden, Art. 12 LwG) oder die Selbsthilfemassnahmen (keine Vorschriften ohne vorherigen Beschluss und ein Begehren der Branchen- und Produzentenorganisationen, Art. 9 LwG). Der Grundsatz der Subsidiarität behält seine Gültigkeit. Im Zuge der verstärkten Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine Qualitätsstrategie sollen aber die Möglichkeiten des Bundes ausgebaut werden.

Die Marktordnungen sollen grundsätzlich weitergeführt werden. Im Bereich Tierproduktion können aufgrund der politischen Beschlüsse im Rahmen der AP 2007 und der AP 2011 aber einige gesetzgeberische Vereinfachungen vorgenommen werden. Im Bereich Ackerbau soll ein einheitlicheres und flexibleres Instrumentarium eingeführt werden.

2.2.1

Qualitätsstrategie

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit der Motion Bourgeois106 wird der Bundesrat aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den massgebenden Verbänden der Ernährungs- und Landwirtschaftskette eine Qualitätsstrategie für Schweizer Lebensmittel zu erarbeiten und Massnahmen zu 106

09.3612 Mo Bourgeois, «Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft», 11. Juni 2009.

2162

treffen, um ihre Positionierung sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu verstärken. Da der Staat bei der Qualitätspolitik nur eine subsidiäre Rolle einnimmt, muss diese Strategie in erster Linie von den betroffenen Akteuren erarbeitet werden. Der Bund beschränkt sich auf die Rolle des Gesetzgebers und Vermittlers («facilitator»). In einem vom BLW moderierten Prozess haben sich 2010 die Akteure der Wertschöpfungskette der Land- und Ernährungswirtschaft auf folgende Kernelemente einer Qualitätsstrategie geeinigt: ­

Qualitätsführerschaft;

­

Marktoffensive;

­

Qualitätspartnerschaft.

Die Diskussionen über eine Qualitätsstrategie für die Land- und Ernährungswirtschaft haben bestätigt, dass eine Stärkung der Positionierung von Schweizer Produkten im In- und Ausland notwendig ist, um einen optimalen Mehrwert entlang der Lebensmittelkette zu gewährleisten und ihre Marktanteile zu erhalten oder sogar zu erhöhen. Der eingeschlagene Weg in Sachen Qualität soll mit Unterstützung der Agrarpolitik weiterverfolgt werden.

Der Bundesrat ist sich der grossen Bedeutung der Qualitätsstrategie bewusst. Diese soll unter Berücksichtigung der Ziele der für den Agrar-, den Lebensmittel- und den Umweltbereich massgeblichen Gesetze noch konsequenter umgesetzt werden.

Qualitätsführerschaft in der Produktion und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, offensive Marktbearbeitung und starke Wertschöpfungsketten sind zentrale Voraussetzungen, um dem Wettbewerbsdruck zu begegnen, der aus der zunehmenden Öffnung der Märkte und der starken Aufwertung des Schweizer Frankens resultiert.

Der Bundesrat sieht deshalb verschiedene Massnahmen vor, um die Land- und Ernährungswirtschaft bei der Ausrichtung auf diese Strategie zu unterstützen. Insbesondere sollen die allgemeinen wirtschaftlichen Bestimmungen des LwG noch besser auf die Bedürfnisse des Sektors ausgerichtet werden.

Bei der Produktion von Nahrungsmitteln umfasst der Begriff «Qualität» verschiedene Aspekte. In der Qualitätsstrategie der Land- und Ernährungswirtschaft ist der Qualitätsbegriff im weiteren Sinne zu verstehen, wobei der Qualitätswahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten eine entscheidende Bedeutung zukommt: Er umfasst die Produktequalität im weitesten Sinne, aber auch die Aspekte der Produktionsmethode (z.B. Integrierte Produktion [IP], Bio, Tierwohl) und die Prozessqualität. Während unter der Produktionsmethode vor allem die Qualität der Produktion auf dem landwirtschaftlichen Betrieb zu verstehen ist, bezeichnet die Prozessqualität die Qualität der Herstellungs- und Distributionsprozesse entlang der ganzen Wertschöpfungskette, einschliesslich deren Qualitätssicherung und Kontrolle. Für die nachhaltige Produktion und auch für die Prozesse stehen die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen wie Energie oder Wasser im Vordergrund. Die Lebensmittelsicherheit ist für die Qualität der Lebensmittel von entscheidender Bedeutung. Sie
ist aber nicht Gegenstand der Bestimmungen des LwG über die Unterstützung der Qualitätsstrategie. Die agrarpolitischen Massnahmen in Bezug auf die Qualitätsstrategie bauen vielmehr auf den diesbezüglichen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen auf.

2163

Qualitätsvorschriften Mit dem geltenden Artikel 10 LwG kann der Bundesrat nur Vorschriften über die Produktequalität erlassen, wenn dies für den Export notwendig ist. Der Bundesrat muss aber auch dann Qualitätsvorschriften erlassen können, wenn dies erforderlich ist für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen oder für die Einhaltung von internationalen Normen, die für die schweizerische Landwirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind. Für Weinbauprodukte beispielsweise sehen die Bestimmungen in Anhang 7 des Agrarabkommens vor, dass die Schweizer Produkte äquivalent zu jenen der EU definiert und die zulässigen önologischen Verfahren in einer Positivliste aufgeführt sind. Das Fehlen solcher Bestimmungen würde den Handel mit der EU schwieriger gestalten. Deshalb wird eine Ergänzung von Artikel 10 vorgeschlagen.

Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit Für die Qualitätsführerschaft der Schweiz sind vorwiegend die Qualitätsanforderungen im Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutzbereich sowie der freiwillige ÖLN massgebend.

Im Bereich der Qualitätssicherung konzentriert sich die Unterstützung des Bundes heute auf die Kofinanzierung von Qualitätssicherungsdiensten. Bisher wurde keine Vollzugsverordnung erlassen. Angesichts des Subsidiaritätsprinzips und des Bestrebens, öffentliche Gelder direkt den Landwirtinnen und Landwirten zugutekommen zu lassen, ist die Unterstützung des Bundes primär auf die Beteiligung der Produzentinnen und Produzenten an Qualitätssicherungssystemen ausgerichtet.

Die geltende gesetzliche Grundlage zur Qualitätssicherung (Art. 11 LwG) lässt heute keine Unterstützung von gemeinschaftlichen Initiativen zu, die eine Verbesserung der Qualität und Effizienz von Produktionsprozessen entlang der Wertschöpfungskette und eine Förderung von Innovationen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte bezwecken. Diesbezüglich ist das LwG auf die neuen Herausforderungen des Wettbewerbs und die sich wandelnden Erfordernisse der Märkte auszurichten.

Absatzförderung Unter dem Begriff «Marktoffensive» fasst die Qualitätsstrategie alle Massnahmen zusammen, die zur Erhaltung und zum Ausbau der Marktanteile im In- und Ausland dienen. Im Rahmen der Absatzförderung nach Artikel 12 LwG wirkt der Bund dabei unterstützend.

Artikel 12 LwG erlaubt dem Bund, Massnahmen zur Förderung des Absatzes von Agrarprodukten
im In- und Ausland zu unterstützen. Diese Massnahmen beschränken sich auf den Bereich der Kommunikation und der Marktforschung im In- und Ausland, einschliesslich Marktabklärungen. Jegliche Massnahmen preislicher Natur im Bereich der Distribution oder im Bereich der Produktentwicklung sind ausgeschlossen.

Im Rahmen von Artikel 12 kann der Bund auch die Erschliessung neuer Märkte unterstützen. Diese Unterstützung der Markterschliessung ist heute im Rahmen der landwirtschaftlichen Absatzförderungsverordnung vom 9. Juni 2006107 (LAfV) in beschränktem Umfang möglich, zum Beispiel im Rahmen von gemeinsamen Messeauftritten im Ausland.

107

SR 916.010

2164

Im Juni 2009 hat das BLW die Förderung von Pilotprojekten zur Markterschliessung im Ausland gestartet. Aufgrund dieser Erfahrungen soll das Instrumentarium besser auf die Unternehmensbedürfnisse und die eingesetzten Markterschliessungsmassnahmen ausgerichtet werden. Eine entsprechende Anpassung der Verordnungsbestimmungen soll die Voraussetzungen für die Markterschliessungsprojekte präzisieren.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Absatzförderungsinstrumentarium zeigen, dass eine Präzisierung der Rechtslage insbesondere im Bereich der Koordination der Absatzförderungsmassnahmen und bezüglich der Möglichkeiten der nicht produktspezifischen Kommunikation erforderlich ist. Entsprechend soll Artikel 12 Absätze 2 und 3 LwG angepasst werden.

Offizielle Zeichen Artikel 14 Absatz 4 LwG gibt dem Bund die Möglichkeit, für die Kennzeichnung von besonderen Produkteigenschaften nach den Artikeln 14­16 LwG (Herstellungsverfahren, spezifische Produkteigenschaften, Ursprungsbezeichnungen) sowie Artikel 63 LwG (kontrollierte Ursprungsbezeichnung beim Wein) Symbole (offizielle Zeichen) zu definieren. Nach bisherigem Recht ist die Verwendung offizieller Zeichen fakultativ, kann im Zusammenhang mit der Absatzförderung nach Absatz 5 aber für obligatorisch erklärt werden.

Ein offizielles Zeichen ist nicht mit einer Marke zu verwechseln, die mit einer eigenen Markenpersönlichkeit auftritt. Vielmehr handelt es sich um ein Garantieoder Prüfzeichen, das dafür steht, dass das betroffene Erzeugnis einer öffentlichrechtlichen Definition entspricht. Offizielle Zeichen bewirken eine einheitliche Kennzeichnung und dienen zur Identifizierung und Differenzierung eines Produktes.

Sie bürgen für eine besondere Qualität und vermitteln den Konsumentinnen und Konsumenten Sicherheit beim Kaufentscheid. Garantie- oder Prüfzeichen haben sich in verschiedensten Bereichen im Inland (z.B. Parklabel des BAFU, Energieetikette, «Swiss Certification» des SECO) oder im Ausland (Bio- und AOP-Logo der EU) bewährt.

Im Bereich der Berg- und Alpprodukte besteht heute kein gesamtschweizerisch etabliertes Zeichen. Viele Konsumenten und Konsumentinnen sind aber bereit, für Berg- und Alpprodukte, die garantiert aus dem Berg- oder dem Sömmerungsgebiet stammen, einen Mehrpreis zu bezahlen. Ein offizielles Zeichen würde für die Herkunftsgarantie bürgen
und dem Missbrauch der Begriffe «Berg» und «Alp» entgegenwirken. Ein einheitlicher Marktauftritt würde hier zu mehr Glaubwürdigkeit und Transparenz und zu einer Bündelung der Kräfte in der Vermarktung von Produkten aus dem Berggebiet führen. Für den Bundesrat ist ein offizielles Zeichen für Bergund Alpprodukte zudem auch deshalb eine valable Option, weil die Schweiz damit unter den Alpenländern eine Pionierrolle einnehmen könnte. Die Diskussionen über die Einführung solcher Zeichen sind auch in der EU im Rahmen des sogenannten Qualitätspaketes im Gang.

Auch im Bereich der GUB-/GGA-Produkte sieht der Bundesrat eine Möglichkeit für ein offizielles Zeichen. Insbesondere könnte ein solches erforderlich sein, wenn es den Akteuren einer Wertschöpfungskette ­ beispielsweise bei einem GUB-Käse ­ nicht gelingt, sich unter einer gemeinsamen Vermarktungsstrategie zu einen und dadurch ein Image-Schaden oder die Vernichtung von Wertschöpfung droht.

2165

Neu soll der Bund die Möglichkeit haben, die Verwendung dieser offiziellen Zeichen unabhängig von der Absatzförderung nötigenfalls für obligatorisch zu erklären.

Beantragte Neuregelung Verankerung der Qualitätsstrategie Die Massnahmen des Bundes unterstützen die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie. Diesem Sachverhalt soll mit der Ergänzung von Artikel 2 LwG Rechnung getragen werden. Der Hauptfokus des LwG liegt auch weiterhin unverändert auf der Landwirtschaft. Es soll aber zum Ausdruck gebracht werden, dass die Landwirtschaft als Teil der mehrgliedrigen Wertschöpfungsketten der Ernährungswirtschaft zu verstehen ist. Diese wirtschaftlichen Verknüpfungen gilt es zu beachten, da der Wettbewerb auf den sich öffnenden Märkten zunehmend ein Wettbewerb zwischen Wertschöpfungsketten ist und die Landwirtschaft ohne den nachgelagerten Sektor hier nicht bestehen kann. Es wird deshalb vorgeschlagen, Artikel 2 LwG in diesem Sinne zu ergänzen.


Einführung von Art. 2 Abs. 3 LwG (neu)

Qualitätsvorschriften Artikel 10 LwG soll ergänzt werden und dem Bundesrat erlauben, wenn nötig Vorschriften über die Qualität oder die Herstellungsverfahren zu erlassen, damit die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen einhalten oder internationale Normen von wesentlicher Bedeutung für die Landwirtschaft (insbesondere der Internationalen Organisation für Rebe und Wein[OIV]) erfüllen kann. Dabei sollen gleichzeitig die Produktequalität gewährleistet und allfällige Exporthemmnisse verhindert werden. Mit der Neuregelung wird eine Rechtslücke geschlossen, um im Bedarfsfall Bestimmungen erlassen zu können, mit denen sich negative Effekte auf den Aussenhandel vermeiden lassen.

Gestützt auf das Agrarrecht sollen keine Lebensmittelnormen erlassen werden, die alleine dem Gesundheits- oder Täuschungsschutz dienen, denn dies ist Gegenstand der Lebensmittelgesetzgebung. An der heutigen Zuordnung der verschiedenen Regelungsbereiche auf das Lebensmittelrecht einerseits und das Agrarrecht andererseits ändert sich somit grundsätzlich nichts. Die Kompetenzverteilung zwischen dem BAG und dem BLW wird auch mit der Änderung von Artikel 10 LwG nicht tangiert.


Anpassung von Art. 10 LwG

Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit Ziel der Qualitätsstrategie ist unter anderem, die Qualitätsführerschaft im internationalen Wettbewerb zu übernehmen und den Mehrwert zu steigern. Die Ausrichtung der Wertschöpfungsketten auf die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung ist dabei eine wichtige Handlungsachse. Der Bundesrat will diese Ausrichtung im Rahmen der Agrarpolitik vermehrt unterstützen. Die verschiedenen Wertschöpfungsketten des Ernährungssektors sollen dadurch im internationalen Wettbewerb kompetitiver und ihre Produkte weniger austauschbar werden.

Der heutige Artikel 11 LwG soll deshalb zu einem zentralen Instrument zur Förderung und Unterstützung der Qualitätsstrategie weiterentwickelt werden. Gefördert werden können damit Massnahmen zur Verbesserung oder Sicherung der Qualität oder der Nachhaltigkeit.

2166

Die Vorabklärungen und Startphasen von Projekten müssen in Bezug auf Innovation und Nachhaltigkeit Modellcharakter aufweisen und sich positiv auf die Wertschöpfung und Nachhaltigkeitsaspekte bei der Produktion von Nahrungsmitteln auswirken. Zudem wird die Teilnahme an Programmen gefördert, die auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Bereich der Qualität und Nachhaltigkeit abzielen.

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird der eingeschlagene Weg im Bereich der Qualitätssicherung und der nachhaltigen Entwicklung108 fortgeführt. Eine bessere Abstimmung auf die Qualitätswahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten, die vermehrt Nachhaltigkeitsaspekte integriert und sich auf die gesamte Wertschöpfungskette erstreckt, drängt sich jedoch auf.


Anpassung von Art. 11 LwG

Absatzförderung Im Bereich der Absatzförderung (Art. 12 LwG) wird zunächst eine Präzisierung der Möglichkeiten der nicht produktspezifischen Kommunikation und der vom Bund unterstützten Öffentlichkeitsarbeit vorgenommen: Absatz 2 löst den bisherigen Absatz 3 ab, der inhaltliche Überlappungen mit Absatz 1 (produktbezogene Absatzförderung) aufwies. Neu beschränkt sich Absatz 2 auf die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation im Bereich der nicht marktfähigen Güter, d.h. er erlaubt es dem Bund, die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft subsidiär zu unterstützen. Während sich die produktbezogene Marketingkommunikation auf Absatz 1 stützt, kann auf der Grundlage von Absatz 2 die Kommunikation über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gefördert werden. Damit soll das Verständnis gefördert werden, dass die Landwirtschaft mit der Produktion von Nahrungsmitteln auch weitere Leistungen zugunsten der Gesellschaft erbringt und dass die Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Kauf von inländischen Produkten die Erbringung dieser Leistungen unterstützen.

In Absatz 3 soll die Koordination der verschiedenen geförderten Absatzförderungsmassnahmen griffiger geregelt werden: Die entsprechende Bestimmung im bisherigen Absatz 2 stellt eine deklaratorische Aufforderung an die privaten Akteure im Bereich der Absatzförderung dar, ihre Aktivitäten zu koordinieren und sich auf gemeinsame Leitlinien für das Marketing zu einigen. Es hat sich aber gezeigt, dass der Bund die Möglichkeit haben muss, situativ lenkend einzugreifen, wenn die Branchen aus eigener Kraft keine hinreichende Koordination zu Stande bringen. So 108

Es wird hier auf die internationale Definition der nachhaltigen Entwicklung verwiesen, die 1987 von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung im Brundtland-Bericht festgelegt wurde. Die Begriffe «nachhaltiges Produkt» und «nachhaltiger Prozess» wurden hingegen nicht definiert. Produkte oder Prozesse sind nachhaltig, wenn sie einen Beitrag zur Erreichung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Ziele für eine nachhaltige Entwicklung leisten, die sich ein Land ­ hier die Schweiz ­ gesetzt hat. Auf internationaler Ebene spricht man eher von Erzeugnissen aus nachhaltigen Konsum- und Produktionssystemen. Im Rahmen des Durchführungsplans von Johannesburg, der 2002 am Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung verabschiedet wurde, vereint der Marrakesch-Prozess freiwillige Initiativen zur Förderung der Nachhaltigkeit bei Konsum und Produktion. Die UNO-Kommission für nachhaltige Entwicklung arbeitet derzeit daran, diese Initiativen in einem «10-year Framework of Programmes on sustainable consumption and production» zusammenzufassen, das vom UNEP koordiniert werden könnte. Die Schweiz setzt sich aktiv dafür ein, dass dieses Rahmenarbeitsprogramm die nachhaltige Produktion und den nachhaltigen Konsum von Agrarprodukten und Lebensmitteln einschliesst und so eine Präzisierung der Bedeutung und der Tragweite dieser Konzepte auf internationaler Ebene ermöglicht.

2167

war es beispielsweise notwendig, auf Verordnungsebene Bestimmungen über das gemeinsame Erscheinungsbild bei vom Bund kofinanzierten Absatzförderungsmassnahmen zu erlassen (Verordnung des EVD vom 23. August 2007109 über das gemeinsame Erscheinungsbild bei vom Bund unterstützten Kommunikationsmassnahmen für Landwirtschaftsprodukte). Der Bund muss bei Bedarf für eine koordinierte Kommunikation im In- und Ausland sorgen können.


Anpassung von Art. 12 Abs. 2 und 3 LwG

Offizielle Zeichen Weiter soll auch Artikel 14 LwG geändert werden. Hier geht es um die Kennzeichnung der Erzeugnisse, die in der Kommunikation vom Produzenten und der Produzentin bis zum Konsumenten und zur Konsumentin eine entscheidende Rolle spielt.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass die Möglichkeit, offizielle Zeichen für obligatorisch zu erklären, dann notwendig sein kann, wenn die Marktakteure untereinander nicht in der Lage sind, die Informationsbedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten mittels einer einheitlichen Kennzeichnung zu befriedigen oder wenn ein Wettbewerb zwischen Vertretern derselben Wertschöpfungskette zur Vernichtung von Mehrwert führt. Ein Obligatorium für offizielle Zeichen ist ein geeignetes Instrument zur Förderung der Glaubwürdigkeit und Transparenz, das insbesondere auch bei einem Überangebot an privaten Labels die sachkundige Wahl der Konsumentinnen und Konsumenten erleichtern kann. Und schliesslich kann es zum Zweck der Harmonisierung der Schweizer Gesetzgebung mit jener der EU im Einzelfall nötig sein, ein solches Obligatorium vorzusehen, um Handelshemmnisse zu vermeiden. Durch die Einführung obligatorischer Zeichen wird die Verwendung privater Logos nicht ausgeschlossen.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass ein Obligatorium für ein offizielles Zeichen einen erheblichen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit bedeutet und dass diese Massnahme nur in gut begründeten Fällen zum Tragen kommen kann. Auch hier bleibt die Rolle des Bundes subsidiär: Zuerst sind alle privaten Mittel auszuschöpfen, um die Kennzeichnung im Interesse der beteiligten Wirtschafts- und Konsumentenkreise auf freiwilliger Basis zu regeln. Die Modalitäten zur Verwendung eines allfälligen obligatorischen Logos werden zudem so auszugestalten sein, dass sie sich nicht diskriminierend auf ausländische Produzenten auswirken. Sie müssen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der bilateralen Abkommen CH-EU sowie im Rahmen der WTO entsprechen.


Anpassung von Art. 14 Abs. 4 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Die beantragten Anpassungen im Bereich der Qualitäts- und Absatzförderung werden in der nachfolgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt.

109

SR 916.010.2

2168

Tabelle 10 Instrumente der Qualitäts- und Absatzförderung im Vergleich Heutige Regelung

Art. 2 LwG Keine explizite Ausrichtung der agrarpolitischen Massnahmen auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie für die gesamte Ernährungswirtschaft Art. 10 LwG Der Bundesrat kann Qualitätsvorschriften erlassen, wenn dies für den Export von Produkten erforderlich ist.

Art. 11 LwG Es werden nur Beiträge an die Beteiligung der Produzenten und Produzentinnen in Qualitätssicherungsdiensten geleistet.

Art. 12 LwG Keine Präzisierung, welche Art der Öffentlichkeitsarbeit bei nicht produktspezifischen Massnahmen unterstützt werden kann.

Die im Bereich der Absatzförderung tätigen Organisationen «koordinieren ihre Massnahmen und erarbeiten gemeinsame Leitlinien, namentlich zur Förderung des Absatzes auf überregionaler Ebene oder im Ausland.» Art. 14 LwG Der Bund kann für die Kennzeichnungen Symbole definieren. Ihre Verwendung ist fakultativ.

AP 14­17

Mit der Ausrichtung auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie der gesamten Ernährungswirtschaft soll die Landwirtschaft stärker als Teil einer mehrgliedrigen Wertschöpfungskette verstanden werden.

Der Bundesrat kann Qualitätsvorschriften einschliesslich der Herstellungsverfahren von Produkten regeln, wenn dies nicht nur für den Export dieser Produkte, sondern auch für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen der Schweiz oder von internationalen Normen von wesentlicher Bedeutung für die Landwirtschaft erforderlich ist.

Neu sollen zusätzlich zur Qualitätssicherung auch gemeinschaftliche Initiativen unterstützt werden können, die eine Verbesserung der Qualität und Effizienz von Produktionsprozessen entlang der Wertschöpfungskette und eine Förderung von Innovationen in Bezug auf die Ausrichtung auf Qualität und Nachhaltigkeit bezwecken.

Der Bund kann zum Zweck der Absatzförderung auch die Kommunikation zu den von der Landwirtschaft erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen unterstützen.

Der Bund kann für die Koordination der unterstützten Massnahmen im In- und Ausland sorgen.

Neue Grundlage für die Festlegung von Kennzeichnungsbestimmungen im Bereich der Nachhaltigkeit (vgl. Ziff. 2.2.2) und Kompetenz des Bundesrats, offizielle Zeichen als Ultima Ratio obligatorisch erklären zu können.

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die Anpassung von Artikel 2 LwG bekräftigt die Absicht des Bundesrates, die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie zu unterstützen. Der Bundesrat trägt damit den Arbeiten der Branche und

2169

der von den eidgenössischen Räten überwiesenen Motion Bourgeois110 Rechnung.

Eine Mehrheit der Kantone und der landwirtschaftlichen Organisationen unterstützen die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine Qualitätsstrategie und die diesbezüglich vorgesehenen Massnahmen in der Vorlage. Einzelne Organisationen des Gewerbes und der Industrie befürchten aber neue Staatsinterventionen im nachgelagerten Sektor und lehnen solche ab.

Ohne die Ergänzung von Artikel 10 LwG könnte die Schweiz ihren internationalen Verpflichtungen möglicherweise nicht nachkommen. Der internationale Handel landwirtschaftlicher und verarbeiteter Produkte, vor allem mit der EU, könnte künftig gefährdet sein. Daher ist eine solche Bestimmung unerlässlich.

Die Ergänzung von Artikel 11 LwG soll die Ausrichtung der Wertschöpfungsketten auf Qualitätsführerschaft und auf die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Sie entspricht der Stossrichtung der Qualitätsstrategie und wird entsprechend breit unterstützt. Den Anliegen diverser Vernehmlasser, wonach die Ziele im Bereich der Qualität und der Nachhaltigkeit bei Artikel 11 auch individuell und nicht in jedem Fall kumulativ zu verfolgen sind, wird Rechnung getragen. Ebenfalls wird das Anliegen berücksichtigt, wonach der betreffenden Branchen- oder Produzentenorganisation nicht in jedem Fall eine koordinierende Rolle zukommen soll.

Um die Qualitätsstrategie zu unterstützen und die Kohärenz der Kommunikation im Bedarfsfall garantieren zu können, soll der Bund mit den Ergänzungen in Artikel 12 für eine koordinierte Kommunikation im In- und Ausland sorgen können. Die Änderungen von Artikel 12 werden insgesamt akzeptiert, auch wenn einzelne Organisationen der Landwirtschaft eine Abweichung vom Subsidiaritätsprinzip befürchten und deshalb an der bisherigen Version festhalten wollen.

Zudem soll in Artikel 14 die Möglichkeit geschaffen werden, allfällige offizielle Zeichen als Ultima Ratio verbindlich zu erklären. Der Vorschlag, auch die Möglichkeit für obligatorische Qualitätszeichen vorzusehen, erhielt ein geteiltes Echo: Eine grosse Mehrheit der bäuerlichen Organisationen unterstützt die Vorlage, während Verarbeitung und Handel mehrheitlich dagegen votieren. Die Meinungen der Konsumentenorganisationen sind geteilt.

2.2.2

Nachhaltiger Konsum

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung in den drei Dimensionen Ökologie, Soziales und Wirtschaft ist von grundlegender Bedeutung für die Schweizer Politik und damit auch für die Agrarpolitik. Die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz folgt bereits heute zu einem grossen Teil dem Nachhaltigkeitsprinzip, vor allem im Bereich Ökologie. Die Produktion erfolgt unter Bedingungen, die einen effizienten Schutz der Umwelt gewährleisten. Der biologische Landbau, die integrierte Produktion und der ökologische Leistungsnachweis sind Beispiele, die dies verdeutlichen. Bei der Weiterentwicklung der Agrarpolitik ist es jedoch wichtig, weiterhin darauf hinzuarbeiten, dass alle drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung verankert sind. Auf ökologischer Ebene sollten beispielsweise Betriebe 110

09.3612 Mo Bourgeois, «Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft», 11. Juni 2009.

2170

honoriert werden, die eine positive Ökobilanz und nur moderate Emissionen aufweisen sowie die Ressourcen effizient nutzen. Auf sozialer Ebene sollten die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter nachweisen, dass sie besondere Arbeitsbedingungen, wie einen Standardarbeitsvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, geschaffen haben oder dass die Produktion auf vor- und nachgelagerter Stufe auf einem regionalen Engagement basiert. Auf ökonomischer Ebene sollte der Mehrwert gleichmässig entlang der gesamten Produktionskette verteilt sein oder ausreichend zum Einkommen der Bewirtschaftenden beitragen. Fünf Initiativen der Kantone Jura, Genf, Neuenburg, Wallis und Waadt fordern ein Importverbot für Lebensmittel, die unter sozial inakzeptablen oder umweltschädlichen Bedingungen produziert wurden. Diese Initiativen wurden vom Parlament abgelehnt. Gleichzeitig hat es ein Postulat WAK-N überwiesen111. Das Postulat fordert, dass die Konsumentinnen und Konsumenten besser über das Thema nachhaltige Entwicklung informiert werden.

Als Antwort auf das Postulat wird eine Ergänzung von Artikel 14 LwG vorgeschlagen.

Auch international finden Arbeiten zum nachhaltigen Konsum, das heisst zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung via Konsumenten und Konsumentinnen, statt.

Die FAO und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) haben ein Programm über nachhaltige Ernährungssysteme ausgearbeitet, das in das Programm über den nachhaltigen Konsum und die nachhaltige Produktion im Rahmen der Kommission für nachhaltige Entwicklung der UNO integriert werden soll.

Beantragte Neuregelung Das Landwirtschaftsrecht soll dahingehend angepasst werden, dass Produkte, die unter besonderer Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung hergestellt wurden, besser in Wert gesetzt werden können. Von den verschiedenen Instrumenten, die das LwG bietet, stellt die Kennzeichnung nach Artikel 14 LwG ein effizientes Mittel dar, um den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden und Schweizer Produkte in Wert zu setzen. Daher wird vorgeschlagen, Artikel 14 Absatz 1 LwG um einen neuen Buchstaben zu ergänzen, mit dem eine Kennzeichnung im Sinne der nachhaltigen Entwicklung ermöglicht wird. Die Konkretisierung dieses neuen Buchstabens f soll es ermöglichen, Produkte aus bestimmten Betrieben oder Produktionszweigen zu
kennzeichnen. Es handelt sich hierbei um ein freiwilliges System. Die Anforderungen werden basierend auf Massnahmen, die bei bestehenden Labels bereits umgesetzt wurden, und in Zusammenarbeit mit den interessierten Kreisen erarbeitet.


Einführung von Art. 14 Abs. 1 Bst. f LwG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Sowohl die Politik als auch die breite Öffentlichkeit verlangen, besser über die Einhaltung der Bedingungen der nachhaltigen Entwicklung bei Lebensmitteln ­ ob aus der Schweiz oder importiert ­ informiert zu werden. Aus den Ergebnissen der Vernehmlassung ging hervor, dass eine Kennzeichnung auf freiwilliger Basis einem verpflichtenden System vorgezogen wird. Die Einführung einer CO2-Steuer auf Lebensmitteln, eine Negativdeklaration im Sinne von Artikel 18 LwG, ein Import-

111

10.3627 Po WAK-N, «Nachhaltige Entwicklung. Verbesserung der Konsumenteninformation durch Labels», 29. Juni 2010.

2171

verbot für bestimmte Produkte oder die Einführung eines obligatorischen Standardvertrags und eines Mindestlohns für die Landwirtschaft wurden daher abgelehnt.

Verschiedene Kantone, der Schweizerische Bauernverband (SBV) und einige weitere Organisationen unterstützen den Bundesrat darin, die Thematik «Nachhaltiger Konsum» vorausschauend anzugehen. Aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung kommt der Bundesrat zum Schluss, dass eine Ergänzung von Artikel 14 vorzuschlagen ist. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, Bestimmungen über die Kennzeichnung von besonderen Leistungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit zu erlassen.

Die Konsumentinnen und Konsumenten werden Produkte wählen können, die bestimmten Kriterien-Kombinationen entsprechen. Ziel einer solchen Kennzeichnung ist es, eine bessere Wahl zu ermöglichen und einen verantwortungsvollen Konsum zu fördern, ohne jedoch jene Produkte zu benachteiligen, die diese Kriterien nicht erfüllen. Eine solche Gesetzesänderung ist also vorteilhaft für die heimische Agrarproduktion und wird dem von der Schweiz angestrebten Ziel einer nachhaltigen Entwicklung vollumfänglich gerecht.

2.2.3

Marktbeobachtung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Sicherstellung einer angemessenen Transparenz aus unabhängiger Warte schafft in den zunehmend liberalisierten und volatilen Lebensmittelmärkten Vertrauen. Das BLW führt seit Jahren ein Monitoring der wichtigsten Agrarmärkte durch (Fleisch sowie Fleisch- und Wurstwaren; Milch und Milchprodukte; Eier und Geflügel; Ackerbauprodukte und deren Verarbeitungserzeugnisse; Früchte und Gemüse und deren Verarbeitungserzeugnisse). Nebst den Preisen auf verschiedenen Handelsstufen werden nach Bedarf auch Bruttomargen berechnet sowie Sammelindizes, Benchmarks und weitere Elemente ausgewiesen. Die Öffentlichkeit wird regelmässig informiert. Die bestehenden rechtlichen Grundlagen ermöglichen die auf Langfristigkeit und Repräsentativität ausgelegten Datenerhebungen direkt am Markt. Mit jedem Liberalisierungsschritt steigen die Anforderungen punkto Umfang und Ausgestaltung der Beobachtungstätigkeiten, während die Bereitschaft der grösseren Marktakteure, zur Transparenz beizutragen, tendenziell abnimmt.

Beantragte Regelung Die Beobachtung soll mindestens im gleichen Ausmass durchgeführt werden wie bisher; die deutsche Version von Artikel 27 Absatz 1 LwG soll also nicht geändert werden, der französische Gesetzestext wird der deutschen Version angepasst. Datenlieferungen abzugelten, wie dies in der Vernehmlassung teilweise gefordert wurde, lehnt der Bundesrat prinzipiell ab. Die Publikationen sind der Öffentlichkeit frei zugänglich und die Branchenorganisationen können an der Ausgestaltung der Beobachtungstätigkeit mitwirken.


2172

Anpassung des französischen Textes in Art. 27 Abs. 1 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Zwei Kantone und eine Vielzahl nationaler und regionaler landwirtschaftlicher Organisationen verlangen gar eine Stärkung der heutigen Tätigkeit in der Marktbeobachtung und zum Teil auch die Abgeltung von Datenlieferungen.

Der Bundesrat ist sich der Tatsache bewusst, dass gerade in zunehmend liberalisierten und volatilen Lebensmittelmärkten ein erhöhtes Bedürfnis nach Markttransparenz besteht. Entsprechend hat er im Rahmen der AP 2011 eine Muss-Formulierung zur Marktbeobachtung vorgeschlagen, die vom Parlament so verabschiedet wurde.

Damit kann das Monitoring nach zeitlicher und gegenständlicher Vorgabe langfristig ausgeführt werden. Für die von einer Vielzahl der Vernehmlasser verlangte zusätzliche Transparenz (mehr Handelsstufen, mehr Labels, Importe usw.) sind die bestehenden Regelungen hinreichend. Die Offenlegung langfristiger Preis- und Bruttomargenentwicklungen eines Marktes wirkt insbesondere präventiv. Liegen persistente Marktverzerrungen vor, sind die heutigen wettbewerbsrechtlichen Interventionsmöglichkeiten hinreichend.

2.2.4

Milchwirtschaft

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Produktion von Milch wies 2010 einen Anteil von rund 23 Prozent am Produktionswert landwirtschaftlicher Güter auf (BFS, Landwirtschaftliche Gesamtrechnung). Von den rund 59 000 Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben in der Schweiz im Jahr 2010 (BFS) produzierten gut 26 000 Verkehrsmilch. Gegenüber 2000/02 stieg die Produktion von vermarkteter Milch beinahe um 7 Prozent auf rund 3,437 Millionen Tonnen. Grosse Zunahmen in dieser Zeitspanne von über 20 Prozent wiesen auch die Butter- und die Milchpulverproduktion auf. Diese Entwicklung hat mehrere Ursachen: Trend zu fettärmeren Milchprodukten, Einführung der Standardisierung bei der Konsummilch im Jahre 2009, Verwertung von Überschussmilch aus der Produktion von Emmentaler Käse und angestiegene Milchproduktion. Infolge der höheren Butterproduktion und des stagnierenden Absatzes seit Ende 2008 befanden sich zeitweise über 10 000 Tonnen Butter an Lager.

Milchkaufverträge Gestützt auf Artikel 36b LwG müssen Milchproduzentinnen und Milchproduzenten mit ihrem Erstmilchkäufer einen Milchkaufvertrag abschliessen, der mindestens ein Jahr dauert und zumindest eine Vereinbarung über Menge und Preis enthält. Diese Bestimmungen (Abs. 1­3) sind als flankierende Massnahmen zum Ausstieg aus der Kontingentierung bis am 30. April 2015 anwendbar. Weil es sich um privatrechtliche Verträge handelt, hat der Bund keine weitergehenden Vorschriften über Form und Inhalt erlassen. Der Bundesrat hat am 31. August 2011 auf Begehren der Branchenorganisation Milch (BO Milch) einige Elemente ihres Standardvertrags für den Milchkauf bis zum 30. April 2013 für Nichtmitglieder verbindlich erklärt. Diese sogenannte Ausdehnung auf Nichtmitglieder stützt sich auf Artikel 9 Absatz 1 LwG.

Die Schriftlichkeit der Verträge, die Vertragspflicht für sämtliche Stufen bis zur Milchverarbeitung und die Segmentierung der gekauften Milchmenge in drei Kategorien wurden ergänzend zu Artikel 36b LwG verbindlich erklärt. Der Bundesrat hat mit seinem Entscheid die breite Forderung aus der Branche für stärkere vertragliche Bindungen unterstützt. Die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen für Milchkauf2173

verträge werfen jedoch Fragen der Zuständigkeiten und Abläufe auf und können Normenkonflikte verursachen. Eine grundlegende Analyse ist daher zweckmässig.

Zulagen für verkäste Milch und Fütterung ohne Silage Die Käseproduktion ist für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft sehr bedeutend. Etwa die Hälfte der vermarkteten Milch (1,7 Mio. t) fliesst in diesen Verwertungskanal. Die Produktion hat seit 2003 stetig zugenommen und sich 2010 und 2011 in der Grössenordnung von 180 000 Tonnen Käse pro Jahr stabilisiert.

Davon wird etwa ein Drittel hauptsächlich in die EU sowie nach Kanada und in die USA exportiert. Seit dem 1. Juni 2007 ist der Käsehandel zwischen der Schweiz und der EU vollständig liberalisiert. Es gibt keine Zölle und Zollkontingente mehr und folglich stehen inländische und europäische Käse im direkten Wettbewerb zueinander. Der Marktanteil von Schweizer Käse am inländischen Konsum lag 2010 bei rund 73 Prozent. Für Frischmilch, Butter, Milchpulver und weitere Milchprodukte besteht hingegen noch immer ein substanzieller Grenzschutz mit Zollkontingenten und hohen Zöllen ausserhalb der Kontingente. Um die Folgen dieses unterschiedlichen Grenzschutzes auf die Produzentenpreise für Milch weitgehend auszugleichen, richtet der Bund eine Zulage für verkäste Milch aus. Die Zulage wird für Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch ausgerichtet. Sie wird pro Kilogramm verkäste Milch, unabhängig von deren Fettgehalt, bezahlt. Für Mascarpone wird als Ausnahme die Zulage für verkäste Milch gestützt auf den Fettgehalt des verarbeiteten Rahms berechnet. Keine Zulage wird seit der Einführung der Massnahme für die Herstellung von Quark und Frischkäsegallerte bezahlt, obschon es sich bei diesen Produkten nach Artikel 36 der Verordnung des EDI vom 23. November 2005112 über Lebensmittel tierischer Herkunft um Käse handelt.

Abbildung 11 Käseproduktion in der Schweiz 2000­2011 200'000 180'000 160'000 140'000 Tonnen

120'000 100'000 80'000 60'000 40'000 20'000 0 2000/02 2003

112

SR 817.022.108

2174

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011 (prov.)

Die Zulage für Fütterung ohne Silage unterstützt die einmalige Positionierung der aus Rohmilch hergestellten Käsespezialitäten. Als Rohstoff für solchen Käse kann nur Milch von Kühen verwendet werden, denen keine Silage gefüttert wird. Die Zulage für Fütterung ohne Silage wird nur für Kuhmilch ausgerichtet, die zu Käse der Festigkeitsstufen extra hart, hart und halbhart verarbeitet wird. Für Schaf- und Ziegenmilch wird die Zulage zurzeit wegen der stärkeren Stützung der Milchschafe und -ziegen mit den Beiträgen für raufutterverzehrende Nutztiere nicht ausgerichtet.

Im Rahmen der AP 2011 hat das Parlament spezifische Bestimmungen mit den Artikeln 38 Absatz 3 und 39 Absatz 3 LwG erlassen. Gestützt darauf musste die Zulage für verkäste Milch während der Periode 2008­2011 grundsätzlich 15 Rappen pro Kilogramm betragen und diejenige für Fütterung ohne Silage 3 Rappen pro Kilogramm. Der Bundesrat konnte jedoch diese Zulagen unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung und nach Massgabe der bewilligten Kredite anpassen, was er indessen nicht machen musste, weil das Parlament die entsprechende Budgetposition erhöhte.

Beantragte Neuregelung Im Zusammenhang mit der vollständigen Aufhebung der staatlichen Milchkontingentierung, dem Abschluss der Übergangsphase des vorzeitigen Ausstiegs sowie der Aufhebung der Milchbeihilfen sind die Artikel 30­36a, 40­42 und 167 LwG sowie mit Artikel 167 LwG zusammenhängend Artikel 83 Buchstabe s Ziffer 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005113 (BGG) obsolet geworden.


Aufhebung der Art. 30­36a, 40­42 und 167 LwG sowie von Art. 83 Bst. s Ziff. 1 BGG

Bezüglich der Aufhebung von Artikel 167 LwG und Artikel 83 BGG bestimmt der Bundesrat das Inkrafttreten. Dieses ist abhängig vom Abschluss der laufenden Verfahren betreffend die Milchkontingentierung.

Milchkaufverträge Aufgrund der breiten Forderung in der Vernehmlassung nach staatlichen Regelungen für den Milchkauf schlägt der Bundesrat einen neuen Artikel 37 LwG vor. Darin wird festgelegt, dass die Ausarbeitung eines Standardvertrags für den Kauf und Verkauf von Rohmilch Sache der Branchenorganisation im Milchsektor ist. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Branche am besten verhandeln und beschliessen kann, welche notwendigen und praxistauglichen Elemente und Modalitäten ein standardisierter Milchkaufvertrag enthalten muss. Aus diesem Grund ist es zielführend, dass die Ausarbeitung eines standardisierten Milchkaufvertrags durch die Branchenorganisation im Milchsektor erfolgt. Auch wird damit die Prämisse in Artikel 8 Absatz 1 LwG befolgt, wonach Selbsthilfemassnahmen Sache der Organisationen beziehungsweise der Branchen sind. Der Bund gibt insofern einen Rahmen vor, als mindestens Regelungen über die Vertragsdauer, die Mengen, die Preise und die Zahlungsmodalitäten im Vertrag enthalten sein müssen. Es handelt sich um Elemente, die in der Vernehmlassung beantragt wurden und deshalb in den Gesetzestext aufgenommen werden. Weitere Elemente wie Kündigungsfristen oder eine Segmentierung der Milchmenge könnten ergänzt werden. Erhebliche Beeinträchtigungen des Wettbewerbs dürfen hingegen keinesfalls beschlossen werden. Beispiele für derartige Behinderungen wären das Verhindern eines Organisations- oder Käu113

SR 173.110

2175

ferwechsels über längere Zeit, das Festlegen von Mindestpreisen, das Verhindern des Zugangs auf den Milchmarkt oder die Begrenzung der Zahl der Vertragspartner.

Die Anforderungen an die Branchenorganisation selber und an die Beschlussfassung in der Organisation sind identisch mit denjenigen nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a­c LwG. Der Bundesrat kann auf Begehren der Branchenorganisation die Anwendung des Standardvertrags für alle betroffenen Akteure (Milchproduzenten und -produzentinnen, Milchhändler, Milchverwerter) allgemeinverbindlich erklären.

Diese Allgemeinverbindlichkeit entspricht derjenigen bei Gesamtarbeitsverträgen und hat sich in verschiedenen Sektoren bewährt. Im Agrarsektor ist sie aber neu.

Analog zur Praxis bei den Gesamtarbeitsverträgen erklärt der Bundesrat nicht den gesamten Standardvertrag für allgemeinverbindlich, sondern nur diejenigen Klauseln, von denen die Milchkäufer und -verkäufer direkt betroffen sind. Die Vertragsverhandlungen bleiben weiterhin Sache der betroffenen Partner, die Mengen und Preise frei verhandeln. Weil es sich um privatrechtliche Verträge handelt, sollen alle Vertragsstreitigkeiten vor Zivilgerichten behandelt werden. Für den Fall, dass kein Entscheid in der Branchenorganisation getroffen wird, kann der Bundesrat vorübergehend spezifische Bestimmungen für Milchkaufverträge erlassen. Diese Option wird er jedoch sehr zurückhaltend wahrnehmen und dabei die in der Branche geführten Diskussionen berücksichtigen.


Aufhebung der Art. 36b und Art. 43 Abs. 3 LwG



Einführung von Art. 37 LwG

Zulagen für verkäste Milch und Fütterung ohne Silage Der Bundesrat soll künftig einen Mindestfettgehalt der Käse festlegen können, die zu einer Zulage für verkäste Milch berechtigen. Diese Kompetenz wird in Artikel 38 Absatz 2 LwG ergänzt, weil die bisherige Formulierung keinen Ausschluss von Magerkäse ermöglicht. Es ist vorgesehen, die Milchpreisstützungsverordnung vom 25. Juni 2008114 anzupassen und einen Fettgehalt in der Trockenmasse von 150 Gramm pro Kilogramm festzulegen. Folglich wird für die Herstellung von Magerkäse keine Zulage für verkäste Milch mehr ausgerichtet. Ausnahmen für bestimmte Magerkäse oder für Schaf- und Ziegenkäse sind nicht vorgesehen, weil ansonsten die Zielsetzung dieser neuen Bestimmung ­ den Anreiz für diese Produktion abzuschwächen ­ wieder stark eingeschränkt würde. Analog soll der Bundesrat auch einen Mindestfettgehalt der Käse, die zu einer Zulage für Fütterung ohne Silage berechtigen, bestimmen können. Dazu ist eine spezifische Kompetenzdelegation in Artikel 39 Absatz 2 LwG nötig. Auch dieser Fettgehalt in der Trockenmasse soll für alle Käse bei 150 Gramm pro Kilogramm liegen. Für Schaf- und Ziegenkäse der Festigkeitsstufen extra hart, hart und halbhart soll ferner neu die Zulage für Fütterung ohne Silage ausgerichtet werden können, und zwar aufgrund der Gleichstellung aller raufutterverzehrenden Nutztiere im Rahmen des weiterentwickelten Direktzahlungssystems (vgl. Ziff. 2.3). Um diese Absicht hervorzuheben, soll Artikel 28 Absatz 2 LwG mit dem Verweis auf Artikel 39 LwG ergänzt werden. Auf die Festlegung einer Zulagenhöhe im LwG wird verzichtet.

Des Weiteren ist vorgesehen, dass der Bundesrat in der Milchpreisstützungsverordnung die Rohstoffe, die zu einer Zulage für die Verkäsung berechtigen, abschliessend definiert. Demnach sollen ausschliesslich Milch (Vollmilch, Magermilch, standardisierte Milch) die Zulage für verkäste Milch und für Fütterung ohne 114

SR 916.350.2

2176

Silage auslösen, wie es der Wortlaut der Artikel 38 Absatz 1 und 39 Absatz 1 LwG vorsieht. Folglich kann für Rahm, der zu Mascarpone verarbeitet wird, künftig keine Zulage für verkäste Milch mehr ausgerichtet werden. Ferner wird damit implizit ausgeschlossen, dass die Herstellung von Käse mittels der Rohstoffe Magermilchpulver, Vollmilchpulver oder Proteinkonzentraten eine Zulage auslöst. Bei diesen Herstellungsprozessen ist nicht mehr sichergestellt, dass die Zulagen von den Milchverwertern korrekt an die Milchproduzentinnen und Milchproduzenten über einen höheren Milchpreis weitergegeben werden. Der Bundesrat wird gemäss seiner Kompetenz in den Artikeln 38 Absatz 2 und 39 Absatz 2 LwG die Zulagenberechtigung auf den 1. Januar 2014 in der Milchpreisstützungsverordnung ergänzen und präzisieren.

Tabelle 11

2012

ab 2014

Berechtigung für die Zulage für verkäste Milch

Rohstoff

Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch, Rahm für Mascarpone

Endprodukt

Käse, ohne Quark und ohne Frischkäsegallerte

Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch Rohstoffe in der Milchpreisstützungsverordnung festlegen: Vollmilch, Magermilch, standardisierte Milch Käse, ohne Quark, ohne Frischkäsegallerte und ohne Magerkäse

Berechtigung für die Zulage für Fütterung ohne Silage

Konzept für die Zulagen für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage

Rohstoff

Kuhmilch Keine Fütterung der Tiere mit Silage

Endprodukt

Käse extra-hart, hart und halbhart

Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch Keine Fütterung der Tiere mit Silage Rohstoffe in der Milchpreisstützungsverordnung festlegen: Vollmilch, Magermilch, standardisierte Milch Käse extra-hart, hart und halbhart



Anpassung der Art. 28 Abs. 2, 38 Abs. 2 und 39 Abs. 2 LwG



Aufhebung der Art. 38 Abs. 3 und 39 Abs. 3 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit dem Vorschlag eines neuen Artikels 37 LwG über Milchkaufverträge können die Forderungen von zahlreichen landwirtschaftlichen Organisationen und Kantonen aus der Vernehmlassung aufgenommen werden. Es ist nach Auffassung des Bundesrates zweckmässig, wenn die Branche selber einen Standardvertrag für den Milchkauf beschliesst. Der Bundesrat kann danach mit der Allgemeinverbindlichkeit die Durchsetzung der Verträge bei allen Akteuren unterstützen. Mit dem neuen Artikel werden die Zuständigkeiten und Abläufe klarer festgelegt und Normenkonflikte zwischen den Artikeln 8 und 9 LwG einerseits und Artikel 36b LwG andererseits ausgeräumt. Für 2177

die anderen Branchen bleibt es weiterhin möglich, gestützt auf Artikel 9 LwG beim Bundesrat eine Ausdehnung von Standardverträgen auf Nichtmitglieder zu verlangen.

Vorderhand ist eine Sonderregelung für den Milchsektor notwendig, um den Markt nachhaltig zu stabilisieren. Ausserdem sieht auch die EU vor, im Zuge des Auslaufens der Milchquoten für den Milchmarkt Lieferverträge mit minimalen Inhalten (Preis, Menge, Vertragsdauer) vorzuschreiben.

Die Festlegung eines Mindestfettgehalts für die Ausrichtung der Zulage für verkäste Milch und der Zulage für silagefreie Fütterung senkt den Anreiz zur Herstellung von fettarmen Käsen und zum Verkauf des überschüssigen Milchfetts als Rahm oder Butter. Die Forderung eines Grossteils der Kantone, sehr vieler land- und milchwirtschaftlicher Organisationen sowie von Fromarte kann damit erfüllt werden. Der Mindestfettgehalt muss für die Zulage für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage gleich hoch sein. Für die Milchverwerter ergeben sich keine zusätzlichen Aufwände bei der Meldung ihrer Milchdaten an die Treuhandstelle Milch (TSM).

Hingegen verursachen die neuen Bestimmungen einen leichten Mehraufwand beim BLW für die Inspektionen. Diese lassen sich jedoch mit den bestehenden Ressourcen bewältigen.

Auf die von zahlreichen Kantonen und landwirtschaftlichen Organisationen geforderte Festlegung der Höhe der Zulagen im LwG wird aus folgenden Gründen verzichtet: Einerseits gibt es keinen anderen Bereich im LwG, in dem eine Finanzhilfe oder eine Direktzahlung mit einem konkreten Betrag festgelegt ist. Die Höhe der Zulage richtet sich andererseits nach dem durch das Parlament genehmigten Kredit und der im Voraus geschätzten Käseproduktionsmenge. Der Bundesrat legt die Zulage nach diesen beiden Grössen fest. Folglich hat es das Parlament jedes Jahr in der Hand, die Zulagenhöhe zu steuern. Der beantragte Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz sieht für den Bereich Milchwirtschaft pro Jahr 296 Millionen Franken vor. Mit diesem Betrag ist es grundsätzlich möglich in den Jahren 2014­2017 eine Zulage für verkäste Milch von 15 Rappen pro Kilogramm und eine Zulage für Fütterung ohne Silage von 3 Rappen pro Kilogramm auszurichten. Damit wird einer breiten Forderung aus der Vernehmlassung entsprochen. Insbesondere falls sich die aufgrund der Frankenstärke aktuell
schwierige Situation im Bereich des Käseabsatzes in diesem Zeitraum entspannen sollte, behält sich der Bundesrat jedoch vor, die Zulage für verkäste Milch entsprechend zu reduzieren (vgl. Ziff. 4.5.2). Im Gegenzug wäre es möglich, die Zulage für Fütterung ohne Silage zu erhöhen.

2.2.5

Viehwirtschaft

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Produktion von Schlachttieren wies 2010 einen Anteil von rund 27 Prozent am Produktionswert landwirtschaftlicher Güter auf (BFS, Landwirtschaftliche Gesamtrechnung). Von den rund 59 000 Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben in der Schweiz im Jahr 2010 (BFS) hielten über 41 000 Rindvieh, rund 8800 Schweine und 9800 Schafe. Aufgrund des stabilen Rindviehbestands war die Rindfleischproduktion 2010 etwa gleich hoch wie im Durchschnitt der Jahre 2000/02. Zunahmen in dieser Zeitspanne wiesen Schweinefleisch (+8 %) und vor allem Geflügelfleisch (+34 %) auf.

2178

Tabelle 12 Produktion im 10-Jahresvergleich Produkt

Rindfleisch Kalbfleisch Schweinefleisch Schaffleisch Ziegenfleisch Pferdefleisch Geflügelfleisch

Einheit

2000/02

2010

2000/02­2010 [%]

t SG t SG t SG t SG t SG t SG t SG

110 111 34 202 231 645 5 787 534 1 164 51 130

111 216 31 673 249 470 5 477 498 748 68 712

1,0 ­7,4 7,7 ­5,4 ­6,7 ­35,7 34,4

Quellen: Proviande und Aviforum, SG=Schlachtgewicht

Höchsttierbestände Die Verfütterung von Nebenprodukten von Metzgerei- und Schlachtbetrieben und von Speiseabfällen an Schweine ist seit dem 1. Juli 2011 in der Schweiz verboten.

Damit wird die Äquivalenz zwischen den veterinärrechtlichen Bestimmungen der Schweiz und der EU sichergestellt. Die bisherige Kompetenz des Bundesrates, Ausnahmebewilligungen bei den Höchsttierbeständen für Betriebe mit Verfütterung von Nebenprodukten von Metzgerei- und Schlachtbetrieben zu gewähren, kann folglich gestrichen werden. Die Ausnahmemöglichkeit für Betriebe mit Verfütterung von Nebenprodukten aus Milch- und Lebensmittelverarbeitungsbetrieben bleibt unverändert bestehen. Welche tierischen Nebenprodukte in Zukunft noch verfüttert werden dürfen, bleibt weiterhin im Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966115 (TSG) und in der Verordnung vom 25. Mai 2011116 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP) geregelt.

Importregelung für Fleisch Die inländische Fleischproduktion erreichte 2010 einen Anteil von 80 Prozent am Verbrauch. Der Inlandanteil am Konsum ist über alle Fleischkategorien betrachtet etwa gleich hoch wie im Durchschnitt der Jahre 2000/02. Die Fleischimporte beliefen sich 2010 auf über 97 000 Tonnen und die Exporte auf rund 4500 Tonnen. Bei den Fleischimporten in der nachfolgenden Tabelle sind sowohl diejenigen im Rahmen der Zollkontingente als auch diejenigen ausserhalb der Zollkontingente erfasst.

115 116

SR 916.40 SR 916.441.22

2179

Tabelle 13 Fleischimporte und Inlandanteil am Konsum im 10-Jahresvergleich Produkt

Rindfleisch Kalbfleisch Schweinefleisch Schaffleisch Ziegenfleisch Pferdefleisch Geflügelfleisch

Fleischimporte

Inlandanteil am Konsum

2000/02 t

2010 t

2000/02­2010 %

2000/02 %

2010 %

7 854 1 115 9 753 6 940 358 4 117 42 770

18 891 746 12 765 5 750 304 4 872 53 933

140,5 ­33.1 30,9 ­17,1 ­15,1 18,3 26,1

90,3 96,0 94,2 39,3 54,8 13,1 42,8

84,3 98,4 94,5 42,2 56,7 7,5 50,3

Quelle: OZD und Proviande

Die Verteilung der Zollkontingente von Fleisch wurde mit der AP 2007 komplett geändert. Die früheren Kriterien zur Bemessung einer Inlandleistung (Schlachtungen von inländischen Tieren, Zukäufe von Nierstücken, Anzahl gehandelte Tiere) wurden ab 2005 schrittweise durch die Versteigerung abgelöst. Gestützt auf Artikel 48 LwG werden seit 2007 praktisch alle Zollkontingente von Fleisch öffentlich ausgeschrieben und versteigert. Einzig für 10 Prozent der Zollkontingente von Fleisch von Tieren der Rindvieh- und Schafgattung (ohne Rindsbinden) ist eine vorgängig erbrachte Inlandleistung massgebend für die Verteilung. Dieser Anteil ist reserviert für Käufer, die von überwachten öffentlichen Märkten Schlachttiere ersteigern. Die Einnahmen aus der Versteigerung beliefen sich im Durchschnitt 2007­2010 auf gut 180 Millionen Franken pro Jahr, wovon rund 23 Millionen Franken von Fleischspezialitäten und Wurstwaren stammten, die schon seit 1997 versteigert werden. Der Bundesrat legte die Verwendung der neuen Versteigerungserlöse (ohne Erlöse für Fleischspezialitäten und Wurstwaren), die in der Botschaft zur AP 2007 mit rund 150 Millionen Franken pro Jahr geschätzt wurden, in der parlamentarischen Debatte dar: Einerseits wurden 100 Millionen Franken pro Jahr im Rahmen der Schuldenbremse eingesetzt, um eine Reduktion des Zahlungsrahmens Landwirtschaft zu vermeiden. Diese 100 Millionen Franken fliessen in den allgemeinen Bundeshaushalt. Mit jährlich gegen 50 Millionen Franken wird anderseits ein Teil der anfallenden Kosten zur Entsorgung von tierischen Nebenprodukten gedeckt. Die Zahlungen gehen direkt an schlachtende Betriebe (ungefähr 30 Mio. Fr.) sowie an Rindviehhalter und fördern gleichzeitig eine wirkungsvolle Tierverkehrskontrolle.

Nach der Behandlung der Motion Büttiker «Neues Importsystem für Fleisch»117 im Ständerat hat das EVD eine Arbeitsgruppe mit Branchenvertretern beauftragt, Vorschläge zur Optimierung des Importsystems für Fleisch auszuarbeiten. Diese Arbeitsgruppe hat im Oktober 2010 ihren Bericht abgeschlossen118. Die Arbeitsgruppe schlägt vor, Zollkontingente wieder vermehrt nach Kriterien einer Inlandleistung, zum Beispiel der Anzahl geschlachteter Tiere, zu verteilen. Die Produzen117 118

09.3547 Mo Büttiker, «Neues Importsystem für Fleisch», 10. Juni 2009.

Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation> Publikationen > Berichte

2180

tenvertreter in der Arbeitsgruppe machen ihre Unterstützung für die verstärkte Berücksichtigung der Inlandleistung jedoch davon abhängig, dass eine Änderung des Importsystems keine Reduktion der Bundesmittel zugunsten der Landwirtschaft zur Folge haben darf.

Verwertungsmassnahmen für Eier Für Verwertungsmassnahmen für inländische Eiern kann der Bund nach Artikel 52 Buchstabe b LwG Beiträge ausrichten. Seit Jahren werden jeweils das Aufschlagen von Konsumeiern zur Eiprodukteherstellung und die Verbilligung von Konsumeiern im Verkauf im Detailhandel bei saisonalem Überangebot unterstützt. Die Verwertungsmassnahmen für den Eiermarkt wurden im Jahr 2002 von der ETH Zürich analysiert119. Die Studie attestierte den Aufschlags- und Verbilligungsaktionen eine gewisse stabilisierende Wirkung auf die Produzentenpreise. Die Massnahmen finden insbesondere nach Ostern (geringe Eiernachfrage) Anwendung. Im Jahre 2010 wurden 2 Millionen Franken für Verwertungsmassnahmen eingesetzt.

Artikel 52 Buchstabe a LwG war bis Ende 2006 die Rechtsgrundlage für die Ausrichtung von Investitionsbeiträgen für Um- und Neubauten von besonders tierfreundlichen Haltungssystemen für Legehennen. Seither gibt es keine Massnahme mehr in diesem Bereich.

Entsorgungsbeiträge für tierische Nebenprodukte Gestützt auf Artikel 62 Absatz 1 TSG kann der Bund im Zusammenhang mit den zur Ausrottung von BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie) angeordneten Entsorgungsmassnahmen im Rahmen der bewilligten Kredite Beiträge an die Kosten der Entsorgung von tierischen Nebenprodukte (TNP) leisten. Dieser Gesetzesartikel bildet die Grundlage für die Verordnung vom 10. November 2004120 über die Ausrichtung von Beiträgen an die Kosten der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten. Mit dem Verfütterungsverbot von tierischen Eiweissen an Nutztiere infolge BSE wurde eine derart kostentreibende Auflage verordnet, dass der Bund sich seither an den zusätzlichen Kosten beteiligt. Gegen 50 Millionen Franken pro Jahr werden für die Entsorgung der TNP ausgerichtet. Die Finanzierung dieser Ausgaben konnte in der AP 2007 mit den zusätzlichen Erlösen aus der Versteigerung von Zollkontingenten von Fleisch begründet werden. Weil die Ausrichtung von Entsorgungsbeiträgen an die korrekten Meldungen der Tierhalter und Tierhalterinnen an die Tierverkehrsdatenbank gekoppelt
ist, trägt sie ausserdem viel zur guten Meldedisziplin und folglich zum hohen Stand der Rückverfolgbarkeit bei.

Beantragte Neuregelung Höchsttierbestände Für die Verfütterung von Nebenprodukten von Metzgerei- und Schlachtbetrieben kann aufgrund des Verfütterungsverbots dieser Produkte keine Ausnahmebewilligung für Höchstbestände mehr gewährt werden. Diese Möglichkeit kann in Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe b LwG daher gestrichen werden.


Anpassung von Art. 46 Abs. 3 Bst. b LwG

119

Koch B. und Rieder P. (2002): Staatliche Marktinterventionen unter besonderer Berücksichtigung vertikaler Vertragsproduktion. 4. Teil: Eiermarktanalyse. ETH Zürich.

120 SR 916.407

2181

Verwertungsmassnahmen für Eier Weil seit Jahren keine Massnahme für den Eiermarkt mehr in Kraft ist, die sich auf Artikel 52 Buchstabe a LwG stützt, kann diese Bestimmung aufgehoben werden. Als Folge muss Artikel 52 LwG neu formuliert werden, ohne dass dies allerdings Auswirkungen auf die auf Verordnungsstufe festgelegten Entlastungsmassnahmen hat.


