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Bundesrathsbeschluss in

Sachen der reformirten Schulgemeinde Fendringen betreffend den Friedhof in Bösingen (Freiburg).

(Vom 18. Juli 1879.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat h hat in Sachen der reformirten Schulgemeinde F e n d r i n g e n ; betreffend den Friedhof in B ö s i n g e n , Kautons Freiburg; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements, und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : I. Die reformirte Schulgemeinde Fendringen , eine Abtheilung der Gemeinde Bösingen, Kantons Freiburg, wurde im Marx 1875 mit Rüksicht auf den Umstand , daß der Todtenhof dieser Gemeinde zu klein geworden und eine Vergrößerung desselben nicht möglich sei, von dem Vorstande der Gemeinde Bösingen veranlaßt, ihre Ansichten und Wünsche über die Ordnung dieses Verhältnisses, auszusprechen.

In Folge dessen erklärte die Schulgemeinde Fendringen am 20. Juni 1875, daß sie, um den konfessionellen Frieden zwischen Katholiken und Protestanten möglichst aufrecht zu erhalten, einer konfessionell getrennten Begräbnissweise nicht entgegen sei, insofern den daselbst wohnenden Protestanten ein anständiger Friedhof in zwekentsprechender Lage in der Nähe ihres Schulhauses erstellt werde.

387 II. Die Gemeindebehörden von Bösingen kauften darauf den sog. Fuhra-Aker, um hier den öffentlichen Friedhof zu errichten.

Dieses Grundstük wird allseitig als günstig gelegen anerkannt. Der Kaufvertrag erhielt daher am 9. Dezember 1876 die staatsräthliche Genehmigung.

Es wurden nun die nöthigen Arbeiten zur Herstellung des Friedhofes begonnen und bei diesem Anlaße eine Eintheilung desselben vorgenommen , wonach ein Tlieil des Gebietes als Friedhof der Protestanten und der andere Theil als öffentlicher Friedhof hätte bestehen sollen.

Gegen diese Theilung tauchten jedoch in der Sohulgemeinde Fendringen Bedenken auf, die, wie es scheint, theilweise in gereizter Stimmung Ausdruk fanden und die Erledigung dieser Angelegenheit verzögerten. Die von Fendringen versuchten Unterhandlungen zum Zweke des Ankaufes des ausgeschiedenen Theiles des Fuhra-Akers zerschlugen sich, worauf die Gemeinde Bösingen unterm 5. August 1877 beschloß, den ganzen Fuhra-Aker als öffentlichen Friedhof zu erklären, statt ihn theilweise der reformirten Schulgemeinde Feudringen als Eigenthum zu übergeben. Auch dieser Beschluß wurde vom Staatsrathe am 19. November 1877 genehmigt und der neue Todtenhof auf dem Fuhra Aker als öffentlicher Friedhof der Gemeinde Bösingen anerkannt.

III. Bald nachher wurde in einer Versammlung der Gemeinde Bösingen am 19. Mai 1878 beschlossen, den alten Kirchhof bei der Kirche in Bösingen dem Hrn. Peter Hayoz von Fendringen , der sich Namens der römisch-katholischen Korporation als Käufer gestellt hatte, die Jucharte um den Preis von Fr. 1200 abzutreten, ihn als römisch-katholischen Korporationsfriedhof erklären und zugleich denjenigen von Fendringen als allgemeinen öffentlichen Friedhof bestätigen zu lassen. Beide Begehren erhielten am 22. Juni 1878 die Genehmigung des Staatsrathes des Kantons Freiburg.

IV. Gegen diese verschiedenen Verhandlungen hatte die reformirte Schulgemeinde Fendringen bereits unterm 30. März 1878 an den Staatsrath rekurrirt und eine Abänderung des durch dieselben bewirkten Zustandes verlangt. Unterm 22. Juni 1878 erklärte jedoch der Staatsrath die angefochtenen Beschlüsse der Gemeinde Bösingen als gültig und wies die Rekurrenten ab.

V. Mit Rekursschrift vom Juli 1878 haben sich nun mehrere reformirte Einwohner der genannten Gemeinde an den Bundesrath .gewandt, indem sie in der Hauptsache geltend machten:

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daß laut Art. 2 des staatsräthlichen Beschlusses vom 25. Januar 1875, betreffend die Friedhofpolizei, alle b e s t e h e n d e n .

Friedhöfe als öffentliche erklärt werden müssen; daß, insofern ein neuer öffentlicher Kirchhof erstellt, der alte aber der römisch-katholischen Korporation als Eigen!hum zugeschrieben würde, dieses bei Anwendung von Art. 11 der Verordnung vom 25. Januar 1875 (laut welchem die Aufnahme in die Privatfriedhöfe von dem Willen der Konzessionsinhaber abhänge) zur Folge hätte, daß Konfessionslose, Juden, Selbstmörder u. s. w., überhaupt Alles, was die katholische Kirche verabscheue, nicht nur mit den Protestanten auf dem gleichen Friedhofe, sondern noch in Reih' und Glied mit denselben beerdigt würde; daß somit eine Verlegung des Art. 53 der Bundesverfassung, sowie der im Kreisschreiben des Bundesrathes an die Kaiitonsregierungen vom 4. Januar 1875 , betreffend das Begräbnißwesen, enthaltenen Grundsäze vorliege, und verlangen , entweder die Leichen ihrer Angehörigen mit den Verstorbenen der katholischen Konfession in Reih' und Glied auf dem allgemeinen Friedhofe in Bösingen beerdigen zu dürfen, oder daß der protestantischen Schulgemeinde Fendringen ein anständiger Friedhof in der Nähe des reformirten Schulhauses unentgeltlich zu ihrem alleinigen Gebrauche eingeräumt werde.

