524 # S T #

3780

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das am 23. September 1936 in Genf abgeschlossene internationale Abkommen betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens.

(Vom 11. Oktober 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen die Botschaft über das am 23. September 1936 "in Genf abgeschlossene internationale Abkommen betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens zu unterbreiten.

I.

Die Entwicklung des Bundspruchs, dessen Anfänge auf die Nachkriegsjahre zurückgehen, weist einen ausserordentlichen Aufschwung auf. Seine Anwendung stellt die verschiedenartigsten Probleme, die immer mehr die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und nach einer Lösung rufen. Auf technischem Gebiete ist der Eundspruch bereits durch verschiedene Abkommen, insbesondere diejenigen von Washington (1927), Madrid (1932) und Luzern (1933) und auf dem Gebiete des geistigen Eigentums durch das in Born revidierte (1928) Berner Abkommen geregelt worden, aber auf politischem Gebiet wurde bis jetzt nichts unternommen. Wohl haben gewisse Staaten zweiseitige Verträge abgeschlossen, um zu verhindern, dass ihre Eadiosendungen ihren gegenseitigen Beziehungen Schaden zufügen, doch ist bis jetzt kein Kollektivabkommen auf diesem Gebiet zustande gekommen. Indessen empfand man bald die Notwendigkeit einer Verständigung, die im Interesse des Friedens einer allzu grossen Freiheit der Sendestationen zu steuern vermöchte. Erst der Völkerbund und sodann »die Abrüstungskonferenz bemühten sich, die Pflichten und Bechte der Staaten

525 auf dem Gebiet des Bundspruchs naher zu umschreiben i). Man begründete diese Bemühungen mit der Tatsache, «dass der Bundspruch in einem außerordentlichen Masse im Dienste politischer Zwecke verwendet werden kann.

Der politische Bundspruch birgt grosse Möglichkeiten internationaler Aufietzung. Bundspruchbotschaften können, da sie nicht körperhaft sind, an den Grenzen nicht angehalten werden. Ihre Verbreitungsmöglichkeit ist unbegrenzt.

Die politische Bückwirkung wird deshalb gross und unmittelbar sein». Da tendenziöse und provokatorische Sendungen den Frieden bedrohen und stören, könnten, musste man vernünftigerweise Missbräuche zu verhindern suchen.

Mit Besolution vom 24. September hatte die 12. Völkerbundsversammlung ·das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit, das damals die erzieherischen Möglichkeiten des Bundspruchs untersuchte, beauftragt, seine Prüfung auszudehnen «auf alle internationalen Fragen, die der Bundspruch vom Gesichtspunkt der guten Beziehungen zwischen den Nationen aufwirft».

Die Konferenz für die Herabsetzung und Beschränkung der Büstungen, welche an das schwierige und weitschichtige Problem der moralischen Abrüstung herangetreten war, hatte ihrerseits die gleiche Frage untersucht auf Grund eines Memorandums der polnischen Begierung vom 17. September 1931, das u. a.

gewisse Massnahruen auf dem Gebiete des Bundspruchs vorsah. Der sogenannte Ausschuss für moralische Abrüstung hatte der Beihe nach zwei Vereinbarungen betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens ausgearbeitet, die aber leider nach dem Fehlschlagen der Abrüstungskonferenz toter Buchstabe blieben.

Entsprechend der Besolution der Völkerbundsversammlung wandte sich das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit an Sachverständige auf dem Gebiete des Bundspruchs und lud sie ein, ihm mitzuteilen, welche fragen nach ihrer Auffassung näher geprüft zu werden verdienten. Das Ergebnis dieser Untersuchung wurde der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit übermittelt. Die Kommission nahm im Laufe ihrer Tagung im Jahre 1932 von dieser Untersuchung Kenntnis und beauftragte das Institut, einen Sachverständigenausschuss einzuberufen, der die Bedingungen, die ein Bundspruchabkommen erfüllen sollte, zu prüfen hatte. Der Ausschuss trat im Internationalen Institut
für geistige Zusammenarbeit am 23. und 24. Februar 1933, unter dem Vorsitz des ehemaligen Aussenministers von Norwegen, *) Seit 1925 hatte der Internationale Rundfunkverein, der die hauptsächlichsten Rundspruchorgane der Welt umfasst, seinerseits bereits erklärt, dass es höchst wünschenswert wäre: «a) dass die Mitglieder des Vereins alles tun, was in ihrer Macht steht, um jede Propaganda jenseits ihrer Grenzen zu verhindern, die andern Ländern politische Schwierigkeiten bereiten konnte; b) dass die Mitglieder jedesmal, wenn ihnen das möglich sein wird, aus ihren Programmen alles entfernen, was auf die innern Angelegenheiten anderer Lander Bezug hat.» ßundesblatt. 90. Jahrg. Bd. II.

42

526 Herrn Arnold Eaestad, zusammen 1) and verfasste einen Bericht, der es der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit ermöglichte, durch das Pariser Institut den Vorentwurf eines Abkommens ausarbeiten zu lassen.

Der Vorentwurf wurde den Eegierungen am 9. Februar 1934 zugestellt. Nach Prüfung durch das Politische Departement und das Post- und Eisenbahndepartement Hessen -wir das Völkerbundssekretariat -wissen, dass -wir uns dem Grundgedanken des vorgesehenen Abkommens durchaus anschliessen könnten, dass wir uns aber, wohl verstanden, das Eecht vorbehielten, im gegebenen Zeitpunkt die besondern Bestimmungen des Vorentwurfs zu diskutieren.

Der ursprüngliche Text wurde auf Grund der von den Regierungen vorgelegten Bemerkungen nochmals durchgesehen und berichtigt, worauf die XVI. Völkerbundsversammlung mit Resolution vom 28. September 1935 den Völkerbundsrat ersuchte, eine diplomatische Konferenz einzuberufen, die ein internationales Abkommen betreffend die Verwendung des Rundspruchs im Interesse des Friedens abschliessen sollte.

II.

Die Konferenz begann ihre Arbeiten am 17. September 1935 unter dem Vorsitz von Herrn Arnold Raestad in Genf und beendigte sie am 23. desselben Monats. 37 Länder 2), von denen 2 dem Völkerbund nicht angehörten, nahmen an der Konferenz teil. Wir waren an ihr durch zwei Delegierte vertreten: Herrn Legationsrat Camille Gorgé, Chef der Völkerbundssektion im eidgenössischen Politischen Departement und Herrn Jakob Buser, Abteilungschef bei der eidgenössischen Post- und Telegraphendirektion; Herr Maurice Rambert, damals Präsident des Internationalen Rundfunkvereins, begleitete unsere Delegierten als Experte.

Der Abkommensentwurf, mit dem die Konferenz befasst war, enthielt nichts, spezifisch Technisches. Er griff in keiner Weise auf das Gebiet des internationalen Weltnachrichtenabkommens und seiner zugehörigen Réglemente über. Sein Ziel und seine Tragweite waren vor allem politischer Natur. Das Abkommen bezog sich nur auf die Frage, welchen Gebrauch die Staaten von den ihrer Kontrolle unterstellten radiotelegraphischen Stationen machen könnten oder machen sollten. Dieser Gebrauch ist nicht frei von Beschränkungen. Er ist bereits durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts beschränkt.

Aber diese Grundsätze entbehren häufig einer gewissen Genauigkeit. Sie sind Anfechtungen ausgesetzt, und es ist daher besser, so weit als möglich sie durch eine internationale Vereinbarung zu umschreiben.