Anpassung von Art. 52 LwG

Entsorgungsbeiträge für tierische Nebenprodukte Die Unterstützung der Schlachtvieh- und Fleischbranche mit den Beiträgen zur Entsorgung von TNP in der Höhe von gegen 50 Millionen Franken pro Jahr hat sich bewährt. Es ist zweckmässig, die Unterstützung nicht mehr einzig an angeordnete Massnahmen zur Entsorgung im Zusammenhang mit BSE zu knüpfen, sondern auch an andere ausserordentliche tierseuchenrechtliche Situationen, die kostenintensive Anordnungen zur Entsorgung von TNP zur Folge haben. Einerseits gibt es andere Seuchen, die zu Einschränkungen oder Verboten bei der Verwendung von TNP führen können. Andererseits ist es vorstellbar, dass zwar BSE (fast) ausgerottet ist, aber weiterhin Restriktionen oder Verbote bei der Verfütterung von TNP bestehen bleiben. Damit die Rechtsgrundlage unterschiedlichen tierseuchenrechtlichen Situationen genügen kann, soll sie in eine nicht mehr einzig auf BSE fokussierte Bestimmung überführt werden. Die aktuelle Situation mit den angeordneten Massnahmen zur Entsorgung ist als ausserordentlich zu betrachten, weil sie im Vergleich mit dem Zustand vor dem Verfütterungsverbot von tierischen Eiweissen an Nutztiere hohe zusätzliche Kosten verursacht. Dies macht eine Verschiebung der Regelung von Artikel 62 nach Artikel 45a TSG nötig. Die Beibehaltung der Rechtsgrundlage für Entsorgungsbeiträge ist ferner zentral für eine wirkungsvolle Tierverkehrskontrolle.

Der finanzielle Anreiz für Tierhalter und Tierhalterinnen, der Tierverkehrsdatenbank korrekte Meldungen zu erstatten, hat sich bewährt. Absatz 6 wird nicht mehr in Artikel 45a transferiert, weil der Massnahmenplan der drei Bundesämter (BAG, BLW und BVET) bereits 2004 veröffentlicht wurde und dieser Auftrag damit erfüllt worden ist.


Verschiebung von Art. 62 TSG zu Art. 45a TSG und Anpassung

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die neue Formulierung in Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe b LwG wird grossmehrheitlich in der Vernehmlassung unterstützt, da sie eine logische Konsequenz des Fütterungsverbots von Nebenprodukten aus Metzgerei- und Schlachtbetrieben ist.

Die Vernehmlassung zeigte eine grosse Unterstützung der direkt betroffenen Kreise für den Hauptvorschlag der Arbeitsgruppe Importsystem Fleisch (neue zusätzliche Inlandleistungsanteile für Rind-, Kalb- und Schaffleisch von 50 % und für Geflügel-, Pferde- und Ziegenfleisch sowie Rindsbinden von 33 %), jedoch sehr oft mit Vorbehalten, falls dadurch der Landwirtschaftskredit gekürzt würde. Nach Auffassung des Bundesrates ist die heutige Versteigerung der Zollkontingente Fleisch nach wie vor aus wettbewerbspolitischen und volkswirtschaftlichen Gründen die beste Verteilungsart der Zollkontingente von Fleisch. Eine teilweise Wiedereinführung der Inlandleistung als Kriterium zur Verteilung von Zollkontingenten würde den Wettbewerb wieder stark einschränken und erneut zu unerwünschten Importrenten im Markt führen, die zulasten der Produzenten und Produzentinnen und der Konsumenten und Konsumentinnen gehen. Weil die meisten Tiere in ganz wenigen grossen 2182

Betrieben geschlachtet werden, zum Beispiel Geflügel oder Rinder, wäre die Folge eine starke Konzentration der Importe bei diesen Betrieben, dies unter der Annahme, dass die Zahl der Schlachtungen als Kriterium der Inlandleistung gelten würde. Mit einer Wiedereinführung der Inlandleistung müssen nach Ansicht des Bundesrates die Mindereinnahmen aus der Versteigerung in die Bundeskasse bei den Ausgaben kompensiert werden. Dies ist eine konsequente Folge der finanzpolitischen Entscheide (Verzicht auf Kürzungen bei den Landwirtschaftsausgaben und neue Entsorgungsbeiträge), die mit der Einführung der Versteigerung in der AP 2007 getroffen wurden. Der Bundesrat würde im Falle einer Wiedereinführung der Inlandleistung in erster Linie die Entsorgungsbeiträge zugunsten der Schlachtbetriebe und Rindviehhalter und -halterinnen und in zweiter Priorität andere Ausgaben zugunsten der Viehwirtschaft senken.

Die neue Formulierung von Artikel 52 LwG wird in der Vernehmlassung unterstützt. Einige Organisationen beantragen jedoch eine verpflichtende Formulierung, wonach der Bundesrat Beiträge ausrichten muss und nicht nur kann. Auf eine verpflichtende Formulierung im LwG wird jedoch wie bei anderen Finanzhilfen verzichtet. Die Mittel für den Eiermarkt sind im Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz, Bereich Viehwirtschaft, für die Jahre 2014­2017 eingestellt.

Der Transfer von Artikel 62 in Artikel 45a TSG wird grundsätzlich von allen stellungnehmenden Organisationen und Kantonen unterstützt. Viele Kantone und Organisationen fordern jedoch Entsorgungsbeiträge für weitere Tierkategorien und für weitere tierseuchenrechtliche Massnahmen. Der Transfer soll jedoch nicht zu einem Ausbau von Finanzhilfen führen, sondern lediglich den Kontext mit BSE aufheben.

Weil der Änderungsvorschlag einen sehr engen Bezug zur Landwirtschaftsgesetzgebung hat (z.B. Art. 45a Abs. 5 TSG) ist es zweckmässig, diesen in der AP 14­17 zu behandeln und nicht in der laufenden Behandlung der Tierseuchengesetzrevision.

Der Bundesrat hat die entsprechende Botschaft121 am 7. September 2011 verabschiedet. Er hat gleichzeitig mit der vorliegenden Botschaft einen Bericht in Erfüllung des Postulats der Finanzkommission NR vom 13. November 2009122 verabschiedet. Er kommt darin zum Schluss, dass die Unterstützung des Bundes für die Entsorgung der TNP in der bisherigen Höhe von maximal 48 Millionen Franken pro Jahr grundsätzlich weiterhin adäquat ist.

2.2.6

Pflanzenbau

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Änderungen der Agrarpolitik seit 1999 haben den Wettbewerb im Pflanzenbau und der nachgelagerten Verarbeitung intensiviert. Die schrittweise Senkung der Schwellenpreise für Futtermittel und die Eliminierung der Industrieschutzelemente für Mischfutter haben dazu beigetragen, die Viehwirtschaft wettbewerbsfähiger zu gestalten. Die für verarbeitetes Getreide zur menschlichen Ernährung über den Grenzschutz des Getreides (Rohstoff) hinausgehenden Zollansätze (Zolleskalation) wurden reduziert. Somit leiten sich die Zollansätze für Mehle und Griess zur menschlichen Ernährung von den Grenzbelastungen der Rohstoffe, den Ausbeutezif121 122

BBl 2011 7055 09.041 Po Finanzkommission des Nationalrates, «Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh (Massnahmen BSE)», 13. November 2009.

2183

fern und dem Zollzuschlag ab. Der Verarbeitungsauftrag für Zuckerrüben ist 2009 durch eine direkte Unterstützung der Produzenten und Produzentinnen in Form von Anbaubeiträgen abgelöst worden. Der Verarbeitungsauftrag für Ölsaaten und der Verwertungsauftrag für Kartoffeln wurden aufgehoben. Dank dieser Massnahmen orientiert sich die Produktion noch stärker am Markt und die Kooperation innerhalb der Wertschöpfungsketten hat an Bedeutung gewonnen.

Die Weinwirtschaft bewegt sich seit der 2001 abgeschlossenen Zusammenlegung der Importkontingente von Rot- und Weisswein in einem viel offeneren Markt. Mit der Ausrichtung des Sektors auf Qualitätswein und befristet gewährten Bundesbeiträgen an die Umstellung von Rebsorten konnte der Produktionswert ab 2008 wieder erhöht werden. Die Exportsubventionen, die der Stabilisierung der Märkte ­ insbesondere bei Äpfeln und Birnen ­ dienten, wurden Ende 2009 aufgehoben. Seit mehreren Jahren schon ist eine Anpassung des Obstsektors an die neue Situation im Gange, namentlich durch die Modernisierung der Kulturen und die Reduktion der Flächen. Für einen Grossteil des Pflanzenbaus ist der Grenzschutz nach wie vor hoch, was dieses Instrument zu einem zentralen Element der Marktordnungen macht.

Marktordnungen Getreide Schweine, Rindvieh und Geflügel verzehren jährlich etwa 1,4 Millionen Tonnen Mischfutter, das vorwiegend aus energiereichem Getreide und eiweissreichen Nebenprodukten zusammengesetzt ist. Eine rückläufige inländische Produktion von Futtergetreide erfordert bei leicht zunehmender tierischer Produktion ansteigende Futtermittelimporte (vgl. Ziff. 1.1.2). Im Jahre 2010 waren Ergänzungsimporte von rund 400 000 Tonnen Futtergetreide und rund 420 000 Tonnen an Rückständen aus der Pflanzenölgewinnung (wovon 280 000 Tonnen Sojaschrot) erforderlich. Neben den Ackererzeugnissen mit hoher Nährstoffdichte wurden 2010 über 150 000 Tonnen Heu eingeführt.

Im Futtermittelbereich wird das Schwellenpreissystem mit variablen Zollansätzen angewendet. Der Bundesrat und das EVD bestimmen die Referenzpreise (Schwellenpreise und Importrichtwerte) für die einzelnen Erzeugnisse. Die nach Ware spezifischen Grenzbelastungen ergeben sich aus der Differenz zwischen Importpreisen franko Zollgrenze und den Referenzpreisen. Die Kompetenz zur Festsetzung der in der Regel alle drei Monate
an die Entwicklung der Warenpreise anzupassenden Zollansätze liegt nach Artikel 20 LwG beim BLW. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Tierhaltung wurde seit 2005 mit der Reduktion der Referenzpreise der Grenzschutz für Futtermittel um 10 Franken je 100 Kilogramm gesenkt und seit 1. Juli 2011 enthalten die Zollansätze für Mischfutter keine Industrieschutzelemente mehr.

Die Anbaufläche von Futtergetreide ist seit Jahren rückläufig, dies obwohl der Rückgang der Marktpreise aufgrund der Referenzpreisreduktionen zugunsten der Tierproduktion teilweise durch höhere Direktzahlungen kompensiert wurde. Zum einen wirken sich die Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung in einer abnehmenden Ackerfläche aus und zum anderen wird aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder der betrieblichen Ausrichtung der Anbau anderer Kulturen bevorzugt. In den letzten

2184

Jahren haben Ölsaaten und Zuckerrüben und insbesondere auch der Futterbau (Kunstwiesen, Silo- und Grünmais) deutliche Flächengewinne verzeichnet123.

Der jährliche Bedarf an Brotgetreide beträgt rund 450 000 Tonnen. Obschon die Brotgetreidefläche in den vergangenen zehn Jahren um rund 10 Prozent auf rund 86 300 Hektaren124 abnahm, resultieren unter Berücksichtigung der Ertragssteigerung, der durchschnittlichen Witterungsbedingungen sowie der Importe gemäss Zollkontingent Überschüsse an Brotgetreide. In der Folge deklassiert der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV) als Marktentlastungsmassnahme auf eigene Rechnung Brotgetreide zur Verwendung als Futtermittel. Es bleibt somit festzustellen, dass die aktuelle inländische Anbaufläche von Brotgetreide in Jahren mit normalem Witterungsverlauf zur Bedarfsdeckung ausreicht.

In Abhängigkeit der Preise an den internationalen Märkten und der Qualität des im Inland erzeugten Brotgetreides wird das Zollkontingent Brotgetreide von 70 000 Tonnen in unterschiedlichem Mass beansprucht. Dessen Freigabe erfolgt in vier Tranchen, und die Zollkontingentsanteile werden im Windhundverfahren an der Grenze zugeteilt. Infolge der angestiegenen Preisvolatilität werden der Kontingentszollansatz und der Garantiefondsbeitrag von maximal 23 Franken je 100 Kilogramm vierteljährlich überprüft. Die Grenzbelastung für verarbeitetes Getreide zur menschlichen Ernährung (Mehl) ist mittels Ausbeuteziffer und einem Zollzuschlag von 20 Franken je 100 Kilogramm an den entsprechenden Rohstoff geknüpft. Einfuhren ausserhalb des Zollkontingents werden mit dem Ausserkontingentszollansatz von 76 Franken je 100 Kilogramm belastet. In Analogie zur Schwellenpreisreduktion beim Futtergetreide wurde seit 2005 der Kontingentszollansatz ebenfalls um 10 Franken je 100 Kilogramm gesenkt. Dieser Abbau des Grenzschutzes wurde mit Erhöhungen des Zusatzbeitrages für offenes Ackerland und Dauerkulturen teilweise kompensiert.

Grundsätzlich legt das Parlament die Zollansätze fest, doch hat es in bestimmten Fällen die Exekutive dazu ermächtigt. Nach Artikel 10 Absatz 3 des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 1986125 (ZTG) kann der Bundesrat die Kompetenz zur Festsetzung der Zollansätze dem EVD übertragen, sofern die Marktverhältnisse häufige Anpassungen erfordern. Die Zollansätze für Zucker und für
Getreide zur menschlichen Ernährung werden nach den in Artikel 5 beziehungsweise 6 der Agrareinfuhrverordnung vom 26. Oktober 2011126 (AEV) definierten Berechnungsmodi vom EVD festgelegt. Monatlich überprüft das BLW die Zollansätze für Zucker anhand der Bestimmungen und beantragt dem EVD, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, eine Anpassung der Zollansätze. Im Bereich Getreide zur menschlichen Ernährung erfolgt die standardisierte Überprüfung und, sofern die Kriterien erfüllt sind, die Antragstellung ans EVD vierteljährlich. Zur Gewährleistung einer grösstmöglichen Vorhersehbarkeit und Kontinuität wurden die Berechnungsmodalitäten in der AEV festgelegt. Durch die engen Bestimmungen und die gewährte Transparenz besteht für die Festsetzung der je nach Entwicklung der Rohstoffpreise oder der Wechselkurse häufig anzupassenden Zollansätze kaum Handlungsspielraum.

123

Agrarbericht 2011 des BLW, Anhang A3. Der Agrarbericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumention > Publikationen > Agrarbericht 2011.

124 Agrarbericht 2011 des BLW, Anhang A3.

125 SR 632.10 126 SR 916.01

2185

Anbaubeiträge im Ackerbau Um eine angemessene Versorgung mit inländischen pflanzlichen Ölen und Proteinen sicherzustellen, richtet der Bund für die Produktion von Ölsaaten und Körnerleguminosen einen Anbaubeitrag von 1000 Franken je Hektare aus. Der Grenzschutz für Speiseöle erfuhr in den letzten Jahren nur geringfügige Änderungen in Form einer Neubemessung der Differenz zwischen rohen und raffinierten Speiseölen. Obwohl sich die Reduktion der Schwellenpreise im Futtermittelbereich auf die Presskuchenpreise ausgewirkt hat, sind Raps und Sonnenblumen auch wegen der anhaltend hohen Preise an den internationalen Märkten wirtschaftlich attraktive Kulturen.

Nach der Aufhebung des Verarbeitungsauftrages für Ölsaaten hat der SGPV ein Preisausgleichssystem eingeführt, das einen Ausgleich zwischen den Arten und Verwendungszwecken anvisiert. An wirtschaftlicher Attraktivität eingebüsst haben infolge der Reduktion des Grenzschutzes zugunsten der Tierhaltung die Körnerleguminosen zur Gewinnung eiweissreicher Futtermittel. Zwar erhalten Eiweisserbsen, Ackerbohnen und Lupinen einen Anbaubeitrag, doch erreicht die Anbaufläche insgesamt lediglich rund 4000 Hektaren.

Die Vermehrung von Pflanzgut für Kartoffeln sowie von Saatgut für Mais und Futterpflanzen wird ebenfalls mit einem Anbaubeitrag in der Höhe von 1000 Franken je Hektare gefördert. Zum einen gewährleistet die Förderung die Bereitstellung von hochwertigem Pflanz- und Saatgut und zum anderen bleibt das Knowhow für die Vermehrung erhalten.

Aufgrund der in den Jahren 2006­2009 in der EU umgesetzten Zuckermarktreform und des im Protokoll Nr. 2 vereinbarten Verzichts auf Preisausgleichsmassnahmen (Doppel-Null-Lösung) für in Verarbeitungsprodukten enthaltenen Zucker sank das Preisniveau für Zucker sowohl in der EU als auch in der Schweiz. Zur teilweisen Kompensation des damals erwarteten Preisrückgangs wird ein Anbaubeitrag von 1900 Franken je Hektare Zuckerrüben ausgerichtet. Für angestammte Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone betragen die Beitragssätze für die Anbaubeiträge 75 Prozent der Sätze für das Inland. Von der EU für angestammte Flächen ausgerichtete Direktzahlungen werden von den Anbaubeiträgen in Abzug gebracht.

Nachwachsende Rohstoffe für technische Zwecke Der Bund kann Beiträge ausrichten für die Produktion von Pflanzen, die als
Rohstoffe ausserhalb der Nahrungs- und Futtermittelproduktion verwendet werden, sowie für die Verarbeitung von Rohstoffen, die auch als Nahrungsmittel dienen.

Trotz der ausgerichteten Anbaubeiträge ist die Wettbewerbsfähigkeit inländischer Faserpflanzen gering, weshalb das Erntematerial mit geringer Wertschöpfung zum Beispiel als Brennstoff, Einstreu oder Abdeckmaterial eingesetzt wird. Im Zehnjahresvergleich nahm die Anbaufläche des mehrjährigen Chinaschilfs um 11 Prozent auf 230 Hektaren ab. Im Bereich der Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe sind erhoffte Innovationen weitgehend ausgeblieben. Vorübergehend als Pilot- und Demonstra-tionsanlagen anerkannt waren Anlagen zur Herstellung von Rapsmethylester, Treibstoffgemischen aus mineralischen und erneuerbaren Teilen, Pflanzenöl als Kraftstoff, Schmier- und Verfahrensstoffen. Da pflanzliche Erzeugnisse zur technischen Verwendung im Gegensatz zu den meisten Verwendungen als Lebensoder Futtermittel nur über einen sehr geringen Grenzschutz verfügen und die Marktpreise im Massenmarkt ohne Differenzierungsmöglichkeiten geringer ausfallen, wären für die Etablierung einer Produktion aus inländischen Rohstoffen ungleich

2186

höhere Stützungen nötig. Eine 2007 erstellte Studie127 beurteilte sowohl Anbau- als auch Verarbeitungsbeiträge für nachwachsende Rohstoffe als wenig effiziente Instrumente.

Sortenumstellung Rebbau Im Rahmen der AP 2007 wurde die Unterstützung von Massnahmen zur Sortenumstellung der Schweizer Rebfläche beschlossen. Rund 500­1000 Hektaren Rebfläche, die mit Chasselas und Müller-Thurgau bestockt waren, galten damals als überschüssig. Mit dieser Massnahme sollten Reben gerodet und gemäss Entscheid der Weinbauern durch weisse Spezialitäten oder rote Rebsorten ersetzt werden. Artikel 66 LwG hält fest, dass die Beiträge längstens bis Ende 2011 ausgerichtet werden.

Zwischen 2003 und 2009 kamen 573,4 Hektaren des Bundes. Es wurden Beihilfen in Höhe von bezahlt. Für die Jahre 2010 und 2011 umfassen Bei Abschluss der Massnahme wird sich die 625 Hektaren belaufen.

in den Genuss der Unterstützung ca. 13,7 Millionen Franken ausdie Anmeldungen 54,5 Hektaren.

umgestellte Rebfläche auf etwa

Innovative Kulturen im Obst- oder Gemüsebau Gemeinschaftliche Initiativen von Produzenten und Produzentinnen, die sich in Dauerkulturen im Obst- oder Gemüsebau diversifizieren, für die kein Grenzschutz besteht, wurden seit 2004 unterstützt (AP 2007). Beiträge in der Höhe von bis zu 30 Prozent der Investition in das Pflanzenkapital wurden nach Artikel 58 LwG bis 2011 ausgerichtet. In den acht Anwendungsjahren wurden rund 340 Hektaren innovative Kulturen unterstützt. Mit Beiträgen gefördert wurden insbesondere Spargeln, Tafeltrauben und Heidelbeeren sowie 20 Hektaren Kernobstkulturen, die auf frühoder spätreife Kirschen- oder Pflaumenkulturen umgestellt wurden. Die Unterstützung beträgt insgesamt rund 5 Millionen Franken.

Verarbeitung von Mostobst und anderen Früchten Mit der AP 2011 wurden insbesondere die Exportsubventionen für Obstsaftkonzentrat und Kirschenerzeugnisse per Ende 2009 abgeschafft. Die Beiträge zur Deckung der Lagerkosten für die Ausgleichsreserve von Apfel- und Birnensaftkonzentrat wurden mit der Kürzung der unterstützten Höchstmenge per 1. Januar 2010 nach unten korrigiert. Beiträge an die Lagerhaltung von Obstsaftkonzentrat zum Ausgleich jährlicher Produktionsschwankungen können weiterhin ausgerichtet werden.

Somit ist die Versorgung der Abfüllbetriebe mit inländischen Rohstoffen auch in Jahren mit schwacher Blüte in den Hochstamm-Obstanlagen (Alternanz) und einhergehendem geringerem Mostobstanfall gewährleistet. Die Stützung für die Überlagerung erhöht den Absatz und stützt damit die Mostobstpreise in Jahren mit grossen Erntemengen. Die industrielle Verarbeitung von Kern- und Steinobst kann mit Beiträgen unterstützt werden. Mit der Verringerung der Preisdifferenz zwischen inländischen und den importierten Früchten bleiben in der Verarbeitungsindustrie Absatzmärkte erhalten. Beispielsweise profitieren Konservenkirschen von dieser Massnahme.

127

Mann S. et al. (2007): Evaluation ausgewählter agrarpolitischer Massnahmen im pflanzlichen Bereich, Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART).

2187

Beantragte Neuregelung Ziel der vorgeschlagenen Änderungen ist es, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen für die Entwicklung eines vielfältigen, auf den Markt ausgerichteten und nachhaltigen Pflanzenbaus sowie für effiziente Produktionsketten. Mit Blick auf den aktuellen inländischen Getreidebedarf und den ungleichen Schutz von Brot- und Futtergetreide an der Grenze soll dem Rückgang der Futtergetreideproduktion entgegengewirkt werden.

Beitrag für einzelne Kulturen Zur Erreichung einer angemessenen Versorgungssicherheit soll für Kulturen, die einen wesentlichen Beitrag zur direkten oder indirekten Ernährung leisten und die insbesondere gegenüber Getreide und Kartoffeln über einen unterproportionalen Grenzschutz verfügen, ergänzend zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen nach Artikel 72 LwG (vgl. Ziff. 2.3.6) eine zusätzliche Förderung ausgerichtet werden können. Vielfältige Fruchtfolgen stehen durch ausreichende Anbaupausen zur Krankheitsunterdrückung im Einklang mit einer effizienten Ressourcennutzung und einer vielfältigen Kulturlandschaft. Der jährliche Anbau diverser Kulturen ermöglicht Knowhow zu erhalten und bildet die Grundlage, in einer Krisensituation innert nützlicher Frist Produktion und Verarbeitung von der aktuellen Nachfrage auf eine situationsgerechte Ernährung der Bevölkerung ausrichten zu können. Mit der Erhaltung der Produktion von gewissen Kulturen (z.B. von Ölsaaten und Zuckerrüben) können auch die nachgelagerten Verarbeitungsstufen im Inland erhalten bleiben.

Der Beitrag für Einzelkulturen zielt nicht darauf ab, marktbedingte Preisschwankungen auszugleichen. Die begünstigten Kulturen und die Beitragshöhe sollen alle vier Jahre überprüft werden, sofern nicht grössere Marktordnungsänderungen ausserterminliche Anpassungen erfordern. Bei der Festlegung der betroffenen Kulturen und der Beitragshöhe berücksichtigt der Bundesrat insbesondere die Bedeutung einer Kultur oder einer Kulturkategorie für die Grundversorgung der Bevölkerung, die relative wirtschaftliche Attraktivität und die Entwicklung des Selbstversorgungsgrads des fraglichen Produkts oder der fraglichen Produkte.

Die Artikel 54 und 56 LwG sollen durch einen neuen Artikel 54 ersetzt werden, der dem Bund die Möglichkeit einräumt, Beiträge für einzelne Kulturen auszurichten, die für die Versorgung der Bevölkerung wichtig
sind und deren Wirtschaftlichkeit einem angemessenen Anbau entgegensteht. Die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Einzelkulturbeiträgen entsprechen grundsätzlich denjenigen für die Direktzahlungen nach Artikel 70a LwG. In Analogie zur Regelung bei den Biodiversitätsbeiträgen können jedoch Einzelkulturbeiträge neben der bäuerlichen Familien-AG oder -GmbH auch an weitere juristische Personen ausgerichtet werden (vgl. Ziff.

2.3.2). Analog zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen soll der Beitrag für einzelne Kulturen für angestammte Flächen auch in der ausländischen Wirtschaftszone ausgerichtet werden und zwar neu zu 100 Prozent (vgl. Ziff. 2.3.3). Artikel 55 LwG kann aufgehoben werden, da nach Artikel 17 LwG der Bund zur Festsetzung der Einfuhrzölle die Versorgungslage im Inland und die Absatzmöglichkeiten für gleichartige inländische Erzeugnisse zu berücksichtigen hat und nach Artikel 9 LwG der Bundesrat Vorschriften zur Unterstützung von Selbsthilfemassnahmen erlassen kann.

Mit den neuen Versorgungssicherheitsbeiträgen soll das Stützungsniveau für Ackerkulturen im Vergleich zum Grünland erhöht und so die wirtschaftliche Attraktivität 2188

insbesondere von Futtergetreide verbessert werden (vgl. Ziff. 2.3.6). Damit effektiv eine gezielte Stärkung des Futtergetreides resultiert, sollen die spezifischen Beiträge für Ölsaaten, Proteinpflanzen, Pflanzgut von Kartoffeln sowie für Saatgut von Mais und Futterpflanzen entsprechend reduziert sowie der Referenzpreis und die maximale Grenzbelastung für Brotgetreide per 1. Juli 2014 um 3 Franken pro Dezitonne gesenkt werden. Der spezifische Anbaubeitrag für Zuckerrüben wird stärker gekürzt, als die Unterstützung für Ackerkulturen erhöht wird, um der hohen Netto-Selbstversorgung des inländischen Marktes und der hohen relativen wirtschaftlichen Attraktivität Rechnung zu tragen. Weil der EU-Marktpreis den Referenzpreis für die Bemessung der Grenzbelastung darstellt, können sich Wechselkursschwankungen auf das Ergebnis der Zuckerwirtschaft auswirken. Fixe Einzelkulturbeiträge stellen indes kein geeignetes Instrument dar, um den Auswirkungen volatiler Märkte zu begegnen. Die Festsetzung der Einzelkulturbeiträge und die Änderung der Grenzbelastung für Brotgetreide erfolgt auf Stufe Verordnung, weshalb die Massnahmen keiner Änderung auf Gesetzesebene bedürfen.

Mit dieser Neunivellierung, einschliesslich der Zollreduktion, bleibt das Brotgetreide weiterhin die wirtschaftlich attraktive Referenzkultur. Zudem ist es so möglich, die Marktordnungen für Brot- und für Futtergetreide einander leicht anzunähern, ohne einen spezifischen Beitrag für Futtergetreide einzuführen. Zwar wird mit der Sortenwahl grundsätzlich entschieden, ob Brot- oder Futtergetreide angebaut wird, doch sind letztendlich die Erntemenge und die Qualität für die effektive Verwendung massgebend. Im Sinn eines kohärenten und schlanken Vollzugs und zur Vermeidung von Unklarheiten bezüglich beabsichtigter und tatsächlicher Verwendung des Ernteguts soll deshalb auf die Einführung eines Anbaubeitrags Futtergetreide verzichtet werden, da sich dessen Wirtschaftlichkeit mit der gezielten Anpassung der anderen Stützungsinstrumente steigern lässt.

Mit einer konsequenteren Fokussierung der Produktion auf die Lebens- und Futtermittelmärkte sollen die absehbaren Herausforderungen antizipiert und die Ernährungssicherheit höher gewichtet werden. Auf die Ausrichtung von Beiträgen für nachwachsende Rohstoffe soll deshalb verzichtet werden. Differenzierungsmöglichkeiten
hinsichtlich Qualität und Herkunft lassen in der Ernährungswirtschaft dauerhaft eine höhere Wertschöpfung erwarten als im Massenmarkt Energie oder Werkstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen. Wie sich gezeigt hat, sind Anbau- und Verarbeitungsbeiträge weder zielgenaue noch effiziente Instrumente zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Artikel 59 LwG soll daher gestrichen werden.


Anpassung von Art. 54 LwG



Aufhebung der Art. 55, 56 und 59 LwG

Festsetzung der Zollansätze Massgebend für den Grenzschutz für Brotgetreide und Futtermittel sind die vom Bundesrat festgesetzten Referenzpreise und für Zucker der EU-Marktpreis. Die variablen Zollansätze für Zucker und Getreide zur menschlichen Ernährung werden nach einem definierten und transparenten Verfahren monatlich (Zucker) oder vierteljährlich (Brotgetreide) überprüft und in Abhängigkeit der Marktsituation angepasst.

Weil gemäss den Bestimmungen in der AEV für die Bemessung der Zollansätze kaum Handlungsspielraum besteht und Anpassungen voraussichtlich mehr als einmal jährlich vorzunehmen sind, soll mit einer Änderung von Artikel 10 Absatz 3

2189

ZTG der Bundesrat die Kompetenz ab 1. Januar 2014 wie bisher dem EVD und neu auch dem BLW übertragen können.


Anpassung von Art. 10 Abs. 3 ZTG

Spezialkulturen und Weinwirtschaft Artikel 66 LwG (Umstellungsbeiträge) ist hinfällig und wird gestrichen. Artikel 58 Absatz 2 LwG wird aus denselben Gründen aufgehoben und die Sachüberschrift des Artikels entsprechend angepasst. Bei den anderen Stützungsmassnahmen im Obstbau sind keine Änderungen vorgesehen.


Anpassung von Art. 58 LwG



Aufhebung von Art. 66 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wurden in der Vernehmlassung in den Hauptlinien grösstenteils unterstützt. Mit dem Beitrag für einzelne Kulturen können für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit wichtige Kulturen anhand objektiver Kriterien auch künftig spezifisch gefördert werden. Zur stärkeren Förderung der Futtergetreideproduktion soll die generelle Ackerbauförderung angehoben und das Stützungsniveau der übrigen Ackerkulturen entsprechend reduziert werden. Die Einführung eines spezifischen Anbaubeitrags für Futtergetreide ist daher nicht notwendig. Zudem wird eine Stärkung der Futtergetreideproduktion mit einem einfacheren Instrumentarium sowie geringerem Aufwand bei der Strukturdatenerhebung und den Betriebskontrollen erreicht. Trotz vereinzelter Kritik soll an der Aufhebung der Stützungen für nachwachsende Rohstoffe (Art. 59 LwG), für die befristete Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüsen (Art. 58 LwG) und Wein (Art. 66 LwG) an die Erfordernisse der Märkte festgehalten werden. Die Orientierung an attraktiven Absatzmärkten soll damit noch mehr in den Fokus des unternehmerischen Handelns gerückt werden. Die Positionen zu den skizzierten Verordnungsänderungen insbesondere im Bereich Ackerbau liegen weit auseinander. Die Neubeurteilung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen zum Pflanzenbau, zur Fleischproduktion und zu Umweltaspekten hat gegenüber dem Vernehmlassungsbericht keine grundsätzliche Änderung ergeben. Eine neuerliche Beurteilung wird im Rahmen der Ausgestaltung des Verordnungspakets und der Auswertung der darauf eingehenden Stellungnahmen vorzunehmen sein.

2.3

Direktzahlungen

2.3.1

Übersicht über das Konzept

Die Direktzahlungen sind eines der zentralen Instrumente der Agrarpolitik. Sie haben seit Anfang der Neunzigerjahre laufend an Bedeutung gewonnen. Mit der Einführung der Direktzahlungen konnte die Stützung verstärkt von der Produktion entkoppelt, die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nach Artikel 104 BV verbessert und eine sozialverträgliche Entwicklung sichergestellt werden.

Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems Im Rahmen der AP 2011 schlug der Bundesrat eine weitere Umlagerung von Mitteln aus dem Bereich der Marktstützung zu den Direktzahlungen vor. Das Parlament 2190

folgte den bundesrätlichen Vorschlägen nur teilweise. Dies lag unter anderem auch daran, dass verschiedene Parlamentarier nicht überzeugt waren, dass die Mittel mit dem heutigen Direktzahlungssystem wirklich zielführend und effizient eingesetzt werden. In der Folge überwies das Parlament eine Motion WAK-S128, mit der es den Bundesrat beauftragte, einen Bericht über die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems vorzulegen. Am 6. Mai 2009 hat der Bundesrat den entsprechenden Bericht verabschiedet129. Darin kommt er zum Schluss, dass verschiedene Faktoren, wie die veränderten Rahmenbedingungen, die Notwendigkeit einer verbesserten Zielausrichtung und die Erkenntnisse aus der Evaluation, eine Weiterentwicklung des heutigen Direktzahlungssystems im Rahmen der nächsten Reformetappe notwendig machen. Er macht darin einen konkreten Konzeptvorschlag für ein weiterentwickeltes Direktzahlungssystem, mit dem die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen durch die Landwirtschaft wirksamer und effizienter gefördert werden soll.

Auftrag des Parlaments zur Konkretisierung des Konzepts Der Bericht wurde in der WAK-S und der WAK-N und in den jeweiligen Plenen behandelt. Dabei wurde festgehalten, dass das im Bericht des Bundesrates dargelegte Konzept kohärent und zukunftsgerichtet sei. Es biete eine geeignete Grundlage, um die gemeinwirtschaftlichen Leistungen unter den zukünftigen Rahmenbedingungen zu sichern und die Direktzahlungen wirksam und effizient einzusetzen.

Entsprechend hat das Parlament eine Folgemotion der WAK-S130 überwiesen und damit den Bundesrat beauftragt, den Konzeptvorschlag zu konkretisieren und dem Parlament bis Ende 2011 eine diesbezügliche Botschaft zu unterbreiten. Die multifunktionalen Aufgaben nach Artikel 104 BV und die im Bericht definierten Ziele haben als Grundlage zu dienen (vgl. Ziff. 1.1.2).

Beurteilung des heutigen Direktzahlungssystems Verschiedene Evaluationen131 attestieren dem heutigen Direktzahlungssystem eine gute Wirksamkeit. Mit dessen sukzessiver Einführung im Laufe der Neunzigerjahre wurden deutliche Verbesserungen in den Bereichen Ökologie und Tierwohl erreicht, ohne dass die Zielerreichung in den Bereichen Versorgungssicherheit und Einkommenssicherung abgenommen hat (vgl. Ziff. 1.1.2). Auch die Offenhaltung der Kulturlandschaft, das Tierwohl und der Schutz
vor Naturgefahren132 werden mit dem heutigen System wirksam gefördert. Bei der Biodiversität wird die Wirkung des heutigen Systems als moderat positiv beurteilt. Gewisse Leistungen, wie die Land128 129

130 131

132

06.3635 Mo WAK-S, «Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems», 10. November 2006.

Bericht des Bundesrates vom 6. Mai 2009, Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, in Erfüllung der Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006 (06.3635). Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Berichte.

09.3973 Mo WAK-S, «Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Konkretisierung des Konzepts», 16. Oktober 2009.

Mann S. und Mack G. (2004): Wirkungsanalyse der Allgemeinen Direktzahlungen, FATSchriftenreihe Nr. 64. Agroscope FAT, Tänikon; Flury C. (2005): Bericht Agrarökologie und Tierwohl 1994­2005, Bern; Mack G. und Flury C. (2008): Wirkung der Sömmerungsbeiträge. Agrarforschung 15 (10), 500­505; Mann S. (2010): Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung, Agrarforschung Schweiz 1(1), 24­29.

Zischg A., Flury C., Costa R., Huber B. und Berger S. (2011): Auswirkungen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung auf die Naturgefahren. Nationale Plattform für Naturgefahren PLANAT, Bern.

2191

schaftsvielfalt und die Biodiversität im Sömmerungsgebiet, werden nicht gezielt gefördert, da spezifische Instrumente fehlen. Die Entwicklungen seit der Jahrtausendwende zeigen zudem, dass die ökologischen Fortschritte stagnieren und sich die Ziellücken bei einer Weiterführung der bestehenden Instrumente in diesem Bereich nicht schliessen werden.

Bezüglich der Effizienz besteht in verschiedener Hinsicht ein Verbesserungspotenzial. Bei den allgemeinen Direktzahlungen sind die Zahlungen teilweise nicht an die geeigneten Bezugskriterien gebunden, was Fehlanreize verursacht und die Transfereffizienz mindert. Die Grundproblematik liegt jedoch darin, dass der Bezug zwischen den einzelnen Direktzahlungsinstrumenten und den angestrebten Zielen oft unklar ist. Das verursacht unerwünschte Zielkonflikte zwischen den verschiedenen Instrumenten und beeinträchtigt die Effizienz der eingesetzten Mittel. Der unklare Zielbezug führt auch dazu, dass die Verteilung der Mittel auf die verschiedenen Instrumente im politischen Prozess schwierig zu steuern ist, da unklar ist, wie die Massnahmen auf die Ziele wirken. Die unklare Zielorientierung hat zudem zur Folge, dass sich die Direktzahlungen insgesamt gegenüber der Bevölkerung schlecht kommunizieren lassen.

Diese grundlegenden Schwächen machen eine umfassende Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems nötig. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Instrumente neu konzipiert werden müssen. Bei verschiedenen Instrumenten, wie den ökologischen Direktzahlungen und den Hangbeiträgen geht es darum, diese bereits zielgerichteten Instrumente zu optimieren. Beim allgemeinen Flächenbeitrag sowie den Beiträgen für die Haltung raufutterverzehrender Grossvieheinheiten (RGVE-Beiträge) und den Beiträgen für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen (TEPBeiträge) sind jedoch tiefer greifende Anpassungen notwendig.

Neben der Beurteilung der Effektivität und der Effizienz der Direktzahlungsinstrumente ist auch eine glaubwürdige und schlanke Umsetzung von grosser Bedeutung.

Der gut organisierte Vollzug durch Bund und Kantone sowie der hohe Anteil an unspezifischen Direktzahlungen führen dazu, dass die Transaktionskosten heute vergleichsweise tief sind. Die tiefen Transaktionskosten müssen aber auch vor dem Hintergrund teilweise hoher Zielverfehlungskosten beurteilt werden.
Konzept Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Entkopplung der Stützung von den Preisen und die Einführung der Direktzahlungen zu namhaften Verbesserungen bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen geführt haben. Allein die Entkopplung ist kein Garant dafür, dass diese Leistungen auch tatsächlich effizient und im gesellschaftlich erwünschten Ausmass bereitgestellt werden. Die agrarpolitischen Ziele können nicht erreicht werden, wenn Direktzahlungen über keinen klaren Leistungsbezug verfügen. Die OECD hält fest, dass zusätzliche Effektivitäts- und Effizienzverbesserungen durch eine bessere Zielausrichtung («targeting») und Feinjustierung der Instrumente («tailoring») erreicht werden können133. Um eine möglichst hohe Wirksamkeit und Effizienz der Direktzahlungen zu erreichen, muss ein klarer Bezug zwischen den Zielen und den eingesetzten Instrumenten hergestellt werden. Deshalb soll mit dem weiterentwickelten Direktzahlungssystem jede gemeinwirtschaftliche Leistung nach Artikel 104 BV mit einem spezifischen Direktzahlungsinstrument gefördert werden. Folgende Beiträge sind vorgesehen: 133

OECD (2008): Synthesis Report: Policy Design and Implementation. Paris.

2192

­

Kulturlandschaftsbeiträge;

­

Versorgungssicherheitsbeiträge;

­

Biodiversitätsbeiträge;

­

Landschaftsqualitätsbeiträge;

­

Produktionssystembeiträge;

­

Ressourceneffizienzbeiträge;

­

Übergangsbeiträge.

Die Bezeichnung der Instrumente ist so gewählt, dass dadurch deren primäre Zielsetzung zum Ausdruck kommt. Ein bestimmtes Instrument wirkt jedoch auch auf die anderen Ziele, und die Erreichung eines Ziels wird auch von den anderen Massnahmen beeinflusst.

Mit der klaren Zielausrichtung der Instrumente können Zielkonflikte minimiert und die Effizienz der eingesetzten Mittel erhöht werden. Eine transparentere und objektivere Zuordnung der finanziellen Mittel auf die verschiedenen Instrumente im politischen Prozess wird damit erleichtert und die Kommunizierbarkeit der Direktzahlungen gegenüber der Bevölkerung verbessert.

Als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen gilt weiterhin die Einhaltung des ÖLN. Strukturelle und soziale Eintretens- und Begrenzungskriterien stellen sicher, dass die Direktzahlungen an bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe ausgerichtet werden. Abbildung 12 gibt eine Übersicht über das weiterentwickelte Direktzahlungssystem.

Abbildung 12 Konzept des weiterentwickelten Direktzahlungssystems Art. 104 BV Sichere Versorgung Pflege der Kulturlandschaft Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Dezentrale Besiedlung des Landes Förderung besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen

Förderung besonders naturnaher,
umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen

Produktionssystembeiträge

Erhaltung, Förderung und
Weiterentwicklung vielfältiger Landschaften

Landschaftsqualitätsbeiträge

Erhaltung und Förderung der
Arten- und Lebensraumvielfalt

Biodiversitätsbeiträge

Erhaltung Produktionskapazität Ausgleich Erschwernis Förderung Ackerbau und wichtige
Einzelkulturen

Versorgungssicherheitsbeiträge

Offenhaltung durch
flächendeckende Bewirtschaftung
Ausgleich Erschwernis Förderung der Sömmerung

Kulturlandschaftsbeiträge

Übergangsbeiträge
Sicherstellung einer sozialverträglichen Entwicklung

Ökologischer Leistungsnachweis ÖLN und Ressourceneffizienzbeiträge
nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen
Strukturelle und soziale Eintretens- und Begrenzungskriterien

2193

Teilweise werden heutige Direktzahlungsinstrumente im weiterentwickelten Direktzahlungssystem weitergeführt. Der heutige Hangbeitrag und der Sömmerungsbeitrag werden in die Kulturlandschaftsbeiträge integriert. Die Beiträge für den ökologischen Ausgleich sowie für Qualität und Vernetzung (ÖQV) sind Teil der Biodiversitätsbeiträge. Die Bio- und Extensobeiträge sowie die heutigen BTS- und RAUSBeiträge werden im Rahmen der Produktionssystembeiträge weitergeführt. Der heutige allgemeine Flächenbeitrag soll gemäss seiner doppelten Zielsetzung in eine flächenbezogene Zahlung (Kulturlandschaftsbeiträge) und eine betriebsgebundene Zahlung (Übergangsbeiträge) aufgeteilt werden. Durch eine Reduktion der Übergangsbeiträge und die Umlagerung der Mittel in andere Beitragsarten sollen heute bestehende Ziellücken geschlossen werden. Die Stützung der Milch- und Fleischproduktion durch raufutterverzehrende Nutztiere soll nicht mehr primär über tierbezogene Beiträge, sondern verstärkt über flächenbezogene Zahlungen mit einem Mindesttierbesatz erfolgen. Die dezentrale Besiedlung soll auch künftig nicht mit einem spezifischen Direktzahlungsinstrument, sondern gezielt über Massnahmen im Bereich der Strukturverbesserungen gefördert werden.

Die vorgeschlagenen Änderungen bedingen eine Totalrevision des 3. Titels des LwG. Die bisherigen Artikel 70­77 LwG werden aufgehoben.

Der neue Artikel 70 beschreibt das Grundkonzept des weiterentwickelten Direktzahlungssystems und legt fest, welche Beitragstypen die Direktzahlungen neu umfassen.


Einführung von Art. 70 LwG

Neben der besseren instrumentellen Ausrichtung auf die Ziele hängt die Wirkung der Direktzahlungen massgeblich von den für die einzelnen Zielbereiche eingesetzten Mittel ab (vgl. Ziff. 4.5.3).

2.3.2

Eintretens- und Begrenzungskriterien

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gemäss Artikel 104 Absatz 2 BV fördert der Bund bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe. Es bestehen zwei Möglichkeiten, diese Betriebe abzugrenzen. Entweder grenzt man den Begriff auf jene Betriebe ein, die den Vorstellungen einer vielfältigen und bäuerlichen Landwirtschaft der Gesellschaft entsprechen (z.B. Vielfalt an Kulturen und gehaltenen Tieren, persönliche Beziehung des Betriebsleiters zu den Tieren) und definiert spezifische Ziele und Massnahmen zur Erhaltung dieser Art von Betrieben. Oder man geht von einer breiten Definition des Begriffs aus und verwendet das Kriterium zur Festlegung, welche Betriebe nicht mit den agrarpolitischen Instrumenten unterstützt werden sollen. Die bisherige Auslegung von Artikel 104 Absatz 2 BV entspricht dieser zweiten Variante. Es besteht momentan kein Anlass, diesbezüglich eine Änderung vorzunehmen. Es ist davon auszugehen, dass der bodenbewirtschaftende Familienbetrieb auch künftig die vorherrschende Betriebsform bleiben wird und dass neben grossen beziehungsweise spezialisierten Betrieben weiterhin auch vielfältige, kleinbäuerliche Betriebe bestehen bleiben.

Auch das bäuerliche Bodenrecht und das landwirtschaftliche Pachtrecht sowie die Familienzulagen in der Landwirtschaft dienen der Förderung einer bäuerlichen Landwirtschaft.

2194

Folgende Eintretens- und Begrenzungskriterien kommen für die Ausrichtung von Direktzahlungen heute zur Anwendung: ­

bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe;

­

Mindestarbeitsaufkommen in Standardarbeitskräften;

­

Mindestanteil betriebseigener Arbeitskräfte;

­

Altersgrenze;

­

landwirtschaftliche Grundbildung;

­

Einkommens- und Vermögensgrenze;

­

Begrenzung der Direktzahlungen pro Standardarbeitskraft;

­

Abstufung der Beiträge nach Fläche oder Tierzahl.

Die sozialen und strukturellen Eintretens- und Begrenzungskriterien sollen spezifischer auf die Ziele ausgerichtet und vereinfacht werden. Grundsätzlich sollen nur noch Eintretens- und Begrenzungskriterien mit einem klaren Zielbezug fortgeführt werden. Bei deren Anwendung soll differenziert werden zwischen den leistungsbezogenen Direktzahlungen, die auf die Förderung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen ausgerichtet sind, und den Übergangsbeiträgen, mit denen eine sozialverträgliche Entwicklung sichergestellt wird.

Beantragte Neuregelung Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe Die juristischen Personen sowie die Betriebe von Bund, Kantonen und Gemeinden bleiben mit Ausnahme der bäuerlichen Familien-AG oder -GmbH von den Direktzahlungen ausgeschlossen. Dies entspricht der bisherigen Regelung. Ausgenommen von der Anforderung sind in Analogie zur heutigen Regelung die Biodiversitätsbeiträge sowie die neuen Landschaftsqualitätsbeiträge.


Einführung von Art. 70a Abs. 1 Bst. a LwG

Mindestarbeitsaufkommen in Standardarbeitskräften Die SAK ist eine Einheit für die Erfassung des gesamtbetrieblichen Arbeitszeitbedarfs mit Hilfe standardisierter Faktoren. Zur Vermeidung von Bagatellzahlungen und zur Abgrenzung sogenannter Hobbybetriebe werden die Direktzahlungen nach wie vor nur für Betriebe ausgerichtet, die ein Mindestarbeitsaufkommen erreichen.

Dieser Grenzwert soll weiterhin bei 0,25 SAK liegen. Nach einer letzten Anpassung per 1. Januar 2004 sollen die Faktoren für das Arbeitsaufkommen auf den 1. Januar 2014 dem technischen Fortschritt angepasst werden. Künftig sollen die Faktoren in regelmässigeren Abständen überprüft und angepasst werden.


Einführung von 70a Abs. 1 Bst. e LwG

Mindestanteil betriebseigener Arbeitskräfte Mindestens 50 Prozent der Arbeiten auf dem Landwirtschaftsbetrieb müssen wie bisher durch betriebseigene Arbeitskräfte ausgeführt werden. Die Bestimmung wird neu auch explizit ins Gesetz aufgenommen.


Einführung von Art. 70a Abs. 1 Bst. f LwG

2195

Altersgrenze Die Direktzahlungen sowie der Beitrag für einzelne Kulturen nach Artikel 54 LwG werden auch künftig nur bis zum Erreichen des 65. Altersjahrs ausgerichtet.


Einführung von Art. 70a Abs. 1 Bst. g LwG

Landwirtschaftliche Grundbildung Neue Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter müssen eine minimale landwirtschaftliche Ausbildung nachweisen, damit sie Direktzahlungen erhalten. Als minimale Ausbildung gilt ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis oder ein Berufsattest. Die bisherigen Ausnahmen sollen aufgehoben werden: Betriebe im Berggebiet mit weniger als 0,5 SAK müssen die Ausbildungsanforderungen neu auch erfüllen; für den Bezug von Biodiversitätsbeiträgen ist ebenfalls eine Ausbildung erforderlich; eine gleichwertige Ausbildung in einem anderen Beruf, ergänzt mit einer landwirtschaftlichen Weiterbildung, wird nicht mehr als Ausbildungsnachweis anerkannt.


Einführung von Art. 70a Abs. 1 Bst. h LwG

Einkommens- und Vermögensgrenze Die Einkommens- und Vermögensgrenze soll nur noch bei den Übergangsbeiträgen zur Anwendung kommen. Bei den leistungsbezogenen Beiträgen können sie nicht mehr gerechtfertigt werden, da der einkommenssichernde Anteil dieser Direktzahlungsinstrumente durch die Einführung der Übergangsbeiträge entfällt. Die Begrenzungshöhe wird in der heutigen Grössenordnung weitergeführt.


Einführung von Art. 77 Abs. 4 Bst. c LwG

Begrenzung pro Standardarbeitskraft Der Bundesrat soll die Summe der Direktzahlungen nach wie vor pro Standardarbeitskraft begrenzen können. Von der Begrenzung ausgenommen bleiben Beiträge, bei denen der Kanton einen Teil der Mittel sicherstellt (Landschaftsqualitätsbeiträge, Vernetzung der Biodiversitätsförderflächen). Auch die Übergangsbeiträge sollen von der Begrenzung ausgenommen werden. Sie sollen dem Betrieb ermöglichen, sich an die neue Situation anzupassen. Daher ist es nicht zielführend, sie dieser Begrenzung zu unterstellen. Die heutige Grenze von maximal 70 000 Franken pro Standardarbeitskraft wird aufgrund der angepassten SAK-Faktoren und der Beitragsausgestaltung erhöht. Die Beibehaltung dieser Grenze stellt neben der Anwendung der Einkommens- und Vermögensgrenze bei den Übergangsbeiträgen sicher, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Direktzahlungen gewährleistet bleibt.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. c LwG

Abstufung der Beiträge nach Flächen oder Tierzahl Mit der Einführung der Übergangsbeiträge entfällt der einkommenssichernde Anteil in den Direktzahlungen, weshalb die Abstufung der Beiträge nach Fläche oder Tierzahl aufgehoben werden kann.


Aufhebung des bisherigen Art. 70 Abs. 5 Bst. d LwG

Anforderungen im Sömmerungsgebiet Im Sömmerungsgebiet werden die heutigen Bewirtschaftungsanforderungen weitergeführt und sind weiterhin Voraussetzung für die Ausrichtung des Sömmerungsbeitrags sowie für die neu auch im Sömmerungsgebiet möglichen Biodiversitäts2196

und Landschaftsqualitätsbeiträge. Die besonderen Voraussetzungen werden neu in einem eigenständigen Artikel geregelt.


Einführung von Art. 70b LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Die beantragten Anpassungen bei den Eintretens- und Begrenzungskriterien werden in der nachfolgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 14 Eintretens- und Begrenzungskriterien im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe ­ Ausnahmen für Beiträge für den ökologischen Ausgleich und Beiträge gemäss ÖQV

­ Ausnahmen für Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge

Mindestarbeitsaufkommen: 0,25 SAK

Mindestarbeitsaufkommen: 0,25 SAK, Anpassung der Faktoren

Mindestanteil betriebseigener Arbeitskräfte: 50 %

Materiell keine Änderung, neu auf Gesetzesebene festgelegt

Altersgrenze: Ausrichtung von DZ bis zum Erreichen des 65. Altersjahrs

Keine Änderung

Landwirtschaftliche Grundbildung ­ Eidg. Berufsattest, Eidg. Fähigkeitszeugnis (und gleichwertige Ausbildung mit Weiterbildung) ­ Ausnahme bei Betrieben unter 0,5 SAK im Berggebiet sowie den Beiträgen für den ökologischen Ausgleich und den Beiträgen gemäss ÖQV

­ Eidg. Berufsattest, Eidg. Fähigkeitszeugnis (gleichwertige Ausbildung mit Weiterbildung entfällt) ­ Ausnahmen werden aufgehoben

Einkommens- und Vermögensgrenze

Beschränkung der Einkommens- und Vermögensgrenze auf die Übergangsbeiträge

Begrenzung pro Standardarbeitskraft

Erhöhung aufgrund der Anpassung der SAK-Faktoren

Abstufung der Beiträge nach Fläche und Tierzahl

Aufgehoben

Besondere Voraussetzungen für die Ausrichtung von DZ im Sömmerungsgebiet

Keine Änderung

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit den Änderungen bei den Eintretens- und Begrenzungskriterien wird der unternehmerische Spielraum für die Bauernbetriebe erhöht und eine Strukturentwicklung ermöglicht. Die vorgeschlagenen Eintretens- und Begrenzungskriterien werden in den Stellungnahmen von einer grossen Mehrheit unterstützt. Sie sollen darum im Grundsatz, wie in der Vernehmlassungsunterlage vorgeschlagen, im Gesetz verankert werden. Aufgrund der sehr breiten Forderung in der Vernehmlassung und zur 2197

Verbesserung der Akzeptanz der Direktzahlungen soll die Begrenzung der Summe der Direktzahlungen pro Standardarbeitskraft beibehalten werden. Auch die Forderung nach einer Streichung der Ausnahmeregelung bei der Ausbildungsanforderung wird aufgenommen. Dies erhöht einerseits die Qualität der Leistungserbringung und führt zu einer Vereinfachung der Anforderungen. Bei der SAK-Grenze wird auf eine Erhöhung der Grenze im Talgebiet verzichtet. Dies entspricht einer breit geäusserten Forderung, da bezweifelt wird, ob damit die Flächenmobilität erhöht werden kann.

Die Abschaffung der Einkommens- und Vermögensgrenze wurde in etwa gleich stark unterstützt wie deren Beibehaltung. Um erfolgreich wirtschaftende Betriebe nicht zu bestrafen, soll sie wie vorgesehen nur bei den Übergangsbeiträgen weitergeführt werden.

2.3.3

Beitragsberechtigte Flächen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Direktzahlungen sind heute auf die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) beschränkt, da auf diesen die mit den Direktzahlungen geförderten gemeinwirtschaftlichen Leistungen als Koppelprodukte der landwirtschaftlichen Produktion anfallen. Für verschiedene Flächen innerhalb der LN werden heute keine Direktzahlungen ausgerichtet (z.B. gärtnerische Freilandkulturen, Gewächshäuser mit festem Fundament, Flächen mit Ziersträuchern, Baumschulen). Für die Nutzung und Pflege der Sömmerungsflächen wird der Beitrag nach dem Normalbesatz an raufutterverzehrenden Nutztieren, der sich an einer nachhaltigen Nutzung orientiert, festgelegt.

Ausserhalb der LN und der Sömmerungsflächen werden keine Beiträge ausgerichtet.

An der beitragsberechtigten Fläche soll im Grundsatz nichts geändert werden. Einzig bei den Biodiversitätsbeiträgen und den neuen Landschaftsqualitätsbeiträgen besteht Handlungsbedarf.

Erschlossenes Bauland gilt heute nicht als landwirtschaftliche Nutzfläche (Art. 16 Abs. 1 Bst. d der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 1998134, LBV). Bauzonen umfassen Land, das entweder weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird (Art. 15 RPG).

Selbst wenn solche Flächen noch landwirtschaftlich nutzbar sind, ist deren Zweckbestimmung klar nichtlandwirtschaftlich und deren Bewirtschaftungsdauer begrenzt.

Eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung kann somit nicht gewährleistet werden. Die im Zweckartikel (Art. 1 LwG) formulierten Aufträge kann die Landwirtschaft auf diesen Flächen nicht mehr erfüllen. Die heutige Regelung sieht Ausnahmen vor, wenn der Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin nachweist, dass die heutige Hauptzweckbestimmung dieser Flächen die landwirtschaftliche Nutzung ist (Art. 16 Abs. 3 Bst. a LBV). Aufgrund von Datenerhebungen in den Kantonen Bern und St. Gallen konnte festgestellt werden, dass in grösseren unbebauten Bauzonen durchwegs Direktzahlungen entrichtet werden. Die Ausnahmen in der heutigen Regelung werden zu stark in Anspruch genommen. Dieser grundsätzlich wirkungsvolle Beitrag zum quantitativen Bodenschutz ist dadurch in seiner Wirkung stark eingeschränkt und soll deshalb konsequenter umgesetzt werden.

Bei den angestammten Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone handelt es sich um Flächen, die in der Grenzzone liegen und seit 1984 ununterbrochen von der 134

SR 910.91

2198

Schweiz aus genutzt werden. Die angestammten Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone tragen zur sicheren Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln bei. Heute werden auf diesen Flächen 75 Prozent der Ansätze des allgemeinen Flächenbeitrags, des Zusatzbeitrags für offene Ackerfläche und Dauerkulturen, des Biobeitrags, des Extensobeitrags sowie der Anbaubeiträge ausbezahlt. Die Flächen werden für die Berechnung der Förderlimite bei den RGVE- und TEP-Beiträgen berücksichtigt. Bei vergangenen Krisen standen diese Flächen jeweils zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung zur Verfügung oder die darauf produzierten Nahrungsmittel konnten in die Schweiz eingeführt werden.

Beantragte Neuregelung Beitragsberechtigte Flächen je Direktzahlungsinstrument Der Bundesrat legt pro Direktzahlungsinstrument die beitragsberechtigte Fläche fest.

Als Grundlage dient dabei die heutige beitragsberechtigte Fläche. Biodiversitätsund Landschaftsqualitätsbeiträge können für weitere, klar definierte Elemente auf der Betriebsfläche (z.B. Uferbereich) ausgerichtet werden. Die Versorgungssicherheitsbeiträge bleiben auf Flächen beschränkt, die zur Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden (pflanzliche oder tierische Nahrungsmittel, inkl. Saat- und Pflanzgut). Keine Versorgungssicherheitsbeiträge werden für die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen, für Tabak, Christbaumkulturen und für Biodiversitätsförderflächen ohne landwirtschaftliche Produktion ausbezahlt (vgl. Ziff. 2.3.6).

Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge können zudem auf Sömmerungsflächen ausgerichtet werden.


Einführung von Art. 70a Abs. 5 LwG

Ausschluss von Flächen in der Bauzone von den Direktzahlungen In der laufenden Revision des RPG sollen wirkungsvollere Massnahmen zum Schutz des Kulturlandes getroffen werden, wie die Auszonung zu grosser Baugebiete, die Verdichtung der Siedlungen und Massnahmen gegen die Baulandhortung (vgl.

Ziff. 1.2.9). In der Agrarpolitik sollen die Anreize so gesetzt werden, dass diese Bemühungen unterstützt werden. Die heutigen Ausnahmen zur Bestimmung, wonach erschlossenes Bauland von den Direktzahlungen ausgeschlossen ist, sollen aufgehoben werden. Überdies wird die Bestimmung auch auf nicht erschlossenes Bauland ausgedehnt. Damit sollen Auszonungen oder Umzonungen in die Landwirtschaftszone gefördert werden. Auf eingezonten Flächen werden demnach, sobald der Vorgang der Einzonung in Rechtskraft erwachsen ist, keine Direktzahlungen mehr ausgerichtet. Direktzahlungen in unbebauten Bauzonen werden nicht mehr ausgerichtet, sobald diese Gesetzesänderung in Kraft tritt. Ausnahmen werden gewährt, wenn zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung ein Gesuch um Umzonung in die Landwirtschaftszone hängig ist.


Einführung von Art. 70a Abs. 1 Bst. d LwG

Direktzahlungen für angestammte Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone Die Bewirtschaftung von angestammten Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone trägt zum Erhalt der Produktionskapazität in der Schweiz bei. Darum sollen für diese Flächen künftig Versorgungssicherheitsbeiträge, und zwar der Basisbeitrag sowie der Ackerförderbeitrag, ausgerichtet werden (vgl. Ziff. 2.3.6). Diese Beiträge werden zu 100 Prozent ausbezahlt. Eine Einteilung in die verschiedenen Zonen ist für die Flächen im Ausland nicht möglich. Deshalb kann im Ausland kein Zonenbei2199

trag Produktionserschwernis ausgerichtet werden. Da die weiteren auf den angestammten Flächen erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (z.B. Biodiversität, Landschaftsqualität) nicht auf dem Territorium der Schweiz anfallen, sollen dafür auch keine entsprechenden Beiträge ausgerichtet werden.


Einführung von Art. 72 Abs. 3 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Die beantragten Anpassungen bezüglich der beitragsberechtigten Flächen werden in der nachfolgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 15 Beitragsberechtigte Flächen im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Direktzahlungen werden grundsätzlich auf der LN ausgerichtet.

Pro Direktzahlungsinstrument wird die beitragsberechtigte Fläche festgelegt.

Erschlossenes Bauland ist von den DZ ausgeschlossen, sofern nicht von Ausnahmebestimmung betroffen.

Alle Flächen in rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen werden von den DZ ausgeschlossen (keine Ausnahmebestimmungen mehr möglich).

Angestammten Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone berechtigen zum Bezug des allg. Flächenbeitrags, des Zusatzbeitrags für offene Ackerfläche und Dauerkulturen sowie des Bio- und Extensobeitrags (75 % der Ansätze).

Angestammten Flächen in der ausländischen Wirtschaftszone berechtigen zum Bezug der Versorgungssicherheitsbeiträge nach Art. 72 Abs. 1 Bst. a und b (100 % der Ansätze).

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit den Änderungen werden die Beiträge gemäss ihrer Hauptzweckbestimmung für die entsprechenden Zielbereiche eingesetzt. Auf die Einführung einer Kategorie «Landwirtschaftliche Pflegefläche» wird aufgrund der breiten Ablehnung in der Vernehmlassung verzichtet. Der Bundesrat wird auf Verordnungsstufe konkretisieren auf welchen Flächen welche Direktzahlungsbeiträge ausgerichtet werden. Die konsequente Anwendung des Direktzahlungsausschlusses bei eingezonten Flächen soll einen Anreiz zur Auszonung von Flächen geben, die nicht innert der im RPG vorgesehenen Frist von 15 Jahren zur Baureife gelangen. Ob in gewissen Gebieten der gegenteilige Effekt eintreten könnte und der Ausschluss von Direktzahlungen zu einer beschleunigten Überbauung führen würde, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Festzuhalten ist, dass je nach Region der Landpreis im Vergleich zu den ausgerichteten Direktzahlungen sehr unterschiedlich ist. Mit der von der Raumplanung geforderten Überprüfung des Umfangs der Bauzonen kann die vorgeschlagene Massnahme jedoch eine Entscheidung zur Überbauung oder aber zur Auszonung herbeiführen. Dies ist mit Blick auf eine längerfristige Perspektive für die Landwirtschaft anzustreben. Trotz sehr kontroversen Stellungnahmen in der Vernehmlassung soll der Vorschlag im Gesetz verankert werden. Der Bundesrat ist der Meinung, dass durch diese Regelung ein wichtiger Beitrag gegen die Zersiedelung geleistet werden kann.

