1 3 8

N o

3

#ST#

1

Bundesblatt

90. Jahrgang.

Bern, den 80. März 1988.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 2l) Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

# S T #

3671

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes.

(Vom 18. März 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes zu unterbreiten.

i

Notwendigkeit der Neuordnung des Finanzhaushaltes.

Die Notwendigkeit einer Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes ergibt sich aus Staats- und finanzpolitischen Gründen.

In der Botschaft über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 führte der Bundesrat aus: «Das Vertrauen des Volkes in seine Regierung und die gesetzgebenden Körperschaften verlangt, dass der ausserordentliche Zustand des Notrechts, zu dem im Gesamtinteresse des Landes Zuflucht genommen werden musste um grösseres Unheil abzuwenden, nicht länger als absolut unerlässlich bestehen bleibe.» Diese Erwägung war für den Bundesrat wegleitend, als er den Bäten beantragte, das Fiskalnotrecht nur für ein Jahr zu verlängern, obwohl er sich bewusst war, dass ihm dadurch eine sehr knapp bemessene Frist für die Vorbereitung einer verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes zur Verfügung stehen werde.

In der Herbstsession 1937 hat sodann die Kommission des Nationalrates für die Verlängerung des Fiskalnotrechts ein Postulat gestellt, wodurch der Bundesrat eingeladen wird, Bericht und Antrag über die auf dem ordentlichen verfassungsmässigen Wege durchzuführende endgültige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes den eidgenössischen Bäten so rechtzeitig vorzulegen, dass ihre Behandlung in der Frühjahrssession 1938 möglich werde.

Der Bundesrat hat dieses Postulat entgegengenommen und damit erneut Bundesblatt. 90. Jahrg. Bd. I.

28

382

den festen Willen bekundet, eine Neuordnung des Bundeshaushaltes auf dem ordentlichen Wege der Verfassung und Gesetzgebung vor dem Ablaufe der Gültigkeitsdauer des verlängerten Notrechts vorzubereiten.

Das starke Interesse, das in weiten Kreisen der Bevölkerung an der Neuordnung der Bundesfinanzen besteht, kommt deutlich in den zahlreichen Volksbegehren, Motionen und Postulaten zum Ausdruck, die in den letzten Jahren eingereicht wurden. An dieser Stelle sei erinnert an: 1. das Volksbegehren für die Erhebung einer ausserordentlichen eidgenössischen Krisensteuer (1938); 2. das Volksbegehren zur Wahrung der Volksrechte in Steuerfragen (1984) ; 8. die Motion Nationalrat Walter-Olten betreffend Ausgabenkompetenzen der Bundesversammlung (vom 7. Oktober 1936) ; 4. die Motion Nationalrat Jäggi betreffend obligatorisches Eeferendum für Ausgabenbeschlüsse der eidgenössischen Eäte, die über die Anträge des Bundesrates hinausgehen (vom 18. März 1987) ; 5. das Postulat Nationalrat Keller-Beute betreffend die einheitliche Besteuerung des Vermögensertrages (vom 27. Oktober 1937); 6. die Motion Nationalrat Bittmeyer betreffend Änderung des Militärpflichtersatzsteuersystems (vom 6. Oktober 1936); 7. die Postulate der nationalrätlichen Kommission für das Finanzprogramm 1936 (vom 9. Januar 1936) und das Postulat Ständerat Malche über die Neuordnung des Subventionswesens (vom 30. Januar 1936).

In diesem Zusammenhang ist auch das Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34iuater der Bundesverfassung betreffend die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (von 1981) zu nennen.

Gelegentlich wird gegen die beschleunigte Durchführung einer verfassungsmässigen Neuordnung geltend gemacht, dass in den gegenwärtigen ausserordentlichen Zeiten ein solches Werk nicht in Angriff genommen werden sollte.

Dieser Einwand ist kaum stichhaltig. Wir wissen nicht, wie sich in absehbarer Zukunft die Verhältnisse gestalten werden. Wenn der Gesamthaushalt des Bundes für das Jahr 1937 und der Voranschlag für das Jahr 1938 praktisch ausgeglichen sind, darf nicht übersehen werden, dass dieses günstige Ergebnis auf die Massnahmen des Fiskalnotrechtes zurückzuführen ist. Die finanzpolitische Tragweite · des Fiskalnotrechtes wird genügend durch die Tatsache gekennzeichnet, dass durch den Wegfall der ausserordentlichen Massnahmen
ein Fehlbetrag in der Staatsrechnung des Bundes für 1987 von ungefähr 230 Millionen Franken entstehen würde bei einer Ausgabensumme von rund 587 Millionen Franken. Eine solche Erschütterung der Bundesfinanzen wäre von weittragenden wirtschaftlichen und politischen Folgen. Dass sie vermieden werden muss, steht ausser Frage. Die Neuordnung der Bundesfinanzen ist deshalb eine unbedingte Notwendigkeit. Der Zeitpunkt ihrer Durchführung lässt sich nicht beliebig hinausschieben.

383 Die seit 1874 durchgeführten Finanzreformen des Bundes haben in der Bundesverfassung keine sehr tiefen Spuren hinterlassen. Im Jahre 1917 wurde Art. 41bls, der sogenannte Stempelartikel, eingeführt, 1925 folgte Art. 41ter, der dem Bund das Eecht erteilt, den Tabak zu besteuern, 1930 wurde die verfassungsmässige Grundlage für die Neuordnung des Alkoholmonopols geschaffen. Daneben sind noch die vorübergehenden Massnahmen zu nennen, auf denen die erste und die neue ausserordentliche Kriegssteuer beruhten. Deutlich ist ein schrittweises Vorgehen zu erkennen. Die gegenwärtige Vorlage weicht wesentlich vom bisherigen Weg ab. Das Problem der Neuordnung des Bundeshaushaltes ist heute derart vielgestaltig, dass es nicht durch einen oder zwei Verfassungsartikel gelöst werden kann. Nicht nur sind durch das Fiskalnotrecht Verfassungsbestimmungen ausser Kraft gesetzt worden, es wurden auch Massnahmen ergriffen, für die es an der verfassungsmässigen Grundlage gebricht. Soll das Fiskalnotrecht in einen ordentlichen Zustand übergeführt werden, so sind Änderungen und Ergänzungen der Verfassung nicht zu vermeiden. Hierzu kommt, dass das von verschiedenen Seiten geltend gemachte Begehren nach einer umfassenden Neuordnung, d. h. nach einer Eeform, die sich nicht nur auf die Einnahmenbefugnisse des Bundes beschränkt, sondern auch die Grundsätze der Finanzgebarung festlegt, eine Ergänzung der Verfassung erfordert. Von der Erwägung ausgehend, dass wir heute vor der Notwendigkeit einer für einen längeren Zeitraum bestimmten Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes stehen, haben wir eine Vorlage ausgearbeitet, die das Problem möglichst umfassend zu lösen versucht.

Als Hauptziele der Neuordnung möchten wir bezeichnen: 1. Ablösung des Fiskalnotrechtes durch den verfassungsmässigen Zustand.

2. Sicherung des Eechnungsgleichgewichtes des Bundes einschliesslich der Bundesbahnen und planmässige Schuldentilgung.

8. Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen durch Abgrenzung der Steuerhoheit möglichst nach dem Grundsatze, dass der Bund für seinen ordentlichen Haushalt auf indirekte Steuern beschränkt bleibt.

Die Vorlage, die wir die Ehre haben, Ihnen zu unterbreiten, stellt den ersten und wesentlichsten Schritt zur Erreichung dieser Ziele dar. Sie sieht folgende Änderungen und Ergänzungen der Bundesverfassung vor:
1. Aufstellung von Grundsätzen für die Führung des Finanzhaushaltes des Bundes zwecks Einschränkung der Ausgaben (Art. 42) ; 2. Schaffung einer verfassungsmässigen Grundlage für a. die durch das Fiskalnotrecht eingeführte Biersteuer (Art. 41ter) ; b. die Erhebung einer Kriegsgewinnsteuer und einer Steuer vom Ein» kommen und Vermögen (Wehrsteuer) zur Deckung ausserordentlicher militärischer Ausgaben (Art. 42ter). Bis zum Inkrafttreten der Wehrsteuer wird zur Tilgung und Verzinsung der ausserordent-

384

liehen Wehrkredite 1933, 1936 und 1937 eine Steuer vom Einkommen und Vermögen nach den für die Krisenabgahe geltenden Grundsätzen erhoben (Übergangsbestimmung zu Art. 42ter) ; c. die Aufhebung des Anteilsrechtes der Kantone am Ertrag der eidgenössischen Stempelabgaben (Art. 41Ms, Abs. 2) ; 3. Aufstellung von Übergangsbestimmungen zu Art. 34iuater betreffend die Alters- und Hinterlassenenversicherung für die Zeit von 1939 bis zum Inkrafttreten der Versicherung (Beiträge für Greise, Witwen und Waisen, Äufnung und Verzinsung des Versicherungsfonds); 4. Schaffung einer verfassungsmässigen Grundlage für die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechts bis spätestens Ende 1942.

A. Aufgabeukreis des Bundes imd der Kantone und sein Einfluss auf den Finanzhaushalt.

I. Teilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen.

Im Zusammenhange mit der Frage der Neuordnung der Bundesfinanzen wird häufig die Meinung vertreten, dass in erster Linie eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen vorgenommen werden sollte, und zwar im Sinne einer Entlastung der Zenträlgewalt.

Die Bundesverfassung nimmt eine Ausscheidung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen in der Weise vor, dass sie die dem Bund zugewiesenen Aufgaben positiv aufzählt. Der Aufgabenkreis der Kantone wird nicht umschrieben. Da die Kantone souverän sind, soweit die Bundesverfassung ihre Souveränität nicht einschränkt, sind die Kantone für alle Aufgaben zuständig, die nicht ausdrücklich dem Bunde übertragen wurden.

Bekanntlich hat sich der Aufgabenkreis des Bundes, der anfänglich eng begrenzt, war, in raschem Tempo ausgedehnt. Einesteils weil dem Bund Aufgaben übertragen wurden, die bisher von den Kantonen erfüllt wurden (z. B. auf dem Gebiete des Militärwesens), anderseits weil die politische und wirtschaftliche Entwicklung den Bund vor neue Aufgaben stellte, die entweder die Kräfte einzelner Kantone überstiegen oder die ihrer Natur nach eine einheitliche und zentrale Eegelung erforderten (z. B. Wasser- und Forstpolizei, Bekämpfung der Krankheiten, Alkoholmonopol, Unfall- und Krankenversicherung u. a.).

Besonders seit der Verfassungsrevision von 1874 wurde der Kompetenzbereich des Bundes schrittweise erweitert. Diese Erweiterung erfolgte in der Mehrzahl der Fälle in der Weise, dass dem Bunde die Gesetzgebungskorapetenz für einzelne Materien übertragen wurde, während die Durchführung der erlassenen Bechtsvorschriften den kantonalen Behörden überlassen blieb. Der Bund beschränkte sich auf die Kontrolle. Aus staatspolitischen Gründen wurde die direkte Übertragung bestimmter Aufgaben an den Bund möglichst

385 vermieden, dagegen bestanden geringere Bedenken gegenüber einer finanziellen Förderung kantonaler Aufgaben durch den Bund. So wurden bereits gegen Ende des letzten Jahrhunderts die Grundlagen für ein weitverzweigtes System der Bundesbeiträge gelegt.

Ein geradliniger Trennungsstrich zwischen dem Aufgabengebiet des Bundes und der Kantone bestand nie. Die Ausdehnung der Bundesbeiträge hat sodann die Grenzlinie überhaupt an verschiedenen Stellen verwischt.

Wenn verlangt wird, dass eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen vorgenommen werden sollte, so darf nicht übersehen werden, dass die bestehende Kompetenzausscheidung das Ergebnis einer langen Entwicklung ist. Die Ausscheidung der staatlichen Aufgaben zwischen Bund und Kantonen beruht auf der Bundesverfassung. Jede Änderung der Bundesverfassung wurde reiflich erwogen und dem Volk zur Genehmigung unterbreitet. Eine Änderung des historisch Gewordenen, also eine grundlegende Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen, könnte wohl nur im Bahmen einer Totalrevision der Bundesverfassung erfolgen.

Auch wenn eine befriedigende Neuverteilung der Aufgaben sachlich möglieh wäre, dürfte daraus noch keine zu grosse Bückwirkung auf die Bundesausgaben erwartet werden, wenn nicht gleichzeitig eindeutig festgelegt wird, welche Aufgaben, die ausserhalb der Bundesverwaltung erfüllt werden, sei es durch Kantone oder Private, vom Bund durch Geldleistungen unterstützt werden dürfen. Gerade das Bestreben, den Aufgabenkreis des Bundes möglichst zu beschränken, hat neben guten Folgen auch den Zustand gezeitigt, dass es heute fast kein wichtiges Gebiet kantonaler Tätigkeit gibt, das der Bund nicht durch Beiträge mehr oder weniger fördert.

II. Der Finanzbedarf des Bundes, der Kantone und der Gemeinden.

Es ist eine bekannte Tatsache, dass die öffentlichen Ausgaben seit der Mitte des letzten Jahrhunderts stetig gestiegen sind. Bei Beurteilung der Ausgabenentwicklung darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Bevölkerung der Schweiz von 1850--1910 um 1,3 Millionen zugenommen hat und dass das Preisniveau gestiegen ist. Auch vollzog sich die Ausweitung des staatswirtschaftlichen Sektors bei steigendem Volkswohlstand. Die staatliche Tätigkeit war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch ausserordentlich schwach entwickelt. Als unter dem
Drucke der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Wandlung vom Sicherheitsstaat zum modernen Kultur- und Wohlfahrtsstaat einsetzte, war ein rasches Ansteigen der öffentlichen Ausgaben die Folge. Eine weitere Verschärfung erfuhr die Ausgabenentwicklung durch den staatlichen Interventionismus, dessen Bückwirkungen besonders seit dem Weltkriege im öffentlichen Haushalt in vermehrtem Masse zum Ausdruck kamen.

Wir besitzen keine schweizerische Finanzstatistik, die uns ermöglicht, die Entwicklung der öffentlichen Ausgaben für einige Jahrzehnte zurück-

386

zuverfolgen. Selbst heute noch gebricht es an einer vollständigen Gemeindefinanzstatistik. Auf Grund der vorliegenden Teilstatistiken und ergänzender Schätzungen kommen wir zum Ergebnis, dass die öffentlichen Ausgaben des Bundes, der Kantone und der Gemeinden um die Jahrhundertwende ungefähr 800 Millionen Franken betragen haben. Für die unmittelbare Vorkriegszeit veranschlagen wir sie auf ungefähr 500--550 Millionen Franken. Für die letzten Jahre muss mit einem Gesamtbedarf der öffentlichen Hand von rund 1,7 bis 1,8 Milliarden Franken gerechnet werden. Der Hauptbetrag, ungefähr 1,2 Milliarden, entfällt auf die Kantone und Gemeinden. In runden Zahlen betrug das Verhältnis der Bundesausgaben zu den Kantons- und Gemeindeausgaben in den letzten Vorkriegsjahren l : 4, zurzeit jedoch l : 2. Das Schwergewicht des öffentlichen Bedarfes hat sich somit merklich in der Eichtung des Zentralstaates verschoben.

Während sich die öffentlichen Ausgaben seit 1913 mehr als verdreifachten, darf das Volkseinkommen heute, verglichen mit der unmittelbaren Vorkriegszeit, nur doppelt so hoch veranschlagt werden.

III. Die Gliederung des Finanzbedarfes des Bundes.

Die strukturellen Wandlungen im Aufgabenkreis des Bundes finden einen zahlenmässigen Ausdruck im Verhältnis der Militärausgaben zu den Gesamtausgaben der Verwaltungsrechnung. Die Militärausgaben betrugen schätzungsweise 1875 57%, 1913 43%, 1936 18% der Gesamtausgaben der Verwaltungsrechnung .

Die Verfassungsrevision von 1874 erstrebte vor allem eine stärkere Zentralisation des Wehrwesens und des Eechtswesens. Sehr bald setzte jedoch eine allgemein gesteigerte Aktivität des Bundes ein, die weitgehend durch die wirtschaftliche, sozialpolitische und verkehrspolitische Entwicklung bedingt war.

Wie bereits erwähnt, beschränkte sich der Bund in vielen Fällen auf die bundesgesetzliche Eegelung bestimmter Aufgaben. Dennoch erwuchsen ihm vermehrte Ausgaben. Einesteils war die Schaffung eines Kontrollapparates notwendig (1885 Versicherungsamt, 1888 Auswanderungsamt und Amt für geistiges Eigentum, 1893 Gesundheitsamt, 1912 Bundesamt für Sozialversicherung usw.), andernteils musste der Bund die Kantone für die Mehrausgaben entschädigen, die ihnen zum Teil durch die Bundesgesetzgebung entstanden.

Mit der Zentralisierung und Verbesserung der Landesverteidigung, mit der
Ausdehnung der Bundestätigkeit auf den verschiedensten Gebieten, musste auch der Verwaltungsapparat vergrössert werden. Der Übergang vom Freihandel zum Schutzzoll machte eine bedeutende Vermehrung des Grenzzollkorps notwendig. Sach- und Personalausgaben stiegen unaufhörlich.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten die Ausgaben für die Subventionen in immer stärkere Konkurrenz zu den Militärausgaben. Im Jahre 1913 betrugen die Aufwendungen für diesen Zweck bereits beinahe die Hälfte der

387

Militärausgaben. Der Hauptbetrag entfiel auf Subventionen für Strassenbau und Gewässerkorrektionen, für Unterricht und für Landwirtschaft. Dagegen standen die Subventionen für die Sozialpolitik und die Gesundheit im Hintergrund.

Die strukturellen Wandlungen, die seit dem Kriege im Bundeshaushalt eingetreten sind, gehen deutlich aus der nachstehenden Übersicht hervor: Strukturelle Wandlungen im Bundeshaushalte.

1

Ausgabengruppen

Schuldendienst Beiträge: direkte Einlagen in Fonds . .

Wehrwesen Personalausgaben Liegenschaften Sanierung der S. B. B Übrige Zwecke Zusammen

1913

1927

1936

in ]Millionen Fran ken 112,0 124,9 62,2 203,4 23,3 3,0 62,8 73,6 54,4 65,2 8,3 11,9 43,0 11,9 9,9 15,4 105,8 832,9 540,4 9,2 21,9 1,9 36,7 19,7 4,5

In der vorstehenden Zusammenstellung sind unter den Ausgaben für die Landesverteidigung die Aufwendungen für das Personal der militärischen ^Regiebetriebe sowie die Einlage in den Fonds für Militärversicherung enthalten. Der grosse Betrag «Einlagen in Fonds» im Jahre 1927 rührt in der Hauptsache von der Einlage in den Fonds für Alters- und Hinterlassenenversicherung her.