1

) Unter den Experten befand sich auch ein Schweizer, Herr Joseph Raeber., Direktor des Bureaus des Internationalen Weltnachrichtenvereins.

2 ) Albanien, Ägypten, Argentinien, Belgien, Brasilien, Grossbritannien, Bulgarien, Chile, Columbien, Cuba, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Freistaat Irland, Italien, Jugoslawien, Litauen, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Bumânien, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Türkei, Ungarn, U. R. S. S., Uruguay. Drei Länder, Estland, Lettland und Siam, hatten Beobachter geschickt, ebenso zwei private Organisationen, die Rockefeller-Stiftung und der Internationale Rundfunkverein.

527 Der von den Sachverständigen vorbereitete Entwurf begab sich somit auf ein Gebiet, das vom Gesichtspunkt der Praxis und Erfahrung vollständiges Neuland war. Es empfahl sich, mit Vorsicht zu Werk zu gehen. Deshalb hütete sich der Entwurf, den vertragschliessenden Teilen Verpflichtungen aufzuerlegen, die durch ihre Neuheit oder ihren Umfang die Grenzen dessen überschritten hätten, was man vernünftigerweise von einem ersten Versuch internationaler Regelung auf einem Gebiete erwarten durfte, wo die nationalen Empfindlichkeiten bei den herrschenden ideologischen Gegensätzen leicht aufgereizt werden können. Deshalb unterstrich der Sachverständigenausschuss in dem Kommentar, den er zu seinem ersten Entwurf geschrieben hatte, die Tatsache, dass es sich seiner Meinung nach nicht darum handelte, allgemein jede Sendung, die die guten internationalen Beziehungen verletzen oder berechtigte Empfindungen eines andern Volkes beleidigen könnte, zu verbieten. «Solche Verpflichtungen würden, führte der Ausschuss aus, unwirksam bleiben. Die erzieherische Mission des Bundfunks verlangt in der Tat, dass die Rundfunkunternehmung in der Wahl und Darstellung ihrer Gegenstände eine gewisse .Freiheit gemesse. Von dieser Auffassung ausgehend wurde der Abkommensentwurf so gefasst, dass er nur Handlungen von offensichtlicher Schwere erfassen sollte : nämlich die Aufhetzung zum Kriege oder zu Handlungen gegen den innern Frieden oder die Sicherheit eines andern Landes sowie die Verbreitung von Sendungen, die dem guten internationalen Einvernehmen durch Behauptungen schaden könnten, deren Unrichtigkeit den für die Sendungen verantwortlichen Personen bekannt ist oder bekannt sein sollte.» Die Haltung des Sachverständigenausschusses erschien klug. Gewisse Delegationen im Schosse der Konferenz fanden sie indessen aber zu vorsichtig und verlangten von den Staaten die förmliche Verpflichtung, sich jeder Sendung zu enthalten, die irgendwie das gute internationale Einvernehmen gefährden könnte. Ihr Antrag wurde durch die grosse Mehrheit der Delegationen verworfen, und die schweizerische Delegation verwendete sich ihrerseits dafür, dass das Abkommen sich nicht mehr als unbedingt nötig vom Vorentwurf entferne.

Im allgemeinen hielt sich die Konferenz an den Entwurf der Sachverständigen, der, wie wir gesehen haben, bereits zweimal den
Regierungen unterbreitet worden war. Sie liess es sich angelegen sein, da und dort den Wortlaut einzelner Vorschriften näher zu umschreiben oder zu verbessern, verwarf aber im weitern jeden Abänderungsantrag, der das System des ursprünglichen Abkommensentwurfs umgestürzt hätte. Nichtsdestoweniger gab sie den Anhängern einer radikalern Regelung eine gewisse Genugtuung, indem sie in einer Schlussakte in Eorm von Empfehlungen gewisse Vorschläge dieser oder jener Delegation wieder aufnahm.

Die österreichische Delegation hatte verlangt, dass der Abkommensentwurf in dem Sinne präzisiert werde, dass die vertragschliessenden Teile sieh verpflichten sollten, Sendungen auf ihren Gebieten zu untersagen und nötigenfalls deren Einstellung zu veranlassen, falls diese geeignet wären, dem guten

528 internationalen Einvernehmen durch ihren antireligiösen oder die Gewissensfreiheit bedrohenden Charakter zu schaden. Dieser Vorschlag, der von der schweizerischen und andern Delegationen unterstützt worden war, fand keine Gnade vor den Augen der Konferenz; diese erachtete, zu Eecht oder zu Unrecht, dass Sendungen dieser Art bereits unter die allgemeinen Verbote des Abkommens fielen.

Die Konferenz beendigte ihre Arbeiten durch Genehmigung des Abkommens und der Schlussakte, deren Wortlaut in der Beilage sich findet.

Das Abkommen und die Schlussakte wurden von 28 Staaten, worunter die Schweiz, unterzeichnet1). Italien, das sich an der Konferenz hatte vertreten lassen, rief in der Folge seine Delegation ab, da die allgemeine politische Lage es veranlasste, seine Haltung zum Völkerbund zu verandern.

III.

Das am 23. September 1936 abgeschlossene Abkommen enthält 15 Artikel; diese beziehen sich auf die Beschränkungen, die die vertragschliessenden Teile sich im Betrieb ihrer funkentelegraphischen Stationen auferlegen (Artikel l bis 6), auf die Beilegung der Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung oder der Auslegung des Abkommens ergeben (Artikel 7) und auf die sogenannten protokollarischen Klauseln (Artikel 8--15).

Wie man feststellen wird, setzen sich die Artikel l, 2 und 3 weniger zum Ziele, die Verpflichtungen, welche den Staaten bereits auf Grund des Volkerrechts obliegen, auszudehnen, als vielmehr deren Natur näher zu umschreiben, um dadurch ihre Anwendung zu erleichtern.

Artikel l des Abkommens, der die Aufmerksamkeit der Konferenz ziemlich lange in Anspruch genommen hatte, bezieht sich auf jede Sendung, die zum Schaden des guten internationalen Einvernehmens die Einwohner irgendeines Gebietes zu Handlungen gegen die Ordnung im Innern oder gegen die Sicherheit eines Gebietes der vertragschliessenden Teile aufreizen könnte, wahrend Artikel 2 den viel schwereren Fall einer Aufreizung zum Krieg und zu Handlungen, die zu einem. Kriege fuhren könnten, im Auge hat. Diese beiden Artikel sind so klar, dass man sich eines Kommentars enthalten kann. Wie wir es bereits hervorhoben, befasst sich das Abkommen nur mit Fällen von besonderer Schwere.

Es betrifft nicht Sendungen, die auf die eine oder die andere Art dem guten Einvernehmen zweier Völker schaden könnten. Ein allgemeines Verbot in diesem Sinne würde allzu leicht Auslegungen und Anfechtungen den Weg ebnen. Das Abkommen wäre den nationalen Empfindlichkeiten preisgegeben, die sich nur zu oft unter dem Einfluss der politischen Lage entzünden. Indem sich das Abkommen auf die Sendungen beschränkte, die in einem Staate Unx ) Es haben das Abkommen unterzeichnet: Albanien, Ägypten, Argentinien, Belgien, Brasilien, Grossbritannien, Chile, Columbien, Danemark, Dominikanische Republik, Estland, Frankreich, Griechenland, Indien, Litauen, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Rumänien, Österreich, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Türkei, U. R. S. S., Uruguay.

529 ruhen oder sogar Bevolutionen hervorrufen können oder geeignet sind, gegen ein bestimmtes Land zum Kriege aufzuhetzen, wehrt es die dringendsten Gefahren ab. Es hat ein Verbot aufgestellt, das die Vernunft fordert. Infolgedessen sollte es den Staaten nicht schwer fallen, sich danach zu richten.

