17.066 Botschaft zur Genehmigung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Pakistan vom 25. Oktober 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Pakistan.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Oktober 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Das geltende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Pakistan wurde am 19. Juli 2005 abgeschlossen. Es entspricht in verschiedenen Punkten, namentlich im Bereich des Informationsaustauschs, nicht mehr der aktuellen Politik der beiden Vertragsstaaten.

Aus diesem Grund haben die Vertragsstaaten 2014 Verhandlungen zur Revision des Doppelbesteuerungsabkommens aufgenommen. Die Verhandlungen konnten im Juni 2016 mit der Paraphierung eines Entwurfs für ein neues Abkommen abgeschlossen werden.

Die Kantone und die interessierten Kreise aus der Wirtschaft haben den Abschluss des neuen Abkommens begrüsst. Das neue Abkommen wurde am 21. März 2017 unterzeichnet.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Pakistan in der geltenden Fassung1 datiert vom 19. Juli 2005 (nachfolgend «Abkommen 2005»). Es entspricht in verschiedenen Punkten, namentlich im Bereich des Informationsaustauschs, nicht mehr der aktuellen Politik der beiden Vertragsstaaten. Hinsichtlich des Informationsaustauschs sieht das Abkommen 2005 den Austausch von Informationen zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens vor.

Die Verhandlungen zur Revision des Abkommens 2005 wurden 2014 aufgenommen und konnten im Juni 2016 mit der Paraphierung eines neuen Doppelbesteuerungsabkommens auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (nachfolgend «DBA-PK») abgeschlossen werden.

Während die Schweiz ursprünglich eine Teilrevision des Abkommens 2005 wünschte, sprach sich Pakistan aus praktischen Gründen für eine Gesamtrevision aus.

Diesem Wunsch kam die Schweiz schliesslich unter der Bedingung nach, dass die Bestimmungen des Abkommens 2005 in das DBA-PK übernommen werden, sofern man sich nicht auf ihre Änderung einigt.

Die Kantone und die interessierten Kreise aus der Wirtschaft haben den Abschluss des neuen Abkommens begrüsst. Das neue DBA-PK wurde am 21. März 2017 unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das aktuell in Kraft stehende Abkommen wurde am 19. Juli 2005 unterzeichnet.

Seither hat sich die Politik der Schweiz und Pakistans im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen jedoch entwickelt, sodass im DBA-PK gegenüber dem Abkommen 2005 in wesentlichen Bereichen günstigere Bestimmungen vereinbart werden konnten.

Verbessert werden konnten unter anderem die Bestimmungen über die Besteuerung von Vergütungen für technische und mit Lizenzgebühren verbundene Dienstleistungen. Auch sind künftig Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Aktien bei einer Beteiligung von 20 und mehr Prozent nicht mehr vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen. Diese Regeln verbessern die Rahmenbedingungen für Investitionen und den wirtschaftlichen Austausch im bilateralen Verhältnis.

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SR 0.672.962.31

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Zudem enthält das DBA-PK eine Bestimmung über das Schiedsverfahren, was der Rechtssicherheit und der effektiven Vermeidung von Doppelbesteuerungen zuträglich ist. Im Übrigen konnte auch die im aktuellen Abkommen vorgesehene fiktive Steueranrechnung für Zinseinkünfte aufgehoben werden.

Die Missbrauchsklausel in Artikel 26 in der Form einer Hauptzweckbestimmung («principal purpose test rule» oder «PPT-Regel») entspringt dem Minimalstandard gemäss dem Bericht zur Massnahme 6 des OECD-Projekts «Base Erosion and Profit Shifting» (nachfolgend «BEPS-Projekt») und verhindert die Gewährung von Abkommensvorteilen in missbräuchlichen Situationen.

Die Aufnahme von Missbrauchsklauseln in ein Doppelbesteuerungsabkommen hat allgemein den Vorteil, dass die Vertragsstaaten sich zur gleichen Auffassung darüber verpflichten, unter welchen Bedingungen die Vorteile eines Abkommens verweigert werden können. Die umfassenden Ausführungen und die zahlreichen Beispiele im Kommentar zum OECD-Musterabkommen geben die Leitlinien für die Auslegung der PPT-Regel vor.