Absolut und prozentual die stärkste Steigerung seit 1913 zeigt sich bei den Ausgaben für den Schuldendienst, was sich ohne weiteres aus der Zunahme der öffentlichen Schuld erklärt, und den Subventionen. Da an anderer Stelle dieser Botschaft näher von den Subventionen gesprochen wird, möchten wir hier nur erwähnen, dass die starke Zunahme der Ausgaben für die Subventionen in der Hauptsache auf Leistungen zurückzuführen sind, die im Jahre 1913, zum Teil sogar im Jahre 1926, im Bundeshaushalt keine Eolle gespielt haben: Benzinzollanteil, Sozialpolitik, Stützungsaktionen für die Landwirtschaft und andere Wirtschaftszweige, Getreideversorgung.

IV. Die Gliederung des Finanzbedarfes der Kautone und Gemeinden.

Der Hauptumfang öffentlicher Tätigkeit liegt bei den Kantonen und Gemeinden. Auch bei ihnen zeigt sich seit der Mitte des letzten Jahrhunderts eine sukzessive Ausdehnung des Aufgabengebietes und, im Zusammenhange damit, ein stetes Anwachsen der Ausgaben. Die Ausgaben der kantonalen Verwaltungsrechnungen sind von rund 65 Millionen Franken im Jahre 1875 auf

388

222 Millionen Franken im Jahre 1918 gestiegen. Eine rapide Steigerung machte sich hauptsächlich in den industriellen Kantonen bemerkbar.

Das Aufgabengebiet der Kantone war stets vielgestaltiger und abgerundeter als das des Bundes. Selbst das Wehrwesen ist nicht vollständig dem Bund übertragen. Die 1874 getroffene Eegelung ist ein Kompromiss. Die kulturund sozialpolitischen Forderungen, die gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts sich immer stärker geltend machten, beeinflussten in erster Linie den kantonalen Aufgabenkreis und den kantonalen Finanzhaushalt. Viele dieser Forderungen waren auf eidgenössischem Boden vorerst nicht zu verwirklichen.

Wegen der Zunahme der Bevölkerung und der Verbesserung des Schulunterrichts nahmen die Ausgaben für das Erziehungswesen in einzelnen Kantonen sprunghaft zu. Die Entwicklung des Verkehrs erforderte grössere Ausgaben für das Strassenwesen. Die rapide Zunahme der Urbanisierung, besonders um die Jahrhundertwende, zwang die Städte zu grossen Aufwendungen für Strassenanlagen, Kanalisationen, hygienische und soziale Einrichtungen.

Viele Kantone und Städte hatten Mühe, die Mittel zur Deckung der Ausgaben aufzubringen.

In den Kriegsjahren haben sich die Ausgaben der Kantone und Städte verdoppelt. Wir besitzen keine Finanzstatistik, die uns gestattet, die strukturellen Wandlungen des kantonalen und kommunalen Finanzhaushaltes seit dem Kriege zu verfolgen. Nur für die Kantone kennen wir seit 1930 die Gliederung der Ausgaben. Für die wichtigsten Ausgabenzwecke haben die Kantone die in nachstehender Übersicht aufgeführten Beträge aufgebracht: Ausgaben der Kantone.

2

Ausgabenzwecke

Schuldendienst Bauwesen Erziehungswesen Soziale Wohlfahrt davon Armenwesen davon Arbeitslosigkeit

1930

.

1936

in Millione n Franken 111,8 113,5 109,8 116,3 124,4 121,1 31,6 107,8 22,7 37,5 95,1 5,"2

Sowohl bei den Kantonen als auch bei den Gemeinden betragen die Aufwendungen für das Erziehungswesen, das Bauwesen und den Schuldendienst ungefähr 50 % der Gesamtausgaben. Als Krisenerscheinung zeigt sich seit 1930 ein sprunghaftes Ansteigen der Ausgaben für die soziale Wohlfahrt.

Ausserordentlich schwer werden einzelne Kantone und viele Gemeinden durch die Armenausgaben belastet. Diese Erscheinung hat sich bereits vor der Krise gezeigt, besonders bei den Gebirgsgemeinden. Beachtenswert ist, dass die kantonale Armengesetzgebung in den letzten Jahren stark in Fluss gekommen

389 ist. Die Entwicklung steht im Zusammenhang mit den Bestrebungen, die eine Eeform des Finanzausgleichs zwischen Kantonen und Gemeinden bezwecken. Bereits in der vergangenen guten Finanzperiode ist dieses Problem in verschiedenen Kantonen aufgerollt worden. Der Anstoss ging von den Gemeinden aus, die versuchten, einzelne bisher selber ausgeführte Aufgaben auf den Kanton zu übertragen oder den Kanton zu vermehrten Leistungen zu verpflichten. Im allgemeinen zeigt sich die Erscheinung, dass die Gemeinden, denen ein grosser Aufgabenkreis übertragen ist, mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wenn ihnen nicht ein verhältnismässig ansehnliches Steuerkapital zur Verfügung steht. Ohne kantonale Subventionen wären sie nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen.

Ein Kennzeichen der finanzpolitischen Entwicklung seit dem Kriege ist die stärkere Verbundenheit des Finanzhaushaltes des Bundes und der Kantone einerseits, der Kantone und der Gemeinden anderseits.

V. Die Bedeutung der Bundesbeiträge für den Finanzhaushalt der Kantone.

Von dem bedeutenden Betrag, der in Form von Bundesbeiträgen ausbezahlt wird, geht ein ansehnlicher Teil an die Kantone. Einzelne Subventionen leiten die Kantone an die Gemeinden oder an Einzelpersonen und Organisationen weiter, die übrigen verwenden sie für bestimmte kantonale Aufgaben. Die Subventionen erscheinen in der Eechnung des Bundes auf der Ausgabenseite, in der Eechnung der Kantone auf der Einnahmenseite.

Das Subventionssystem wird gleichsam das Bindeglied zwischen dem Finanzhaushalt des Bundes und dem Finanzhaushalt der Kantone.

Wir haben bereits auf die staatspolitischen Gründe hingewiesen, die zur Vermehrung der Bundesbeiträge an die Kantone geführt haben und damit zu dem Zustand, dass gewisse Aufgaben den Kantonen überlassen bleiben, der Bund jedoch für die Finanzierung sorgt. Die Entwicklung ist wesentlich durch die Gestaltung der Haupteinnahmequellen des Bundes und der Kantone, d. h. der Zölle und der direkten Steuern, gefördert worden.

Der Übergang vom Freihandel zum Schutzzoll, der bei der Verfassungsrevision von 1874 noch nicht vollzogen war, brachte dem Bund in den Zöllen eine reichlich fliessende Einnahmequelle. Dagegen fiel es den Kantonen schwer, ihre Haupteinnahmen, die direkten Steuern, ertragreicher zu gestalten. In einzelnen Kantonen
erstreckten sich die Bemühungen für ein neues Steuergesetz über Jahrzehnte. Erst der Krieg beschleunigte das Tempo der Eevisionsarbeiten. Dazu kam die bereits erwähnte Ausgabensteigerung auf allen kantonalen Gebieten. Die Eechnungen der meisten Kantone schlössen mit Defiziten ab, während die Bundesrechnung eher ins Gleichgewicht zu bringen war. So bildete sich die Meinung, dass die Kantone durch die Eegelung des Finanzausgleichs, wie er durch die Verfassungsrevision von 1874 getroffen worden war, benachteiligt worden seien. In der Folge nahmen die Subventionsbegehren zu, und 1894 wurde sogar versucht, den Kantonen einen Anteil an

390 den Zolleinnahmen zu sichern (Beutezuginitiative). Eine analoge Erscheinung ist sodann wiederum in den vergangenen Jahren der guten Wirtschaftskonjunktur und reichlich fliessender Zolleinnahmen festzustellen. Wir erinnern besonders an die Erhöhung der Subventionen für die Alpenstrassen, die Erhöhung der Primarschulsubvention, die Einführung der Subvention für den Unterhalt der Automobilstrassen, die Einführung der Subvention für die Tuberkulosebekämpfung. Durch das Fiskalnotrecht wurden auch die den Kantonen zufliessenden Subventionen gekürzt. Dagegen wurde ihnen zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen ein Beitrag gewährt.

Die heutige Bedeutung der Bundessubventionen für den kantonalen Finanzhaushalt lässt sich durch einige Zahlen veranschaulichen.

Im Jahre 1936 betrugen die von den Kantonen verbuchten oder vereinnahmten Bundesbeiträge 75,7 Millionen Franken oder 11,3 % der effektiven Einnahmen der Kantone. Von den kantonalen Ausgaben wurden 10,4% durch Bundesbeiträge gedeckt. Wenn wir die Bundesbeiträge in ihrer Bedeutung für den Finanzhaushalt der Kantone richtig beurteilen wollen, so müssen wir sie mit den übrigen Einnahmen in Beziehung setzen. Ein sehr instruktives Bild erhalten wir, wenn wir die den einzelnen Kantonen zufhessenden Bundesbeiträge mit den Einnahmen aus kantonal erhobenen Steuern in Beziehung setzen. In einer Eeihe von Kantonen sind die Bundesbeiträge höher als die Einnahmen aus kantonalen Steuern oder betragen, an diesen gemessen, einen sehr hohen Prozentsatz. Dringt man tiefer in die Verhältnisse ein, so zeigt sich, dass es sich um verhältnismässig steuerschwache Kantone handelt, die mit grossen Ausgaben, vor allem für das Strassenwesen, belastet sind. So haben beispielsweise die vier Urkantone 1936 zusammen aus ihren kantonalen Steuern 1,6 Millionen Franken eingenommen, während sie für Strassenbau und -unterhalt 1,7 Millionen Franken aufwenden mussten. Die wichtigste kantonale Einnahmequelle, die Steuern, vermochte die Strassenausgaben nicht zu decken.

Ohne Bundessubventionen mussten die Steuern in einzelnen Kantonen verdoppelt werden. Im Gegensatz zu den Gebirgskantonen spielen die Bundesbeiträge im Finanzhaushalt der steuerkfäftigen Städtekantone eine verhältnismässig geringfügige Eolle.

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass einzelne Bundesbeiträge
den Kantonen als Entschädigung für Ausgaben, die ihnen aus der bundesgesetzlichen Eegelung einzelner Aufgaben erwachsen, gewährt werden. Gewisse Bundessubventionen werden nur unter der Bedingung ausgerichtet, dass der Kanton seinerseits einen Beitrag von bestimmter Höhe leistet. Nicht zu bestreiten ist, dass die Aussicht auf einen Bundesbeitrag einen Kanton veranlassen kann, Ausgaben zu beschliessen, denen er ohne Bundeshilfe nicht oder nicht im gleichen Ausmass zugestimmt hätte.

Auch unter Würdigung dieser Einschränkung darf dennoch gesagt werden, dass das heutige System der Bundesbeiträge für die Mehrzahl der Kantone eine wesentliche Entlastung bedeutet. Diese Entlastung tritt nicht nur durch

391 die den Kantonen direkt ausbezahlten Subventionen ein, sondern auch durch die an private Organisationen ausgerichteten Beiträge (z. B. an Arbeitslosenund Krankenkassen), wodurch eine indirekte Entlastung stattfindet. Entlastet werden die Kantone sodann auch durch die verschiedenen Stützungsaktionen. Die Massnahmen zur Stützung des Milchpreises kommen indirekt allen Kantonen zugute. Sie entbinden die Kantone von eigenen Aktionen und üben einen günstigen Einfluss auf die kantonalen Steuern aus.

Dennoch ist die starke Ausdehnung des Systems der Bundesbeiträge finanzpolitisch nicht unbedenklich. Die wachsende Abhängigkeit der Kantone vom Bund bildet eine Gefahr für deren finanzielle Selbständigkeit. Diese Gefahr wurde bereits früher erkannt. «So heftig auch die Warnung vor den Subventionen erschallt», schreibt 1906 der Verfasser einer Abhandlung über die Erhaltung und Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes der Kantone, «so sehr selbst die Defizitkantone die Gefährlichkeit der Bundessubventionen betonten, so vermochten sich die Kantone doch nicht von ihnen loszumachen». Das Anwachsen der Bundessubventionen liess sich nicht aufhalten. Im Jahre 1913 schrieb die parlamentarische Expertenkommission über das Subventionswesen: «Man hat sich immer mehr daran gewöhnt, die Eidgenossenschaft für Werke öffentlicher Natur in Anspruch zu nehmen; eine Herabsetzung der Subventionen würde auf erheblichen Widerstand stossen, besonders da auch die Kantone ihre Staatsbudgets auf diese Unterstützungen einrichten mussten. Viele Kantone haben ihre Steuerquellen erschöpft und sind auf dem Punkte angelangt, wo man von den Steuerpflichtigen kein weiteres Opfer verlangen darf; ohne Subvention wäre manche Aufgabe nicht mehr durchführbar. » Seit 1913 haben sich die Aussichten für einen Verzicht der Kantone auf die Bundesbeiträge wesentlich ungünstiger gestaltet. Die kantonalen Verwaltungsrechnungen schlössen 1913 mit einem Defizit von 0,9 Millionen Franken, 1936 mit einem solchen von 33 Millionen Franken ab. Die Ausgaben der Verwaltungsrechnungen sind von 222 Millionen Franken auf mehr als 600 Millionen Franken gestiegen, wozu noch ausserordentliche Aufwendungen hinzukommen.

Die Vermögenslage hat sich verschlechtert. Seit 1930 ist das Eeinvermögen um rund 400 Millionen Franken gesunken. Die kantonalen Steuersysteme
sind seit dem Kriege ausgebaut und die direkten Steuern stark erhöht worden.

Hiezu kommt, dass der Bund seit 1915 die Kantone auf dem Gebiet der direkten Steuern konkurrenzieren muss, wobei allerdings geltend gemacht werden kann, dass ohne die grossen Beitragsleistungen an die Kantone der Bund auf die Erhebung direkter Bundessteuern verzichten könnte. Erneut drängt sich heute die Notwendigkeit einer Eeforrn des Finanzausgleichs, d. h. der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Kanton auf. Zu diesem Zwecke ist in erster Linie eine eindeutige, den veränderten Verhältnissen Bechnung tragende Ausscheidung der Steuerkompetenzen des Bundes und der Kantone wichtig.

392

B. Die Finanzlage des Bandes and ihre Gestaltung in den nächsten Jahren.

I. Die Finanzlage des Bundes 1913 bis 1938.

Die Entwicklung der Finanzlage des Bundes wird durch Tabelle 8 veranschaulicht. Wir haben in frühern Botschaften die einschneidenden Wirkungen des Weltkrieges auf die Gestaltung der Ausgaben und die Vermögenslage eingehend dargelegt. Im Jahre 1928 war die Verwaltungsrechnung des Bundes nach einer Defizitperiode von 15 Jahren erstmals wieder ausgeglichen. Hätte der Weltkrieg den Bund nur mit den Kosten für die Mobilisation belastet, so wären mit dem Jahre 1932 die finanziellen Polgen beseitigt gewesen. Die Kapitalausgaben für das Truppenaufgebot, welche gemäss Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1920 auf 1,2 Milliarden Franken angesetzt worden waren, konnten bis Ende 1932 durch die Nettoerträge der beiden Kriegssteuern und der Kriegsgewinnsteuer gedeckt werden. Der trotz Tilgung der Mobilisationskosten ausgewiesene Schuldenüberschuss rührte hauptsächlich von den Fehlbeträgen der Verwaltungsrechnung seit 1914 her, wozu als weitere Ursache die auf Kapitalrechnung verbuchten ausserordentlichen Ausgaben für die Verbilligung der Lebenshaltung, die Lebensmittelversorgung, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie für verschiedene Hilfsaktionen (Uhren-, Stickerei-, Hotelindustrie, Milchproduzenten u. a.) in den Kriegs- und ersten Nachkriegsjahren hinzukamen. Es handelt sich um Nettoausgaben im Gesamtbetrag von rund 750 Millionen Franken.

Die Verschuldung des Bundes sank während der Jahre günstiger Finanzlage um rund 200 Millionen Franken und betrug im Jahre 1932, da die Verwaltungsrechnung erstmals wieder mit einem Defizit abschloss, rund 1,3 Milliarden Franken.

393 Der Finanzhaushalt des Bundes 1913--1937 3

Verwaltungsrechnung ') Jahre

1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 2 1937 )

. .

. .

Einnahmen

Ausgaben

100 486 78810 77982 93470 96505 108 804 149 840 177 361 189 632 235 452 253445 282 865 298 952 313 764 331 316 383 121 395 957 433 106 428 400 419 909 409 780 453 585 485 403 513 659 522 000

in 1000 Franken 105 839 101 343 99533 110 115 147 253 170 699 245 496 276 898 317 204 314 860 298 914 304 471 307 974 323 142 332 900 359 358 371 966 426 374 426 145 444082 482 061 480 246 503 995 540 398 · 537 000

Vermögen oder Überschuss Verschuldung .

-- 5353 -- 22533 -- 21551 -- 16645 -- 50748 -- 61895 -- 95 656 -- 99537 -- 127572 -- 79408 -- 45469 -- 21606 -- 9022 -- 9378 -- 1584 23763 23991 6732 2255 -- 24173 -- 72281 -- 26661 -- 18592 -- 26739 -- 15000

102 513 -- 30 348 -- 239778 -- 380793 -- 596260 -- 861406 -- 1086296 -- 1173831 -- 1391859 -- 1444321 -- 1511005 -- 1 554 483 -- 1 566 622 -- 1 524 941 -- 1 503 900 -- 1474625 -- 1443934 -- 1406564 -- 1 338 917 -- 1321650 -- 1359296 -- 1341283 -- 1338526 -- 1 411 939 -- 1431700

*) Die Regiebetrieb e sind nur mi t den Nettobet riebsergebniss en in Rechnung gestellt.

2 ) Voraussichtliche 3 Ergebnis.

Unter dem Einfluss der allgemeinen Wirtschaftskrise hat sich die Finanzlage des Bundes seit 1932 rasch, tiefgreifend und anhaltend verschlechtert.