Was den Artikel 3 betrifft, so hat er auf die falschen Nachrichten Bezug ; aber auch hier handelt es sich um falsche Nachrichten von einer gewissen Schwere oder um Behauptungen, die durch ihre Unrichtigkeit das gute internationale Einvernehmen gefährden könnten. Der Staat, auf dessen Gebiet falsche Nachrichten verbreitet werden, trägt dafür die Verantwortung. Er schuldet es sich, die Sendung unwahrer Nachrichten zu verbieten und, wie es Alinea 2 dieses Artikels 8 festsetzt, geht seine Pflicht nötigenfalls so weit, die beanstandete Sendung «mit den wirksamsten Mitteln und so schnell als möglich zu berichtigen». Eine irregeleitete öffentliche Meinung kann den Frieden gefährden, die Wiederherstellung der Wahrheit ist deshalb eine gebieterische Pflicht.

Gemäss Artikel 4 müssen die Parteien ausserdem darüber wachen, dass die auf ihrem Gebiet verbreiteten Nachrichten betreffend die internationalen Beziehungen kontrolliert werden, insbesondere in Krisenzeiten. Auch hier müssen die Staaten mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln diese Verpflichtung erfüllen.

Der Eundspruch könnte aber vor allem durch eine positive Tätigkeit dazu beitragen, unter den Völkern einen Geist gegenseitigen Verständnisses zu wecken.

Das Abkommen enthält denn auch in seinem Artikel 5 eine Vorschrift, laut welcher die vertragschliessenden Teile sich verpflichten, sich gegenseitig alle Auskünfte zur Verfügung zu stellen, die die Verbreitung von Sendungen durch die verschiedenen Eundspruchdienste fördern könnten, welche darauf abzielen, eine bessere Kenntnis ihrer Kultur und ihrer besondern Lebensbedingungen sowie der Entwicklung ihrer Beziehungen mit andern Völkern und ihrer Beiträge zur Organisation des Friedens zu vermitteln. Kein Staat verpflichtet sich, wie es einige gewünscht hätten, in seine Bundspruchprogramme Darbietungen aufzunehmen, die der Propaganda zugunsten dieses oder jenes fremden Staates gewidmet wären 1) ; er verpflichtet sich bloss, falls andere Staaten ihre öffentliche Meinung über seine nationalen Eigentümlichkeiten
unterrichten möchten, alle Angaben, die er für zweckdienlich hält, zur Verfügung zu stellen. Wie es schon der Expertenausschuss gesagt hatte, «auferlegen diese Vorschriften dem Staat, der die Angaben über einen andern Staat empfängt, keine juristische, sondern bloss eine moralische Verpflichtung, diesen Informationen Eechnung zu tragen, soweit sie, wohl verstanden, nichts Herausforderndes für einen dritten Staat enthalten.» Dieser Artikel entspringt einem an sich sehr lobenswerten Geist. Wir glauben aber nicht, dass ihm grosser praktischer Wert beizumessen ist. Unter Staaten, deren Beziehungen vertrauensvoll und herzlich sind, kann dieser Austausch von Auskünften erfolgen, ohne dass eine juristische Verpflichtung nötig wäre. Was aber die Staaten anbetrifft, deren Beziehungen *) Diese Idee wird in der Schlussakte wieder aufgenommen, jedoch unter der Form einer blossen Empfehlung (s. Empfehlung IV).

530 etwas gespannt sind -- und das Abkommen hat natürlich in erster Linie diese im Auge -- dürfte es zweifelhaft sein, ob einer von ihnen eine solche Initiative ergreift. Die nationale Selbstgefälligkeit würde ihn nicht dazu treiben.

Artikel 6 hat Bezug auf Verwaltungsmassnahmen, die jeder Staat zu treffen hat, um die Durchführung der Verpflichtungen aus den vorhergehenden Artikeln zu sichern. Diese Vorschrift leitet sich aus dem Grundsatz ab, wonach ein Staat für die Sendungen, die von seinem Gebiet ausgehen, verantwortlich ist. Obwohl die Bundspruchorganisation eine zurückhaltende Stellung gegenüber diesen Verwaltungsmassnahmen beobachtete, unterstützte die schweizerische Delegation den aufgestellten Grundsatz, der übrigens den von der Schweiz im Jahre 1935 eingeführten Kontrollmassnahmen zum Schutze ihrer Neutralität eine internationale Vertragsgrundlage gibt.

Artikel 7, der der Beilegung der Streitigkeiten gewidmet ist, zu denen die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens Anlass geben könnte, ist auf Intervention unserer Delegation abgeändert worden. Der schliesslich angenommene Wortlaut hält sich an den Text anderer Schiedsklauseln, die bereits in andern Völkerbundsabkommen enthalten sind. Sein Alinea 3 erlaubt den Parteien, vor jedem Verfahren friedlicher Beilegung, die guten Dienste der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit anzurufen. Diese Anrufung kann jedoch nur bei gemeinsamem Einverständnis erfolgen. Die Kommission wird zu diesem Zweck einen besoiidern Ausschuss bilden. Bezüglich der Bildung dieses Ausschusses hat die Konferenz in der Empfehlung VII der Schlussakte eine Anzahl Wünsche ausgesprochen, die in der Folge von der Kommission für geistige Zusammenarbeit berücksichtigt wurden 1).

Was die Artikel 8 bis 15 anbetrifft, enthalten sie die üblichen Klauseln betreffend Unterzeichnung, Ratifikation, Beitritt, Inkrafttreten, Kündigung und Anwendung des Abkommens auf Kolonien, Protektorate, überseeische Gebiete und Solche, die unter das Mandat oder die Oberhoheit der Parteien gestellt sind. Wir haben nur beizufügen, dass auf Grund eines Abänderungsvorschlags der schweizerischen Delegation der Artikel 13 durch eine Vorschrift ergänzt wurde, wonach das Abkommen aufhören soll, wirksam zu sein, wenn infolge Kündigungen die Zahl der vertragschliessenden Teile unter
sechs sinkt.

Diese Klausel ist logisch. Da gemäss Artikel 11 das Abkommen erst in Kraft tritt, wenn sechs Staaten durch seine Vorschriften gebunden sind, würde man nicht verstehen, dass es weiter in Anwendung bliebe, wenn infolge Kündigungen die Zahl der vertragschliessenden Teile auf weniger als sechs zusammenschmelzen sollte. Ein Abkommen dieser Art setzt die Mitarbeit eines Minimums von Staaten voraus ; sein praktischer Wert wäre illusorisch, wenn es sich nur noch auf zwei oder drei Länder erstreckte.

Dem Abkommen ist, wie wir es gesehen haben, eine Schlussakte beigefügt, die eine Eeihe von Empfehlungen enthält. Diese entsprechen den Anregungen oder Vorschlägen, die die Konferenz nicht glaubte dem Text des Abkommens 1 ) Die von der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit genehmigte «Ausführungsverordnung» befindet sich in der Anlage.