2200

2.3.4

Ökologischer Leistungsnachweis

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Bezug von Direktzahlungen ist an die Erfüllung des ÖLN gebunden. Hauptzielsetzung des ÖLN ist die Sicherstellung einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

Die Anforderungen des ÖLN umfassen: ­

artgerechte Haltung der Nutztiere;

­

ausgeglichene Düngerbilanz;

­

angemessener Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen;

­

geregelte Fruchtfolge;

­

geeigneter Bodenschutz;

­

gezielte Auswahl und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

Der ÖLN als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen hat zu deutlichen Verbesserungen im Umweltbereich geführt. Er hat sich bezüglich Geltungsbereich und Ausgestaltung grundsätzlich bewährt und soll weitergeführt werden. Die bestehenden Ziellücken im Umweltbereich (vgl. Ziff. 1.1.2) sollen nicht über eine Verschärfung der für alle Betriebe verbindlichen Anforderungen im ÖLN erreicht werden, sondern durch eine Verstärkung der gezielten Anreize beispielsweise durch die Einführung von Ressourceneffizienzbeiträgen. Zusammen mit den vorgeschlagenen instrumentellen Anpassungen bei den Direktzahlungen können so die für den Zeitraum 2014­2017 definierten Etappenziele erreicht werden (vgl. Ziff. 1.5).

Durch eine einfache und konsequente Umsetzung sowie die Überprüfung bestehender Massnahmen (ausgeglichene Düngerbilanz, Bodenschutz) sollen weitere Schritte Richtung Zielerreichung gemacht werden. Evaluationen weiterer Elemente des ÖLN haben gezeigt, dass Vereinfachungen vor allem durch Verbesserungen im Vollzug möglich sind, insbesondere durch Unterstützung mit EDV-Instrumenten. Mit solchen Instrumenten können auch die teilweise lokalen oder regionalen Ziellücken, beispielsweise im Bereich Bodenerosion oder Nährstoffmanagement, zielgerichtet behoben werden. Die Bewirtschaftung von Objekten nationaler Inventare im Rahmen des NHG ist grundsätzlich eng mit der landwirtschaftlichen Nutzung verbunden. Die unterschiedlichen Bestimmungen und die teilweise ungenügende Koordination sind für die betroffenen Landwirte und Landwirtinnen und für die kantonalen Vollzugsstellen heute jedoch unbefriedigend. Dies soll mit einer Harmonisierung im Rahmen des ÖLN behoben werden.

Beantragte Neuregelung Die Einhaltung des ÖLN bleibt Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen (Art. 70a Abs. 1 Bst. b LwG). Nachfolgend werden die instrumentellen Änderungen in den verschiedenen Bereichen erläutert und auf die entsprechenden Gesetzesänderungen verwiesen.

Artgerechte Haltung der Nutztiere Die Einhaltung der Bestimmungen der Tierschutzgesetzgebung ist integraler Bestandteil des ÖLN und wird auch künftig in diesem Rahmen umgesetzt.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. a LwG 2201

Ausgeglichene Düngerbilanz Im Bericht des Bundesrates über die «Ausgeglichene Düngerbilanz im Zusammenhang mit Abnahmeverträgen für Hofdünger und Hofdüngertransporten»135 wird einerseits eine verbindliche Rechtsgrundlage zum schweizweiten Einsatz von HODUFLU136 und andererseits die Überprüfung der Methodik Suisse-Bilanz postuliert. Entsprechend diesen Empfehlungen müssen ab 2014 alle Hof- und Recyclingdüngerverschiebungen mit der Internetapplikation HODUFLU erfasst werden. Im Gegenzug soll der Vertragszwang bei Hofdüngerabgaben ab 2014 aufgehoben werden. Dazu ist eine Änderung des Gewässerschutzgesetzes sowie der Gewässerschutzverordnung erforderlich. Die Methodik der Suisse-Bilanz und ihre Auswirkungen werden mit dem Ziel einer Optimierung überprüft.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. b LwG



Einführung von Art. 165f LwG, Anpassung von Art. 14 Abs. 4 GSchG und Aufhebung von Art. 14 Abs. 5 GSchG

Angemessener Anteil an Biodiversitätsförderflächen (BFF) und vorschriftsgemässe Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung Ökologische Ausgleichsflächen müssen mindestens 3,5 Prozent der mit Spezialkulturen belegten landwirtschaftlichen Nutzfläche und 7 Prozent der übrigen landwirtschaftlichen Nutzfläche eines Betriebs betragen. In den Bergzonen III und IV wurden gesamthaft im Jahr 2010 rund 26 Prozent der LN als ökologische Ausgleichsflächen bewirtschaftet und mehr als 8 Prozent der LN haben die Anforderungen an die biologische Qualität erfüllt.

Die bisherige Regelung soll grundsätzlich weitergeführt werden. Ökologische Ausgleichsflächen werden in Biodiversitätsförderflächen (BFF) umbenannt, um die Zielrichtung der Biodiversitätsförderung klarer zum Ausdruck zu bringen. Die einzelbetriebliche Anforderung für einen Mindestanteil an Biodiversitätsförderfläche ist in den Bergzonen III und IV gesamthaft mehr als erfüllt. Aufgrund der beträchtlichen Änderungen im Beitragskonzept soll diese einzelbetriebliche Anforderung für die ersten vier Jahre noch beibehalten werden. Wenn die hohen Anteile an Biodiversitätsförderflächen in den Bergzonen III und IV wie erwartet erhalten bleiben, soll sie auf das Jahr 2018 aufgehoben werden.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. c LwG



Anpassung von Art. 68 Abs. 5 GSchG

Die zielgerichtete Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung (insbesondere Flachmoore, Trockenwiesen und -weiden und Amphibienlaichgebiete) wird im ÖLN verankert. Damit kann dem Anliegen eines einheitlichen Vollzugs des NHG und des LwG und der Vermeidung von Doppelspurigkeiten Rechnung getragen werden.

135

Bericht des Bundesrates vom 24. Juni 2009, Ausgeglichene Düngerbilanz im Zusammenhang mit Abnahmeverträgen für Hofdünger und Hofdüngertransporten, in Erfüllung des Postulats Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006 (06.3637).

136 HODUFLU ist eine Internetanwendung zur einfachen Dokumentation und Verwaltung der Hofdüngerflüsse (HOfDUengerFLUesse). Die Anwendung erlaubt allen Betroffenen (Landwirte und Landwirtinnen, zuständige kantonale Stellen, Bund) ihre Aufgaben effizient und online zu erledigen.

2202



Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. d LwG

Geregelte Fruchtfolge Die Bestimmungen bezüglich Fruchtfolge bei mehr als 3 Hektaren offener Ackerfläche haben sich bewährt und werden unverändert weitergeführt.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. e LwG

Geeigneter Bodenschutz Die heutige Regelung hat sich auf nicht erosionsgefährdeten Flächen und Kulturen teilweise bewährt. Durch zielgerichtetere Massnahmen sollen Verbesserungen in erosionsgefährdeten Lagen oder Kulturen erreicht werden, während die Auflagen für unproblematische Flächen und Kulturen vereinfacht werden können.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. f LwG

Gezielte Auswahl und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln Die Bestimmungen bei der gezielten Auswahl und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln haben sich bewährt und werden grundsätzlich weitergeführt.


Einführung von Art. 70a Abs. 3 Bst. g LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Die beantragten Anpassungen des ÖLN werden in der nachfolgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 16 Die Elemente des ökologischen Leistungsnachweises im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Artgerechte Haltung der Nutztiere

Keine Änderung

Ausgeglichene Düngerbilanz

Überprüfung Methodik Suisse-Bilanz; Einführung von HODUFLU und Aufhebung des Vertragszwangs bei Hofdüngerabgaben

Angemessener Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen

Angemessener Anteil an Biodiversitätsförderflächen; Aufhebung der einzelbetrieblichen Anforderung in den Bergzonen III und IV auf das Jahr 2018 Vorschriftsgemässe Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung gemäss NHG

Geregelte Fruchtfolge

Keine Änderung

Geeigneter Bodenschutz

Gezielte Massnahmen auf spezifischen Flächen und Entlastung von unproblematischen Flächen

Gezielte Auswahl und Anwendung der Pflanzenschutzmittel

Keine Änderung

2203

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit der Verbesserung und gezielten Vereinfachung des Vollzugs bei den Anforderungen des ÖLN, sowie mit der Verknüpfung der eng mit der landwirtschaftlichen Nutzung verbundenen Bewirtschaftung von Objekten nationaler Inventare im Rahmen des NHG können die Ziele im Umweltbereich besser erreicht werden als heute.

Eine zusätzliche Aufnahme von Objekten lokaler und regionaler Inventare in den ÖLN wird nicht als sinnvoll erachtet, da der Vollzug je nach Kanton unterschiedlich ist und die Qualitäten dieser Flächen sehr heterogen sind. Die einzelbetriebliche Anforderung für einen Mindestanteil an BFF in den Bergzonen III und IV kann aufgehoben werden, weil in diesen Zonen bereits ein hoher Anteil der Flächen die Anforderungen an die biologische Qualität erfüllen und dort die Beiträge für Qualität und Vernetzung deutlich erhöht werden (vgl. Ziff. 2.3.7). Aufgrund der beträchtlichen Änderungen im Beitragskonzept, soll die Aufhebung jedoch erst auf 2018 erfolgen. Ein verbesserter Bodenschutz wird einerseits von vielen Akteuren befürwortet und schützt die Ressource Boden langfristig. Die Einführung von HODUFLU wird breit unterstützt. Die gleichzeitige Aufhebung des Vertragszwangs bringt mehr Flexibilität für die Betriebe, es fallen keine zusätzlichen Kosten an und die Kantone werden administrativ entlastet.

2.3.5

Kulturlandschaftsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Eine flächenbezogene Zahlung wie der heutige allgemeine Flächenbeitrag ist an sich ein zielgerichtetes Instrument, um die Offenhaltung der Kulturlandschaft zu fördern. Verschiedene Studien137 zeigen jedoch, dass die Offenhaltung der Kulturlandschaft in der Talzone auch ohne allgemeinen Flächenbeitrag gewährleistet wäre. Im Berg- und Hügelgebiet wäre für die Sicherstellung einer offenen Kulturlandschaft auf ebenen Flächen auch ein geringerer Beitrag ausreichend. Hingegen ist der allgemeine Flächenbeitrag aus einkommenspolitischer Optik sehr wichtig. Ohne den allgemeinen Flächenbeitrag würde das sektorale Einkommen der Landwirtschaft kurzfristig um rund 40 Prozent schrumpfen. Für die Sicherstellung eines angemessenen Einkommens ist jedoch eine an Produktionsfaktoren wie die Fläche gekoppelte Zahlung ungeeignet. Erstens fliesst ein Teil der eingesetzten Mittel über die Faktorentschädigung für den Boden (Pachtzinsen, Bodenpreise) an die Bodeneigentümer ab und kann so zu unerwünschter Rentenbildung führen. Zweitens wirken sich zu hohe flächenbezogene Zahlungen negativ auf die Bodenmobilität aus. Das behindert die Strukturentwicklung und führt dazu, dass Kostensenkungspotenziale nicht ausgenutzt werden. Beide Effekte reduzieren die Einkommenswirkung und damit die Transfereffizienz des allgemeinen Flächenbeitrags. Um eine optimale Wirkung der eingesetzten Mittel zu erhalten, muss instrumentell klar unterschieden werden zwischen Zahlungen, welche die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen wie die Offenhaltung bezwecken und Zahlungen, die der Einkommenssicherung (vgl. Ziff. 2.3.11) dienen.

137

Mann S. und Mack G. (2004): Wirkungsanalyse der Allgemeinen Direktzahlungen, FATSchriftenreihe Nr. 64. Agroscope FAT, Tänikon; Flury C., Gotsch N. und Rieder P.

(2004): Strukturwandel für eine zukunftsfähige Berglandwirtschaft. Agrarforschung 11(5), 560­565.

2204

Gemäss Ziffer 1.1.2 wird die Zielsetzung der Offenhaltung der Kulturlandschaft durch eine flächendeckende Bewirtschaftung nicht überall erreicht. Insbesondere in den höheren Bergzonen, im Sömmerungsgebiet und auf Grenzertragsflächen kann hinsichtlich Offenhaltung eine Ziellücke ausgemacht werden.

Die heutige Ausgestaltung des Hangbeitrags berücksichtigt den Übergang zwischen der maschinellen Mähnutzung und der Bewirtschaftung von Hand zu wenig. Das führt dazu, dass insbesondere sehr steile Flächen nicht mehr gemäht, sondern nur noch beweidet werden und so die Gefahr des Waldeinwuchses steigt.

Beantragte Neuregelung Mit Kulturlandschaftsbeiträgen wird die Offenhaltung der Kulturlandschaft gefördert. Sie sollen eine möglichst flächendeckende Bewirtschaftung der land- und alpwirtschaftlichen Flächen sicherstellen und so insbesondere in Gebieten und Lagen mit klimatischen oder topografischen Erschwernissen den Waldeinwuchs verhindern. Eine offene Kulturlandschaft dient als Basis für die Erbringung der übrigen gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Die Kulturlandschaftsbeiträge bezwecken die Verhinderung des Waldeinwuchses in Grenzertragslagen und nicht die Verhinderung des durch die Siedlungsentwicklung verursachten Flächenverlustes.

Um dies zu erreichen, müssten die finanziellen Anreize ungleich höher sein. Mit der AP 14­17 sind jedoch verschiedene Instrumente vorgesehen, um dem Kulturlandverlust aufgrund der Ausdehnung des Siedlungsgebiets entgegenzuwirken (vgl.

Ziff. 2.3.3 und 2.5).

Die Kulturlandschaftsbeiträge setzen sich aus vier Teilbeiträgen zusammen: ­

Zonenbeitrag Offenhaltung;

­

Hangbeitrag;

­

Alpungsbeitrag;

­

Sömmerungsbeitrag.

Zonenbeitrag Offenhaltung Mit dem nach Zonen abgestuften Beitrag werden die Bewirtschaftungsnachteile kompensiert. Neben den erschwerten klimatischen Bedingungen, insbesondere der Dauer der Vegetationszeit, fallen darunter weitere in der Zonenabgrenzung herangezogene Kriterien wie die Erschliessung und die Oberflächengestaltung.

Der nach Zonen abgestufte Beitrag wird pro Hektare ausgerichtet, die Beitragshöhe hängt massgeblich vom Preis- und Kostenumfeld ab. Beim heutigen Preisniveau ist die Offenhaltung von ebenen Flächen in der Talzone sichergestellt, weshalb in der Talzone im Rahmen der AP 14­17 kein Beitrag ausgerichtet wird. Ein Beitrag in der Talzone wäre nur bei tieferen Preisen, zum Beispiel aufgrund einer Marktöffnung, nötig. Im Berg- und Hügelgebiet wird ein nach Zonen zunehmender Beitrag pro Hektare ausgerichtet. Die Beitragshöhe richtet sich nach den Bewirtschaftungsnachteilen, insbesondere dem gegenüber der Talzone tieferen Ertragsniveau.

Hangbeitrag Die heutigen Beiträge für Hanglagen von 18­35 Prozent Neigung und solche über 35 Prozent Neigung werden weitergeführt. Zusätzlich zu den heutigen Hanglagen wird eine dritte Stufe für Steillagen mit mehr als 50 Prozent Neigung eingeführt. Da die Bewirtschaftung der Flächen mit einer Neigung von mehr als 50 Prozent fast nur 2205

noch in Handarbeit möglich ist, soll aufgrund des grösseren Aufwands ein gegenüber den anderen Stufen deutlich höherer Beitrag ausgerichtet werden. Damit wird der Auftrag der Motion von Siebenthal138 umgesetzt, den erschwerten Bedingungen in besonders steilen Lagen entsprechend Rechnung zu tragen. Weiterhin keinen Hangbeitrag gibt es für Dauerweiden.

Der Hangbeitrag wird neu auch in der Talzone ausbezahlt. Die Erschwernis ist mit derjenigen im Berg- und Hügelgebiet vergleichbar, weshalb sich eine analoge Beitragshöhe rechtfertigt.

Das Konzept für den spezifischen Hangbeitrag für Rebflächen in Steil- und Terrassenlagen wird unverändert beibehalten. Der Hangbeitrag für Rebflächen trägt neben der Offenhaltung auch zur Landschaftsqualität bei. Aus Gründen der Einfachheit soll dieser im Rahmen der Kulturlandschaftsbeiträge in der heutigen Form weitergeführt werden.

Alpungsbeitrag Neben dem Sömmerungsbeitrag wird die Bewirtschaftung im Sömmerungsgebiet heute auch indirekt über die RGVE- und TEP-Beiträge gefördert. So erhalten Ganzjahresbetriebe für gesömmerte Tiere auch für die Dauer der Sömmerung die RGVEund TEP-Beiträge. Dies gibt für die Ganzjahresbetriebe einen Anreiz, die Tiere zur Sömmerung abzugeben (Sömmerungszuschlag). Mit der Umlagerung der RGVEund der TEP-Beiträge in flächenbezogene Zahlungen mit einem Mindesttierbesatz würde dieser Effekt entfallen (vgl. Ziff. 2.3.6). Die Einführung des Alpungsbeitrags erlaubt es, mit einem gezielten Instrument die Anreizwirkung für Ganzjahresbetriebe zu erhalten, die Tiere zur Sömmerung abzugeben. Mit dem neuen Instrument kann einem allfälligen Rückgang der Bestossung im Sömmerungsgebiet, wie das von Studien prognostiziert wird139, entgegengewirkt werden. Der Sömmerungszuschlag der heutigen RGVE- und TEP-Beiträge wird mit dem Alpungsbeitrag somit auch künftig direkt an die Ganzjahresbetriebe ausgerichtet. Der Alpungsbeitrag wird pro gesömmerten Normalstoss (NST) ausbezahlt. Ein NST entspricht der Sömmerung einer Grossvieheinheit während 100 Tagen.

Sömmerungsbeitrag Der heutige Sömmerungsbeitrag trägt gemäss Evaluationen in hohem Mass zur Bewirtschaftung und Pflege des Sömmerungsgebiets bei. Der Sömmerungsbeitrag wird nach Normalbesatz und nach raufutterverzehrenden Nutztieren ausbezahlt. Der zulässige Viehbesatz wird nach den Grundsätzen einer nachhaltigen
Nutzung festgelegt. Das Instrument des Sömmerungsbeitrags wird grundsätzlich unverändert weitergeführt und gilt neu als Bestandteil der Kulturlandschaftsbeiträge.

Werden Schafe im Weidesystem Umtriebsweide gesömmert, soll neu ein gleich hoher Sömmerungsbeitrag bezahlt werden wie für das System der ständigen Behirtung, sofern der Betrieb Massnahmen zum Herdenschutz nach dem Jagdgesetz vom 20. Juni 1986140 (JSG) umsetzt.

138 139

09.3461 Mo von Siebenthal, «Hangbeiträge», 30. April 2009.

Lauber S., Calabrese C., von Felten S., Fischer M. und Schulz T., (2011): Evaluation der Sömmerungsbeitragsverordnung (SöBV) und alternativer Steuerungsinstrumente für das Sömmerungsgebiet: Befragungsgestützte ex post- und ex ante-Analysen der Sömmerungsnachfrage. Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) und Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf/Ettenhausen.

140 SR 922.0

2206



Einführung von Art. 71 LwG



Einführung von Art. 12 Abs. 5 JSG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Tabelle 17 Beiträge zur Offenhaltung der Kulturlandschaft im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Anteil allgemeiner Flächenbeitrag

Zonenbeitrag Offenhaltung

Hangbeitrag (18­35 %, >35 %) in den Zonen des Berg- und Hügelgebiets

Hangbeitrag (18­35 %, 35­50 %, >50 %) in allen Zonen

Hangbeitrag für Rebflächen

Keine Änderung

Sömmerungszuschlag über RGVE- und TEP-Beiträge für Ganzjahresbetriebe

Alpungsbeitrag für Ganzjahresbetriebe

Sömmerungsbeitrag für gemolkene Tiere pro RGVE und für nicht gemolkene Tiere pro Normalbesatz, abhängig von Weidesystem/Behirtung

Differenzierung wie heute, aber gleich hoher Beitrag für Schafe in Umtriebsweide mit Herdenschutz wie für Schafe mit ständiger Behirtung

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit den Änderungen wird gegenüber heute klar zwischen den Zielsetzungen Offenhaltung und Einkommenssicherung unterschieden. Damit können die Mittel dort eingesetzt werden, wo sie zur Erreichung der Ziele notwendig sind. Rentenbildende Effekte können stark reduziert werden, die Pachtzinsen sinken tendenziell und die Bodenmobilität wird verbessert. Die differenziertere Ausrichtung von Kulturlandschaftsbeiträgen zum Ausgleich von Bewirtschaftungserschwernissen trägt dazu bei, dass der Waldeinwuchs reduziert wird.

Die Kulturlandschaftsbeiträge werden in einem Grossteil der Stellungnahmen unterstützt und sollen darum wie vorgeschlagen eingeführt werden. Der Zonenbeitrag Offenhaltung soll trotz gewissen Kritiken wie vorgesehen eingeführt werden. Damit werden Bewirtschaftungserschwernisse, die in der Zoneneinteilung berücksichtigt sind, gezielt ausgeglichen und auch die dezentrale Besiedlung gefördert. Die Forderungen nach einem Alpungsbeitrag für Ganzjahresbetriebe werden aufgenommen, damit neben Sömmerungsbeiträgen für die Sömmerungsbetriebe weiterhin auch für die Ganzjahresbetriebe ein Anreiz besteht, die Tiere auf Sömmerungsbetriebe zu verstellen. Für eine gute Pflege und Bewirtschaftung der Sömmerungsflächen sind die Sömmerungsbetriebe darauf angewiesen, genügend Tiere von Ganzjahresbetrieben zu erhalten. Mit der Einführung eines Alpungsbeitrags kann die Bestossung der Sömmerungsbetriebe sichergestellt werden. Damit wird ein zentrales Anliegen der Berggebietsvertreter berücksichtigt. Die Wirkung der heutigen RGVE- und TEPBeiträge auf die Sömmerung kann so erhalten oder durch den direkteren Anreiz sogar verstärkt werden.

Mit den Anpassungen beim Sömmerungsbeitrag werden für in Umtriebsweide gesömmerte Schafe Voraussetzungen für einen effektiven Herdenschutz gemäss Jagdgesetzgebung geschaffen.

2207

2.3.6

Versorgungssicherheitsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Sowohl Artikel 104 (Landwirtschaft) als auch Artikel 102 (Landesversorgung) BV haben die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zum Ziel, jedoch mit unterschiedlichem Zeithorizont. Die Landwirtschaftspolitik legt insbesondere mit strukturpolitischen Massnahmen (z.B. Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz oder Direktzahlungen) die Rahmenbedingungen für eine mittel- und langfristig sichere Versorgung der Bevölkerung fest, während die Landesversorgung die Überwindung kurzfristiger Mangel- oder Notlagen zum Ziel hat.

Heute wird die Zielsetzung der Versorgungssicherheit bei den Direktzahlungen primär über die RGVE- und TEP-Beiträge sowie über den Beitrag für offene Ackerfläche unterstützt. In ihrer heutigen Ausgestaltung führen die RGVE- und TEPBeiträge zu einem Produktions- beziehungsweise Intensivierungsanreiz. Dieser Produktionsanreiz ist aus der Optik der Versorgungssicherheit bis zu einem gewissen Grad nötig, um das natürliche Produktionspotenzial möglichst optimal auszunutzen. Analysen bei den Futterbilanzen zeigen jedoch, dass die Ausdehnung der Milch- und Fleischproduktion in den letzten Jahren über den zusätzlichen Einsatz von Kraftfuttermitteln erfolgte und nicht durch eine bessere Ausnützung der Raufutterfläche (vgl. Ziff. 1.1.2). Insbesondere auf weniger ertragreichen Böden wird mit den RGVE- und TEP-Beiträgen ein Anreiz gegeben, über das natürliche Produktionspotenzial hinaus zu produzieren. Besonders im Berggebiet führen die hohen tierbezogenen Zahlungen zu einem Anreiz, die Förderlimite ganz auszuschöpfen und die Tiere mit vergleichsweise billigem Kraftfutter oder aus den tieferen Zonen zugeführtem Raufutter zu füttern. Der Intensivierungsanreiz führt auch zu Beeinträchtigungen der Umwelt, da zum Beispiel durch die Futter- und damit Nährstoffzufuhr zusätzliche Hofdünger anfallen, was sich negativ auf die Artenvielfalt von Wiesen und Weiden auswirkt. Zudem führen die durch die Tierhaltung verursachten Ammoniak-Emissionen zu einer Eutrophierung von sensiblen Ökosystemen wie Trockenwiesen und -weiden oder Hochmooren. Untersuchungen zeigen, dass das Potenzial zur Raufutterproduktion durch einen relativ hohen Kraftfuttereinsatz vor Ort nicht ausgeschöpft wird und insbesondere schlecht erschlossene und hofferne Flächen einzuwachsen drohen141. Die RGVE-
und TEP-Beiträge weisen zudem eine suboptimale Transfereffizienz auf. Zum einen ergibt sich eine negative Rückkopplung mit den Märkten; Modellrechnungen zeigen, dass die Milch- und Rindfleischpreise ohne Tierbeiträge um rund 2­5 Prozent höher zu liegen kommen als in einem Referenzszenario mit RGVE- und TEP-Beiträgen (vgl. Ziff. 5.3.1). Zum anderen bewirken diese Zahlungen, dass Betriebe ihre Tierhaltung intensivieren, obwohl die zusätzlichen Kosten dieser Intensivierung höher sind als die zusätzlichen Erlöse142.

Schliesslich ist die direkte Kopplung der RGVE- und der TEP-Beiträge an die Anzahl gehaltener Tiere auch nicht kompatibel mit den Kriterien der WTO-GreenBox (vgl. Ziff. 7.3).

141

Lauber S. (2006): Agrarstrukturwandel im Berggebiet. Ein agentenbasiertes, räumlich explizites Agrarstruktur- und Landnutzungsmodell für zwei Regionen Mittelbündens.

Dissertation ETH Zürich. ART-Schriftenreihe 2. Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART).

142 Barth L., Lanz S. und Hofer C. (2011): Förderung der grünlandbasierten Tierproduktion mit der Agrarpolitik 2014­2017, Agrarforschung Schweiz 2(1), 20­25.

2208

Beantragte Neuregelung Mit Versorgungssicherheitsbeiträgen soll die Produktionskapazität aufrechterhalten werden. Dies ist wichtig, um die sichere Versorgung der Bevölkerung bei mittelund langfristigen Versorgungsengpässen gewährleisten zu können. Die Erhaltung der Produktionskapazität (Boden, Knowhow, Kapital) soll durch eine Produktion in der heutigen Grössenordnung sichergestellt werden, mit der die natürlichen Ressourcen möglichst optimal genutzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass heute einerseits die Produktionsintensität teilweise über dem für die Ökosysteme tragbaren Niveau liegt und andererseits der Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung pro produzierte Einheit aufgrund weiterer Verbesserung der Ressourceneffizienz in Zukunft sinken werden. Die Produktion soll ­ wie in der BV stipuliert ­ primär auf die Marktbedürfnisse ausgerichtet und möglichst wenig gelenkt werden. Deshalb muss die landwirtschaftliche Produktion in Umfang und Zusammensetzung nicht dem Bedarf im Falle eines Versorgungsengpasses entsprechen. Vielmehr ist es wichtig, dass die Produktionskapazität erhalten bleibt, damit im Falle einer Krise die Produktion in relativ kurzer Zeit und mit tragbarem Aufwand den ernährungsphysiologischen Mindestanforderungen angepasst werden kann. Da also in Normalzeiten primär die Nachfrage des Marktes ausschlaggebend sein soll, wovon wie viel produziert wird, soll die lenkende Wirkung durch Direktzahlungen möglichst gering gehalten werden.

Die Erhaltung der Produktionskapazität wäre mit den Kulturlandschaftsbeiträgen allein noch nicht gewährleistet. Mit den Versorgungssicherheitsbeiträgen soll deshalb eine landwirtschaftliche Produktion gefördert werden, die über eine minimale Bewirtschaftung mit dem Ziel der Offenhaltung der Kulturlandschaft hinausgeht.

Dazu müssen Mindestanforderungen sowohl für die ackerbauliche Nutzung als auch für die Grünlandnutzung festgelegt werden. Weiter sollen die Versorgungssicherheitsbeiträge produktionsbedingte Erschwernisse und komparative Kostennachteile der ackerbaulichen Produktion ausgleichen. Neben der Produktion auf der offenen Ackerfläche ist auch die Produktion auf der Grünfläche zu fördern, da mehr als 60 Prozent der LN in der Schweiz nicht ackerbaulich, sondern nur als Grünland genutzt werden kann. Die futterbauliche Produktion dieser
Flächen wird über die Haltung von raufutterverzehrenden Nutztieren zu Nahrungsmitteln für die menschliche Ernährung veredelt.

Die Versorgungssicherheitsbeiträge setzen sich aus drei Teilbeiträgen zusammen: ­

Basisbeitrag;

­

Zonenbeitrag Produktionserschwernis;

­

Förderbeitrag Ackerfläche und Dauerkulturen.

Basisbeitrag Der heutige RGVE-Beitrag und der Zusatzbeitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen sollen in den Versorgungssicherheits-Basisbeitrag umgelagert werden.

Der Basisbeitrag ist über alle Zonen gleich hoch und es gibt keine Differenzierung zwischen Grün- und Ackerfläche. Für die Ausrichtung der Versorgungssicherheitsbeiträge auf der offenen Ackerfläche und bei Dauerkulturen müssen die produzierten (Acker-)Früchte geerntet werden. Auf der Grünfläche wird für die Ausrichtung der Beiträge ein Mindesttierbesatz an raufutterverzehrenden Nutztieren vorausgesetzt.

Auf Ackerflächen, die für die Tierproduktion genutzt werden (z.B. Mais, Futterrüben und Kunstwiesen), wird kein Mindesttierbesatz vorausgesetzt, da insbesondere 2209

Kunstwiesen auf reinen Ackerbaubetrieben zu einer ausgewogenen Fruchtfolge beitragen. Auf Biodiversitätsförderflächen wird ebenfalls kein Mindesttierbesatz vorausgesetzt, um eine unerwünschte Intensivierung dieser Flächen zu vermeiden.

Da extensive und wenig intensive Grünflächen eine geringere Produktivität aufweisen, soll im Gegenzug für diese ein tieferer Basisbeitrag ausgerichtet werden. Der Mindesttierbesatz wird nach Zonen differenziert. Er soll bei rund 60 Prozent der heutigen Förderlimite festgelegt werden.

Zonenbeitrag Produktionserschwernis Der Basisbeitrag trägt dazu bei, dass in der Talzone mit optimaler Intensität produziert und damit die Produktionskapazität erhalten wird. Da weniger als die Hälfte der LN in der Talzone liegt, muss für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit auch das Berg- und Hügelgebiet einen wesentlichen Beitrag leisten. Die LN in diesen Zonen ist zum grössten Teil nur als Grünfläche nutzbar, was die Wahlmöglichkeit der Betriebe wesentlich einschränkt. Die Produktionserschwernisse in den höheren Lagen sollen deshalb auch künftig angemessen berücksichtigt werden. Der heutige TEP-Beitrag wird entsprechend in einen nach Zonen zunehmenden Beitrag überführt, mit dem die Produktionserschwernisse in den höheren Zonen ausgeglichen werden. Die Beitragshöhe berücksichtigt die Bewirtschaftungserschwernisse beziehungsweise das tiefere Ertragsniveau gegenüber einer standortgerechten Bewirtschaftung in der Talzone.

Förderbeitrag Ackerfläche und Dauerkulturen Auf Ackerflächen ist die Kalorienproduktion höher als auf Grünland. Für die Erhaltung der Versorgungssicherheit ist es deshalb zentral, dass sowohl eine ackerbauliche Nutzung als auch die Dauerkulturen in etwa im heutigen Umfang erhalten bleiben. Aufgrund der Abnahme der ackerbaulich genutzten Flächen in den letzten Jahren soll die komparative Attraktivität des Ackerbaus und insbesondere der Futtergetreideproduktion erhöht werden. Deshalb wird zusätzlich zum Basisbeitrag ein Beitrag zur Förderung des Ackerbaus und der Dauerkulturen eingeführt, mit dem die ackerbauliche Nutzung gezielt gestärkt werden kann. Damit verbessert sich die relative Attraktivität des Ackerbaus und der Dauerkulturen gegenüber dem Grünland. Dies gilt speziell für die Futtergetreideproduktion, da gleichzeitig zur Erhöhung der relativen Stützung
für den Ackerbau der Grenzschutz für Brotgetreide um 3 Franken je Dezitonne und die Einzelkulturbeiträge der übrigen Ackerkulturen gesenkt werden sollen (vgl. Ziff. 2.2.6).

In Ergänzung zu den Kulturlandschaftsbeiträgen und den Versorgungssicherheitsbeiträgen sollen mit der gezielten Ausrichtung von Beiträgen wichtige Einzelkulturen aufgrund ihres Beitrags zur sicheren Versorgung gefördert werden. Der Einzelkulturbeitrag nach Artikel 54 LwG wird in Ziffer 2.2.6 erläutert.


2210

Einführung von Art. 72 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Tabelle 18 Beiträge zur sicheren Versorgung der Bevölkerung im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Zusatzbeitrag für offenes Ackerland und Dauerkulturen RGVE-Beitrag TEP-Beitrag

Basisbeitrag Zonenbeitrag Produktionserschwernis

Kein spezifischer Beitrag

Förderbeitrag Ackerfläche und Dauerkulturen

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die Einführung von Versorgungssicherheitsbeiträgen wurde in der Vernehmlassung von der überwiegenden Mehrheit der Stellungnehmenden unterstützt. Die vorgeschlagene Lösung ist ein Kompromiss zwischen der Forderung links-grüner Kreisen, die einen verstärkten Tierbezug ablehnen, und den bäuerlichen Forderungen nach einer besseren Berücksichtigung der Tierhaltung. Auf instrumenteller Ebene wird erstens ein Tierbeitrag für die Ganzjahresbetriebe eingeführt, die die Tiere in die Sömmerung abgeben (vgl. Ziff. 2.3.5). Zweitens werden die Versorgungssicherheitsbeiträge auf dem Grünland entsprechend der Nutzungsintensität differenziert.

Auf dem intensiv genutzten Dauergrünland werden höhere Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet, als auf Biodiversitätsförderflächen. Mit diesen instrumentellen Anpassungen und einer leichten Erhöhung der finanziellen Mittel für die Versorgungssicherheitsbeiträge können gegenüber der Vernehmlassung der Basisbeitrag um rund 50 Franken pro Hektare und der Förderbeitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen um rund 100 Franken pro Hektare erhöht werden (vgl. Ziff. 4.5.3).

Damit werden drei wesentliche Anliegen von bäuerlicher Seite berücksichtigt und gleichzeitig bleiben die Vorteile des Systemwechsels bestehen.

Indem die Kunstwiesen und die Biodiversitätsförderflächen von der Anforderung des Mindesttierbesatzes ausgenommen werden und der Mindesttierbesatz auf dem intensiv genutzten Dauergrünland erhöht wird, kann das futterbauliche Produktionspotenzial auf den Grünflächen insgesamt noch besser ausgeschöpft werden, ohne jedoch damit Intensivierungen auf ökologisch wertvollen Flächen auszulösen.

Zudem wird eine Benachteiligung der für die Fruchtfolge wichtigen Kunstwiesen gegenüber Silomais vermieden.

Die Haltung von raufutterverzehrenden Nutztieren wird mit der vorgeschlagenen Lösung mit gleich viel finanziellen Mitteln gefördert wie mit den heutigen RGVEund TEP-Beiträgen, ohne aber unerwünschte Intensivierungsanreize zu verursachen.

Dies wirkt sich neben der besseren Zielerreichung in verschiedener Hinsicht positiv aus. Erstens wird die Transfereffizienz der eingesetzten Mittel verbessert. Mit dem Wegfall der Intensivierungsanreize der heutigen Tierbeiträge können negative Rückkopplungen mit den Märkten und somit ein Mittelabfluss
eines Teils der Direktzahlungen über tiefere Preise zu den nachgelagerten Sektoren vermieden werden. Zudem entfällt der Anreiz, nur wegen den Tierbeiträgen zusätzliche Tiere zu halten. Betriebe mit einem negativen Erlös-Kosten-Verhältnis können so ihr Einkommen aus der tierischen Produktion steigern. Zweitens werden die negativen 2211

Auswirkungen der RGVE- und TEP-Beiträge auf die Umwelt eliminiert. Indem das natürliche Produktionspotenzial optimal ausgenutzt wird, kann der teilweise überhöhte Nährstoffeintrag, der einen Rückgang der Artenvielfalt zur Folge hat, und die Eutrophierung sensibler Ökosysteme insbesondere im Voralpengürtel reduziert werden. Der unternehmerische Entscheid der Landwirte und Landwirtinnen, welche und wie viele Tiere auf dem Grünland gehalten werden, gewinnt an Bedeutung.

Den Bewirtschaftungserschwernissen im Berg- und Hügelgebiet wird auch künftig im heutigen Umfang Rechnung getragen. Die relative Attraktivität des Ackerbaus und der Dauerkulturen gegenüber Grünland wird erhöht und der Ackerbau und die Dauerkulturen werden generell gestärkt. Mit der Reduktion des Grenzschutzes für Brotgetreide und einer entsprechenden Senkung der Stützungen für die übrigen Ackerkulturen wird die Futtergetreideproduktion auf effiziente Weise gestärkt.

Insgesamt hat die vorgeschlagene Lösung gegenüber einer Weiterführung der heutigen RGVE- und TEP-Beiträge deutliche Vorteile sowohl in Bezug auf die Zielerreichung als auch bezüglich Preisen, Kosten und somit den Einkommen der Bauernbetriebe. Zudem führt sie zu deutlichen Verbesserungen bezüglich Umwelt und Vereinbarkeit mit den Green-Box-Kriterien der WTO.

2.3.7

Biodiversitätsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Beiträge für den ökologischen Ausgleich bezwecken die Erhaltung und Förderung der Biodiversität.

Für Elemente des ökologischen Ausgleichs auf der LN, wie extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen, Streueflächen, Hecken, Hochstamm-Feldobstbäume, Bunt- und Rotationsbrachen, werden heute Beiträge ausgerichtet. Die Beiträge gemäss DZV werden zu 100 Prozent vom Bund getragen. Erfüllen die Ökoausgleichsflächen die spezifischen Anforderungen bezüglich biologischer Qualität oder Vernetzung gemäss ÖQV, werden zusätzliche Beiträge ausgerichtet. Diese Beiträge werden zu 80 Prozent vom Bund finanziert.

Die Instrumente der ÖQV sind bereits heute sehr zielgerichtet. Deshalb sollen insbesondere neue Erkenntnisse eingebracht werden, die eine stärkere Fokussierung auf die Qualität der Flächen und einen einfachen Vollzug zum Ziel haben. In den Bergzonen liegen viele ökologisch wertvolle Flächen. Im Falle einer Intensivierung oder Nutzungsaufgabe wird die biologische Qualität dieser Flächen meist irreversibel beeinträchtigt. Die heutige Beitragsdegression für Qualität und Vernetzung führt dazu, dass die Erhaltung dieser Flächen nicht sichergestellt ist.

Obwohl das Sömmerungsgebiet für viele seltene Arten ein wichtiger Lebensraum darstellt, besteht dort heute kein Instrument, Biodiversitätsleistungen gezielt zu fördern. Für die Biodiversität wertvolle Flächen unterhalb der Wald- und Strauchgrenze sind aufgrund ihrer meist extensiven Nutzung verstärkt vom Waldeinwuchs betroffen. Solche Flächen können heute nicht mit spezifischen Direktzahlungen gefördert werden. Dadurch wird eine künstliche, nicht zielführende Grenze gezogen.

Zudem werden die Planung, die Umsetzung und der Vollzug von Vernetzungsprojekten in den Kantonen sehr unterschiedlich gehandhabt, was zu einem verhältnismässig grossen Aufwand führen kann.

2212

Beantragte Neuregelung Qualitätsbeitrag Die Beiträge für die BFF gemäss DZV und der Beitrag für biologische Qualität gemäss ÖQV werden in den neuen Qualitätsbeitrag integriert. Neben diesen beiden bisherigen Qualitätsniveaus soll im Grünland eine dritte Qualitätsstufe eingeführt werden. Die zusätzliche Qualitätsstufe (ÖQV+) für BFF umfasst insbesondere die Objekte in Inventaren von nationaler Bedeutung auf der LN (z.B. Trockenwiesen und -weiden oder Flachmoore). Der Bund übernimmt 100 Prozent des Qualitätsbeitrags, d.h. er zahlt neu für Flächen mit biologischer Qualität auch die 20 Prozent, die bisher von den Kantonen ausgerichtet wurden.

Für BFF sollen keine oder tiefere Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet werden (vgl. Ziff. 2.3.6). Um die wirtschaftliche Attraktivität der BFF zu erhalten, sollen im Gegenzug die Biodiversitätsbeiträge für die erste Qualitätsstufe (DZVNiveau) erhöht werden.

Die biologische Qualität wird verstärkt gefördert, indem erstens stärker nach Qualitätsstufen differenziert wird, zweitens die Beiträge für qualitativ wertvolle Flächen substanziell erhöht werden und drittens in den Bergzonen III und IV die Beitragsdegression für Flächen mit biologischer Qualität und Vernetzung aufgehoben wird.

Um die Biodiversitätsziele besser zu erreichen, werden Biodiversitätsbeiträge neu auch im Sömmerungsgebiet entrichtet. Damit kann den Lebensraumansprüchen von Tier- und Pflanzenarten besser entsprochen werden.

Es soll geprüft werden, die bestehenden BFF gezielt mit neuen Typen, beispielsweise artenreichen Grünflächen im Sömmerungsgebiet, Pufferstreifen für Inventarflächen, dem Uferbereich von Fliessgewässern oder wildtierfreundlichem Ackerbau, zu ergänzen. Die Bewirtschaftungsanforderungen an die BFF werden wo möglich vereinfacht.

Vernetzungsbeitrag Die Vernetzung wird weiterhin gemäss dem heutigen Konzept gefördert. Die Restfinanzierung durch Dritte bleibt bestehen. Analog zum Qualitätsbeitrag soll auch bei der Vernetzung die Degression der Beiträge im Berg- und Hügelgebiet aufgehoben werden. Ein verstärkter Fokus wird auf speziell zu fördernde Arten gelegt. Den Kantonen wird ein regionalisiertes Artenset mit Standardmassnahmen zur Verfügung gestellt, das als Grundlage für die Erarbeitung von Vernetzungsprojekten beigezogen werden kann und dadurch den Projekterarbeitungsaufwand
verringert.

Für Ziel- und Leitarten, die häufig mit Vernetzungsprojekten erhalten oder gefördert werden, werden Standardmassnahmen definiert, um die Umsetzung und den Vollzug zu vereinfachen und zu harmonisieren.

Mit der Nutzung von Synergien zwischen Vernetzungsbeitrag und den Landschaftsqualitätsbeiträgen bei der Planung und bei der Umsetzung können bestehende Vernetzungsprojekte einfach mit landschaftlichen Zielsetzungen ergänzt werden. Bei neuen Projekten können künftig die faunistischen Ziele der Biodiversität (Vernetzung) und die Ziele der Landschaftsentwicklung (Landschaftsqualität) integral gefördert werden (vgl. Ziff. 2.3.8).

2213

Umsetzung der nationalen Inventare auf landwirtschaftlich genutzten Flächen Heute werden Objekte in Inventaren (national, regional oder lokal) und Massnahmen, wie einmalige Aufwertungen oder spezifische Artenförderungsmassnahmen, über das NHG gefördert. Zuständig dafür sind die Kantone. Der Bund unterstützt die Aufwendungen der Kantone über Kredite aus dem Bereich Natur- und Landschaft.

Die Höhe der Förderung durch den Bund wird zwischen dem BAFU und den Kantonen ausgehandelt. Die Umsetzungskontrolle der nationalen Inventare auf landwirtschaftlich genutzten Flächen soll künftig zusammen mit dem Vollzug des ÖLN beziehungsweise der Biodiversitätsbeiträge erfolgen, um einerseits Doppelspurigkeiten im Vollzug zu verhindern und andererseits eine zielkonforme Bewirtschaftung der auf der LN liegenden, für die Biodiversität wertvollsten Flächen sicherzustellen (vgl. Ziff. 2.3.4). Einmalige Aufwertungen und Artenförderungsmassnahmen werden weiterhin über das NHG gefördert.


Einführung von Art. 73 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Tabelle 19 Beiträge zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Beiträge für den ökologischen Ausgleich mit zwei Qualitätsniveaus (DZV und ÖQV)

Biodiversitätsbeiträge mit drei Qualitätsniveaus (DZV, ÖQV und ÖQV+) auf der LN und im Sömmerungsgebiet Gleich hohe Beiträge in allen Zonen für höhere Qualitätsniveaus (ÖQV und ÖQV+)

Degressive Beitragsausgestaltung mit zunehmender Erschwernis nach Zonen Beitrag für die Vernetzung Degressive Beitragsausgestaltung mit zunehmender Erschwernis nach Zonen

Beitrag für die Vernetzung; Vereinfachung durch Definition von Standardmassnahmen Gleich hohe Beiträge in allen Zonen

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit den Änderungen wird gegenüber heute der Akzent verstärkt auf die Qualität der BFF gelegt. Da die Veränderungsprozesse im Bereich Biodiversität langsam ablaufen, ist ein sukzessives Vorgehen angezeigt. Mit der Erhöhung der Anreize und der spezifischeren Ausrichtung auf weitere Flächen soll die Qualität der BFF verbessert werden. Die Ausweitung der Biodiversitätsförderung auf das Sömmerungsgebiet und auf weitere heute nicht beitragsberechtigte Objekte bietet den Landwirten und Landwirtinnen die Gelegenheit, weitere spezifisch auf ihre Betriebssituation ausgerichtete Massnahmen zu treffen. Mit Standardmassnahmen im Bereich Vernetzung wird der administrative Aufwand verringert.

Die Vorschläge zur Förderung der Biodiversität wurden in der Vernehmlassung mehrheitlich positiv aufgenommen. Die breit geforderte Aufhebung der Beitragsdegression mit zunehmender Erschwernis nach Zonen wird berücksichtigt, indem die Beiträge gemäss heutiger ÖQV in allen Zonen gleich hoch angesetzt werden. Aufgrund der breit geforderten Vereinfachung des heutigen Systems wird auf den einmaligen Aufwertungsbeitrag verzichtet. Mit den gezielten permanenten Beiträgen für Qualität und Vernetzung besteht ein genügend hoher Anreiz für die Landwirte 2214

und Landwirtinnen, an den entsprechenden Programmen teilzunehmen. Die Möglichkeit der qualitativen Aufwertung von BFF im Rahmen der Ressourcenprogramme nach den Artikeln 77a und 77b LwG wird geprüft. Zudem werden Aufwertungen und Artenförderungsmassnahmen nach wie vor im Rahmen des NHG unterunterstützt.

2.3.8

Landschaftsqualitätsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Landwirtschaft trägt in hohem Mass zur Vielfalt und Qualität der Schweizer Kulturlandschaft bei. Landschaftliche Vielfalt ist für die Gesellschaft wichtig, weil sie neben ökologischen auch viele soziale und ökonomische Funktionen wahrnimmt.

Bedingt durch den landwirtschaftlichen Strukturwandel und die intensive Raumnutzung findet in der Schweiz ein schleichender Verlust an landschaftlicher Vielfalt statt (vgl. Ziff. 1.1.2).

Bisher konnte regionalen Anliegen betreffend der spezifischen Pflege und Förderung von vielfältigen Landschaften lediglich dann Rechnung getragen werden, wenn die Förderung der Artenvielfalt im Vordergrund stand. Für qualitative Landschaftsleistungen bestanden insgesamt nur punktuelle Anreize als Nebeneffekte allgemeiner Direktzahlungen, wie die Beiträge für Rebbau in Terrassen- oder Hanglagen, oder ökologischer Direktzahlungen, der Beitrag für Hochstamm-Feldobstbäume. Diese indirekte Förderung vermag aber den Verlust an landschaftlicher Vielfalt nicht aufzuhalten. Vorwiegend ästhetisch begründete Landschaftsleistungen konnten hingegen nicht gezielt unterstützt werden (z.B. Wytweiden, Bergackerbau, Kastanienselven, Erholungslandschaften).

Zwar bestehen in vielen Gemeinden und Regionen landschaftliche Zielsetzungen wie Landschaftsentwicklungskonzepte (LEK). Darauf ausgerichtete Massnahmen im Bereich Landwirtschaft wurden jedoch vielfach nicht umgesetzt, weil entsprechende Leistungen nicht mit Beiträgen gefördert werden konnten.

Beantragte Neuregelung Mit den Landschaftsqualitätsbeiträgen soll die Vielfalt der Kulturlandschaften gefördert oder dem Verlust der Landschaftsvielfalt entgegengewirkt werden. In Zukunft werden auf regionale Initiative hin qualitative Landschaftsleistungen gezielt unterstützt. Dabei soll an bestehende Konzepte angeknüpft werden, damit entsprechende Massnahmen ohne grossen zusätzlichen Planungsaufwand umgesetzt werden können.

Die Kantone erhalten die Möglichkeit, in eigener Initiative Landschaftsentwicklungsziele und Massnahmen festzulegen, diese auf den Landwirtschaftsflächen zu konkretisieren und mit Bewirtschaftern und Bewirtschafterinnen vereinbarte Leistungen massgeschneidert zu fördern.

Förderung landschaftlicher Vielfalt Mit Landschaftsqualitätsbeiträgen sollen neu die gezielte Pflege traditioneller
Kulturlandschaften, die Aufwertung von landschaftlich wenig attraktiven Kulturlandschaften sowie landschaftsbezogene Leistungen der Landwirtschaft in Zusammenhang mit neuen gesellschaftlichen Ansprüchen der Bevölkerung an die Kultur2215

landschaft namentlich in periurbanen Räumen (Erholung, Freizeit) gefördert werden.

Durch die Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten wird ein Beitrag dazu geleistet, die landschaftliche Vielfalt und Attraktivität der Schweiz zu erhalten.

Den Landschaftsqualitätsbeiträgen liegen folgende Prinzipien zugrunde: ­

Regionale Initiative und Freiwilligkeit: Projekte werden nicht verordnet, sondern beruhen auf regionaler Initiative. Landwirtinnen und Landwirte, die Bevölkerung, Gemeinden und der Kanton realisieren ein Projekt gemeinsam.

Die Beteiligung ist für die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter freiwillig.

­

Verwendung bestehender Grundlagen: Bereits erarbeitete Landschaftsziele und bestehende Konzepte sind zu berücksichtigen. Falls sie in ausreichender Qualität vorliegen, erübrigt sich die projektbezogene Erarbeitung von Zielen.

­

Einzigartigkeit: Die landschaftlichen Ziele und Massnahmen werden für eine bestimmte Region erarbeitet. Sie sind nicht unbesehen auf andere Regionen übertragbar.

­

Sektorübergreifende und überbetriebliche Zielsetzung: Die Erarbeitung von Zielen für Landschaftsqualität erfolgt sektorübergreifend (Einbezug von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, Gewässer, Wald usw.) und hinsichtlich der Landwirtschaft überbetrieblich.

­

Finanzieller Anreiz: Die Bauern und Bäuerinnen, die vereinbarte Pflegeleistungen erbringen, erhalten als Ausgleich für den Zusatzaufwand oder einen allfälligen Minderertrag Landschaftsqualitätsbeiträge.

­

Befristung/Evaluation: Die gesamtbetrieblichen Bewirtschaftungsvereinbarungen sind zeitlich befristet. Die Leistungen werden am Ende der Vertragsperiode evaluiert und es besteht die Möglichkeit, die Verträge zu verlängern.

Pilotprojekte Im Hinblick auf die Ausarbeitung der Verordnung und entsprechender Vollzugshilfen hat das BLW in den Franches-Montagnes, im Unterengadin, in der Plaine de l'Orbe und im Aargauer Limmattal Pilotprojekte lanciert. Ziel ist es, das Beitragskonzept an Standorten mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu konkretisieren.

Fokus: Vernetzung und Landschaftsqualität ­ zwei Ziele, analoger Prozess Mit der Vernetzung als Teil der Biodiversitätsbeiträge und den Landschaftsqualitätsbeiträgen bestehen neu zwei projektbezogene Instrumente, denen unterschiedliche Zielsetzungen zugrunde liegen. Zur Erreichung der Verfassungsziele ist es entscheidend, dass beide Instrumente weiterverfolgt werden. Gemeinsam ist Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekten, dass deren Grundlagen in einem Bottom-up-Prozess erarbeitet werden. Auch bei der Umsetzung gibt es Parallelen. Damit den verschiedenen Akteuren (Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen, Vollzugsstellen) keine unnötigen Mehraufwände entstehen, sind die Synergien soweit als möglich zu nutzen und die Beitragskonzepte kompatibel auszugestalten.

Dies betrifft bei der Erarbeitung der Grundlagen die regionale Initiative, die Rolle regionaler Trägerschaften und der Kantone, die Einbindung der Bewirt2216

schafter und Bewirtschafterinnen sowie die Überbetrieblichkeit. Bei der Kontrolle sind die Laufdauer der Vereinbarungen, deren Evaluation und die Verlängerung aufeinander abzustimmen.

Neben den Übereinstimmungen beim Prozess gibt es auch bei den Zielen und Massnahmen Berührungspunkte und Überschneidungen, denen Rechnung zu tragen ist: Insbesondere im Bereich traditioneller Kulturlandschaften bestehen Synergien zwischen Zielen der Lebensraumvielfalt und landschaftsästhetischen Ansprüchen beispielsweise bei Hecken, Feldobstbäumen oder extensiven Wiesen. Eine Differenz zwischen den beiden Instrumenten besteht bei der Festlegung der Beitragshöhe pro Objekt. Während diese bei der Vernetzung vom Bund zur Erzielung der gewünschten Anreize vorgegeben wird, erfolgt bei den Landschaftsqualitätsbeiträgen die Festlegung der Beitragshöhe projekt- und kostenbezogen durch den Kanton.

Beiträge für die Vernetzung und Landschaftsqualitätsbeiträge sollen entweder einzeln ausgerichtet oder modular kombiniert werden können. Konkret kann eine Region mit einem bestehenden Vernetzungsprojekt ergänzende Landschaftsqualitätsziele definieren und mit einem bescheidenen Zusatzaufwand entsprechende Massnahmen umsetzen. Regionen, die heute noch keine Vernetzungsprojekte aufweisen, können in einem abgestimmten Prozess Vernetzung und Landschaftqualität gleichzeitig in Angriff nehmen. Als dritte Variante kann auch ein bereits realisiertes Landschaftsqualitätsprojekt zu einem späteren Zeitpunkt durch ein Vernetzungsprojekt ergänzt werden.

Beitragskonzept Einheitsbeitrag: Für die beitragsberechtigte Fläche beziehungsweise den Normalbesatz der vertragnehmenden Betriebe wird ein Einheitsbeitrag pro Hektare beziehungsweise pro Normalstoss ausgerichtet. Der Kanton finanziert die vertragsbasierten, leistungsbezogenen Zahlungen an die Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen aus der Gesamtsumme der Einheitsbeiträge im Projektperimeter. Der Einheitsbeitrag wird zu 80 Prozent durch den Bund getragen. Die Restfinanzierung von 20 Prozent wird durch den Kanton sichergestellt.

Beitragsverteilung: Die Bestimmung der Höhe des Beitrags für einen bestimmten Leistungstyp oder für eine allfällige Ertragsminderung aufgrund eines bestimmten Massnahmentyps erfolgt projektbezogen durch den Kanton. Die spezifischen Beiträge sind Ergebnis einer an den
verschiedenen vertraglich vereinbarten Leistungen ausgerichteten aufwandbezogenen Verteilung des Einheitsbeitrags. Sie können für Leistungen des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der Sömmerungsfläche und der angrenzenden Betriebsfläche ausgerichtet werden.


Einführung von Art. 74 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit diesem Beitragstyp wird eine Lücke im heutigen Instrumentarium geschlossen.

Landschaftsqualitätsbeiträge ermöglichen die gezielte Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften mit ihren spezifischen regionalen Eigenheiten. Es wird die Möglichkeit geschaffen, auf bestehende oder in einer Region erarbeitete Konzepte abgestützt Landschaftsleistungen der Landwirtschaft 2217

umfassend zu fördern. Mit den Landschaftsqualitätsbeiträgen kann zudem ein beachtlicher Mehrwert für die Regionen geschaffen werden.

Da vom Parlament gefordert und von der Mehrheit der Kantone begrüsst, sollen die Landschaftsqualitätsbeiträge eingeführt werden. Der Forderung nach schlanken Ausführungsbestimmungen kann über drei Achsen Rechnung getragen werden: Erstens sollen bestehende Grundlagen ohne einschneidende Zusatzanforderungen als Basis für Landschaftsqualitätsbeiträge verwendet werden können, zweitens kann die Beteiligung der Bevölkerung stellvertretend auch durch Behörden erfolgen und drittens sollen Vernetzung und Landschaftsqualitätsbeiträge im Hinblick auf eine einfache Koordination beider Instrumente kompatibel ausgestaltet werden.

Obwohl von einer Minderheit der Kantone bestritten, ist ein finanzielles Engagement der Kantone zielführend, da ihnen mit der regionalisierten Ausgestaltung der Landschaftsqualitätsbeiträge ein beachtlicher Spielraum gewährt wird und die Region auch stark von den Landschaftsleistungen profitiert (z.B. direkter landschaftsästhetischer Nutzen für die lokale Bevölkerung oder Vorteil im Standortwettbewerb). Angesichts der finanziellen Entlastung im Bereich der Biodiversität entstehen den Kantonen mit der Kofinanzierung der Landschaftsqualitätsbeiträge insgesamt keine Zusatzkosten.

Landschaftsqualitätsbeiträge sind Direktzahlungen. Deshalb können sie nicht zur Finanzierung von Grundlagenarbeiten und Projektkosten verwendet werden, wie das in verschiedenen Stellungnahmen gefordert wurde. Es soll jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, Landschaftsqualitätsprojekte wie andere regionale Projektinitiativen mit Coaching-Beiträgen namhaft zu unterstützen.

Im Hinblick auf eine fachliche Diskussion der Ergebnisse der Pilotprojekte wurde eine breit abgestützte Begleitgruppe eingesetzt. Nach Abschluss der Bewirtschaftungsvereinbarungen in den Pilotprojekten prüft das BLW zudem, ob eine provisorische Fassung des Leitfadens den Kantonen zur Verfügung gestellt werden kann.

2.3.9

Produktionssystembeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit besonders naturnahen, umwelt- und tierfreundlichen Produktionsformen nach Artikel 104 Absatz 3 Buchstabe b BV trägt die Landwirtschaft zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zum Tierwohl bei. Heute werden besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen mit Beiträgen für den biologischen Landbau, die extensive Produktion von Getreide und Raps und das Tierwohl im Rahmen der Programme BTS und RAUS gefördert.

Mit den Beiträgen für biologischen Landbau werden Betriebe gefördert, die nach den Grundsätzen der Bio-Verordnung vom 22. September 1997143 wirtschaften.

Zentrale Anforderung an Biobetriebe ist, dass sie gesamtbetrieblich auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Produktionsmitteln wie Stickstoffkunstdünger und Pflanzenschutzmittel verzichten. So trägt der Biolandbau dazu bei, dass in der landwirtschaftlichen Produktion insgesamt weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden und geringere N- und P-Verluste auftreten. Im Jahr 2010 wurden 5600 143

SR 910.18

2218

Betriebe nach den Grundsätzen des biologischen Landbaus bewirtschaftet. Diese Betriebe bewirtschaften eine Fläche von 110 000 Hektaren, was rund 11 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht. Im Jahr 2010 ist der Markt für biologische Produkte in der Schweiz gegenüber dem Vorjahr um 6,1 Prozent auf 1,6 Mrd.

Franken gewachsen. Damit liegt die Schweiz, was den Pro-Kopf-Konsum von biologisch erzeugten Lebensmitteln anbelangt, nach Dänemark weltweit auf Rang 2.

Die Bio-Inlandproduktion vermag jedoch nur teilweise mit dem Nachfragewachstum mitzuhalten, weshalb der Import von biologisch erzeugten Produkten insbesondere im Bereich Pflanzenbau laufend zunimmt.

Die Beiträge für die extensive Produktion von Getreide und Raps fördern den Anbau von Getreide und Raps unter Verzicht auf Wachstumsregulatoren, Fungizide, chemisch-synthetische Stimulatoren der natürlichen Abwehrkräfte und Insektizide. Mit der Einführung des Programms Anfang der Neunzigerjahre ist die Wirkstoffmenge der in der Schweiz verkauften Pflanzenschutzmittel gesunken, was insbesondere bei den Insektiziden in direktem Zusammenhang mit dem Extensoprogramm steht.

Neben dem reduzierten Pflanzenschutzmitteleinsatz wird im Extensoanbau von Getreide und Raps tendenziell auch weniger Stickstoffmineraldünger eingesetzt.

Der Trend bei der Wiederkäuerfütterung geht in Richtung eines verstärkten Kraftfuttereinsatzes. Dadurch droht ein strategischer Wettbewerbsvorteil der Schweizer Milch- und Fleischproduktion langfristig verloren zu gehen. Einzig im Rahmen der Beiträge für den biologischen Landbau besteht heute ein Anreiz für einen möglichst hohen Raufutteranteil in der Wiederkäuerfütterung.

Die Förderung des Tierwohls über die Direktzahlungsprogramme BTS und RAUS hat sich bewährt. Zudem zeigt der Anreiz eines um 20 Prozent erhöhten Ansatzes der Investitionshilfepauschale pro GVE für den Bau von BTS-Ställen ebenfalls die gewünschte Wirkung. Es besteht weder bei den beiden Tierwohlprogrammen noch beim System der Investitionshilfezuschläge Handlungsbedarf für instrumentelle Änderungen.

Beantragte Neuregelung Die heutigen Programme zur Förderung besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen haben sich bewährt. Diese Produktionsformen sollen deshalb auch künftig mit sogenannten Produktionssystembeiträgen gefördert werden. Die Produktionssystembeiträge setzen sich aus drei Teilbeiträgen zusammen: ­

Beitrag für gesamtbetriebliche Produktionsformen;

­

Beitrag zur Förderung teilbetrieblicher Produktionsformen in der Pflanzenund Tierproduktion;

­

Tierwohlbeiträge.

Ein zentrales Merkmal der Produktionssystembeiträge ist deren Wechselwirkung mit dem Markt. In vielen Fällen bestehen im Bereich von spezifischen durch den Bund geförderten Programmen entsprechende private Labels. Dadurch erhöht sich die Anreizwirkung für die Produzentinnen und Produzenten, weil einerseits ein Mehrwert auf dem Markt erzielt wird und andererseits zusätzliche Direktzahlungen generiert werden können.

2219

Beitrag für gesamtbetriebliche Produktionsformen wie den Biolandbau Der Biolandbau verkörpert in umfassender Weise ein gesamtbetriebliches Produktionssystem. Untersuchungen zeigen, dass der Biolandbau überdurchschnittlich stark zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen beiträgt144. So führt die Bewirtschaftung gemäss den Anforderungen des Biolandbaus zu einer Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und verbessert das Wasserrückhaltevermögen der Böden sowie den Humusaufbau ­ verbunden mit einer Bindung von Kohlenstoff im Boden. Auch die Biodiversität profitiert wesentlich von dieser Produktionsform. Die Förderung des Biolandbaus soll deshalb weitergeführt werden, wobei die bisherige Abstufung des Beitrags nach Nutzungsart (Spezialkulturen, übrige offene Ackerfläche sowie übrige LN) beibehalten wird. Aufgrund der nach wie vor zunehmenden Importmengen insbesondere im pflanzenbaulichen Bereich sollen die Beitragsansätze für offene Ackerfläche und Spezialkulturen noch einmal substanziell erhöht werden (vgl.