Im vorliegenden DBA-PK konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

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Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen des Abkommens

Das DBA-PK folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem Abkommen 2005, dem OECD-Musterabkommen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die wichtigsten Bestimmungen des DBA-PK sowie auf die Abweichungen vom OECD-Musterabkommen und von der schweizerischen Abkommenspolitik.

Präambel Die Präambel wird unverändert aus dem Abkommen 2005 übernommen. Sie entspricht nicht dem Standard des BEPS-Projekts hinsichtlich Abkommensmissbrauch.

Pakistan war nicht an den Arbeiten des BEPS-Projekts beteiligt und hat sich im Zeitpunkt der Verhandlungen des DBA-PK auch nicht zur Umsetzung der diesbezüglichen Resultate verpflichtet. Es ist vorgesehen, die Präambel später an den Standard des BEPS-Projekts anzupassen.

Art. 4

Ansässige Person

Wie die entsprechende Bestimmung des OECD-Musterabkommens hält das DBAPK neu auch die Ansässigkeit der Vertragsstaaten einschliesslich ihrer politischen Unterabteilungen und lokalen Körperschaften fest.

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Art. 5

Betriebsstätte

Die Definition der Betriebsstätte entspricht jener des Abkommens 2005 mit Ausnahme von Absatz 3. Gemäss diesem muss eine Baustelle oder Montage zur Begründung einer Betriebsstätte neu eine Dauer von 9 Monaten (derzeit 6 Monate) überschreiten. Weiter begründet die Erbringung von Dienstleistungen während 183 Tagen in einem Zeitraum von 12 Monaten neu eine Betriebsstätte im Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Führt die Erbringung von Dienstleistungen zu einer solchen Betriebsstätte, so unterliegen die damit verbundenen Zahlungen nicht mehr Artikel 13 (Vergütungen für technische Dienstleistungen).

Ebenfalls neu als Betriebsstätte gelten nach dem DBA-PK Installationen oder Anlagen für den Abbau oder die Ausbeutung von Rohstoffen, die während mehr als 90 Tagen verwendet werden. Diese Regelung lehnt sich an jene im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Indien2 an.

Unverändert in das DBA-PK übernommen wurden der Absatz 5 und die Protokollbestimmung zu Artikel 5 des Abkommens 2005. Dementsprechend gelten Warenlager nach wie vor nur als Betriebsstätten, sofern ein abhängiger Vertreter von diesem Lager regelmässig Waren für das Unternehmen ausliefert.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Die Bestimmung über die Besteuerung von Unternehmensgewinnen entspricht jener des Abkommens 2005. Sie sieht daher die Gewinnzuteilungskriterien der entsprechenden Bestimmung des OECD-Musterabkommens in der Fassung ab 2010 («Authorized OECD Approach» oder «AOA») noch nicht vor. Die ebenfalls vom Abkommen 2005 übernommene Protokollbestimmung betreffend Unternehmensgewinne (Ziff. 2) gibt vor, dass im Betriebsstättestaat nur jener Teil des Gewinns besteuert werden kann, der dem Beitrag der Betriebsstätte zur Verhandlung, zum Abschluss oder zur Erfüllung von Verträgen entspricht.

Art. 8

Schifffahrt und Luftfahrt

Das DBA-PK übernimmt das geteilte Besteuerungsrecht für Gewinne aus Schifffahrt aus dem Abkommen 2005.

Art. 10, 11 und 12

Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren

Das DBA-PK übernimmt vom Abkommen 2005 die Residualsteuersätze, zu denen der Quellenstaat Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren besteuern darf.

Geändert wurde jedoch die Definition der Lizenzgebühren. Vergütungen für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Lizenzgebühren gelten unter dem DBA-PK nicht mehr als Lizenzgebühren. Solche Zahlungen fallen unter dem DBA-PK entweder unter Artikel 7 oder unter Artikel 13.