531 selbst einfügen zu können, die sie aber nichtsdestoweniger in Form von Wünschen berücksichtigen wollte. Die Empfehlungen I und II enthalten insbesondere -die Wünsche derjenigen, welche das Netz der ausdrücklichen Verpflichtungen des Abkommens für zu weitmaschig halten. So lenkt die Konferenz in der Empfehlung II, welche feststellt, class das Abkommen nur Verpflichtungen betreffend Handlungen offensichtlicher Schwere enthält, die Aufmerksamkeit der Parteien auf die Wünschbarkeit, das Abkommen später auf Sendungen auszudehnen, die die Interessen anderer Völker verletzen oder deren nationale, politische, religiöse oder soziale Gefühle beleidigen könnten. Die Frage der Sendungen, welche für fremde Hörer bestimmt sind und in einer Fremdsprache «rfolgen -- eine Frage, der nach Auffassung mehrerer Delegationen eine ziemlich grosse Bedeutung zukommt -- ist Gegenstand der Empfehlung III. Die Empfehlungen IV, V und VI betreffen eine engere Zusammenarbeit zwischen den Staaten auf dem Gebiete des Bundfunks, während die Empfehlung VII die allfällige Intervention der Kommission für geistige Musammenarbeit im Verfahren zur friedlichen Beilegung der Streitigkeiten betrifft.

Die Schlussakte enthält keine eigentlichen Verpflichtungen. Sie ist nicht Gegenstand der Eatifikation und braucht somit durch die eidgenössischen Bäte nicht genehmigt zu werden.

IV.

Das internationale Abkommen, dessen Aufbau wir kurz geprüft haben, ·enthält eigentlich keine Verpflichtung, die die Schweiz nicht schon ganz natürlicherweise übernommen hätte. Die Verbote, die sie ausspricht, haben wir uns schon selber auferlegt, ohne den Abschluss eines internationalen Abkommens abzuwarten. Die Schweiz wird niemals durch ihre Sendestationen das gute internationale Einvernehmen stören.

Sollte das Abkommen axis diesem Grund ohne Interesse für unser Land sein? Da über das Abkommen auf Verlangen mehrerer Staaten verhandelt wurde, entsprach es offenbar einem Bedürfnis. Wenn unsere Sendestationen in keiner Weise die internationalen Beziehungen zu stören drohen, so ist die Lage nicht unbedingt die gleiche in den Ländern, wo politische und ideologische Spannungen bestehen. Das Abkommen kann dazu beitragen, die Geister zu befrieden, gewisse Entspannungen herbeizuführen und unter den Völkern gegenseitiges Verständnis und Duldsamkeit zu fördern. Indem wir uns ihm anschliessen, unterstützen wir die Friedensidee, von der es durchdrungen ist.

Wir bezeigen Sympathie und Solidarität auf einem Gebiet, das trotz unserer wiedergewonnenen integralen Neutralität weiterhin unser wachsames Interesse erheischt, nämlich auf dem des Friedens.

Aus den oben angegebenen Gründen glaubten wir, bei der Batifikation des Abkommens keine besondere Eile an den Tag legen zu müssen. Da es im Blick auf Zustände geschlossen wurde, die bei uns glücklicherweise nicht herrschen, war die Batifikation des Abkommens unserer Auffassung nach erst dann gerechtfertigt, wenn die Beteiligung einer gewissen Anzahl von Staaten ge-

532

sichert war. Bis heute haben 15 Länder: Australien, Indien, Grossbritannien,, Dänemark, Neuseeland, die Südafrikanische Union, Luxemburg, die Vereinigten Staaten von Brasilien, Frankreich, Norwegen, Irland, Schweden, Ägypten,, Salvador und Estland das Abkommen ratifiziert bzw. ihren Beitritt erklärt.

Dieses ist 60 Tage nach der Hinterlegung der sechsten Eatifikation, also am 2. April 1938, in Kraft getreten. Unter diesen Umständen glauben wir, dass für die Schweiz der Augenblick gekommen ist, ihrerseits zur Eatifikation zu schreiten.

Es bleibt zu prüfen, wie das Abkommen vom Gesichtspunkt unseres öffentlichen Eechtes behandelt werden muss. Wie bekannt, schreibt der Bundesbeschluss vom 5. März 1920 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund vor, dass die Vorschriften der Bundesverfassung für den Erlass von Bundesgesetzen zur Anwendung gelangen «auf mit dem Völkerbund zusammenhängende Übereinkünfte jeder Art». Das gegenwärtige Abkommen ist wohl unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossen worden, aber deswegen besteht zwischen ihm und dem Völkerbund das in Ziffer l, Abs. 2, des vorgenannten Bundesbeschlusses vorgesehene Abhängigkeitsverhältnis doch nicht.

In Wirklichkeit handelt es sich um eine internationale Vereinbarung, die ebensounabhängig ist von der Organisation des Völkerbunds wie andere von der Schweiz in Genf abgeschlossene Vereinbarungen. Das Abkommen unterliegt somit nicht dem Eeferendum.

Da das Abkommen andererseits jederzeit gekündigt werden kann, unterliegt es auch nicht der Vorschrift des Art. 89, Abs. 3, der Bundesverfassung betreffend die für unbestimmte Zeit oder für mehr als 15 Jahre abgeschlossenen internationalen Verträge.

Wir ersuchen Sie infolgedessen, das vorliegende Abkommen zu genehmigen und den beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zum Ihrigen zu machen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 11. Oktober 1938.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t : Etter.

Der Bundeskanzler: G. BoTet.

533: (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des am 23. September 1936 in Genf abgeschlossenen Abkommens Über die Verwendung des Rundspruchs im Interesse des Friedens.

Die Bundesversammlving der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. Oktober 1938, beschliesst:

Art. 1.

Das am 23. September 1936 in Genf abgeschlossene internationale Abkommen über die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

534 Übersetzung.

Internationales Abkommen betreffend die Verwendung des Rundspruchs im Interesse des Friedens.

Albanien, die Republik Argentinien, Österreich, Belgien, die Vereinigten Staaten von Brasilien, das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Chile, Columbien, Dänemark, die Dominikanische Republik, Ägypten, Spanien, Estland, Frankreich, Griechenland, Indien, Litauen, Luxemburg, die Vereinigten Staaten von Mexiko, Norwegen, Neuseeland, die Niederlande, Rumänien, die Schweiz, die Tschechoslowakei, die Türkei, die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken und Uruguay, in Erkenntnis der Notwendigkeit, durch gemeinsam aufgestellte Begeln zu verhindern, dass der Bundspruch in einer dem guten internationalen Einvernehmen zuwiderlaufenden Weise verwendet werde, und von dem Wunsche beseelt, durch Anwendung dieser Eegeln von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, die diese Art der Gedankenübertragung für ein besseres gegenseitiges Verständnis der Völker bietet: haben beschlossen, zu diesem Ende ein Abkommen zu treffen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt: (Es folgen die Namen der Bevollmächtigten.)

die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und sie in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Vorschriften übereingekommen sind: Art. 1.

Die vertragschliessenden Teile verpflichten sich gegenseitig, auf ihren Gebieten jede Sendung zu verbieten, die zum Schaden des guten internationalen Einvernehmens die Einwohner irgendeines Gebietes zu Handlungen gegen die Ordnung im Innern oder gegen die Sicherheit eines Gebietes der vertragschliessenden Teile aufreizen könnte, und nötigenfalls unverzüglich die Einstellung solcher Sendungen zu veranlassen.

Art. 2.

Die vertragschliessenden Teile verpflichten sich gegenseitig, darüber zu wachen, dass die von den Stationen ihrer Gebiete verbreiteten Sendungen weder eine Aufreizung zum Krieg gegen einen andern vertragschliessenden Teil noch eine Aufreizung zu Handlungen, die zum Krieg führen könnten, enthalten.

535 Art. 3.

Die vertragschliessenden Teile verpflichten sich gegenseitig, auf ihren Gebieten jede Sendung tiu verbieten, die durch Behauptungen, deren Unrichtigkeit den für die Sendung verantwortlichen Personen bekannt ist oder bekannt sein sollte, dem guten internationalen Einvernehmen schaden könnte, und nötigenfalls unverzüglich die Einstellung solcher Sendungen zu veranlassen.