Der Ausgabenüberschuss der Verwaltungsrechnung des Jahres 1932 von über 24 Millionen Franken und der Fehlbetrag der Bundesbahnen von annähernd 50 Millionen Franken offenbarten deutlich genug die bedenkliche Entwicklung der beiden Haushalte und die Notwendigkeit von Massnahmen zur Herstellung des Gleichgewichtes. Ein Versuch, dieses Ziel zunächst durch vorübergehende Herabsetzung der Bezüge des Bundespersonals auf dem ordentlichen Wege zu erreichen, ist 1933 gescheitert.

Unter dem Drucke eines voraussichtlichen Ausgabenüberschusses im Jahre 1933 in der Verwaltungsrechnung des Bundes von über 90 Millionen Franken und eines Fehlbetrages in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbahnen von 55 Millionen Franken hat die Bundesversammlung am 13. Oktober 1933 auf dem Dringlichkeitswege ausserordentliche, auf vier Jahre be-

394 schränkte Notmassnahmen beschlossen, die durch den Bundesbeschluss vom 81. Januar 1986 ergänzt worden sind. Bundesrat und gesetzgebende Bäte rechtfertigen diese Notmassnahmen mit der zwingenden Aufgabe, die Landeswährung zu schützen und den Kredit der Eidgenossenschaft zu festigen. Die Wahrung höchster Landesinteressen und die Solidarität des Schweizervolkes verlangten dieses Vorgehen.

Die wichtigsten Vorschriften über die Einsparungen erstreckten sich nicht nur auf den Bund und die Post-, Telegraphen- und Telephonbetriebe, sondern auch auf die Verwaltung der Bundesbahnen. Auch die Aussonderung der Hälfte des Ertrages der durch das Finanzprogramm 1936 erschlossenen neuen Einnahmequellen und die Einlage in den Eisenbahnfonds sowie die Belastung der Verwaltungsrechnung des Bundes mit einer besondern Eücklage von jährlich 8 Millionen Franken für die Sanierung der Bundesbahnen ergibt sich aus der Zusammenfassung der beiden Haushalte von Bund und Bundesbahnen.

Rücklagen des Bundes für die Sanierung der Transportanstalten.

Rücklage (Ur Sanierung Eisenbahnfonds die der Bundesbahnen

4

Jahr Äufnung

Millionen

Franken 8,0

Eechnung 1985 » 1986 » 1937 Voranschlag 1938

85,1 82,5

85,0

Stand Ende 1938

8,0 8,0 8,0

109 fi

Qo n

15,0 87 6

320

Voraussichtliche Verwendung Wiederaufrichtung notleidender Sanierung der Bundesbahnen

Privatbahnen

Durch die Ende September 1936 erfolgte Abwertung des Schweizerfrankens haben sich die Voraussetzungen für eine Neuordnung des Gesamtfinanzhaushaltes derart tiefgreifend verändert, dass, um eine gewisse Abklärung der wirtschaftlichen Entwicklung abzuwarten, die Geltungsdauer des Fiskalnotrechtes am 28. Oktober 1937 bis Ende 1938 verlängert werden musste.

Das Finanzprogramm 1933 hat für Bund und Bundesbahnen zusammen im ersten Jahr seiner Wirksamkeit zusätzliche Einnahmen von rund 40 Millionen Franken und Einsparungen von etwa 50 Millionen Franken, im Jahr 1935 neue Einnahmen von 70 Millionen Franken sowie etwa 58 Millionen Franken Ein-

395 sparungen verwirklicht x). Dadurch konnten die Fehlbeträge der Verwaltungsrechnungen des Bundes trotz erhöhter Anforderungen besonders für Krisenmassnahmen von 72 Millionen Franken im Jahre 1933 auf 27 Millionen Franken im Jahre 1934 bzw. 19 Millionen Franken im Jahre 1935 vermindert werden.

Die beiden Finanzprogramme 1933 und 1936 bewirkten 1936 eine Verbesserung der Finanzlage des Bundes um 212 Millionen Franken und der Bundesbahnen um 23 Millionen Franken. Vom Gesamtertrag des Fiskalnotrechtes entfielen 87 Millionen Franken auf Einsparungen, 129 Millionen Franken auf neue Einnahmen und 20 Millionen Franken auf Entnahmen aus Fonds. Der Eechnungsabschluss 1936 gestaltete sich wie folgt: Millionen Franken

Bund (Verwaltungsrechnung), Ausgabenüberschuss 26,7 Bundesbahnen (Gewinn- und Verlustrechnung), Fehlbetrag . . . . 67,7 Gesamtausfall 94,4 Unter Berücksichtigung der im Jahre 1986 geäufneten Eeserven der Eidgenossenschaft von 43,0 schliesst der Gesamthaushalt mit einem Fehlbetrag ab von . . .

51,4 Zu diesem Ergebnis hat das Fiskalnotrecht beigetragen . . 235,7 Ohne den Ertrag des Fiskalnotrechtes wäre 1936 ein Gesamtausfall eingetreten von 287,1 *) Tabelle 5.

396 Finanzielle Auswirkung des Fiskalnotrechtes.

5

Finanzielle Tragweite (Ur den Bund und die Bundesbahnen 1 ) Massnahmen des Fiskalnotrechtes

1934

1935 1937 2) 1936 Millionen Franken

9,7

52,9 10,7

86,6 20,0

87,6 20,0

79,3 21,4

19,8 1,1 1,0 18,0 1,1

19,8 1,6 0,8 18,5 1,5

19,8 2,8 1,4 36,6 6,0

19,8 2,8 2,0 37,0 6,0

19,8 2,1

39,7 18,4 7,1 12,2 2,0

70,1 31,0 8,2 14,5

129,5 29,8 14,6 14,5

123,1 28,0 16,2 18,0

114,7 30,0 18,0 13,2

16,4

19,2 16,8

19,0 15,0

12,0 13,0

17,4

12,0

14,0

I. Einsparungen: Bundesbeiträge . . .

. .

Alters- und Hinterlassenenversicherung Wehrwesen .

. . .

Liegenschaften . .

Personalaufwand Sach- und Verwaltungskosten .

50,7

II. Neue Einnahmen: Krisenabgabe Stempelabgaben, Erhöhung. . .

Tabak Gebrannte Wasser Getränkesteuer .'

Zuckerzoll, Erhöhung Zoll auf Motorentreibstoffen, Er- .

höhung Speiseöle und -fette, Erhöhung des Preiszuschlages . .

. .

Zollquittungsstempel III, Entnahmen aus Fonds: Spezialfonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung . .

Versicherungsfonds Sistierung der Verzinsung bzw. der Äufnung verschiedener Ponds.

Gesamtertrag für den Bund und die Bundesbahnen . .

1938 3)

90,4

123,0

30,0 6,0

9,9 7,3

6,7 8,2

6,0 8,5

19,6

19,6

19,6

8,0 1,0

8,0 1,0

8,0 1,0

10,6

10,6

10,6

235,7

230,3

213,6

1 *) Ohne Ertrag der durch Bunc esratsbeschluss vom 25. Juni 1935 vorsorglich erhöhten Zölle auf Zucker tind Motorentreibstoffen im Jahre 1935 und ohne Ertrag der Zollzuschläge auf Gerste, Malz und Bier (Bundesbeschlüsse vom 30. September 1927/8. Juli 193 2) und der erhöhten Zölle auf Kaffee, Kaffeesurrogaten und Tee (Bundesbe schluss vom 14. Oktober 1933).

2 ) Voraussichtliches Ergebnis.

3 ) Voranschlag. Der Minderertr ag des Fiskalnotrechtes im Jahre 1938 gegenüber 1937 von rund 17 Million en Pranken geht hauptsächlich zurück auf die Milderung des Lohnabbaues ( 5,5 Millionen Franken), die Neuordnung der Tabakbesteuerung (5 Millionen I ranken) und die Beschränkung der Getränkesteuer auf Bier (7 Millionen P ranken).

397 Der Finanzhaushalt des Bundes und der Bundesbahnen in den Übergangsjähren 1937 und 1938.

6

Abschluss Ausgabenüberschuss a. der Verwaltungsrechnung des Bundes b. der Gewinn- und Verlustrechnung der schweizerischen Bundesbahnen Ausgabenüberschuss Reservestellungen Vermögensverbesserung (+) oder -verschlechteruns (--^ Zu diesem Ergebnis trägt das Fiskalnotrecht bei . .

Ohne Fiskalnotrecht ergäbe sich eine Verschlechterung der gesamten Finanzlage von . . . . . .

1937')

1938")

in Milione a Franken

15,0

23,1

14,5

31,6

29,5

40 5

54,7 43,0

+ 11,0 230,3

-- 11,7 213,6

219,3

225,3

1

) Voraussichtliches Ergebnis.

) Voranschlag.

2

Bundesblatt.

90. Jahrg.

Bd. I.

29

398 Vermögensrechnung des Bundes.

Stand Ende 1938

A. Passivsaldo der Staatsrechnung auf Ende 1938 Dazu kommen: 1. noch nicht getilgte Eückschläge: a. der Staatsrechnungen 1933--1936 . . . .

b. der Staatsrechnung 1937 c. der Staatsrechnung 1938 2. Eisenbahnsaniefung : a. Übernahme der Schuldposten der schweizerischen Bundesbahnen fc. Anteil am Fehlbetrag im Deckungskapital der Pensions- und Hilfskasse S. B. B. . .

c. Kapitalaufwand für die Wiederaufrichtung notleidender Privatbahnen abzüglich die Mittel des Eisenbahnfonds und Eücklagen für die Sanierung der schweizerischen Bundesbahnen

Millionen Franken

1150,0

110,0 15,0 23,0

626,0

180,0 130,0 936,0 134,0

abzüglich Tilgung bis Ende 1938 c. Verstärkung der Landesverteidigung (Bundesbeschluss vom 11. Juni 1936) .

d. der die 235 Millionen Franken überschiessende Betrag der Wehranleihe Nach 1938 zu tilgende ausserordentliche Aufwendungen für die Landesverteidigung

802,0 2100,0

Gesamtschuldenüberschuss B. Aufwendungen für die Landesverteidigung: a. Auffüllung der Eeserven (Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933) b. Ergänzung der Bewaffnung (Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1933)

148,0 1298,0

15,0 82,0 97,0 21,0 76,0 235,0

311,0 100,0 411,0

399 II. Die künftige Gestaltung der Finanzlage des Bundes.

Die Entwicklung der Finanzlage des Bundes während der nächstem sechs bis neun Jahre hängt von Faktoren ab, von denen zurzeit nur einige wenige in den Grundzügen bekannt sind. Feste Anhaltspunkte zu einer einigermassen zuverlässigen Beurteilung der Gestaltung während eines längern Zeitraumes fehlen.

1. Neuordnung der Schuldentilgung.

Im Voranschlag des Bundes für 1988 sind für die Verzinsung der festen Anleihen und der schwebenden Schulden 86 Millionen Franken und für die Tilgung des Passivüberschusses der Staatsrechnung 37,9 Millionen Franken eingestellt.

Die Tilgung des auf Ende 1988 mit rund 2100 Millionen Franken angenommenen Schuldenüberschusses innert 60 Jahren bei einem Zinsfuss von 8% % erheischt ab 1939 eine sich gleichbleibende Jahresquote für Verzinsung und Tilgung von 84,2 Millionen Franken. Davon entfallen im ersten Jahre auf den Zinsaufwand 73,5 und auf die Tilgung 10,7 Millionen Franken. Verglichen mit dem im Voranschlag 1938 vorgesehenen Tilgungsaufwand von 87,9 Millionen Franken brächte die Neuordnung somit eine Entlastung von 27,2 Millionen Franken.

2. Finanzielle Reorganisation der Bundesbahnen.

Der Bundesrat hat der Bundesversammlung mit Botschaft vom 24. November 1986 den Entwurf eines Bundesgesetzes über die schweizerischen Bundesbahnen unterbreitet. Nach dem gegenwärtigen Stand der Verhandlungen und unter der Voraussetzung, dass die neue Ordnung auf 1. Januar 1939 in Kraft tritt, ergibt sich aus der Sanierung der Bundesbahnen für den Bund folgende finanzielle Belastung: Millionen Franken

Übergabe eines Dotationskapitals Übernahme folgender Schuldposten: (Wert je Ende 1938) sÜberschuss des Eückkaufspreises über die Anlagekosten Noch nicht getilgte Emissions- und Konversionskosten Kriegsdefizite Passivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung . . .

.,..,., Abzuglich : Bücklagen des Bundes x) : für die Sanierung der Bundesbahnen Anteil am Eisenbahnfonds

700,0 113,9 45,5 187,9 279,3 626,6 32,0 87,6

119,6 507,0 Übertrag 1207,0 !) Tabelle 4.

400 Millionen Franken

Übertrag Entlastung im Deckungskapital der Pensions- und Hilfskasse . . .

1207,0 180,0

Gesamtbelastung

1387,0

Nach dem Gesetzesentwurf werden die Bundesbahnen aus dem Ertragsüberschuss das Dotationskapital bis zu höchstens 8% % verzinsen. Unter Berücksichtigung des künftigen Mehraufwandes wegen einer weitergehenden Milderung des Lohnabbaues, der Verstärkung der Abschreibungen auf Anlagen und unter der Annahme, dass sich die Transporteinnahmen auch in Zukunft auf der Höhe von wenigstens 320 Millionen Franken halten werden, ist anzunehmen, dass das Unternehmen künftig Ertragsüberschüsse erzielen kann, die wenigstens eine 1% %ige Verzinsung erlauben; wir rechnen aus der Hingabe des Dotationskapitals von 700 Millionen Franken mit einer zusätzlichen Belastung von netto 14,0 Millionen Franken.

Die Schuldposten und die Entlastung im Deckungskapital der Pensionsund Hilfskasse, zusammen 687 Millionen Franken, sollen innert 60 Jahren getilgt werden. Die Verzinsung zu 3% % und die plaiimässige Tilgung erfordern eine Annuität von 27,6 Millionen Franken.

Dergestalt erreicht die jährliche Gesamtbelastung der Verwaltungsrechnung des Bundes folgende Beträge: Millionen Franken Annuität für Verzinsung und Amortisation der übernommenen Schuldposten 27,6 Zinslast für das Dotationskapital 24,5 Zinsertrag des Dot,ationskapitals 10,5 14,0 Gesamtbelastung

41,6

Anderseits fallen nach.1938 die Eückstellungen für die Beprganisation der Bundesbahnen von jährlich 8 Millionen Franken und die Äufnung des Eisenbahnfonds von jährlich 35 Millionen Franken dahin.

3. Beitragsleistung des Bundes an die finanzielle Wiederaufrichtung notleidender privater Eisenbahnunternehnrangen.

Die finanzielle Eeorganisation der Bundesbahnen ist der eine, die finanzielle Wiederaufrichtung notleidender Privatbahnen der andere Teil der Sanierung der schweizerischen. Transportanstalten. Der Bundesrat hat der Bundesversammlung mit Botschaft vom 23. April 1937 *) den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Beteiligung des Bundes an der finanziellen Wiederaufrichtung notleidender privater Eisenbahnunternehmungen unterbreitet.

!) Bundesbl. 1937, Bd. I, S. 741.

401

Zurzeit ist anzunehmen, dass der Bund an diese Sanierung rund 180 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen haben werde. Davon können aus dem gemäss Anordnung des Finanzprogrammes 1936 errichteten Eisenbahnfonds 15 Millionen Franken gedeckt werden, der Best von 115 Millionen Franken würde dem Schuldenüberschuss des Bundes beigefügt. In dem auf Ende 1988 auf 2100 Millionen Franken veranschlagten Betrag desselben ist dieser Eestbetrag eingerechnet.

4. Entschuldung der eidgenössischen Versicherungskasse.

Bei einem Zinsfuss von 4 % erreicht der technische Kassenfehlbetrag auf Ende 1936 435 Millionen Franken. Durch Erhöhung der Beiträge der Versicherten, Änderung der Eentenskala, Abbau der laufenden Kenten, Herabsetzung des versicherten Verdienstes auf den tatsächlichen Bezug und einige weitere Massnahmen mehr untergeordneter Bedeutung soll der Fehlbetrag um etwa 17 %, d. h. 74 Millionen Franken, vermindert werden. Nach Abzug dieser Beteiligung des Personals an der Kassensanierung wird ein Fehlbetrag von wenigstens 360 Millionen Franken bleiben, zu dessen Verzinsung zu 4 % und Tilgung ab 1939 innert 60 Jahren eine Annuität von 16,0 Millionen Franken erforderlich ist. Verglichen mit dem derzeitigen ausserordentlichen Beitrag des Bundes von etwa 9,7 Millionen Franken bewirkt diese Lösung somit eine Mehrbelastung von rund 6,8 Millionen Franken. Davon entfallen rund 2% Millionen Franken auf die Bundeszentralverwaltung und etwa 3% Millionen Franken auf die Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung.

5. Aufwendungen für Bundesbeiträge.

a. Ordentliche Beiträge.

Die auf Gesetz oder Verordnung beruhenden Grundlagen für die Bemessung der Beitragsleistungen sind gestützt auf das Fiskalnotrecht, verändert worden, um die Aufwendungen des Bundes herabzusetzen. Das Fiskalnotrecht bestimmt, dass der einzelne Beitrag grundsätzlich um vierzig vom Hundert niedriger bemessen werden soll als der gleiche oder ein gleichartiger Beitrag im Jahre 1982. Dieser Kürzungssatz kann überschritten und die Beitragsleistung überhaupt eingestellt werden, wenn es die wirtschaftliche Lage des Beitragsempfängers gestattet oder wenn Zwecke in Frage stehen, deren Förderung in erster Linie den Kantonen und Gemeinden obliegt oder der privaten Initiative überlassen werden darf. In jedem Falle soll aber die Kürzung wenigstens 25 % des
ordentlichen Beitrages erreichen, soweit das Notrecht nicht ausdrücklich Ausnahmen vorsieht.

Gestützt auf diese Massnahmen konnten die Bundesbeiträge im Jahre 1986, verglichen mit den entsprechenden Aufwendungen des Bundes im Jahre 1982, um folgende Beträge vermindert werden:

402 Einsparungen des Bandes aas der Herabsetzung der Bundesbeiträge im Jahre 1936.

Millionen Franken

Beitragszwecke

Grundbuchvermessung Strassen- und Wasserbau Landwirtschaft (ohne Bodenverbesserungen) Bodenverbesserungen Forstwesen, Jagd und Fischerei Handel, Industrie und Verkehr Wirtschafts- und Berufsverbände . . · öffentliche Primarschule .