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SR 0.672.942.31

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Art. 13

Vergütungen für technische Dienstleistungen

Die Bestimmung über die Besteuerung von Vergütungen für technische Dienstleistungen entspricht jener des Abkommens 2005, wobei die dazugehörige Protokollbestimmung (Ziff. 4) wiederum eine reduzierte Residualsteuer des Quellenstaates vorsieht, solange die Schweiz keine Quellensteuer auf Vergütungen für technische Dienstleistungen erhebt. Ist dies der Fall, so darf die Steuer des Quellenstaates 7 Prozent der Bruttovergütung nicht übersteigen.

Art. 14

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Die Regelung des DBA-PK betreffend die Besteuerung von Kapitalgewinnen wurde jener des OECD-Musterabkommens angeglichen.

Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Wert sich direkt oder indirekt zu über 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen im einen Vertragsstaat ableitet, können neu in diesem besteuert werden (Abs. 4). Die Schweiz als Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person gewährt in einem solchen Fall die Freistellung erst dann, wenn nachgewiesen wurde, dass die Besteuerung in Pakistan tatsächlich erfolgt ist (Art. 22 Abs. 2 Bst. a).

Da eine solche Besteuerung den Handel von börsenkotierten Aktien an Immobiliengesellschaften erheblich erschweren würde, wurde gemäss schweizerischer Abkommenspolitik eine Ausnahme für solche Titel vereinbart. Ebenso gilt eine Ausnahme für Gesellschaften, deren Wert zwar zu mehr als 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat besteht, die aber ihre Geschäftstätigkeit in diesen Liegenschaften ausüben. Nicht unter die Bestimmung würden daher beispielsweise Gewinne aus der Veräusserung von Aktien an einer Fabrikationsgesellschaft fallen, deren Wert zu mehr als 50 Prozent auf Liegenschaften beruht, wenn die Gesellschaft diese Liegenschaften für ihren Fabrikationsbetrieb nutzt.

Gewinne aus der Veräusserung von Aktien, die zu einer Beteiligung von über 20 Prozent am Kapital einer Gesellschaft gehören, werden anders als unter dem Abkommen 2005 auch vom DBA-PK erfasst und können nur im Ansässigkeitsstaat des Veräusserers besteuert werden (Abs. 5).

Art. 19

Ruhegehälter

Ruhegehälter und Kapitalleistungen mit ähnlichem Zweck (vgl. Ziff. 5 des Protokolls zum DBA-PK) können nach dem DBA-PK wie auch unter dem Abkommen 2005, vorbehältlich Ruhegehälter aus öffentlichem Dienst nach Artikel 20, ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Besteuert dieser aber ein Ruhegehalt nicht, so kann neu subsidiär auch der Quellenstaat das Ruhegehalt besteuern. Da Pakistan Leistungen der Vorsorge grundsätzlich nicht besteuert, kann die Schweiz die Quellensteuer auf Leistungen der beruflichen Vorsorge (2. Säule) an Empfängerinnen und Empfänger in Pakistan einbehalten.

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Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Die im Abkommen 2005 enthaltene fiktive Steueranrechnung für Zinsen ist im DBA-PK nicht mehr vorgesehen. Demnach ist unter dem DBA-PK eine pauschale Steueranrechnung nur noch für effektiv in Pakistan bezahlte Steuern möglich.

Art. 24

Verständigungsverfahren

Die Bestimmung über das Verständigungsverfahren enthält im DBA-PK neu eine Schiedsklausel. So sind Streitpunkte, in welchen innert drei Jahren auf dem Verständigungsweg keine Einigung herbeigeführt werden konnte, auf Antrag der betroffenen steuerpflichtigen Person einer Schiedsstelle zu unterbreiten. Der Schiedsspruch ist für die Vertragsstaaten verbindlich, sofern ihn nicht eine der direkt betroffenen Personen ablehnt oder sich die zuständigen Behörden und die betroffenen Personen nicht innert sechs Monaten auf eine andere Lösung einigen.