Sie verpflichten sich ausserdern, gegenseitig darüber zu wachen, dass jede Sendung, die durch unrichtige Behauptungen dem guten internationalen Einvernehmen schaden' könnte, sobald als möglich durch die wirksamsten Mittel berichtigt werde, selbst wenn die Unrichtigkeit sich erst nach der Verbreitung herausgestellt hat.

Art. 4.

Die vertragschliessenden Teile verpflichten sich gegenseitig, darüber zu wachen -- insbesondere in Krisenzeiten --, dass die Stationen ihrer Gebiete über die internationalen Beziehungen nur solche Nachrichten verbreiten, deren Bichtigkeit durch die für die Verbreitung dieser Nachrichten verantwortlichen Personen mit allen ihnen zu Gebot stehenden Mitteln überprüft worden ist.

Art. 5.

Jeder vertragschliessende Teil verpflichtet sich, den andern vertragschliessenden Teilen auf ihr Verlangen diejenigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die seiner Ansicht nach die Verbreitung von Sendungen durch die verschiedenen Bundspruchdienste fördern könnten, die auf die Vermittlung einer bessern Kenntnis seiner Kultur und seiner besondern Lebensbedingungen, sowie der Entwicklung seiner Beziehungen mit andern Völkern und seines Beitrages zur Organisation des Friedens abzielen.

Art. 6.

Um den aus den vorhergehenden Artikeln sich ergebenden Verpflichtungen volle Wirkung zu sichern, verpflichten sich die vertragschliessenden Teile gegenseitig, zuhanden der von der Begierung direkt abhängigen Bundspruchdienste zweckentsprechende Anweisungen und Beglemente zu erlassen und für deren Anwendung durch die Bundspruchdienste zu sorgen.

Zum gleichen Zweck verpflichten sich die vertragschliessenden Teile gegenseitig, zuhanden der autonomen Bundspruchunternehmungen entweder in den Gründungsakt eines nationalen Instituts oder in die einer konzessionierten Gesellschaft auferlegten Bedingungen, oder in die auf die andern privaten Unternehmungen anwendbaren Beglemente zweckentsprechende Vorbehalte aufzunehmen und die
notwendigen Massnahmen für die Sicherung ihrer Anwendung zu treffen.

Art. 7.

Entsteht zwischen den vertragschhessenden Teilen Streit über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens und kann dieser auf diploma-

536

tischem Weg nicht in befriedigender Weise beigelegt werden, so ist er gemäss den Bestimmungen zu erledigen, die über die Erledigung internationaler Streitfälle zwischen den Parteien in Kraft sind.

Bestehen keine solchen Bestimmungen zwischen den am Streit beteiligten Parteien, so werden diese den Streitfall einem Schieds- eventuell Gerichtsverfahren unterwerfen. Einigen sie sich nicht über die Wahl eines andern Gerichts, so werden sie den Streitfall, auf Verlangen einer der am Streit beteiligten Parteien, dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unterbreiten, sofern sie sämtlich an dem auf diesen Gerichtshof bezüglichen Protokoll vom.

16. Dezember 1920 beteiligt sind, andernfalls einem Schiedsgericht, das auf Grund des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle bestellt wird.

Bevor die vertragschliessenden Teile die in den obigen Absätzen bezeichneten Verfahren einschlagen, können sie im gemeinsamen Einverständnis die guten Dienste der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit anrufen, welche zu diesem Zwecke einen besondern Ausschuss zu bilden hat.

Art. 8.

Dieses Abkommen, dessen französischer und englischer Text in gleicher Weise massgebend sein soll, trägt das Datum des heutigen Tages und wird bis zum 1. Mai 1937 jedem Völkerbundsmitglied zur Unterzeichnung offenstehen, oder jedem Nichtvölkerbundsmitglied, das an der Konferenz, die dieses Abkommen ausgearbeitet hat, vertreten war, oder jedem dem Völkerbund nichtangehörenden Staat, dem der Völkerbundsrat eine Kopie dieses Abkommens zu diesem Zwecke mitteilen wird.

Art. 9.

Das Abkommen bedarf der Eatifikation. Die Mitteilungen der Eatifikation sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zu übermitteln. Dieser wird die Hinterlegung allen Mitgliedern des Völkerbundes sowie den im vorhergehenden Absatz bezeichneten Nichtmitgliedstaaten bekanntgeben.

Art. 10.

Vom 1. Mai 1937 an kann jedes Mitglied des Völkerbundes und jeder im Art. 8 bezeichnete Nichtmitgliedstaat diesem Abkommen beitreten.

Die Mitteilungen des Beitrittes sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zu übermitteln. Dieser wird die Hinterlegung allen Mitgliedern des Völkerbundes sowie allen im genannten Artikel bezeichneten Nichtmitgliedstaaten mitteilen.

Art. 11.

Der Generalsekretär des Völkerbundes hat dieses Abkommen, entsprechend den Vorschriften des Artikels 18 des Völkerbundspaktes, 60 Tage nach Empfang der sechsten Eatifikation oder Beitritterklärung einzutragen.

Dieses Abkommen tritt am Tage der Eintragung in Kraft.

537

Art. 12.

Jede spätere Eatifikation oder jeder spätere Beitritt wird 60 Tage nach dem Tage wirksam, an dem der Generalsekretär des Völkerbundes die Urkunde hierüber erhalten hat.

Art. 13.

Dieses Abkommen kann durch eine Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes gekündigt werden. Diese Mitteilung wird ein Jahr nach ihrem Empfang wirksam.

Der Generalsekretär wird allen Volkerbundsmitgliedern und allen in Art. 8 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten die auf diese Weise empfangenen Kündigungen mitteilen.

Dieses Abkommen wird aufhören, wirksam zu sein, wenn infolge Kündigungen die Zahl der vertragschliessenden Teile weniger als sechs beträgt.

Art. 14.

Jeder vertragschliessen.de Teil kann bei der Unterzeichnung, der Eatifikation, dem Beitritt oder später durch einen schriftlichen an den Generalsekretär des Völkerbundes gerichteten Akt erklären, dass dieses Abkommen auf die Gesamtheit oder einen Teil seiner Kolonien, Protektorate, überseeischen Gebiete oder seiner Oberhoheit oder seinem Mandat unterstellten Gebiete Anwendung finden wird. Dieses Abkommen findet 60 Tage nach Empfang der Erklärung Anwendung auf das Gebiet oder die Gebiete, die in der Erklärung aufgezählt sind. Mangels einer solchen Erklärung wird das Abkommen auf keines dieser Gebiete Anwendung finden.

Jeder vertragschliessende Teil kann jederzeit nachträglich durch eine Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes erklären, dass dieses Abkommen aufhören werde, auf die Gesamtheit oder einen Teil seiner Kolonien, Protektorate, überseeischen Gebiete oder der seiner Oberhoheit oder seinem Mandat unterstellten Gebiete Anwendung zu finden. Das Abkommen wird ein Jahr nach Empfang dieser Mitteilung aufhören, auf das bzw. auf die in ihr bezeichneten Gebiete Anwendung zu finden.

Der Generalsekretär wird allen Völkerbundsmitgliedern, sowie den in Art. 8 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten alle Erklärungen mitteilen, die er auf Grund dieses Artikels empfangen hat.

Art. 15.