VI. In seiner Vernehmlassung vom 31. Januar 1879 bestreitet der Staatsrath des Kantons Freiburg die Begründetheit der Begehren der Rekurrenten.

Die Berufung auf Art. 2 des Beschlusses vom 25. Januar 1875, betreffend die Friedhofpolizei, sei unzuläßig. Durch diesen Artikel habe der Staatsrath bei dem Inkrafttreten der gedachten Verordnung freilich die bestehenden P f a r r e i f r i e d h ö f e als öffentliche erklärt, d. h. sie den Gemeinden behufs Erstellung öffentlicher Friedhöfe znr Verfügung gestellt. Es sei dieses aber lediglich aus Dringlichkeitsrüksichten geschehen, und die erwähnte Verfügung habe nicht den Sinn , als ob die den Gemeinden zur Verfügung gestellten Friedhöfe nunmehr für ewig als öffentliche gelten müßten; vielmehr stehe es den Gemeinden frei, mit Zustimmung des Staatsrathes die öffentlichen Friedhöfe anderswohin zu versezen.

Die Rekurrenteu seien im Unrecht, wenn sie sich über die Einräumung des alten Kirchhofes an die römisch-katholische Korporation beschweren, denn dieselbe sei in gesezlicher Weise erfolgt; dagegen aber, daß die Aufnahme in einen Privatfriedhof von den Konzessionsinhabern abhängen solle, lasse sich nichts einwenden.

389 Wie ferner eine Verlezung des Art. 53 der Bundesverfassung vorliegen könne, werde von den Rekurrenten nicht bewiesen. Von einer solchen Verlezung könne schon deßhalb nicht die Rede sein, da die Verordnung vom 25. Januar 1875, welche hier allein zur Anwendung gekommen sei, nichts enthalte -- auch bezüglich der Vorschriften über die Erstellung von Privatfriedhöfen -- , was den Bestimmungen des Art. 53 zuwider wäre, und deren Verfassungsmäßigkeit übrigens vom Bundesrathe und der Bundesversammlung anerkannt worden sei.

In E r w ä g u n g 13 Der Artikel 53 der Bundesverfassung stellt die Begräbnißpläze unter die Verfügung der bürgerlichen Behörden, welche dafür zu sorgen haben, daß jeder Verstorbene schiklich beerdigt werde.

2) Aus diesem Saze kann die Forderung nicht abgeleitet werden, daß alle in einer Gemeinde Verstorbenen auf dem g l e i c h e n Begräbnißplaze beerdigt werden müssen, und daß die Anlage von Privatfriedhöfen unstatthaft sei. (Zu vergleichen : Botschaft desBundesrathes vom 24. Mai 1875, Bundesblatt Bd. III, S. 4 u. ff.)

3) Die Grundsäze des Bundesrechtes werden somit dadurch nicht verlezt, daß in der Gemeinde Bösingen ein neuer öffentlicher Begräbnißplaz angelegt und der alte Pfarreikirchhof gegen Entgeld an die katholische Kirchgenossenschaft zum Zweke der Anlage eines Privat-, resp. Korporationsfriedhofes abgetreten wird.

4") Dagegen stellt der Artikel 53 der Bundesverfassung die Begräbnißplaze im Allgemeinen unter das Verfügungsrecht der bürgerlichen Behörden, ohne irgendwelche Ausnahmen zu bezeichnen.

Daraus muß gefolgert werden, daß die bürgerlichen Behörden unter allen Umständen befugt seien, vom polizeilichen und sanitarischen Standpunkte aus oder hinsichtlich der Art und Weise der Leichenbestattung oder gegen unzuläßige und Aergerniß erregende Ausschließungen oder Ausscheidungen auch bei Privat- und Korporationsfriedhöfen einzuschreiten. Dieser Vorbehalt ist um so nothwendiger, wenn, wie im vorliegenden Falle, der Gebrauch der Privatanlage verallgemeinert und der großen Mehrheit der Gemeindeeinwohner zugänglich gemacht' werden soll.

5) Mit den eben entwikelten Grundsäzen steht nun der Art. 11 der freiburgischen Verordnung vom 25. Jiinner 1875, betreffend die Friedhofpolizei, wonach die Aufnahme und die Erlaubniß zu den Beerdigungen in Privat- und Korporationsfriedhöfen den KonzessionsInhabern zustehen und im Falle einer Verweigerung die Beerdigung

390 an den öffentlichen Friedhof verwiesen würde, nicht in Ueberein-stimmung, und derselbe kann somit bundesrechtlich nicht gutgeheißen werden. Es bleibt für den Spezialfall die Berufung an ·die bürgerlichen Behörden vorbehalten ; beschlossen: I. Der Art. 11 der freiburgischen Verordnung vom 25. Januar 1875, betreffend die Friedhofpolizei, wird aufgehoben und im Uebrigen der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

II. Dieser Beschluß ist dem Staatsrathe des Kantons Freiburg, sowie den Rekurrenten, unter Rükschluß der Akten, mitzutheilen.

B e r n , den 18. Juli 1879.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schieß.

A n m e r k u n g . Der Rekurs der reformirten Einwohner von Ueberstorf wegen Begräbnißsachen (siehe Seite 135 hievor) war Veranlassung, daß der vorstehende Bundesrathsbeschluß vom vorigen Jahre nachträglich im Bundesblatt aufgenommen wnrde.

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Bundesrathsbeschluss in Sachen der reformirten Schulgemeinde Fendringen betreffend den Friedhof in Bösingen (Freiburg). (Vom 18. Juli 1879.)

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26.06.1880

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