Kultur, Wissenschaft, Literatur und Kunst Berufsbildung Wehrwesen Gesundheitswesen Krankenversicherung Unfallversicherung Arbeitsnachweis Fürsorge für Auslandschweizer und Ausländer Gesamteinsparung

0,7 0,8 2,0 8,0 1,6 0,1 0,2 1,1 0,9 0,8 1,8 1,4 1,0 5,1 0,1 0,4 20,0

Durch die Herabsetzung der Bundesbeiträge in Anwendung des Fiskalnotrechtes sollen 1938 22 Millionen Franken, im Verlaufe der nächsten Jahre durchschnittlich deren 28 eingespart werden. Die zusätzliche Ersparnis im Durchschnitt der Jahre 1939/47 beträgt somit 6 Millionen Franken1).

b. Aufivendungen für Krisenmassnahmen.

Die Aufwendungen des Bundes für diese Massnahmen sind vom Umfang und von der Intensität der wirtschaftlichen Krise abhängig; sie stützen sich fast ausschliesslich auf dringliche Bundesbeschlüsse und werden von den Grundsätzen des Fiskalnotrechtes über den Abbau der Bundesbeiträge nicht beeinflusst. Die nachfolgende Übersicht zeigt, dass diese Aufwendungen seit 1932 gewachsen sind und dass erst seit 1937 eine rückläufige Bewegung eingetreten ist: *) Tabelle 13.

Aufwendungen für Krisenmassnahmen 9

Staatsrechnung Beitragsgruppen

1932 I. Allgemeine soziale Massnahmen: 1. Arbeitslosenversicherung und Umschulung, Krisenhilfe 2. Arbeitsbeschaffung 3. Krisenhilfe an die freiwillige Krankenversicherung .

. .

4. Innen- und überseeische Kolonisation . . .

II. Besondere wirtschaftliche Massnahmen: 1. Handel, Industrie und Gewerbe: Stickerei Hotelgewerbe .

Uhrenindustrie . .

. .

Heimarbeitsbeschaffung 2. Fremdenverkehr: Krisenhilfe an private Transportunternehmungen Fahrpreisermässigungen . .

.

Verkehrswerbung . . .

3. Landwirtschaft: Kredithilfe für notleidende Bauern (Hilfskassen) . . . .

Massnahmen zur Milderung der Notlage in der Landwirtschaft und 2Aufwendungen fiir Hiß Milp.Viprfiisst.nt.Tnmg ) , ,

1935

1936

iri Million e n Franke n

25,0 0,4

0,25 1,0 0,02 0,1

36,2 2,4

1,75 1,0 0,6 0,1 0,2

0,6

6,6 3,5

36,9

34,3 3,8

29,5 6,2

23,4 20,0

17,4 20,0

13,8 15,0

0,05 0,07

0,1 1,0

0,3 0,3

0,3

0,65 1,0

0,3 1,0

0,4 1,0

0,1 11,4 0,01

0,1 2,5 1,5

0,1 1,5 1,5

1,4 0,6

0,5

29,6 9,5

1,0 1,5 0,15 0,1 0,6 0,006

0,4 0,9 0,1 0,1 3,5 0,04

0,1 0,7

0,1 1,2

0,1 1,3 0,4

1,6 0,6

0,1 1,0 0,1

2,1

5,9

6,7

7,8

1,5

15,1 16,0

25,6 17,0

32,0 14,1 0,9

25,4 3,0 1,1

14,6 12,9 2,6

12,3 3,0 2,0

12,0 5,0 2,0 5,0

76,1

90,8

95,7

4,0 95,5

3,5 87,2

61,8

54,8 403

Milchpreisstützung aus allgemeinen Mitteln Förderung des Weinabsatzes 2) Entschuldung der Landwirtschaft. . ". . .

III. Massnahmen zur Verhinderung der Teuerung x ) Vorläufiges Ergebnis.

Zusammen 2 ) Durch zweckgebundene Mittel gedeckte Aufwendungen.

1933 | 1934

Schätzung Voranschlag 1839--1847 1937 ') 1938 Durchschnitt

404

Von besonderer Bedeutung sind die Leistungen des Bundes für die Arbeitslosenversicherung. Sie gehören grundsätzlich zu den ordentlichen Beitragsleistungen; wegen der Wirtschaftskrise sind sie in ganz aussergewöhnlichem Masse angewachsen und durch Sondermassnahmen, wie die Krisenhilfe, noch verstärkt worden. Der Eückgang der Aufwendungen für Arbeitslosenversicherung und Krisenhilfe einerseits und für Arbeitsbeschaffung anderseits ist wesentlich abhängig von der künftigen Entwicklung unserer Wirtschaft. Es ist kaum anzunehmen, dass alle diese Krisenmassnahmen im Laufe der nächsten Jahre entbehrlich werden. Hinsichtlich der Kredite für Arbeitsbeschaffung ist besonders zu beachten, dass bis Ende 1937 über die bisher bewilligten Kredite von rund 122 Millionen Franken in der Hauptsache verfügt worden ist, während bis zum gleichen Zeitpunkt erst wenig über 40 Millionen Franken ausbezahlt wurden. Daher dürften auch die Voranschläge 1989, 1940 und 1941 noch durchschnittlich mit 20 Millionen Franken belastet werden. Im Hinblick auf den heutigen Stand der Arbeitslosigkeit ist wohl kaum zu erwarten, dass der künftige Bedarf für die Arbeitslosenversicherung wesentlich unter dem Voranschlagskredit für 1938 bleiben wird. Immerhin darf angenommen werden, dass der Aufwand für Krisenmassnahmen, der von 1937 auf 1988 um etwa 25 Millionen Franken abnehmen wird, im Laufe der Jahre 1989--1947 um weitere 7 Millionen Franken auf durchschnittlich 55 Millionen Franken zurückgehen wird.

* * *i*

Die Gesamtersparnis auf ordentlichen Bundesbeiträgen und Krisenmassnahmen (ohne die Fürsorge für bedürftige Greise, Witwen und Waisen) wird somit im Jahresdurchschnitt auf 18 Millionen Franken geschätzt werden dürfen. Der Aufwand für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge steigt von 8 Millionen Franken in den Jahren 1937 und 1938 auf 14 Millionen Franken im Durchschnitt der Jahre 1939--1947 1). Der Gesamtaufwand für Bundesbeiträge sinkt somit um 7 Millionen Franken.

6. Personalkosten.

Lassen sich nach 1938 die festen Bezüge derart ordnen, dass wenigstens 5 % der jeweiligen Nominalsummen weniger auszugeben sind, so wird sich die Einsparung, unter der Voraussetzung eines ungefähr gleichbleibenden Personalbestandes, auf nicht ganz die Hälfte des im Jahre 1937 erreichten Abbaubetrages vermindern. Daraus ergibt sich für den künftigen Finanzhaushalt des Bundes und vorbehaltlich der Verminderung des Beinertrages der P. T. T.Betriebe eine künftige Mehrbelastung von wenigstens 3 Millionen Franken.

7. Vorübergehende Inanspruchnahme der Einnahmen aus der fiskalischen Belastung von Tabak und gebrannten Wassern für die allgemeinen Bedürfnisse des Bundes.

bls Gemäss Art. 82 und Art. 34'uater der Bundesverfassung hat der Bund vom 1. Januar 1926 hinweg die Einnahmen aus der fiskalischen Bei) Vergi. Seite_460.

405 lastung des Tabaks und den Anteil des Bundes an-den Einnahmen aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser für die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu verwenden bzw. in den dafür bestimmten Fonds zu legen.

Durch das Fiskalnotrecht ist der Ertrag aus der Tabakbesteuerung gesteigert worden. Gleichzeitig wurde bestimmt, dass dieser Ertrag und ebenso .der Bundesanteil am Ertrag des Alkoholmonopols für die allgemeinen Bedürfnisse des Bundes zu verwenden seien. Anderseits wurde der Bund verpflichtet, jährlich 8 Millionen Franken zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen, d. h. 7 Millionen Franken mehr als 1933, zur Verfügung zu stellen; seit 1936 wird dieser Bundesbeitrag dem Spezialfonds für die Altersund Hinterlassenenversicherung entnommen. Schliesslich ist seit 1936 die Verzinsung des Guthabens dieses Fonds eingestellt und der Zinsertrag der Anlagen des Fonds der Staatskasse zugeführt worden.

Auswirkung des Fiskalnotrechts auf den Spezialfonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

10

Einnahmen Jahr

Tabakzoll

Zinsen, Kursgewinne

Entzug durch Fiskalnotrecht Tabak

Zinsen

VermögensBeiträge fUr stand am bedürftige Jahresende Greise usw.

Verbesserung der Verwaltungsrechnung durch das Fiskalnotrecht

In Millionen Franken

1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 3 1937 ) 1938 *)

18,7 21,4

21,4

21,8 25,4 26,3 25,4 26,8 -- -- -- -- --·-

0,2 0,8 7,8i) 3,0 4,6 5,7 6,7 7,3 8,0 4,1 0,1 4,8

-- -- -- -- -- -- -- -- --

f-

41,0 2) 41,3 41,3 5 45,1 ) 40,0

40 .39 .

38

-- 8,0 8,0 8,0

18,9 41,1 70,3 95,1 125,2 157,2 189,3 223,4 231,4 235,5 227,6 224,4 216,4

-- -- -- -- -- -- -- -- 34,0«) 34,8«)

53,3 57,0 51,8

*) Inbegriffen 3 Millionen Franken aus dem Liquidationsfonds kriegswirtschaftlicher Unternehmungen und 3 Millionen Überschuss der Verwaltungsrechnung 1928.

2 ) Inbegriffen Fr. 2 033 200 Ertrag des Alkoholmonopols.

3 ) Voraussichtliches Ergebnis.

4 ) Schätzung.

6 ) Inbegriffen Fr. 252 000 Ertrag des Alkoholmonopols.

e ) Unter Berücksichtigung der Erhöhung der Unterstützung des Bundes für bedürftige Greise, Witwen und Waisen von 1 auf 8 Millionen Franken.

Nach der in der Verfassungsvorlage befürworteten Übergangslösung für die Einrichtung einer Alters- und Hinterlassenenfürsorge (Übergangsbestim-

406

.

mung zu Art. 84iuater) soll ab 1989 die Hälfte des Eeinertrages aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser und ein Drittel der Einnahmen aus der Tabakbesteuerung, d. h. etwa 14 Millionen Pranken jährlich in den Fonds gelegt und vom gleichen Zeitpunkt hinweg dessen Verzinsung wieder aufgenommen werden. Daraus ergäbe sich, verglichen mit dem Jahre 1988, eine Mehrbelastung des Bundeshaushaltes von rund 12 Millionen Franken.

Bis zum Inkrafttreten der Alters- und Hinterlassenenversicherung sollen aus Fondsmitteln jährliche Beiträge für Alters- und Hinterlassenenfürsorge ausgerichtet werden, die von 14 Millionen Franken in den Jahren 1939--1941 bis auf höchstens 20 Millionen Franken nach 1947 ansteigen.

8. Verzinsung und Tilgung der ausserordentlichen Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung.

Seit 1938 sind für die Bedürfnisse der Landesverteidigung aus serordentliche Kredite im Betrage von 432 Millionen Franken bewilligt worden.

Nach Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1983 für die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung ist der Kredit von 82 Millionen Franken durch die Verwaltungsrechnungen 1935 und folgende Jahre, längstens aber innert 25 Jahren, zu tilgen. Die Jahresraten sind in den Voranschlag des Militärdepartementes einzustellen. Durch den Budgetbeschluss der eidgenössischen Bäte vom 20. Dezember 1934 ist auch der durch Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1983 bewilligte Kredit von 15 Millionen Franken zur Auffüllung der Beserven der Militärverwaltung in diese 25jährige Tilgung einbezogen und der Bundesrat gleichzeitig ermächtigt worden, die Tilgungsquote um den jeweiligen unverbrauchten Voranschlagskredit zu erhöhen.

Ende 1938 werden davon etwa 21 Millionen Franken getilgt sein, so dass auf diesen Zeitpunkt noch 411 Millionen Franken abzutragen bleiben. Bechnet man mit einer Tilgungsdauer von zehn Jahren-- 1939 bis 1948 --, so käme als weitere Belastung des künftigen Haushaltes noch die Zins- und Tilgungsrate zur Abtragung der Kapitalaufwendungen für die Verstärkung der militärischen Landesverteidigung hinzu. Dafür wären jährlich, berechnet für 335 Millionen Franken auf der Grundlage einer 8 %igen Verzinsung und für 76 Millionen Franken bei einem Zinsfuss von 4 %, 49 Millionen Franken erforderlich. Anderseits fällt der heutige Aufwand von 3,0 Millionen Franken zur
Tilgung der ausserordentlichen Militärkredite und von 10 Millionen Franken zur Verzinsung der Wehranleihe weg. Der zusätzliche Bedarf beträgt somit effektiv 36,0 Millionen Franken.

Nach der Verfassungsvorlage würde der Bund zur Beschaffung dieser Mittel solange eine Steuer vom Vermögen und Einkommen nach den Grundsätzen der Krisenabgabe für 1988 erheben, bis die im beantragten Art. 42ter vorgesehene Steuer vom Vermögen, vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen in Kraft tritt.

407

9. Zusätzlicher Bedarf für die militärische Landesverteidigung und die Kriegsvorsorge.

Die ausserordentliche Verstärkung der militärischen Landesverteidigung, ·wie sie zurzeit im Bahmen der in den Jahren 1933, 1936 und 1987 bewilligten Kredite durchgeführt wird, auferlegt die Verpflichtung, den erreichten Stand der Bereitschaft beizubehalten. Dafür sind um so bedeutendere Mittel erforderlich, als es sich teilweise, wie etwa bei den Plugzeugen, um Material handelt, das verhältnismässig rasch veraltet und dauernd erneuert werden muss. Zum steigenden Bedarf für Unterhalt und Ersatz von Kriegsmaterial kommen die vermehrten Kosten für genügende militärische Ausbildung. Denn letzten Endes hängt der Einsatz der Armee davon ab, dass Führer und Truppe ihr Material möglichst gut beherrschen. Eine Schätzung des zusätzlichen Finanzbedarfs ist zurzeit nicht möglich, da grundsätzliche Fragen der Ausbildung und des Wehrsystems noch nicht abgeklärt sind. Immerhin ist heute schon damit zu rechnen, dass der ordentliche Bedarf für die Landesverteidigung im Durchschnitt der Jahre 1939--1947 gegenüber den Voranschlagskrediten des Militärdepartementes im Jahre 1938 um etwa 15 Millionen Franken steigen wird. Davon entfallen etwa 2 Millionen Franken auf Personalkosten. Da ab 1939 überdies eine Tilgungsquote von 3 Millionen Franken, die jetzt den Voranschlag des Militärdepartements belastet, wegfällt, tritt der Mehrbedarf von 15 Millionen Franken nur mit 10 Millionen Franken in Erscheinung.

Weitere zusätzliche Ausgaben wird die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern mit sich bringen. Der Bundesrat hat die Bundesversammlung mit Botschaft vom 9. November 1937 -1) von den Massnahmen unterrichtet, die der Notwendigkeit wehrwirtschaftlicher Vorsorge entspringen.

Einen wesentlichen Bestandteil der unverzüglich vorzukehrenden Massnahmen bildet die vorsorgliche Lagerhaltung. Bei den Vorräten, welche nicht in enger Beziehung zum Heeresbedarf stehen, wird die Lagerbildung durch die private Hand der Vorratshaltung durch staatliche Verwaltungsstellen vorzuziehen sein. Soweit es sich dabei darum handelt, Private zum Unterhalt ausgeschiedener Kriegsreserven zu verhalten, die ihrem Bestände nach unverändert bleiben müssen, oder wenn aus allgemeinen Landesinteressen auf eine Lagerhaltung gedrängt werden muss,
die privatwirtschaftliche Bedürfnisse übersteigt, so wird der Bund die Mehrkosten zu übernehmen haben. Für einmal sind die Bundesaufwendungen aus der kriegswirtschaftlichen Vorsorge auf jährlich etwa 5 Millionen Franken zu schätzen.

10. Weitergehende Einsparungen.

Der Bundesrat hat am 1. März 1937 beschlossen, die Frage der Erzielung weitergehender Einsparungen im Bundeshaushalte und der zweckmässigen Ausführung des Finanzprogramm.es 1936 durch Experten begutachten zu lassen.

Diese Begutachtung hatte sich auf die ganze Bundesverwaltung zu erstrecken, !) Bundesbl. 1937, Bd. III, S. 285.

408

Inbegriffen die Post-, Telegraph- und Telephonbetriebe, aber ausgenommen die Bundesbahnen sowie die Militärverwaltung.

Die dem Bundesrat vorgelegten Gutachten zeigen, dass alle Experten, so verschieden im übrigen ihre Untersuchungsmethoden auch gewesen sein mochten, sich davon überzeugt haben, dass im Bahmen der geltenden Vorschriften mit den Bundesmitteln im ganzen recht haushälterisch umgegangen wird. Vorschläge, durch verwaltungstechnische Massnahmen innerhalb der bestehenden Kompetenzordnung vermehrte Einsparungen zu erzielen, sind vereinzelt und haben keine grössere finanzielle Tragweite.

In der überwiegenden Mehrzahl beziehen sich die Vorschläge auf Sparmassnahmen, deren Verwirklichung die Änderung bestehender Rechtsverhältnisse voraussetzt. Es handelt sich somit nicht so sehr um spartechnische als um sparpolitische Vorschläge, denen hauptsächlich de lege ferenda Bedeutung zukommen kann.

Würden sämtliche von den Experten beantragten technischen Vorkehren und Veränderungen der Rechtsverhältnisse im Bunde durchgeführt, so Hesse sich nach und nach im Verlaufe einer zurzeit nicht bestimmbaren Eeihe von Jahren die Verwaltungsrechnung des Bundes, verglichen mit den Voranschlagskrediten für 1987, um etwa 5 Millionen Pranken verbessern. Davon würden rund 1,7 Millionen Pranken auf neue Einnahmen und etwa 3 Millionen Pranken auf Einsparungen entfallen. Die finanzielle Tragweite der Vorschläge, die der Bundesrat in eigener Befugnis verwirklichen kann, bleibt in der Grössenordnung von 500 000 Franken.