Der Antrag auf Abänderung dieses Abkommens kann jederzeit von einem vertragschliessenden Teil in Form einer Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes gestellt werden. Der Generalsekretär des Völkerbundes hat diese Mitteilung den andern vertragschliessenden Teilen zur Kenntnis zu bringen.

Schliessen sich wenigstens ein Drittel von ihnen diesem Antrag an, so kommen die vertragschliessenden Teile überein, zwecks Abänderung des Abkommens zusammenzutreten.

538 In diesem Fall hat der Generalsekretär dem Völkerbundsrat oder der Völkerbundsversammlung die Einberufung einer Konferenz zur Abänderung des Abkommens vorzuschlagen.

Geschehen in Genf am 23. September 1936, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Sekretariats des Völkerbundes hinterlegt wird. Eine beglaubigte Abschrift wird allen Völkerbundsmitgliedern und den in Art. 8 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten überreicht werden.

(Es folgen die Unterschriften.)

Die Bevollmächtigten Belgiens, Spaniens und der U. S. S. R. haben das Abkommen unter Vorbehalt der ins Protokoll der Schlusssitzung der Konferenz aufgenommenen Erklärungen unterzeichnet. Diese Erklärungen haben folgenden Wortlaut: Für Belgien: «Die belgische Delegation erklärt, der Auffassung zu sein, dass das Recht, missbräuchliche Sendungen aus andern Ländern mit eigenen Mitteln zu stören, soweit ein solches Recht nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechtes und nach den geltenden Abkommen besteht, in keiner Weise durch das Abkommen berührt wird.» Für Spanien: «Die spanische Delegation erklärt, dass ihre Regierung sich das Recht vorbehält, eine Propaganda, die der inneren Ordnung in Spanien schaden könnte und eine Verletzung des Abkommens darstellt, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln abzustellen, sofern das durch das Abkommen vorgesehene Verfahren es nicht ermöglichen sollte, der Verletzung sofort ein Ende zu setzen.» Für die U. S. S. R.: «Die Delegation der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken erklärt, dass bis zum Abschluss des in Art. 7 des Abkommens vorgesehenen Verfahrens die Regierung der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken der Auffassung ist, dass das Recht, Heziprozitätsmassnahmen zu treffen gegenüber Ländern, die ihr gegenüber zu missbräuchlichen Sendungen greifen, soweit ein solches Recht nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts und nach den geltenden Abkommen besteht, in keiner Weise durch das Abkommen berührt wird.

Die Delegation der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken erklärt, dass ihre Regierung, obwohl sie bereit ist, die Grundsätze des Abkommens auf der Grundlage der Gegenseitigkeit allen vertragschliessenden Teilen gegenüber anzuwenden, indessen der Meinung ist, dass gewisse Bestimmungen des Abkommens, insbesondere diejenigen betreffend die Überprüfung der Nachrichten und diejenigen
betreffend die Beilegung der Streitigkeiten, das Bestehen diplomatischer Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Teilen voraussetzt. Infolgedessen ist die Regierung der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken der Ansicht, dass zur Vermeidung eventueller Streitigkeiten und Missverständnisse unter den Vertragsstaaten, die keine diplomatischen Beziehungen haben, davon auszugehen ist, dass das Abkommen unter diesen Staaten keine formellen Verpflichtungen erzeugt.»

53» Übersetzung.

Schlussakte.

Die Begierungen von Albanien, der Eepublik Argentinien, von Österreich, Belgien, der Vereinigten Staaten von Brasilien, des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland, von Bulgarien, Chile. Columbien, Cuba, Dänemark, Ägypten, Spanien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Indien, des Freistaates Irland, von Italien, Litauen, Luxemburg, der Vereinigten Staaten von Mexiko, von Nicaragua, Norwegen, Neuseeland, der Niederlande, von Polen, Portugal, Bumanien, Schweden, der Schweiz, der Tschechoslowakei, der Türkei, der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, von Uruguay und Jugoslawien, haben, nach Annahme der geniäss der Eesolution des Volkerbundsrates vom 20. Januar 1936 an sie gerichteten Einladung zum Abschluss eines internationalen Abkommens betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens die nachfolgenden Delegierten ernannt: (Es folgen die Namen der Delegierten.)

die sich in Genf versammelt haben.

Der Völkerbundsrat hat zum Präsidenten der Konferenz berufen: Herrn Arnold Baestad, früheren norwegischen Aussenminister.

Die Konferenz hat als Vizepräsidenten bezeichnet: Den belgischen Delegierten Herrn Maurice Bourquin, Professor an der Universität in Genf, und S.E. Herrn Victor Benavides, Ingenieur, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Uruguay bei der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Als Generalsekretär der Konferenz amtete: Herr Jean-Daniel de Montenach, Sektionsmitglied im Völkerbundssekretariat, Vertreter des Generalsekretars des Volkerbundes.

Als juristische Berater der Konferenz amteten: Herr MaxH a bi c ht, Mitglied der Bechtssektion des Völkerbundssekretariats, Herr Baymond Weiss, juristischer Berater des Internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit.

Am 22. September 1936 gab die italienische Delegation dem Präsidenten der Konferenz nachfolgendes bekannt: «Die italienische Delegation befindet sich heute nicht mehr in der Lage, an der Konferenz, deren Vorsitz Sie führen und die sich in Genf unter den Auspizien des Völkerbundes versammelt hat, teilzunehmen.

540 Nachdem sie die Arbeiten der Konferenz ständig deren Zielen entsprechend .gefördert hat, verlässt die Delegation die Versammlung in dem Augenblick, wo die Arbeiten, an denen sie teilnahm, sich einem günstigen Ergebnis nähern.

Mit Ihnen, Herr Präsident, und mit den verehrten Delegierten freut sie «ich, wenn dieses Ergebnis erreicht wird, und wünscht, dass die endgültige [Redaktion aller aus den Arbeiten der Konferenz hervorgegangenen Dokumente es zu seiner Zeit ermöglichen werde, dem Abkommen die grösstmögliche Zahl von Beitritten zu sichern; das Abkommen ist die erste Etappe einer Eeglementierung, die das gute internationale Einvernehmen durch den Kundspruch . .zu. fördern sich bemüht.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung sowie meiner freundschaftlichen Ergebenheit.

(gez.) G. De Michelis.» Im Laufe der vom 17. bis 23. September 1936 abgehaltenen Verhandlungen 'wurde eine Internationale Konvention betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens .angenommen.

Die Konferenz hat ebenfalls folgendes beschlossen: Empfehlungen.

I. Um die Anwendung der Vorschriften der Artikel l, 2 und 3 des Abkommens zu erleichtern, empfiehlt die Konferenz den vertragschliessenden Teilen, dem Einfluss Eechnung zu tragen, den Sendungen, die geeignet sind, -die Interessen anderer Völker zu verletzen und deren nationale, politische und religiöse Gefühle zu beleidigen, auf das gute internationale Einvernehmen ausüben können.

II. Die Konferenz, in Erwägung, dass dieses Abkommen nur Verpflichtungen enthält be· züglich Handlungen offensichtlich schwerwiegenden Charakters; in Erwägung, dass es sich nicht auf alle Sendungen bezieht, die geeignet .sind, dem guten internationalen Einvernehmen Abbruch zu tun; empfiehlt den vertragschliessenden Teilen, die Möglichkeit einer spätem Ausdehnung des Abkommens auf die Fragen zu prüfen, die Gegenstand der vorhergehenden Empfehlung sind.