Ziff. 4.5.3).

Die gesetzliche Grundlage ist so formuliert, dass auf künftige Herausforderungen reagiert werden kann. Sie ermöglicht es, neben dem Biolandbau weitere gesamtbetriebliche Produktionssysteme wie die integrierte Produktion oder besonders klimafreundliche Produktionsformen zu unterstützen. Solche Produktionssysteme sollen sich jedoch durch Eigeninitiative der Akteure etablieren und primär auf dem Markt einen Mehrwert erzielen. Momentan geht es darum, die Wissensbasis zu erweitern und die gesamtbetrieblichen Produktionssysteme weiterzuentwickeln (z.B. bezüglich klimaschonende Landwirtschaft). Zu gegebener Zeit können auf Verordnungsstufe entsprechende Förderinstrumente vorgeschlagen werden.

Beitrag für teilbetriebliche Produktionsformen in der Pflanzen- und Tierproduktion Im Pflanzenbau wird die heutige Förderung der extensiven Produktion von Getreide und Raps unter vollständigem Verzicht auf den Einsatz von Wachstumsregulatoren, Fungiziden, Insektiziden und chemisch-synthetischen Stimulatoren der natürlichen Abwehrkräfte weitergeführt. Die rechtliche Grundlage bietet die Möglichkeit, weitere teilbetriebliche Produktionsformen des Pflanzenbaus zu fördern, sofern diese nachweislich besonders naturnah und umweltfreundlich sind.

Als teilbetrieblicher Ansatz in der Tierproduktion soll die
graslandbasierte Milchund Fleischproduktion gefördert werden. Von diesem Programm profitieren Betriebe, die den Futterbedarf überwiegend durch Gras, Heu, Emd und Grassilage decken. Wie der Systemvergleich Hohenrain zeigt, schneidet die Milchproduktion mit geringem Kraftfuttereinsatz und hohem Weideanteil bei den meisten ökologischen Indikatoren je Kilogramm Milch besser ab als die kraftfutterintensive Stallhaltung145. Die Förderung der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion kann zudem einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätsstrategie leisten. Gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten können nebst dem ernährungsphysiologisch interessanten Fettprofil auch die Stärkung der einheimischen Produktion sowie die wiederkäuergerechte Ernährung mit geringerem Kraftfuttereinsatz ausgelobt werden.

Privaten Labels steht es offen, diesen Ansatz als Grundlage für eigene Anforderungen zu verwenden.

144

Niggli U. et al. (2009): Gesellschaftliche Leistungen der biologischen Landwirtschaft, Fibl, Frick.

145 Sutter M. (2011): Vergleich der Ökobilanzen von stall- und weidebasierter Milchproduktion, SHL, Zollikofen.

2220

Tierwohlbeiträge Die Tierwohlprogramme BTS und RAUS werden instrumentell ohne Änderung weitergeführt. Je nach Tierkategorie variiert die Beteiligungsrate erheblich (vgl.

Ziff. 1.1.2). Der Hauptgrund für die bei bestimmten Tierkategorien geringe Beteiligung ist insbesondere bei BTS dabei nur zu einem geringen Teil auf die Höhe des Beitrags zurückzuführen. Folglich würde eine Erhöhung des Beitrags bei den meisten Tierkategorien mit geringer Beteiligung kaum zu einer wesentlichen Erhöhung der Beteiligungsrate führen. Für Tierkategorien mit Ziellücken, bei denen effektiv ein Potenzial zur Erhöhung der Beteiligungsraten besteht, sollen die Beitragsansätze indes erhöht werden. Diese Voraussetzung ist beim RAUS-Programm erfüllt, weshalb hier die Beitragsansätze für die meisten Kategorien leicht erhöht werden (vgl.

Ziff. 4.5.3).


Einführung von Art. 75 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Tabelle 20 Beiträge zur Förderung besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Beitrag für den biologischen Landbau

Beitrag für gesamtbetriebliche Produktionsformen wie den Biolandbau

Beitrag für die extensive Produktion von Getreide und Raps

Beitrag für teilbetriebliche Produktionsformen in der Pflanzen- und Tierproduktion wie die: ­ extensive Produktion von Getreide und Raps ­ graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion

Beitrag für besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS) und für den regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS)

Keine Änderung

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die bereits bestehenden Programme zur Förderung besonders naturnaher, umweltund tierfreundlicher Produktionsformen haben sich bewährt und sollen weitergeführt und gezielt ausgebaut werden. Die neu vorgesehene Fördermöglichkeit für die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion soll dazu beitragen, den Einsatz von Kraftfutter in der Wiederkäuerproduktion zu begrenzen, den Wettbewerbsvorteil im Bereich der Raufutterveredlung langfristig zu sichern und die Qualitätsstrategie zu unterstützen.

Aufgrund der mehrheitlich positiven Rückmeldungen und entsprechender Forderungen soll das Programm zur Förderung einer graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion konkretisiert werden. Verschiedene Vernehmlasser haben sich dabei für strenge Zulassungsbedingungen ausgesprochen, verbunden mit der Forderung, die damit einhergehenden Produktionsauflagen mit angemessenen Beiträgen zu honorieren.

2221

Um künftige Herausforderungen aufnehmen zu können, sollen die rechtlichen Grundlagen für entsprechende Programmerweiterungen geschaffen werden. Aufgrund der engen Verknüpfung solcher Produktionsformen mit privaten Labels ist es wichtig, dass damit auf dem Markt ein Mehrerlös generiert werden kann.

In der Vernehmlassung kam breit zum Ausdruck, dass die Leistungen des Biolandbaus als hoch erachtet werden und dass die Nachfrage nach Bioprodukten möglichst über eine einheimische Produktion gedeckt werden soll. Die Forderung der Vernehmlasser, die Bio-Beiträge insbesondere in Bereichen mit Marktpotenzial noch zu erhöhen, wird berücksichtigt.

Insbesondere von Seiten des Tierschutzes wurde eine deutliche Erhöhung der Tierwohlbeiträge gefordert. Diesem Anliegen wird mit der Erhöhung der RAUSBeiträge Rechnung getragen.

2.3.10

Ressourceneffizienzbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Zielsetzungen zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen werden über verschiedene Massnahmen gefördert. Der ÖLN trägt wesentlich dazu bei, dass die natürlichen Ressourcen nachhaltig genutzt werden. Auf der Seite der Förderinstrumente wirkt sich die Umstellung von tierbezogenen Beiträgen auf flächenbezogene Versorgungssicherheitsbeiträge mit Mindesttierbesatz (vgl. Ziff. 2.3.6) insbesondere in den ökologisch sensiblen Gebieten positiv auf die Umwelt aus.

Spezifische Instrumente zur Verbesserung der effizienten Nutzung von Ressourcen bestehen heute im Rahmen der Artikel 77a und 77b LwG zur regionalen oder branchenspezifischen Förderung der nachhaltigen Nutzung von natürlichen Ressourcen und im Rahmen von Artikel 62a GSchG zur regionalen Reduktion von übermässigen Gewässerbelastungen.

Bei der Umsetzung der Ressourcenprojekte hat sich gezeigt, dass durch die Regionalisierung teilweise ein unnötiger Verwaltungsaufwand entsteht. Es fehlt die Möglichkeit, Techniken, die sich flächendeckend anwenden lassen, auf nationaler Ebene zu fördern.

Beantragte Neuregelung Als zusätzliches Element sollen Ressourceneffizienzbeiträge eingeführt werden.

Damit können auf nationaler Ebene die nachhaltige Nutzung der für die landwirtschaftliche Produktion benötigten Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft sowie der effiziente Einsatz der eingesetzten Produktionsmittel wie Stickstoff, Phosphor, Pflanzenschutzmittel oder Energie gefördert werden. Das neue Instrument leistet einen wesentlichen Beitrag zur breitflächigen Einführung von zielführenden ressourcenschonenden Techniken. Da die Förderung national erfolgt, ist der Vollzugsaufwand geringer als bei den bisherigen projektbezogenen Ressourcenprogrammen nach den Artikeln 77a und 77b LwG. Der Bund übernimmt 100 Prozent der Beiträge. Diese können im Gegensatz zum Beitrag nach den Artikeln 77a und 77b LwG flächendeckend von allen Betrieben beantragt werden.

2222

Es sollen technische Massnahmen gefördert werden, die basierend auf wissenschaftlichen Grundlagen einen Beitrag zur effizienteren oder nachhaltigeren Nutzung der Ressourcen und der Produktionsmittel leisten. Die Massnahmen müssen praxistauglich und umsetzbar sein. Sie werden befristet gefördert. Die Teilnahme der Landwirte an den Massnahmen ist freiwillig.

Die Massnahme muss nach Ablauf der Förderung weitergeführt werden. Dies kann dadurch sichergestellt werden, dass die Anwendung der entsprechenden Technik als gute landwirtschaftliche Praxis nach Ablauf der Förderung im ÖLN rechtlich verankert wird. Im Sinn von stabilen und voraussehbaren Rahmenbedingungen muss dies frühzeitig kommuniziert und mit einer entsprechenden Übergangsfrist umgesetzt werden.


Einführung von Art. 76 LwG

Übersicht über die Änderungsvorschläge Tabelle 21 Beiträge zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen im Vergleich Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14­17

Beitrag für die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen nach den Art. 77a und 77b LwG (regional/branchenspezifisch, keine DZ gemäss LwG)

Keine Änderung

Beitrag für den Gewässerschutz nach Art. 62a GSchG (keine DZ gemäss LwG)

Keine Änderung

Kein spezifischer Beitrag

Ressourceneffizienzbeiträge (national, DZ gemäss LwG)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit dem neuen Instrument können ökologische Ziellücken effizient mit einem administrativ vereinfachten Verfahren verringert werden.

Die national ausgerichteten Ressourceneffizienzbeiträge fanden in der Vernehmlassung in der vorgeschlagenen Konzeption eine breite Unterstützung. Weitergehende Forderungen, wie eine Ausweitung der Beiträge auf das Sömmerungsgebiet oder eine automatische Übernahme in den ÖLN nach Abschluss der zeitlich befristeten Förderung, sollen zum jetzigen Zeitpunkt nicht aufgenommen werden. Vor einer Ausdehnung von national ausgerichteten Ressourceneffizienzbeiträgen auf das Sömmerungsgebiet müsste ein solches Programm zuerst im Rahmen der Artikel 77a und 77b LwG geprüft würden.

2223

2.3.11

Übergangsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gemäss OECD haben vollständig von der Produktion beziehungsweise von Produktionsfaktoren entkoppelte Zahlungen die beste Einkommenswirkung146. Im heutigen System erfolgt die Einkommenssicherung jedoch insbesondere über flächenbezogene Direktzahlungen (allgemeiner Flächenbeitrag). Das führt insbesondere im Talgebiet zu einem unerwünschten Anreiz, die Flächen selber zu bewirtschaften.

Mangelnde Flächenverfügbarkeit, überhöhte Pachtpreise und eine hemmende Wirkung auf die Strukturentwicklung sind die Folge davon. In den höheren Zonen reduziert sich dieser negative Nebeneffekt des allgemeinen Flächenbeitrags, da er dort in zunehmendem Mass zur Zielerreichung bezüglich Offenhaltung beiträgt (vgl.

Ziff. 2.3.5).

Beantragte Neuregelung Mit der Einführung von Übergangsbeiträgen wird die bisherige einkommenssichernde Komponente des allgemeinen Flächenbeitrags von der Fläche entkoppelt.

Damit sollen die durch den Systemwechsel verursachten Umverteilungen reduziert und so ein sozialverträglicher Übergang sichergestellt werden. Der Übergangsbeitrag ist an den Betrieb gebunden und damit von der Produktion beziehungsweise von Produktionsfaktoren wie Fläche und Tierzahl entkoppelt. Bei Übergaben von ganzen Betrieben werden auch die Übergangsbeiträge weitergegeben. Bei der Auflösung von Betrieben und der Aufteilung der Flächen auf andere Betriebe (z.B.

parzellenweise Verpachtung) entfallen die Übergangsbeiträge. Ein Teil der Mittel aus dem allgemeinen Flächenbeitrag wird ausserdem direkt zu den leistungsbezogenen Direktzahlungen umgelagert, um bestehende Ziellücken zu schliessen (vgl.

Ziff. 4.5.3).

Für die Festlegung der einzelbetrieblichen Höhe der Übergangsbeiträge wird als Ausgangsbetrag die Differenz zwischen den bisherigen allgemeinen Direktzahlungen und den neuen Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträgen herangezogen. Die durchschnittlichen allgemeinen Direktzahlungen eines Betriebs werden auf der Basis der Betriebsstruktur der letzten drei Jahre vor dem Inkrafttreten der Änderung des LwG berechnet. Die Kürzungen nach Einkommen und Vermögen sowie Kürzungen nach Artikel 70 DZV werden nicht berücksichtigt. Die neuen Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträge werden ebenfalls auf Basis der Strukturen vor dem Systemwechsel berechnet. Es werden
dabei nur die Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträge (ohne Sömmerungsbeitrag) berücksichtigt. Dies ergibt einen individuellen Ausgangsbetrag pro Betrieb, der einmalig beim Systemwechsel festgelegt wird und sich anschliessend nicht mehr verändert.

Die Summe der einzelbetrieblichen Ausgangsbeträge für die ganze Schweiz wird in Relation zu den für die Übergangsbeiträge insgesamt verfügbaren Mitteln gesetzt.

Daraus resultiert ein Faktor, mit dem der Ausgangsbetrag pro Betrieb multipliziert wird. Entsprechend der insgesamt für die Direktzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel und der Zunahme des Mittelbedarfs bei den leistungsbezogenen Direktzahlungen werden die für die Übergangsbeiträge verfügbaren Mittel im Laufe der Zeit sinken. Dementsprechend wird der Faktor jährlich angepasst werden. Nach acht Jahren sollen die Mittel der Übergangsbeiträge vollständig in die leistungsbezogenen 146

OECD (2002): The Incidence and Transfer Efficiency of Farm Support Measures. Paris.

2224

Direktzahlungen überführt sein. Auf eine explizite Befristung im Gesetz soll jedoch verzichtet werden, da zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Gewissheit gesagt werden kann, wie schnell der Beteiligungszuwachs bei den leistungsbezogenen Direktzahlungen erfolgt.


Einführung von Art. 77 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Von bäuerlicher Seite wurde in der Vernehmlassung die ursprünglich für diesen Beitragstyp vorgeschlagene Bezeichnung «Anpassungsbeiträge» als ungeeignet beurteilt. Dieser Kritik wird mit der neuen Namensgebung Rechnung getragen. Mit den Übergangsbeiträgen wird die soziale Komponente des heutigen Direktzahlungssystems klar von den leistungsbezogenen Instrumenten getrennt und in einen eigenen, betriebsbezogenen Beitrag mit historischer Referenz umgelagert. Durch die Entkopplung eines massgeblichen Teils der Direktzahlungen von der Fläche wird sich die Flächenverfügbarkeit auf dem Pachtlandmarkt verbessern. Dies führt tendenziell zu sinkenden Pachtpreisen und verbessert die Transfereffizienz der eingesetzten Mittel. Ausserdem können mit den Übergangsbeiträgen die durch den Wechsel vom heutigen zum neuen Direktzahlungssystem verursachten Umverteilungen abgefedert werden.

Die konsequente personenbezogene Ausrichtung der Übergangsbeiträge wurde in der Vernehmlassung nur sehr schwach unterstützt. Mit der betriebsbezogenen Ausrichtung, welche die Übergabe des Beitrags bei der Betriebsübergabe ermöglicht, wird einem zentralen Anliegen aus der Vernehmlassung Rechnung getragen. Die Übergangsbeiträge sollen innerhalb von acht Jahren zu den leistungsbezogenen Beiträgen umgelagert werden. Damit wird dem breit geäusserten Anliegen nach klaren und absehbaren Rahmenbedingungen Rechnung getragen.

2.4

Soziale Begleitmassnahmen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Betriebshilfedarlehen Zinsfreie Betriebshilfedarlehen stellen ein Bereitschaftsinstrument dar und können gewährt werden, um bestehende Schulden umzuschulden, ausserordentliche finanzielle Belastungen zu überbrücken oder bei der Betriebsaufgabe rückerstattungspflichtige Beiträge oder Investitionskredite als Darlehen während mehrerer Jahre zu amortisieren. Der Bund stellt den Kantonen dafür finanzielle Mittel zur Verfügung.

Betriebshilfedarlehen stellen gemäss Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) eine Verbundaufgabe dar.

Um einem Kanton neue Bundesmittel gewähren zu können, muss dieser zuerst die gleiche Summe in den Fonds de Roulement einzahlen. Betriebshilfedarlehen und Investitionskredite haben für die Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin eine ähnliche Wirkung, zumal beide Darlehen zinsfrei und innert einer bestimmten Frist rückzahlbar sind. Nach Artikel 110 Absatz 2 LwG ist es möglich, nicht benötigte Investitionskredite für die Betriebshilfe zur Verfügung zu stellen, nicht aber umgekehrt. Dies begrenzt die Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung der beiden Fonds de Roulement.

2225

Umschulungsbeihilfen Die Umschulungsbeihilfen wurden gestützt auf eine Motion der WAK-N147 im Rahmen der AP 2007 beschlossen und auf den 1. Januar 2004 in Kraft gesetzt. Sie erleichtern für selbstständige in der Landwirtschaft tätige Personen den Wechsel in einen nichtlandwirtschaftlichen Beruf. Die Massnahme wurde zuerst befristet bis 2011 eingeführt. In der parlamentarischen Beratung der AP 2011 wurde die Befristung bis Ende 2015 verlängert. Die Umschulungsbeihilfen wurden bisher nur wenig beansprucht, weil die definitive Betriebsaufgabe für viele Bäuerinnen und Bauern einen einschneidenden Entscheid darstellt. Bei ungenügendem Einkommen wird vielfach der Zuerwerb ausgebaut und der Betrieb extensiv weiter bewirtschaftet.

Eine schrittweise Betriebsaufgabe scheint für viele risikoärmer zu sein. Gemäss einer Umfrage bei Landwirtinnen und Landwirten, welche die Umschulungshilfen beansprucht haben, wurde der Entscheid einer definitiven Betriebsaufgabe erst durch die Umschulungsbeihilfen ermöglicht148.

Beantragte Neuregelung Betriebshilfedarlehen Nach Artikel 110 Absatz 2 LwG ist es möglich, nicht benötigte Investitionskredite für die Betriebshilfe zur Verfügung zu stellen. Mit einer Änderung von Artikel 85 Absatz 3 LwG wird ermöglicht, dass vorübergehend nicht benötigte Bundesmittel der Betriebshilfe auch für Investitionskredite eingesetzt werden. Dadurch werden die Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung und der gezielte Mitteleinsatz verbessert.


Anpassung von Art. 85 Abs. 3 LwG

Umschulungsbeihilfen Die Befristung soll um vier Jahre bis Ende 2019 verlängert werden. Mit der Verlängerung erhalten ausstiegswillige Betriebsleiter und -leiterinnen oder ihre Ehepartner und -partnerinnen bis Ende 2017 die Möglichkeit, ein Gesuch zu stellen, um erleichtert eine qualifizierte ausserlandwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen zu können.

Weil die Umschulungsbeihilfen halbjährlich nachschüssig bezahlt werden, muss die Zahlungsmöglichkeit mindestens zwei Jahre länger dauern als die Gesuchsbewilligung. Das frei werdende Land ermöglicht bestehenden Betrieben im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich eine Ausdehnung ihrer Betriebsfläche und damit eine Strukturentwicklung.


Anpassung von Art. 86a Abs. 3 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die Anpassungsvorschläge sind in der Vernehmlassung auf eine grossmehrheitliche Zustimmung gestossen und praktisch unbestritten.

147

99.3207 Mo WAK-N, «Ausbildungs- und Umschulungsbeihilfen an Landwirte», 18. Mai 1999.

148 Agrarbericht 2009 des BLW, S. 72­84. Der Agrarbericht 2009 ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumention > Publikationen > Agrarbericht 2011

2226

2.5

Strukturverbesserungen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Staatliche Investitionshilfen unterstützen die Anpassung der Betriebe und der landwirtschaftlichen Infrastrukturen an die sich ändernden Rahmenbedingungen und Anforderungen, mit dem Ziel, die Produktionskosten zu senken, eine ökologische Produktion zu fördern und damit die Wettbewerbsfähigkeit einer nachhaltig produzierenden Landwirtschaft zu stärken. Die Mittel werden zu einem grossen Teil im Berg- und Hügelgebiet eingesetzt und leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse im ländlichen Raum. Die Erfahrungen mit den Gesetzesbestimmungen der AP 2002 sowie den Erweiterungen des Instrumentariums im Bereich der Strukturverbesserungen im Rahmen der AP 2007 und AP 2011 sind durchwegs positiv: ­

Die Möglichkeit zur Unterstützung der Diversifizierung der Tätigkeit im landwirtschaftlichen und landwirtschaftsnahen Bereich führt zu einer erhöhten Flexibilität sowie zu mehr unternehmerischem Freiraum.

­

Die Beiträge für die periodische Wiederinstandstellung von Bodenverbesserungen ermöglichen eine gezielte Unterstützung zur Substanzerhaltung von kulturtechnischen Bauten und Anlagen.

­

Die Möglichkeit zur Unterstützung von Projekten zur regionalen Entwicklung und zur Förderung von einheimischen und regionalen Produkten stösst bei landwirtschaftlichen und regionalen Projektträgern auf grosses Interesse und erleichtert den Aufbau sektorübergreifender Wertschöpfungsketten.

­

Die Erweiterung der Unterstützung für gemeinschaftliche Bauten zur Vermarktung in der Region erzeugter Produkte, für gemeinschaftliche Anlagen zur Energiegewinnung aus Biomasse und für die Gründung bäuerlicher Selbsthilfeorganisationen bringt zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten für die bäuerlichen Betriebe.

­

Die Erweiterung der Investitionshilfen für Spezialkulturen verbessert die einzelbetriebliche Wettbewerbsfähigkeit.

­

Mit der Einführung der Unterstützung von gewerblichen Kleinbetrieben im Berggebiet wurde ein weiterer Schritt in Richtung EU-kompatibler Instrumente gemacht.

­

Aus administrativer Sicht haben sich das neue Beitragssystem in Folge der NFA sowie die Möglichkeit für den Abschluss von Vereinbarungen (anstelle von Verfügungen) bisher bewährt.

Mit der nun verfügbaren breiten Palette an Instrumenten im Bereich der Strukturverbesserungen und der ländlichen Entwicklung kann insgesamt ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums erzielt werden. In einem volatileren und dynamischeren Umfeld gewinnen Fragen zur Wirtschaftlichkeit, zur Widerstandsfähigkeit der Betriebe und zur Verschuldung der Landwirtschaft an Bedeutung. Das bestehende Konzept zur Unterstützung der Strukturverbesserungen und der ländlichen Entwicklung soll grundsätzlich beibehalten werden.

Speziell bei einzelbetrieblichen Investitionsentscheiden müssen jedoch Fragen der künftigen Rahmenbedingungen sorgfältig abgeklärt werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Zudem soll zur Senkung der Produktionskosten die überbetriebliche Zusammenarbeit zusätzlich gefördert werden.

2227

Es gilt, die Erweiterungen und Anpassungen der letzten Jahre speziell in der Verordnung so auszugestalten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe weiter zunimmt.

Zu diesem Zweck werden die Eintretenskriterien unter anderem für die einzelbetrieblichen Massnahmen überprüft sowie dem technischen Fortschritt und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Effizienz und Effektivität des Mitteleinsatzes werden dadurch laufend verbessert. Damit wird auch dem Subventionsbericht 2008 des Bundesrats vom 30. Mai 2008149 Rechnung getragen. Vordringlich ist aber eine ausreichende Ausstattung mit finanziellen Mitteln, damit die Instrumente ihre Wirkung entfalten können (vgl. Ziff. 4.5.1). Im Gesetz sind aus Sicht der bisherigen Erfahrungen einige punktuelle Anpassungen vorzunehmen, die zur Senkung der Produktionskosten beitragen, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe verbessern, die administrative Abwicklung erleichtern, den Rechtsschutz vereinheitlichen sowie die Wirkung der Instrumente und die Synergieeffekte mit der Raumentwicklung verstärken.

Beantragte Neuregelung Verbesserung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Senkung der Produktionskosten Investitionsentscheide haben für die Betriebe eine langfristige Wirkung. In jedem Fall ist sorgfältig abzuklären, ob eine einzelbetriebliche Investition auch unter Berücksichtigung der künftigen Rahmenbedingungen zielführend und finanziell tragbar ist. Die künftigen Preis- und Kostenstrukturen müssen in den Planungsrechnungen berücksichtigt sein. Um die Kostendegression grösserer Einheiten ausnützen zu können und die Flexibilität bei der Arbeitserledigung zu erhöhen, sind auch geeignete Zusammenarbeitsformen zu prüfen. Diese erfordern jedoch eine gute Vorbereitung und klare Vertragsbedingungen, damit die Zusammenarbeit nachhaltig erfolgreich sein kann. Innovative Kooperationen beinhalten auch Risiken, die mit einem Umsetzungsbeitrag reduziert werden können.

Die Voraussetzungen für einzelbetriebliche Massnahmen sollen deshalb erweitert werden, indem die Finanzierung und Tragbarkeit der vorgesehenen Investition unter Berücksichtigung der künftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausgewiesen sein müssen. Zudem sollen gemeinschaftliche Initiativen von Produzentinnen und Produzenten zur Senkung der Produktionskosten mit einem Anreizbeitrag gefördert werden.

Mit beiden Massnahmen wird die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der unterstützten Betriebe zusätzlich verbessert.


Anpassung von Art. 89 Abs. 1 Bst. d



Einführung von Art. 93 Abs. 1 Bst. e (neu)

Verfahren zur Feststellung der Wettbewerbsneutralität Nach Artikel 87 Absatz 2 LwG sind die Strukturverbesserungsmassnahmen in deren unmittelbarem Einzugsgebiet wettbewerbsneutral zu gestalten. Der Bundesrat bestimmt in Artikel 13 SVV, welche Massnahmen vor der Gewährung der Investitionshilfen im kantonalen Amtsblatt publiziert werden müssen. Bisher haben die Kantone die Wettbewerbsneutralität frühzeitig, allenfalls in einem Teilverfahren, festgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte in einem Streitfall fest, dass mit 149

BBl 2008 6229

2228

dem heute geltenden Gesetzestext der Kanton bei Investitionskrediten über dem Grenzbetrag die Wettbewerbsneutralität nicht abschliessend beurteilen darf und sich zudem der Rechtsweg bei der Gewährung von Beiträgen und Investitionskrediten teilt. Diese Gabelung des Rechtswegs im Rahmen desselben Projektes erschwert den Vollzug und schafft Rechtsunsicherheit. Die Wettbewerbsneutralität wird deshalb neu in Artikel 89a LwG mit einem präzisierten Wortlaut geregelt. Mit den ergänzenden Anpassungen der Artikel 97, 108 und 166 LwG wird das Verfahren zur Feststellung der Wettbewerbsneutralität präzisiert beziehungsweise bei der Gewährung von Beiträgen und Investitionskrediten harmonisiert.

Der neue Artikel 89a LwG bestimmt, dass der Kanton mit der Feststellung der Wettbewerbsneutralität beauftragt ist. Die Wettbewerbsneutralität der unterstützten Massnahmen ist gegenüber direkt betroffenen Gewerbebetrieben in der Region abzuklären. Diese Formulierung entspricht materiell der Regelung aus dem Jahre 2004. Speziell bei grossen Vorhaben ist es ökonomisch sinnvoll, dass die Wettbewerbsneutralität frühzeitig abschliessend geklärt werden kann. Dadurch kann ein unnötiger Planungs- und Verwaltungsaufwand verhindert werden. Ist die Wettbewerbsneutralität abschliessend geklärt und das Projekt rechtskräftig, entscheidet nach Artikel 97 Absatz 7 LwG das BLW über die Gewährung eines Bundesbeitrags und genehmigt nach Artikel 108 LwG den Investitionskredit. Artikel 166 Absatz 2 LwG regelt, dass alle Beschwerden den kantonalen Instanzenzug durchlaufen und damit auch die kantonalen Rechtsmittel in Anspruch genommen werden können. Die Unterscheidung, ob es sich um Beiträge oder Investitionskredite handelt, fällt damit weg.


Aufhebung von Art. 87 Abs. 2 LwG



Einführung von Art. 89a LwG (neu)



Anpassung der Art. 97 Abs. 1 und 7,. 108 Abs. 1bis (neu) und 2 sowie 166 Abs. 2 LwG

Landumlegungen im Kontext von Nutzungsplanungen Landumlegungen (Güterzusammenlegungen) sind ein multifunktionales Instrument zur Neuordnung des Grundeigentums in einem natürlich oder wirtschaftlich abgegrenzten Einzugsgebiet. Sie werden nicht nur im agrarischen Bereich zwecks Verbesserung der Bewirtschaftungsstrukturen (Arrondierung) eingesetzt, sondern kommen auch gestützt auf entsprechende Rechtsnormen in den Spezialgesetzen zur Beschaffung des Grundeigentums für öffentliche Werke wie Autobahnen, Eisenbahnen oder Gewässerrevitalisierungen zum Zuge. Im geltenden RPG (Art. 20) besteht ebenfalls eine Rechtsbasis für Landumlegungen; diese können von Amtes wegen angeordnet werden, wenn Nutzungspläne dies erfordern. Bisher fand dieses Instrument in der Raumplanung nur in wenigen Kantonen Beachtung und Verwendung.

Die Übereinstimmung von Planung und Grundeigentum ist aber eine wesentliche Voraussetzung zur Verflüssigung von Baulandreserven. Im Rahmen der laufenden Revision des RPG (vgl. Ziff. 1.2.9) werden verschiedene Massnahmen und Vorkehrungen zur Förderung der Verfügbarkeit von Bauland und zur Sicherstellung der Baureife von Parzellen angestrebt.

Die positiven Ansätze der Raumplanung zur Stärkung des Kulturlandschutzes sollen auch auf Seite des Agrarrechts flankiert werden. Deshalb soll die bestehende Möglichkeit zur Anordnung von Landumlegungen in Artikel 100 LwG auf Nutzungsplanungen (kommunal oder interkommunal) ausgedehnt werden, sofern ein 2229

massgebliches Interesse seitens der Landwirtschaft besteht. Mit dieser Änderung können Landumlegungen zur Förderung einer nachhaltigen Raumentwicklung sowohl von Seiten des Raumplanungs- als auch des Agrarrechts angeordnet werden.


Anpassung von Art. 100 LwG

Baukredite auch im Talgebiet Baukredite sind eine spezielle Form von Investitionskrediten, die bei grösseren gemeinschaftlichen Projekten im Berggebiet gewährt werden können. Mit einem Baukredit soll verhindert werden, dass die Bauherrschaft zur Aufnahme eines Bankkredits gezwungen wird, um die laufenden Rechnungen der Projektierungs- und Baukosten zu begleichen, bis die an das Projekt zugesicherten Bundes-, Kantonsund Gemeindebeiträge bei Teilzahlungen während der Arbeiten und bei der Schlussabrechnung ausbezahlt werden. Die maximale Laufzeit eines Baukredits beträgt drei Jahre. Als grössere Projekte gelten Bauvorhaben, für die ein Bundesbeitrag von mehr als 100 000 Franken gewährt wird. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Baukredite ein wirksames Instrument zur Überbrückung der Liquiditätsengpässe bei der Bauherrschaft (i.d.R. Meliorationsgenossenschaft) sind. Die Problematik des finanziellen Engpasses beschränkt sich aber nicht nur auf das Berggebiet. Auch bei grösseren Vorhaben im Talgebiet, wie umfassende Gesamtmeliorationen, besteht ein Bedarf für diese Übergangsfinanzierung. Deshalb sollen diese rückzahlbaren Baukredite künftig auch bei grösseren Projekten im Talgebiet gewährt werden können.


Anpassung von Art. 107 Abs. 2 LwG

Behördenbeschwerde bei Fruchtfolgeflächen Die föderale Struktur in unserem Land erweist sich für die Umsetzung längerfristiger Ziele in der Raumplanung als Hindernis. Für die Nutzungsplanung sind die Gemeinden zuständig, was dazu führt, dass Entscheide über Einzonungen meist nach kurzfristigen Überlegungen gefällt werden und man sich in der Zusammensetzung der Zonen (Wohn-, Freizeit-, Gewerbe- und Arbeitszonen, Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen) alle Optionen offen halten will. Die Gemeinden berufen sich dabei auf den kantonalen Richtplan, der in diesen Fragen aufgrund der ungefilterten Übernahme der Wünsche der Gemeinden und ungenügender Abwägung der Interessen häufig unpräzis ist.

Der Schutz der Fruchtfolgeflächen (FFF) ist ein wichtiges landwirtschaftliches Anliegen. Trotzdem sollen im Sinne einer weiterhin klaren Zuständigkeit keine Rechtsnormen der Raumplanung in die Landwirtschaftsgesetzgebung übernommen werden. Es soll jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, die korrekte Interessenabwägung bei der Beanspruchung der wichtigen Ressource Boden durch eine unabhängige Gerichtsinstanz überprüfen zu lassen. Dazu ist die Behördenbeschwerde geeignet. Sie soll im RPG spezifisch auf den genannten Tatbestand ermöglicht werden.

Es ist davon auszugehen, dass die Behördenbeschwerde bei Projekten angewendet wird, die grosse Flächen beanspruchen. Diese dürften nicht sehr zahlreich, jedoch wegweisend für das Verhalten der Akteure sein.


2230

Einführung von Art. 34 Abs. 3 RPG (neu)

Erleichterung von Bewirtschaftungsarrondierungen Um auf den nationalen und internationalen Märkten erfolgreich zu sein, ist die Landwirtschaft gefordert, ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu steigern. Ein wesentliches Element dazu ist die Senkung der Produktionskosten. Mittels der Neuordnung und der Arrondierung der Parzellen im Rahmen einer klassischen Güterzusammenlegung (Gesamtmelioration) können die Kosten nachhaltig gesenkt werden. In vielen Landesteilen wurden die Gesamtmeliorationen bereits vor einigen Jahrzehnten abgeschlossen. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ging jedoch weiter, was durch den im Durchschnitt hohen Pachtlandanteil zu einem erneuten Verbesserungspotenzial hinsichtlich Arrondierung geführt hat.

Deshalb steigt auch der Wunsch, in kürzeren Zeitabständen und mittels günstiger Verfahren optimale Bewirtschaftungsstrukturen zu schaffen. Gesucht sind damit neue Methoden und Instrumente zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur. In diesem Kontext von Interesse sind verschiedene Formen der Bewirtschaftungsarrondierung (freiwilliger Nutzungstausch, Pachtlandarrondierung, virtuelle Flurbereinigung, usw.). In Diplomarbeiten an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL)150 und an der ETH Zürich151 wurde aufgezeigt, dass die Bewirtschaftungsarrondierung (namentlich die Gewannebewirtschaftung) ein grosses Potenzial zur Senkung der Produktionskosten aufweist und im benachbarten Ausland verschiedenenorts erfolgreich praktiziert wird.

Trotz der ausgewiesenen wirtschaftlichen Potenziale und des Umstands, dass Pachtlandarrondierungen und weitere Formen der Arrondierung zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur mit Investitionshilfen gefördert werden können (Art. 14 Abs. 1 Bst. a und Art. 15 Abs. 1 Bst. g SVV), sind solche innovativen Modelle der Zusammenarbeit in der Schweiz wenig bis kaum verbreitet. Gründe für diese mangelnde Verbreitung liegen nur teilweise bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Ebenso sind dafür psychologische Aspekte wie das Ziel-Wertesystem der Landwirte und Landwirtinnen und die Organisation der bäuerlichen Familien verantwortlich.

Ansatzpunkte sind hier somit Aufklärungsarbeit und Beratung, die insbesondere durch kantonale Fachstellen und Beratungsdienste anzubieten sind.

Im Rahmen des vom Bundesnetzwerk «Ländlicher Raum» (ARE, SECO,
BAFU, BLW) unterstützten Modellvorhabens «Freiwillige Bewirtschaftungsarrondierung» in der Gemeinde Zuzgen AG zeigte sich, dass der Nutzen und der positive Effekt von Arrondierungen letztlich nur zum Tragen kommen kann, wenn innerhalb eines Perimeters eine Mehrheit oder am besten alle Bewirtschaftungsparzellen in das Verfahren einbezogen werden können. Den Kantonen wird deshalb empfohlen, im Rahmen von geplanten Revisionsarbeiten Verfahrensvorschriften für die Gründung und Unterstützung von Pachtlandarrondierungen in die kantonalen Ausführungsgesetze für Meliorationen einfliessen zu lassen.

In einer Überprüfung der rechtlichen Situation auf Stufe Bund wurden Einschränkungen im Bereich des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985152 über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) festgestellt, die Pachtlandarrondierungen und weitere Formen der Arrondierung zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur behindern 150

Schlatter M. (2003): Virtuelle Flurbereinigung und das wirtschaftliche Potential. Diplomarbeit, SHL Zollikofen.

151 Pavillard N. (2005): Innovative Bewirtschaftungsformen und Strukturanpassungen in der Schweizer Landwirtschaft. Diplomarbeit, ETH Zürich.

152 SR 221.213.2

2231

können. Der geltende Artikel 20 LPG, wonach die Pachtverträge bei Güterzusammenlegungen oder Umlegungen von landwirtschaftlichem Land aufgelöst werden können, ist zu eng gefasst und deckt die Pachtlandarrondierung (neue Zuweisung der Pachtflächen ohne eigentumsmässige Neuordnung der Parzellen) sowie die neueren Formen der Bewirtschaftungsarrondierung, wie virtuelle Flurbereinigungen, nicht ab. Um die Hürden für den Einsatz dieser innovativen Zusammenarbeitsformen abzubauen, ist deshalb Artikel 20 LPG anzupassen.


Anpassung von Art. 20 Abs. 1 LPG



Einführung von Art. 20 Abs. 3 LPG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Generell kritisch beurteilt werden die Strukturverbesserungsmassnahmen durch die Gewerbekreise, welche die Förderung auf die produzierende Landwirtschaft beschränken möchten. Zur Verhinderung einer allfälligen Wettbewerbsverzerrung dienen die Regelungen zur Sicherstellung der Wettbewerbsneutralität. Als Folge der Rückmeldungen in der Vernehmlassung wird der Wortlaut leicht angepasst, indem als Perimeter für die Feststellung neu die Region anstatt das unmittelbare Einzugsgebiet festgelegt wird. Diese Präzisierung hat im Vergleich zum heutigen Vollzug keine materiellen Auswirkungen; sie verhindert aber Missverständnisse.

Eine Mehrheit der Kantone und Organisationen stimmt dem Behördenbeschwerderecht bei Fruchtfolgeflächen zu. In Sorge um den hohen Verschleiss an landwirtschaftlich nutzbarem Land, der mit einer nachhaltigen Entwicklung nicht vereinbar ist, und mit Blick auf mögliche Engpässe in der Nahrungsmittelversorgung, ist dem Bundesrat die Verbesserung des Kulturlandschutzes ein grosses Anliegen, weshalb dieser Vorschlag dem Parlament unterbreitet werden soll.

Die übrigen Anpassungsvorschläge sind in der Vernehmlassung auf eine gute und breite Zustimmung gestossen, weshalb sich keine Änderungen aufdrängen.

2.6

Forschung und Beratung, Förderung der Pflanzenund Tierzucht sowie genetische Ressourcen

2.6.1

Forschung und Beratung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Als Aufgabe im Sinne des LwG wird in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e die Förderung der landwirtschaftlichen Berufsbildung aufgeführt. Die Rechtsgrundlage für die landwirtschaftliche Berufsbildung ist jedoch heute nicht mehr im LwG sondern im Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 2002153 (BBG) enthalten. Hingegen fehlt in Buchstabe e ein Verweis auf die landwirtschaftliche Beratung. Heute werden die landwirtschaftlichen Forschungsanstalten (Agroscope) in den Artikeln 114 und 115 LwG als Versuchs- und Untersuchungsanstalten bezeichnet.

153

SR 412.10

2232

Beantragte Neuregelung Anstelle der landwirtschaftlichen Berufsbildung soll die landwirtschaftliche Beratung in Artikel 2 aufgeführt werden. Neu soll in den Artikeln 114 und 115 LwG von Forschungsanstalten gesprochen werden.


Anpassung von Art. 2 Abs. 1 Bst. e LwG



Anpassung der Art. 114 und 115 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit dem Begriff «Forschungsanstalten» erfolgt eine Angleichung an die Praxis und eine Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen, wie beim Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz vom 7. Oktober 1983154 (FIFG).

2.6.2

Tierzucht

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gestützt auf Artikel 145 Absätze 1 und 2 LwG kann der Bundesrat Gewinnung und Vertrieb von Sperma und Embryonen von Nutztieren sowie den Besamungsdienst der Bewilligungspflicht unterstellen. Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom März 2005155 bezüglich Vertrieb von Stierensamen festgestellt, dass die in der damaligen Tierzuchtverordnung vom 14. November 2007156 festgelegte Bewilligungspflicht bezüglich Lagerung und Vertrieb von Stierensamen nur Besamungsorganisationen betrifft und folglich jeder Importeur unter Einhaltung der veterinärrechtlichen Bestimmungen Stierensamen importieren, lagern und vertreiben kann.

Aufgrund der Analyse des Bundesgerichtsentscheids hat der Bundesrat die züchterischen Bestimmungen zur künstlichen Besamung beim Rindvieh sowie zur Einfuhr und zum Vertrieb von Stierensamen auf den 1. Januar 2007 liberalisiert. Ab diesem Zeitpunkt sind generell für alle Tierkategorien nur noch die veterinärrechtlichen Bestimmungen massgebend. Folglich kann Artikel 145 Absätze 1 und 2 LwG aufgehoben werden.

Artikel 145 Absatz 3 LwG fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass ein angemessener Teil des eingesetzten Spermas von Tieren aus Zuchtprogrammen anerkannter inländischer Zuchtorganisationen stammt. Diese Verpflichtung hat der Bundesrat umgesetzt, indem die zugeteilte Menge für eine Person oder Unternehmung aus dem Zollkontingent für Rindersperma von zwei Voraussetzungen abhängt: Einerseits müssen im Inland geborene Stiere regelmässig geprüft werden und andererseits müssen mindestens 50 Prozent des verkauften Samens von inländischen Stieren stammen. Im Hinblick auf weitere geplante Liberalisierungen beim Import von Rindersperma soll Absatz 3 ebenfalls aufgehoben werden.

Mit der vom Parlament überwiesenen Motion Bieri157 wird der Bundesrat beauftragt, eine Änderung von Artikel 147 LwG vorzuschlagen. Damit soll der Bund verpflichtet werden, ein Nationalgestüt zu betreiben und dieses nachhaltig zu finanzieren.

154 155 156 157

SR 420.1 Urteil 2A.453.2004 vom 23. März 2005 SR 916.310 10.3767 Mo Bieri, «Gestüt als nationale Aufgabe», 30. September 2010.

2233

Beantragte Neuregelung Artikel 145 LwG soll aufgehoben werden. Die Voraussetzungen an bestimmte Leistungen im Inland bei der Verteilung des Zollkontingents Rindersperma werden in der Folge auf Verordnungsstufe gelockert.

Aufgrund der überwiesenen Motion Bieri soll Artikel 147 Absatz 1 so formuliert werden, dass der Bund ein Gestüt betreiben muss. Gleichzeitig wird auf den Begriff «eidgenössisch» verzichtet.


Aufhebung von Art. 145 LwG



Anpassung von Art. 147 Abs. 1 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Mit dem Vorschlag der Aufhebung von Artikel 145 LwG kann die bereits seit Jahren nicht mehr angewandte Bewilligung für die Gewinnung und den Vertrieb von Sperma aufgehoben werden. Des Weiteren wird die Liberalisierung beim Spermaimport innerhalb des Zollkontingents den Wettbewerb im Inland beleben. Mit der Aufhebung von Artikel 145 LwG sind einige landwirtschaftliche Organisationen einverstanden. Rindviehzuchtorganisationen und der grösste inländische Rinderspermaanbieter, die swissgenetics, sind dagegen.

2.6.3

Genetische Ressourcen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit dem Übereinkommen vom 5. Juni 1992158 über die Biologische Vielfalt, das für die Schweiz am 19. Februar 1995 in Kraft getreten ist, hat sich die Schweiz unter anderem auch für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung ihrer tier- und pflanzengenetischen Ressourcen verpflichtet.

Der erste Weltzustandsbericht über die pflanzengenetischen Ressourcen159 zeigte grossen Handlungsbedarf in diesem Bereich auf. Dies führte in der Folge zu einem Globalen Aktionsplan der FAO, der weltweit die Aktivitäten für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung dieser Ressourcen verstärkte. Am 3. November 2001 wurde hierzu der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (IV-PGREL) verabschiedet, der für die Schweiz am 20. Februar 2005 in Kraft getreten ist160. Dieser Vertrag schafft einen internationalen rechtsverbindlichen Rahmen für die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen.

Der Weltzustandsbericht über die tiergenetischen Ressourcen161, der auf der ersten Internationalen Technischen Konferenz über tiergenetische Ressourcen im September 2007 in Interlaken vorgestellt wurde, führte im tiergenetischen Bereich ebenfalls zu einem Globalen Aktionsplan der FAO. Angenommen wurde an dieser Konferenz die Erklärung von Interlaken zu tiergenetischen Ressourcen, mit der die Regierun158 159

SR 0.451.43 FAO (1997): The State of the World's Plant Genetic Resources for Food and Agriculture.

Rome.

160 SR 0.910.6 161 FAO (2007): The State of the World's Animal Genetic Resources for Food and Agriculture. Rome.

2234

gen ihre gemeinsame und individuelle Verantwortung unter anderem für die Erhaltung, die nachhaltige Nutzung und die züchterische Weiterentwicklung tiergenetischer Ressourcen bestätigten.

Im pflanzengenetischen Bereich betreibt der Bund bei Agroscope eine Genbank und setzt den Nationalen Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL) um, der auf dem Globalen Aktionsplan der FAO basiert. Die Massnahmen zur Sammlung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung dieser genetischen Ressourcen werden einerseits durch den Bund selber und anderseits im Rahmen einer PublicPrivate-Partnership durchgeführt. Im tiergenetischen Bereich unterstützt der Bund Projekte zur Erhaltung und Förderung tiergenetischer Ressourcen und unterhält für Schweizer Rassen der Gattungen Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen eine nationale Genbank. Mit der Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung pflanzen- und tiergenetischer Ressourcen leistet der Bund einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt.

Aufgrund dieser internationalen Verpflichtungen des Bundes werden im LwG einheitliche Rechtsgrundlagen für diese genetischen Ressourcen geschaffen.

Beantragte Neuregelung Der 6. Titel des LwG wird durch einen neuen 3. Abschnitt «Genetische Ressourcen für Landwirtschaft und Ernährung» ergänzt. Diese neue gesetzliche Grundlage integriert die bisherigen Bestimmungen der Artikel 140 Absatz 2 Buchstabe c und 142 Absatz 1 Buchstabe c LwG, die somit aufgehoben werden können. Beiträge für die Erhaltung von Schweizer Rassen werden nach wie vor nur an anerkannte Organisationen ausgerichtet.


Einführung der Art. 147a und Art. 147b LwG (neu)



Aufhebung der Art. 140 Abs. 2 Bst. c und 142 Abs. 1 Bst. c LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Im Rahmen der Vernehmlassung wurde eine stärkere rechtliche Grundlage gewünscht, um den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der genetischen Ressourcen sicherzustellen. Ebenso wurde auf die internationalen Verpflichtungen der Schweiz aufgrund des IV-PGREL aufmerksam gemacht. Mit der Schaffung einer spezifischen gesetzlichen Grundlage wird diesem Anliegen entsprochen.

2.7

Weitere Bestimmungen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Im heutigen Gesetz gibt es lediglich den Vorsorgeartikel 148a LwG, der sich jedoch auf Produktionsmittel und Pflanzenmaterial, das Träger von besonders gefährlichen Schadorganismen sein kann, beschränkt. Es gibt aber immer wieder Naturkatastrophen oder Ereignisse mit internationalen, nationalen oder regionalen Auswirkungen, die von Artikel 148a LwG nicht abgedeckt sind, aber trotzdem unverzügliches Handeln erfordern.

Bisher wurde die Erhebung und die Bearbeitung von landwirtschaftlichen Betriebsund Strukturdaten und von landwirtschaftlichen Kontrolldaten über Artikel 185 2235

Absätze 5 und 6 LwG abgedeckt. Nach Artikel 17 des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 1992162 (DSG) dürfen Organe des Bundes nur dann Personendaten bearbeiten, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Die heutige Regelung der Informationssysteme in Artikel 185 LwG entspricht dieser Anforderung nur in ungenügender Weise.

Im LwG ist keine formelle Rechtsgrundlage zum Schutz des geistigen Eigentums vorgesehen. Einzig die Verordnung vom 27. Oktober 2010163 über die landwirtschaftliche Forschung enthält eine solche Bestimmung. Diese reicht jedoch nicht aus, um die Ergebnisse der Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten zu schützen und deckt das wirtschaftlich verwertbare Wissen des Bundesamtes überhaupt nicht ab. Deshalb ist es notwendig, die fehlende Rechtsgrundlage zu schaffen.

Beantragte Neuregelung Es soll ein neuer Titel 7a eingeführt werden, in dem verschiedene gesetzliche Regelungen, die sich nicht eindeutig einem bestehenden Titel zuordnen lassen, vereint werden.

Die bestehende Regelung in Artikel 148a LwG soll durch einen generellen Artikel auf Gesetzesebene (Art. 165a LwG) ergänzt werden. Dieser ermöglicht dem BLW, in allen Katastrophen- und Ereignisfällen mit grossen Auswirkungen auf Mensch, Tier, Pflanzen, Umwelt und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft der Tragweite und den Umständen entsprechend zu handeln und entsprechende Vorsorgemassnahmen zu erlassen. Anderen Bundesstellen bleibt es dabei unbenommen, weitere Massnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeitsbereiche zu ergreifen.

Ebenso wird die Duldungspflicht, die bisher in Artikel 71 LwG unter den allgemeinen Bestimmungen zu den Direktzahlungen aufgeführt wurde, aus systematischen Gründen inhaltlich unverändert dem Titel 7a zugeordnet (Art. 165b LwG).

Das Informationssystem für Betriebs-, Struktur- und Beitragsdaten, das Informationssystem für landwirtschaftliche Kontrolldaten, das zentrale Informationssystem zu Nährstoffverschiebungen und das Geografische Informationssystem werden je einzeln in einem Artikel geregelt (Art. 165c­165f LwG). In Artikel 165e LwG werden neu die räumliche Erfassung von Flächen und deren Nutzung definiert.

Darin eingeschlossen ist auch die Erfassung von Informationen zur landwirtschaftlichen Nutzfläche (Art. 70a Abs. 5 LwG), zum Produktionskataster (Art. 4 Abs. 2 LwG),
zu Bewirtschaftungseinheiten oder zu Tierhaltungen (Art. 165c Abs. 2 LwG).

In Artikel 165f LwG werden die Erfassung von Nährstoffverschiebungen und die Benutzungsrechte der Behörden und Betriebe geregelt. In Artikel 165g LwG sind in Anlehnung an bestehende gesetzliche Regelungen diejenigen Punkte aufgeführt, die der Bundesrat für alle erwähnten Informationssysteme auf Verordnungsstufe entsprechend präzisieren muss.

Weiter wird im neuen Titel 7a ein neuer Artikel 165h LwG aufgenommen, der einen besseren Schutz der geistigen Eigentumsrechte in der landwirtschaftlichen Forschung bezweckt. Durch diese neue Bestimmung werden die Immaterialgüterrechte aufgewertet.

162 163

SR 235.1 SR 915.7

2236

Die Artikel 165a und 165c­g LwG waren nicht Gegenstand der Vernehmlassungsunterlage.


Einführung von Art. 165a LwG (neu)



Verschiebung von Art. 71 LwG zu Art. 165b LwG (neu)



Einführung der Art. 165c­165g LwG (neu)



Einführung von Art. 165h LwG (neu) und Aufhebung von Art. 185 Abs. 5 und 6 LwG

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Der Vorschlag betreffend Bewirtschaftung von Brachland (Art. 165b LwG) wurde von den meisten Vernehmlassern gutgeheissen. Mit Ausnahme von einigen kleinen Vorbehalten wurde die Einführung einer Rechtsgrundlage über die Rechte auf Immaterialgüter (Art. 165h) nicht kritisiert.

2.8

Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Im heutigen Gesetz sind nur eine beschränkte Anzahl Verwaltungsmassnahmen vorgesehen, damit Risiken ausgeschlossen oder gemindert werden können, wenn der Zustand nicht rechtmässig ist. Stellt ein Produkt, das in den Geltungsbereich des LwG fällt, eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch, Tier oder Pflanzen und Umwelt dar, können die Vollzugsbehörden heute entweder die Verwendung und das Inverkehrbringen dieses Produkts verbieten oder es einziehen beziehungsweise vernichten. In anderen Rechtsbereichen ist die mögliche vorsorgliche Massnahmenpalette breiter gefächert.

Aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids164 wurden im September 2011 eine parlamentarische Initiative und eine Motion eingereicht zum Thema Kürzung von Beiträgen bei Verstössen gegen Tierschutzbestimmungen165. Der Bundesrat hat in der Antwort auf die Motion Jenny in Aussicht gestellt, im Rahmen der AP 14­17 eine entsprechende Präzisierung von Artikel 170 LwG in Bezug auf die Direktzahlungen vorzuschlagen.

Wird bei einer Handlung eine Widerhandlung gegen eine landwirtschaftsrechtliche Vorschrift über die Ein-, Aus- oder Durchfuhr und gleichzeitig eine andere ebenfalls von der Eidgenössischen Zollverwaltung zu verfolgende und beurteilende Widerhandlung begangen, so führt dies aufgrund der geltenden Rechtslage zu zwei Strafverfahren und zu zwei Verurteilungen durch dieselbe Behörde. In solchen Fällen erscheint in Angleichung an andere neuere Gesetzesbestimmungen (z.B. Art. 126 Abs. 2 des Zollgesetz vom 18. März 2005166 [ZG] oder Art. 101 Abs. 5 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009167 [MWSTG]) jedoch eine Zusammenlegung der Verfahren und die Aussprechung einer einzigen Strafe sinnvoll.

164 165

Urteil 2C_560/2010 vom 18. Juni 2011 11.470 Pa.Iv. Jositsch, «Keine Subventionen für Tierquäler», 14. September 2011; 11.3924 Mo Jenny, «Keine Subventionen für Tierquäler», 29. September 2011.

166 SR 631.0 167 SR 641.20

2237

Beantragte Neuregelung Die bisherigen Regelungen im Bereich Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen (8. Titel) sollen grundsätzlich weitergeführt werden. Dennoch gilt es, den Behörden mit der Ergänzung von Artikel 169 Absatz 3 LwG zusätzliche Kompetenzen einzuräumen. Ihnen werden Befugnisse verliehen, sodass sie verhältnismässige Massnahmen treffen können, namentlich um gefährliche Produkte zu neutralisieren oder zurückzurufen.

Artikel 170 LwG soll mit einem neuen Absatz 2bis ergänzt werden, der präzisiert, dass bei Nichteinhaltung des ökologischen Leistungsnachweises oder der Tier-, Gewässer- und Umweltschutzvorschriften, sämtliche Direktzahlungen und nicht nur einzelne Direktzahlungsarten, gekürzt oder verweigert werden können.

Zudem wird die Strafbestimmung im Zusammenhang mit Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben (Art. 172 LwG) angepasst, damit sie mit den übrigen Strafbestimmungen im Bereich des geistigen Eigentums konform geht. Letztere wurden im Rahmen der Revision des Patentgesetzes vom 25. Juni 1954168 überarbeitet. Bei den Übertretungen (Art. 173 LwG) wird die Liste um die Zuwiderhandlungen im Zusammenhang mit der Verwendung des gemeinsamen Erscheinungsbildes nach Artikel 12 LwG, der neuen Kennzeichnung nach Artikel 14 Absatz 1 und der Verwendung offizieller Zeichen nach Artikel 14 Absatz 4 LwG ergänzt. Um mehrere Strafverfahren und mehrere Verurteilungen durch dieselbe Behörde zu verhindern, wird in Artikel 175 LwG ein neuer Absatz 3 (Konkurrenzregel) aufgenommen.


Anpassung von Art. 169 Abs. 3 LwG



Einführung von Art. 170 Abs. 2bis LwG (neu)



Anpassung von Art. 172 Abs. 2 LwG



Anpassung von Art. 173 Abs. 1 LwG



Einführung von Art. 175 Abs. 3 LwG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Die in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Änderungen bisherigen Rechts wurden nicht kritisiert. Mit diesen Anpassungen können den Behörden effiziente Vollzugsinstrumente in die Hand gelegt werden.

2.9

Schlussbestimmungen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das Geoinformationsgesetz vom 5. Oktober 2007169 (GeoIG) und die Geoinformationsverordnung vom 18. Mai 2008170 (GeoIV) verlangen die Erfassung der Basisdaten gemäss minimalen Datenmodellen. Ab 2014 sollen die Kantone alle Flächen und deren Nutzung mit einem räumlichen Bezug versehen, damit diese in einem Geografischen Informationssystem (GIS) verwaltet werden können.

168 169 170

SR 232.14 SR 510.62 SR 510.620

2238

Die Kontrollen von überwiegend besonders heiklen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder Pflanzen sind aufgrund der Nahrungsmittelsicherheit zunehmend wichtig, um weitreichenden Verunreinigungen entlang der Lebensmittelkette vorzubeugen. Namentlich die Richtlinie 2000/29/EG171 sieht vor, dass für phytosanitäre Kontrolltätigkeiten EU-weit eine Gebühr erhoben werden muss, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu verhindern. Gestützt auf das Agrarabkommen wird auch die Schweiz gehalten sein, im Bereich des Pflanzenschutzes Kontrollgebühren zu erheben. Die heutige gesetzliche Regelung (Art. 181 LwG) sieht keine Bestimmungen für die Erhebung von Gebühren für amtliche Kontrollen vor. Es ist daher notwendig, Artikel 181 LwG entsprechend zu ergänzen.

In Anwendung des LwG können sich Behörden im Rahmen einer Kontrolle oder Amtshilfe Zugang zu Informationen und Beweismitteln verschaffen (Art. 183 LwG) und diese auf Anfrage an andere Verwaltungseinheiten weitergeben (Art. 184 LwG).

Dennoch scheint ein Ausbau der Kompetenzen der Vollzugsorgane heute notwendig, um die Qualität von Kontrollen und Verwaltungsverfahren zu erhöhen.

Artikel 185 LwG erfüllt die Anforderungen an die neuen Informationssysteme zum Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen nicht mehr vollumfänglich. Die entsprechenden Informationssysteme werden deshalb in Titel 7a spezifisch geregelt.

Gleichzeitig ist Artikel 185 LwG auch Grundlage für das Monitoring und die Evaluation der Agrarpolitik.

Beantragte Neuregelung Die Kantone sind nach Artikel 178 LwG grundsätzlich für den Vollzug des LwG zuständig. Im Bereich Direktzahlungen sollen die Kantone neu alle Flächen und deren Nutzung mit einem räumlichen Bezug versehen, damit diese in einem GIS abgebildet oder verwaltet werden können. Hierzu wird die entsprechende gesetzliche Grundlage in einem Absatz 5 geschaffen.

Der ergänzte Artikel 181 LwG sieht vor, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit in Zukunft in gewissen Fällen auch bei amtlichen Kontrollen von überwiegend besonders risikoreichen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder Pflanzen aufgrund der eingegangenen Verpflichtung der Schweiz im Rahmen des Agrarabkommens eine Gebühr erhoben werden darf.

Um die Sammlung von Informationen und Beweismitteln zu verbessern, enthält der Entwurf auch
punktuelle Neuerungen bei der Gewichtung einiger Bestimmungen (Art. 184). Durch die leichte Anpassung von Artikel 183 LwG werden die Behörden ermächtigt, bei Dritten Auskünfte einzufordern. Aus diesen geringfügigen Anpassungen ergibt sich eine Senkung des administrativen Arbeitsaufwandes und der Kosten.

Für die Informationssysteme zum Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen werden in Titel 7a spezifische Rechtsgrundlagen geschaffen. Artikel 185 Absätze 5 und 6 LwG kann deshalb aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.7). Artikel 185 LwG dient jedoch auch als Gesetzesgrundlage für das Monitoring über die Agrarpolitik und die Evaluation der Massnahmen. Dies soll mit der neuen Sachüberschrift und den neuen Absätzen 1bis und 1ter klarer zur Geltung kommen.

171

Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Massnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse, ABl. L 169 vom 10.7.2000, S. 1.

2239

Verschiedene Übergangsbestimmungen sind aufgrund des Ablaufes von deren Frist oder der Aufhebung gewisser Gesetze oder Gesetzesbestimmungen aufzuheben.


Einführung von Art. 178 Abs. 5 LwG (neu)



Einführung von Art. 181 Abs. 4­6 LwG (neu)



Anpassung von Art. 183 LwG



Anpassung von Art. 184 LwG



Einführung von Art. 185 Abs. 1bis und 1ter LwG (neu)

Bewertung der vorgeschlagenen Lösung Der Einrichtung eines geografischen Informationssystems durch die Kantone zur Berechnung der Direktzahlungen wurde von einem Teil der Vernehmlasser zugestimmt (Art. 178 Abs. 5 LwG). Einige Kantone äusserten aufgrund des grösseren Aufwands jedoch Vorbehalte. Die Neuerungen betreffend die Auskunftspflicht wurden nicht einhellig angenommen. Einige Vernehmlasser betrachten die bestehenden Regelungen als ausreichend (Art. 183 LwG). Der Vorschlag in der Vernehmlassung bezüglich der Amtshilfe wurde nicht in Frage gestellt (Art. 184 LwG).

2.10 2009 P

Parlamentarische Vorstösse 09.3188

Agrarpolitik und Ammoniak (N 12.6.2009)

Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht zur Ammoniakproblematik vorzulegen. Dabei soll er die wissenschaftlichen Grundlagen, die Massnahmen und deren Bezug zur Zielerreichung, die Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Zielkonflikte, beispielsweise zwischen Tierwohl und Reduktion der AmmoniakEmissionen, aufzeigen.

In den Ziffern 1.1.2, 1.2.9 und 1.5 wird auf die Problematik, die Zielsetzung, aber auch auf die Interessenkonflikte eingegangen. Eine Verminderung der AmmoniakEmissionen soll primär über wirtschaftliche Anreize mit den neuen Ressourceneffizienzbeiträgen nach Artikel 76 LwG erreicht werden. Damit können negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit vermieden werden.

2009 P

09.3981

Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh (Massnahmen BSE) (N 2.12.2009, Finanzkommission NR)

Der Bundesrat wird beauftragt, in Koordination mit den betroffenen Nachbarländern und den beteiligten Organisationen, Szenarien zu prüfen, wie die Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh zur Bekämpfung der Krankheit BSE in Zukunft reduziert oder aufgehoben werden können. Er soll darüber dem Parlament einen Bericht vorlegen.

Der Bundesrat hat gleichzeitig mit der vorliegenden Botschaft den verlangten Bericht verabschiedet. Er kommt darin zum Schluss, dass die Unterstützung des Bundes für die Entsorgung der tierischen Nebenprodukte in der bisherigen Höhe von maximal 48 Millionen Franken pro Jahr grundsätzlich weiterhin adäquat ist.

2240

2010 M 09.3973

Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Konkretisierung des Konzepts.