11. Schätzung der ordentlichen Einnahmen.

Dem Bunde stehen zur Bestreitung seiner Ausgaben nach dem Voranschlag 1938 rund 519,8 Millionen Pranken zur Verfügung. Davon entfallen auf verfassungsmässige und in der ordentlichen Gesetzgebung begründete Einnahmen : Voranschlag 1938 Millionen Franken

Militärpflichtersatz Stempelabgaben . .

Zölle Benzinzoll Einnahmenüberschuss Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung Kapitalerträge Fondsentnahmen Preiszuschläge auf Futtermitteln usw., deren Ertrag für Massnahmen zur Milderung der Notlage in der Landwirtschaft gebunden ist Übrige Einnahmen Zusammen

4,0 42,4 169,1 39,0 20,0 42,8 2,6 14,3 10,6 344,8

409 Diejenigen Einnahmen des Fiskalnotrechts, die ohne Verfassungsänderung auf dem Wege der Eevision bestehender Gesetze und Bundesbeschlüsse konsolidiert werden können, werfen folgenden Ertrag ab: Voranschlag 1938 Millionen Franken

Stempelabgaben (Erhöhung der Couponsabgabe usw.)

Bier- und Malzzölle (Erhöhung) Zuckerzoll (Erhöhung) Kaffee- und Teezölle (Erhöhung) Benzinzoll (Erhöhung) Zollquittungsstempel Preiszuschläge auf Speiseölen und -fetten Zinserträge von Spezialfonds Zusammen

18,0 12,0 13,0 6,5 14,0 8,5 6,0 6,0 84,0

Eine weitere Gruppe von Einnahmen zur Deckung des ordentlichen Bedarfs beruht ausschliesslich auf Fiskalnotrecht. Ihre Beanspruchung für den Bundesfiskus nach 1938 setzt die Schaffung entsprechender Verfassungsgrundlagen voraus: Voranschlag 1938 Millionen Franken

Tabakbesteuerung .'

Biersteuer Krisenabgabe Entnahme aus dem Spezialfonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung Ausserordentliche Gewinne aus wirtschaftlichen Notmassnahmen Zusammen

40,0 12,0 30,0 8,0 1,0 91,0

Eine wesentliche Erhöhung der im Eahmen der ordentlichen Gesetzgebung vorhandenen sowie der ohne weiteres in Bundesgesetzen und Buhdesbeschlüssen konsolidierbaren Einnahmen ist in den Jahren 1939--1947 nicht wahrscheinlich.

12. Neue Einnahmen x).

Von der Einführung und Handhabung einer einheitlichen Gebührenordnung für die gesamte Bund es Verwaltung darf eine weitere Erhöhung der Einnahmen um etwa' l Million Franken erwartet werden.

Die Erweiterung der Stempelabgabepflicht dürfte einen zusätzlichen Ertrag von schätzungsweise 5 Millionen Franken abwerfen. Die Streichung von Art. 41bls, Abs. 2, der Bundesverfassung (Aufhebung der kantonalen Anteile am Ertrag der Stempelabgaben) bewirkt eine Einnahmensteigerung für den Bund von etwa 15 Millionen Franken.

*) Einzelheiten S. 447ff.

410 Die Weitererhebung der auf Fiskalnotrecht beruhenden Biersteuer nach 1988 bedingt die Änderung von Art. 41ter. Die Bierbesteuerung in bisheriger Höhe und nach bisherigem Verfahren wirft jährlich etwa 12 Millionen Franken ab.

Durch eine Neuordnung der Tabakbesteuerung lässt sich der Ertrag um etwa 2 Millionen Franken steigern.

In der Expertenkommission für die Bundesfinanzreform ist ein Antrag auf Streichung des Anteils der Kantone am Militärpflichtersatz gestellt worden. Die Kommission sprach sich jedoch mehrheitlich für eine auf 20 % herabgesetzte Beteiligung der Kantone aus, die die Entschädigung für die Kosten der Durchführung des Militärpflichtersatzes in sich schliessen soll.

Die Kommission war der Meinung, es gehe nicht wohl an, dass der Bund die Kantone mit der Veranlagung und Erhebung des Militärpflichtersatzes beauftrage, ohne ihnen eine Entschädigung zu gewähren. Die Kosten erreichen bei einem Satee von 8 % des Bruttoertrages, der gemäss Art. 114 der Vollziehungsverordnung vom 26. Juni 1934 der Kostenberechnung zugrunde gelegt wird, derzeit über Fr. 700 000.

Wir haben uns der Expertenkommission nicht angeschlossen in der Meinung, es sei an der heutigen verfassungsmässigen Ordnung, wonach dem Bunde die Hälfte des Bruttoertrages des von den Kantonen bezogenen Militärpflichtersatzes zukommt, nichts zu ändern. Dagegen soll geprüft werden, ob die Kantone weiterhin neben ihrem Ertragsanteil noch eine besondere Vergütung für den Bezug des Militärpflichtersatzes erhalten sollen.

Gestützt auf diese Voraussetzungen und Annahmen und unter dem Vorbehalt sonst wesentlich gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse würde sich der Finanzhaushalt der Eidgenossenschaft in den Jahren 1989--1947 ungefähr wie folgt gestalten:

411 Entwicklung des Finanzhaushaltes des Bundes.

11

Einnahmen Ausgaben

Ergebnis1)

Voraussichtliche Änderungen 1939 -- 1947 in Millionen Franken

A. Voranschlag 1938 B. Voraussichtliche Veränderungen 1939--1947: Zusätzliche Einnahmen: Stempelabgabe (Ausdehnung der Abgabepflicht u. Wegfall der kantonalen Anteile) Tabak (Mehrertrag) Übrige Einnahmen (Mehrertrag) . . . .

Mindereinnahmen : Zinsen .

. . .

Krisenabgabe 2) .

Gewinne aus Notmassnahmen (Wegfall) .

Entnahme aus Fonds (Wegfall)

519,8

-- 23,1

20,0 2,0 0,9 + 22,9 6,8 30,0 1,0 8,0

Minderausgaben: 3 Tilgungsaufwand ) Bundesbeiträge . .

Rückstellung für die BeOrganisation der S.B.B, und Einlage in den Eisenbahnfonds (Wegfall)

<\K, R

27,2 7,0 43,0 0,3

Mehrausgaben : Verzinsung *) Verzinsung des Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung (neu) . . .

Landesverteidigung (Vermehrung) . . . .'

+ 77,5

22,0 7,0 10,0 5,0 5,5

Personalkosten

Voraussichtliches Gesamtergebnis

542,9

496,9

514,9

-- 49,5 -- 18,0

*) Verbesserung (+) oder Verschlechterun g (-)· 2 ) Für Tilgung und Verzinsung der aus£ erordentlic hen Militeirkredite 1933, 1936 und 1937 reserviert.

8 ) Aufwand für die Tilgung von 2100 Millioileir Franken innert 6( Jahren, ') Inbegriffen Zinse für die von den S. B. B. gemäss Gesetzesvc rlage zu übernehmenden Schulden von 687 und des De>tationskap itals von 700 Millionen Franken.

412 Der Finanzhaushalt des Bandes 1937--1947.

12

Einnahmen -- Ausgaben

19371)

Zu- oder 19382) 1939-1947 3 Abnahme 4 ) ) in Millionen Franken

496,9 42,0 4,0 80,4

53,7 44,8 19,0

519,8 48,8 4,0 60,4 30,0 209,1 53,0 40,0 12,0

6,7

6,0

6,0

10,4

1,0 10,6

2,6

25,0 17,2 12,2

20,0 14,3 10,6

20,0 14,3 11,5

2. Ausgaben

537,0

Verzinsung Provisionen Tileuna .

Ordentliche Bundesbeiträge 8) . . .

Krisenausgaben .

. . .

Landesverteidigung (ohne Personal).

Kriegsvorsorge Liegenschaften Personalausgaben Eisenbahnsanierun9cf .

. . .

Übrige Ausgaben ) 3. Ausgaben- bzw. Einnahmen- · · überschuss

88,8 39,6 103,7 87,2 80,3

542,9 97,8 40,9 103,0 61,8 95,9

11,4 68,7 40,5 16,8

11,5 71,5 43,0 17,5

514,9 126,8 13,7') 103,0 54,8 105,9 5,0 11,5 77,0

-- 15,0

-- 23,1

1. Einnahmen Ertrag der Kapitalien Militärpflichtersatz . . . .

Stempelabgaben 6 Krisenabgabe ) Zölle Benzinzoll . . .

Belastung des Tabaks Getränkesteuer Fiskalische Belastung gebrannter Wasser Preiszuschläge auf Ölen und Fetten Belastung ausserordentlicher Gewinne aus wirtschaftlichen Notmassnahmen Entnahme aus Fonds Reinertrag Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung Zweckgebundene Einnahmen 6) . . .

Übrige Einnahmen

522,0

40,2 4,2 58,6 28,0

202,0

209,1 53,0 42,0 12,0

17,2

-- 22,9 -- 6,8 + 20,0 -- 30,0 + 2,0

-- 1,0 -- 8,0

+ 0,9 -- 28,0 + 29,0 -- 27,2 -- 7,0 + 10,0 + 5,0 + 5,5 -- 43,0 -- 0,3

-- 18,0

1) Voraussichtliche Ergehnisse. 2) Voranschlag. 3) Schä zung (Durchschnitt), 4) Zu- oder Ahnahme gegenüber dem V oranschlag 1938. 6) Er trag ab 1939 für die Verzinsung und Tilgung der ausserordent Ichen Militärkredite reg erviert. 6) Für MilchPreisstützung und Massnahmen zur L nderung der Notlage der Landwirtschaft, 7) Aufwand für Tilgung des Passivsaldos von 2100 Millionen Fra nken innert 60 Jahren (neuer Tilgungsplan), s) Einschliesslich 8 Millionen Franken (1937 und 1988) bzw.

14 Millionen Franken (1939--1947) für bed ürftige Greise, Witwen und Waisen.

937 1938 1939--1947 Rheinregullerung Basel-Strassburg . . . .

Posttaxeu, Telephongebühren, Telegramme, Frachten . .

Eidgenössische Technische Hochschul Zuschüsse an landwirtschaftliche Reg ebetriebe Handelsamtsblatt Andere Verwaltungskosten und Sachausgaben

. . . .

MUllunen Franken 6,8 17,5 17,2 2^3" ìvf 2,0 2,4 2,4 2,4 1.9 1,9 1,9 1,9 1,9 1.9 1,8 1,8 1,8 1,7 1,8 1,8 0,7 0,7 0.7 0,6 0,9 0,9 0,7 0,8 1,0 2,8 2,6 2,8

413 Aufwendungen für Bundesbeiträge.

13

Ausgaben

Rechnung Voranschlag 1937 1938

Schätzung Durchschnitt 1939--1947

. Millionen Franken

Gesamtaufwand für Bundesbeiträge A. Ordentliche Bundesbeiträge . . ·. -, . . . .

Autostrassen (Benzinzollanteil) . . . . .

Getreideversorgung Ausbau des Strassennetzes im Alpengebiet Gnindbuchvermessung .

Strassen- und Wasserbau .

Landwirtschaft Forstwesen Jagd Fischerei Handel, Industrie, Verkehr, Wirtschafts- Primarschulunterricht . .

Kultur, Wissenschaft, Literatur, Kunst . .

Berufsbildung Wehrwesen Gesundheitswesen . . . .

Krankenversicherung (inbegriffen Tuberkulose- u n d Unfallversicherung) . . . .

Fürsorge für Auslandschweizer und Ausländer Übrige Bundesbeiträge . .

B. Bedürftige Greise, Witwen und Waisen. . .

C. Krisenausgaben Arbeitslosenversicherung und Krisenhilfe .

Arbeitsbeschaffung .

Produktive Arbeitslosenfürsorge Hotelgewerbe Förderung des Exportes durch staatliche Risikogarantie Förderung des Verkehrs aus dem Auslande durch Fahrpreisermässigung Sonderwerbung für den Fremdenverkehr .

Kredithilfe für notleidende Bauern . . . .

Massnahmen zur Linderung der Notlage in der Landwirtschaft 1) Milchpreisstützung s) Entschuldung der Landwirtschaft Verschiedene Hilfsaktionen . . .

190,9

164,8

157,8

95,0 10,0 26,5 7,0 1,4 6,2 7,0 2,4

, 89,0

2,6 3,4 1,0 7,2 4,0 2,4

2,5 3,4 1,0 7,0 4,0 2,2

11,2

11,0

8,0 87,2 23,4 20,0 2,5 1,0

1,1 1,6 8,0 61,8 17,4 20,0 1,5 1,0

1,0 1,5 14,0 54,8 13,8 15,0

1,5

1,5

1,0

1,6 0,6 1,5

1,4 0,6

0,5

17,2 12,9

14,3 3,0

5,0

1,1

95,7 10,9 25,5 7,0

52,3 .

10,0 22,0 7,0 1,2 6,0 7,0 2,2

14,0 5,0 5,0 0,5

1

) Durch zweckgebundene Einnahmen gedeckte Aufwendun gen zur Linderung der Notlage in der Landwirtschaft ujad für die Milchpreisa tützung.

2 ) Aus allgemeinen Mitteln des Bundes z u deckend 3 Aufwend ungen.

Bundesblatt. 90. Jahrg.

Bd. I.

30

414 Zusammenfassend möchten wir feststellen, dass sich der ordentliche Bedarf des Bundes im Durchschnitt der Jahre 1989--1947, einschliesslich des Mehrbedarfes für die ordentlichen Aufwendungen der Militärverwaltung und der Kriegsvorsorge, sowie einer Einlage von jährlich 14 Millionen Franken in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung und der Wiederaufnahme der Verzinsung dieses Fonds, auf rund 515 Millionen Franken stellt.

Dieser Betrag sollte die Ausgaben nach oben begrenzen. Die Beachtung der im beantragten Art. 42 umschriebenen Grundsätze bei der Führung des Finanzhaushaltes sollte eine Überschreitung erschweren.

Zur Deckung dieses Bedarfes werden auf Grund der Verfassungsvorlage und der gestützt darauf zu erlassenden Ausführungsgesetze rund 497 Millionen Franken zur Verfügung stehen. 18 Millionen Franken bleiben vorläufig ungedeckt. Die Frage der Deckung dieses Ausgabenüberschusses durch eine neue Einnahme wird Gegenstand einer zweiten, spätem Botschaft über die Ergänzung der Finanzartikel der Bundesverfassung sein.

Ausserhalb des ordentlichen Haushaltes stehen die ausserordentlichen Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung und die Einnahmen zu ihrer Deckung.

C. Steuerbelastung und Verteilung der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen.

I. Die Steuerbelastung.

1. Entwicklung und Stand der Steuerbelastung.

Wir haben in frühern Botschaften, besonders in derjenigen zum Finanzprogramm 1936, zum Problem der Steuerbelastung und Steuerverteilung in der Schweiz Stellung genommen. Die Verhältnisse haben sich seither grundsätzlich nicht verändert, abgesehen von der Zunahme der Steuerbelastung, die wegen der kantonalen Sanierungsmassnahmen (Steuergesetzrevision, Einführung von Rrisensteuern, Erhöhung der Steuersätze) eingetreten ist. Die Steuerbelastung ist bis 1937 angestiegen und bewegt sich heute zweifellos auf einer bisher noch nicht erreichten Höhe. Über die Entwicklung der Steuerbelastung (Kantons-, Gemeindesteuern, eidgenössische Krisenabgabe und Couponsteuer) seit der Krise unterrichten die nachfolgenden Tabellen. Die darin aufgeführten Durchschnittszahlen gelten für einen Verheirateten ohne Kinder. Der Vermögensbelastung ist ein Wertschriftenvermögen mit einem durchschnittlichen Ertrag von 4 % zugrunde gelegt.

415 Die Vermögensbelastung in den Kantonshauptorten.

Steuerleistung bei einem Vermögen von Franken

14

Jahre

100000

50000

Fr.

1933 1934 1935 1936 1937

1

"/o )

Fr.

19,4 851 21,2 920 21,4 930 994 22,9 .

. .

23,2 1013 *) Steuerleisturig auf einen < %igen 389 423 427 458 465

500 000 1

"/o )

Fr.

1 000 000 1

"/o )

Fr.

21,3 5509 27,5 12088 23,0 6239 31,2 14538 23,2 6326 31,6 14766 24,8 6785 33,9 16073 25,3 6917 34,6 16384 Venne genserl rag bessogen.

»/o1)

30,2 36,3 36,9 40,2 41,0

Die Erwerbsbelastung in den Kantonshauptorten.

Steuerleistung bei einem Erwerb von Franken

15

Jahre

1933 1934.

1935 1936 1937

3000

. .

Fr.

73 75 74 75 79

5000 %

Fr.

2,4 2,5 2,5 2,5 2,6

191 209 211 217 227

10000 %

Fr.

3,8 4,2 4,2 4,3 4,5

636 706 713 751 784

25000

%

Fr.

%

6,4 7,1 7,1 7,5 7,8

2372 2765 2799 3030 3169

9,5 11,1 11,2 12,1 12,7

Die beträchtliche Erhöhung der Steuerbelastung seit 1983 hatte zur Folge, dass der Schrumpfungsprozess der Steuereinnahmen -- wenn auch nicht aufgehalten -- so doch gemildert werden konnte. Ihren tiefsten Stand verzeichneten die Steuereinnahmen im Jahre 1988. Die vom Bund und den Kantonen ergriffenen Sanierungsmassnahmen bewirkten in den Jahren 1984 und 1985 einen Umschwung in der Entwicklung. Der leichte Eückschlag, der sich 1936 bemerkbar machte, ist hauptsächlich den gesunkenen Zolleinnahmen zuzuschreiben. Für das Jahr 1937 liegen noch keine Angaben über die Entwicklung der kantonalen und kommunalen Steuereinnahmen vor, doch dürfte mit einer Zunahme zu rechnen sein, die zum Teil auf die ergriffenen Steuermassnahmen, zum Teil auf die Wirtschaftslage zurückzuführen ist. Beim Bund warfen die Stempelabgaben gegenüber dem Vorjahre einen höhern Ertrag ab. Das gesamte Steueraufkommen der Schweiz darf deshalb für die gegenwärtige Zeit mit rund l Milliarde Franken veranschlagt werden. Die steuerliche Belastung des schweizerischen Volkseinkommens, das zurzeit mit ungefähr 7 Milliarden veranschlagt wird, würde sich somit auf rund 14--15 % stellen gegenüber 9--10 % im Jahre 1928.

416 Einnahmen aus Steuern, Monopolen und Patentabgaben.

1932

16

Steuerhoheit

1933

19 34

1935

Mili.