III. Die Konferenz empfiehlt den vertragschliessenden Teilen bei der Kontrolle darüber, ob eine Sendung den Vorschriften des Abkommens nicht zuwiderlaufe, eine ganz besondere Wachsamkeit zu bezeigen für Sendungen, die in einer andern Sprache erfolgen als den gewöhnlich für die Hörer des .Sendelandes gebrauchten.

541 IV. Die Konferenz empfiehlt den vertragschliessenden Teilen, in den Pro,'grammen, die auf ihren Gebieten verbreitet werden, einen Platz freizuhalten für Sendungen, die geeignet sind, eine bessere Kenntnis der Kultur und der besondern Existenzbedingungen der andern Völker zu vermitteln, sowie der wesentlichen Züge der Entwicklung ihrer gegenseitigen Beziehungen und der ïriedensorganisation.

V. Die Konferenz empfiehlt den vertragschliessenden Teilen, im Falle einer internationalen Spannung sich zu verständigen, um durch zweckentsprechende Sendungen eine gemeinsame Aktion zu unternehmen zwecks Herbeiführung «iner Entspannung und Beruhigung.

VI. Die Konferenz empfiehlt den vertragschliessenden Teilen, sich nötigenfalls gegenseitig zu unterstützen, um geheime Sender aufzudecken und zu .unterdrücken.

VII. Um die Anwendung der Vorschrift des Art. 7 betreffend die Befugnisse 'der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit zu erleichtern, empfiehlt die Konferenz dieser Kommission, für die Beilegung der Streitsache, mit der sie befasst sein wird, einen engeren Ausschuss zu bilden.

Wenn nötig und um Zeit zu gewinnen, kann dieser besondere Ausschuss vom Bureau der Kommission bezeichnet werden.

Die Konferenz ist der Auffassung, dass unter den von der Kommission bezeichneten Personen eine auf Vorschlag des Internationalen Bundfunkvereins und eine andere auf Vorschlag des Verwaltungsrates des Internationalen Lehrfilminstituts gewählt werden sollte. Die Kommission könnte dem Aus·schuss -- ausser den Vertretern der beiden Parteien -- Personen beiordnen, die vom Bureau des Internationalen Weltnachrichtenvereins sowie dem internationalen Verband der Journalisten vorgeschlagen werden.

Der Ausschuss sollte seine Schlussfolgerungen sobald als möglich vorlegen und jedenfalls innerhalb sechs Wochen vom Tage an, wo die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit mit der Streitsache befasst wurde.

Zu Urkund dessen haben die Delegierten diese Akte unterzeichnet.

Geschehen zu Genf am 23. September 1936 in einfacher Ausfertigung, die im Archiv des Sekretariats des Völkerbundes zu hinterlegen ist. Eine beglaubigte Abschrift wird allen Staaten, die zur Konferenz eingeladen wurden, überreicht -werden.

(Es folgen die Unterschriften.)

Bundesblatt. 90. Jahrg. Bd. II.

43

542 Übersetzung.

Ausführungsverordnung des internationalen Abkommens betreffend Verwendung des Rundspruchs im Interesse des Friedens.

(Durch die Kommip^'on genehmigt und dem Völkerbund übermittelt.)

(Präambel.)

Die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit, in Erwägung, dass Artikel 7 des am 23. September 1936 in Genf abgeschlossenen internationalen Abkommens betreffend die Verwendung des BundSpruchs im Interesse des Friedens der Kommission Befugnisse verleiht bezüglich der gütlichen Erledigung von Streitfällen über die Auslegung oder die Anwendung des genannten Abkommens; in Erwägung, dass der Völkerbundsrat durch seinen Beschluss vom 10. Oktober 1936 die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit ermächtigt hat, die Aufgabe zu übernehmen, die ihr der vorher genannte Artikel 7 zuweist; in Anbetracht der im Schlussprotokoll zum Abkommen enthaltenen Empfehlungen, die die Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgabe leiten sollen; in Erwägung, dass es für die am Abkommen beteiligten vertragschliessenden Teile von Wichtigkeit ist, darüber unterrichtet zu sein, unter welchen Bedingungen die Liternationale Kommission für geistige Zusammenarbeit ihre Aufgabe nötigenfalls zu erfüllen gedenkt und welches Verfahren sie zu befolgen beabsichtigt, uni, soweit es sie betrifft, die Anwendung des Abkommens zusichern, beschliesst als Ausführungsverordnung die nachfolgenden Vorschriften, wobei sie sich das Eecht vorbehält, in ausserordentlichen Fällen Abweichungen, die mit dem Geist der Verordnung vereinbar sind, an ihnen vorzunehmen: Artikel 1.

(Anrufung der Kommission.)

1. Die Anrufung der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit erfolgt rechtsgültig im Sinne von Artikel 7 des internationalen Abkommens betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens, durch ein schriftliches Begehren, das von den Parteien, zusammen oder getrennt, jedoch in gemeinsamem Einverständnis, an den Präsidenten der Kommission zuhanden des Generalsekretärs des Völkerbundes zu richten ist.

543 2. Das Begehren enthält, nach einer kurzen Darstellung des Streitgegenstandes, die Einladung an die Kommission, alle Massnahmen zu ergreifen, die zu einem Vergleich führen könnten.

8. Sollten zwischen den Parteien mehrere, voneinander verschiedene Streitigkeiten entstanden sein, und haben die Parteien beschlossen, diese der Kommission zwecks einer gemeinsamen Losung zu unterbreiten, so mtiss jede Streitigkeit Gegenstand eines gesonderten Begehrens sein.

Artikel 2.

(Prüfung der Anrufung.)

1. Der Präsident hat das Begehren nach dessen Eingang der Kommission zu unterbreiten, sofern diese zu einer Session versammelt ist oder sofern ihre Session allernächstens beginnt.

2. In allen andern Fällen hat er das Begehren dem Vollzugsausschuss, der nötigenfalls zu einer ausserordentlichen Tagung einberufen wird, zu unterbreiten oder selbst zu entscheiden; dabei kann er, falls er es für angezeigt hält, zwei Mitglieder des Vollzugsausschusses beiziehen, die vom Ausschuss Speziell zu diesem Zweck für das laufende Jahr bezeichnet wurden.

3. Die Kommission oder die an ihrer Stelle beschliessende Behörde hat innerhalb einer Woche vom Tage an, wo das Begehren dem Präsidenten zuging, zu prüfen, ob das Begehren formgerecht und zulässig im Sinne des Abkommens sei und ob das anbegehrte Einschreiten der Kommission der Aufgabe entspreche, die ihr auf Grund des Abkommens zukommt.

4. Der Präsident hat zu diesem Zweck geeignete juristische Eatschläge einzuholen, wie z. B. von den zuständigen technischen Diensten des Völkerbundessekretariates und des Internationalen Instistuts für geistige Zusammenarbeit.

Artikel 3.

(Bildung des besondern Ausschusses.)

1. Innerhalb der in Artikel 2 vorgesehenen Frist hat die Behörde, die das Begehren für zulässig erklärt hat, einen besondern Ausschuss für die Unter* suchung des Streitfalles zu bilden.

2. Dieser Ausschuss besteht aus fünf ordentlichen Mitgliedern und fünf Ersatzmitgliedern. Dem Ausschuss können nicht angehören Staatsangehörige der am Streit beteiligten Staaten, solche, die ihr Domizil auf dem Gebiete dieser Staaten haben, und solche, die irgendwie in ihrem Dienst stehen oder stehen werden. Der Präsident der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit gehört dem Ausschuss an und besorgt dessen Vorsitz. Er kann dieses Amt einem andern Mitglied des Vollzugsausschusses übertragen. Diese Übertragung erfolgt von Hechts wegen, falls der Präsident Staatsangehöriger einer der Streitparteien ist.