(S 10.12.09, WAK-S; N 10.3.10)

Die Motion beauftragt den Bundesrat, das im Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems aus dem Jahr 2009 vorgeschlagene Direktzahlungskonzept zu konkretisieren und dem Parlament bis Ende 2011 eine Botschaft zur Änderung des Direktzahlungssystems zu unterbreiten.

Kernelement der vorliegenden Botschaft ist die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Massnahmen mit unspezifischer Zielausrichtung sollen durch zielgerichtete Instrumente ersetzt werden. Die heutigen tierbezogenen Beiträge sollen in Versorgungssicherheitsbeiträge und ein Teil des allgemeinen Flächenbeitrags in Übergangsbeiträge umgelagert werden. In Bereichen mit Ziellücken soll der Mitteleinsatz sukzessive erhöht werden. In dem Ausmass wie der Mittelbedarf dafür steigt, sollen die Übergangsbeiträge reduziert werden. Mit gleich bleibenden finanziellen Mitteln können so die agrarpolitischen Ziele in Zukunft besser erreicht werden als bisher.

2010 M 08.3194

Sicherung der Selbstversorgung unserer Bevölkerung über die Agrarpolitik (N 3.12.09, von Siebenthal; S 11.3.10)

Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der nächsten Reformetappe Massnahmen vorzuschlagen, um einen Selbstversorgungsgrad von mindestens 60 Prozent zu sichern.

Die sichere Versorgung der Bevölkerung ist in Artikel 104 BV als eines der zentralen Ziele der Schweizer Agrarpolitik festgeschrieben. Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems als Kernelement der AP 14­17 sollen die bisherigen Massnahmen mit unspezifischer Zielausrichtung durch zielgerichtete Instrumente ersetzt werden. In der vorliegenden Botschaft wird deshalb vorgeschlagen, Versorgungssicherheitsbeiträge einzuführen. Diese Beiträge sollen sicherstellen, dass Produktionskapazitäten für den Fall von länger andauernden Versorgungsengpässen erhalten bleiben. Gemäss Modellrechnungen kann mit der AP 14­17 ein Bruttoselbstversorgungsgrad von ungefähr 60 Prozent auch in Zukunft gehalten werden.

2010 P

09.4033

Sicherheit der Schweizer Nahrungsmittelproduktion (N 19.3.10, Bourgeois)

Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über einzelne, insbesondere die Landwirtschaft betreffende Aspekte der Versorgung der Schweiz mit Rohstoffen und Lebensmittel vorzulegen.

Die im Postulat erwähnten Punkte wurden im Rahmen der Vernehmlassungsvorlage zur AP 14­17 behandelt. Sie werden auch regelmässig im Agrarbericht des BLW thematisiert.

2010 P

10.3156

Abbau unnötiger Bürokratie in der Landwirtschaft (N 18.6.10, Fraktion CVP/EVP/glp)

Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht zu erstellen, der die Wirksamkeit, Effizienz und Relevanz der verschiedenen für die Landwirtschaft geltenden Vor-

2241

schriften (z. B. in den Bereichen Tier- und Umweltschutz, Natur- und Heimatschutz, Raumplanung) überprüft.

Die Überprüfung der Relevanz, Wirksamkeit und Effizienz der agrarpolitischen Massnahmen und der damit verbundenen Vorschriften und Auflagen ist integraler Bestandteil der Evaluationen im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik.

So wurden in der Botschaft zur AP 2011 insbesondere die Preise von Produktionsmitteln, also von Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln, Saatgut und Tierarzneimitteln, in der Schweiz sowie in Deutschland und Frankreich verglichen und detailliert analysiert.

Im Vernehmlassungsbericht zur AP 2011 wurden im Kapitel Kostensenkung und Verstärkung des Wettbewerbs (S. 277­307) in verschiedenen Bereichen Vorschläge für Vereinfachungen von Auflagen formuliert und Vergleiche zur EU angestellt.

Diese Vorschläge wurden einer Evaluation unterzogen. Im Kapitel Vorschriften und Auflagen der Vernehmlassungsunterlage zur AP 14­17 (S. 57­61) wurden diese Ergebnisse präsentiert.

2010 P

10.3092

Zukünftige Unterstützung der bäuerlichen Kälbermastbetriebe (N 18.6.10, Lustenberger)

Der Bundesrat wird gebeten, in der Weiterentwicklung der Agrarpolitik der Lage von bäuerlichen Kälbermastbetrieben Rechnung zu tragen. Die schwierige Marktlage und die Senkung der Beiträge führen bei den Kälbermastbetrieben gemäss Statistik zu beträchtlichen Einkommenseinbussen.

Mit der AP 14­17 sollen die bisherigen tierbezogenen RGVE- und TEP-Beiträge in einen flächenbezogenen Versorgungssicherheitsbeitrag umgewandelt werden (Art. 72 LwG). Damit entfällt der heutige Anreiz, die tierbezogenen Zahlungen bis zur Förderlimite auszunutzen. Dies dürfte in Zukunft die Märkte auch bei den Mastkälbern entlasten.

2010 M 09.3612

Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft (N 25.9.09, Bourgeois; S 11.3.10; N 14.9.10)

In Zusammenarbeit mit den massgebenden Verbänden der Land- und Ernährungswirtschaft soll der Bundesrat eine Qualitätsstrategie für Schweizer Lebensmittel erarbeiten.

Da der Staat bei der Qualitätspolitik nur eine subsidiäre Rolle einnimmt, muss diese Strategie in erster Linie von den betroffenen Akteuren erarbeitet werden. Der Bund beschränkt sich auf die Rolle des Gesetzgebers und Vermittlers («facilitator»). In einem vom BLW moderierten Prozess haben sich die Akteure der Wertschöpfungskette der Land- und Ernährungswirtschaft 2010 auf die Kernelemente Qualitätsführerschaft, Marktoffensive und Qualitätspartnerschaft geeinigt. Zur Implementierung der drei Kernelemente schlägt der Bundesrat im Rahmen der vorliegenden Botschaft Änderungen in den Artikeln 11, 12 und 14 LwG vor. Mit der Anpassung von Artikel 2 LwG bekräftigt der Bundesrat zudem die Absicht, die Ausrichtung der Landund Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie zu unterstützen.

Der Bundesrat trägt damit dem Anliegen der Motion Rechnung. Es sei hierbei erwähnt, dass die Implementierung der Qualitätsstrategie einen kausalen Zusammenhang mit den sich stetig öffnenden Märkten (EU/WTO) aufweist.

2242

2010 P

10.3627

Nachhaltige Entwicklung. Verbesserung der Konsumenteninformation durch Labels.

(N 13.12.10, WAK-N)

Der Bundesrat wird beauftragt, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Konsumenteninformation über Labels mit dem Ziel, den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung besser gerecht zu werden, zu prüfen. Er soll dabei der Entwicklung der staatlichen Labels in der EU Rechnung tragen.

Der Bundesrat hat in der Vernehmlassungsunterlage zur AP 14­17 im Kapitel «Nachhaltiger Konsum» (S. 113­115) Möglichkeiten zur Förderung eines nachhaltigen Konsumverhaltens analysiert. Aufgrund der aufgezeigten Aspekte im Bericht und der Ergebnisse aus der Vernehmlassung schlägt der Bundesrat in der vorliegenden Botschaft die Integration eines neuen Buchstabens in Artikel 14 Absatz 1 LwG vor. Basierend auf dem neuen Buchstaben f soll der Bundesrat Vorschriften über die Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten erlassen können, wenn sie aufgrund von besonderen Kriterien basierend auf dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung hergestellt werden. Damit kann die Konsumenteninformation über Labels verbessert werden.

2011 M 09.3461

Hangbeiträge (S 1.12.10, N 8.3.2011; von Siebenthal)

Der Bundesrat wird aufgefordert, in Zukunft die Bewirtschaftung der Hangflächen ihrem Aufwand entsprechend abzugelten sowie das Argument der ungenauen Erfassungsart der Fläche zu berücksichtigen. Die Motion wurde mit der Änderung angenommen, im Rahmen der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems den erschwerten Bedingungen in besonders steilen Lagen entsprechend Rechnung zu tragen.

Das Anliegen der Motion wird mit Artikel 71 LwG aufgenommen. Die Bewirtschaftung der Hangflächen sollen durch einen nach Hangneigung und Nutzungsart abgestuften Erschwernisbeitrag gefördert werden. Im Gegensatz zu heute wird die Förderung auf Hang- und Steillagen im Talgebiet ausgedehnt. Zusätzlich ist eine dritte Stufe für Steillagen mit mehr als 50 Prozent Neigung mit einem erhöhten Beitrag vorgesehen.

2011 M 10.3767

Gestüt als nationale Aufgabe (N 1.12.10, Bieri; S 30.5.11)

Der Bundesrat wird beauftragt, eine Änderung von Artikel 147 LwG vorzuschlagen.

Darin soll sich die Eidgenossenschaft verpflichten, ein Nationalgestüt zu betreiben und dieses nachhaltig zu finanzieren.

Der Bundesrat schlägt vor, Artikel 147 Absatz 1 LwG so zu formulieren, dass der Bund ein Gestüt betreiben muss.

2243

3

Landwirtschaftsgesetz: Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Art. 1 Bst. e (neu) Das Tierwohl ist, in Analogie zu den Buchstaben a­d, ebenfalls eine gemeinwirtschaftliche Leistung, zu der die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet. Mit der Ergänzung der Aufzählung durch den neuen Buchstaben e zum Tierwohl werden die in Artikel 104 Absatz 3 Buchstabe b BV implizit aufgeführten Ziele einer naturnahen, umwelt- und tierfreundlichen Produktion umfassend auch im Zweckartikel des LwG aufgeführt. Instrumentell wird das Tierwohl über die bereits heute bestehenden Massnahmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und d LwG gefördert. Neue Fördermassnahmen sind nicht geplant (vgl. Ziff. 2.1.1).

Art. 2 Abs. 1 Bst. b und e, Abs. 3 (neu) und 4 (neu) Abs. 1 Bst. b Die Direktzahlungen sind Fördermassnahmen, mit denen die Ziele des Bundes erreicht werden sollen. Es handelt sich nicht um eine Abgeltung für vom Bund aufgezwungene Bewirtschaftungsvorgaben, sondern um finanzielle Anreize (Finanzhilfen), mit denen die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen trotz Marktversagen weiterhin ermöglicht wird. Deshalb wird der bisher verwendete Begriff «abgelten» durch den Begriff «fördern» ersetzt (vgl. Ziff. 2.1.2).

Abs. 1 Bst. e Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung. Die Berufsbildung ist nicht mehr im LwG, sondern im BBG geregelt. Die Förderung der Beratung ist hingegen nach wie vor im LwG verankert. Entsprechend wird in Buchstabe e der Begriff «Berufsbildung» durch «Beratung» ersetzt.

Abs. 3 (neu) Der neue Absatz 3 bringt zum Ausdruck, dass die Massnahmen des Bundes die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine gemeinsame Qualitätsstrategie unterstützen sollen. In diesem Sinne setzt er auch einen Teil der diesbezüglichen, von beiden Räten überwiesenen Motion Bourgeois172 um (vgl. Ziff. 2.2.1).

Abs. 4 (neu) Der Bund hat bei der Ausgestaltung seiner agrarpolitischen Instrumente darauf zu achten, dass diese das effiziente Zusammenwirken der verschiedenen Glieder der Kette unterstützen, mit dem Ziel, die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten nach qualitativ hochwertigen, vielfältigen und nachhaltigen Schweizer Nahrungsmitteln möglichst optimal zu berücksichtigen. Der Geltungsbereich des LwG wird damit nicht verändert (vgl. Ziff. 2.1.3).

172

09.3612 Mo Bourgeois, «Qualitätsstrategie in der Schweizer Landwirtschaft», 11. Juni 2009.

2244

Art. 4 Abs. 2 Die Änderung ist rein redaktioneller Natur. Damit wird im ganzen LwG der Begriff «Bundesamt» durch «BLW» ersetzt. Dies entspricht der aktuellen Gesetzgebungstechnik. Zudem kann so eine klarere Abgrenzung gemacht werden, wenn in einer Bestimmung weitere Bundesämter zitiert werden.

Art. 10

Qualitätsvorschriften

Der Bundesrat erhält neu die Kompetenz, wenn nötig Vorschriften über die Qualität oder die Verfahren zur Herstellung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten zu erlassen, damit die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen einhalten oder internationale Normen von wesentlicher Bedeutung für die Landwirtschaft erfüllen kann. Damit sollen gleichzeitig die Produktequalität gewährleistet und allfällige Exporthemmnisse verhindert werden (vgl. Ziff. 2.2.1).

Art. 11

Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit

Artikel 11 wird vollständig überarbeitet. Die aktuellen Absätze 1 und 2 sollen aufgehoben werden, weil sie als gesetzliche Grundlage seit dem Inkrafttreten der früheren Milchqualitätsverordnung vom 23. November 2005173 am 1. Januar 2007 nicht mehr benötigt werden. Die Möglichkeit des Bundes zur Unterstützung von Qualitätssicherungsdiensten (bisheriger Abs. 3) wird hingegen beibehalten. Neben der Unterstützung der Teilnahme an Qualitätssicherungsprogrammen wird im Kontext der Qualitätsstrategie auch die Verbesserung der Nachhaltigkeit explizit zum Gegenstand von Artikel 11. Der Artikel wird damit zu einem Instrument, das neben der eigentlichen Qualitätssicherung auch Innovationen und kontinuierliche Verbesserungsprozesse im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung der Wertschöpfungsketten unterstützen soll (vgl. Ziff. 2.2.1).

Abs. 1 Massnahmen, die vom Bund unterstützt werden, müssen einen kollektiven Charakter aufweisen. Gefördert werden können Massnahmen zur Verbesserung oder Sicherung der Qualität oder der Nachhaltigkeit. Dabei geht es um Qualitäts- und Nachhaltigkeitsprogramme sowie um innovative Projekte, bei denen die Landwirtschaft mit einem oder mehreren Partnern der Wertschöpfungskette zusammenarbeitet.

Nicht Gegenstand von Artikel 11 sind Massnahmen der Lebensmittelsicherheit im engeren Sinne. Es wird beispielsweise keine Produktentwicklung unterstützt. Die Unterstützung der Infrastruktur ist zudem im 5. Titel des LwG bereits geregelt. Im Rahmen des Vollzugs wird soweit erforderlich die Koordination mit anderen Förderinstrumenten und zwischen den zuständigen Bundesämtern sichergestellt.

Abs. 2 Die unterstützten Massnahmen sollen die Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette stärken oder Innovationen fördern, die einen besonderen Fokus auf Elemente der Nachhaltigkeit aufweisen. Aufgrund der begrenzten Mittel soll zudem die Teilnahme an Programmen, die auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess abzielen, vorrangig gefördert werden. Die Beteiligung der Landwirtschaft ist zwingend,

173

AS 2005 5567

2245

und die Massnahme muss ­ bereits aufgrund der Zweckbestimmung des LwG ­ in erster Linie der Landwirtschaft zugutekommen.

Abs. 3 Der Bundesrat wird die Voraussetzungen für die Unterstützung der einzelnen Projekttypen auf Verordnungsstufe festlegen. Bei der Bemessung der Finanzhilfe gilt das Subsidiaritätsprinzip und wie im Bereich der Absatzförderung ist auch im Rahmen von Artikel 11 eine minimale Eigenfinanzierung von 50 Prozent erforderlich. Je nach Art der Massnahme und Form der Unterstützung kann die Förderung zeitlich befristet werden oder degressiv angelegt sein.

Die unterstützten Vorabklärungen und Starthilfen nach Absatz 3 Buchstaben a und b müssen in Bezug auf Innovation und Nachhaltigkeit Modellcharakter aufweisen und für die Gesamtbranche als «Leuchttürme» wirken. Die zu erwartenden positiven Wirkungen auf die Wertschöpfung und Nachhaltigkeitsaspekte bei der Produktion von Nahrungsmitteln sind auszuweisen. Die Projekte können auch von kleineren Gruppierungen (z.B. Produzentengruppe mit einem Verarbeiter) eingereicht werden.

Ein Wissenstransfer von den unterstützten Vorhaben zur nationalen Produzentenoder Branchenorganisation wird angestrebt.

Eine generelle Grundlage für die Unterstützung von Vorabklärungen für gemeinschaftliche Projektinitiativen besteht bereits in Artikel 136 LwG, weshalb im BLW eine entsprechende Koordination erfolgt.

Die Unterstützung in der Aufbauphase nach Buchstabe b erfolgt in der Regel nach Abschluss der Vorabklärung, wenn die Sachdienlichkeit und Machbarkeit einer Massnahme in der Beurteilung erwiesen wurde. Es handelt sich dabei um eine befristete Hilfe für die Implementierung einer geplanten Massnahme.

Die Unterstützung der Teilnahme an Programmen zur Verbesserung der Qualität und Nachhaltigkeit kann in Form eines jährlichen finanziellen Beitrags erfolgen. Das Geld soll direkt den Produzenten und Produzentinnen zugutekommen. Um eine möglichst hohe Marktwirkung zu erzielen und eine Zersplitterung der Kräfte innerhalb einzelner Marktsegmente zu vermeiden, werden nur koordinierte Programme der nationalen Branchen- oder Produzentenorganisation unterstützt. Entsprechend ist auch eine Unterstützung mehrerer, womöglich konkurrierender Programme innerhalb desselben Sektors nicht möglich. Die Unterstützung nach Buchstabe c legt den Fokus auf die Einstiegshilfe
und soll zeitlich je Betrieb oder pro Programm begrenzt werden. Beispielsweise kann die Erstanerkennung der Betriebe sowie die Teilnahme während einer Startphase unterstützt werden. Nach dieser Starphase sollten die Teilnahmekosten am Markt wieder wettgemacht werden können. Diese zeitliche Limitierung ist auch deshalb notwendig, weil die für die Umsetzung von Artikel 11 vorgesehenen Mittel sonst nicht ausreichen würden.

Abs. 4 Auf Verordnungsstufe festzulegen sind die Unterstützungsmodalitäten, namentlich der Kreis der Berechtigten und die Höhe der Beträge, sowie die Anforderungen und Modalitäten für die Einreichung der Gesuche.

Art. 12 Abs. 2 und 3 Während die produktbezogene Marketingkommunikation sich auf Absatz 1 stützt, kann auf Grundlage von Absatz 2 die Kommunikation zu den gemeinwirtschaftli2246

chen Leistungen gefördert werden. Damit soll das Verständnis gefördert werden, dass die Landwirtschaft mit der Produktion von Nahrungsmitteln weitere Leistungen zugunsten der Gesellschaft erbringt und dass die Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Kauf von inländischen Produkten die Erbringung dieser Leistungen unterstützen. Die Öffentlichkeitsarbeit war schon bisher Gegenstand von Artikel 12 LwG und entsprechende Projekte werden seit Jahren unterstützt und zeigen Wirkung. Neu wird aber präzisiert, dass nur die Kommunikation zu den gemeinwirtschaftlichen Leistungen gefördert werden kann, nicht aber beispielsweise Kommunikationsmassnahmen zur Pflege des Images des Bauernstandes.

Absatz 3 verdeutlicht, dass der Bund, unter Wahrung des subsidiären Charakters der Absatzförderung, situativ koordinierend tätig werden kann, wenn dies für den effizienten Mitteleinsatz notwendig ist. Die heute bereits bestehenden Anforderungen an die unterstützten Kommunikationsmassnahmen in Bezug auf das gemeinsame Erscheinungsbild (Art. 7 Abs. 2 der Landwirtschaftlichen Absatzförderungsverordnung vom 9. Juni 2006174 und Verordnung des EVD vom 23. August 2007175 über das gemeinsame Erscheinungsbild bei vom Bund unterstützten Kommunikationsmassnahmen für Landwirtschaftsprodukte) sind Ausdruck der koordinierenden Rolle des Bundes, die bereits heute gegeben ist. Die Bestimmungen über das gemeinsame Erscheinungsbild werden im Gesetz neu ausdrücklich erwähnt (vgl. Ziff. 2.2.1 sowie Erläuterung zu Art. 173 Abs. 1 Bst. a).

Art. 14 Abs. 1 Bst. f (neu) und Abs. 4 Den Kennzeichnungsbestimmungen des LwG kommen inskünftig eine noch höhere Bedeutung zu: Sie schaffen Transparenz und Glaubwürdigkeit für Schweizer Agrarprodukte, sorgen für Konsumenteninformation und sind bei geeigneter Ausgestaltung kompatibel mit den WTO-Verpflichtungen und den bestehenden Abkommen mit der EU.

Die bestehenden Kennzeichnungsbestimmungen ermöglichen es dem Bundesrat grundsätzlich auch, Erzeugnisse mit besonderen Qualitätseigenschaften (Geschmack, Tradition, Nachhaltigkeitsaspekte) ins Recht zu fassen. Damit kann Artikel 14 auch als Grundlage für Kennzeichnungsregelungen im Bereich der Nachhaltigkeit dienen.

Bei der Konkretisierung von Kennzeichnungsregelungen, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, wird die Koordination zwischen den zuständigen
Fachämtern sichergestellt.

Abs. 1 Bst. f Dieser neue Buchstabe ermöglicht eine Kennzeichnung für nachhaltig hergestellte Produkte, die generell die gesetzlichen Standards übertreffen. Konkret müssen als «nachhaltig» gekennzeichnete Produkte Anforderungen in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Soziales, Ökologie) erfüllen. Damit soll für die Wirtschaftsakteure einerseits ein Anreiz geschaffen werden, Initiativen in diesem Bereich zu entwickeln. Anderseits soll der Missbrauch von Ausdrücken, die auf die Nachhaltigkeit von Agrarprodukten hindeuten, vermieden werden. Die Ausführungsbestimmungen sollen in enger Zusammenarbeit mit den interessierten Kreisen erarbeitet werden (vgl. Ziff. 2.2.2).

174 175

SR 916.010 SR 916.010.2

2247

Abs. 4 Der zweite Satz von Absatz 4 in der aktuellen Form stellt eine Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Bundes dar. Aufgrund dieser Bestimmung ist die Verwendung von offiziellen Zeichen (Symbole) freiwillig. Es ist jedoch denkbar, dass unter bestimmten Umständen nur ein obligatorisches offizielles Zeichen geeignet ist, die notwendige Wiedererkennbarkeit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen. Die EU hat beispielsweise für Bio-Produkte obligatorische Logos eingeführt. Mittels eines obligatorischen offiziellen Zeichens könnten Schweizer Produkte besser von ausländischen Produkten differenziert werden, wobei die Regelung aber WTO-konform auszugestalten ist.

Es ist somit erforderlich, dass der Bund im LwG auch die Möglichkeit erhält, als Ultima Ratio offizielle Zeichen für obligatorisch zu erklären. Gleichzeitig soll diese Möglichkeit konsequenterweise auch auf Weine mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung und von anderen Weinen mit geografischen Angaben nach Artikel 63 ausgeweitet werden (vgl. Ziff. 2.2.1).

Art. 27 Abs. 1 (betrifft nur den französischen Text) In Angleichung an den deutschen Text soll im französischen Text die Wendung «auf allen Stufen» durch «auf verschiedenen Stufen» ersetzt werden (vgl. Ziff. 2.2.3).

Art. 28 Abs. 2 Der Verweis auf Artikel 44 in Absatz 2 kann gestrichen werden, weil dieser Artikel seit dem 1. Januar 2008 aufgehoben ist. Es wird ein Verweis auf Artikel 39 eingefügt, weil die Zulage für Fütterung ohne Silage neu auch für Schaf- und Ziegenmilch ausgerichtet wird (vgl. Ziff. 2.2.4).

Art. 30­36b Die Artikel 30­36a sind mit der Aufhebung der Milchkontingentierung auf den 1. Mai 2009 obsolet geworden. Sie können aufgehoben werden. Als Alternative zu Artikel 36b wird ein neuer Artikel 37 vorgeschlagen und folglich kann auch Artikel 36b aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.2.4).

Art. 37

Standardvertrag im Milchsektor

Im Kapitel Milchwirtschaft soll ein dritter Abschnitt zum Thema Milchkaufverträge mit einem neuen Artikel 37 eingeführt werden (vgl. Ziffer 2.2.4).

Abs. 1 Die Branchenorganisation des Milchsektors ist zuständig, einen Standardvertrag für den Kauf und Verkauf von Rohmilch auszuarbeiten. Angesichts der Koordinationsschwierigkeiten auf dem Milchmarkt, braucht es diesen Standardvertrag, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, Transaktionen zu erleichtern und der Unsicherheit der Unternehmen, insbesondere der Milchproduzenten und Milchproduzentinnen, entgegenzuwirken. Aus Gründen der Kohärenz mit dem Grundsatz der Ausrichtung auf den Markt, wie er vom Parlament als Teil der Reform der Agrarpolitik mehrmals bestätigt wurde, darf der Standardvertrag den Wettbewerb auf dem Milchmarkt nicht erheblich beeinträchtigen. Der Standardvertrag bietet den Rahmen für individuelle 2248

Verhandlungen zwischen den Verkäufern und den Käufern von Milch. Sie bestimmen frei den Inhalt ihres Vertrages, insbesondere die produzierten Mengen und die Preise.

Abs. 2 Der Standardvertrag muss tragfähig sein, weshalb bestimmte Klauseln obligatorisch zwischen den Vertragspartnern zu regeln sind. Dies betrifft die Vertragsdauer, die Mengen, den Preisbildungsmechanismus und die Zahlungsmodalitäten. Je nach den Bedürfnissen der Akteurinnen und Akteure der Branche kann der Standardvertrag weitere Klauseln enthalten.

Abs. 3 Auf Begehren der Branchenorganisation kann der Bundesrat den von der Branche beschlossenen Standardvertrag allgemeinverbindlich erklären. Er hält in einem Beschluss fest, welche Unternehmen von der Allgemeinverbindlichkeitserklärung betroffen sind; die obligatorischen Klauseln werden im Anhang des Beschlusses aufgeführt. Analog zur Praxis bei den Gesamtarbeitsverträgen erklärt der Bundesrat nicht den gesamten Standardvertrag für allgemeinverbindlich, sondern nur jene Klauseln, von denen die Milchkäufer und -verkäufer direkt betroffen sind. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch den Bundesrat verpflichtet alle Unternehmen des Sektors, die als allgemeinverbindlich erklärten Bestandteile des Standardvertrags zu verwenden, unabhängig davon, ob sie Mitglieder der Branchenorganisation sind oder nicht.

Abs. 4 Die Anforderungen an die Branchenorganisation, die dem Bund das Begehren auf Allgemeinverbindlichkeit vorlegt, entsprechen jenen in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a­c LwG. Die Branchenorganisation muss repräsentativ für die Unternehmen des Milchsektors sein. Ihre Entscheidungen müssen im Rahmen eines demokratischen, partizipativen Prozesses mit grossem Mehr durch die Mitglieder beschlossen werden. Die Branchenorganisation selbst darf keine gewerblichen Tätigkeiten ausüben, um Interessenskonflikte mit den Unternehmen des Sektors zu vermeiden, den sie vertritt.

Abs. 5 Durch die Anforderungen betreffend den Standardvertrag beziehungsweise den Entscheid über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung wird auf Gesetzesstufe ein zwingender Rahmen für Einzelverträge festgelegt. Letztere sind Gegenstand einer separaten Verhandlung zwischen den einzelnen Milchverkäufern und Milchkäufern und halten die individuellen Verpflichtungen fest. Streitigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer auf
privater Ebene können nicht durch den Bund gelöst werden. Die Vertragsparteien müssen allfällige Differenzen vor einem Zivilgericht klären, wo sie den zuvor unterschriebenen Vertrag geltend machen. Im öffentlichen Recht gibt es weder Rechtsmittel bei Streitigkeiten zu den allgemeinen Elementen des Standardvertrags noch zu Regelungen der individuellen Verträge.

Abs. 6 Falls sich die Branchenorganisation des Milchsektors nicht auf einen Standardvertrag einigen kann, kann der Bundesrat vorübergehend Vorschriften über den Kauf und Verkauf von Rohmilch erlassen. Dies ist jedoch keine optimale Lösung: Ein 2249

Entscheid des Bundesrates ist kein Ersatz für eine von den Akteurinnen und Akteuren des Milchsektors gemeinsam erarbeitete Lösung. Entsprechend wird der Bundesrat diese Option sehr zurückhaltend wahrnehmen und die in der Branche geführten Diskussionen berücksichtigen.

Art. 38 Abs. 2 und 3 Gestützt auf den geänderten zweiten Satz in Absatz 2 beabsichtigt der Bundesrat, für Milch, die zu Käse mit einem Fettgehalt in der Trockenmasse von weniger als 150 Gramm pro Kilogramm verarbeitet wird (Magerkäse), keine Zulage für verkäste Milch mehr auszurichten. Absatz 3 mit der festgelegten Zulage hat nur von 2008­2011 Wirkung entfaltet und kann daher aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.2.4).

Art. 39 Abs. 2 und 3 Gestützt auf den geänderten zweiten Satz in Absatz 2 beabsichtigt der Bundesrat, für Milch, die zu Käse mit einem Fettgehalt in der Trockenmasse von weniger als 150 Gramm pro Kilogramm verarbeitet wird (Magerkäse), keine Zulage für Fütterung ohne Silage mehr auszurichten. Absatz 3 mit der festgelegten Zulage hat nur von 2008­2011 Wirkung entfaltet und kann daher aufgehoben werden (vgl.

Ziff. 2.2.4).

Art. 40­42 Die Artikel 40­42 sind mit den Beschlüssen zur AP 2011 obsolet geworden. Sie können aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.2.4).

Art. 43 Abs. 3 Mit der Aufhebung von Artikel 36b ist dieser Absatz nicht mehr notwendig.

Art. 46 Abs. 3 Bst. b Aufgrund des Verfütterungsverbots von Nebenprodukten von Metzgerei- und Schlachtbetrieben und Speiseabfällen an Schweine wird Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe b angepasst (vgl. Ziff. 2.2.5).

Art. 52

Beiträge zur Stützung der Inlandeierproduktion

Weil keine Massnahmen nach Buchstabe a mehr vorgesehen sind und diese Grundlage deshalb aufgehoben werden kann, muss der Artikel neu formuliert werden. Für die Finanzierung von Massnahmen zur Verwertung von inländischen Eiern können wie bislang Beiträge ausgerichtet werden (vgl. Ziff. 2.2.5).

Art. 54

Beitrag für einzelne Kulturen

Der bisherige Artikel 54 beschränkte sich auf die Zuckerrüben. Da sich die Stützungsmassnahmen der einzelnen Ackerkulturen in der Vergangenheit stark angeglichen haben, sollen die ursprünglich in einzelnen kulturspezifischen Artikeln geregelten Massnahmen in einem einzigen Artikel zusammengefasst werden (vgl.

Ziff. 2.2.6).

2250

Abs. 1 Die Einzelkulturbeiträge dienen der Erhaltung der Produktionskapazität und der Funktionsfähigkeit einzelner Verarbeitungsketten und sollen zu einer angemessenen Versorgung der Bevölkerung mit pflanzlichen Produkten beitragen.

Abs. 2 Der Bundesrat soll künftig über die Förderwürdigkeit einzelner Kulturen entscheiden und die Beitragshöhe bestimmen können. Eine Überprüfung soll grundsätzlich im Rahmen der Festlegung der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen alle vier Jahre erfolgen, sofern Marktordnungsänderungen keine ausserterminlichen Anpassungen erfordern. Für die Bestimmung der Förderwürdigkeit und die Bemessung der Beitragshöhe sollen Kriterien wie die relative wirtschaftliche Rentabilität der Kultur, das kalorienmässige Produktionspotenzial oder die Entwicklung des Selbstversorgungsgrads des Produktes oder der Produktgruppe berücksichtigt werden.

Abs. 3 Der Bundesrat behält die Kompetenz, Beiträge für einzelne Kulturen auch für Flächen in der ausländischen Grenzzone auszurichten, die traditionellerweise von schweizerischen Betrieben bewirtschaftet werden. Dabei steht wie bisher der Aspekt der Versorgungssicherheit im Vordergrund (vgl. Erläuterung zu Art. 72 Abs. 3).

Art. 55­56 und 59 Artikel 55 wird durch die Artikel 9, 13 und 17 abgedeckt. Die Neugestaltung des Artikels 54 macht Artikel 56 obsolet. Die Massnahmen nach Artikel 59 entfallen.

Dadurch können die drei Artikel aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.2.6).

Art. 58

Früchte

Dieser Artikel bezieht sich in Absatz 1 auf die Verwertung von Früchten und in Absatz 2 auf die bis Ende 2011 befristete Ausrichtung von Beiträgen zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse. Mit der Aufhebung von Absatz 2 muss die Sachüberschrift angepasst werden (vgl. Ziff. 2.2.6).

Art. 66 Dieser Artikel ist bis Ende 2011 befristet und kann darum aufgehoben werden (vgl. Ziff. 2.2.6).

Art. 70

Grundsatz

Im Grundsatzartikel werden die einzelnen Direktzahlungsinstrumente eingeführt und es wird festgelegt, nach welchen Kriterien sich die Höhe der einzelnen Beiträge bemisst (vgl. Ziffer 2.3.1).

Abs. 1 Mit den Direktzahlungen wird die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen (öffentliche Güter) gefördert. Zusammen mit der auf den Markt ausgerichteten Produktion (private Güter) erfüllt die Landwirtschaft damit den in Artikel 104 BV festgehaltenen Auftrag einer multifunktionalen Landwirtschaft. Direktzahlungen

2251

werden an Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Betrieben nach der heutigen Definition in der LBV ausgerichtet.

Abs. 2 Die einzelnen Beitragsarten werden neu namentlich aufgeführt. Die bisherige Einteilung der Beiträge in allgemeine und ökologische Direktzahlungen entfällt. Künftig ist nur noch eine Rubrik «Direktzahlungen» in der Staatsrechnung vorgesehen.

Abs. 3 Das Direktzahlungssystem ist so zu gestalten, dass die Landwirtschaft die gemeinwirtschaftlichen Leistungen bei unterschiedlichen Markt- und Preisverhältnissen erbringen kann. Der Bundesrat legt die Beitragshöhe so fest, dass die gemeinwirtschaftlichen Leistungen von effizient wirtschaftenden Betrieben erbracht und die definierten Ziele erreicht werden.

Art. 70a (neu)

Voraussetzungen

In Artikel 70a werden die Eintretens- und Begrenzungskriterien, die beitragsberechtigten Flächen und der ÖLN geregelt (vgl. Ziff. 2.3.2­2.3.4).

Abs. 1 Bst. a Wie bis anhin werden die Direktzahlungen an Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen von bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben (Art. 104 Abs. 2 BV) ausgerichtet. Die bisherige Praxis wird nicht geändert.

Abs. 1 Bst. b Der ökologische Leistungsnachweis bleibt Grundvoraussetzung für die Ausrichtung der Direktzahlungen.

Abs. 1 Bst. c Die bisherige Voraussetzung zur Einhaltung der Gewässerschutz-, der Umweltschutz- und Tierschutzgesetzgebung wird unverändert weitergeführt.

Abs. 1 Bst. d Für Bauland in rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen nach der Raumplanungsgesetzgebung werden keine Direktzahlungen ausgerichtet. Damit wird der heute auf Verordnungsstufe festgelegte Grundsatz im Gesetz festgehalten.

Abs. 1 Bst. e Der Bundesrat wird wie bisher verpflichtet, einen Grenzwert für das minimale Arbeitsaufkommen in Standardarbeitskräften festzulegen, ab denen die Beiträge ausgerichtet werden. Die heutige Grenze wird weitergeführt. Die Faktoren sollen in Zukunft in regelmässigen Abständen an den technischen Fortschritt angepasst werden.

Abs. 1 Bst. f Die Anforderung, wonach ein Mindestanteil der Arbeiten durch betriebseigene Arbeitskräfte verrichtet werden muss, wird neu ins Gesetz aufgenommen. Diese Anforderung war bisher nur auf Stufe Verordnung geregelt und soll in der heutigen Ausgestaltung weitergeführt werden.

2252

Abs. 1 Bst. g Die Altersgrenze, bis zu deren Erreichung Direktzahlungen bezogen werden können, wird unverändert weitergeführt.

Abs. 1 Bst. h Die Anforderung an die landwirtschaftliche Grundbildung wird weitergeführt. Die bisherigen Ausnahmen für Betriebe im Berggebiet unter 0,5 SAK und für Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen mit einer anderen Ausbildung sollen gestrichen werden. Ausserdem wird neu der im BBG verankerte Begriff «Grundbildung» verwendet.

Abs. 2 Die Elemente des ÖLN sind abschliessend aufgeführt. Nebst den bisherigen Anforderungen wird zusätzlich die zielgerichtete Bewirtschaftung von Objekten nationaler Bedeutung gemäss NHG (Flachmoore, Trockenwiesen und -weiden sowie Amphibienlaichgebiete) aufgenommen. Zur vorschriftsgemässen Bewirtschaftung von Objekten nationaler Bedeutung gehört die Einhaltung der notwendigen Pufferstreifen. Die Umsetzung der Anforderungen der NHG-Flächen muss zwischen dem BAFU und dem BLW koordiniert werden.

Abs. 3 Bst. a Der Bundesrat legt die konkreten Anforderungen an den ÖLN fest.

Abs. 3 Bst. b Der Bundesrat konkretisiert die Anforderungen an die bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe, an das Mindestarbeitsaufkommen, an den Mindestanteil an betriebseigenen Arbeitskräften, an die Altersgrenze und an die Grundbildung fest.

Abs. 3 Bst. c Der Bundesrat kann die Summe der Direktzahlungen pro SAK weiterhin begrenzen.

Abs. 3 Bst. d Die höhere Anforderung an die landwirtschaftliche Grundbildung soll nur für neue Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen gelten. Im Sinne einer Besitzstandswahrung soll der Bundesrat für Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen, die bisher Direktzahlungen erhalten haben, eine Ausnahme festlegen können.

Bei der Begrenzung pro SAK sind weiterhin Ausnahmen vorgesehen für die Beiträge für die Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen, die Landschaftsqualitätsbeiträge und die Übergangsbeiträge. Diese sollen nicht von der Begrenzung betroffen sein.

Abs. 3 Bst. e Vom Grundsatz der bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe kann der Bundesrat Ausnahmen bestimmen. Vorgesehen ist die Ausrichtung der Biodiversitätsbeiträge und der Landschaftsqualitätsbeiträge an nicht bäuerliche Betriebe. In diesen Bereichen üben beispielsweise die Betriebe der öffentlichen Hand oder Stiftungen oft eine Vorreiterrolle aus, die nicht durch die Verweigerung dieser Beiträge verhindert werden soll.

2253

Abs. 4 Die Kompetenz des Bundesrates zur Festlegung von weiteren Auflagen für die Ausrichtung von Direktzahlungen wurde bisher mit Artikel 70 Absatz 6 Buchstabe c geregelt und soll weitergeführt werden. Damit können die verschiedenen Beiträge bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Vollzuges und zur Verbesserung der Transparenz aufeinander abgestimmt werden. Zudem erlaubt diese Bestimmung dem Bundesrat, bei den einzelnen Beiträgen gezielte Auflagen zu erlassen.

Abs. 5 Der Bundesrat hat die Kompetenz die beitragsberechtigten Flächen für die einzelnen Beitragsarten festzulegen. Als Grundlage dient dabei die heutige beitragsberechtigte Fläche. Der Bundesrat kann gestützt auf diese Bestimmung auch Flächen von der Beitragsberechtigung ausnehmen, insbesondere dann, wenn deren Hauptzweckbestimmung nicht die landwirtschaftliche Nutzung ist.

Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge können für weitere klar definierte Elemente auf der Betriebsfläche (z.B. Uferbereich) ausgerichtet werden. Beiträge zur Förderung der Biodiversität und Landschaftsqualität sollen auch auf Flächen im Sömmerungsgebiet ausgerichtet werden.

Art. 70b (neu)

Besondere Voraussetzungen für das Sömmerungsgebiet

Da im Sömmerungsgebiet neben dem Sömmerungsbeitrag neu auch Biodiversitätsund Landschaftsqualitätsbeiträge ausgerichtet werden, werden die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Beiträgen im Sömmerungsgebiet neu in einem separaten Artikel geregelt (vgl. Ziff. 2.3.2.)

Abs. 1 Die bisherige Regelung von Artikel 76 Absatz 2 soll weitergeführt werden. Auch an Alpkorporationen, Genossenschaften oder Gemeinden sollen weiterhin Beiträge im Sömmerungsgebiet ausgerichtet werden können.

Abs. 2 Die Anforderungen und Begrenzungen nach Artikel 70a Absätze 1 und 2 kommen mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstabe c im Sömmerungsgebiet nicht zur Anwendung. Diese Anforderungen und Begrenzungen sind spezifisch auf Ganzjahresbetriebe ausgerichtet. Dies entspricht der bisherigen Regelung. Weil neu im Sömmerungsgebiet auch Landschaftsqualitäts- und Biodiversitätsbeiträge möglich sind, muss das Sömmerungsgebiet generell von diesen Anforderungen ausgenommen werden.

Abs. 3 Im Sömmerungsgebiet müssen wie bisher spezifische Bewirtschaftungsanforderungen eingehalten werden. Neu wird dies im Gesetz festgehalten. Die nachhaltige Nutzung der Sömmerungsflächen wird über die maximal zulässige Bestossung und spezifische Anforderungen an die Sömmerungsbetriebe erreicht (Düngung, Zufuhr von Futtermitteln usw.). Die Festlegung dieser Bewirtschaftungsanforderungen, die in Analogie zum ÖLN spezifisch auf die Verhältnisse im Sömmerungsgebiet ausgerichtet sind, wird an den Bundesrat delegiert. Die bisherigen Anforderungen sollen unverändert weitergeführt werden.

2254

Art. 71

Kulturlandschaftsbeiträge

Mit den Kulturlandschaftsbeiträgen wird die Offenhaltung der Kulturlandschaft angestrebt. Die Offenhaltung wird erreicht, indem eine flächendeckende landwirtschaftliche Nutzung erfolgt (inkl. Sömmerungsgebiet). Sie dient als Basis für die Erbringung der übrigen gemeinwirtschaftlichen Leistungen. (vgl. Ziff. 2.3.5).

Abs. 1 Bst. a Der Zonenbeitrag Offenhaltung ist so zu bemessen, dass eine Bewirtschaftung von Flächen mit weniger als 18 Prozent Hangneigung in allen Zonen sichergestellt ist.

Der Beitrag wird nach Zonen abgestuft, um die Bewirtschaftungsnachteile in den höheren Zonen zu kompensieren.

Abs. 1 Bst. b Der heutige Hangbeitrag wird grundsätzlich weitergeführt. Neu wird dieser auch in der Talzone ausgerichtet. Zudem sollen anstelle von bisher zwei neu drei Neigungsklassen unterschieden werden: Hanglagen mit 18­35 Prozent Neigung, Hanglagen mit 35­50 Prozent Neigung sowie Steillagen mit mehr als 50 Prozent Neigung. Das Konzept der bisherigen spezifischen Hangbeiträge für Rebflächen in Steil- und Terrassenlagen soll unverändert weitergeführt werden.

Abs. 1 Bst. c Der Alpungsbeitrag wird je Normalstoss ausgerichtet für raufutterverzehrende Nutztiere, die auf Sömmerungsbetriebe in der Schweiz verstellt werden. Der Beitrag ist in allen Zonen gleich hoch.

Abs. 1 Bst. d Der bisherige Sömmerungsbeitrag soll unverändert beibehalten werden. Die Zielsetzung besteht darin, die Offenhaltung des Sömmerungsgebiets durch die Nutzung mit raufutterverzehrenden Nutztieren sicherzustellen und die Sömmerungsflächen zu pflegen.

Abs. 2 Der Bundesrat legt wie bis anhin die zulässige Bestossung fest und bestimmt, für welche Tierkategorien der Sömmerungsbeitrag ausgerichtet wird.

Abs. 3 Es bleibt wie bisher möglich, einen Teil des Sömmerungsbeitrags an Personen auszurichten, die für die Infrastruktur und die notwendigen Alpverbesserungen aufkommen. Es bleibt in der Kompetenz der Kantone zu entscheiden, ob sie die Aufteilung machen wollen oder nicht.

Art. 72

Versorgungssicherheitsbeiträge

Mit Versorgungssicherheitsbeiträgen soll die Produktionskapazität für den Fall von länger andauernden Versorgungsengpässen aufrechterhalten werden. Der Bundesrat legt Mindestanforderungen sowohl für die ackerbauliche Nutzung als auch für die Grünlandnutzung fest (vgl. Ziff. 2.3.6).

2255

Abs. 1 Bst. a Der Basisbeitrag soll auf dem Grünland in der Talzone eine Produktion mit optimaler Intensität gewährleisten. Der Beitrag wird flächenbezogen ausgerichtet.

Abs. 1 Bst. b Der Förderbeitrag für Ackerflächen und die Dauerkulturen wird zusätzlich zum Basisbeitrag ausgerichtet. Er orientiert sich an den komparativen Kostennachteilen des Ackerbaus. Damit sollen eine ackerbauliche Nutzung und ein Anbau von Dauerkulturen in etwa im heutigen Umfang erhalten bleiben.

Abs. 1 Bst. c Zur Förderung einer nachhaltigen Produktion im Berg- und Hügelgebiet wird ein nach Zonen abgestufter Beitrag ausgerichtet. Der Zonenbeitrag soll eine möglichst optimale Ausnutzung des Produktionspotenzials auch im Berg- und Hügelgebiet gewährleisten. Der Beitrag wird flächenbezogen ausgerichtet.

Abs. 2 Für die Grünfläche sollen Versorgungssicherheitsbeiträge grundsätzlich nur ausgerichtet werden, wenn ein Mindesttierbesatz erreicht wird. Mit dieser Anforderung wird der Anreiz beibehalten, auf Grünfläche raufutterverzehrende Nutztiere zu halten. Biodiversitätsförderflächen und Kunstwiesen unterliegen nicht der Anforderung des Mindesttierbesatzes. Bei den Biodiversitätsförderflächen besteht ansonsten die Gefahr einer unerwünschten Intensivierung. Die Kunstwiese als wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Fruchtfolge ist vom Mindesttierbesatz ebenfalls ausgenommen. Auf Biodiversitätsförderflächen soll ein tieferer Basisbeitrag ausgerichtet werden.

Abs. 3 Der Bundesrat behält die Kompetenz, Versorgungssicherheitsbeiträge auch für Flächen in der ausländischen Grenzzone auszurichten, die traditionellerweise von schweizerischen Betrieben bewirtschaftet werden (bisher Art. 70 Abs. 6 Bst. b).

Dabei steht wie bisher der Aspekt der Versorgungssicherheit im Vordergrund, weshalb diese Möglichkeit auf die entsprechenden Beiträge beschränkt wird (vgl.

Ziff. 2.3.3).

Art. 73

Biodiversitätsbeiträge

Biodiversitätsbeiträge werden für die Förderung der natürlichen Artenvielfalt und der Vielfalt von Lebensräumen ausgerichtet, dies insbesondere im Hinblick auf die Förderung und Erhaltung von Ziel- und Leitarten. Neu wird an Stelle des Begriffs «ökologischer Ausgleich» der Begriff «Biodiversitätsförderfläche» verwendet (vgl.

Ziff. 2.3.7).

Abs. 1 Bst. a Der Beitrag für unterschiedliche Arten von BFF (heutige Typen des ökologischen Ausgleichs) wird abgestuft nach Qualitätsniveau und bei Flächen ohne spezifische Qualität (heutiges DZV-Niveau) abgestuft nach Zone ausgerichtet. Die heutigen Grundanforderungen nach DZV und zusätzlichen Anforderungen nach ÖQV werden in diesem Buchstaben vereint.

2256

Abs. 1 Bst. b Zur Förderung der Vernetzung von BFF können im Rahmen von Vernetzungsprojekten Beiträge ausgerichtet werden. Dabei müssen, abgeleitet aus den Lebensraumansprüchen der festgelegten Ziel- und Leitarten, Wirkungs- und Umsetzungsziele definiert werden. Diese enthalten insbesondere Angaben zur Art (BFF-Typ), Grösse, Lage und Qualität der BFF.

Abs. 2 Die Kompetenz zur Definition der Arten von BFF, der Voraussetzungen und Auflagen an die einzelnen Arten von BFF sowie zur Festlegung der Beitragshöhe wird wie bisher an den Bundesrat delegiert. Beiträge sollen jedoch nur ausgerichtet werden, wenn die Flächen landwirtschaftlich genutzt oder als klar definierte Elemente der Betriebsfläche gepflegt werden (z.B. Uferbereich).

Abs. 3 Eine Kofinanzierung des Vernetzungsbeitrags im Umfang von mindestens 20 Prozent muss von den Kantonen sichergestellt werden.

Art. 74

Landschaftsqualitätsbeiträge

Mit Kulturlandschaftsbeiträgen (Art. 71) wird der Beitrag der Landwirtschaft zur Kulturlandschaftspflege in quantitativer Hinsicht gefördert. In Ergänzung dazu werden mit den Landschaftsqualitätsbeiträgen gezielte Anreize für qualitative Landschaftsleistungen geschaffen. Dabei werden auf bestehende Grundlagen abgestützte und auf regionale Bedürfnisse ausgerichtete Landschaftsentwicklungsziele erarbeitet und darauf ausgerichtete Leistungen mit Beiträgen gefördert (vgl. Ziff. 2.3.8).

Abs. 1 Landschaftsqualitätsbeiträge werden für die umfassende Pflege landschaftlicher Vielfalt ausgerichtet. Gefördert werden Leistungen, die sich aus gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landschaft herleiten und über die Förderung der Artenvielfalt und der Vielfalt der Lebensräume von Arten hinausgehen.

Abs. 2 Die Kantone schliessen auf der Grundlage bestehender oder regional erarbeiteter Landschaftsziele und daraus abgeleiteter Massnahmen gesamtbetriebliche Bewirtschaftungsvereinbarungen mit den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern ab und richten ihnen für die vereinbarten Leistungen Landschaftsqualitätsbeiträge aus. Für die Landschaftsqualitätsbeiträge stellt der Bund dem Kanton je Projekt finanzielle Mittel in Form eines Einheitsbeitrags zur Verfügung. Dieser bemisst sich nach der landwirtschaftlichen Nutzfläche oder dem Normalbesatz (Sömmerungsgebiet) der vertragnehmenden Betriebe. Voraussetzung für die Finanzhilfe des Bundes ist, dass die Ziele breit abgestützt definiert werden, dass die Massnahmen unter Einbezug der betroffenen Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen entworfen werden, dass der Kanton entsprechende Leistungen vereinbart hat und dass Ziele und Massnahmen mit einer nachhaltigen Raumentwicklung in Einklang stehen.

Abs. 3 Es wird eine Kofinanzierung der Beiträge durch die Region im Umfang von mindestens 20 Prozent vorausgesetzt. Gleichzeitig erhalten die Kantone beispielsweise 2257

hinsichtlich der Definition von Zielen und Massnahmen Handlungsspielraum. Auch bei der Ausgestaltung der Beiträge für vereinbarte Leistungen soll der Kanton den regionalen Bedürfnissen Rechnung tragen können. Die gesamte, kofinanzierte Beitragssumme wird für Beiträge verwendet, die nach Massgabe eines vom Kanton erarbeiteten projektspezifischen Schlüssels für die vertraglich festgehaltenen Leistungen ausgerichtet werden.

Art. 75

Produktionssystembeiträge

Zur Förderung von besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (vgl. Art. 104 Abs. 3 Bst. b BV) sollen sogenannte Produktionssystembeiträge eingeführt werden (vgl. Ziff. 2.3.9).

Abs. 1 Bst. a Gesamtbetriebliche Produktionsformen wie der Biolandbau sollen weiterhin durch Beiträge gefördert werden. Die Beiträge werden wie heute nach Nutzungsart abgestuft und pro Hektare ausbezahlt. Es besteht die Möglichkeit, dass auf dieser Gesetzesgrundlage auch andere gesamtbetriebliche Produktionsformen, wie die integrierte Produktion oder besonders klimafreundliche Produktionsformen, gefördert werden können.

Abs. 1 Bst. b Teilbetriebliche Produktionsformen die besonders naturnah und umweltfreundlich sind, indem beispielsweise der Einsatz von bestimmten Produktionsmitteln eingeschränkt wird, sollen mit Beiträgen gefördert werden. Es können sowohl Produktionsformen im Pflanzenbau als auch in der Tierhaltung unterstützt werden. Das bisherige Extensoprogramm für Getreide und Raps soll weitergeführt werden. Neu soll zudem eine graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion gefördert werden.

Abs. 1 Bst. c Die besonders tierfreundlichen Produktionsformen BTS und RAUS werden weiterhin mit Beiträgen gefördert.

Abs. 2 Die Kompetenz zur Festlegung der Massnahmen und der Höhe der Beiträge wird an den Bundesrat delegiert.

Art. 76

Ressourceneffizienzbeiträge

In Ergänzung zu den Bestimmungen des ÖLN und den bestehenden Programmen nach den Artikeln 77a und 77b LwG sowie nach Artikel 62a GSchG sollen nationale Ressourceneffizienzbeiträge eingeführt werden. Damit soll eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen sichergestellt und die Effizienz beim Einsatz von Produktionsmitteln verbessert werden (vgl. Ziff. 2.3.10).

Abs. 1 Neu kann auf nationaler Ebene ein Beitrag für Massnahmen ausgerichtet werden, um die für die landwirtschaftliche Produktion benötigten Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft nachhaltiger zu nutzen oder Produktionsmittel wie Stickstoff, Phosphor, Pflanzenschutzmittel oder Energie effizienter einzusetzen. Die Beiträge nach den Artikeln 77a und 77b LwG werden weitergeführt.

2258

Abs. 2 Die Beiträge sind zeitlich befristet. Sie werden zur Einführung von ressourcenschonenden Techniken gewährt.

Abs. 3 Die Kompetenz zur Festlegung der Massnahmen und der Höhe der Beiträge wird an den Bundesrat delegiert.

Abs. 3 Bst. a Die Massnahmen müssen auf wissenschaftlichen Grundlagen basieren und einen Beitrag zur Erreichung der agrarökologischen Zielsetzung nach Ziffer 1.5 leisten.

Abs. 3 Bst. b Nach Ablauf der befristeten Förderung muss die Massnahme weitergeführt werden.

Dies kann beispielsweise durch eine Aufnahme in den ÖLN sichergestellt werden.

Abs. 3 Bst. c Es werden nur Massnahmen mit Beiträgen gefördert, die für die Landwirtschaftsbetriebe nach absehbarer Zeit und Ablauf der Förderung wirtschaftlich tragbar sind.

Art. 77

Übergangsbeiträge

Mit den Übergangsbeiträgen soll für die Landwirtschaftsbetriebe ein sozialverträglicher Übergang vom heutigen zum weiterentwickelten Direktzahlungssystem gewährleistet werden (vgl. Ziff. 2.3.11).

Abs. 1 Die Übergangsbeiträge sind vollständig von der Produktion entkoppelt und stellen eine sozialverträgliche Entwicklung der Landwirtschaft sicher.

Abs. 2 Die jährlichen Übergangsbeiträge werden aufgrund der bewilligten Kredite und der für die anderen Direktzahlungsinstrumente nach den Artikeln 71­76 LwG und die Programme nach den Artikeln 77a und 77b LwG sowie nach Artikel 62a GSchG benötigten Mittel festgelegt. Somit können Beteiligungszunahmen bei den leistungsbezogenen Direktzahlungen durch eine Reduktion der Übergangsbeiträge ausgeglichen werden.

Abs. 3 Die Übergangsbeiträge werden betriebsbezogen ausgerichtet. Beim Systemwechsel per 1. Januar 2014 wird für jeden Betrieb, der 2013 Direktzahlungen erhalten hat, der Ausgangsbetrag festgelegt. Die Höhe des Ausgangsbetrags berechnet sich aus der Differenz, die sich aus dem Systemwechsel per 1. Januar 2014 ergibt. Dabei werden für die Berechnung beim alten System nur die allgemeinen Direktzahlungen und beim neuen System nur die Versorgungssicherheitsbeiträge und die Kulturlandschaftsbeiträge (ohne Sömmerungsbeitrag) berücksichtigt. Für beide Berechnungen werden jeweils die Betriebsstrukturen der Jahre 2011­2013 verwendet. Damit ist sichergestellt, dass eine Änderung bei der Betriebsstruktur (z.B. Verpachtung von Land im Jahr 2014) keinen Einfluss auf die Festlegung des betriebsindividuellen Übergangsbeitrags hat.

2259

Abs. 4 Bst. a Beim Systemwechsel wird für jeden Betrieb ein Ausgangsbetrag nach Absatz 3 festgelegt. Aufgrund der für die Übergangsbeiträge zur Verfügung stehenden Mittel und der Summe aller einzelbetrieblichen Ausgangsbeträge wird jährlich ein Faktor festgelegt. Dieser Faktor ist für alle Betriebe gleich. Der in einem bestimmten Jahr ausgerichtete Übergangsbeitrag berechnet sich für den einzelnen Betrieb aus dem Ausgangsbetrag multipliziert mit dem für das entsprechende Jahr festgelegten Faktor. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten und die Spezialfälle (z.B. Betriebsübernahme im Jahr 2013).

Abs. 4 Bst. b Durch die Bindung der Übergangsbeiträge an den Betrieb braucht es eine Regelung dazu, was mit diesen Beiträgen bei grösseren Veränderungen, Betriebsaufgaben oder Betriebsübergaben geschieht. Bei der Übergabe von ganzen Betrieben werden die Übergangsbeiträge grundsätzlich an den neuen Bewirtschafter oder die neue Bewirtschafterin übergeben. Bei der Auflösung von Betrieben und der Aufteilung der Flächen auf andere Betriebe (z.B. parzellenweise Verpachtung) entfallen die Übergangsbeiträge. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

Abs. 4 Bst. c Aus sozial motivierten Überlegungen sollen für die Ausrichtung der Übergangsbeiträge Grenzwerte in Bezug auf das steuerbare Einkommen und Vermögen festgelegt werden. Es ist vorgesehen, die bisherigen Grenzwerte und Kürzungsbedingungen unverändert weiterzuführen, diese aber nur noch für die Übergangsbeiträge anzuwenden (vgl. Ziff. 2.3.2).

Art. 85 Abs. 3 Vorübergehend nicht benötigte Bundesmittel der Betriebshilfe können neu auch für Investitionskredite eingesetzt werden (vgl. Ziff. 2.4).

Art. 86a Abs. 3 Mit der Verlängerung erhalten ausstiegswillige Betriebsleiterinnen und -leiter oder ihre Ehepartner beziehungsweise -partnerinnen bis Ende 2017 die Möglichkeit, ein Gesuch zu stellen, um erleichtert eine qualifizierte ausserlandwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen zu können. Weil die Umschulungsbeihilfen halbjährlich nachschüssig bezahlt werden, muss die Zahlungsmöglichkeit mindestens 2 Jahre länger dauern als die Gesuchsbewilligung (vgl. Ziff. 2.4).

Art. 87 Abs. 2 Die Bestimmung wird aufgehoben, weil die Wettbewerbsneutralität neu in Artikel 89a geregelt wird.

Art. 89 Abs. 1 Bst. c und d Die Änderung in Buchstabe c betrifft nur den Verweis auf den neuen Artikel 70a Absatz 2. Unverändert bleibt die Notwendigkeit der Erfüllung des ÖLN.

2260

In einem volatileren und dynamischeren Umfeld gewinnen Fragen zur Wirtschaftlichkeit, zur Widerstandsfähigkeit der Betriebe und zur Verschuldung der Landwirtschaft an Bedeutung. Speziell bei Investitionsentscheiden müssen diese Fragen sorgfältig abgeklärt werden. Daher wird Buchstabe d insofern ergänzt, dass vor der Gewährung von Investitionshilfen die Finanzierung gesichert und die Tragbarkeit unter Berücksichtigung der künftigen Rahmenbedingungen ausgewiesen sein müssen. Zu den künftigen Rahmenbedingungen gehört der Einbezug der monetären Entwicklung auf der Erlös- und Kostenseite. Eine Investition ist tragbar, wenn der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin in der Lage ist, die laufenden Ausgaben für Betrieb und Familie zu decken, die anfallenden Zinsverpflichtungen zu erfüllen, den Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen, die künftig notwendigen Investitionen zu tätigen und zahlungsfähig zu bleiben. Die Beurteilung erfolgt gesamtbetrieblich und berücksichtigt die Grundsätze nach Artikel 87 LwG. Die Erweiterung der Voraussetzungen erhöht die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der unterstützten Betriebe (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 89a (neu)

Wettbewerbsneutralität

Das Verfahren zur Festlegung der Wettbewerbsneutralität soll im neuen Artikel 89a geregelt werden (vgl. Ziff. 2.5).

Abs. 1 Sollen an ein Projekt Investitionshilfen des Bundes gewährt werden, so ist die Wettbewerbsneutralität gegenüber direkt betroffenen Gewerbebetrieben in der Region abzuklären (gleich lange Spiesse). Der Begriff «Region» korrespondiert mit den Förderungsartikeln (Art. 94 Abs. 2 Bst. c und Art. 107 Abs. 1 Bst. b). Je nach Massnahme und Auswirkungen auf den Wettbewerb ist die Region unterschiedlich gross; so hat ein Verkaufsladen für Produkte ab Hof oder ein agrotouristisches Angebot ein kleineres Einzugsgebiet als eine grosse Käserei oder ein zentrales Kartoffellager. Im Vollzug ergibt sich aus diesem Absatz keine grundsätzliche Änderung gegenüber heute.

Abs. 2­4 Die Feststellung der Wettbewerbsneutralität erfolgt bei grossen Investitionen zweckmässigerweise frühzeitig in einem eigenständigen Verfahren, damit für den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin nicht unnötige Planungskosten entstehen und der Verwaltungsaufwand minimiert werden kann. Gestützt auf ein Investitionskonzept ist es möglich, die Wettbewerbsneutralität zu beurteilen. Mit der Publikation des Vorhabens im kantonalen Amtsblatt wird den Gewerbebetrieben in der Region, die betroffen und in der Lage sind, die vorgesehene Aufgabe gleichwertig zu erfüllen oder eine gleichwertige Dienstleistung zu erbringen, Gelegenheit zur Beschwerde gegeben. Das Verfahren richtet sich nach kantonalem Recht. Ist die Beurteilung über die Feststellung der Wettbewerbsneutralität in Rechtskraft erwachsen, kann das Verfahren nicht in einer späteren Phase wieder aufgerollt werden.

Diese Regelung schafft Rechtssicherheit. Eine ähnliche Regelung findet sich in Artikel 55b USG.

Art. 93 Abs. 1 Bst. e (neu) Der Artikel ermöglicht die Unterstützung von gemeinschaftlichen Initiativen zur Senkung der Produktionskosten. Mit einem finanziellen Beitrag kann der Anreiz zur 2261

Zusammenarbeit erhöht sowie die professionelle Vorbereitung und Umsetzung gefördert werden. Beiträge sind möglich für die Vorabklärung und die Gründung oder den Ausbau bäuerlicher Zusammenarbeitsformen, wie Betriebsgemeinschaften, Maschinenringe oder -gemeinschaften oder Gewannebewirtschaftungen. Ein Beitrag ermöglicht die Verwirklichung neuer und innovativer Ideen und vermindert die Startrisiken. Beitragsvoraussetzung ist, dass die Produktionskosten der beteiligten Betriebe nachhaltig gesenkt werden. Nicht in den Geltungsbereich dieses Artikels fallen Bodenverbesserungen sowie Investitionen in Gebäude oder gemeinschaftliche Maschinen. Diese können mit bestehenden Instrumenten unterstützt werden, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 97 Abs. 1 und 7 Absatz 1 wird im deutschen Gesetzestext redaktionell angepasst: Das Wort «Bodenverbesserung» wird ersetzt durch «Bodenverbesserungen».