Fr.

%

Mili.

Fr.

%

Mili.

Fr.

%

Mili.

Fr.

Gemeinden . . . .

396 301 266

41 31 28

362 290 262

39 32 29

394 285 263

42 30 28

Zusammen

963

100

914

100

942

100

Bund Kantone

19 36

Mili.

Fr.

%

427 44 287 ' 29 261 27

423 288 261

43 30 27

975

972

100

%

100

Die Frage liegt nahe, ob die Steuerbelastung in der Schweiz höher sei als im Ausland. Die Antwort ist nicht leicht, weil internationale Belastungsvergleiche schwierig und problematisch sind. Soweit wir in der Lage sind, die Verhältnisse zu beurteilen, neigen wir zur Ansicht, dass die Steuerbelastung in den Nachbarstaaten höher ist als bei uns. Es wäre jedoch verfehlt, ohne weiteres hieraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine weitere Erhöhung der Steuerlasten von unserer Wirtschaft leicht getragen werden könnte. Der Vorsprung, den wir auf dem Gebiete der Steuern gegenüber dem Ausland im internationalen Konkurrenzkampf haben, geht uns bei den Eohstoffkosten und Arbeitslöhnen wieder verloren. Wir haben auf diesen Punkt schon früher hingewiesen.

Die Frage, ob wir im Durchschnitt bereits das Maximum des Tragbaren erreicht haben, lässt sich mit statistischen Hilfsmitteln nicht abschliesslich beurteilen. Das Maximum der Steuerbelastung kann nicht durch einen bestimmten Prozentsatz des privaten Einkommens oder des Volkseinkommens ausgedrückt werden. Ausser der Höhe des Steueraufkommens muss der Aufbau des Steuersystems, die Steuerverteilung und vor allem die Verwendung der Steuergelder durch den Staat mitberücksichtigt werden. Je nachdem der Staat die Mittel, die er der Wirtschaft auf dem Wege der Steuern entzieht, ihr wiederum zufliessen lässt, ist die Steuerwirkung volkswirtschaftlich betrachtet verschieden. Der Stand unserer Wirtschafts- und Finanzstatistik gestattet uns zurzeit nicht, die Steuerwirkungen in ihren mannigfaltigen Verästelungen zu verfolgen. Um das Problem der Steuerbelastung gründlich abzuklären, müssten umfangreiche und zeitraubende Untersuchungen durchgeführt werden, wobei die Mitwirkung von Vertretern der verschiedenen Wirtschaftskreise unerlässlich wäre.

2. Die Steuerverteilung.

Aus den oben aufgeführten Gründen vermag auch die Gegenüberstellung von Besitz- und Verbrauchssteuern nur ein unvollkommenes Bild der Steuerverteilung zu vermitteln. Besonders in der politischen Diskussion wird in starkem Masse auf die Nahwirkung der Besteuerung abgestellt, indem die ausserordentlich komplizierten Abwälzungsvorgänge nicht genügend berück-

417

sichtigt werden. Auch eine sogenannte Verbrauchssteuer wird nicht immer auf den Verbraucher abgewälzt und braucht, falls dies der Fall sein sollte, nicht unbedingt auf ihm liegen zu bleiben. Es handelt sich hierbei um schwierige Fragen, die selbst im konkreten Falle nicht leicht abzuklären sind.

Verteilung der Einnahmen auf Besitz- und Verbrauchssteuern 1936.

17

Bund

Kantone

Gemeinden

Zusammen

Steuerart Mili. Fr.

Besitzsteuern . . . .

Verbrauchssteuern . .

Zusammen

112 311 423

% Mili. Fr.

26 74 100

230 32 262

% Mili. Fr.

88 12 100

256 4 260

% Mili. Fr.

%

98 2 100

63 37 100

598 347 945

Das Verhältnis der Besitzsteuern zu den Verbrauchssteuern hat in den letzten Jahren keine wesentlichen Verschiebungen erfahren. Es zeigt sich ein deutliches Überwiegen der «Besitzsteuern», worin allerdings auch die Steuereinnahmen aus kleinen und mittleren Einkommen und Vermögen sowie die Kopf- und Personalsteuern enthalten sind. Anderseits umfassen die «Verbrauchssteuern» auch Abgaben, die nicht den Massenkonsum belasten. Von den ausländischen Staaten weisen nur England und Holland eine ähnliche Steuerverteilung auf wie die Schweiz. Es handelt sich um Länder, die wie die Schweiz zu den kapitalreichsten Europas zählen, aber eine verhältnismässig stärkere Besetzung in den hohen Vermögensklassen aufweisen. Der Anteil der «Besitzsteuern» am gesamten Steueraufkommen (Staats-, Provinzial- und Gemeindesteuern) beträgt in England 63 %, in Holland 51 %, in der Schweiz 62 %.

Wir wissen nicht, in welchem Ausmasse die grösseren Einkommen und Vermögen in der Schweiz an die rund 500 Millionen Franken Einnahmen aus Einkommens- und Vermögenssteuern beitragen. Im Kanton Baselstadt, der allerdings als Sonderfall zu betrachten ist, haben 1936 die Einkommen von 20 000 Franken und mehr 45 % der kantonalen Einkommenssteuer, die Vermögen von 200 000 Franken und mehr 78 % der kantonalen Vermögenssteuer aufgebracht. In der Stadt Zürich haben im Jahre 1929 die Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von 20 000 Franken und mehr rund die Hälfte der Staatssteuer bestritten.

Für die eidgenössische Krisenabgabe der ersten Periode ergibt sich folgendes Bild der Lastenverteilung: Von den rund 2 Millionen Erwerbenden unterlagen etwas weniger als 300 000 Personen der Abgabepflicht. Die Einkommen von 20 000 Franken und mehr haben 63 % der Abgabe vom Einkommen, die Vermögen von 200 000 Franken und mehr 89 % der Abgabe vom Vermögen bestritten.

418 Wenn auch die spärlichen steuerstatistischen Grundlagen kein abschliessliches Urteil gestatten, so berechtigen sie doch zur Annahme, dass eine verhältnismässig kleine Zahl von Steuerpflichtigen einen wesentlichen Teil der direkten Steuern aufbringt.- Es dürfte dies besonders für die kapitalstarken Kantone gelten, während die kapitalschwächeren eine gleichmässige Verteilung der Steuerlasten vornehmen müssen, um den gegebenen Steuerbedarf decken zu können.

Gelegentlich wird auf die grossen Erträge hingewiesen, welche die Erbschaftssteuer in England abwirft. Dabei übersieht man, dass in England der Vermögensbesitzer zu Lebzeiten keiner allgemeinen Vermögenssteuer unterworfen ist, wie sie in allen schweizerischen Kantonen erhoben wird. Die Funktion der Erbschaftssteuer im Steuersystem ist in England daher eine wesentlich andere als bei uns. Übrigens dürften die grossen Erträge der Erbschaftssteuer zweifellos damit zusammenhängen, dass die sehr grossen Vermögen in England viel häufiger sind als bei uns. In England entfallen auf l Million Einwohner schätzungsweise 800 Millionäre (schweizerische Währung), in der Schweiz dagegen nur 300.

Es lässt sich einwenden, dass sowohl die theoretische Steuerbelastung, wie sie aus den vorstehenden Übersichten hervorgeht, als auch die Statistiken über die Verteilung des Steueraufkommens nach Einkommens- und VermögensHassen kein wahrheitsgetreues Bild der tatsächlichen Verhältnisse liefern, weil bedeutende Vermögens- und Einkommensbeträge absichtlich der Steuerpflicht entzogen werden. Die Anschauungen über diesen Punkt gehen stark auseinander.

Die Ergebnisse kantonaler Steueramnestien, die Beobachtungen der Steuerbehörden, sowie Schätzungen des nicht versteuerten Vermögens auf statistischer Grundlage sprechen für die Vermutung, dass die Erfassung des Einkommens und Vermögens noch nicht befriedigt, wodurch die vom kantonalen Gesetzgeber beabsichtigte Verteilung der Steuerlasten nach der Leistungsfähigkeit der einzelnen Steuerpflichtigen in vielen Fällen illusorisch wird.

Durch die Steuerhinterziehung entsteht den Kantonen ein Einnahmeausfall, der durch einen entsprechend höhern Steueransatz ausgeglichen werden muss.

Dadurch wird der ehrliche Steuerzahler benachteiligt.

Der Bund ist in seinem Bestreben, eine Verbesserung der Steuerveranlagung herbeizuführen,
durch die Bücksichtnahme auf die kantonale Souveränität eingeschränkt. Ein Mittel um wenigstens eine bessere Erfassung gewisser Kapitalerträge zu erreichen, wäre eine Kapitalertragssteuer in der auf S. 428 ff.

dargelegten Ausgestaltung.

II. Verteilung der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen.

1. Geschichtliches.

Analog der Ausscheidung des Aufgabenkreises zwischen Bund und Kantonen nimmt die Bundesverfassung eine Ausscheidung der Steuerquellen vor,

419

indem sie die dem Bund zustehenden Steuerarten ausdrücklich bezeichnet.

Dem Bund steht ordentlicherweise das Becht zur Erhebung einer Steuer, gleichgültig ob es sich um eine direkte oder indirekte handle, nur zu, wenn er durch die Verfassung hierzu ermächtigt wird. Von diesem Grundsatz ist bis jetzt nur in Notfällen abgewichen worden, bei der Kriegsgewinnsteuer, der eidgenössischen Krisenabgabe und der eidgenössischen Getränkesteuer. Die Kantone können dagegen grundsätzlich alle Steuerarten erheben. Ihre Steuerhoheit ist nur hinsichtlich solcher Steuern beschränkt, die der Bund ausschliesslich für sich beansprucht (Zölle, Stempelabgaben auf bestimmten Urkunden des Handelsverkehrs).

Die Verfassungen von 1848 und 1874 haben dem Bund als einzige Fiskaleinnahme mit Steuercharakter die Grenzzölle überwiesen, während alle übrigen Steuerarten den Kantonen überlassen blieben. Erst 1917 wurden die ordentlichen Steuerkompetenzen des Bundes erweitert (Stempelabgaben). Die durch die Bundesverfassung getroffene einfache und klare Ausscheidung war sowohl durch die historische Entwicklung als auch durch den Stand des schweizerischen Steuerwesens in der Vorkriegszeit gerechtfertigt.

Die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes, ein Hauptziel der Gründung des Bundesstaates, führte zur Aufhebung der Binnenzölle und zur Verlegung der Zollschranken an die Landesgrenzen. Das Zollwesen wurde Sache des Bundes. Es war deshalb gegeben, dem Bund zur Deckung seiner Ausgaben die Zolleinnahmen zu reservieren, wobei sich die Kantone vorerst noch ein Anteilsrecht wahrten. Die Erhebung direkter Steuern durch den Bund kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Die missglückten Versuche der Helvetik waren noch in Erinnerung. Ausserdem waren die direkten Steuern in der Schweiz noch sehr wenig entwickelt. In einzelnen Kantonen wurde noch lange um ihre Einführung gekämpft. Die Erfassung des Einkommens und des Vermögens bot grosse Schwierigkeiten.

Trotz Ausdehnung des Aufgabengebietes genügten in der Vorkriegszeit die Zölle dem Bund zur Deckung seiner Ausgaben. Durch den Übergang zum Schutzzollsystem und vor allem seit der Zolltarifrevision von 1902 besass er in den Zöllen eine kräftig fliessende Einnahmequelle, deren Erträgnisse durch Konjunkturrückschläge nicht in ausserordentlicher Weise beeinflusst wurden.
Allerdings zeigte sich um die Jahrhundertwende und in den letzten Vorkriegsjahren eine gewisse Spannung der Finanzlage. Die Erschliessung neuer Einnahmen wurde geprüft. In Diskussion standen das Tabakmonopol, Getränkesteuern und einzelne Fiskalzölle.

Nachdem bereits 1872 anlässlich der Beratung der Verfassungsrevision der Gedanke einer Bundeseinkommenssteuer aufgetaucht war, wurde 1899 durch eine Motion im Nationalrat die Anregung gemacht, die in Art. 42, lit. /, der Bundesverfassung vorgesehenen Kontingente durch eine Bestimmung zu ersetzen, die den Bund ermächtigt, eine Steuer vom Vermögen und Einkommen zu erheben. Der Nationalrat lehnte die Motion ab. Ebenfalls ohne

420

Erfolg blieb eine andere, ähnliche Ziele verfolgende Motion, die unmittelbar vor dem Kriege im Nationalrat eingereicht worden war. Die durch die Verfassung von 1848 eingeführte Ausscheidung der Steuerquellen nach der Formel : «die direkten Steuern den Kantonen, die indirekten Steuern dem Bund» wurde als feststehender staatspolitischer Grundsatz betrachtet.

Hierzu ist zu bemerken, dass die Bundesverfassung weder von direkten noch von indirekten Steuern spricht. Auch ist zu beachten, dass die indirekten Steuern nicht ausschliesslich dem Bund vorbehalten sind. Die Kantone können alle Arten von indirekten Steuern erheben, ausgenommen solche, die der Bund sich ausdrücklich vorbehalten hat.

Die erste Abweichung vom bisher streng befolgten Prinzip der Steuerausscheidung zwischen Bund und Kantonen erfolgte während des Weltkrieges.

Zur Tilgung der Mobilisationskosten mussten ausser der Kriegsgewinnsteuer zwei direkte Bundessteuern, die beiden Kriegssteuern, erhoben werden. Auf Ende 1932 war die Mobilisationsschuld durch die Erträge der genannten Steuern gedeckt. Bereits 1934 zwang jedoch die Wirtschaftskrise den Bund erneut zur Erhebung einer direkten Steuer, der eidgenössischen Krisenabgabe.

Als dauernde Einnahmequelle lehnten Volk und Stände im Jahr 1918 die direkte Bundessteuer, deren Einführung durch ein Volksbegehren verlangt worden war, ab. In noch schärferem Ausmass wurde die Vermögensabgabe 1922 verworfen. Auch eine teilweise Verwendung der Erträge der Kriegsgewinnsteuern zur Äufnung eines Eonds für die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (Initiative Eothenberger) fand die Zustimmung der Kate und des Volkes nicht. Ihre Annahme hätte eine Verlängerung der Erhebungsdauer der neuen ausserordentlichen Kriegssteuer zur Folge gehabt.

Der mit der Kriegsgewinnsteuer und den Kriegssteuern erstrebte fiskalische Zweck wurde rascher erreicht, als ursprünglich angenommen worden war.

Wäre die Wirtschaftskrise nicht ausgebrochen, so hätte der Bund das Gebiet der direkten Steuern den Kantonen mit dem Jahre 1933 wiederum vollständig überlassen können.

Zur Deckung der laufenden Ausgaben hat der Bund bis zum Jahre 1934 nur indirekte Steuern, Zölle und Stempelabgaben, erhoben.

Die Krisenabgabe, die durch das Fiskalnotrecht im Jahre 1933 eingeführt und 1934 in Kraft gesetzt wurde, isi eine direkte
Bundessteuer. Sie bedeutet eine Verlängerung des Regimes, das sich in der Kriegszeit in Abweichung vom alten Prinzip der Verteilung der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen herausgebildet hat. Allerdings muss auf einen wesentlichen Unterschied hingewiesen werden. Der Ertrag der Krisenabgabe wird nicht für bestimmte ausserordentliche Aufwendungen, wie dies bei den Kriegssteuern der Fall war, verwendet und entsprechend besonders verbucht, sondern dient der Deckung laufender Ausgaben. Bei einer solchen Ordnung besteht die Gefahr, dass die direkte Bundessteuer zu einer dauernden Einrichtung wird. Dem möchten wir durch die in Aussicht genommene Neuordnung begegnen.

421

2. Die Grundzüge der Neuordnung.

Die Neuordnung verfolgt das Ziel, die dem föderativen Aufbau der Schweiz am besten entsprechende Ausscheidung der Steuerhoheit nach dem traditionellen Grundsatz: «Die direkten Steuern den Kantonen, die indirekten Steuern dem Bund» für normale Zeiten wieder herzustellen.

Dabei besteht jedoch nicht die Meinung, dass dem Bund bei der Einführung neuer indirekter Steuern freie Hand gelassen werden soll. Den Kantonen verbleiben die bisher erhobenen indirekten Steuern.

Von den Kantonen werden zurzeit folgende indirekten Steuern erhoben: Eechtsverkehrssteuern: Erbschaftssteuer, Handänderungsabgabe, Stempelsteuern, Eegistergebühren, Liegenschaftsgewinnsteuer; V e r b r a u c h s s t e u e r n : Automobilabgaben, Hundesteuer, Vergnügungssteuer, Tabaksteuer (Patente), Wohnungssteuer, Wasserwerksteuer, Eeklameplakatsteuer, Dienstbotensteuer, Billardsteuer, Musikinstrumentensteuer, diverse kleinere Verbrauchsabgaben.

Einzelne der vorgenannten Steuerarten werden nur in wenigen Kantonen erhoben. Am stärksten verbreitet sind die Erbschaftssteuer, die Automobilabgaben und die Vergnügungssteuer.

Auf Grund der Erfahrung der verflossenen zwanzig Jahre muss damit gerechnet werden, dass der Bund in a u s s e r o r d e n t l i c h e n Zeiten ohne die Erhebung einer direkten Bundessteuer nicht auskommen kann. Für diesen Fall soll der Bund befugt sein, zur Deckung von ausserordentlichen Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung eine Steuer vom Vermögen und Einkommen zu erheben.

Der Vorentwurf des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements sah für ausserordentliche Zeiten wahlweise eine Steuer auf Vermögen und Einkommen oder Beiträge der Kantone (Kontingente) vor, wie sie bereits in der geltenden Verfassung enthalten sind. Durch die Beratungen in der Expertenkonferenz, die sich mit dem Vorentwurf zu befassen hatte, wurden die Beiträge der Kantone als Deckungsmittel für die ausserordentlichen militärischen Aus-: gaben gestrichen und an ihren bisherigen Platz in der Verfassung verwiesen.

Der Gedanke, dem Bund in ausserordentlichen Zeiten das Eecht zur Erhebung direkter Steuern zu erteilen, ist nicht neu. Bereits im Jahre 1917 hat die Zürcher Handelskammer eine solche Anregung gemacht und eine Eevision von Art. 42 der Bundesverfassung in diesem Sinne vorgeschlagen.

Für normale
Zeiten wollte sie dem Bund die Verbrauchs- und Verkehrssteuern überlassen.