544

3. Zwei ordentliche Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder sind auf Grund von Listen zu wählen, die von dem Internationalen Bundspruchverein und vom Verwaltungsrat des Internationalen Lehrfilminstituts aufgestellt wurden.

Die Wahl der andern ordentlichen Mitglieder und Ersatzmitglieder erfolgt, sei es aus der Mitte der Mitglieder der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit oder der Ausschüsse, die von der Organisation für internationale geistige Zusammenarbeit abhängen, sei es auf Grund von Listen, die vom Bureau des Internationalen Weltnachrichtenvereins bzw. des Internationalen Journalistenverbandes aufgestellt wurden, sei es aus der Mitte anderer, besonders sachkundiger Persönlichkeiten.

4. Der Internationale Eundspruchverein, der Verwaltungsrat des Internationalen Lehrfilminstituts, das Bureau des Internationalen Weltnachrichtenr Vereins und der Internationale Journalistenverband sind einzuladen, dem Präsidenten der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung dieser Verordnung und nachher jeweilen in der ersten Januarhälfte eines jeden Jahres eine Kandidatenliste der Mitglieder und Ersatzmitglieder der eventuell zu bestellenden besondern Ausschüsse zukommen zu lassen. Diese Listen werden als Beilagen dem Jahresbericht der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit angegliedert.

5. Im Falle der Verhinderung eines Mitgliedes des Ausschusses hat der Präsident an seiner Stelle eines der Ersatzmitglieder zu bezeichnen.

Artikel 4.

(Sitz des besondern Ausschusses.)

Der Ausschuss hat seine ersten Sitzungen an dem vom Präsidenten bezeichneten Ort abzuhalten, wobei allfällige Anregungen der Parteien soweit als möglich zu berücksichtigen sind.

Artikel 5.

(Allfàllige Öffentlichkeit der Verhandlungen.)

Die Verhandlungen des Ausschusses sind nur öffentlich, insofern ein Beschluss des Ausschusses mit Zustimmung der Parteien dahin ergeht.

Artikel 6.

(Verfahren.)

1. Unter Vorbehalt der von den Parteien allfällig getroffenen Vereinbarungen setzt der Ausschuss selbst sein Verfahren fest, das in allen Fällen kontradiktorisch sein muss.

2. Die Vertreter der Parteien können sich der Mitarbeit von Beiräten und Sachverständigen bedienen, die sie zu diesem Zwecke ernennen, und die Vernehmung aller Personen verlangen, deren Zeugnis ihnen nützlich erscheint.

545

3. Der Aussohuss ist befugt, von den Vertretern, Beiräten und Sach-1 verständigen der Parteien sowie von allen Personen, die er, unter Vorbehalt der Zustimmung ihrer Eegierungen, vorzuladen für zweckmassig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 7.

(Mitwirkung der Parteien.)

Die Parteien sind eingeladen, die Arbeiten des Ausschusses zu fördern und ihm insbesondere, soweit immer möglich, alle zweckdienlichen Urkunden und Auskünfte zukommen zu lassen sowie die ihnen zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden, um es ihm zu ermöglichen, auf dem Gebiete der Parteien und gemäss deren Gesetzgebung Zeugen oder Sachverständige vorzuladen und zu vernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 8.

(Abstimmung.)

Die Beschlüsse des Ausschusses werden mit Stimmenmehrheit gefasst; eine Entscheidung über die materielle Streitfrage kann der Ausschuss nur fassen, wenn alle seine Mitglieder anwesend sind.

Artikel 9.

(Aufgabe und Zuständigkeit des Ausschusses.)

1. Dem Ausschuss liegt ob, die streitigen Prägen aufzuhellen, zu diesem Zwecke durch eine Untersuchung oder auf andere Weise alle nützlichen Auskünfte zu sammeln und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Parteien herbeizuführen. Er kann nach Prüfung des Falles den Parteien die Bedingungen der ihm angemessen erscheinenden Regelung bekanntgeben und ihnen eine Frist setzen, um sich darüber zu erklaren.

2. Beim Abschluss seiner Tätigkeit errichtet der Ausschuss ein Protokoll, das je nach den Umständen feststellt, dass sich die Parteien verständigt haben und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die Verständigung erfolgt ist, oder aber, dass die Parteien zur Annahme eines Vergleichs nicht bewogen werden konnten. Dieses Protokoll ist mit einem Bericht an die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit zu senden. Desgleichen ist es den Parteien mitzuteilen. Nur diese können die Veröffentlichung des Protokolls beschliessen.

3. Die Verhandlungen des Ausschusses müssen, es sei denn, dass die Parteien darüber eine anderweitige Vereinbarung träfen, innerhalb eines Zeitraumes von sechs Wochen, nachdem das Begehren für zulässig erklärt worden ist, abgeschlossen sein.

Artikel 10.

(Verwaltungsvorschriften.)

1. Das Sekretariat des Ausschusses wird, im gemeinsamen Einverständnis, durch das Sekretariat der Internationalen Organisation für geistige

546

Zusammenarbeit und das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit besorgt.

2. Der Ausschuss beschliesst, mit Zustimmung der Parteien, welcher Sprache oder welcher Sprachen man sich bei seinen Arbeiten bedienen kann.

Der Originaltext des in Artikel 9, Alinea 2, dieser Verordnung erwähnten Protokolls wird in französischer und englischer Sprache abgefasst oder wenigstens in einer dieser zwei Sprachen.

3. Während der Dauer der Arbeiten erhält jedes Mitglied des Ausschusses eine Entschädigung, die nach den Sätzen des Völkerbundes berechnet wird.

Diese Ausgaben sowie alle andern durch die Tätigkeit des Ausschusses verursachten Kosten sind von den Parteien zu gleichen Teilen zu tragen.

4. Vor der ersten Sitzung des Ausschusses hat der Präsident die Summe zu bestimmen, die jede der Parteien als Vorschuss auf den auf sie entfallenden Kostenanteil zu leisten hat. Diese Zahlungen sind an das Sekretariat der Internationalen Organisation für geistige Zusammenarbeit zu leisten.

5. Die Organisation für geistige Zusammenarbeit hat in ihrem Archiv die verschiedenen Urkunden aufzubewahren, die sich auf die Verhandlungen der besondern Ausschüsse, welche unter den in Artikel 7, Alinea 3, des Abkommens vorgesehenen Bedingungen getagt haben, beziehen.

Artikel 11.

(Jahresbericht der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit.)

Jedes Jahr nach Ende ihrer ordentlichen Session hat die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit einen Bericht zu erstatten über die Ausführung der ihr auf Grund des Abkommens betreffend Verwendung des Eundspruchs im Interesse des Friedens zufallenden Aufgabe. Dieser Bericht ist dem Völkerbundsrat und der Völkerbundsversammlung, sowie den am Abkommen beteiligten Staaten, die nicht Mitglieder des Völkerbundes sind, zu übermitteln.

Artikel 12.

(Veröffentlichung dieser Verordnung.)

Diese Verordnung wird durch den Generalsekretär des Völkerbundes den Eegierungen der am Abkommen beteiligten Staaten mitgeteilt und im Bulletin des Internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit veröffentlicht.

993

--<5S«

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über das am 23. September 1936 in Genf abgeschlossene internationale Abkommen betreffend die Verwendung des Bundspruchs im Interesse des Friedens. (Vom 11. Oktober 1938.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1938

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

41

Cahier Numero Geschäftsnummer

3780

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.10.1938

Date Data Seite

524-546

Page Pagina Ref. No

10 033 748

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.