Der bisherige Bezug zur Genehmigung in Absatz 7 wird gestrichen, weil sich die Rechtskraft grundsätzlich auf das Projekt bezieht. Die Rechtskraft eines Projektes ist dann erreicht, wenn die dem Projekt zugrunde liegenden Verfahren (z.B. Umweltverträglichkeitsprüfung, Baubewilligung, kantonale Beitragsbewilligung) rechtmässig abgeschlossen sind (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 100

Angeordnete Landumlegungen

Die neue Möglichkeit für kantonale Regierungen, Landumlegungen bei Nutzungsplanungen (kommunal oder interkommunal) anordnen zu können, soll zum Zuge kommen, wenn die Interessen der Landwirtschaft ­ namentlich der Kulturlandschutz ­ durch Nutzungsplanungen stark tangiert werden. Mit dieser Anpassung des Agrarrechts werden die bestehenden (Art. 20 RPG) und geplanten (Art. 15a RPG) Massnahmen des Raumplanungsrechts im Sinne einer nachhaltigen Raumordnungspolitik flankiert (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 107 Abs. 2 Neu sollen Baukredite für grössere Vorhaben auch im Talgebiet ausgerichtet werden können (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 108 Abs. 1bis (neu) und 2 In Analogie zu Artikel 97 Absatz 7 gilt gemäss dem neuen Absatz 1bis für die Gewährung von Investitionskrediten der gleiche Wortlaut wie für die Gewährung von Beiträgen.

Nach Absatz 2 kann das BLW den kantonalen Kreditentscheid innerhalb von 30 Tagen genehmigen oder ablehnen. Wird die Genehmigung verweigert, so kann kein Investitionskredit gewährt werden, und selbstverständlich wird in diesen Fällen auch kein Beitrag zugesichert. Es steht dem Kanton frei, einen überarbeiteten Entscheid erneut dem BLW zur Genehmigung vorzulegen. Die bisherige Möglichkeit, dass das BLW in der Sache selbst entscheidet, führte zu einer unerwünschten Gabelung des Rechtswegs bei der Gewährung von Beiträgen und Investitionskrediten (vgl. Ziff. 2.5).

2262

Art. 114 und 115 In den Artikeln 114 und 115 wird der Begriff «Versuchs- und Untersuchungsanstalten» durch den Begriff «landwirtschaftliche Forschungsanstalten» ersetzt (vgl.

Ziff. 2.6.1).

Art. 140 Abs. 2 Bst. c und 142 Abs. 1 Bst. c Diese Bestimmungen können aufgehoben werden, weil sie materiell in die Neuregelung von Artikel 147a integriert werden (vgl. Ziff. 2.6.3).

Art. 145 Weil die Bewilligungspflicht für die Gewinnung und den Vertrieb von Sperma und Embryonen von Nutztieren 2007 aufgehoben wurde, ist Artikel 145 Absätze 1 und 2 LwG nicht mehr notwendig und kann aufgehoben werden. Ferner wird Absatz 3 im Hinblick auf Liberalisierungen bei der Einfuhr von Rindersperma ebenfalls aufgehoben (vgl. Ziff. 2.6.2).

Art. 147 Abs. 1 Der Bund wird verpflichtet, ein Gestüt zu betreiben (vgl. Ziff. 2.6.2).

Art. 147a (neu)

Erhaltung und nachhaltige Nutzung von genetischen Ressourcen

Absatz 1 schafft eine klare, einheitliche Rechtsgrundlage für die Förderung der Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung der genetischen Ressourcen für Landwirtschaft und Ernährung durch den Bund. Dies ermöglicht dem Bund, einerseits Genbanken und Erhaltungssammlungen zu führen oder führen zu lassen, und anderseits seinen internationalen Verpflichtungen im Bereich der genetischen Ressourcen nachzukommen.

Absatz 2 ermöglicht es dem Bundesrat zum Beispiel, im pflanzengenetischen Bereich unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen (IV-PGREL), nationale Prioritäten zu setzen und diese in einer Verordnung zu präzisieren (vgl.

Ziff. 2.6.3).

Art. 147b (neu)

Zugang zu den genetischen Ressourcen und Aufteilung der Vorteile

Gemäss den Verpflichtungen des IV-PGREL gewährt der Bund im Rahmen des multilateralen Systems und unter der standardisierten Materialtransfervereinbarung Zugang zu den pflanzengenetischen Ressourcen. Es ist beabsichtigt, dass der Nutzer des genetischen Materials, bei allfälligen Vorteilen einen Betrag in den BenefitSharing-Fund des IV-PGREL einbezahlt. Im tiergenetischen Bereich bestehen diesbezüglich gegenwärtig noch keine bereichsspezifischen Verpflichtungen (vgl.

Ziff. 2.6.3).

Art. 165a (neu)

Vorsorgemassnahmen

Als Folge der Globalisierung und der Marktöffnung steigen Importe und Exporte von Lebensmitteln, aber auch von Produktionsmitteln (Dünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut und Futtermittel) sowie tierischem oder pflanzlichem Material stetig.

2263

Damit steigt auch das Risiko der Verbreitung von unerwünschten oder für Mensch, Tier und Umwelt gar gefährlichen Stoffen und Organismen in kürzester Zeit. Die Ursachen der schädlichen oder lebensbedrohenden Wirkung können sehr unterschiedlich sein: Verschmutzung oder Verseuchung aufgrund von Umweltkatastrophen, weitreichende Ereignisse wie AKW-Unfälle oder Naturkatastrophen, nachlässige oder sogar gesetzwidrige Herstellung, Lagerung oder Verwendung von Produktionsmitteln usw. Diesen unterschiedlichen Situationen ist gemeinsam, dass ein rasches und koordiniertes Handeln gefordert ist, damit allfällige Folgeschäden frühzeitig verhindert oder zumindest begrenzt werden können.

Im Jahr 2003 wurde im LwG mit Artikel 148a ein neuer Gesetzesartikel geschaffen, der Vorsorgemassnahmen im Zusammenhang mit Produktionsmitteln und Pflanzenmaterial, das Träger von Schadorganismen ist, ermöglicht. Seither haben diverse Ereignisse im In- und Ausland gezeigt, dass die Beschränkung der Vorsorgemassnahmen auf Produktionsmittel und Träger von Schadorganismen nicht genügt.

Deshalb soll in einem neuen Titel 7a ein zusätzlicher Artikel 165a «Vorsorgemassnahmen» als generelle gesetzliche Basis geschaffen werden, der es dem BLW ermöglicht, bei den erwähnten Ereignissen Vorsorgemassnahmen zu ergreifen.

Abs. 1 Produktionsmittel und tierische oder pflanzliche Materialien, die infolge von radiologischen, biologischen, chemischen Natur- oder sonstigen Ereignissen mit internationalen, nationalen oder regionalen Auswirkungen eine gesundheitliche Gefährdung für Mensch, Tier, Pflanzen und Umwelt oder für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft (vgl. Grundsatz in Art. 7 LwG) darstellen könnten, sollen rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen werden können. Das geeignete Instrument hierzu sind Vorsorgemassnahmen. Mit Vorsorgemassnahmen wird bereits auf eine potenzielle Gefährdung reagiert, ohne dass vorgängig langwierige Analysen, Untersuchungen und Abklärungen vorgenommen werden müssen, um die Gefährlichkeit der betreffenden Produktionsmittel oder Materialien zu belegen. Es soll also rasch und effektiv auf unvorhergesehene Situationen mit geografisch und gesundheitlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich weitreichenden Folgen reagiert werden. Aus diesem Grund wird direkt das BLW ermächtigt, die notwendigen
Vorsorgemassnahmen zu ergreifen. Damit wird sichergestellt, dass die mit Inhalt, Struktur und Abläufen vertraute Fachstelle die Aufgabe und Verantwortung für die rechtzeitige Ergreifung und Anpassung der Vorsorgemassnahmen wahrnehmen kann. Anderen Bundesstellen bleibt es dabei unbenommen, weitere Massnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeitsbereiche zu ergreifen. Diese werden im Sinne von Artikel 14 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998176 miteinander Rücksprache nehmen.

Die Massnahmen erfordernden Schadenereignisse werden in Absatz 1 bewusst breit gefasst. Nach der Einführung von Artikel 148a LwG hat sich gezeigt, dass dieser Artikel nicht in allen Situationen ermöglichte, Vorsorgemassnahmen zu ergreifen. Er muss daher ergänzt werden mit einer gesetzlichen Grundlage, die das generelle Ergreifen von Vorsorgemassnahmen bei ausserordentlichen Ereignissen erlaubt. Mit dem neuen Artikel 165a im Titel 7a können Massnahmen auch ergriffen werden im Fall von Umweltkatastrophen wie einem Tsunami, bei Atomreaktorunfällen oder

176

SR 172.010.1

2264

Staudammbrüchen sowie im Zusammenhang mit vorsätzlich oder grobfahrlässig hergestellten gesundheitsgefährdenden Produktionsmitteln und Produkten.

Massnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen (z.B. Sperrmassnahmen oder Massnahmen in den Schutz- und Überwachungszonen), die gestützt auf die Tierseuchengesetzgebung verfügt werden, fallen in die Kompetenz der zuständigen kantonalen Behörden beziehungsweise des BVET.

Abs. 2 Vorsorgemassnahmen sind immer auf den Einzelfall auszurichten. Nur so können sie in gezielter, effizienter und verhältnismässiger Weise wirken. Weil es unmöglich ist, alle vorkommenden Schadensereignisse vorauszusehen, muss auch bei den Massnahmen ein gewisser Spielraum offen gehalten werden. Der aufgelistete Katalog ist deshalb nicht abschliessend.

Abs. 3 Vorsorgemassnahmen sollen das Eintreten eines Schadens möglichst verhindern beziehungsweise die Auswirkungen beim Eintreten begrenzen. Da sich die zugrunde liegenden Situationen ändern können, müssen die Massnahmen ständig überprüft und gegebenenfalls angepasst oder aufgehoben werden.

Abs. 4 Artikel 156 LwG sieht die Möglichkeit einer Abfindung nach Billigkeit für den Fall vor, dass behördlich angeordnete Massnahmen Schäden verursachen. Artikel 156 LwG gilt jedoch ausschliesslich im Rahmen der Schadorganismusbekämpfung. Es rechtfertigt sich, auch für sonstige behördlich angeordnete Vorsorgemassnahmen nach dem neuen Artikel 165a LwG eine Abfindung nach Billigkeit zu ermöglichen.

Die Möglichkeit einer Abfindung nach Billigkeit beschränkt sich auf Schäden im Zusammenhang mit behördlichen Anordnungen. Absatz 4 steht somit allfälligen Schadenersatzforderungen gegenüber den Schadensverursachern nicht entgegen.

Art. 165b (neu)

Pflicht zur Duldung der Bewirtschaftung von Brachland

In diesem Artikel wird die bisher in Artikel 71 aufgeführte Duldungspflicht inhaltlich unverändert weitergeführt. Wenn einzelne Landparzellen nicht mehr bewirtschaftet werden, kann dies Gefahren wie Lawinen, Erdrutsche, Flächenbrände begünstigen sowie ökologische Ziele und Aspekte der Landschaftsqualität negativ beeinflussen. Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken, besteht die Duldungspflicht, das heisst der Eigentümer einer Parzelle muss gegebenenfalls die Bewirtschaftung der Parzelle dulden, wenn er diese nicht mehr selber sicherstellt. Die Notwendigkeit dieser Bestimmung ist aber regional unterschiedlich. Deshalb wird die Kompetenz zum Erlass von Ausführungsbestimmungen an die Kantone delegiert. Verschiedene Kantone haben von diesen Bestimmungen Gebrauch gemacht. Die Bestimmung begünstigt auch einvernehmliche private Lösungen, indem sich Eigentümer und Bewirtschafter über Bedingungen und allfällige Auflagen einigen.

Art. 165c (neu)

Informationssystem für Betriebs-, Struktur- und Beitragsdaten

Bisher wurde die Erhebung und die Bearbeitung von landwirtschaftlichen Daten basierend auf Artikel 185 Absatz 5 LwG mehrheitlich auf Verordnungsstufe gere2265

gelt. Neu werden die grundlegenden Bestimmungen auf Gesetzesstufe festgehalten, wie dies bei als besonders schützenswert zu qualifizierenden Daten nach dem DSG erforderlich ist. Weiterhin sollen jedoch die detaillierten Vorgaben der Sammlung und die Weitergabe beziehungsweise das Abrufverfahren in der landwirtschaftlichen Datenverordnung vom 7. Dezember 1998177 beschrieben werden. In Absatz 2 wird aufgeführt, für welche Kategorien Daten gesammelt werden. In Absatz 3 werden explizit die Berechtigten genannt, an die das BLW Daten weitergeben kann oder die durch ein Abrufverfahren auf die Daten direkt Zugriff haben.

Art. 165d (neu)

Informationssystem für Kontrolldaten

Sowohl in der landwirtschaftlichen Datenverordnung wie auch in der Inspektionskoordinationsverordnung vom 14. November 2007178 finden sich Bestimmungen über das Erfassen von Kontrollergebnissen, verhängten Verwaltungsmassnahmen und die Kürzung oder Verweigerung von Direktzahlungen. Neu soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden analog zu den Betriebs-, Struktur- und Beitragsdaten. Das Informationssystem enthält sowohl Daten der Produktionsbetriebe wie auch der nachgelagerten Verarbeitungsbetriebe. In Übereinstimmung mit dem Entwurf zur Totalrevision des Lebensmittelgesetzes179 wird in Absatz 2 die Einbettung des Informationssystems des BLW in die gesamte Lebensmittelkette dargelegt.

Nach Absatz 4 haben das BVET und das BAG die Möglichkeit, Daten online zu erfassen und zu bearbeiten. Damit ist gewährleistet, dass der Vollzug im Bereich des Tierseuchen- und des Tierschutzgesetzes sowie der Lebensmittelhygiene funktioniert. Insbesondere können auch die für den Vollzug notwendigen Daten zwischen dem BLW, dem BVET und dem BAG ausgetauscht werden. Dies gilt auch für die kantonalen Behörden, die für den Vollzug im Direktzahlungsbereich zuständig sind.

In Absatz 5 sind diejenigen Stellen und Berechtigten festgelegt, die lediglich Zugriff auf ausgewählte Daten haben, jedoch nicht über die Möglichkeit der Erfassung beziehungsweise der Bearbeitung verfügen.

Art. 165e (neu)

Geografisches Informationssystem

Um den Vollzug, das heisst insbesondere die Berechnung der Direktzahlungen aufgrund der massgeblichen Flächen, effizienter und genauer durchzuführen, werden gewisse Flächen gemäss den minimalen Geodatenmodellen räumlich, andere wie bisher nur numerisch erfasst.

Das seit dem 1. Juli 2008 geltende GeoIG regelt den Zugang und die Nutzung der Daten in ausreichender Weise, sodass auf diese Bestimmungen verwiesen werden kann.

Art. 165f (neu)

Zentrales Informationssystem zu Nährstoffverschiebungen

Für einen vereinfachten und transparenten Vollzug der Bestimmungen für Nährstoffverschiebungen innerhalb und in die Landwirtschaft wird das Informationssystem HODUFLU ab 1. Januar 2014 obligatorisch.

177 178 179

SR 919.117.71 SR 910.15 BBl 2011 5661 5684

2266

Das System umfasst sowohl sämtliche Nährstoffverschiebungen zwischen landwirtschaftlichen Betrieben als auch die Verschiebungen von Recyclingdünger aus Biogas- und Kompostanlagen in die Landwirtschaft. Darin enthalten sind auch alle Lieferungen von Hofdüngern an Biogas- und Kompostanlagen. Zur Erfüllung des ÖLN werden nur die korrekt erfassten Lieferungen im System anerkannt.

Nach Absatz 4 hat das BAFU die Möglichkeit, Daten online abzurufen, um Aufgaben beim Vollzug des GSchG wahrzunehmen. Dies gilt auch für die kantonalen Behörden, die für den Vollzug im Direktzahlungsbereich zuständig sind.

Art. 165g (neu)

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat erlässt weitere detaillierte Bestimmungen über den Inhalt und den Betrieb der unter Artikel 165c­165f aufgeführten Informationssysteme. Die zu regelnden Bereiche orientieren sich an den entsprechenden Bestimmungen im neuen Lebensmittel-, Tierschutz- und Tierseuchenrecht. Somit soll soweit möglich auf Gesetzesstufe eine einheitliche Regelung betreffend die Behandlung von Informationssystemen erreicht werden.

Art. 165h (neu)

Geistiges Eigentum

Die landwirtschaftlichen Forschungsanstalten und das Gestüt entwickeln ein wirtschaftlich verwertbares Knowhow. Ausserdem werden über die Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Institutionen und privatrechtlichen Organisationen Daten und Erkenntnisse gewonnen. Deshalb sind Datenmanagement und -schutz im Zusammenhang mit Immaterialgütern im Gesetz zu definieren, um einen besseren Schutz zu gewährleisten.

Mit dieser Rechtsgrundlage sollen die Rechte an Immaterialgütern geregelt werden, insbesondere im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung nach dem Beispiel von Artikel 36 des ETH-Gesetzes vom 4. Oktober 1991180.

Abs. 1 Alle Rechte an Immaterialgütern, die von Angestellten der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten und des Gestüts im Sinne von Artikel 8 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000181 (BPG) in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit geschaffen worden sind, gehören dem Bund. Nicht zu den Angestellten gehören Studierende und Doktorierende, die in keinem Dienstleistungsverhältnis zum BLW, den landwirtschaftlichen Forschungsanstalten oder dem Gestüt stehen. Die Urheberrechte sind anders zu regeln. Die Gesetzgebung im Bereich der Urheberrechte besagt, dass die Urheberin oder der Urheber die Urheberrechte an den von ihr oder ihm im Rahmen der Vertragsbeziehungen im Sinne des BPG geschaffenen Werken besitzt.

Abs. 2 Anders als für alle übrigen Rechte ist es im Zusammenhang mit Software denkbar, eine Bestimmung in Anlehnung an Artikel 17 des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992182 vorzusehen. Daher gilt es im vorliegenden Gesetz eine Rechts180 181 182

SR 414.110 SR 172.220.1 SR 231.1

2267

grundlage zu schaffen, die dafür sorgt, dass die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse an von Angestellten im Rahmen ihrer Tätigkeit im Dienste des Arbeitsgebers entwickelte Computerprogramme auf das BLW, die eidgenössischen landwirtschaftlichen Forschungsanstalten und das Gestüt übergehen.

Abs. 3 Den Erfindern und Erfinderinnen sowie den Erschaffern und Erschafferinnen wird ein Recht auf angemessene Beteiligung am allfälligen Gewinn eingeräumt, der sich aus der kommerziellen Verwertung der Immaterialgüter ergibt. Dies kann ein gerechter Anteil an den Erträgen im Falle einer Verwertung oder eine Entschädigung wie eine Prämie sein.

Abs. 4 Die Ausführungsbestimmungen regeln die verschiedenen Fragen zum Schutz der Immaterialgüterrechte.

Art. 166 Abs. 2 Die bisherige Regelung sah vor, dass kantonale Verfügungen über Strukturverbesserungen, die mit Beiträgen unterstützt werden, nicht mit Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden konnten. Mit dieser Ausnahme, ausschliesslich für Projekte, die mit Beiträgen unterstützt werden, ergab sich bei einer Beschwerde in bestimmten Fällen eine unerwünschte Gabelung der Verfahren. Wird nämlich für ein Projekt gleichzeitig ein Beitrag und ein Investitionskredit gewährt (kombinierte Unterstützung), kann bei einer Beschwerde sowohl ein kantonales Verfahren über den Beitrag als auch ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht über den Investitionskredit eröffnet werden. Durch die neue Bestimmung der abschliessenden Prüfung der Wettbewerbsneutralität durch den Kanton in Artikel 89a LwG und die Voraussetzung einer rechtskräftigen Genehmigung der Projekte auf kantonaler Stufe vor einem Entscheid des BLW in Artikel 108 LwG, kann die Verfahrensregelung auch für Investitionskredite auf kantonaler Stufe stattfinden.

Indem der letzte Satzteil von Artikel 166 Absatz 2 «die mit Beiträgen unterstützt werden» gestrichen wird, unterliegen alle Verfügungen über Strukturverbesserungen, das heisst zu Projekten, die sowohl mit Beiträgen als auch mit Investitionskrediten unterstützt werden, der kantonalen Gerichtsbarkeit (vgl. Ziff. 2.5).

Art. 167 Dieser Artikel ist nach der Aufhebung der Milchkontingentierung auf den 1. Mai 2009 obsolet geworden. Er kann aufgehoben werden. Das Inkrafttreten der Aufhebung ist abhängig vom Abschluss der laufenden Verfahren
betreffend die Milchkontingentierung (vgl. Ziff. 2.2.4).

Art. 169 Abs. 3 Absatz 3 bietet den Vollzugsbehörden heute gewisse Interventionsmöglichkeiten, wenn der Zustand nicht rechtmässig ist. Diese reichen jedoch nicht aus, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.

Mit dieser Revision werden den Vollzugsbehörden im Wesentlichen dieselben Kompetenzen zugesprochen, um angemessene Massnahmen zu ergreifen, wie dies in 2268

Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009183 über die Produktesicherheit (PrSG) vorgesehen ist. Diese Bestimmung kann jedoch nur herangezogen werden, wenn das Produkt keinem Bewilligungsverfahren untersteht und ausschliesslich eine Gefahr für die Gesundheit und die Sicherheit des Menschen darstellt. Da das LwG in erster Linie auf den Schutz von Umwelt, Pflanzen und Tieren ­ nicht jedoch des Menschen ­ ausgerichtet ist, gilt es die Massnahmenpalette in Absatz 3, die den Vollzugsorganen zur Verfügung steht, auszuweiten. Wenn eine Gefahr für Umwelt, Pflanzen, Tiere oder den Menschen besteht, können sich die Vollzugsorgane auf diesen neuen Absatz stützen, um angemessene Massnahmen zu ergreifen. Diese Massnahmenpalette umfasst namentlich den Rückruf, den Rückzug, die Einziehung, die Neutralisierung und die Vernichtung eines Produktes. Bei Vorfällen, die direkt die Gesundheit des Menschen gefährden, sind Massnahmen nach der Lebensmittelgesetzgebung zu ergreifen.

Art. 170 Abs. 2bis (neu) Werden Tierschutzbestimmungen verletzt, so ist bei der heutigen Regelung umstritten, welche Direktzahlungen allenfalls gekürzt oder verweigert werden können. Mit diesem Absatz soll sichergestellt werden, dass sich bei Nichteinhaltung von Bestimmungen im Tier-, Gewässer- und Umweltschutz eine Kürzung oder Verweigerung auf alle Direktzahlungsarten erstrecken kann (vgl. Ziff. 2.8).

Art. 172 Abs. 2 dritter Satz (neu) Geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB) und geschützte geografische Angaben (GGA) sowie die Bezeichnungen von Wein mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung und die geografischen Angaben beim Wein fallen unter die Immaterialgüterrechte. So ist Artikel 172 LwG dem Markenschutzgesetz vom 28. August 1992184 entlehnt. Da im Rahmen der Revision des Patentgesetzes die Strafbestimmungen aller Gesetze auf diesem Gebiet (Patentgesetz, Markenschutzgesetz, Designgesetz vom 5. Oktober 2001185 und Urheberrechtsgesetz) geändert wurden, bietet die Revision des LwG Gelegenheit, Artikel 172 Absatz 2 LwG entsprechend anzupassen. Daher wird ein Satz hinzugefügt, der besagt, dass im Falle einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängt wird.

Art. 173 Abs. 1 Bst. a, abis (neu) und ater (neu) Eine Übertretung liegt vor im Falle einer Verletzung oder Anmassung des gemeinsamen Erscheinungsbildes, das der Bund im Rahmen der
Kommunikationsmassnahmen für Landwirtschaftsprodukte nach Artikel 12 LwG festlegt. Dazu wird Buchstabe a angepasst. Damit können sowohl Finanzhilfeempfänger, die das Erscheinungsbild nicht oder nicht nach den vergebenen Gestaltungselementen verwenden als auch Dritte, die das Erscheinungsbild verwenden, ohne dazu berechtigt zu sein, unter diesen Straftatbestand fallen. Der aktuelle Buchstabe a wird zu Buchstabe abis und auf Kennzeichnungen im Bereich der Nachhaltigkeit gestützt auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f LwG ausgedehnt. Sollte der Bund offizielle Zeichen nach Artikel 14 Absatz 4 LwG definieren, ist in Artikel 173 eine Zuwiderhandlung 183 184 185

SR 930.11 SR 232.11 SR 232.12

2269

zu regeln. Ein Beispiel wäre die Verwendung der offiziellen Zeichen bei Produkten, welche die gesetzlichen Bedingungen im Bereich der Kennzeichnung (Bioprodukte, Bergprodukte, GUB/GGA, Kennzeichnungen im Bereich der Nachhaltigkeit) nicht erfüllen, oder die nicht mit den Nutzungsvoraussetzungen konforme Verwendung der offiziellen Zeichen bei Produkten, welche die Bedingungen erfüllen (z. B.

abweichendes Erscheinungsbild, andere Farbe). Folglich ist ein solcher Verstoss mittels eines neuen Buchstabens (Bst. ater) in die Liste der Übertretung aufzunehmen.

Art. 175 Abs. 3 (neu) Es werden in Angleichung an andere, neuere Gesetzesbestimmungen (z.B. Art. 126 Abs. 2 ZG oder Art. 101 Abs. 5 MWSTG) diejenigen Fälle geregelt, in denen eine Handlung gleichzeitig den Tatbestand einer Widerhandlung gegen Absatz 2 und eine andere von der Eidgenössischen Zollverwaltung zu verfolgende Widerhandlung erfüllt. In diesen Fällen werden die Strafverfahren zusammengelegt und es wird nur eine Strafe ausgesprochen.

Art. 178 Abs. 5 (neu) Für den Vollzug der Massnahmen im Bereich Direktzahlungen sollen Instrumente eingesetzt werden, die den aktuellen Möglichkeiten der Technik entsprechen, die effiziente Verwaltungsführung unterstützen und damit den wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel sicherstellen. In Zukunft ist deshalb die Verwendung eines GIS erforderlich (vgl. Art. 165e LwG).

Ab 2014 sollen die Kantone Flächen und deren Nutzung (wie Ackerflächen, Dauerkulturen, Dauerweiden, Dauerwiesen, Ökoelemente, Naturschutzflächen, Landschaftselemente), gemäss den minimalen Geodatenmodellen mit einem räumlichen Bezug versehen, damit diese mit einem GIS verwaltet werden können. Ziel ist es, die Direktzahlungen gestützt auf die im GIS erfassten Daten mit grösstmöglicher Genauigkeit zu berechnen. Der Hangbeitrag ist vollumfänglich mit Hilfe des digitalen Höhenmodells des Bundesamtes für Landestopografie (swisstopo) zu berechnen.

Die mittels GIS erfassten Daten sollen in Zukunft über ein zentrales Internetportal den berechtigten Personen und Organisationen zugänglich gemacht werden können.

Art. 181 Abs. 4­6 (neu) Abs. 4 In der Schweiz wie auch in der EU ist in den letzten Jahren insbesondere die phytosanitäre Kontrolle von Drittlandware intensiviert worden und damit der personelle und finanzielle Aufwand entsprechend
gestiegen. Die Kontrollen von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln und Pflanzen sind aufgrund der Nahrungsmittelsicherheit (vom Stall bis auf den Tisch) zunehmend wichtig, um weitreichenden Verunreinigungen entlang der Lebensmittelkette vorzubeugen. Obwohl ein öffentliches Interesse an diesen Kontrollen besteht, sind sie insbesondere auch für die Verursacher von grossem Interesse, unterliegen diese doch auch dem Gebot der Selbstkontrolle. Ergibt eine Kontrolle keine Beanstandung, so ist dies gleichzeitig eine Bestätigung der Konformität der kontrollierten Produktionsmittel oder Pflanzen, und aufgrund der Individualäquivalenz (Zurechenbarkeit) als Dienstleistung an den Verursacher zu qualifizieren. Es ist daher gerechtfertigt, dass in Zukunft in 2270

gewissen Fällen auch bei Kontrollen von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder Pflanzen, die zu keiner Beanstandung führen, sondern gesetzeskonform sind, eine Gebühr erhoben werden darf. Der Katalog in Absatz 4 ist nicht abschliessend.

Abs. 5 Das in der EU angewandte Importkontrollsystem für Lebensmittel, das es ermöglicht, Kosten für die Kontrolle risikoreicher Produkte auf die Importeure abzuwälzen, soll auf die ganze Lebensmittelkette ausgedehnt werden und die landwirtschaftlichen Produktionsmittel oder Pflanzen, die problematisch sind und daher einer verstärkten Kontrolle unterliegen, erfassen. Die Importeure von heiklen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder Pflanzen sollen als Verursacher für die Kosten der Kontrollen deshalb auch aufkommen müssen, wenn die betreffenden Produktionsmittel oder Pflanzen nicht beanstandet werden. Eine Erhebung von Kontrollgebühren in der Schweiz analog zu jenen der EU ist zudem auch zur Vermeidung einer Verlagerung der Importe zur Umgehung der EU Kontrollgebühren angezeigt.

Abs. 6 Absatz 6 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, weitere Gebühren festzulegen, wenn dies aufgrund von Verpflichtungen, welche die Schweiz im Rahmen des Agrarabkommens eingegangen ist, unerlässlich ist. Namentlich die Richtlinie 2000/29/EG186 sieht vor, dass für phytosanitäre Kontrolltätigkeiten EU-weit eine Gebühr erhoben werden muss, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu verhindern. Gestützt auf das Agrarabkommen wird auch die Schweiz gehalten sein, im Bereich des Pflanzenschutzes Kontrollgebühren zu erheben. Will die Schweiz die mit dem Landwirtschaftsabkommen angestrebten Vorteile erhalten, muss sie die Erhebung von Kontrollgebühren möglichst umgehend in das schweizerische Recht übernehmen können.

Art. 183

Auskunftspflicht

Die Verpflichtung Dritter, Auskunft zu geben, ist ein wertvolles Hilfsmittel bei der Anwendung des Gesetzes. Doch Artikel 183 LwG garantiert in seiner aktuellen Fassung keine Auskunftspflicht Dritter. Daher wird diese Bestimmung entsprechend angepasst. Bei der Verpflichtung Dritter, Informationen weiterzugeben, gilt es den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren.

Art. 184

Amtshilfe unter Behörden

Artikel 184 LwG ermöglicht einzig die Amtshilfe auf Ersuchen zwischen dem BLW und den übrigen Schweizer Behörden. Grundsätzlich ist nur eine Weitergabe von Informationen zulässig, die der Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen, die sich aus dem LwG ergeben. Übertretungen des LwG können unaufgefordert den zuständigen Behörden gemeldet werden.

Informationen, die der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe dienen, die sich aus Sektorgesetzen wie dem Lebensmittelgesetz ergeben, können nicht unaufgefordert weitergegeben werden. Dies führt unweigerlich zu Effizienzverlusten bei 186

Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Massnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse, ABl. L 169 vom 10.7.2000, S. 1.

2271

der Ausführung von Aufgaben der Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden und generiert einen unnötigen Arbeitsaufwand. Die Betrugsgefahr ist gross. Zur Vermeidung dieser Probleme wird der Grundsatz der gegenseitigen Unterstützung zwischen den Schweizer Behörden und dem BLW im Gesetz verankert und eine Zusammenarbeit aus eigenem Antrieb oder auf Ersuchen im strafrechtlichen und nicht strafrechtlichen Bereich vorgesehen. Eine Rechtsgrundlage würde keine automatische Amtshilfe implizieren, da vorab zu prüfen ist, ob das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt wird und ein öffentliches Interesse vorhanden ist.

Da die neue Fassung auch den Austausch von Informationen im strafrechtlichen Bereich abdeckt, fällt Absatz 2 dahin und wird aufgehoben.

Art. 185 Abs. 1bis (neu) und 1ter (neu), 5 und 6 Abs. 1bis und 1ter Nach der Verordnung vom 7. Dezember 1998187 über die Beurteilung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft kommt dem BLW die Aufgabe zu, ein Monitoring zur Lage der Landwirtschaft zu betreiben und die Agrarpolitik zu evaluieren. Die Verordnung stützt sich auf Artikel 185 LwG ab, ohne dass dieser in seiner bisherigen Fassung die beiden Begriffe «Monitoring» und «Evaluation» explizit erwähnt. Mit den neuen Absätzen 1bis und 1ter soll eine explizitere gesetzliche Grundlage für diese im Hinblick auf die Beurteilung der Lage der Landwirtschaft und der Wirksamkeit und Weiterentwicklung der Agrarpolitik wichtigen Aufgaben geschaffen werden.

Das Monitoring bezieht sich auf die ökonomische, ökologische und soziale Lage der Landwirtschaft und auf die von der Landwirtschaft erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Die Ergebnisse des Monitorings werden im jährlich erscheinenden Agrarbericht des BLW publiziert. Die im Rahmen des Monitorings erhobenen Daten stellen auch eine wichtige Grundlage für die Evaluation der agrarpolitischen Instrumente dar. Im Rahmen der Evaluation wird einerseits rückblickend die Wirksamkeit der Instrumente beurteilt, andererseits werden aber auch neu geplante Instrumente auf ihre Auswirkungen hin untersucht. Dies wurde beispielsweise für das neue Direktzahlungssystem gemacht (vgl. Ziff. 5.5).

Abs. 5­6 Die bisherigen Absätze 5 und 6 werden über die neuen Artikel 165c und 165d sowie 165f abgedeckt und können deshalb aufgehoben werden.

Art. 187 Abs. 2­9 und 11­13
(evtl. 14; sofern die Schweizerische Käseunion AG in Liq. gelöscht ist); Art. 187a; Art. 187b Abs. 1­4 sowie 6­7; Art. 187c Abs. 2 Es handelt sich um Übergangsbestimmungen, die befristet sind. Die Fristen sind abgelaufen, weshalb die Bestimmungen, nun aufgehoben werden können.

187

SR 919.118

2272

Änderung bisherigen Rechts

1. Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005188 Art. 83 Bst. s Ziff. 1 Artikel 83 Buchstabe s Ziffer 1 BGG wird aufgehoben. Das Inkrafttreten der Aufhebung ist abhängig vom Abschluss der laufenden Verfahren betreffend die Milchkontingentierung (vgl. Ziff. 2.2.4).

2. Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985189 über die landwirtschaftliche Pacht Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3 (neu) Abs. 1 Die Möglichkeit zur Auflösung der Pachtverträge soll auf Pachtlandarrondierungen ausgedehnt werden. Eine gute Optimierung der Pachtlandsituation in einem Perimeter ist nur möglich, wenn möglichst alle Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen und Verpächter und Verpächterinnen beim Verfahren mitmachen. Die vorzeitige Auflösung der Pachtverhältnisse erleichtert ein koordiniertes und abgestimmtes Vorgehen.

Es soll auch bei Pachtlandarrondierungen kein Anspruch auf Entschädigung wegen vorzeitiger Beendigung der Pacht geltend gemacht werden können (vgl. Abs. 2).

Abs. 3 Bei den neuen Formen der Bewirtschaftungsarrondierung (freiwilliger Nutzungstausch, Pachtlandarrondierung, virtuelle Flurbereinigung, Gewannebewirtschaftung) ist eine Auflösung der Pachtverhältnisse nach Absatz 1 nicht zwingend nötig. Liegt nämlich das Einverständnis der Verpächter zur Unterpacht vor, kann eine Neuregelung der Bewirtschaftungsverhältnisse vorgenommen werden, ohne die Pachtverträge anpassen zu müssen. Ein optimales Resultat ist jedoch nur erzielbar, wenn alle Verpächter und Verpächterinnen in einem Perimeter zu den Unterpachten zustimmen. Mit dem neuen Absatz 3 soll dieses Einverständnis stillschweigend gelten, sofern sich ein Pächter oder eine Pächterin an einem gemeinschaftlich organisierten Vorhaben zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur beteiligt. Die Bewirtschaftungspflicht nach Artikel 21a LPG (sorgfältige Bewirtschaftung, Sorge zur nachhaltigen Ertragsfähigkeit des Bodens) gilt selbstverständlich auch für den Unterpächter. Nach Artikel 291 Absatz 3 des Obligationenrechts190 (OR) bleibt der ursprüngliche Pächter jedoch gegenüber dem Verpächter verantwortlich. Sämtliche Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Pächter und Verpächter werden durch die Unterpacht nicht tangiert. Mit der vorgeschlagenen Anpassung erhält der Pächter Flexibilität zur Weitergabe seines Pachtlandes zwecks Bewirtschaftungsarrondierung (vgl. Ziff. 2.5).

188 189 190

SR 173.110 SR 221.213.2 SR 220

2273

3. Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986191 Art. 10 Abs. 3 Bereits heute legt das BLW die Zollansätze für Futtermittel im Rahmen des Schwellenpreissystems fest. Infolge der höheren Marktdynamik sind die Zollansätze auch in den Bereichen Getreide zur menschlichen Ernährung und Zucker häufiger, voraussichtlich mehr als einmal jährlich auf die Referenzpreise auszurichten. Gleichzeitig lassen die engen Bestimmungen der AEV für die Bemessung der Grenzbelastung nur geringen Handlungsspielraum. Aus verwaltungsökonomischen Gründen soll der Bundesrat daher die häufige Anpassung von Zollansätzen mit geringem Handlungsspielraum dem BLW übertragen können. Änderungen der Zollansätze sollen weiterhin nach vorgängiger Ämterkonsultation und jeweils auf den 1. Tag des Monats vorgenommen werden (vgl. Ziff. 2.2.6).

4. Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979192 Art. 34 Abs. 3 (neu) Die Behördenbeschwerde ist im LwG (Art. 166 Abs. 3), im USG (Art. 56 Abs. 1) und im Raumplanungsrecht (Art. 34 Abs. 1 RPG i.V. mit Art. 48 Abs. 4 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000193 [RPV]) bereits verankert. Allerdings bezieht sich diese auf die Anwendung des entsprechenden Gesetzes und die darin genannte zuständige Behörde. Dies hat zur Folge, dass im Bereich der Fruchtfolgeflächen (FFF) einzig das zuständige ARE und nicht das BLW zur Beschwerde berechtigt ist. Die FFF sind in der RPV aufgeführt und die Kantone haben grundsätzlich dafür zu sorgen, dass das ihnen mit Bundesratsbeschluss vom 8. April 1992 zugeteilte Kontingent ungeschmälert bestehen bleibt. Da es sich bei den FFF um die besten landwirtschaftlichen Böden handelt, hat insbesondere das BLW ein grosses Interesse an deren Erhaltung. Die Prioritäten für die Ergreifung einer diesbezüglichen Beschwerde können beim ARE und BLW unterschiedlich sein. Deshalb ist es wichtig, dass auch dem BLW in Bezug auf die FFF die Beschwerdemöglichkeit eingeräumt wird. Selbstverständlich wird dadurch das heute bereits bestehende Beschwerderecht des ARE in keiner Art und Weise tangiert. Da es sich um raumplanerische Aspekte handelt, ist das Beschwerderecht des BLW folgerichtig im RPG aufzunehmen (vgl. Ziff. 2.5).

5. Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 1991194 Art. 14 Abs. 4 und 5 Mit der Einführung des auf Lieferscheinen basierenden zentralen Informationssystem HODUFLU kann und der Aufhebung des Vertragszwangs kann die Regelung in

191 192 193 194

SR 632.10 SR 700 SR 700.1 SR 814.20

2274

Absatz 4 vereinfacht werden. Betriebe können weiterhin freiwillig Verträge zur Sicherung von Abnahmeflächen abschliessen.

Durch die obligatorische Verwendung von HODUFLU, das auf Lieferscheinen basiert, wird die Regelung in Absatz 5, dass Düngerabnahmeverträge schriftlich abzuschliessen und von den kantonalen Behörden zu genehmigen sind, obsolet (vgl.

Ziff. 2.3.4).

Art. 15 Abs. 1 erster Satz In Biogasanlagen werden Gemische von Hofdüngern (v.a. Gülle) und Kosubstraten (biogene Abfälle) vergoren. Bis zu einem Anteil an Kosubstraten nicht landwirtschaftlicher Herkunft (z.B. Speiseabfälle aus Restaurants, Rüstabfälle von Gemüseverarbeitungsbetrieben) von 20 Prozent fällt das Vergärungsprodukt, also der Rückstand, der nach der Vergärung zurückbleibt, unter die Düngerkategorie Hofdünger.

Bei einem Kosubstratanteil von über 20 Prozent fällt das Vergärungsprodukt nicht mehr unter Hof-, sondern unter Recyclingdünger (Art. 5 Abs. 2 Bst. a der Düngerverordnung vom 10. Januar 2001195, [DüV]). Ist dieser Rückstand flüssig, so handelt es sich hierbei um eine wassergefährdende Flüssigkeit im Sinne des Gewässerschutzrechts.

Die Lagerung wassergefährdender Flüssigkeiten richtet sich nicht nach Artikel 15 GSchG, der eine Spezialregelung für die Erstellung und Kontrolle von Lagereinrichtungen für Hofdünger enthält, sondern nach dem generell für Anlagen mit wassergefährdenden Flüssigkeiten geltenden Artikel 22 GSchG. Für wassergefährdende Flüssigkeiten gilt ausserdem die Übergangsbestimmung zur Änderung vom 18. Oktober 2006196 der GSchV, wonach einwandige, erdverlegte Lagerbehälter längstens bis zum 31. Dezember 2014 weiterbetrieben werden dürfen.

Dies bedeutet nun, dass Vergärungsanlagen, die flüssiges Gärgut produzieren und dieses in erdverlegten einwandigen Güllegruben lagern (was dem Standard entspricht), ab 1. Januar 2015 neue einwandige oberirdische oder doppelwandige erdverlegte Lagereinrichtungen bauen müssten.

Sachlich gesehen ­ das heisst in Bezug auf die Inhaltsstoffe und die von ihnen ausgehende Wassergefährdung ­ gibt es keinen Grund, normales flüssiges Gärgut aus der Biogasproduktion bei der Lagerung anders zu behandeln als unvergärte oder vergärte flüssige Hofdünger. Eine Forderung gegenüber den Betreibern von Vergärungsanlagen, neue Lagereinrichtungen zu bauen, entbehrt somit einer sachlichen
Grundlage.

Als Lösung werden Lagereinrichtungen für flüssigen Hofdünger und flüssiges Gärgut hinsichtlich der an sie gestellten Anforderungen in der Gewässerschutzgesetzgebung gleichgestellt und entsprechend wird Artikel 15 Absatz 1 GSchG durch den Begriff «flüssiges Gärgut» ergänzt. Die im Vergleich zu den Lagereinrichtungen für andere wassergefährdende Flüssigkeiten zum Teil erleichterten Anforderungen sollen jedoch nur für flüssiges Gärgut an sich, nicht für daraus aufbereitete Konzentrate gelten.

195 196

SR 916.171 AS 2006 4291

2275

Art. 68 Abs. 5 Der bisherige Begriff «ökologische Ausgleichsflächen» (Art. 70 Abs. 2 Bst. c LwG) wird mit der Änderung des LwG durch den Begriff «Biodiversitätsförderflächen» ersetzt (neuer Art. 70a Abs. 3 Bst. c LwG). Die Begriffsverwendung im GSchG wird deshalb ebenfalls angepasst (vgl. Ziff. 2.3.4).

6. Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966197 Art. 45a (neu)

Beiträge zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte

Die Rechtsgrundlage für Beiträge zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte soll mit einer von BSE losgelösten Formulierung unterschiedlichen tierseuchenrechtlichen Situationen genügen. Sie soll von Artikel 62 TSG in Artikel 45a TSG transferiert werden. Die Auszahlung soll erfolgen, wenn Entsorgungsmassnahmen in ausserordentlichen Situationen angeordnet werden, jedoch ohne dabei explizit BSE zu nennen. Die derzeitige Situation mit angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung von BSE ist als ausserordentlich zu betrachten. Sie führt im Vergleich mit der Zeit vor dem Verfütterungsverbot von tierischen Eiweissen an Nutztiere zu hohen zusätzlichen Kosten. Die Beibehaltung der Rechtsgrundlage für Entsorgungsbeiträge ist ferner zentral für eine wirkungsvolle Tierverkehrskontrolle. Für die Entsorgungsbeiträge beziehungsweise deren Widerruf ist Artikel 30 SuG anwendbar. Artikel 62 Absatz 6 TSG muss nicht mehr in Artikel 45a überführt werden, weil der Massnahmenplan der drei Bundesämter am 1. Juni 2004 veröffentlicht wurde (vgl.

Ziff. 2.2.5).

Art. 62 Mit der Verschiebung der materiellen Bestimmungen zu Artikel 45a TSG wird Artikel 62 TSG obsolet.

7. Jagdgesetz vom 20. Juni 1986198 Art. 12 Abs. 5 (neu) Ab 1995 sind wieder Wölfe in der Schweiz aufgetaucht, und deren Zahl hat sich laufend erhöht. Zurzeit leben rund 15­20 Tiere in der Schweiz. Nebst dem numerischen Anstieg der Tiere ist auch deren Verbreitungsgebiet stetig gewachsen.

Um in einer Pilotphase Konflikte zwischen den Raubtieren und der Nutztierhaltung zu vermeiden, wurde vom BAFU gestützt auf Artikel 10 Absatz 4 der Jagdverordnung vom 29. Februar 1988199 ein Präventionsprojekt gestartet. Mit rund 800 000 Franken pro Jahr werden die Beratung und die Unterstützung zur Umsetzung von Herdenschutzmassnahmen finanziert.

197 198 199

SR 916.40 SR 922.0 SR 922.01

2276

Für permanente, über eine Pilotphase hinausgehende präventive Herdenschutzmassnahmen sind die bestehende Gesetzgebung und das aktuelle Budget allerdings unzureichend. Der Bundesrat hat deshalb in seiner Antwort auf die Motion Schmidt200 das BAFU beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem BLW Lösungswege zur längerfristigen Finanzierung der Herdenschutzmassnahmen und zu deren rechtlicher Absicherung zu erarbeiten.

Der erarbeitete Lösungsweg sieht vor, dass in der Jagdgesetzgebung eine Grundlage für den Herdenschutz geschaffen wird. Ein solcher Herdenschutz umfasst grundsätzlich die gleichen Elemente wie das heutige Präventionsprojekt, jedoch ohne die räumliche und zeitliche Beschränkung der heutigen Rechtsgrundlage in Artikel 10 Absatz 4 der Jagdverordnung.

Im Sömmerungsgebiet funktioniert der Herdenschutz optimal auf der Grundlage von Umtriebsweiden und ständiger Behirtung. Diese bereits heute auf Basis des LwG mit dem Sömmerungsbeitrag geförderten Systeme stellen eine gute Voraussetzung zur zusätzlichen Implementierung eines effektiven Herdenschutzes dar. Sömmerungsbetriebe, die Massnahmen zum Herdenschutz umsetzen oder Förderung nach dem neuen Artikel 12 Absatz 5 JSG erfahren, sollen neu für Schafe, die im Weidesystem Umtriebsweide gesömmert werden, einen gleich hohen Sömmerungsbeitrag erhalten, wie für im System ständige Behirtung gesömmerte Schafe (vgl. Ziff. 2.3.5).

4

Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel 2014­2017

4.1

Ausgangslage

Mit der Totalrevision des LwG im Rahmen der AP 2002 wurde 1999 eine allgemeine Gesetzesgrundlage für die Finanzierung der agrarpolitischen Massnahmen geschaffen. Nach Artikel 6 LwG werden die finanziellen Mittel für die wichtigsten Aufgabenbereiche in Form von Zahlungsrahmen mit einfachem Bundesbeschluss für höchstens vier Jahre bewilligt. Sie sind vom Parlament für mehrere Jahre festgesetzte Höchstbeträge der Zahlungskredite für einen bestimmten Aufgabenbereich.

Sie stellen keine Ausgabenbewilligung dar, signalisieren aber die Bereitschaft des Parlaments, die vorgesehenen Summen im Rahmen der Budgetbeschlüsse zu bewilligen. Die Ausgaben für die Landwirtschaft unterteilen sich in die drei Zahlungsrahmen «Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen», «Produktion und Absatz» und «Direktzahlungen».

Bisher hat das Parlament dreimal einen für vier Jahre geltenden Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft verabschiedet201. Im Rahmen der jährlichen Bewilligung des Voranschlags wurden die Zahlungsrahmen jeweils entsprechend den verschiedenen Spar- und Umverteilungsmassnahmen angepasst.

Auf Anregung des Parlaments hat der Bundesrat Ende 2008 beschlossen, dass bedeutende Finanzvorlagen bereits im zweiten, spätestens aber im dritten Legislaturjahr in Kraft treten sollen. Dadurch können sie in engem Bezug mit der Legislatur200 201

09.3814 Mo Schmidt, «Planung der Alpbewirtschaftung», 23. September 2009.

Für die Jahre 2000­2003 BB vom 16. Juni 1999, BBl 1999 5191, für die Jahre 2004­2007 BB vom 5. Juni 2003, BBl 2003 4825, und für die Jahre 2008­2011 BB vom 5. Juni 2007, BBl 2007 4949.

2277

planung erarbeitet und in kurzer Abfolge dem Parlament vorgelegt werden. Aufgrund dieser neuen Regelung soll die nächste ordentliche Vierjahresperiode im Bereich Landwirtschaft 2014 beginnen (vgl. Ziff. 4.3.1). Das Parlament hat am 14. April 2011 einer Übergangslösung bis 2014 zugestimmt und den Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2012 und 2013202 verabschiedet.

Mit der vorliegenden Gesetzesrevision sollen auch die Zahlungsrahmen für die wichtigsten agrarpolitischen Massnahmen des Bundes für die Jahre 2014­2017 festgelegt werden. Die Zusammenfassung der Vorschläge zur Anpassung der landwirtschaftlichen Gesetzgebung und des Finanzierungsbeschlusses in der vorliegenden Botschaft dient der Koordination und der Kohärenz. Es ist zweckmässig, die Gesetzesbestimmungen und den Finanzbedarf gleichzeitig einer Prüfung und Beurteilung zu unterziehen. Mit drei Zahlungsrahmen ist die nötige Flexibilität für die Aufteilung auf die diversen Kredite bei den Budgetbeschlüssen gewährleistet; die Mittel können den kurzfristigen Bedürfnissen entsprechend eingesetzt werden.

Zuordnung der agrarpolitischen Massnahmen zu den einzelnen Zahlungsrahmen Die meisten Massnahmen des LwG werden durch die drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen abgedeckt. In Tabelle 22 sind die einzelnen Massnahmen den Zahlungsrahmen zugeordnet.

Tabelle 22 Bisher innerhalb der drei Zahlungsrahmen finanzierte Massnahmen Zahlungsrahmen

Budget 2012 (in Mio. CHF)

ZR Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Soziale Begleitmassnahmen

194

Strukturverbesserungsbeiträge

87

Investitionskredite Tierzucht und genetische Ressourcen Beratungswesen

54 38

202 203

3

12

Massnahmen

­ Betriebshilfedarlehen und Umschulungsbeihilfen203 ­ Beiträge für Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Gebäude ­ Zinslose Darlehen ­ Beiträge zur Förderung der Tierzucht und zur Erhaltung der genetischen Ressourcen ­ Finanzhilfen an überregional tätige Beratungsdienste und für die Vorabklärung von gemeinschaftlichen Projektinitiativen

BBl 2011 3911 Diese Massnahme ist bis Ende 2015 befristet. Die Befristung soll bis 2019 verlängert werden (vgl. Ziff. 2.4).

2278

Zahlungsrahmen

ZR Produktion und Absatz Absatzförderung Milchwirtschaft

Viehwirtschaft

Budget 2012 (in Mio. CHF)

447 56 301

13

Massnahmen

­ ­ ­ ­ ­ ­

Pflanzenbau

77

­ ­ ­

­ ­ ZR Direktzahlungen Allgemeine Direktzahlungen

2809 2178

Ökologische Direktzahlungen

631

Beiträge an die Marketingkommunikation Zulage für verkäste Milch Zulage für Fütterung ohne Silage Administration Milchpreisstützung (Leistungsauftrag) Entschädigung an private Organisationen im Bereich Schlachtvieh und Fleisch (Leistungsauftrag) Inlandbeihilfen für Schlachtvieh und Fleisch Inlandbeihilfen für Eier Verwertungsbeiträge für Schafwolle Anbaubeiträge für Faserpflanzen, Körnerleguminosen, Ölsaaten, Saatgut (Kartoffeln, Mais und Futterpflanzen) und Zuckerrüben Finanzierung der Obstverwertungsmassnahmen, Umstellungsbeiträge für Obstund Rebkulturen Administration der Weinkontrolle

­ Flächenbeiträge (allgemeiner Flächenbeitrag und Zusatzbeitrag für offenes Ackerland und Dauerkulturen) ­ Beitrag für die Haltung raufutterverzehrender Nutztiere ­ TEP-Beitrag ­ Hangbeitrag ­ Ökobeiträge ­ Sömmerungsbeitrag ­ Ethobeiträge ­ Beiträge zur Verbesserung der Ressourceneffizienz ­ Gewässerschutzbeiträge

2279

Bundesausgaben im Umfang von 270 Millionen Franken ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen werden ebenfalls dem Aufgabengebiet «Landwirtschaft und Ernährung» zugeordnet (vgl. Tabelle 23).

Tabelle 23 Ausserhalb der drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen finanzierte Massnahmen im Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung Massnahmen

Budget 2012 (in Mio. CHF)

Beiträge für Massnahmen zur Marktentlastung in ausserordentlichen Situationen Verwaltungsausgaben BLW ohne interne Leistungsverrechnungen Ausgaben für Vollzugs- und Kontrollaufgaben der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten inkl. Gestüt (Agroscope) Bekämpfungsmassnahmen im Pflanzenschutz Familienzulagen für Landwirte und landwirtschaftliche Arbeitnehmer im Rahmen des Bundesgesetz vom 20. Juni 1952204 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (BSV) Ausfuhrbeiträge für Erzeugnisse aus Landwirtschaftsprodukten im Rahmen des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974205 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten («Schoggigesetz») (EZV)

­ 51 55 3 88 70

Die Ausgaben des Bundes im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung und Entwicklung, der Tiergesundheit (Beiträge an die Entsorgung tierischer Nebenprodukte) und für die FAO werden nicht dem Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung zugeordnet. Diese Ausgaben sind jedoch im Budget des BLW beziehungsweise von Agroscope enthalten und unterstützen den Landwirtschaftssektor indirekt oder mittel- bis langfristig.

Die Ausgaben ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen sind weiterhin Teil der ordentlichen jährlichen Finanzplanung des Bundes.

4.2

Erfahrungen mit den bisherigen Zahlungsrahmen

Mit dem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017 werden die Bundesmittel für die Landwirtschaft nun zum fünften Mal mit drei Zahlungsrahmen festgelegt. Im folgenden Abschnitt wird eine Bilanz zu den ersten drei Perioden gezogen, wobei für die letzte Vierjahresperiode 2008­ 2011 die definitiven Zahlen noch nicht vorliegen.

Für Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen gingen die Ausgaben in diesen drei Perioden zurück. Die Mittel für Produktion und Absatz sind auf etwas mehr als die Hälfte gesunken. Der Rückgang ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Milchmarktstützung stark reduziert und die Verarbeitungsbeiträge im Pflanzenbau aufgehoben wurden. Gleichzeitig wurden die Direktzahlungen ausgebaut.

204 205

SR 836.1 SR 632.111.72

2280

Tabelle 24 Zahlungsrahmen und effektive Ausgaben 2000­2011 (in Mio. CHF)

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Produktion und Absatz Direktzahlungen Total Differenz zu BB ZR 1 2

2000­2003

2004­2007

2008­2011

BB 16.6.1999

effektive Ausgaben

BB 5.6.2003

effektive Ausgaben

BB effektive 5.6.20071 Ausgaben2

1 037 3 490 9 502

872 3 480 9 312

1 129 2 946 10 017

755 2 562 10 111

739 1 885 11 028

663 1 877 10 856

14 029

13 664 ­2,6 %

14 092

13 428 ­4,7 %

13 652

13 396 ­1,9 %

inkl. Anpassung NFA durch den Bundesbeschluss vom 18. Dezember 2007, BBl 2008 1297 Rechnung 2008­2010, Voranschlag 2011

Die ursprünglich festgelegten Zahlungsrahmen wurden jeweils nicht voll ausgeschöpft. Dass die effektiven Ausgaben jeweils tiefer waren, hat im Wesentlichen zwei Gründe: Einerseits hat das Parlament im Zuge von Sparprogrammen in den Jahren 2003 und 2004 und anlässlich der jährlichen Budgetentscheide auch die landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen korrigiert, das heisst in den meisten Fällen reduziert. Andererseits war die Beteiligung an den agrarpolitischen Massnahmen nur bedingt vorhersehbar. Infolge von etwas geringeren Beteiligungen insbesondere bei den Sozialmassnahmen und den Öko- und Ethoprogrammen sowie wegen Schwankungen bei den Tierzahlen kamen die effektiven Ausgaben tiefer zu liegen.

In der ersten Periode 2000­2003 wurde die Betriebshilfe wegen den tiefen Zinsen weniger beansprucht als erwartet und die Direktzahlungen wurden aufgrund von Sparvorgaben (Kreditsperre, Anwendung der Schuldenbremse) in den beiden letzten Jahren weniger stark ausgebaut als geplant. Gesamthaft lagen die effektiven Ausgaben 2,6 Prozent unter den ursprünglich vom Parlament festgelegten Zahlungsrahmen.

In den Jahren 2004­2007 konnten die Zahlungsrahmen wegen der beiden Entlastungsprogramme 2003 und 2004, der Kreditsperre sowie der Kompensation von Erhöhungen von Krediten ausserhalb der Zahlungsrahmen (insb. Schoggigesetz, Vogelgrippe, Porta Alpina) weniger gut ausgeschöpft werden. Die effektiven Ausgaben lagen insgesamt 664 Millionen Franken (4,7 %) unter den ursprünglich vom Parlament beschlossenen Zahlungsrahmen. Im Bundesbeschluss vom 5. Juni 2003206 zu den Zahlungsrahmen 2004­2007 hat das Parlament festgehalten, dass der Bundesrat ein Teil der Marktstützungsmittel zu den Direktzahlungen umlagern kann.

Von dieser Möglichkeit hat er 2007 Gebrauch gemacht. Die Kredite für die Direktzahlungen blieben in dieser Periode von den Sparmassnahmen weitgehend verschont.

Eine weitere, noch ausgeprägtere Umlagerung von der Marktstützung zu den Direktzahlungen war das Kernelement der AP 2011. Die effektiven Ausgaben der AP 2011 werden voraussichtlich den ursprünglich festgelegten Zahlungsrahmen um knapp 206

BBl 2003 4825

2281

2 Prozent unterschreiten. Die Differenzen sind hauptsächlich auf die Sparmassnahmen zur Einhaltung der Schuldenbremse im Rahmen des Voranschlags 2011 zurückzuführen. Die Ausgaben für Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen werden voraussichtlich den ursprünglich beschlossenen Zahlungsrahmen um 10 Prozent unterschreiten. Dazu tragen ein geringer Bedarf bei der Betriebshilfe und den Umschulungsbeihilfen sowie die einmalige Reduktion im Jahr 2011 der eingestellten Mittel für die Investitionskredite bei. Eine relativ geringe Unterschreitung (­1,5 %) ist bei den Direktzahlungen zu erwarten, da diese Ausgaben von den Sparmassnahmen proportional weniger betroffen sind. Der Zahlungsrahmen für die Marktstützungsmittel wird voraussichtlich weitgehend ausgeschöpft.

Wie in der Botschaft vom 17. Mai 2006207 zur AP 2011 angekündigt, wurden die drei Zahlungsrahmen 2008­2011 mit dem Bundesbeschluss vom 18. Dezember 2007208 zur Umsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) leicht angepasst und die Gesamtsumme um 3 Millionen Franken erhöht.

Das Parlament hat am 14. April 2011 die Zahlungsrahmen für die Jahre 2012 und 2013 verabschiedet209. Gegenüber der Vorperiode 2008­2011 stehen damit insgesamt gut 10 Millionen Franken pro Jahr mehr zur Verfügung.

4.3

Rahmenbedingungen zur Festlegung der Zahlungsrahmen

4.3.1

Finanzpolitische Vorgaben

Abstimmung von mehrjährigen bedeutenden Finanzvorlagen und Legislaturplanung Mit dem neuen Artikel 7 Absatz 2 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006210 (FHV) werden Planung, Beratung und Verabschiedung von bedeutenden mehrjährigen Finanzvorlagen und Legislaturplanung zeitlich koordiniert. Darunter fallen auch die Zahlungsrahmen in der Landwirtschaft. Mit der Koordination sollen drei Ziele erreicht werden: Erstens sollen die Finanzvorlagen bestmöglich auf die Ziele der Legislaturplanung abgestimmt werden können. Zweitens sollen diese Vorlagen den eidgenössischen Räten in kurzem Zeitabstand zur Botschaft über die Legislaturplanung vorgelegt werden. Drittens soll die politische Willensbildung nach den eidgenössischen Wahlen durch die neu gewählten Entscheidungsträger stattfinden können. Insgesamt sollen so die bestehenden Instrumente der Mittelfristplanung gestärkt und die Voraussetzungen für die gegenseitige Abstimmung von Finanz- und Sachpolitik verbessert werden. Vor dem Hintergrund dieser Neuregelung hat der Bundesrat bereits im Januar 2011 die Eckwerte für die mehrjährigen Finanzbeschlüsse festgelegt und für die Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017 insgesamt einen finanziellen Rahmen von 13,67 Milliarden Franken vorgesehen. Dies entspricht einer nominellen Stabilisierung der Mittel.

207 208 209 210

BBl 2006 6337 BBl 2008 1300 BBl 2011 3911 SR 611.01

2282

Aktuelle finanzpolitische Lage Der vom Parlament in der Wintersession 2011 verabschiedete Voranschlag für das Jahr 2012 zeigt ein ausgeglichenes Finanzierungsergebnis; die Vorgaben der Schuldenbremse werden um 435 Millionen Franken übertroffen. Der Legislaturfinanzplan 2013­2015 vom 25. Januar 2012211 ist strukturell nur knapp ausgeglichen; gleichzeitig sind die konjunkturellen Risiken erheblich, und nach dem Planungsbeschluss des Parlaments zum Armeebericht 2010 ist namentlich im Bereich der Armee mit namhaften Mehrbelastungen zu rechnen. Die beantragten Zahlungsrahmen stellen somit aus heutiger Sicht eine nur bei positiver Entwicklung des Haushalts finanzierbare Obergrenze dar. Sollte es die Lage des Bundeshaushalts erfordern, wird der Bundesrat dem Parlament entweder eine Vorlage zur Beschaffung von Mehreinnahmen unterbreiten oder ausgabenseitige Kürzungen in den verschiedenen Aufgabengebieten beantragen, was in der Landwirtschaft mit einer teilweisen Sperrung der Zahlungsrahmen verbunden wäre. In diesem Fall würden die notwendigen Einsparungen dem Parlament entweder in einem Sparprogramm oder in Rahmen der Voranschläge vorgelegt.

Schuldenbremse Die Schuldenbremse nach Artikel 126 BV verlangt im Wesentlichen, dass der Bund seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht hält. Bundesrat und Parlament sind folglich verpflichtet, einen jährlichen Voranschlag zu beschliessen, der diesen verfassungsmässigen Vorgaben entspricht.

4.3.2

Berücksichtigung der Wirtschaftslage

Im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Einkommenspolitik ist nach Artikel 5 Absatz 3 LwG auf die anderen Wirtschaftszweige, auf die ökonomische Situation der nicht in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung sowie auf die Lage der Bundesfinanzen Rücksicht zu nehmen.