Die Kosten eines Schiedsverfahrens müssen von der Person getragen werden, die um dieses ersucht. Dies wird im Protokoll zum DBA-PK (Ziff. 6) festgehalten.

Art. 25

Informationsaustausch

Das DBA-PK enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte in Artikel 25 des DBA-PK sowie in der dazugehörigen Protokollbestimmung (Ziff. 7) ein.

Wie in den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit diversen anderen Staaten sowie im OECD-Musterabkommen gilt die Bestimmung über den Informationsaustausch für sämtliche Steuern.

Die Schweiz hat der pakistanischen Delegation anlässlich der Verhandlungen mitgeteilt, dass sie keine Amtshilfe leisten wird, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

Die Bestimmungen von Artikel 25 werden im Protokoll zum DBA-PK (Ziff. 7) konkretisiert. Es regelt unter anderem im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig sind insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person (diese Information kann sich aus sämtlichen Elementen ergeben, die eine Identifizierung ermöglichen) sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z. B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll zum DBA-PK fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD-Standard auch konkrete Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Das DBA-PK ermöglicht es, solchen Ersuchen Folge zu leisten. Die Identifikation kann durch Name und Adresse der betroffenen Person erfolgen, aber auch durch andere Mittel, z. B. durch die 7467

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Beschreibung eines Verhaltensmusters. Diese Auslegung beruht auf der Auslegungsklausel (Bst. c in Verbindung mit Bst. b), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustauschs verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zugelassen sind. Die prozeduralen Voraussetzungen für die Erfüllung von Gruppenersuchen sind im Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20123 geregelt.

Artikel 25 des DBA-PK sieht den spontanen und den automatischen Informationsaustausch nicht vor. Sollten die Schweiz und Pakistan ihre Zusammenarbeit auf den Bereich des automatischen Informationsaustauschs ausweiten wollen, bedürfte dies einer zusätzlichen Vereinbarung und einer Genehmigung durch die Bundesversammlung. Pakistan hat sein Interesse am automatischen Informationsaustausch mit der Schweiz mitgeteilt.

Die Bestimmung über den Informationsaustausch gilt für den Austausch von Informationen betreffend Steuerjahre, die am oder nach dem 1. Januar des auf die Unterzeichnung folgenden Kalenderjahres beginnen (Art. 28 Abs. 2 Bst. c). Diese übergangsrechtliche Regelung lehnt sich an jene im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Indien an. Sie führt in zeitlicher Hinsicht zum selben Ergebnis wie der Informationsaustausch auf Anfrage zwischen der Schweiz und Pakistan nach dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, der bezüglich Tatsachen in Steuerperioden ab 2018 möglich ist.

Art. 26

Anspruch auf Vorteile

Diese Bestimmung sieht die Einführung einer Missbrauchsklausel vor, die auf den hauptsächlichen Zweck einer Gestaltung oder eines Geschäfts abstellt. Aufgrund dieser Klausel werden die Vorteile des DBA-PK nicht gewährt, wenn das Erlangen dieser Vorteile einer der hauptsächlichen Zwecke der entsprechenden Gestaltung oder des Geschäfts war; es sei denn, es wird nachgewiesen, dass das Gewähren dieser Vorteile in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht. Diese Missbrauchsklausel stimmt mit der PPT-Regel gemäss OECD-Musterabkommen nach dessen Anpassung aufgrund der Massnahme 6 des BEPS-Projekts überein.

Diese Missbrauchsklausel ist zwar neu, sie entspricht aber in ihren Grundzügen den Missbrauchsklauseln, die die Schweiz in den letzten Jahren in einer Vielzahl ihrer Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart hat. Anders ist indessen, dass die Missbrauchsklausel nicht auf gewisse Arten von Einkünften, wie Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, beschränkt ist. Vielmehr findet sie in Bezug auf sämtliche Bestimmungen des DBA-PK Anwendung. Alle Abkommensvorteile unterliegen damit dem Vorbehalt einer missbräuchlichen Inanspruchnahme.