Wir haben mit Absicht vermieden, die Bezeichnungen «direkte» und «indirekte» Steuern oder «Verbrauchs-» und «Verkehrssteuern» in die Verfassung einzuführen.

Der Gedanke, dem Bund ganz allgemein das Eecht zu geben, «indirekte Steuern» bzw. «Verbrauchs- und Verkehrssteuern» zu erheben, scheint auf den

422 ·ersten Blick einleuchtend. Die Begriffe «indirekte Steuern», «Verbrauchssteuern» und «Verkehrssteuern» werden jedoch von manchen Vertretern der Finanzwissenschaft und des Steuerrechts als zu wenig präzis überhaupt abgelehnt, "von andern wieder mit verschiedenem Inhalt versehen. Ihrer Verwendung steht auch die Tatsache entgegen,' dass die Auffassung herrscht, es müsse jede einzelne Steuer, welche der Bund erheben will, in der Verfassung ausdrücklich genannt werden. Es kommt hinzu, dass zahlreiche «indirekte Steuern» den Kantonen bzw. den Gemeinden nicht streitig gemacht werden sollen. Überdies könnten die abstrakten Bezeichnungen «Verbrauchssteuern», ·«Verkehrssteuern» oder «indirekte Steuern» in weiten Kreisen Misstrauen ·erregen. Aus diesen Gründen haben wir an der Enumeration der dem Bund .zustehenden Steuerarten festgehalten.

Nach dem vorliegenden Entwurf würde der Bund befugt sein, folgende Steuern zu. erheben: a. in ordentlichen Zeiten : Zölle, Tabaksteuer, Steuer auf Bier, Stempelabgaben.

b. in ausserordentlichen Zeiten: eine Steuer vom Vermögen oder vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen.

Der Militärpflichtersatz, der keine Steuer im eigentlichen Sinne ist, sowie ·die fiskalische Belastung der gebrannten Wasser fallen hier ausser Betracht.

3. Die Anteilsrechte der Kantone an Einnahmen des Bandes.

Nach geltendem Eecht steht den Kantonen ein Anteilsrecht an folgenden Einnahmen des Bundes zu: 1. Stempelabgaben (20%), 2. Krisenabgabe (40%), 3. Militärpflicht·ersatz (54 %), 4. Gebrannte Wasser (50 %). Hier ist der Vollständigkeit halber auch der Anteil der Kantone am Beingewinn der Nationalbank zu nennen, obwohl in diesem Falle nicht von Bundeseinnahmen gesprochen werden kann.

Das «Benzinzollviertel» ist kein Anteil, sondern eine Subvention und fällt hier ausser Betracht.

Der Vorentwurf des Finanz- und Zolldepartementes hat die Anteilsrechte ·der Kantone an den ordentlichen Bundeseinnahmen nicht berührt. In der Expertenkonferenz wurden jedoch verschiedene Anträge gestellt, die eine Aufhebung oder Einschränkung gewisser Anteile der Kantone verlangten.

Wir haben ihnen im vorliegenden Entwurf nur durch Aufhebung der Anteile am Ertrag der Stempelabgaben Bechnung getragen und beispielsweise von der Streichung des Anteils der Kantone an den Beineinnahmen aus der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser und der Herabsetzung des An-

423 teils der Kantone am Ertrag des Militärpflichtersatzes von 54 auf 20 % Umgang genommen.

Für die verlängerte Krisenabgabe sah der Vorentwurf einen schrittweisen Abbau des kantonalen Anteils in der Weise vor, dass zwar der bisherige Anteil von 40 % für die Jahre 1989 bis 1941 beibehalten, in den Jahren 1942 und 1943 aber auf 30 % und von 1944 an auf 20 % reduziert werden sollte. Nach dem vorliegenden Entwurf bleibt der bisherige Anteil bis 1941 aufrecht und wird ab 1942 auf 20 % abgebaut, wenn die Krisenabgabe bis dahin nicht durch die Wehrsteuer abgelöst sein sollte.

Bei der in Aussicht genommenen Wehrsteuer (Art. 42ter) ist kein Anteil der Kantone am Ertrag vorgesehen, da die Zweckbestimmung der Steuer einen solchen nicht als gerechtfertigt erscheinen lässt.

IM. Die Möglichkeit der Erschliessung neuer Steuerquellen.

Wie aus Tabelle 11 auf S. 411 hervorgeht, genügen die dem Bund zur Verfügung stehenden Einnahmen nicht, um den vorgesehenen Finanzbedarf vollständig zu decken. Es ist mit einem verbleibenden Ausgabenüberschuss von 18 Millionen Franken zu rechnen. Die Deckung dieses Fehlbetrages wird eine weitere Etappe der verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes zu bilden haben.

Dabei wird sich die Frage der Erschliessung einer neuen Einnahmequelle für den Bund stellen. Für einmal sind zwei Möglichkeiten ins Auge gefasst worden, eine Kapitalertragssteuer oder eine Umsatzsteuer. In beiden Fällen Tiandelt es sich um bedeutende Fiskalmassnahmen, die zurzeit noch nicht völlig genügend abgeklärt erscheinen. Wir möchten deshalb diese Frage in ·einer zweiten Etappe der Neuordnung des Finanzhaushaltes lösen und sie zum Gegenstand einer besonderen Vorlage machen. An dieser Stelle soll immerhin über die beiden genannten Möglichkeiten eine Orientierung gegeben werden. Anschliessend möchten wir auch die Möglichkeit untersuchen, ob die fehlenden Mittel nicht auf dem Wege der Zollerhöhungen ganz oder wenigstens teilweise beschafft werden könnten.

1. Kapitalertragssteuer.

a. Zweck der Massnahme.

Mit der Einführung der Kapitalertragssteuer würde bezweckt, durch eine Änderung der Erhebungsform den Teil des Kapitalertrages, der sich bisher der direkten Besteuerung durch Bund und Kanton entzogen hat, zu einer Leistung heranzuziehen. Durch die Erhebung an der Quelle einer Steuer auf den
Kapitalerträgnissen könnte der Bund den Einzug eines Teils der auf Kapitalertrag den Kantonen geschuldeten Steuern sicherstellen. Da das dabei anzuwendende Verfahren des Steuerbezugs an der Quelle die Steuerhinterziehung

424 in weitgehendem Masse zu verhindern vermöchte, ergäbe sich eine Vermehrung des Steuerertrages über die bisherigen kantonalen Einnahmen hinaus. Diese Vermehrung würde die erstrebte neue Einnahme darstellen.

b. Das Verfahren der Steuererhebung an der Quelle.

In der Couponabgabe· besitzt der Bund bereits eine Art Quellensteuer.

Das bei der Erhebung angewendete Verfahren besteht darin, dass die Steuer auf dem Ertrage von Kapitalien nicht beim Empfänger des Einkommens erhoben wird, wie es bei unsern direkten Steuern üblich ist, sondern beim Schuldner der steuerbaren Leistung («an der Quelle»). Die Abgabe auf Aktiendividenden beispielsweise wird nicht beim Aktionär, sondern vor der Gewinnausschüttung bei der Aktiengesellschaft bezogen, welche die Auszahlung um den zu Lasten des Aktionärs an den Fiskus abgeführten Steuerbetrag kürzt.

Dieses Verfahren hat, sofern es auf geeignete Objekte angewendet wird, den Vorzug, grosse Erträge gesamthaft und leicht kontrollierbar zu erfassen (z. B. die Gesamtheit der Jahresdividenden einer Aktiengesellschaft in einem einzigen Besteuerungsakt). Die Zahlungspflicht wird Unternehmungen und Personen auferlegt, die von der Nichterfüllung der Steuerpflicht keinen Vorteil hätten, weil sie die Steuer nicht für eigene Eechnung begleichen, sondern zu Lasten ihrer Dividenden- oder Zinsgläubiger. Die Steuererhebung an der Quelle beugt so der Gefahr der Steuerhinterziehung vor und bewährt sich namentlich dort, wo sie auf den Ertrag von Werten angewendet wird, die wegen ihrer Beweglichkeit der Besteuerung leicht entzogen werden können.

c. Die Anwendung der Quellensteuer in der Schweiz.

Das Verfahren der Steuererhebung an der Quelle ist bisher in der Schweiz wenig verwendet worden. Wie erwähnt, macht der Bund von ihm Gebrauch bei der seit dem Jahre 1921 erhobenen Stempelabgabe auf Coupons. Es handelt sich dabei um eine indirekte, auf die Berücksichtigung individueller Unterschiede der Leistungsfähigkeit verzichtende Abgabe. Sie wird neben den kantonalen Steuern erhoben und soll eine massige Zusatzbelastung des fundierten, aus Wertpapieren fliessenden Einkommens bewirken (Steuersätze ursprünglich 2 und 3 %, gegenwärtig 4 und 6 %). Im Kanton Basel-Stadt ist im Jahre 1936 unter der Bezeichnung «Arbeitsrappen» eine nach dem Quellenprinzip durchgeführte Spezialsteuer vom
Arbeitseinkommen (Löhne und Gehälter) zwecks Bereitstellung von Mitteln für die Arbeitsbeschaffung eingeführt worden.

Weitere erwähnenswerte Versuche, von der Methode der Steuererhebung an der Quelle Gebrauch zu machen, sind bei uns nicht unternommen worden.

Bei näherem Zusehen wird das auch ohne weiteres verständlich. Bis vor kurzer Zeit war die Einkommensbesteuerung ausschliesslich Domäne der Kantone.

Innerhalb des engen und wirtschaftlich nicht abgeschlossenen Gebietes eines Kantons lässt sich aber die Steuererhebung an der Quelle nur in beschränktem Masse durchführen. Es fliesst einerseits ein verhältnismässig zu grosser Teil

425 des Einkommens, namentlich des Kapitaleinkommens, aus ausserkantonaler Quelle und anderseits ein zu grosser Teil des Einkommens aus den Quellen des eigenen Kantons in ausserkantonales Gebiet. Eine kantonale Steuer auf Einkommen, das zwar aus dem steuererhebenden Kanton stammt, aber Einwohnern anderer Kantone zukommt, ist, wie in jüngster Zeit für den Basler Arbeitsrappen entschieden wurde (BGE 63, I, 147), auch dann bundesrechtswidrig, wenn sie an der Quelle bezogen wird. Eine kantonale Kapitalertrags Steuer könnte darum bei weitem nicht das ganze im Kanton steuerbare Kapitaleinkommen erfassen, und aus ihrem Ertrage müsste unter Umständen der grösste Teil an Personen zurückvergütet werden, die der Hoheit des Kantons nicht unterstehen.

d. Die Frage plan/massiger Verbindung einer eidgenössischen Kapitalertragssteuer mit den kantonalen direkten Steuern.

Die guten Erfahrungen, die der Bund mit seiner Couponabgabe machte, regten schon früh zur Prüfung der Frage an, ob es nicht ratsam wäre, das Verfahren der Steuererhebung an der Quelle durch eine Bundesmassnahme auf breiterer Grundlage anzuwenden, sei es, um den Kantonen in ihrem Kampf gegen die Hinterziehung kantonaler Steuern vom Kapitalertrag beizustehen, sei es, um dem Bund durch die Erfassung verheimlichter Kapitalerträge eine Mehreinnahme zu verschaffen. Unser Finanz- und Zolldepartement arbeitete im Jahre 1932 den ersten Entwurf eines Gesetzes für eine Kapitalertragssteuer der letztern Art aus. Aus politischen und wirtschaftlichen Erwägungen wurde indessen das Projekt nicht weiter verfolgt. Im Jahre 1935 veröffentlichte Prof. Dr. Grossmann eine Arbeit über das Problem der Steuerlast mit besonderer Berücksichtigung der Schweiz. In dieser wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, durch einheitliche Anwendung des Quellenverfahrens die grosse Steuerreserve zu erschliessen, die in den bisher dem Fiskus verheimlichten Vermögenswerten verkörpert ist. Nun mehrten sich die Stimmen, welche mit Nachdruck die Verwirklichung der eidgenössischen Quellensteuer forderten.

Eine ganze Eeihe von Varianten für nach dem Quellenverfahren zu erhebende Steuern wurde in Vorschlag gebracht.

e. Das Postulat Keller-Reute.

Als wichtigster Vorstoss ist das am 27. Oktober 1937 von Nationalrat Keller-Beute und 30 Mitunterzeichnern eingebrachte und am 23. Dezember 1937
vom Nationalrat erheblich erklärte Postulat zu betrachten. Der Bundesrat wird dadurch eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht eine für die ganze Schweiz einheitliche, jede andere Steuererfassung ausschliessende Besteuerung des Ertrags von Wertpapieren, Bankguthaben und Sparkasseneinlagen einzuführen sei, deren Ergebnis den Kantonen im Verhältnis der Bevölkerungszahl zukommen soll. Vom Ertrag der Steuer hätten die Kantone dem Bund im Sinne von Art. 42, lit. /, der Bundesverfassung (Geldkontingente) einen durch die Bundesversammlung zu bestimmenden Anteil zu überlassen.

426

Der Bundesrat hat das Postulat einer Prüfung unterzogen und ist zum Schlüsse gelangt, dass sich die Einführung einer Steuer der vorgeschlagenen Art nicht empfehlen würde.

Die Verwirklichung des Vorschlages würde in die Finanzsouveränität der Kantone eingreifen, so wenig sich die Antragsteller möglicherweise dieser Tatsache bewusst gewesen sind. Ein wesentlicher Teil des kantonalen Steuerrechts würde ausser Wirksamkeit gesetzt. Überdies träte infolge der vorgeschlagenen Verteilung des Steuerertrages nach dem Verhältnis der Wohnbevölkerung eine für manchen Kanton kaum erträgliche Umschichtung der Steuereinnahmen ein. Ein grosser Teil der von der Bevölkerung kapitalkräftiger Industrie- und Stadtkantone aufgebrachten Steuern käme den kapitalschwächern Landkantonen zugute. Eine derartige Verteilung kann bei einer Steuer mit Verhältnismassig bescheidenem Ertrage, wie bei den eidgenössischen Stempelabgaben, gerechtfertigt werden; sie hört aber auf, billig zu sein, wenn eine Steuer in Frage steht, die im Finanzhaushalt der Kantone eine ausschlaggebende Eolle spielt. Es darf nicht übersehen werden, dass beispielsweise Stadtkantone wohl höhere Steuereinnahmen aufweisen als die Landkantone, dass diesen Einnahmen aber entsprechend hohe Ausgaben für kulturelle und soziale Zwecke gegenüberstehen.

Abgesehen von solchen Bücksichten staatswirtschaftlicher Natur würde die vorgeschlagene Steuer aber auch die kantonalen Steuersysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Es wäre nicht angängig, neben den progressiven Kantons- und Gemeindesteuern auf dem übrigen Einkommen vom Kapitalertrag eine Proportionalabgabe zu erheben. Ein Steuersatz, der nötig wäre, um den durchschnittlichen Ausfall an bisherigen kantonalen Steuern auf dem Kapitalertrag bei den heutigen hohen Steuersätzen auszugleichen, wäre für den dürftig lebenden Kleinrentner unerträglich, für den Grossrentner würde er hingegen eine ungerechtfertigte Erleichterung bedeuten.

/. Der Antrag Streuli.

Der jüngste Antrag auf Einführung der Kapitalertragssteuer ist während der Verhandlungen der Expertenkommission für die Neuordnung der Bundesfinanzen von Eegierungsrat Streuli, Finanzdirektor des Kantons Zürich, gestellt worden. Er bezieht sich auf eine Form,, welche die kantonalen Steuer^ système unangetastet lässt. Eine Bundeseinnahme würde einzig aus der Be lastung
von Einkommensteilen herrühren, die sich der kantonalen Besteuerung entzogen haben oder aus inländischer Quelle im Auslande wohnhaften Personen zufliessen.

Der Antrag ist aus der Erwägung heraus gestellt worden, der Bund werde durch die neue Steuer einen so erheblichen Beitrag an seine ordentlichen Staatskosten erhalten, dass er innert kürzerer Frist, als es sonst wohl möglich wäre, auf die Erhebung sonstiger direkter Steuern (Krisenabgabe, Wehrsteuer) verzichten könne.

427 Die Vorzüge dieser Steueridee sind einleuchtend und haben in weiten Kreisen derart Anklang gefunden, dass ihre Einführung näherer Prüfung wert erscheint. Es war von Anfang an vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement betont worden, dass es angebracht sei, für die weitere Ausgestaltung der Quellenbesteuerung eine Möglichkeit offen zu lassen.

g. Gestaltung und mutmasslicher Ertrag einer Kapitalertragssteuer.

Eine Steuer, welche nur von den kantonalen Steuern bisher unerfassteKapitalerträge einer neuen Belastung unterwirft, den Bürger aber, der seiner Steuerpflicht restlos genügt, nicht zusätzlich belastet, hätte ungefähr folgendes Aussehen : Der Bund erhebt neben der Stempelabgabe auf Coupons, die in der bisherigen Weise weiter bezogen würde, die Kapitalertragsabgabe von den im Gesetz zu bezeichnenden Gegenständen (dem Ertrag von Aktien, Obligationen usw.). Die Steuer wird, wie die Couponabgabe, beim Schuldner des* Kapitalertrages erhoben. Dieser wird verpflichtet, die Belastung in der Form eines Abzuges vom Zins oder von der Dividende auf den Gläubiger zu überwälzen, gleichgültig, ob letzterer im Inlande oder Auslande Wohnsitz hat.

Die den Kapitalertrag vergütende Stelle, d. h. der Schuldner selbst oder die die Couponeinlösung besorgende Bank, stellt dem Ertragsempfänger eine Bescheinigung über den Steuerabzug (ein unterzeichnetes Bordereaudoppel) aus.

Die zu Lasten des Ertragsempfängers gemachte Steuerleistung an den Bundesfiskus ist zunächst nicht als dem Bunde verfallen, sondern als Vorauszahlung an die nächstfällige kantonale Einkommens- oder Vermögenssteuer anzusehen. Die Einkommensteile, auf welchen die Kapitalertragssteuer an der Quelle abgezogen worden ist, müssen vom Empfänger in seiner nächsten.

Steuererklärung gesondert angegeben werden. Die Steuerschuld gegenüber dem Kanton wird unter Einbezug des der Quellensteuer unterworfenen Ertrags und des Kapitals, welches dieser Ertrag abgeworfen hat, festgesetzt.