Das weltwirtschaftliche Konjunkturumfeld hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. Zum ersten Mal seit dem Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2009 zeichnet sich nach einer rund zweijährigen Erholung eine ernstzunehmende konjunkturelle Verlangsamung ab. Insbesondere für die US-Wirtschaft sind in jüngster Zeit vor dem Hintergrund eines abgeschwächten Wirtschaftswachstums und der ungebrochen hohen Arbeitslosigkeit vermehrt Rezessionsängste aufgekommen. Aber auch für die übrigen Weltregionen kündigt sich eine Abkühlung an.

Die Schweizer Wirtschaft kam relativ glimpflich durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Einer vergleichsweise milden Rezession im Jahr 2009 (BIP-Rückgang um 1,9 %) folgte 2010 eine schnelle und kräftige Erholung (BIPWachstum von 2,6 %), die auch den Arbeitsmarkt erfasste. Die Arbeitslosenquote sank von gut 4 Prozent Anfang 2010 auf gut 3 Prozent im November 2011 (saisonbereinigte Zahlen).

Auch im Jahresverlauf 2011 verlief die Wirtschaftsentwicklung trotz erster Verlangsamungsanzeichen noch solide. Die Konjunkturumfragen zeigen sowohl für die Unternehmen als auch für die Konsumentinnen und Konsumenten seit einigen 211

BBl 2012 481, S. 586

2283

Monaten eine leichte Stimmungsverschlechterung, bislang aber noch nicht den wegen der Währungssituation vielfach befürchteten Einbruch. Trotz der bislang noch befriedigenden Wirtschaftsdaten ist nicht zu verkennen, dass die Risiken für die weiteren Konjunkturperspektiven markant gestiegen sind. Ausschlaggebend hierfür ist, dass sich für die Schweizer Exportwirtschaft mehrere entscheidende Einflussfaktoren zugleich stark verschlechtert haben. Dies betrifft konkret den Wechselkurs und die Auslandkonjunktur.

Bis 2012 ist jedoch weiterhin mit tiefen Inflationsraten zu rechnen. Auch wenn momentan die konjunkturellen Abwärtsrisiken klar im Vordergrund stehen, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass sich die gegenwärtigen Konjunkturängste als übertrieben herausstellen, weil gewisse positive Faktoren zu wenig beachtet werden.

4.4

Mittelbedarf für die Zeitspanne 2014­2017

Auch in der nächsten Vierjahresperiode sollen für die Finanzierung der agrarpolitischen Massnahmen drei Zahlungsrahmen massgebend sein. Dabei ist die Entwicklung der Finanzmittel in den drei Massnahmenbereichen auf die Strategie und die Massnahmen der AP 14­17 auszurichten.

In Abstimmung mit der Botschaft vom 30. Juni 2010212 zu den landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2012­2013, der Botschaft vom 1. September 2010213 zum Konsolidierungsprogramm (KOP) sowie der im Rahmen der Aufgabenüberprüfung festgelegten Zielwachstumsrate im Bereich Landwirtschaft und Ernährung von 0,1 Prozent pro Jahr hat der Bundesrat am 17. September 2010 ursprünglich beschlossen, die Mittel für die drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen in den Jahren 2014­2017 auf 13 494 Millionen Franken festzulegen.

Da sich die Prognosen für die Entwicklung des Bundeshaushalts insbesondere im Jahr 2012 deutlich verbessert haben, hat der Bundesrat dem Parlament Anfang 2011 beantragt, auf das Massnahmenpaket IV des KOP zu verzichten. Entsprechend hat der Bundesrat das Total der drei Zahlungsrahmen 2014­2017 gegenüber seinem ursprünglichen Beschluss vom 17. September 2010 um insgesamt 176 Millionen Franken erhöht (+44 Mio. Fr. pro Jahr). Damit ergibt sich für die drei Zahlungsrahmen in den Jahren 2014­2017 eine Gesamtsumme von 13 670 Millionen Franken (vgl. Tabelle 25). So wird im Aufgabenbereich Landwirtschaft das Massnahmenpaket IV des KOP rückgängig gemacht. Hingegen wird die Teuerungskorrektur wie auch in den anderen Aufgabengebieten des Bundes ab 2014 vollständig umgesetzt.

Dies führt dazu, dass die jährlichen Ausgaben im Vergleich zum Budget 2012 leicht tiefer zu liegen kommen.

212 213

BBl 2010 5097 BBl 2010 7059

2284

Tabelle 25 Zahlungsrahmen 2014­2017 im Überblick (in Mio. CHF)

B 2012

2014

2015

2016

2017

Total

160

638

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Produktion und Absatz Direktzahlungen

194

159

159

160

447 2 809

442 2 814

442 2 814

445 2 814

447 1 776 2 814 11 256

Total

3 450

3 415

3 415

3 419

3 421 13 670

Die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel bleiben nominal konstant. Der Bundesrat geht in der vorliegenden Botschaft von der Arbeitshypothese aus, dass in der Periode 2014­2017 noch keine Auswirkungen von internationalen Abkommen im Agrarbereich spürbar werden (vgl. Ziff. 1.7). Ohne Marktöffnung bleibt die Gesamtstützung (Grenzschutz plus Unterstützung mit Bundesmittel) auf nominal konstantem Niveau. Für die Landwirtschaft besteht trotzdem ein Anreiz, die Produktivität weiter zu verbessern. Erstens ist aufgrund der Teuerung mit steigenden Kosten für die Beschaffung von Produktionsmitteln und -faktoren sowie mit höheren Lebenshaltungskosten für die Bauernfamilien zu rechnen. Zweitens verschärft der starke Franken den Wettbewerb sowohl im Inland als auch auf den Exportmärkten. Drittens sollen die Mehrleistungen, die in gewissen Bereichen für die Erreichung der Ziele notwendig sind (vgl. Ziff. 4.5.3), nicht über eine Aufstockung der Mittel, sondern durch landwirtschaftsinterne Effizienzverbesserungen erreicht werden.

Die vorliegende Botschaft ist auf die Arbeiten zur Legislaturplanung 2011­2015 abgestimmt. Mit den beantragten Zahlungsrahmen 2014­2017 nehmen die Aufwendungen des Bundes für die Landwirtschaft gegenüber der Vorperiode 2012/2013 um durchschnittlich 7 Millionen Franken pro Jahr ab (vgl. Tabelle 26). Dabei ist zu beachten, dass ab 2012 das Beratungswesen im Zahlungsrahmen «Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen» enthalten ist. Insbesondere wegen den stärker wachsenden Bundesausgaben sinkt der Anteil der Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung an den gesamten Bundesausgaben bis 2017 voraussichtlich auf rund 5 Prozent.

Tabelle 26 Vergleich mit den noch nicht abgeschlossenen Zahlungsrahmen Zahlungsrahmen

2008­20111

2012/20132

2014­2017

Mio. CHF

Total pro Jahr

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen3 Produktion und Absatz Direktzahlungen

739

185

388

194

638

160

1 885 11 028

471 2 757

837 5 625

419 2 813

1 776 11 256

444 2 814

Total

13 652

3 413

6 850

3 425

13 670

3 418

1 2 3

Mio. CHF pro Jahr

Mio. CHF pro Jahr

Gemäss BB vom 18. Dezember 2007 (Anpassung NFA), BBl 2008 1297 Gemäss BB vom 14. April 2011, BBl 2011 3911 2008­2011 ohne Beratungswesen

2285

Falls im Zeithorizont 2014­2017 ein aussenhandelspolitisches Abkommen abgeschlossen und sich dies auf die Märkte in der Schweiz auswirken würde, bräuchte es zusätzliche Mittel zur Finanzierung von Begleitmassnahmen (vgl. Ziff. 1.7). Wie hoch dieser Zusatzbedarf ist, hängt unter anderem vom Ausmass der Marktöffnung, dem Zeitpunkt der Umsetzung und der Entwicklung der internationalen Preise und der Wechselkurse ab. Die Finanzierung soll ausserhalb der drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen erfolgen.

4.5

Ausgestaltung der Zahlungsrahmen

Der Bundesbeschluss über die drei Zahlungsrahmen enthält jeweils nur die vorgeschlagene Gesamtsumme für die vier Jahre 2014­2017. Die Aufteilung der Mittel innerhalb der Zahlungsrahmen auf die einzelnen Budgetkredite und auf die Jahre ist nicht Gegenstand des Beschlusses. Um eine fundierte politische Beurteilung der Vorschläge zu ermöglichen, wird in diesem Kapitel die Ausgestaltung der einzelnen Zahlungsrahmen erläutert. Daraus wird ersichtlich, wie der Bundesrat beabsichtigt, die finanziellen Mittel auf die verschiedenen agrarpolitischen Instrumente zu verteilen. Im Rahmen des jährlichen Budgetprozesses wird das Parlament mit der Genehmigung des jeweiligen Voranschlags abschliessend über den geplanten Mitteleinsatz entscheiden.

Da es sich in den folgenden Tabellen über die Aufteilung der einzelnen Zahlungsrahmen teilweise um gerundete Werte handelt und keine Kommastellen ausgewiesen werden, können bei den Summen Rundungsdifferenzen auftreten.

Der Bundesbeschluss sieht in Artikel 1 Absatz 2 vor, dass in einem beschränkten Umfang Mittel vom Zahlungsrahmen Produktion und Absatz in den Zahlungsrahmen Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen umgelagert werden können.

Im Rahmen der jährlichen Budgetierung besteht dadurch die Möglichkeit, dass dieser Zahlungsrahmen in einem gewissen Umfang erhöht werden darf, ohne dass der Bundesbeschluss angepasst werden muss. Vorausgesetzt wird dabei, dass die Summe der beiden Zahlungsrahmen nicht überschritten wird.

4.5.1

Zahlungsrahmen für die Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen

Der Zahlungsrahmen für die Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen umfasst die Finanzierung von fünf Massnahmenpaketen (Tabelle 27).

2286

Tabelle 27 Zahlungsrahmen für die Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen (in Mio. CHF)

Soziale Begleitmassnahmen Beiträge für Strukturverbesserungen Investitionskredite Tierzucht und genetische Ressourcen Beratungswesen Total

B 2012

2014

2015

2016

2017

Total

3 87 54 38 12

3 89 17 38 12

3 89 17 38 12

3 89 17 38 12

3 89 17 38 12

12 356 68 153 49

194

159

159

160

160

638

Soziale Begleitmassnahmen Zu den sozialen Begleitmassnahmen zählen die Betriebshilfe und die Umschulungsbeihilfen. Sie flankieren den Strukturwandel in der Landwirtschaft im Sinne von Bereitschaftsinstrumenten. Die Betriebshilfe in der Form zinsloser, rückzahlbarer Darlehen wird für bäuerliche Betriebe eingesetzt, um eine unverschuldete finanzielle Bedrängnis zu beheben, bestehende verzinsliche Schulden abzulösen (Umschuldung) oder die frühzeitige Betriebsaufgabe zu erleichtern. Die für diese Massnahmen zur Verfügung stehenden Mittel wurden in den vergangenen Jahren mehrheitlich nicht ausgeschöpft. Dies lag am sehr tiefen Zinsniveau und an den mit der NFA geänderten Finanzierungsmodalitäten der Kantone (Verbundaufgabe). Ausgehend von der Annahme, dass die agrarpolitischen Rahmenbedingungen und die Agrarmärkte relativ stabil bleiben, sollen diese Mittel bis 2017 auf dem Niveau des Voranschlags 2012 eingestellt werden.

Beiträge für Strukturverbesserungen Mit Beiträgen für Strukturverbesserungen werden die von der Landwirtschaft benötigten Basisinfrastrukturen (Erschliessungen mit Güterwegen, Wasser, Elektrizität, Seilbahnen usw.) unterstützt. Diese Massnahmen haben zum Ziel, die Produktionskosten zu senken und die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse zu verbessern, wobei den ökologischen, tierschützerischen und raumplanerischen Anliegen Rechnung getragen wird. Sie tragen ausserdem zur Stärkung des ländlichen Raums bei und leisten einen Beitrag zur dezentralen Besiedlung. Von diesen Beiträgen werden mehr als 70 Prozent für Landumlegungen, Erschliessungsanlagen, Wasserversorgungen und auch für die periodische Wiederinstandstellung von Erschliessungen verwendet.

Weiter werden im Hügel- und Berggebiet der Neu- und der Umbau von Ökonomiegebäuden für raufutterverzehrende Tiere und im Berggebiet gemeinschaftliche Bauten sowie Bauten gewerblicher Kleinbetriebe zur Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung regionaler Produkte unterstützt. Angesichts der Entwicklungen in ländlichen Gebieten kommt dem angepassten Ausbau und dem Erhalt der Basisinfrastrukturen für die Landwirtschaft eine hohe Bedeutung zu. Eine zunehmende Nachfrage besteht nach der Unterstützung von Projekten zur regionalen Entwicklung und zur Förderung von einheimischen und regionalen Produkten nach Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe c LwG. Diese
branchenübergreifenden Projekte erhöhen die Wertschöpfung in der Landwirtschaft und stärken die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und landwirtschaftsnahen Sektoren, namentlich lokale Kleingewerbe, Tourismus und Forstwirtschaft. Der mit der teilweisen Rückgängig2287

machung der Massnahmen aus dem KOP gewonnene finanzielle Spielraum im Zahlungsrahmen soll gezielt genutzt werden. Anstatt einer Wiederaufstockung bei den sozialen Begleitmassnahmen werden die zusätzlichen Mittel zu den Beiträgen für Strukturverbesserungen umgelagert, um den hier ausgewiesenen Bedarf decken zu können. Diese beschränkte Aufstockung steht auch im Einklang mit der Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Schmidt Roberto214.

Investitionskredite Investitionskredite sind zinslose Darlehen, die vorwiegend für einzelbetriebliche Massnahmen eingesetzt werden. Sie bezwecken hauptsächlich die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen und der Bewirtschaftungsgrundlagen, unter Berücksichtigung der Anliegen des Tierwohls und des Gewässerschutzes.

Ergänzend können auch bauliche Massnahmen zur Diversifizierung der Tätigkeit im landwirtschaftsnahen Bereich mitfinanziert werden. Gemeinschaftliche Bauten, Einrichtungen und Maschinen, die Produzenten oder Produzentinnen in gemeinsamer Selbsthilfe erstellen oder beschaffen, werden ebenfalls mit Investitionskrediten unterstützt; sie sichern oder verbessern das Wertschöpfungspotenzial im ländlichen Raum. Finanziert werden auch Anlagen, um erneuerbare Energie aus Biomasse zu gewinnen. Die Baukredite mit kurzfristiger Rückzahlungsdauer spielen eine wichtige Rolle, da sie bei grösseren Projekten die Finanzierungslücke bis zum Erhalt der öffentlichen Beiträge zu überbrücken helfen. Neu sollen diese auch im Talgebiet gewährt werden können. Die Umsetzung der AP 14­17 wird weitere strukturelle Anpassungen erfordern.

Die Investitionskredite werden über einen Fonds de Roulement verwaltet. Die Rückzahlungen ermöglichen den Kantonen die jährliche Gewährung von neuen Darlehen in der Höhe von zirka 230 Millionen Franken. Mit den Mitteln, die der Bund für die Investitionskredite jährlich einsetzt, wird der Fonds de Roulement alimentiert. Die bisher eingesetzten Mittel führten dazu, dass der Fonds de Roulement real laufend erhöht wurde. Aufgrund des prognostizierten tiefen Zins- und Teuerungsniveaus kann der Fonds de Roulement in den nächsten Jahren auch mit tieferen Neueinlagen real erhalten werden. Deshalb werden im Zahlungsrahmen weniger Mittel eingestellt als bisher. Falls sich die prognostizierte Lage ändern sollte (steigende Zinsen oder
höhere Teuerung), behält sich der der Bundesrat vor, die Mittel für die Investitionskredite entsprechend zu erhöhen. Dies wird mit Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­ 2017 ermöglicht.

Tierzucht und genetische Ressourcen Mit dem Kredit Tierzucht und genetische Ressourcen fördert der Bund Tierzuchtmassnahmen und die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der tier- und pflanzengenetischen Ressourcen. Die Förderung der Tierzucht und der tiergenetischen Ressourcen mit rund 34 Millionen Franken verbessert die Produktionsgrundlagen. Sie ermöglicht eine eigenständige, hochwertige und den natürlichen Verhältnissen des Landes angepasste Zucht von Nutztieren. Im Bereich der pflanzengenetischen Ressourcen werden für die Umsetzung des NAP-PGREL jährlich 3,42 Millionen Fran-

214

11.3204 Ip Schmidt, «Finanzierung der Projekte zur Regionalen Entwicklung», 17. März 2011.

2288

ken und für Verpflichtungen auf internationaler Ebene 380 000 Franken aufgewendet.

Damit die Verpflichtungen aus dem IV-PGREL und des NAP-PGREL in der Schweiz erfolgreich und effizient umgesetzt werden können, sollen die Aufgaben jeweils an die am besten geeigneten Stellen in Form von Leistungsaufträgen vergeben werden können. Auch weiterhin sollen daher für Initiativen im Bereich der nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen Finanzhilfen gesprochen werden. Bedarfsweise muss der Bund einzelne Aufgaben auch selber wahrnehmen können. Dies verlangt eine flexible Verwendung der verfügbaren Mittel. Dies gilt insbesondere auch für administrative Arbeiten im Bereich der Koordination und der Projektbegleitung. Bisher ausgelagerte Aufgaben für die Umsetzung des NAPPGREL sollen neu vom BLW selber wahrgenommen werden. Dies bedingt eine personelle Aufstockung, die finanziell über die Reduktion des Subventionskredits A2310.0144 kompensiert werden soll (vgl. Ziff. 5.1.1).

Beratungswesen Die landwirtschaftliche Beratung hat zum Ziel, die in der Landwirtschaft tätigen Personen in ihrer beruflichen Tätigkeit zu begleiten und in ihrer berufsorientierten Weiterbildung zu unterstützen. Der Bund fördert das Beratungswesen durch Finanzhilfen an die Beratungszentrale AGRIDEA, an überregional tätige, in Spezialbereichen arbeitende Beratungsdienste (z.B. Bienen, Geflügel, Alpwirtschaft) und an die Vorabklärung von gemeinschaftlichen Projektinitiativen. Die Beratung ist Teil des landwirtschaftlichen Wissens- und Innovationssystems, ist ein Bindeglied zwischen Forschung und Praxis und verbindet wissenschaftliche Erkenntnis mit praktischem Erfahrungswissen.

4.5.2

Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz

Mit der Umsetzung der AP 2011 sank die Marktstützung von 548 Millionen Franken im Jahr 2007 auf 442 Millionen Franken im Jahr 2011. Im Gegenzug wurden die Direktzahlungen erhöht. Im Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz sind in den Jahren 2014­2017 insgesamt 1776 Millionen Franken vorgesehen. Das entspricht im Mittel 444 Millionen Franken pro Jahr. Damit steigen die jährlichen Aufwendungen gegenüber der Periode 2012­2013 um 25 Millionen Franken (vgl. Tabelle 26).

Vorgesehen ist eine Verschiebung vom Pflanzenbau zur Qualitäts- und Absatzförderung.

Tabelle 28 Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz (in Mio. CHF)

B 2012

2014

2015

2016

2017

Total

Qualitäts- und Absatzförderung Milchwirtschaft Viehwirtschaft Pflanzenbau

56 301 13 77

60 296 13 73

65 296 13 69

68 296 13 69

70 296 13 69

262 1184 52 279

Total

447

442

442

445

447

1776

2289

Qualitäts- und Absatzförderung Bei zunehmender Liberalisierung wird es für die schweizerische Landwirtschaft wichtiger, dass sie aus dem Verkauf ihrer Produkte einen möglichst hohen Erlös auf den Märkten erzielen kann. Der Bund unterstützt daher die Absatzförderung und übernimmt einen Teil der anrechenbaren Ausgaben. Die staatlich unterstützten Massnahmen betreffen die Marketingkommunikation und teilweise die Marktforschung im In- und Ausland, nicht aber preisliche Massnahmen oder Distributionskosten. Aufgrund der strategischen Bedeutung der Massnahme (Qualitätsstrategie) sollen die Mittel für die bisherigen Massnahmen im Bereich der Absatzförderung nach Artikel 12 LwG gehalten und für gezielte Marktabklärungen und Markterschliessungsmassnahmen im Ausland aufgestockt werden.

Die Ausrichtung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf eine Qualitätsstrategie und die Stärkung der diesbezüglichen Instrumente (Art. 11 LwG) soll im Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz mit zusätzlichen Mitteln unterstützt werden.

Damit sollen auf Antrag einzelner Branchen Massnahmen zur Verbesserung oder Sicherung der Qualität und Nachhaltigkeit vom Bund unterstützt und diese Beiträge an die Produzenten und Produzentinnen ausgerichtet werden können.

Der bestehende Kredit Absatzförderung (708.3600.200) soll deshalb ergänzt werden. Die Mittel unter der neuen Kreditbezeichnung «Qualitäts- und Absatzförderung» sollen bis 2017 schrittweise auf 70 Millionen Franken erhöht werden. Das entspricht gegenüber dem Budget 2012 einer Aufstockung um 14 Millionen Franken (4 Mio. Fr. für die Markterschliessung im Ausland und 10 Mio. Fr. für die Massnahmen zur Verbesserung und Sicherung von Qualität und Nachhaltigkeit). Demgegenüber werden die Mittel für den Pflanzenbau (Einzelkulturbeiträge) reduziert.

Je nach Umfang der Projekte und den entsprechenden Eigenmitteln, die die Branche im Rahmen der Qualitäts- und Absatzförderung aufbringt, ist der Bundesrat bereit, die in Tabelle 28 vorgesehenen Summen noch zu erhöhen. Eine allfällige Erhöhung würde über eine Reduktion der produktionsbezogenen Beiträge in der Milchwirtschaft und im Pflanzenbau kompensiert.

Milchwirtschaft Zur Stützung des Milchmarktes werden zwei Instrumente eingesetzt: Die Zulage für verkäste Milch bezweckt den unterschiedlichen Grenzschutz zwischen dem liberalisierten
Käsemarkt, der «gelben» Linie, und den anderen Milchprodukten, der «weissen» Linie, weitgehend auszugleichen. Die Zulage für Fütterung ohne Silage dient zur Unterstützung der Produktion von qualitativ erstklassigen Rohmilchkäsen, die im Rahmen der Qualitätsstrategie grosse Bedeutung haben. Für diese zwei Instrumente sollen jährlich 293 Millionen Franken aufgewendet werden. Weiterhin wird eine private Organisation mittels Leistungsvereinbarung beauftragt, die Milchdaten zu erfassen und die Ausrichtung der Zulagen vorzubereiten. Für die Vergütung dieser Aufgaben sind maximal 3 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen. Mit den vorgesehenen Mitteln ist es grundsätzlich möglich in den Jahren 2014­2017 eine Zulage für verkäste Milch von 15 Rappen pro Kilogramm und eine Zulage für Fütterung ohne Silage von 3 Rappen pro Kilogramm auszurichten. Insbesondere falls sich die aufgrund der Frankenstärke aktuell schwierige Situation im Bereich des Käseabsatzes in diesem Zeitraum entspannen sollte, behält sich der Bundesrat jedoch vor, die Zulage für verkäste Milch entsprechend zu reduzieren. In diesem Fall besteht nach Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017 die Möglichkeit, Kredite im 2290

Zahlungsrahmen Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen zu erhöhen. Im Vordergrund stehen dabei die Investitionshilfen, falls aufgrund steigender Zinsen oder höherer Teuerung ein zusätzlicher Bedarf entsteht.

Viehwirtschaft Im Bereich der Viehwirtschaft soll weiterhin eine private Organisation mittels Leistungsvereinbarung Vollzugsaufgaben des LwG wahrnehmen. Für die Vergütung dieser Aufgaben sind rund 6 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen. Es handelt sich um die «Überwachung öffentlicher Märkte» und die «Neutrale Qualitätseinstufung».

Weitere rund 7 Millionen Franken sollen als Inlandbeihilfen für Schlachtvieh, Fleisch und Eier sowie als Verwertungsbeiträge für Schafwolle eingesetzt werden.

Pflanzenbau Mit der Ausrichtung eines Beitrags für Einzelkulturen soll der Anbau von Ackerkulturen gefördert werden, die unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit als bedeutsam eingestuft werden. Die beabsichtigte Besserstellung des Futtergetreideanbaus wird nicht über einen spezifischen Einzelkulturbeitrag, sondern mit geringerem Vollzugsaufwand über die generelle Ackerbauförderung im Rahmen der Versorgungssicherheitsbeiträge erreicht. Um effektiv eine relative Stärkung der Futtergetreideproduktion zu erreichen, soll der spezifische Beitrag für Einzelkulturen entsprechend reduziert werden. Die Reduktion des Einzelkulturbeitrags für Zuckerrüben soll in zwei Schritten in den Jahren 2014 und 2015 erfolgen. Dadurch werden im Bereich Ackerbau im Jahr 2014 vier Millionen Franken und ab 2015 acht Millionen Franken weniger benötigt. Im Gegenzug soll die Qualitäts- und Absatzförderung verstärkt werden.

Im Bereich Obstbau und Weinbau sind keine Änderungen vorgesehen. Folglich wird der Mittelbedarf auf dem Niveau des Finanzplans 2013 fortgesetzt.

4.5.3

Zahlungsrahmen für die Direktzahlungen

Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems werden die Bundesmittel auf die neuen Massnahmen aufgeteilt (vgl. Tabelle 32). Ein Vergleich mit den bisherigen Krediten ist nur bedingt möglich. Künftig gibt es fünf Beitragsarten zur Förderung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, Ressourceneffizienzbeiträge zur Unterstützung der nachhaltigen Ressourcennutzung und Übergangsbeiträge zur Sicherstellung einer sozialverträglichen Entwicklung. Auch der Zahlungsrahmen Direktzahlungen bleibt über die 4 Jahre nominal konstant.

Da die Änderungen im Bereich der Direktzahlungen gegenüber den bisherigen Zahlungsrahmen am grössten sind, wird nachfolgend ausführlicher dargestellt, wie die Mittel ausgehend von den heutigen Direktzahlungsinstrumenten auf die neuen Beitragskategorien aufgeteilt werden.

2291

Es wurde in drei Schritten vorgegangen: 1.

Zuordnung der heutigen Instrumente zu den einzelnen Zielen gemäss ihrer Wirkung;

2.

Analyse der bisherigen Entwicklungen bei der Zielerreichung und Identifikation von Bereichen, in denen die Ziele noch nicht erreicht sind;

3.

Analyse der Wirkung der instrumentellen Anpassungen auf die Ziele.

Eine detaillierte Beschreibung der Zielerreichung und der Ziellücken erfolgte bereits in Ziffer 1.1.2. An dieser Stelle wird daher primär auf die Punkte 1 und 3 eingegangen.

Zuordnung der heutigen Instrumente zu den einzelnen Zielen gemäss ihrer Wirkung Mit den aktuellen Direktzahlungsinstrumenten werden die Verfassungsziele (Versorgungssicherheit, Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, Pflege der Kulturlandschaft, dezentrale Besiedlung, Tierwohl und Einkommenssicherung) bereits heute unterstützt. Als Ausgangslage für die Mittelverteilung werden die heutigen Instrumente gemäss ihren Hauptwirkungen den verschiedenen Zielen zugeordnet.

Die Versorgungssicherheit wird heute hauptsächlich über zwei Instrumente gefördert: Auf dem Grünland mit den Beiträgen für die Haltung von Raufutterverzehrern und auf der offenen Ackerfläche mit dem Zusatzbeitrag für offene Ackerflächen und Dauerkulturen.

Der Hangbeitrag bezweckt die Offenhaltung der Kulturlandschaft. Deshalb wird er den Kulturlandschaftsbeiträgen zugeordnet. Die Hauptwirkung des Sömmerungsbeitrags besteht darin, die alpwirtschaftlichen Flächen mit einer nachhaltigen Nutzung offen zu halten. Der allgemeine Flächenbeitrag wirkt in mehreren Zielbereichen. Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass er kaum einen Einfluss auf die Produktion ausübt. In den höheren Bergzonen unterstützt er die Offenhaltung. Den wichtigsten Beitrag leistet er jedoch im Bereich der Einkommenssicherung215. Im Bericht zur Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems216 hat der Bundesrat festgehalten, dass nach der Umsetzung der AP 2011 rund 900 Millionen Franken der Direktzahlungen nicht der Leistungserbringung, sondern ausschliesslich der Einkommenssicherung dienen. Zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung der Landschaftsqualität besteht im heutigen Direktzahlungssystem kein spezifisches Instrument. Die zugunsten des Berggebiets differenzierten Massnahmen, wie der TEP- und der Hangbeitrag, fördern zusammen mit den weiteren Direktzahlungen indirekt auch die dezentrale Besiedlung.

Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen wird mit der Einhaltung des ÖLN als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen weiter durch drei Massnahmenkategorien unterstützt: 1.

215

Beiträge für den ökologischen Ausgleich nach der DZV und Beiträge nach der ÖQV, die ihre Hauptwirkung im Bereich der Biodiversität haben;

Mann S. und Mack G. (2004): Wirkungsanalyse der Allgemeinen Direktzahlungen, FATSchriftenreihe Nr. 64. Agroscope FAT, Tänikon.

216 Bericht des Bundesrates vom 6. Mai 2009, Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, in Erfüllung der Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006 (06.3635). Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Berichte.

2292

2.

Ressourcenprogramme nach den Artikeln 77a und 77b LwG sowie Beiträge nach Artikel 62a GschG, die die effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen fördern und dem Gewässerschutz dienen;

3.

Beiträge für den biologischen Landbau und den extensiven Anbau von Getreide und Raps, die besonders naturnahe und umweltfreundliche Produktionsformen nach Artikel 104 Absatz 3 Buchstabe b BV fördern.

Das Tierwohl wird im heutigen Direktzahlungssystem über die BTS- und RAUSBeiträge unterstützt.

Damit ergibt sich für das Jahr 2014 ausgehend von der Aufteilung der Mittel auf die bisherigen Instrumente folgende Zuteilung der Mittel zu den verschiedenen Zielen (vgl. Tabelle 29).

Tabelle 29 Zuteilung der heutigen Direktzahlungsinstrumente zu den Zielen Bisherige Massnahmen

Mittelverteilung 2014

Zuordnung zu den Zielen

Neue Ausgangslage 2014

Zusatzbeitrag offene Ackerfläche RGVE-Beitrag (ohne Sömmerungszuschlag) TEP-Beitrag (ohne Sömmerungszuschlag)

179 468 309

Versorgungssicherheit

956

Hangbeitrag Sömmerungsbeitrag Sömmerungszuschlag (mittels RGVE- und TEP-Beiträgen)

115 99 89

Kulturlandschaft

425

Einkommenssicherung

900

Allgemeiner Flächenbeitrag

1022

Beiträge für den ökologischen Ausgleich Beitrag nach ÖQV Beiträge für Ressourcenprogramme Gewässerschutzbeiträge Biobeitrag Extensobeitrag

141 65 35 7 30 28

Natürliche Lebensgrundlagen

310

BTS- und RAUS-Beiträge

227

Tierwohl

223

Total

2814

2814

Diese Zuordnung der Mittel zu den verschiedenen Zielen bildet die Ausgangslage für die Festlegung der zukünftigen Mittelverteilung.

Analyse der Wirkung der instrumentellen Anpassungen auf die Ziele Die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems wirkt sich bereits aufgrund der instrumentellen Anpassungen auf die Zielerreichung aus. Diese Wirkung aufgrund der instrumentellen Weiterentwicklung ist bei der Festlegung der Mittelverteilung zu berücksichtigen. Sie wird daher nachfolgend analysiert.

2293

Tabelle 30 Wirkung der instrumentellen Anpassungen auf die Zielerreichung Ziel

Instrumentelle Wirkung

Versorgungs- Die Umwandlung der tiergebundenen Beiträge mit einer Förderlimite zu einer sicherheit indirekt tiergebundenen Zahlung mit Mindesttierbesatz reduziert den Anreiz zur Intensivierung der Tierhaltung. Mit der Einführung des Versorgungssicherheitsbasisbeitrags wird der Ackerbau relativ zum Grünland gestärkt. Heute liegt die durchschnittliche Stützung pro Hektare Ackerland in der Talzone rund 250 Franken unter derjenigen von Grünland (vgl. Abbildung 14). Diese Differenzierung zuungunsten des Ackerbaus entfällt, da der Basisbeitrag für Ackerund Grünland gleich hoch ist. Genau in die gegenteilige Richtung wirkt der Wegfall des allgemeinen Flächenbeitrags. Da der allgemeine Flächenbeitrag im Ackerbau bei den meisten Kulturen einen grösseren Anteil am Deckungsbeitrag ausmacht als in der Tierhaltung, verliert der Ackerbau damit relativ zum Grünland an Konkurrenzfähigkeit. Die beiden Effekte gleichen sich in etwa aus. Ein zusätzlicher spezifischer Förderbeitrag zugunsten der Acker- und Dauerkulturen verbessert die wirtschaftliche Attraktivität des Pflanzenbaus und insbesondere der Futtergetreideproduktion (vgl. Ziff. 4.5.2).

Natürliche Lebensgrundlagen

Die Umlagerung des heutigen RGVE- und TEP-Beitrags zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen reduziert den Anreiz, möglichst viele Raufutterverzehrer zu halten. Dies erhöht die Attraktivität der Biodiversitätsförderflächen und führt zu einem Rückgang der Ammoniak- und Treibhausgas-Emissionen. Ein weiterer positiver Effekt besteht darin, dass sich die Raufutterverzehrer gleichmässiger auf der Fläche verteilen und so eine Nutzung mit standortangepasster Intensität begünstigt wird. Insgesamt werden die beschriebenen Effekte im Berggebiet stärker sein als im Talgebiet, da die tiergebundenen Zahlungen im Berggebiet einen deutlich grösseren Teil des Umsatzes der Betriebe ausmachen.

Kulturlandschaft

Die Reduktion des allgemeinen Flächenbeitrags und die Einführung der Übergangsbeiträge reduzieren generell den Anreiz zur Bewirtschaftung der Flächen.

Dies ist auf dem grössten Teil der Flächen erwünscht, da dadurch die Pachtpreise unter Druck kommen und die Flächenmobilität verbessert wird. Auf marginalen Standorten und insbesondere in extremen Steillagen würde sich ohne ergänzende Massnahmen die Gefahr des Waldeinwuchses erhöhen.

Deshalb ist unter anderem im Rahmen der Kulturlandschaftsbeiträge vorgesehen, ein Zonenbeitrag für die Offenhaltung, einen besser differenzierten Hangbeitrag und einen Alpungsbeitrag für gesömmerte Tiere auszurichten.

Einkommens- Mit der Einführung der Übergangsbeiträge und der Umlagerung der Tierbeisicherung träge zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen werden die Direktzahlungen noch stärker entkoppelt. Dadurch kommen die Pachtzinse unter Druck und die durchschnittlichen Kosten in der Tierproduktion sinken, was zu einer Verbesserung der Transfereffizienz und damit zu einer höheren Einkommenswirkung der Direktzahlungen führt.

Entsprechend den in Ziffer 1.1.2 ausgewiesenen Entwicklungen, Ziellücken und Trends sowie den instrumentellen Wirkungen ergibt sich gegenüber der in Tabelle 29 beschriebenen Ausgangslage ein zusätzlicher Mittelbedarf zur Förderung des Ackerbaus (Futtergetreideproduktion), zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Pflege der Kulturlandschaft und zur Förderung des Tierwohls (vgl.

Tabelle 31).

2294

Tabelle 31 Synthese und Folgerungen bezüglich Mittelbedarf Zielbereich und Aspekt

Bisherige Entwicklung

Ziellücke

Wirkung instrumentell

Mittelbedarf gegenüber neuer Ausgangslage 2014







nein nein ja nein ja







gleich gleich mehr gleich keine spezifischen DZ

Natürliche Lebensgrundlagen Biodiversität

Wasser

Boden (Qualität)

Luft/Klima


ja ja ja ja






mehr mehr mehr mehr

Kulturlandschaft Offenhaltung Vielfalt (Qualität)




ja ja




mehr mehr

Tierwohl



ja



mehr

Versorgungssicherheit Bruttoproduktion Nettoproduktion Futtermittelproduktion Vielfalt der Ackerkulturen Bodenquantität

Um namhafte Verbesserungen bei der Zielerreichung zu realisieren, soll zusätzlich zur Anpassung der Instrumente im ersten Umsetzungsjahr auch bereits eine substanzielle Umverteilung der Mittel in die Zielbereiche mit Mehrbedarf erfolgen. Deshalb werden im Jahr 2014 gegenüber der in Tabelle 29 skizzierten Ausgangslage erste Mittelverschiebungen vorgenommen (vgl. Abbildung 13).

Die Beitragsansätze sollen für das Jahr 2014 festgelegt werden und anschliessend bis 2017 nicht weiter verändert werden. Zusätzlicher Mittelbedarf ergibt sich bis 2017 bei den freiwilligen Programmen durch eine sukzessive Zunahme bei der Beteiligung. Die Teilnahme an den bisherigen Programmen in den Bereichen Biodiversität und besonders umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen wird im bisherigen Ausmass weiter steigen. Dort wo die Anreize erhöht werden, wird sich die Beteiligungszunahme gegenüber heute verstärken. Zudem werden die Betriebe auch die Möglichkeiten nutzen, in die neuen leistungsbezogenen Programme im Bereich der Ressourceneffizienz und der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion einzusteigen oder ein Landschaftsqualitätsprojekt zu initialisieren. Ausserdem dürfte die Umlagerung eines wesentlichen Teils des allgemeinen Flächenbeitrags in die Übergangsbeiträge dazu führen, dass zusätzlich eine gewisse Dynamik beim Einstieg in die freiwilligen Programme entsteht. Der zusätzliche Mittelbedarf bei diesen Programmen wird durch eine Reduktion der für die Übergangsbeiträge eingesetzten Mittel gedeckt. Je nach Ausmass dieser Entwicklung werden die Übergangsbeiträge in den Jahren ab 2014 mehr oder weniger schnell zu den leistungsbezogenen Direktzahlungen umgelagert. Die Angaben in Abbildung 13 für die Jahre 2014 und 2017 sind geschätzt.

2295

Abbildung 13 Übersicht über die Entwicklung des Mittelbedarfs 2014­2017

0

200

400

Mio. Fr.

600

800 956

Versorgungssicherheitsbeiträge 425 206

Landschaftsqualitätsbeiträge Produktionssystembeiträge Ressourceneffizienzbeiträge

2014 (Diff. zu neuer Ausgangslage 2014)

(+ 76) (+ 42)

2017 (Diff. zu 2014)

42 (+ 10) (+ 21)

Übergangsbeiträge

(+ 138) (+ 0)

Neue Ausgangslage 2014

(+ 89) (+ 43)

0 (+ 20) (+ 70) 285

1'200

(+ 86) (+ 0)

Kulturlandschaftsbeiträge Biodiversitätsbeiträge

1'000

(- 176)

(- 418)

900

Versorgungssicherheitsbeiträge Die Mittel, die heute für die Tierbeiträge (RGVE- und TEP-Beitrag) sowie für den Zusatzbeitrag offene Ackerfläche eingesetzt werden, sollen in die Versorgungssicherheitsbeiträge umgelagert werden. Dabei soll die Summe der heutigen Tierbeiträge weiterhin auf dem Grünland für die Haltung von Raufutterverzehrern in Form eines Basisbeitrags und eines Zonenbeitrags für die Produktionserschwernis ausgerichtet werden. Ausgenommen sind die Mittel, die heute über die Tierbeiträge indirekt die Sömmerung stützen im Umfang von 89 Millionen Franken217. Diese werden künftig über den neuen Alpungsbeitrag im Rahmen der Kulturlandschaftsbeiträge ausgerichtet. Damit ergibt sich ein Basisbeitrag in der Grössenordnung von 900 Franken pro Hektare. Die heutige gegenüber der Haltung raufutterverzehrender Tiere auf Grünland (mittels RGVE-Beitrag) geringere Stützung des Ackerbaus (mittels Zusatzbeitrag für die offene Ackerfläche) wird durch den einheitlichen Basisbeitrag ausgeglichen und die stärkere Betroffenheit des Ackerbaus von der Reduktion des allgemeinen Flächenbeitrags (vgl. Tabelle 30) kann berücksichtigt werden. Um eine bessere relative Attraktivität des Ackerbaus und insbesondere der Futtergetreideproduktion zu erreichen, soll zudem zusätzlich ein spezifischer Förderbeitrag für die offene Ackerfläche und Dauerkulturen ausgerichtet werden.

In Abbildung 14 ist die Entwicklung der Stützungshöhe pro Fläche in der Talzone dargestellt. Auf dem Grünland wird der RGVE-Beitrag heute differenziert nach Milch- und Fleischproduktion. Es wurden die bisher ausbezahlten RGVE-Beiträge pro Fläche berechnet. Diese Stützung ergibt sich aus den jeweiligen Ansätzen für die RGVE-Beiträge multipliziert mit dem durchschnittlichen Viehbesatz pro Hektare.

217

Für die Zeit, während der die Tiere auf einem Sömmerungsbetrieb gehalten werden (max.

180 Tage), werden die Tierbeiträge dem Heimbetrieb trotzdem ausbezahlt (Sömmerungszuschlag).

2296

Da die heutigen Tierbeiträge für die Fleischproduktion auf Grünland höher sind, profitiert die Milchproduktion stärker vom Systemwechsel. Ebenfalls gut ersichtlich ist die gegenüber dem Grünland stärkere Stützung des Ackerlands und der Dauerkulturen mit der Umsetzung der AP 14­17.

Abbildung 14 Stützungsveränderung für Acker- und Grünland in der Talzone 1400

heute

AP 2014-2017

1200

Fr./ha

1000 800 600 400 200 0 Ackerfläche

Grünland Milch

Grünland Fleisch

Ackerfläche

Grünland

Zusatzbeitrag offene Ackerfläche und Dauerkulturen RGVE-Beitrag Basisbeitrag Versorgungssicherheit Förderbeitrag für Ackerfläche und Dauerkulturen

Da gemäss Ziffer 2.2.6 vorgeschlagen wird, den Brotgetreidezoll um 3 Franken pro Dezitonne zu reduzieren und die bisherigen kulturspezifischen Stützungen zu senken, kommt diese höhere generelle Förderung des Ackerbaus insbesondere der Futtergetreideproduktion zugute.

Für den Basisbeitrag sollen 858 Millionen Franken eingesetzt werden. Hinzu kommt der Zonenbeitrag für die Produktionserschwernis von 153 Millionen Franken und die zusätzliche Stützung des Ackerbaus über den Förderbeitrag Ackerfläche und Dauerkulturen von 83 Millionen Franken. Gegenüber der Ausgangslage ergibt sich ein Zuwachs für die Versorgungssicherheitsbeiträge von 138 Millionen Franken. Da die Beitragsansätze im Jahr 2014 festgelegt und anschliessend bis 2017 unverändert weitergeführt werden, wird mit einem Totalbetrag von jährlich 1094 Millionen Franken bis 2017 gerechnet.

Kulturlandschaftsbeiträge Für die Sicherstellung der Offenhaltung sind die Anreize entsprechend den klimatischen und topografischen Erschwernissen festzulegen. Da im aktuellen Preisumfeld davon ausgegangen werden kann, dass in der Talzone die Offenhaltung ohne spezifische Direktzahlungsanreize sichergestellt ist, bedarf es keiner Mittel für ebene Flächen in der Talzone. Im Berg- und Hügelgebiet ist aufgrund der klimatischen und topografischen Erschwernisse neu ein Zonenbeitrag für die Offenhaltung vorgesehen. Dadurch wird in der Hügel- und Bergzone ein Teil des wegfallenden allgemeinen Flächenbeitrags kompensiert. Beim nach Hangneigung abgestuften Hangbeitrag 2297

wird stärker differenziert: Einerseits durch die Ausdehnung des Hangbeitrags auf die Talzone und andererseits durch die Einführung einer zusätzlichen Hangneigungsstufe für Steillagen. Damit können die entsprechenden Ziellücken reduziert werden.

Der heutige Sömmerungszuschlag bei den RGVE- und TEP-Beiträgen soll als Alpungsbeitrag weitergeführt werden. Der Alpungsbeitrag wird dem Heimbetrieb pro gesömmerter Normalstoss ausgerichtet.

Für den Zonenbeitrag für die Produktionserschwernis und den Hangbeitrag sollen 145 Millionen Franken beziehungsweise 143 Millionen Franken eingesetzt werden.

Um die Ausweitung auf die Talzone und die dritte Hangneigungsstufe zu finanzieren, werden die Mittel für den Hangbeitrag um knapp 30 Millionen Franken erhöht.

Der heutige Sömmerungszuschlag soll in den neuen Alpungsbeitrag überführt und von 89 Millionen Franken auf 104 Millionen Franken aufgestockt werden. Auch der Sömmerungsbeitrag soll gegenüber der Ausgangslage um 20 Millionen Franken auf 119 Millionen Franken erhöht werden. Total sind somit für die Kulturlandschaftsbeiträge in den Jahren 2014­2017 jährlich 511 Millionen Franken vorgesehen.

Biodiversitätsbeiträge Da für BFF im neuen System keine oder tiefere Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet werden, sollen im Gegenzug die Ansätze für die Biodiversitätsbeiträge für die erste Qualitätsstufe (DZV-Niveau) erhöht werden. Gleichzeitig werden auch die Beiträge für qualitativ wertvolle Flächen substanziell erhöht. Weiter werden zusätzliche Elemente, wie artenreiche Flächen im Sömmerungsgebiet, wildtierfreundlicher Ackerbau und Flächen entlang von Fliessgewässern, mit dem Qualitätsbeitrag gefördert und die Beitragsdegression in den Bergzonen III und IV aufgehoben. Mit einer dritten Qualitätsstufe insbesondere für BFF auf dem Grünland werden Flächen der nationalen Inventare sowie weitere sehr artenreiche Flächen gefördert. Der Bund übernimmt 100 Prozent des Qualitätsbeitrags.

Bei der Vernetzung erfolgen keine grundsätzlichen Änderungen. Neu sollen in den Bergzonen III und IV gleich hohe Beiträge ausgerichtet werden wie in den tieferen Zonen. Die neuen Elemente können auch im Rahmen der Vernetzung unterstützt werden. Das Sömmerungsgebiet ist weiterhin vom Vernetzungsbeitrag ausgeschlossen.

Der Mehrbedarf an Biodiversitätsbeiträgen im Jahr 2014 beträgt
insgesamt 89 Millionen Franken. Er setzt sich zusammen aus dem Bedarf für die Erhöhung der Beitragsansätze zum Ausgleich der tieferen Versorgungssicherheitsbeiträge, die Aufhebung der Beitragsabstufung für Qualität und Vernetzung in den Bergzonen III und IV, die Übernahme der Restfinanzierung der biologischen Qualität, die Einführung von neuen beitragsberechtigten Elementen und der dritten Qualitätsstufe sowie für die Anpassung von Beitragsansätzen. Bis ins Jahr 2017 ergibt sich aufgrund der angenommenen Mehrbeteiligung an den Massnahmen (beispielsweise Flächen im Sömmerungsgebiet) ein zusätzlicher Mehrbedarf von 43 Millionen Franken. Die Gesamtsumme der Biodiversitätsbeiträge steigt somit zwischen 2014 und 2017 von 295 Millionen Franken auf 338 Millionen Franken.

Landschaftsqualitätsbeiträge Die Landschaftsqualitätsbeiträge sind ein neues Instrument und benötigen in der Anfangsphase bis zum Abschluss der Pilotprojekte noch nicht sehr viele Mittel.

Danach ist jedoch mit einem kontinuierlichen Anstieg der Ausgaben zu rechnen.

2298

In Analogie zur Entwicklung der Beteiligung an Vernetzungsprojekten (ÖQV) während der ersten vier Jahre nach der Einführung, kann angenommen werden, dass bis 2017 ein Sechstel der Ganzjahres- und Sömmerungsbetriebe Bewirtschaftungsvereinbarungen abgeschlossen haben werden und Beiträge erhalten. Es kann somit von einem Anstieg des Mittelbedarfs von 20 Millionen Franken im Jahr 2014 auf 90 Millionen Franken im Jahr 2017 ausgegangen werden.

Produktionssystembeiträge Bei den Produktionssystembeiträgen sollen die heutigen Beiträge für den biologischen Landbau bei Acker- und Spezialkulturen um einen Viertel erhöht werden. Der Beitrag für die extensive Produktion von Getreide und Raps wird auf dem heutigen Niveau weitergeführt. Für das neue Programm zur Förderung der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion ist mit einem ansteigenden Bedarf zu rechnen. Nicht in die finanzielle Planung aufgenommen wurden Mittel für allfällige neue gesamtbetriebliche Programme. Bei den Tierwohlprogrammen BTS und RAUS ergibt sich sowohl durch weitere Beteiligungszunahmen, die Erhöhung der Beitragsansätze für das RAUS-Programm und die Aufhebung der Direktzahlungsabstufung nach Tierzahlen ein Mehrbedarf.

Die Erhöhung von 76 Millionen Franken bei den Produktionssystembeiträgen im Jahr 2014 gegenüber der Ausgangslage ist auf den zusätzlichen Mittelbedarf für die Biobeiträge und das neue Programm für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion zurückzuführen. Zudem steigt der Bedarf beim BTS- und insbesondere beim RAUS-Programm. Bis 2017 ergibt sich bei den Produktionssystembeiträgen ein weiterer Mehrbedarf von 42 Millionen Franken aufgrund von Beteiligungszunahmen beim Programm für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion und bei den Tierwohlprogrammen. Im Jahr 2017 sind für die Produktionssystembeiträge insgesamt 403 Millionen Franken vorgesehen.

Ressourceneffizienzbeiträge Die heutigen regional und sektoral ausgerichteten Programme zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen (Art. 77a und 77b LwG) sowie die regionalen Projekte nach Artikel 62a GSchG werden weitergeführt. Bei ersteren werden laufende Projekte im Zeitraum 2014­2017 aufgrund der Befristung zu Ende gehen.

Neue Projekte können weiterhin initiiert werden. Der finanzielle Bedarf dürfte aber in der Summe geringer ausfallen, weil insbesondere
die Förderung von Schleppschlauchsystemen durch die nationalen Ressourceneffizienzbeiträge abgelöst wird.

Bei den Gewässerschutzprojekten ist mit einer weiteren leichten Ausdehnung zu rechnen. Bei den national wirkenden Ressourceneffizienzbeiträgen wird eine flächendeckende Wirkung der Förderung von Schleppschlauchsystemen zu einem starken Anstieg in den ersten Jahren führen, allfällige weitere Massnahmen dürften dagegen eine deutlich geringere finanzielle Wirkung haben.

Die Einführung von national wirkenden Ressourceneffizienzbeiträgen erfordert 2014 rund 10 Millionen Franken. Bis 2017 steigen diese Mittel auf 50 Millionen Franken an, wobei die Hälfte dieses Anstiegs durch einen Rückgang der Mittel für die auslaufenden Programme nach den Artikeln 77a und 77b LwG kompensiert wird. Beim Beitrag nach Artikel 62a GSchG ist nur mit einem leichten Anstieg des Mittelbedarfs zu rechnen. Gesamthaft ist somit von einem Mehrbedarf gegenüber heute von 10 Millionen Franken im Jahr 2014 und 31 Millionen Franken im Jahr 2017 auszugehen.

2299

Übergangsbeiträge Die Einführung von Übergangsbeiträgen stellt die Sozialverträglichkeit des Systemübergangs sowohl aus einzelbetrieblicher wie auch aus sektoraler Sicht sicher.

Durch die Entkopplung von den Produktionsfaktoren tragen die Übergangsbeiträge zu einer besseren Flächenmobilität und einer höheren Transfereffizienz bei. Da der heutige allgemeine Flächenbeitrag primär zur Einkommenssicherung dient, fliessen diese Mittel zum Grossteil in den Übergangsbeitrag. Die Übergangsbeiträge stellen eine Residualgrösse zwischen dem gesamten Direktzahlungsbudget und dem Bedarf für die leistungsbezogenen Instrumente dar. Die jährlich für die Übergangsbeiträge zur Verfügung stehenden Mittel werden sich über die Jahre verändern. Sie ergeben sich aus der Differenz zwischen den im Zeitablauf zunehmenden leistungsbezogenen Direktzahlungen und dem vorhandenen Direktzahlungsbudget.

Da die leistungsbezogenen Direktzahlungen zur Verbesserung der Zielerreichung bereits im Jahr 2014 um insgesamt 418 Millionen Franken ausgebaut werden, reduzieren sich die Mittel für die Übergangsbeiträge gegenüber der Ausgangslage um diesen Betrag. Damit ergibt sich für die Übergangsbeiträge im Jahr 2014 eine Summe von 482 Millionen Franken. Da die leistungsbezogenen Direktzahlungen aufgrund der angenommenen Beteiligungszunahmen bis 2017 um weitere 176 Millionen Franken ansteigen, sinken die Mittel für den Übergangsbeitrag auf 306 Millionen Franken. Dieser Betrag wird gemäss den Modalitäten, wie sie im Konzept (vgl. Ziff. 2.3.11) ausgeführt sind, auf die Betriebe verteilt.

Tabelle 32 enthält die oben aufgeführten Entwicklungen für die Jahre 2014­2017 für die einzelnen Instrumente.

Tabelle 32 Zahlungsrahmen für Direktzahlungen (in Mio. CHF)

B 2012

Versorgungssicherheitsbeiträge Kulturlandschaftsbeiträge Biodiversitätsbeiträge Landschaftsqualitätsbeiträge Produktionssystembeiträge Ressourceneffizienzbeiträge Übergangsbeiträge Total

4.6

2 809

2014

2015

2016

2017

Total

1 094 511 295 20 361 52 482

1 094 511 309 40 375 58 428

1 094 511 323 60 389 73 365

1 094 511 338 90 403 73 306

4 376 2 044 1 264 210 1 526 256 1 579

2 814

2 814

2 814

2 814 11 256

Berücksichtigung der Ergebnisse der Vernehmlassung

Generelle Bemerkungen Ein Grossteil der Kantone, die SVP, die BDP und die meisten bäuerlichen Organisationen fordern eine Erhöhung für die Gesamtsumme der drei Zahlungsrahmen im Ausmass der Teuerung. Die CVP beantragt den Teuerungsausgleich ausschliesslich für den Zahlungsrahmen Direktzahlungen. Zehn Kantone beantragen eine Mittelaufstockung für die neuen vom BAFU übernommenen Aufgaben. Dagegen fordern die 2300

Wirtschaftskreise eine Kürzung der Mittel. Sie vertreten die Meinung, dass Sparpotenziale besser aufgezeigt und ausgeschöpft werden sollen. Die breite Forderung zur Erhöhung der Zahlungsrahmen wurde nicht berücksichtigt, da einerseits für die Landwirtschaft mit den nominal konstanten Bundesmitteln zuverlässige Rahmenbedingungen geschaffen werden und andererseits die unsicheren Wirtschaftsprognosen keine Erhöhung zulassen.

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen 21 Kantone, die SVP und die bäuerlichen Kreise fordern eine Erhöhung des Zahlungsrahmens Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen. Insbesondere sollen Projekte zur regionalen Entwicklung und zur Förderung von einheimischen und regionalen Produkten nach Artikel 93 LwG stärker gefördert werden können. Teilweise wird eine Kompensation bei den Direktzahlungen (Übergangsbeiträge) zur budgetneutralen Ausgestaltung vorgeschlagen. Diese Forderungen wurden nicht aufgenommen, da die angespannte Lage der Bundesfinanzen keinen Spielraum zulässt. Zudem soll von einer allfälligen Kompensation bei den Direktzahlungen abgesehen werden, weil mit einer Mittelkürzung ein sozialverträglicher Übergang vom heutigen zum weiterentwickelten Direktzahlungssystem nicht sichergestellt wäre. Aufgrund des aktuell tiefen Zinsniveaus und der geringen Teuerung wird der Zahlungsrahmen Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen gegenüber der Vernehmlassungsvorlage um 120 Millionen Franken reduziert.

Produktion und Absatz Die Schweizer Milchproduzenten und Emmi fordern eine Erhöhung der Bundesmittel im Bereich der Milchwirtschaft, damit eine Zulage für verkäste Milch von 15 Rappen pro Kilogramm ausgerichtet werden kann. Implizit wird diese Forderung auch von zahlreichen Kantonen und landwirtschaftlichen Organisationen unterstützt, indem sie eine Festlegung der Höhe der Zulage für verkäste Milch von 15 Rappen pro Kilogramm im LwG verlangen. Mit der vorgeschlagenen Aufstockung der Mittel für die Zulage für verkäste Milch von 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber der Vernehmlassungsvorlage wird dieses Anliegen grundsätzlich berücksichtigt. Insbesondere falls sich die aufgrund der Frankenstärke aktuell schwierige Situation im Bereich des Käseabsatzes in diesem Zeitraum entspannen sollte, behält sich der Bundesrat jedoch vor, die Zulage für verkäste Milch entsprechend
zu reduzieren.

Direktzahlungen Der Zahlungsrahmen für Direktzahlungen ist sowohl bei den Kantonen, den politischen Parteien als auch bei den meisten Organisationen unbestritten. Die Mittelverteilung innerhalb des Zahlungsrahmens sorgt hingegen für zahlreiche kontroverse Stellungnahmen.

Die überwiegende Zahl der Kantone, die Parteien SVP, BDP und CVP, aber auch die landwirtschaftlichen Organisationen fordern die Versorgungssicherheitsbeiträge zum Teil deutlich zu erhöhen. Die Parteien FDP, SPS, GPS und GLP, Wirtschaftskreise, die Agrarallianz und die Natur- und Umweltschutzorganisationen wollen dagegen die Versorgungssicherheitsbeiträge reduzieren oder gar keine Mittel dafür einsetzen. Der Bundesrat berücksichtigt das Anliegen der Mehrheit der Kantone, der bürgerlichen Parteien und der bäuerlichen Organisationen teilweise, indem er die Mittel für die Versorgungssicherheitsbeiträge gegenüber der Vernehmlassung leicht 2301

erhöht. Insbesondere die Forderung, im Rahmen der Versorgungssicherheit mehr Mittel für die intensive Grünlandnutzung und den Ackerbau auszurichten, wird mit der Erhöhung des Basisbeitrags um rund 50 Franken auf zirka 900 Franken pro Hektare und des Förderbeitrags für offene Ackerfläche und Dauerkulturen um rund 100 Franken auf zirka 300 Franken pro Hektare berücksichtigt.

Die grosse Mehrheit der Kantone, die Parteien SPS, CVP, GPS und BDP, bäuerliche Organisationen, die Agrarallianz, Coop und economiesuisse beantragen, die Kulturlandschaftsbeiträge und insbesondere die Hangbeiträge zu erhöhen und so die Bergregionen insgesamt mit mehr Mitteln zu unterstützen. Natur- und Umweltschutzorganisationen beantragen dagegen, den Zonenbeitrag zu reduzieren oder gar ganz zu streichen, unterstützen jedoch eine Erhöhung der Hangbeiträge. Sieben Kantone, die Parteien SVP, SPS, BDP und GPS sowie bäuerliche Kreise und die Agrarallianz fordern zudem eine Aufstockung der Mittel für das Sömmerungsgebiet. Der Bundesrat berücksichtigt diese Forderungen und beabsichtigt, die Mittel für die spezifischen zugunsten des Berggebiets wirkenden Massnahmen gegenüber der Vernehmlassung zu erhöhen. Dies geschieht einerseits indem höhere Hangbeiträge für Steillagen vorgesehen sind und andererseits mit einer Aufstockung der Mittel zur Förderung der Sömmerung um rund 35 Millionen Franken pro Jahr (verteilt auf den neuen Alpungsbeitrag und den Sömmerungsbeitrag).

Die Mehrheit der Kantone und die Parteien SPS, GPS, GLP, BDP und CVP, die Bio-Produzenten, die IP-Produzenten, die Kleinbauernvereinigung, die Wirtschaftsverbände, Migros sowie die Umweltschutzorganisationen beantragen die Biodiversitätsbeiträge im Berggebiet zu erhöhen. Diese Forderungen sollen berücksichtigt werden, indem die Beitragsdegression für qualitativ wertvolle und vernetzte Flächen in den höheren Zonen abgeschafft wird.

Elf Kantone, die Parteien FDP, CVP und BDP, die Agrarallianz und die Grossverteiler sowie die Tierschutzorganisationen möchten die Produktionssystembeiträge erhöhen. Gefordert werden höhere Ansätze für den Biolandbau, das Tierwohl (RAUS) und die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion. Zwei Kantone, die SVP und die Schweizer Milchproduzenten sprechen sich gegen eine Mittelerhöhung für die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion
aus. Der Bundesrat ist bereit, gegenüber dem Vernehmlassungsvorschlag substanziell mehr Mittel für die Produktionssystembeiträge einzusetzen. Erhöhungen sieht er vor bei der Stützung des BioAckerbaus sowie bei den Programmen RAUS und graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion.

Economiesuisse, IP-Suisse, Migros und mehrere Natur- und Umweltschutzorganisationen fordern eine Erhöhung der Übergangsbeiträge. Alle Kantone ausser der Kanton Bern, die SVP, die BDP, die CVP und die Grossmehrheit der landwirtschaftlichen Organisationen sowie die Zuchtorganisationen beantragen eine deutliche Reduktion und einzelne Stellungnehmer sogar eine Streichung der Beiträge. Die freiwerdenden Mittel sollen in andere Direktzahlungsbeiträge oder in den Zahlungsrahmen Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen fliessen. Die leistungsbezogenen Direktzahlungen sollen gegenüber der Vernehmlassung deutlich ausgebaut und die Übergangsbeiträge im Gegenzug über die vier Jahre hinweg um insgesamt rund 690 Millionen Franken reduziert werden. Damit werden die Forderungen zur Reduktion der Übergangsbeiträge berücksichtigt.

2302

4.7

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

4.7.1

Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele

Nach Artikel 104 BV hat der Bund einen Auftrag, den er mit den Massnahmen des LwG erfüllt. In dieser Botschaft werden nur diejenigen Massnahmen des LwG revidiert, die durch die Bundesmittel innerhalb der drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen finanziert werden. Das Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung umfasst daneben noch weitere Aufgaben (vgl. Ziff. 4.1). Es stellt ein bedeutendes Aufgabengebiet des Bundes dar. Die damit verbundenen Bundesausgaben sind seit 2000 von mehr als 3,9 Milliarden Franken auf weniger als 3,7 Milliarden Franken gesunken (vgl. Abbildung 15). Da die Gesamtausgaben des Bundes weiter wachsen und die Landwirtschaftsausgaben gemäss der aktuellen Finanzplanung stabil bleiben, wird ihr Anteil an den Gesamtausgaben des Bundes bis 2015 auf 5,2 Prozent sinken. Um die Jahrtausendwende lag er noch bei 8 Prozent.

Seit den Neunzigerjahren hat sich die Stützungsstruktur stark verändert. Der Anteil der Marktstützung (Produktion und Absatz) am Total der mit den drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen erfassten Bundesausgaben ist von 64 Prozent 1990/92 auf 13 Prozent im Jahr 2010 gesunken. Im gleichen Zeitraum ist derjenige der Direktzahlungen von 29 Prozent auf 81 Prozent gestiegen. Die Ausgaben für Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen wurden von 7 Prozent auf 5 Prozent reduziert.

Abbildung 15

4000

10.0

3500

9.0 8.0

Mio. Fr.

3000

7.0

2500

6.0

2000

5.0

1500

4.0 3.0

1000

2.0 1.0

0

0.0

00/02 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

500

Anteil an den Bundesausgaben in %

Entwicklung der Ausgaben des Bundes für Landwirtschaft und Ernährung

ausserhalb Zahlungsrahmen Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Direktzahlungen Produktion und Absatz Anteil an den Bundesausgaben Quelle: EFV

Quellen: Staatsrechnung, Voranschlag 2011 und 2012, Finanzplan 2013 bis 2015

2303

Der Grossteil der Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung (97 %) entfällt auf Subventionen, die als Finanzhilfen ausbezahlt werden. Ohne Landwirtschaftssubventionen des Bundes könnten die Verfassungsziele bei den derzeitigen Marktverhältnissen nicht oder nur in ungenügendem Ausmass erreicht werden (vgl. Ziff. 1.1).