Vom Wortlaut her unterscheidet sich die Missbrauchsklausel gegenüber jenen, wie sie in vielen jüngeren Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz enthalten sind, noch in einem weiteren Punkt. So ist dem Text der Klausel nach Missbrauch nicht auf Situationen beschränkt, bei denen der Hauptzweck der entsprechenden Gestaltung oder des Geschäfts im Erlangen der Abkommensvorteile lag, sondern Miss3

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brauch besteht auch dann, wenn das Erlangen der Abkommensvorteile bloss einer der Hauptzwecke war. Vom Resultat her besteht indessen diesbezüglich keine Differenz. Denn der zweite Teil der Missbrauchsklausel sieht vor, dass die Abkommensvorteile dennoch gewährt werden, wenn dies in Einklang mit dem Ziel und Zweck der entsprechenden Bestimmungen des Abkommens steht. Dies sollte grundsätzlich dann der Fall sein, wenn das Erlangen des entsprechenden Abkommensvorteils nicht der Hauptzweck der Gestaltung oder des Geschäfts war.

Artikel 26 Absatz 2 des DBA-PK entspricht der Bestimmung, die im Kommentar zur PPT-Regel als Möglichkeit zu deren Ergänzung vorgeschlagen ist. Gemäss dieser Bestimmung können gewisse Abkommensvorteile auch in Missbrauchssituationen nach Absatz 1 gewährt werden, wenn die entsprechende zuständige Behörde im Sinne des DBA-PK zum Schluss kommt, dass jene Abkommensvorteile gewährt worden wären, hätte die aus Sicht der Missbrauchsklausel schädliche Gestaltung oder das schädliche Geschäft nicht stattgefunden. Sie stellt sicher, dass ein Vertragsstaat bei Vorliegen eines Abkommensmissbrauchs die Möglichkeit hat, zur Bestimmung der steuerlichen Konsequenzen den Sachverhalt heranzuziehen, der ohne die entsprechende Gestaltung oder das entsprechende Geschäft vorgelegen hätte.

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Finanzielle Auswirkungen

Das DBA-PK schränkt die Erhebung von schweizerischen Steuern im Vergleich zum Abkommen 2005 nur punktuell ein. Die Besteuerung durch den Quellenstaat wird nur für solche Einkünfte eingeschränkt, die die Schweiz nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht an der Quelle besteuert (Entgelt für mit Lizenzgebühren verbundene Dienstleistungen, Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Beteiligungen an in der Schweiz ansässigen Gesellschaften und Vergütungen für technische Dienstleistungen). Diese Verschiebungen zulasten des Quellenstaates schränken die Schweiz daher nicht ein. Die damit einhergehenden erweiterten Besteuerungsrechte des Ansässigkeitsstaates kann die Schweiz demgegenüber wahrnehmen. Von den Erweiterungen der Besteuerungsrechte des Quellenstaates durch das DBA-PK (Ruhegehälter und Kapitalgewinne aus Anteilen an Immobiliengesellschaften mit in der Schweiz gelegenen Immobilien) ist die Schweiz, da sie im innerstaatlichen Recht entsprechende Besteuerungsgrundlagen hat, als Quellenstaat und als Ansässigkeitsstaat gleichermassen betroffen. Direkte negative Auswirkungen des DBA-PK auf die Steuereinnahmen der Schweiz sind daher nicht zu erwarten.

Es ist davon auszugehen, dass unter dem DBA-PK direkte Investitionen zwischen den beiden Ländern zunehmen, womit der Wirtschaftsstandort insgesamt und damit die Steuerbasis der Schweiz gestärkt wird.

Das vorliegende Abkommen kann im Rahmen der bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

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Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungsmässigkeit

Das DBA-PK stützt sich auf Artikel 54 der Bundesverfassung4 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung des DBA-PK zuständig.

4.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 (ParlG) gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Bestimmungen gelten als wichtig, die aufgrund von Artikel 164 Absatz 1 BV den Erlass in der Form eines Bundesgesetzes erfordern.

Das DBA-PK ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Seine Umsetzung erfordert keinen Erlass von Bundesgesetzen.

Der Schweiz werden durch das Abkommen Rechte erteilt und Pflichten auferlegt.

Insbesondere enthält das DBA-PK Bestimmungen zur erstmaligen Umsetzung gewisser Entwicklungen aus dem BEPS-Projekt, darunter insbesondere die neue PPT-Regel. Auch der Informationsaustausch wird erweitert und gemäss der jüngeren Abkommenspolitik der Schweiz an den internationalen Standard angepasst. Das Abkommen enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des DBA-PK wird deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

4 5

SR 101 SR 171.10

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4.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Im Anschluss an eine vom Bundesamt für Justiz durchgeführten Analyse6 hat der Bundesrat am 22. Juni 2016 entschieden, dass die Tatsache, dass ein völkerrechtlicher Vertrag keine weiterreichenden Verpflichtungen vorsieht als von der Schweiz bereits abgeschlossene Verträge mit ähnlichem Inhalt, nicht mehr entscheidend ist für die Beurteilung, ob er dem fakultativen Referendum unterstellt werden muss.

Der Bundesrat hat die Departemente überdies beauftragt, sektorielle Delegationsnormen auszuarbeiten, die dem Bundesrat oder der Bundesversammlung die Kompetenz verleihen, mittels einfachem Bundesbeschluss völkerrechtliche Verträge in Bereichen abzuschliessen, die in ihre Kompetenz fallen und die eine Delegation erforderlich machen. Diese Delegationsnormen müssen in einem Erlass aufgeführt sein, der dem fakultativen Referendum unterliegt.

Das DBA-PK bringt eine Anpassung im Sinne der schweizerischen Abkommenspolitik und zugleich die Umsetzung einiger Entwicklungen aus dem BEPS-Projekt mit sich. In Zukunft werden zahlreiche weitere Doppelbesteuerungsabkommen an vergleichbare Regelungen der internationalen Steuerfragen anzupassen oder neu abzuschliessen sein. Deshalb wird beantragt, die Bundesversammlung mit dem Bundesbeschluss zur Genehmigung des DBA-PK zu ermächtigen, durch einfachen Bundesbeschluss selbstständig künftige Doppelbesteuerungsabkommen zu genehmigen, die in vergleichbarer Weise die gleichen Bereiche regeln wie das DBA-PK.

Dadurch wird die Genehmigung von Doppelbesteuerungsabkommen nach ähnlichem, der Abkommenspolitik der Schweiz entsprechendem Muster in der Zukunft nicht mehr dem fakultativen Referendum unterliegen. Sollte jedoch die Schweiz zu einem späteren Zeitpunkt Bestimmungen vereinbaren, die weiter gehen als jene des DBA-PK, unterläge der entsprechende Beschluss wiederum dem fakultativen Referendum.

4.4

Vernehmlassungsverfahren

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20057 (VlG) findet bei völkerrechtlichen Verträgen, die nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b oder nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Referendum unterliegen, ein Vernehmlassungsverfahren statt. Nach Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG kann aber auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn daraus keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind, insbesondere weil über den Gegenstand des Vorhabens bereits eine Vernehmlassung durchgeführt worden ist. Der Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren muss sachlich begründet sein (Art. 3a Abs. 2 VlG).

6

7

Bericht des BJ vom 29. August 2014 mit dem Titel «Fakultatives Staatsvertragsreferendum: Entwicklung der Praxis des Bundesrats und der Bundesversammlung seit 2003», einsehbar unter www.ejpd.admin.ch > Aktuell > News > 2016 > Fakultatives Referendum bei internationalen Standardabkommen.

SR 172.061

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Zum DBA-PK wurde eine Orientierung durchgeführt. Dabei wurde am 21. Oktober 2016 den Kantonen und den am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreisen eine Erläuterung zum DBA-PK vorgelegt. Das DBA-PK wurde positiv und ohne Einwände aufgenommen. Die Positionen der interessierten Kreise sind entsprechend bekannt und belegt. Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG wurde deshalb auf eine Vernehmlassung verzichtet.

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