Die agrarpolitischen Massnahmen werden grossmehrheitlich einheitlich auf eidgenössischer Ebene geregelt. Dadurch kann eine Gleichbehandlung der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von Landwirtschaftsbetrieben und der involvierten Organisationen und Firmen gewährleistet werden. Eine Kofinanzierung der Kantone wird im Bereich der Strukturverbesserungen, der Sozialmassnahmen sowie der Vernetzungs- und der Landschaftsqualitätsbeiträge vorausgesetzt. Diese Massnahmen erfordern eine Beurteilung und finanzielle Beteiligung der Kantone, um das lokale und regionale Bedürfnis und die Mitgestaltung sicherzustellen.

Grundsätzlich erfolgt nach Artikel 6 LwG die finanzielle Steuerung über die drei Zahlungsrahmen sowie über den entsprechenden Zahlungskredit im Rahmen des jährlichen Voranschlages. Die agrarpolitischen Massnahmen werden mit der Verabschiedung der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen alle vier Jahre einer Prüfung unterzogen. Wie in Ziffer 1.1 dargelegt, erfolgt eine Analyse der Zielerreichung und die Massnahmen beziehungsweise der Mitteleinsatz können so jeweils auf die sich laufend verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden.

4.7.2

Befristung und degressive Ausgestaltung der Subvention

Artikel 104 BV weist dem Bund eine Daueraufgabe zu. Deshalb sind die Massnahmen in allen drei Zahlungsrahmen mehrheitlich weder befristet noch degressiv ausgestaltet.

Befristet sind einzig die Umschulungsbeihilfen nach Artikel 86a Absatz 3 LwG. Mit dieser temporären Massnahme soll der Ausstieg aus der Landwirtschaft erleichtert werden, wenn der Betrieb wenig Zukunftschancen bietet.

Die Übergangsbeiträge sollen einen sozialverträglichen Übergang vom heutigen zum weiterentwickelten Direktzahlungssystem gewährleisten. Sie sollen verhindern, dass die Direktzahlungen pro Betrieb durch den Wechsel stark abnehmen. Die Übergangsbeiträge bilden die Residualgrösse zwischen dem gesamten Direktzahlungsbudget und dem Gesamtbedarf an leistungsbezogenen Direktzahlungen. Da die leistungsbezogenen Direktzahlungen sukzessive ausgebaut werden sollen, werden die Übergangsbeiträge laufend sinken. Das Tempo der Reduktion wird dadurch vorgegeben, wie schnell der Bedarf für die leistungsbezogenen Direktzahlungen ansteigt. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Übergangsbeiträge bis acht Jahre nach Inkrafttreten vollständig in leistungsbezogene Direktzahlungen umgelagert werden.

4.7.3

Verfahren und Steuerung der Beitragsgewährung

Die Steuerung erfolgt nach Artikel 6 LwG mit den landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen und der jährlichen Budgetierung.

2304

Zahlungsrahmen für Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen Die Grundlagenverbesserungen und Sozialmassnahmen dienen primär der Kostensenkung in der Produktion und der Erhöhung der Produktequalität zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft. Die Investitionsbeiträge erfordern eine Beteiligung der Kantone. Es handelt sich grossmehrheitlich um Beiträge und zinslose rückzahlbare Darlehen für die Realisierung von einzelbetrieblichen und gemeinschaftlichen Projekten. Mit der Projektbewilligung kann das BLW die Einhaltung der bewilligten Kredite gewährleisten. Im Bereich des Beratungswesens und der Pflanzenzucht werden mit privaten Organisationen Leistungsvereinbarungen abgeschlossen. Für die Unterstützung der Tierzucht legt der Bundesrat die Beitragsansätze pro Zuchttier fest.

Zahlungsrahmen Produktion und Absatz Die Ausgaben für Produktion und Absatz wurden infolge der marktverzerrenden Wirkungen im Rahmen der bisherigen Agrarreformen sukzessive abgebaut. Wie in Ziffer 4.5.2 dargelegt, werden die Subventionen grösstenteils in Form von preisstützenden Zulagen für verkäste Milch und Fütterung ohne Silage pro Kilogramm Milch und kulturspezifischen Flächenbeiträgen ausbezahlt. Bei der Absatzförderung werden die Subventionen projektspezifisch ausgerichtet und setzen eine Beteiligung der privaten Organisationen voraus. Im Bereich der Milch- und Viehwirtschaft werden zudem Leistungsvereinbarungen mit privaten Organisationen abgeschlossen.

Die Weiterführung der Zulage für verkäste Milch ist sinnvoll, solange zwischen dem Grenzschutz für Käse (liberalisierter Markt mit der EU) und den übrigen Produkten grosse Differenzen beim Grenzschutz bestehen. Ähnliches gilt für die kulturspezifischen Beiträge im Ackerbau, die ebenfalls Grenzschutzdisparitäten ausgleichen. Mit der Erhöhung des allgemeinen Stützungsniveaus im Ackerbau können diese Beiträge im Rahmen der AP 14­17 um rund 20 Prozent reduziert werden. Zur weiteren Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors und im Hinblick auf künftige Marktöffnungsschritte ist es wichtig, die Mittel für die Qualitäts- und Absatzförderung gezielt auszubauen.

Es besteht bei den Instrumenten im Bereich Produktion und Absatz eine grosse Abhängigkeit von allfälligen weiteren Marktöffnungsschritten. Sollten sich diese konkretisieren, müssten
die Zahlungsrahmen zusammen mit den Instrumenten einer erneuten Überprüfung unterzogen und es müsste dem Parlament eine entsprechende Botschaft mit angemessenen Begleitmassnahmen vorgelegt werden.

Zahlungsrahmen Direktzahlungen Die materielle Steuerung der Direktzahlungen erfolgt über die agrarpolitischen Ziele (vgl. Ziff. 1.5). Wie in Ziffer 4.5.3 erläutert, werden die Mittel ab 2014 basierend auf den Ziellücken und der bisherigen Mittelverteilung den neuen Direktzahlungsinstrumenten zugeteilt. Der Bundesrat übernimmt die finanzielle Steuerung, indem er die Ansätze für die verschiedenen Direktzahlungen festlegt. Die Beitragsansätze sollen vom Bundesrat für das Jahr 2014 beschlossen und dann während der gesamten Zahlungsrahmenperiode bis 2017 grundsätzlich auf dem gleichen Niveau belassen werden. Je nach Zielerreichungsgrad und noch vorhandenen Ziellücken sind anschliessend für die Folgeperiode 2018­2021 die Direktzahlungsansätze anzupassen.

2305

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

5.1.1

Personelle Auswirkungen

Die geplanten Massnahmen im Rahmen der Qualitätsstrategie können zu einem Mehraufwand im BLW führen. Der genaue Ressourcenbedarf hängt von der Konkretisierung der einzelnen Massnahmen auf Verordnungsstufe ab und kann nicht präzise geschätzt werden. Er soll grundsätzlich innerhalb des BLW kompensiert werden.

Die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems hat mit der Erweiterung der Biodiversitätsbeiträge auf das Sömmerungsgebiet, der Einführung von Landschaftsqualitäts- und Ressourceneffizienzbeiträgen und den Erweiterungen im Bereich der Produktionssystembeiträge (graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion) einen personellen Mehraufwand zur Folge. Hinzu kommen ein Mehrbedarf für den Vollzug der Behördenbeschwerde bei Fruchtfolgeflächen und die Förderung von gemeinschaftlichen Initiativen zur Senkung der Produktionskosten (Art. 93 Abs. 1 Bst. e LwG). Bei den bestehenden Programmen nach den Artikeln 77a und 77b ist mit einer leichten Entlastung zu rechnen. Insgesamt dürfte sich der personelle Aufwand des Bundes für den Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen um maximal 3 drei Stellen erhöhen. Der genaue Ressourcenbedarf wird mit der Konkretisierung der einzelnen Massnahmen auf Verordnungsstufe evaluiert.

Erfahrungsgemäss besteht bei der Anpassung von Direktzahlungsinstrumenten anfänglich ein grosser Informationsbedarf. Zudem führt die Umstellung auf georeferenzierte Daten im Bereich Informatik und die Einführung der neuen Instrumente in den Bereichen Landschaftsqualität und Biodiversität im Sömmerungsgebiet zu einem personellen Mehraufwand. Die Intensivphase der Umstellung auf ein zielgerichteteres Direktzahlungssystem beginnt 2013 und dauert drei Jahre. Sie hat einen befristeten Mehrbedarf von 1,5 Stellen zur Folge.

Im Bereich der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen sollen bisher ausgelagerte Aufgaben für die Umsetzung des NAP-PGREL ab 2014 vom BLW selber wahrgenommen werden. Dies führt zu einer haushaltneutralen Umlagerung von Mitteln im Umfang von 2,5 Stellen in den Personalkredit (vgl. Ziff. 4.5.1).

5.1.2

Finanzielle Auswirkungen

Die Auswirkungen auf die Agrarausgaben sind in Ziffer 4 beschrieben. Mit der vorgeschlagenen Revision werden im LwG neue Tatbestände für Subventionen in den Bereichen Biodiversität und Landschaft geschaffen. Dies bewirkt einen finanziellen Mehrbedarf beim BLW. Der vorgesehene Zahlungsrahmen für Direktzahlungen trägt diesem Umstand Rechnung. Zur Zeit wird geprüft, ob sich im Gegenzug die bisher vom BAFU (auf der Grundlage des NHG) geleisteten Beiträge senken lassen. Wenn ja, würden die beim BAFU frei werdenden Mittel zum BLW transferiert. Ein solcher Transfer könnte allerdings frühestens ab dem Jahr 2016 stattfinden, denn bis dahin sind die Kredite des BAFU für den Natur- und Landschaftschutz durch Programmvereinbarungen mit den Kantonen bereits fest vergeben.

2306

Die Senkung des Kontingentszollansatzes für Brotgetreide reduziert die Zolleinnahmen ab 2014 um maximal 2,1 Millionen Franken.

5.1.3

Sonstige Auswirkungen

Die Informatiksysteme zur Erfassung, Pflege und Auswertung von Daten im Bereich Direktzahlungen und die Schnittstellen mit den entsprechenden kantonalen Systemen müssen an die neuen Direktzahlungsinstrumente angepasst werden. Dies erfolgt im Rahmen der ordentlichen Wartungen. Die Umstellung auf georeferenzierte Daten hat einen zusätzlichen Ressourcenbedarf für die Anpassung der entsprechenden Systeme zur Folge.

5.2

Auswirkungen auf die Kantone

5.2.1

Personelle Auswirkungen

Die Aufhebung der Massnahmen zugunsten nachwachsender Rohstoffe führt zu einer geringfügigen personellen Entlastung der Kantone. Der Vollzugsaufwand für die Kulturlandschaftsbeiträge, die Versorgungssicherheitsbeiträge und die Übergangsbeiträge wird mittelfristig gleich hoch sein wie für die heutigen allgemeinen Direktzahlungen.

Zusätzlicher Aufwand entsteht bei den Biodiversitätsbeiträgen mit der Einführung neuer Elemente und der Ausdehnung auf das Sömmerungsgebiet. Entlastungen ergeben sich jedoch bei der Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen dank der auf Verordnungsstufe geplanten Einführung von Standardmassnahmen. Der abgestimmte Vollzug von NHG und LwG im Bereich der Biodiversitätsförderung eliminiert zudem Doppelspurigkeiten bei den Kontrollen.

Zusätzlicher Aufwand gibt es durch die neuen Landschaftsqualitätsbeiträge und das Programm graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion bei den Produktionssystembeiträgen.

Mit der Einführung von national ausgerichteten Ressourceneffizienzbeiträgen werden die Kantone entlastet, die heute Programme nach den Artikeln 77a und 77b LwG in Eigenregie umsetzen. Die Erarbeitung von regionalen Projekten bei nationalen Zielsetzungen (z.B. Erhöhung Stickstoffeffizienz) entfällt.

Die Aufhebung des Vertragszwangs bei Hofdüngerabgaben entlastet die Kantone.

Unterstützend wirken neue EDV-Lösungen (z.B. HODUFLU) und andere Vollzugshilfeinstrumente, die vom Bund zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt führt die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems zu einem zeitlich befristeten Mehraufwand für die Einführung des Systems. Dieser kann zurzeit nicht quantifiziert werden. Nach der Einführung wird der Mehraufwand für neue permanente Instrumente wie die Landschaftsqualitätsbeiträge jedoch voraussichtlich durch Entlastungen in anderen Bereichen und effizientere Vollzugsinstrumente kompensiert werden.

Die übrigen Änderungen haben keine Auswirkungen auf die Kantone.

2307

5.2.2

Finanzielle Auswirkungen

Der zeitlich befristete personelle Mehrbedarf für die Einführung des weiterentwickelten Direktzahlungssystems hat entsprechende Personal- und Sachkosten zur Folge. Über die Höhe lassen sich zurzeit keine präzisen Angaben machen.

Die Übernahme der kantonalen Kofinanzierung von 20 Prozent für die biologische Qualität bei den Biodiversitätsbeiträgen durch den Bund hat eine Entlastung bei den Kantonen von rund 10 Millionen Franken im Jahr 2014 zur Folge. Änderungen wie neue beitragsberechtigte Flächen (z. B. biologisch wertvolle Sömmerungsflächen), Beitragserhöhungen bei bestehenden Flächen, die Einführung einer weiteren Qualitätsstufe oder die Integration der heute über das NHG geförderten Massnahmen auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche in die Biodiversitätsbeiträge entlasten die Kantone zusätzlich.

Die Ablösung von regionalen, kofinanzierten Ressourcenprogrammen nach den Artikeln 77a und 77b LwG durch national ausgerichtete Ressourceneffizienzbeiträge beispielsweise im Bereich Ammoniak (Schleppschlauch) führt mittelfristig zu einer Entlastung der Kantone in der Grössenordnung von 4 Millionen Franken.

Bei den Landschaftsqualitätsbeiträgen ist bei einem Kofinanzierungsanteil der Kantone von 20 Prozent je nach Beteiligung mit zirka 20 Millionen Franken Mehrbedarf im Jahr 2017 zu rechnen. Die Kofinanzierung ist konform mit dem neuen Finanzausgleich.

Gesamthaft haben die Änderungen bei den Direktzahlungen zu Beginn der Umsetzung der AP 14­17 eine Entlastung der Kantone zur Folge. Mit der erwarteten zunehmenden Beteiligung bei den kofinanzierten Landschaftsqualitätsbeiträgen in den Folgejahren steigt der finanzielle Aufwand für die Kantone voraussichtlich wieder auf das heutige Niveau an.

5.2.3

Sonstige Auswirkungen

Die kantonalen Informatiksysteme zur Erfassung und Pflege der Daten im Bereich Direktzahlungen müssen angepasst werden. Die Umstellung auf georeferenzierte Daten hat für einzelne Kantone zusätzliche Aufwendungen zur Folge. Zudem müssen die Schnittstellen zu anderen Anwendungen in den Kantonen und zu den Agrarinformationssystemen des Bundes angepasst werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Schnittstellen im Rahmen der ordentlichen Wartungen angepasst werden.

Auf der Basis der Betriebsstrukturen im Jahr 2010 wurde geschätzt, wie sich die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems auf die Höhe der Direktzahlungen je Kanton auswirkt. Abbildung 16 zeigt, dass sich der durchschnittlich pro Hektare ausgerichtete Direktzahlungsbetrag voraussichtlich nur geringfügig ändert.

2308

Abbildung 16 Schätzung der Verteilung der Direktzahlungen je Kanton im Jahr 2017 (ohne Beiträge im Sömmerungsgebiet) 4'000 3'500

Fr. / ha LN

3'000 2'500 2'000 1'500 1'000 500

Heutiges Direktzahlungssystem

AP 14-17

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

5.3.1

Auswirkungen auf einzelne gesellschaftliche Gruppen

Mittel CH

OW UR GR NW AI SZ GL AR VS ZG LU SG BE TI BL FR AG JU SO NE TG ZH VD SH GE

0

Landwirtschaft Sektoral Um die Auswirkungen der AP 14­17 auf die Landwirtschaft abschätzen zu können, hat die ART Berechnungen mit den dynamischen Angebotsmodellen Sektorales Informations- und Prognosesystem für die Landwirtschaft Schweiz (SILAS) und SWISSland sowie einem Marktmodell vorgenommen218. Es wurde analysiert, wie sich die Landwirtschaft bei der Weiterführung der bisherigen Agrarpolitik entwickelt (Referenzszenario) und welche Veränderungen sich mit der AP 14­17 ergeben.

Der Prognosezeitraum sind die Jahre 2005/07­2017.

Die Prognosen basieren auf den in Ziffer 4 aufgeführten finanziellen Mitteln. Für die Produktionsmittelpreise wurde die Teuerung der vergangenen Jahre von rund 1,5 Prozent pro Jahr fortgeschrieben. Die Produzentenpreise wurden modellendogen ermittelt, das heisst sie sind abhängig von den Produktionsmengen. Da mit der 218

Zimmermann A. et al. (2011): Die Auswirkungen eines weiterentwickelten Direktzahlungssystems, Modellberechnungen mit SILAS und SWISSland, ART-Bericht Nr. 744, Tänikon und Zimmermann A. et al. (2012): Auswirkungen der Agrarpolitik 2014-2017, Aktualisierung der wichtigsten Ergebnisse des ART-Berichts Nr. 744, Tänikon.

2309

AP 14­17 der Grenzschutz und die Marktstützungen mit Ausnahme des Brotgetreides (Senkung Brotgetreidezoll um 3 Fr. pro Dezitonne) unverändert weitergeführt werden, ergab sich insgesamt eine konstante Entwicklung der Preise. Die Auswirkungen allfälliger Marktöffnungen im Zeitraum 2014­2017 wurden nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die offene Ackerfläche nach einem anfänglichen Rückgang mit der AP 14­17 wieder zunimmt. Beim Futtergetreide ist ein Produktionsanstieg von rund 4 Prozent zu verzeichnen (Referenz ­5 %). Bei den übrigen Ackerbauprodukten resultieren nur geringfügige Änderungen.

In der Tierhaltung ist mit der AP 14­17 ein Rückgang der gehaltenen GVE von rund 9 Prozent zu erwarten (Referenz: ­4 %). Dies ist insbesondere auf den biologischen und technischen Fortschritt zurückzuführen (z.B. Milchleistungssteigerungen).

Während die Milchproduktion trotz abnehmendem Kuhbestand auf rund 3,6 Millionen Tonnen ansteigt, wird beim Rindfleisch ein leichter Rückgang von 3 Prozent prognostiziert (Referenz: +3 %). Beim Schweine- und Geflügelfleisch sind aufgrund der AP 14­17 keine Veränderungen der Produktionsmengen zu erwarten.

Die AP 14­17 führt gesamthaft zu einer leichten Verlagerung von der tierischen zur pflanzlichen Produktion. Die Bruttokalorienproduktion nimmt um rund 3 Prozent zu.

Der Anstieg ist zwar leicht geringer als im Referenzszenario. Da aber infolge der Ausdehnung der Futtergetreideproduktion und der stärkeren Abnahme des Tierbestands der Kraftfutterimport gegenüber der Referenz rund 10 Prozent tiefer zu liegen kommt, wird mit der AP 14­17 die Nettokalorienproduktion gestärkt.

Die mit der AP 14­17 gegenüber der Referenz geringeren Produktionsmengen von Milch und Rindfleisch führen bei diesen Produkten zu 2­5 Prozent höheren Preisen, weshalb der Produktionswert der tierischen Erzeugung fast auf gleichem Niveau zu liegen kommt wie im Referenzszenario. Zusammen mit der pflanzlichen Erzeugung resultiert im Jahr 2017 in beiden Szenarien ein Produktionswert von 9,60 Milliarden Franken.

Auf der Kostenseite prognostiziert das Modell für die AP 14­17 aufgrund der angenommenen Teuerung bei den Produktionsmittelpreisen und trotz der Einsparungen durch den technischen Fortschritt einen leichten Anstieg auf 9,97 Milliarden Franken. Der Anstieg ist jedoch rund 110 Millionen
Franken geringer als bei der Weiterführung der bisherigen Politik, was insbesondere auf geringere Vorleistungen, Abschreibungen und Pachten zurückzuführen ist. Nicht berücksichtigt sind in den Modellrechnungen die Fremdkosten, die bei einer Beteiligung an gewissen freiwilligen Programmen für einen Teil der Betriebe anfallen. Ebenfalls nicht abgebildet sind die geringeren Abschreibungen, die sich durch die vorgesehenen Anpassungen im Bereich der Investitionshilfen ergeben.

Die sonstigen Subventionen (insbesondere Direktzahlungen) steigen aufgrund der Umlagerung von Mitteln aus der Marktstützung in Direktzahlungen im Rahmen der AP 2011 bis 2017 auf 2,92 Milliarden Franken. Da die höheren Direktzahlungen den Anstieg der Kosten zwischen 2005/07 und 2017 nicht vollständig ausgleichen, resultiert insgesamt ein leichter Rückgang des sektoralen Nettounternehmenseinkommens (Entschädigung für die eigene Arbeit und das Eigenkapital) von 2,64 Milliarden Franken auf 2,55 Milliarden Franken (­3 %). Gegenüber dem Wert von 2013 bleibt mit der AP 14­17 das Sektoreinkommen jedoch konstant. Aufgrund des geringeren Anstiegs bei den Kosten kommt es rund 110 Millionen Franken oder

2310

4 Prozent höher zu liegen, als wenn die heutigen Instrumente unverändert weitergeführt würden (Referenz).

Abbildung 17

Mrd. Fr. zu laufenden Preisen

Auswirkung der AP 14­17 auf das Sektoreinkommen 14 12 10

2.66

8

2.92

2.92 9.66

2.92 9.97

10.08

9.87

6 4

9.64

2

9.60

9.49 2.64

2.54

9.60 2.55

2.44

0 2005/07

2013

2017 Referenz

2017 AP 14-17

Erzeugung Direktzahlungen und sonstige Subventionen Nettounternehmenseinkommen Fremdkosten

Quelle: ART

Einzelbetrieblich Gemäss den Berechnungen mit SWISSland werden mit der AP 14­17 die landwirtschaftlichen Einkommen auf einzelbetrieblicher Ebene zwischen 2008/10 und 2017 im Durchschnitt um 7 Prozent steigen. Die Kaufkraft der Bauernfamilien bleibt somit bei gleich bleibender Teuerung erhalten. Die Einkommenszunahme ist mit der AP 14­17 höher als im Referenzszenario, was mit den sektoralen Einkommensprognosen übereinstimmt. Am stärksten ist der Einkommensanstieg in der Bergregion mit voraussichtlich 11 Prozent. Auch in der Tal- und in der Hügelregion prognostizieren die Modellrechnungen Einkommenssteigerungen, wobei der Anstieg mit 5 Prozent in der Talregion und 9 Prozent in der Hügelregion weniger hoch ausfällt.

Diese Berechnungen zeigen, dass mit den vorgeschlagenen Zahlungsrahmen eine sozialverträgliche Entwicklung ermöglicht wird.

Spezifische Auswirkungen einzelner Massnahmen Die Anpassung der SAK-Faktoren führt dazu, dass ungefähr 1400 Betriebe keine Direktzahlungen mehr erhalten. Davon liegen rund 1000 im Talgebiet.

Durch die Beschränkung der Einkommens- und Vermögensgrenze auf die Übergangsbeiträge entfallen bei den leistungsbezogenen Direktzahlungen im Zeitraum 2014­2017 Kürzungen im Umfang von 7 Millionen Franken. Bei den Übergangsbeiträgen verbleiben in dieser Zeit Kürzungen von 3­4 Millionen Franken. Im Gegenzug steigen tendenziell die durch die Beitragsbegrenzung pro SAK bedingten Kürzungen. Dieser Anstieg wird ausgelöst durch die vorgeschlagene Anpassung der SAK-Faktoren und fällt umso stärker aus, je weniger die Beitragsbegrenzung pro SAK erhöht wird. Vom Hangbeitrag in Steillagen über 50 Prozent Hangneigung 2311

profitieren über alle Zonen rund 28 000 Hektaren LN, von der Ausdehnung des Hangbeitrags in die Talzone rund 30 000 Hektaren.

Das weiterentwickelte Direktzahlungssystem hat auch Auswirkungen auf die administrative Belastung der Betriebe. Die Teilnahme an den neuen Beitragsinstrumenten bedeutet für die Landwirtinnen und Landwirte teilweise einen zusätzlichen Aufwand für Aufzeichnungen. Im Gegenzug führen die zielgerichteteren Massnahmen dazu, dass nicht betroffene Betriebe administrativ entlastet werden. Den gleichen Effekt haben die vorgesehenen Vereinfachungen im Bereich der Vernetzung bei den Biodiversitätsbeiträgen und die Harmonisierung des Vollzugs des LwG und des NHG.

Zudem kann mit dem Ausbau der elektronischen Datenverwaltung der Erfassungsaufwand für die Landwirtinnen und Landwirte gegenüber heute reduziert werden.

Der Boden als natürliche und unvermehrbare Ressource ist die wichtigste Produktionsgrundlage der Landwirtschaft. Die Koordination des Agrarrechts mit der Raumplanung verbessert den Schutz des Kulturlandes, was sich für die Landwirtschaft somit insgesamt positiv auswirkt. Rechtskräftig ausgeschiedene Bauzonen sollen von den Direktzahlungen ausgeschlossen werden. Gemäss ARE liegen heute rund 226 500 Hektaren in der Bauzone.219 Rund 17 Prozent davon, also etwa 38 000 Hektaren, sind noch nicht überbaut. Wenn man annimmt, dass auf rund 60 Prozent dieser Flächen heute Direktzahlungen ausgerichtet werden, dann würden mit der neuen Regelung rund 23 000 Hektaren (rund 2 % der LN) die Direktzahlungsberechtigung verlieren. Die einzelbetrieblichen Auswirkungen werden dadurch abgedämpft, dass der Wegfall der Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträge auf diesen Flächen bei der Berechnung der Übergangsbeiträge berücksichtigt wird.

Vor- und nachgelagerte Stufen Mit den weitergeführten Zulagen für verkäste Milch und für Fütterung ohne Silage wird die wertschöpfungsstarke Käseproduktion gefördert. Mit der gezielten Unterstützung der Ackerkulturen kann erreicht werden, dass im Hinblick auf die Versorgungssicherheit in der ersten Verarbeitungsstufe die notwendigen Kapazitäten erhalten werden.

Durch die Umlagerung der RGVE- und TEP-Beiträge in die Versorgungssicherheitsbeiträge reduziert sich der Anreiz zur Intensivierung der Tierhaltung. Damit einher geht eine marktentlastende
Wirkung, was zu höheren Produktepreisen führen kann. Insbesondere die nachgelagerten Stufen können so ­ im Verbund mit Produktion und Konsum ­ vermehrt auf nachhaltig produzierte Produkte mit einer hohen Qualität setzen und damit für alle Stufen eine hohe Wertschöpfung ermöglichen. Die konsequente Ausrichtung der Direktzahlungen auf die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen kann als Marketingargument für die inländischen Produkte eingesetzt werden. Durch die zu erwartende höhere Effizienz der Produktion vermindert sich der Einsatz von Produktionsmitteln je Produktionseinheit, was entsprechende Auswirkungen auf die vorgelagerten Stufen (z.B. Futtermittelimporte, Dünger, Pflanzenschutzmittel) hat.

219

ARE (2008): Bauzonenstatistik Schweiz 2007, Bern.

2312

Konsumentinnen und Konsumenten Die vermehrte Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine Qualitätsstrategie soll den Konsumentinnen und Konsumenten zugute kommen. Sie werden namentlich von den zusätzlichen Anstrengungen im Bereich der Qualitätssicherung profitieren. Die Möglichkeit, offizielle Zeichen für Qualitätsprodukte für obligatorisch zu erklären, kann in einzelnen Bereichen die Wiedererkennbarkeit dieser Produkte verbessern und damit die informierte Wahl der Konsumentinnen und Konsumenten erleichtern.

Die inländischen Konsumentenpreise werden weiterhin massgebend durch den Grenzschutz beeinflusst, der ausser beim Brotgetreide nicht angepasst werden soll.

Der Hauptnutzen des weiterentwickelten Direktzahlungssystems für die Konsumentinnen und Konsumenten besteht darin, dass künftig viel klarer wird, welche gemeinwirtschaftlichen Leistungen zusätzlich zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen von den Landwirtinnen und Landwirten erbracht werden. Für die Konsumentinnen und Konsumenten haben die Änderungen keine finanziellen Auswirkungen. Bei der Festlegung der Höhe der Direktzahlungen sollen, wie bereits heute, der Aufwand bei der Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen und der am Markt erzielbare Mehrerlös berücksichtigt werden.

5.3.2

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Wettbewerb und Arbeitsplätze Mit der verstärkten Ausrichtung auf eine Qualitätsstrategie, der Förderung der Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette und der vermehrten Unterstützung von Exportanstrengungen wird die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors verbessert. Marktanteile im Inland können gehalten und im Ausland dazugewonnen werden.

Die Entkopplung der Übergangsbeiträge von der Fläche führt zu einer höheren Flächenmobilität und zu besseren Wachstumsmöglichkeiten. Die konsequentere Ausrichtung der Beitragshöhe auf effizient wirtschaftende Betriebe reduziert die Rentenbildung und ermöglicht es den Betrieben, längerfristig wachsen zu können.

Die Klärung des Verfahrens hinsichtlich Feststellung der Wettbewerbsneutralität bei der Gewährung von Investitionshilfen schafft Rechtssicherheit und stellt gleich lange Spiesse zwischen der Landwirtschaft und den verarbeitenden Gewerbebetrieben der Region sicher. Die Massnahmen wirken sich positiv auf einen effizienten Einsatz der Arbeitskräfte aus.

Standortattraktivität Die Landwirtschaft trägt wesentlich zu einer hohen Attraktivität des Standorts Schweiz bei. Einerseits ist die Wahrnehmung stark durch die optische Flächenwirkung der landwirtschaftlichen Produktion, der Kulturlandschaftspflege, der Biodiversität und weiterer Leistungen geprägt. Mit dem weiterentwickelten Direktzahlungssystem werden diese Leistungen gezielt gestärkt, und zusammen mit dem verbesserten Kulturlandschutz wird die Attraktivität der Schweiz als Wohn- und Wirtschaftsstandort erhöht.

2313

Die Kommunikationsanstrengungen der Branche, die mit Bundesgeldern unterstützt werden, befördern (insbesondere im Ausland) andererseits auch wichtige Botschaften für die Schweiz als Tourismusdestination.

Ländlicher Raum Die Fokussierung des weiterentwickelten Direktzahlungssystems auf die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen steigert das wirtschaftliche Potenzial im ländlichen Raum. Mit Produkten von hoher Qualität kann lokal und regional eine hohe Wertschöpfung generiert werden, was sich positiv auswirkt auf die Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Bereichen und auf Branchen, die von einem intakten Bild der Landwirtschaft profitieren (z.B. Tourismus). In die gleiche Richtung wirken die Verbesserungen beim Kulturlandschutz. Die Verstärkung des Erosionsschutzes im Rahmen des ÖLN, die Aufhebung der RGVE- und TEP-Beiträge und die gleichzeitige Erhöhung der Hang- und Sömmerungsbeiträge sowie die Einführung flächenbezogener Biodiversitätsbeiträge im Sömmerungsgebiet und der nationalen Ressourceneffizienzbeiträge führt zu einem verbesserten Schutz vor Naturgefahren (Erosions- und Hochwasserprävention).

Direktzahlungsinstrumente, die eine vermehrte Eigeninitiative voraussetzen wie die Landschaftsqualitätsbeiträge, fördern zudem die Innovationskraft im ländlichen Raum und ermöglichen die gemeinsame Erarbeitung innovativer Projekte. In die gleiche Richtung wirken die Massnahmen im Bereich der Strukturverbesserungen und der ländlichen Entwicklung.

Gemeinschaftliche Pachtlandarrondierungen und weitere Formen der Arrondierung zur Verbesserung der Bewirtschaftungsstruktur beinhalten ein beträchtliches wirtschaftliches Potenzial und wirken sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Landwirtschaftsbetriebe aus.

5.4

Zweckmässigkeit im Vollzug

Die im Rahmen der AP 14­17 vorgeschlagenen Änderungen haben beim Vollzug vor allem Auswirkungen auf die Direktzahlungen. Bei den Direktzahlungen soll am System des Vollzugs gegenüber heute grundsätzlich nichts geändert werden. Es hat sich eingespielt und ist effektiv und effizient. Beim Vollzug der Biodiversitätsbeiträge sollen die Vollzugsprozesse zwischen dem LwG und dem NHG aber noch besser abgestimmt werden. Dies erlaubt, heutige Doppelspurigkeiten beim Vollzug der beiden Gesetzgebungen, welche die gleichen Zielrichtungen verfolgen, zu beseitigen.

Vereinfachungen beim Vollzug sind dort anzustreben, wo nationale Lösungen oder standardisierte Prozesse zu einer höheren Effizienz führen. Dies ist namentlich bei den Ressourceneffizienzbeiträgen und beim Vollzug von Vernetzungsprojekten im Rahmen der Biodiversitätsbeiträge der Fall.

EDV-Hilfsmittel sollen dort verstärkt eingesetzt werden, wo dies der Vereinfachung des Datenmanagements, einer Erhöhung der Datenqualität und der Nutzung von Synergien dient (z.B. Aufhebung der Vertragspflicht für Hofdüngerverschiebungen dank flächendeckender Nutzung von HODUFLU).

2314

5.5

Nachhaltigkeitsbeurteilung

Die Beurteilung der Entwicklung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft unter den Rahmenbedingungen der AP 14­17 basiert auf dem Konzept, das auch für die Bilanz in Ziffer 1.1.1 verwendet wurde. Ergänzt werden die Indikatoren, wo sinnvoll, mit Indikatoren aus dem Instrument der Nachhaltigkeitsbeurteilung des ARE (Indikatoren des Interdepartementalen Ausschusses Nachhaltige Entwicklung [IDANE], sog. IDANE-Kriterien).

5.5.1

Ökonomie

Kapitalerneuerung Aufgrund der erwarteten Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft ist davon auszugehen, dass es weiterhin eine ausreichende Anzahl Betriebe geben wird, welche die notwendigen Rückstellungen für Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen tätigen können. Da es in diesem Bereich mit der AP 14­17 keine spezifischen zusätzlichen Massnahmen geben wird, dürfte sie sich neutral auf diesen Indikator auswirken.

Boden (Quantität) Die Berechnungen der ART zu den Auswirkungen der AP 14­17 zeigen, dass die Landwirtschaft die ackerfähige Fläche, die ihr zur Verfügung steht, weiter bewirtschaften wird. Da es zurzeit keine Anzeichen gibt, dass der Druck von ausserhalb der Landwirtschaft auf die ackerfähigen Böden abnehmen wird (Siedlungen, Raumbedarf für Fliessgewässer), muss mit einem weiteren Rückgang dieser Flächen gerechnet werden.

Im Rahmen der AP 14­17 werden jedoch Massnahmen vorgeschlagen, um dem Druck auf das Kulturland entgegenzuwirken. Damit wird ein Anreiz zur Verringerung des Kulturlandverlustes geschaffen, weshalb die Auswirkungen der AP 14­17 als positiv eingestuft werden.

Entwicklung der Arbeitsproduktivität Aufgrund der Marktnähe der Landwirtschaft, der Stärkung der Qualitätsstrategie und des zielgerichteteren Instrumentariums des Bundes bei den Direktzahlungen (Versorgungssicherheitsbeiträge) ist davon auszugehen, dass die Produktion zunimmt (vgl. Ziff. 5.3.1), ohne dass die Kosten überproportional steigen. Entsprechend ist gemäss Modellrechnungen der ART mit einer stabilen Bruttowertschöpfung zu konstanten Preisen zu rechnen. Der Arbeitskräfteeinsatz wird jedoch aufgrund der Entwicklung der betrieblichen Strukturen und des Einsatzes arbeitssparender Techniken weiter abnehmen. Einen Beitrag dazu leistet auch das weiterentwickelte Direktzahlungssystem. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich die Arbeitsproduktivität im bisherigen Ausmass weiter verbessert.

2315

5.5.2

Ökologie

Biodiversitätsförderflächen Die AP 14­17 sieht im Bereich der Direktzahlungen eine verstärkte Förderung der Qualität von Flächen für die Biodiversität vor. Dies dürfte zu einer weiteren leichten Ausdehnung der Biodiversitätsförderflächen und zu einer Verbesserung der biologischen Qualität dieser Flächen führen. Allerdings braucht die Entwicklung der Biodiversität Zeit.

Pflanzenschutzmittelverkäufe Der weitere technische Fortschritt und die wirtschaftliche Notwendigkeit zum sparsamen Einsatz wirken tendenziell in Richtung einer weiteren leichten Reduktion des Verkaufs von Pflanzenschutzmitteln. Sich verändernde klimatische Bedingungen könnten allerdings zu einer erhöhten Notwendigkeit für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln führen. Die im Rahmen der AP 14­17 vorgesehenen Ressourceneffizienzbeiträge fördern den zielgerichteten und schonenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und tragen damit zu einem geringeren Eintrag von Pflanzenschutzmittel in die Umwelt bei. Zudem werden alte, also seit langem zugelassene Wirkstoffe nach neusten toxikologischen Kenntnissen reevaluiert. Dies wird zu einer Reduktion der Risiken durch potenziell schädliche Pflanzenschutzmittel führen.

Phosphoreffizienz Aufgrund der zielgerichteteren Massnahmen bei den Direktzahlungen wird erwartet, dass die Tierzahl in Zukunft leicht sinken und somit etwas weniger Hofdünger anfallen wird. In verschiedenen Bereichen, wie der Milchviehhaltung, wird der technische Fortschritt zu weiteren Effizienzsteigerungen führen. Mit den geplanten Verbesserungen bei der Administration von Hofdüngerlieferungen und den mit der AP 14­17 neu vorgesehenen Ressourceneffizienzbeiträgen ist davon auszugehen, dass die Phosphoreffizienz weiter zunehmen wird.

Stickstoffeffizienz Die Stickstoffeffizienz wird mit den geplanten Verbesserungen bei der Administration von Hofdüngerlieferungen sowie den Ressourceneffizienzbeiträgen (z.B. Förderung emissionsarmer Ausbringtechniken) positiv beeinflusst. Deshalb ist eine weitere Verbesserung der Effizienz zu erwarten.

Energieeffizienz Das weiterentwickelte Direktzahlungssystem und insbesondere die neu vorgesehenen Ressourceneffizienzbeiträge werden die Energieeffizienz positiv beeinflussen.

Einen zusätzlichen positiven Effekt dürften verschiedene andere Einflussgrössen wie die Energiepolitik (kostendeckende
Einspeisevergütung), die Klimapolitik (CO2Gesetz), der technische Fortschritt (effizientere Herstellung von Produktionsmitteln) und die Marktkräfte (Preisanstieg bei fossilen Energieträgern) haben.

2316

5.5.3

Soziales

Ausbildung Die fachlichen Anforderungen an die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Aufgrund der heutigen Lehrlingszahlen ist zu erwarten, dass längerfristig, in einem Zeithorizont von 30 Jahren, rund 25 000 ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte zur Verfügung stehen werden. Weil im Verlauf dieser Zeit laufend Betriebe aufgegeben werden, wird der Anteil der gut ausgebildeten Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter im Vergleich zu heute steigen.

Lebensqualitätsvergleich mit der übrigen Bevölkerung Mit der AP 14­17 werden die Rahmenbedingungen für die Schweizer Landwirtschaft relativ stabil bleiben. Einerseits wird davon ausgegangen, dass es in diesem Zeitraum keine umfassende Marktöffnung geben wird, andererseits werden nominal gleich viele finanzielle Mittel wie in den Vorjahren eingesetzt. Grundsätzlich könnte deshalb erwartet werden, dass der Lebensqualitätsindex für die Landwirtschaft bei der nächsten Befragung im Jahre 2015 ein besseres Ergebnis als bei der Befragung 2009 liefern wird. Auf der anderen Seite sind Prognosen der Ergebnisse von künftigen Befragungen mit grossen Unsicherheiten behaftet. Auf eine Aussage zur Entwicklung dieses Indikators wird deshalb verzichtet.

Einkommensvergleich mit der übrigen Bevölkerung Aus einer Nachhaltigkeitsoptik (Gerechtigkeit) ist es wichtig, dass die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft im Durchschnitt mit derjenigen in der übrigen Bevölkerung mithalten kann. Optimal wäre es, wenn sich der Abstand verkleinern würde. Mit der AP 14­17 werden mit Ausnahme der Brotgetreidezollreduktion die Grenzschutzmassnahmen unverändert weitergeführt. Die Gesamtsumme der Bundesmittel zugunsten der Landwirtschaft bleibt konstant und mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems verbessert sich die Transfereffizienz der Instrumente. Deshalb werden die landwirtschaftlichen Einkommen gemäss den Modellrechnungen bis 2017 steigen (vgl. Ziff. 5.3.1), sodass sich das Verhältnis zwischen dem landwirtschaftlichem Arbeitsverdienst und dem Vergleichslohn der übrigen Bevölkerung voraussichtlich verbessern wird220.

5.5.4

Zusätzliche IDANE-Indikatoren

Langfristig tragbare Staatsverschuldung (Staatsausgaben für die Landwirtschaft) Die Zahlungsrahmen für die Jahre 14­17 sollen im Vergleich zu heute nominal praktisch konstant bleiben. Der Anteil der Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung an den Gesamtausgaben des Bundes wird deshalb weiter abnehmen.

220

Der für den Einkommensvergleich verwendete Arbeitsverdienst ist nicht nur von den agrarpolitischen Rahmenbedingungen abhängig, sondern auch von der allgemeinen Zinsentwicklung. Sollten die Zinsen in den Jahren 2014­17 wider Erwarten stark ansteigen, hätte dies auch Auswirkungen auf den Arbeitsverdienst und den Einkommensabstand zur übrigen Bevölkerung.

2317

Wettbewerbsfähigkeit Mit der Stärkung der Qualitätsstrategie, der punktuellen Reduktion des Grenzschutzes (Brotgetreide), dem Abbau von wettbewerbsbehindernden Bestimmungen bei den Direktzahlungen, der klaren Unterscheidung zwischen leistungsbezogenen Direktzahlungen und Übergangsbeiträgen sowie den vorgeschlagenen Anpassungen im Bereich Strukturverbesserungen wird die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors insgesamt weiter verbessert.

Ressourceneffizienz Die nominale Konstanz bei den zur Verfügung stehenden Bundesmitteln hat zur Folge, dass die Verbesserungen bei der Zielerreichung durch Effizienzsteigerungen erreicht werden müssen. Verbesserungspotenziale im Bereich der ökologischen Ressourcen ergeben sich aus den Vorschlägen, die Direktzahlungen künftig noch besser auf die Ziele auszurichten sowie aus der Beschränkung der dafür vorgesehenen Mittel auf jenes Niveau, das für die Zielerreichung notwendig ist. Neben der Weiterführung des ÖLN und der Förderung von freiwilligen Projekten zur Verbesserung der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen sieht die AP 14­17 Ressourceneffizienzbeiträge zur Förderung ressourcenschonender Techniken vor.

5.5.5

Zusammenfassung

Für die Darstellung der Ergebnisse der vorherigen Beurteilung wird die für das Indikatorensystem MONET entwickelte Symbolik verwendet.

Tabelle 33 Auswirkungen der AP 14­17 auf die Nachhaltigkeit Dimension

Indikator

Trend 2010­2020 (inkl.

Auswirkung AP 14­17)

Auswirkung AP 14­17

Ökonomie

Kapitalerneuerung

Neutral

Boden (Quantität) Arbeitsproduktivität

Keine wesentliche
Veränderung
Abnahme Zunahme

Ökologie

Biodiversitätsförderflächen Pflanzenschutzmittelverkauf Phosphoreffizienz Stickstoffeffizienz Energieeffizienz







+ + + + +

Soziales

Ausbildung Lebensqualitätsvergleich Einkommensvergleich

Zunahme Keine Aussage Zunahme

Neutral Keine Aussage
+ Positiv

Abnahme (real) Zunahme Zunahme

+ Positiv + Positiv + Positiv

Zusätzliche Staatsverschuldung IDANEWettbewerbsfähigkeit Indikatoren Ressourceneffizienz und Kostenwahrheit

2318

Zunahme Leichte Abnahme Zunahme Zunahme Zunahme

+ Positiv + Positiv Positiv Positiv Positiv Positiv Positiv

Mit der AP 14­17 werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die finanzielle Unterstützung durch den Bund relativ stabil bleiben. Auf die meisten Indikatoren wirken sich Vorschläge der AP 14­17 positiv aus. Dies ist insbesondere auf die vorgeschlagene Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems und die Förderung der Qualitätsstrategie zurückzuführen. Mit einer weiteren Verschlechterung der Situation ist beim Kulturland zu rechnen. Zwar werden mit der AP 14­17 Anreize zur Verringerung des Kulturlandverlusts geschaffen, aber um den Trend zu stoppen, braucht es weitergehende Massnahmen im Raumplanungsrecht.

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2012 ist in der Botschaft vom 23. Januar 2008221 über die Legislaturplanung und im Bundesbeschluss vom 18. September 2008222 über die Legislaturplanung enthalten. Nach der Botschaft über die Legislaturplanung sollen die agrarpolitischen Massnahmen hinsichtlich der Zielgenauigkeit überprüft sowie den sich ändernden wirtschaftlichen Bedingungen (Grenzschutz, Nachfrage im In- und Ausland, Erfüllung Verfassungsauftrag usw.) angepasst werden. Dies hat unter Berücksichtigung der vorliegenden Studien und Berichte, insbesondere des Berichts über die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, zu erfolgen. Die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft müssen nach Artikel 6 LwG mit einem Bundesbeschluss festgelegt werden. Dies betrifft die Jahre 2012 und folgende. Darüber hinaus ist in der Landwirtschaftspolitik auch den internationalen Entwicklungen (WTO-Abkommen, allfälliges Abkommen mit der EU in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit) Rechnung zu tragen.

Am 30. Juni 2010 hat der Bundesrat die Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2012 und 2013 verabschiedet223. Er hat darin in Aussicht gestellt, eine Gesetzesrevision ab 2014 unter Einbezug eines Bundesbeschlusses zu den landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen wiederum für vier Jahre vorzubereiten. Die vorgeschlagenen Zahlungsrahmen für die Jahre 2014­2017 sind mit der Legislaturfinanzplanung für die Jahre 2013­2015 abgestimmt.

Die Agrarpolitik 2014­2017 ist auf die Legislaturplanung 2011­2015224 abgestimmt. Damit soll sich die Agrarpolitik in Richtung einer integralen Politik für die Land- und Ernährungswirtschaft weiterentwickeln.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorliegenden Änderungen des LwG stützen sich auf Artikel 104 BV. Dieser räumt dem Bund weitgehende Befugnisse und Aufgaben in der Ausgestaltung der agrarpolitischen Massnahmen ein (Art. 104 Abs. 3 LwG). Die Anpassungsvorschlä221 222 223 224

BBl 2008 783, 817 BBl 2008 8544 BBl 2010 5097 BBl 2012 481

2319

ge entsprechen einer konsequenten Weiterentwicklung der Agrarpolitik und liegen im verfassungsrechtlichen Kompetenzbereich des Bundes. Die Qualitätsstrategie, welche die ganze Wertschöpfungskette umfasst, sieht keine neuen Fördermassnahmen ausserhalb der landwirtschaftlichen Produktion vor.

Nach Artikel 104 Absatz 4 BV setzt der Bund zweckgebundene Mittel aus dem Bereich der Landwirtschaft und allgemeine Bundesgelder zur Finanzierung der verschiedenen agrarpolitischen Massnahmen ein. Diese Bestimmung wird mit Artikel 6 LwG umgesetzt, gemäss dem die finanziellen Mittel für die wichtigsten Aufgabenbereiche mit einfachem Bundesbeschluss für höchstens vier Jahre bewilligt werden. Nach Artikel 104 Absatz 1 BV sorgt der Bund dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen.

Mit den bisher eingesetzten Mitteln im Umfang von jährlich rund 3,4 Milliarden Franken konnte eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft (vgl. Ziff. 1.1.1) und die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen (vgl. Ziff. 1.1.2 und 2.3.1) sichergestellt werden. Mit der AP 14­17 sollen die Marktausrichtung und die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft weiter verbessert und die Effizienz des Direktzahlungssystems gesteigert werden. Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems können dadurch noch bestehende Ziellücken in den Bereichen natürliche Lebensgrundlagen, Kulturlandschaft und Tierwohl geschlossen werden (vgl. Ziff. 4.5.3). Die Fortführung der finanziellen Mittel im heutigen Umfang erlaubt zudem eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft (vgl. Ziff. 5.5). Die AP 14­17 ist daher konform mit den Vorgaben der BV.

Der Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2014­2017, welcher der Schuldenbremse nach Artikel 126 BV Rechnung trägt, untersteht nicht dem Referendum.

7.2

Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder in jedem der beiden Räte. Der vorliegende Bundesbeschluss zu den landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen untersteht deshalb der Ausgabenbremse. Im Weiteren unterliegen die folgenden neuen oder geänderten Subventionsbestimmungen der Ausgabenbremse: ­

LwG: Artikel 11, 54, 71­77, 86a (Abs. 3), 93 (Abs. 1 Bst. e) und 147a;

­

TSG: Artikel 45a.

Die übrigen Gesetzesanpassungen begründen keine neuen Subventionsbestimmungen, die der Ausgabenbremse zu unterstellen wären.

2320

7.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Vorgaben der WTO Die beantragen Neuregelungen in der AP 14­17 betreffen fast ausschliesslich das weiterentwickelte Direktzahlungssystem. Deshalb wird an dieser Stelle dessen Vereinbarkeit mit dem internationalen Recht, insbesondere dem Abkommens vom 15. April 1994225 über die Errichtung der Welthandelsorganisation und dessen Anhang 1A.3 (WTO-Agrarabkommen), eingehend analysiert. Das WTO-Agrarabkommen beschreibt in Anhang 2 präzise, welche Bedingungen für Direktzahlungen erfüllt sein müssen, damit diese als nicht oder nur geringfügig produktionsverzerrend gelten und somit die Kriterien der sogenannten Green Box erfüllen. In Paragraph 6 ist der Grundsatz festgelegt, dass die Ausrichtung von solchen Zahlungen nicht davon abhängig ist, ob produziert wird. Ein Widerspruch hierzu besteht namentlich, wenn die Beiträge an «Bewirtschafter» ausgerichtet werden und eine minimale Bewirtschaftungsintensität gefordert wird. Bei ökologischen Zahlungen und bei Zahlungen im Rahmen von Regionalbeihilfeprogrammen muss die Zahlungshöhe den Mehrkosten oder der Einkommensminderung entsprechen, die den Landwirtinnen und Landwirten durch die Umsetzung der Vorgaben entstehen.

Im Rahmen der Doha-Runde der WTO wird eine Verschärfung der heutigen Kriterien diskutiert. Diese Anpassungen betreffen vorwiegend den Nachweis einer definierten Referenzperiode, aufgrund deren die Zahlungen ausgerichtet werden. Ausserdem ist mit dem Ende der Friedensklausel im Rahmen von WTO-rechtlichen Verfahren mit immer mehr Verfahren bezüglich der Green Box zu rechnen. Die Auslegung der Kriterien wird dadurch noch strenger. Ein weiterentwickeltes Direktzahlungssystem sollte daher nicht im Widerspruch dazu stehen.

Notifikation von Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz Produktionsstützungsinstrumente wie die Zulage für verkäste Milch und die Zulage für Fütterung ohne Silage sind in der Green Box als Regionalhilfe (§ 13) und in der Amber Box als Marktstützung notifiziert. Die Klassierung der Zulage für verkäste Milch in der Green Box ist schwer zu begründen. Sie wird von den WTOMitgliedstaaten öfters kritisiert. Sie ist als Preisstützung mit dem geltenden WTOAgrarabkommen kompatibel (Amber Box).

Heute werden für bestimmte Kulturen spezifische Anbaubeiträge ausbezahlt. Diese Anbaubeiträge beeinflussen den Anbau der verschiedenen Ackerkulturen. Sie
sind daher nicht in der Green Box notifiziert, sondern werden als Marktstützung deklariert (Amber Box). Der neue Beitrag für Einzelkulturen nach Artikel 54 LwG entspricht den heutigen Anbaubeiträgen. Der Beitrag für Einzelkulturen wird über den Zahlungsrahmen Produktion und Absatz finanziert und soll ebenfalls in der Amber Box notifiziert werden.

Auch nach der Umsetzung eines Doha-Abkommens dürfte eine Berechtigung für produktgebundene Stützung (oder Amber-Box-Massnahmen gemäss der Klassifizierung im WTO-Agrarabkommen) weiter bestehen, jedoch in gegenüber heute stark reduziertem Umfang. Dies könnte insofern einen Einfluss auf diese Massnahmen haben, als der Höchstbetrag je Produkt beschränkt werden könnte.

225

SR 0.632.20

2321

Notifikation des heutigen Direktzahlungssystems Die heutigen Direktzahlungen sind alle in den Paragraphen 5, 6, 12 und 13 von Anhang 2 zum WTO-Agrarabkommen (Green Box) notifiziert und stehen grösstenteils im Einklang mit den verschiedenen Bedingungen (z.B. Flächen- und Ökobeiträge). Das Tierwohl ist in der Green Box nicht explizit als Kriterium anerkannt. Die dennoch darin notifizierten Tierwohlbeiträge sind insofern problematisch, als ein gewisser Anreiz zur Tierhaltung besteht. Beim Beitrag für offenes Ackerland (§ 6) besteht keine optimale Kompatibilität. Die problematischsten Massnahmen sind die Beiträge für die Haltung raufutterverzehrender Nutztiere (§ 6) und für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen (§ 13). Diese Beiträge sind an die Tierzahl gebunden, was explizit inkompatibel ist mit den Anforderungen von Anhang 2 des WTO-Agrarabkommens.

Voraussichtliche Notifikation des weiterentwickelten Direktzahlungssystems Nachfolgend wird untersucht, wie die Instrumente des weiterentwickelten Direktzahlungssystems mit den Kriterien der Green Box kompatibel sind.

Kulturlandschaftsbeiträge Kulturlandschaftsbeiträge fördern die Offenhaltung der Kulturlandschaft und bestehen aus drei Beitragstypen. Sie lassen sich entsprechend ihrer spezifischen Zielsetzung folgendermassen in der Green Box einordnen: Der Zonenbeitrag Offenhaltung und der Hangbeitrag können in Paragraph 13, der Alpungs- und der Sömmerungsbeitrag entweder in Paragraph 12 oder 13 notifiziert werden.

Versorgungssicherheitsbeiträge Versorgungssicherheitsbeiträge bezwecken die Erhaltung der Produktionskapazität, indem die Kalorienproduktion auf heutigem Niveau gehalten wird. Sie bestehen aus drei Elementen. Bezüglich Green-Box-Kompatibilität sind die einzelnen Instrumente unterschiedlich zu beurteilen. Der Basisbeitrag ist ein Flächenbeitrag, der wie der heutige allgemeine Flächenbeitrag unter Paragraph 6 eingeordnet werden kann. Für die Ausrichtung der Zahlung auf der Grünlandfläche wird ein gewisser Mindesttierbesatz vorausgesetzt. Dies stellt gegenüber der Koppelung an die Anzahl RGVE bei den heutigen Beiträgen, die klar im Widerspruch zur Formulierung in Paragraph 6 steht, eine wesentliche Verbesserung dar. Die Koppelung an eine Mindestproduktion gemessen am Tierbesatz birgt jedoch das Risiko, dass die Massnahme
als nicht kompatibel mit den Green-Box-Kriterien beurteilt würde.

Der Zonenbeitrag Produktionserschwernis kann über Paragraph 13 legitimiert werden und ist unproblematisch. Der Förderbeitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen entspricht in seiner Konzeption dem heutigen Zusatzbeitrag für die offene Ackerfläche. Wie oben erwähnt, ist dessen Einordnung unter Paragraph 6 ebenfalls nicht ganz gesichert, da er einen gewissen produktionslenkenden Effekt hat. Da sich die Erhaltung der Produktionskapazität grundsätzlich kaum als von der Produktion entkoppelte Massnahme gestalten lässt, ist die Grundvoraussetzung der Green Box, nämlich die Unabhängigkeit von der Produktion, nicht erfüllt. Insgesamt werfen deshalb die Versorgungssicherheitsbeiträge Fragen nach ihrer Kompatibilität mit der Green Box auf.

2322

Biodiversitätsbeiträge Ihre Zielsetzung umfasst den Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt und ihrer Lebensräume. Sie stellen eine klassische Umweltmassnahme dar und lassen sich unter Paragraph 12 in der Green Box einordnen.

Landschaftsqualitätsbeiträge Diese Beiträge verfolgen den Erhalt und die Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften mit ihren spezifischen regionalen Eigenarten. Sie können unter Paragraph 12 notifiziert werden.

Produktionssystembeiträge Beim Beitrag für gesamtbetriebliche Produktionssysteme ist die gesetzliche Grundlage so formuliert, dass neben dem biologischen Landbau weitere gesamtbetriebliche Produktionssysteme, wie die integrierte Produktion oder besonders klimafreundliche Produktionsformen, unterstützt werden können. Diese Beiträge stellen eine Umweltmassnahme dar und lassen sich unter Paragraph 12 in der Green Box einordnen.

Der Beitrag zur Förderung teilbetrieblicher Produktionsformen umfasst Programme, die nachweislich besonders naturnah und umweltfreundlich sind. Die dafür vorgesehenen Beiträge stellen eine Umweltmassnahme dar und lassen sich unter Paragraph 12 in der Green Box einordnen.

Die Tierwohlbeiträge fördern das Tierwohl über das im Tierschutzgesetz definierte Niveau hinaus. Sie entsprechen den heutigen Ethoprogrammen BTS und RAUS und sind als Umweltprogramme in Paragraph 12 notifiziert. Sie werden von gewissen Mitgliedern der WTO als produktions- und handelsverzerrend kritisiert. Da die Tierwohlbeiträge auf dem gleichen Konzept aufgebaut sind wie die Umweltbeiträge und andere WTO-Mitgliedsstaaten wie die USA ebenfalls Zahlungen zur Förderung des Tierwohls unter Paragraph 12 laufen lassen, scheint eine Weiterführung dieser Notifizierung gerechtfertigt. Diese Beiträge haben in einigen Fällen sogar zu einer Verkleinerung der Bestände geführt, was den Einfluss auf die Produktion nuanciert.

Im Falle eines WTO-rechtlichen Verfahrens besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass der Massnahme die Green-Box-Tauglichkeit abgesprochen würde. Insofern sind die Tierwohlbeiträge mit einer Unsicherheit bezüglich der Kompatibilität mit der Green Box behaftet.

Ressourceneffizienzbeiträge und regionale Umweltprojekte Die Beiträge, die vorgesehen sind, um die Ziellücken im stofflichen Bereich zu reduzieren oder zu schliessen, stellen klassische Umweltmassnahmen
dar, die unter Paragraph 12 eingeordnet werden können.

Übergangsbeiträge Mit den Übergangsbeiträgen soll eine sozialverträgliche Entwicklung gewährleistet werden. Sie gleichen grundsätzlich die Differenz aus zwischen den allgemeinen Direktzahlungen, die ein Betrieb vor dem Systemwechsel erhalten hat, und den leistungsbezogenen Direktzahlungen, die ein Betrieb nach dem Systemwechsel erhält. Die Übergangsbeiträge enthalten die einkommenssichernde Komponente der bisherigen allgemeinen Flächenbeiträge. Sie sind an den Betrieb gebunden und damit von der Produktion beziehungsweise von Produktionsfaktoren wie Fläche und

2323

Tierzahl entkoppelt. Die Beiträge können deshalb als Einkommensstützung unter Paragraph 6 verankert werden.

Verhältnis zu weiteren internationalen Verpflichtungen der Schweiz Das WTO-Agrarabkommen definiert und begrenzt unter anderem Inlandstützungen und Exportsubventionen. Die vorgeschlagenen Ausgaben liegen innerhalb der für die Schweiz festgelegten Obergrenzen für solche Massnahmen.

Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen erfährt das Verhältnis zum bilateralen Recht zwischen der Schweiz und der EU keine grundsätzliche Änderung. Die Implementierung der neuen Instrumente zur Qualitätsstrategie wird kompatibel zu den Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der bilateralen Abkommen Schweiz-EU (insbesondere Agrarabkommen und Protokoll Nr. 2) ausgestaltet.

Die neuen Artikel 147a und 147b LwG stehen im Einklang mit dem Übereinkommen über die Biologische Vielfalt und dem IV-PGREL.

7.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das LwG regelt in weiten Bereichen wirtschaftliche Begebenheiten, die sich rasch verändern und oft mit komplexen technischen Aspekten verbunden sind. Es ist deshalb als Gesetz gestaltet, welches dem Bundesrat den nötigen Spielraum für rasches Handeln gestattet, gleichzeitig aber durch entsprechende Leitlinien gewährleistet, dass die Ziele der Agrarpolitik erreicht werden. Diese Konzeption erfährt mit der vorgeschlagenen Teilrevision keine Änderung. Die folgenden gesetzlichen Anpassungen sind mit neuen oder geänderten Kompetenzdelegationen an den Bundesrat verbunden: Rahmenbedingungen für Produktion und Absatz (2. Titel LwG) Direktzahlungen (3. Titel LwG)

Forschung und Beratung, Förderung der Pflanzen- und Tierzucht sowie genetische Ressourcen (6. Titel LwG) Weitere Bestimmungen (Titel 7a LwG) Schlussbestimmungen (9. Titel LwG) Tierseuchengesetz

Art. 10; Art. 11 Abs. 4; Art. 14 Abs. 1 Bst. f und Abs. 4; Art. 28 Abs. 2; Art. 37 Abs. 6; Art. 38 Abs. 2; Art. 39 Abs. 2; Art. 46 Abs. 3 Bst. b; Art. 54 Abs. 2; Art. 70 Abs. 3; Art.70a Abs. 3-5; Art. 70b Abs . 3; Art. 71 Abs. 2; Art. 72 Abs. 2; Art. 73 Abs. 2; Art. 75 Abs. 2; Art. 76 Abs. 3; Art. 77 Abs. 4; Art. 147a Abs. 2; Art. 147b Art. 165g Art. 181 Abs. 4­6 Art. 45a Abs. 3

Damit die Behörden rasch auf die wirtschaftlichen, finanzpolitischen und technischen Entwicklungen reagieren können, sollen die folgenden Rechtsetzungsbefugnisse dem Departement beziehungsweise dem zuständigen Bundesamt delegiert werden.

Weitere Bestimmungen (Titel 7a LwG) Zolltarifgesetz

2324

Art. 165a Abs. 1 und 2 (BLW) Art. 10 Abs. 3 (EVD, neu auch BLW)

Die Bestimmung in Artikel 37 Absatz 3 LwG gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, auf Begehren der Branchenorganisation des Milchsektors einen Standardvertrag allgemeinverbindlich zu erklären. Die Allgemeinverbindlicherklärung durch den Bundesrat unterscheidet sich vom Verfahren nach Artikel 9 und damit von den gängigen Delegationsnormen dadurch, dass damit unter Privaten ausgehandelte Vereinbarungen in einem besonderen Verfahren zum «Gesetz» erhoben werden. Die Allgemeinverbindlicherklärung findet heute im Arbeits- und Mietrecht Anwendung, neu auch im Berufsbildungsbereich (vgl. Art. 60 BBG)

2325

2326