Von der so ermittelten Steuerschuld sind dann die Beträge abzuziehen,, für welche durch Vorlage der oben erwähnten Bescheinigungen der Couponeinlösungsstellen der Nachweis der durch Entrichtung der Kapitalertrags Steuer erbrachten Vorauszahlung geleistet wird. Allfällige Überschüsse über die nach kantonalem Becht geschuldeten Steuern werden bar zurückvergütet. Schliesslich stellt der Kanton dem Bunde Eechnung über die während einer Abrechnungsperiode angerechneten und zurückvergüteten Beträge: Der Teil der Kapitalertragssteuereinnahmen, welcher nach Entschädigung der Kantone für die angerechneten oder rückvergüteten Beträge übrig bleibt, stellt die neue Mehreinnahme dar. Diese setzt sich zusammen: a. aus der Steuer vom Ertrage inländischer Wertpapiere usw., die im Auslande wohnhaften und darum in keinem Kanton steuerpflichtigen Personen gehören, und

428 b. aus der Steuer von Kapitalerträgen, die im Inlande wohnhaften Personen zufliessen, welche diese Kapitalerträge dem Kanton nicht angeben, um einer die Kapitalertragssteuer übersteigenden kantonalen Belastung zu entgehen.

Als Gegenstand der neuen Steuer würden in erster Linie diejenigen Kapitalerträge in Betracht fallen, welche gegenwärtig der Couponsteuer unterliegen: der Ertrag von Aktien, Stammkapitalahteilen, Obligationen und ähnlichen Werten. Vermutlich wäre es nötig, die Steuerpflicht auch auf den Ertrag von Depositen-, Kontokorrent- und möglicherweise Sparguthaben auszudehnen, sonst müsste wohl mit einer Flucht aus dem Wertpapier ins Sparguthaben gerechnet werden. Eine Ausdehnung der Steuerpflicht auf Hypotheken wäre weder nötig noch ratsam. Hypothekaranlagen können sich, weil sie aus dem Grundbuch ersichtlich sind, der Aufmerksamkeit der kantonalen Steuerbehörden -schwerer entziehen als der Besitz von Wertpapieren. Überdies würde die Erfassung des Ertrags aller Hypothekaranlagen an der Quelle Schwierigkeiten bereiten, die zum Steuermehrertrag in keinem richtigen Verhältnis ständen.

Der Steuersatz wäre durch Gesetz zu bestimmen. Soll die Kapitalertragssteuer ihçen Zweck, das im Kanton nicht versteuerte Kapital zu einer namhaften Leistung heranzuziehen, erfüllen, so wird die Abgabe nicht zu niedrig bemessen werden dürfen. Anderseits wird aber auch kein Steuersatz in Frage Jkommen, der das Kapital aus den Anlagen in schweizerischen Wertpapieren verscheucht.

Der Normalsatz für die an der Quelle erhobene englische Einkommenssteuer beträgt derzeit 25 %, Frankreich erhebt eine Abzugssteuer von 15 bis 30 %, Italien 20 %.

Falls die Kapitalertragssteuer auf 12 % angesetzt würde, dürfte sich die Ertragsberechnung ungefähr folgendermassen gestalten: Pranken Von der Steuer erfasster Kapitalertrag x) 900 000 000 12 % Steuer von diesem Kapitalertrag 108 000 000 Anrechnung auf kantonalen Steuern und Eückvergütungen ca. 70 % 78 000 000 Steuer aus bisher den Kantonen nicht deklariertem Kapitalertrag 30000000 · Die zuletzt genannten 30 Millionen Franken würden die neue Einnahme darstellen, die durch eine Besteuerung des Kapitalertrages an der Quelle er.zielt werden könnte. Da der Ertrag der kantonalen Steuern nicht geschmälert würde, liesse es sich rechtfertigen, die neue Einnahme ganz dem Bunde zu überlassen. Immerhin liesse sich vertreten, den Kantonen einen Anteil am Eein·ertrag einzuräumen.

J

) Ohne Einbezug des Ertrages von Depositen-, Kontokorrent- und Sparguthaben.

429 h. Einwände gegen die Kapitalertragssteuer.

Mit den guten Eigenschaften der Kapitalertragssteuer wären gewisse Nachteile in den Kauf zu nehmen. Um sie richtig zu beurteilen, ist es nötig, sich die mutmasslichen Steuerwirkungen zu vergegenwärtigen.

Der Arbeitsaufwand, der für die kantonale Verwaltung aus der Anrechnung und Eückerstattung an der Quelle abgezogener Steuerbeträge verbunden wäre, würde für die Kantone einen Nachteil darstellen. Je nach der Steuerverfassung und der Organisation des Steuerbezuges würde sich das Verfahren in den verschiedenen Kantonen einfacher oder umständlicher gestalten. Die Schwierigkeiten wären aber, wie aus Erklärungen Sachverständiger hervorgeht, nicht unüberwindlich und vermöchten jedenfalls den Verzicht auf die Einführung einer guten und ertragsreichen Steuermassnahme nicht zu rechtfertigen. Ein dem vorstehend skizzierten ähnliches Verfahren wird seit bald einem Jahrhundert in England angewendet.

Es fragt sich ferner, welche nachteiligen Auswirkungen auf dem Kapitalmarkt zu erwarten sind.

Wenn die Kapitalertragssteuer eingeführt wird, so verändert sich die Belastung derjenigen inländischen Steuerpflichtigen, welche den Kapitalertrag bisher restlos versteuert haben, in keiner Weise. Anders stellt sich die Eechnung bei Personen, die ihr Kapitaleinkommen bisher nicht versteuerten, sei es, dass sie Steuerhinterziehung begingen, sei es, dass sie im Ausland Wohnsitz haben und darum in der Schweiz nicht steuerpflichtig waren. Für solche Personen bedeutet die Kapitalertragssteuer eine neue Belastung. Der ausländische Besitzer wird sich darum fragen, ob es für ihn lohnend sei, seine schweizerischen Wertpapiere trotz der infolge des Steuerabzuges verminderten Eendite zu behalten. In manchen Fällen mag die Antwort verneinend ausfallen.

Der Ausländer wird möglicherweise einen Teil seiner Titel veräussern. Aus ähnlichen Überlegungen werden Inländer, die weiterhin die kantonalen Steuern hinterziehen und auch der Mehrbelastung durch die Kapitalertragssteuer ausweichen wollen, versuchen, ihre Kapitalien aus den dem Steuerabzug unterworfenen Anlagen zurückzuziehen und irgendwo abzugsfrei anzulegen. Es muss also unter Umständen mit einem Druck auf die Kurse gerechnet werden. Ein Teil der Steuer auf dem Ertrage künftig begebener Wertpapiere würde auf diese Weise wohl auf
den Wertpapieremittenten überwälzt. Das alles wird aber von der allgemeinen Lage des Kapitalmarktes und von der Tendenz des Zinsfusses in weitem Masse abhängen. Die Inländer, die ihrer Steuerpflicht genügen, werden durch die Kapitalertragssteuer nicht belastet. Sie haben darum weder Anlass, ihre Titel zu veräussern, noch beim Erwerb neuer Wertpapiere vom Emittenten wegen der Kapitalertragssteuer einen höhern Zins zu verlangen. Eine Kapitalertragssteuer, die auf kantonale Steuern angerechnet werden darf, wird selbstredend nicht den gleichen Einfluss auf die Kursgestaltung von Wertpapieren haben wie ein nicht anrechenbarer Steuerabzug.

Bundesblatt. 90. Jahrg. Bd. I.

81

430

2. Die Umsatzsteuer.

Der Vorentwurf des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes zur gegenwärtigen Vorlage sah eine Verfassungsbestimmung vor, die den Bund ermächtigte, eine Umsatzsteuer zu erheben. Die Umsatzsteuer stiess in weiten Kreisen auf starken Widerstand und wurde auch in der Expertenkonferenz mehrheitlich abgelehnt. Wir haben deshalb die Umsatzsteuer in den vorliegenden Verfassungsentwurf nicht aufgenommen, möchten uns aber eine definitive Stellungnahme für die in Aussicht genommene II. Vorlage vorbehalten.

a. Die Bestrebungen zur Einführung der Umsatzsteuer.

Bei den Untersuchungen über die Möglichkeit der Erschliessung neuer Einnahmequellen, die in den Jahren seit dem Kriege durchgeführt wurden, ist wiederholt auch die Frage der Einführung von Umsatzsteuern erwogen worden. Im Vordergrund stand zunächst eine Umsatzsteuer auf Gegenständen des Luxusverkehrs. Im Zusammenhang mit der Eevision des Gesetzes über die Stempelabgaben wurde 1926/27 angeregt, einen Quittungs- und Fakturenstempel einzuführen, der in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einer massigen Umsatzsteuer entsprochen hätte. Der Gedanke einer einheitlichen Umsatzsteuer nach ausländischen Vorbildern ist dann erneut 1938 und 1935 bei der Aufstellung der Finanzprogramme erwogen worden. Das Projekt wurde zurückgestellt, weil die Ansicht vorherrschte, dass die Umsatzsteuer für Notfälle in Eeserve gehalten werden sollte. Im Jahre 1986 ist ihre Einführung vom Präsidenten des schweizerischen Gewerbeverbandes für die Beschaffung der Mittel zur Förderung der Warenausfuhr und der Fremdenindustrie befürwortet worden. Wir lehnten die Anregung ab, kündigten aber gleichzeitig an, dass in absehbarer Zeit die Einführung einer Umsatzsteuer notwendig sein werde. Durch die Abwertung konnte von dieser Notmassnahme Umgang genommen werden.

Die Kantone erheben zurzeit keine Steuer im Sinne der vom Bund in Aussicht genommenen Umsatzsteuer. Vor einigen Jahren machten sich in verschiedenen Kantonen Bestrebungen geltend, die die Einführung kantonaler Umsatzsteuern bezweckten. Der Kanton Glarus versuchte auf dem Wege einer sogenannten «Minimalsteuer» Filialgeschäfte und ähnliche Unternehmen, die nicht eine ordentliche Steuer von bestimmter Höhe entrichten, nach dem Umsatz zu besteuern. Das Bundesgericht hat jedoch diese Minimalsteuer als
verfassungswidrig aufgehoben. Die in anderen Kantonen eingereichten Volksbegehren, Motionen und Postulate haben ebenfalls keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden.

Anfangs des Jahres 1935 hat der Begierungsrat des Kantons St. Gallen dem Grossen Bat den Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Umsatzsteuer auf dem Kiemverkauf unterbreitet. Der Steuerpflicht sollte jeder Kleinverkauf, der sich von irgendwelchen ständigen, dem Kantonsgebiet zugehörigen Verkaufsstellen aus vollzieht, unterliegen. Umsätze unter Fr. 75 000 waren

431

steuerfrei. Vorgesehen waren gestaffelte Steuersätze von 0,4 % bis 1,5 %.

Für Umsätze von mehr als l Million Franken hätte die Steuer einheitlich l % des Umsatzes betragen. Der Ertrag der Steuer wurde auf Fr. 500 000 geschätzt.

Das Umsatzsteuerprojekt wurde kürzlich vom Grossen Bat von der Traktandenliste gestrichen.

Es ist klar, dass die Umsatzsteuer ein grösseres Erhebungsgebiet voraussetzt, so dass sie wohl nur als Bundessteuer, nicht aber als kantonale Steuer in Frage kommen kann.

b. Die Umsatzsteuer als Steuerquelle des Bundes.

Wenn wiederholt die Einführung einer Umsatzsteuer durch den Bund ins Auge gefasst wurde, so sind dafür folgende Erwägungen massgebend gewesen: Im Mittelpunkt der ordentlichen Einnahmen des Bundes stehen die Zölle und Stempelabgaben. Beide Einnahmequellen sind aber stark krisenempfindlich und die Zolleinnahmen zjidem enge mit der gegenwärtigen Handelspolitik verknüpft. Sollte früher oder später ein Abbau der Zollschranken nötig werden, so müsste ein allfälliger Ausfall durch innere Verbrauchssteuern ausgeglichen werden. Dabei wäre wohl in erster Linie an eine Umsatzsteuer zu denken.

Zurzeit fällt jedoch schwerer ins Gewicht, dass dem Bund überhaupt eine Steuerreserve fehlt, die er nötigenfalls einsetzen kann. Als solche kommt die Umsatzsteuer namentlich dann in Frage, wenn es sich um die Deckung eines grossen Bedarfs handelt. Nach dem Vorentwurf des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements sollte der Bund nur unter verfassungsmässig genau festgelegten Bedingungen zu der Einführung einer Umsatzsteuer schreiten können. Nur für den Fall, dass die ordentlichen Einnahmen trotz strengster Sparsamkeit nicht mehr ausreichten, um das Eechnungsgleichgewicht dauernd sicherzustellen, war ihre Erhebung vorgesehen.

Die Umsatzsteuer wird in mehr als 20 Staaten, unter anderem in den drei Nachbarstaaten der Schweiz, erhoben. Vor einigen Jahren wurde sie auch in Holland eingeführt. In England wird die Umsatzsteuer nicht erhoben, in andern Staaten bildet sie das Rückgrat des Steuersystems.

Die Struktur der Umsatzsteuer ist nicht einheitlich. Allgemein knüpft die Erhebung an Vorgänge des rechtlichen oder wirtschaftlichen Verkehrs an.

Hauptgegenstand der Umsatzsteuer bildet die Lieferung von Waren gegen Entgelt. Dazu kommen in der Eegel gewisse entgeltliche Leistungen sowie die Wareneinfuhr aus dem Ausland.

Nach dem Vorentwurf unseres Finanz- und Zolldepartements war die Umsatzsteuer als Ergänzung der Zölle gedacht. Sie sollte deshalb auf Lieferungen von Waren beschränkt bleiben. Grundsätzlich sollten alle Warenlieferungen der Steuerpflicht unterliegen, ausgenommen die unentbehrlichen Lebensmittel, der Liegenschaftenverkehr, die für die Exportindustrie notwendigen Eoh- und Hilfsstoffe sowieMie Lieferung von Waren ins Ausland.

432 Weitere Steuerbefreiungen blieben der Bundesgesetzgebung vorbehalten. Für Waren, die im Inland der Umsatzsteuer unterliegen, war zum Ausgleich der inneren Belastung eine entsprechende Abgabe bei der Einfuhr vorgesehen.

c. Die Beschränkung der Steuer auf Umsätze von Luxuswaren oder Umsätze der Grossbetriebe des Detailhandels.

In den Beratungen der Expertenkonferenz des eidgenössischen Finanzund Zolldepartements für die Neuordnung der Bundesfinanzen ist mehrfach der Gedanke geäussert worden, dass den Bedenken gegen die Umsatzsteuer abgeholfen werden könnte, wenn das Objekt eine wesentliche Einengung erfahren würde, wenn z. B. die Besteuerung beschränkt würde auf den Umsatz von Luxuswaren oder den Umsatz von Grossbetrieben des Detailhandels.

Der Gedanke der Luxusbesteuerung hat im Kriege und in der Nachkriegszeit in einzelnen ausländischen Staaten eine Verwirklichung erfahren. So war z.B. der Luxusverbrauch in Deutschland ,,von 1918 an mit einer Steuer von 10 %, zeitweilig sogar von 15 % belastet. Im Jahre 1925 wurde jedoch der Satz auf 4,5 % ermässigt und 1926 die Sonderbehandlung des Luxusumsatzes ganz aufgehoben. Auch Frankreich hatte eine Spezialsteuer für Umsätze von Luxuswaren (10 %), die im Jahre 1934 wieder aufgegeben wurde.

Die Hauptgründe, die gewöhnlich zur Aufhebung der Luxussteuern führen, sind der geringe fiskalische Ertrag und die nachteiligen Wirkungen für die Luxusindustrie.

Auch bei uns wurde die Frage der Luxussteuer verschiedentlich erwogen.

Das Ergebnis war stets negativ. Der Bundesrat hat in der Botschaft zum Finanzprogramm 1938 auch zur Frage der Einführung einer Luxussteuer Stellung genommen und seinen ablehnenden Standpunkt begründet. Die Schweiz mit ihrer entwickelten, zum grossen Teil für den Export arbeitenden Luxusindustrie hat triftige Gründe, die Luxussteuer mit Vorsicht zu prüfen.

Die sozial gerechteste Steuer ist sehr oft nicht auch die volkswirtschaftlich beste. Von Vertretern der exportierenden Luxusindustrien ist im Jahre 1922, als die Luxusumsatzsteuer vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement ernstlich geprüft wurde, der dringende Wunsch geäussert worden, auch den Inlandkonsum nicht zu belasten, weil die Schweiz, als ein Land, das hochqualifizierte Waren herstellt, alles vermeiden müsse, was ausländische Steuergesetzgeber zur Nachahmung veranlassen
könnte.

Ein breites, erhebliche Einnahmen versprechendes Objekt bildet einzig der in Tabak und alkoholischen Getränken verkörperte Massenluxus. Er wird im Bahmen der bestehenden Sondersteuern und Zollbelastungen bereits erfasst. Eine Ausnahme bildet der inländische Wein, während der ausländische bereits durch den Zoll in starkem Masse fiskalisch belastet wird. Die besonderen Verhältnisse und Schwierigkeiten, denen die Besteuerung des inländischen Weines Eechnung tragen muss, sind bekannt. 1936 betrug der Wert des eingeführten Weines 21,5 Millionen Franken, der Zollertrag 22,7 Millionen Franken.

Die Zollbelastung- überstieg somit den Wert der Einfuhr.

433

Was die Beschränkung der Umsatzsteuer auf die Warenhäuser und andere Grossbetriebe des Detailhandels betrifft, so lassen sich zu ihrer Begründung mittelstandspolitische Argumente anfuhren. Die Frage, ob die Warenhäuser selber bzw. ihre Kundschaft von einer solchen Steuer wirklich betroffen oder ob nicht vielmehr eine Eückwälzung auf die Fabrikanten bzw. deren Arbeiter, die bei der grossen Kaufkraft der Warenhäuser ja nicht allzuschwer ist, stattfinden würde, muss nach den in Deutschland seit bald 40 Jahren mit dieser Steuer gemachten Erfahrungen allerdings zum mindesten offen bleiben. Wichtiger ist die Tatsache, dass die Warenhaussteuer eine für den Fiskus ziemlich uninteressante Steuer ist, weil die Höhe dieser Umsätze meist ganz gewaltig überschätzt wird. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 5. September 1933 betreffend Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte, gestützt auf ein Gutachten der eidgenössischen Preisbildungskommission, zur Frage einer Sondersteuer für Unternehmungen mit grossen Umsätzen Stellung genommen; er kam dabei zur Ablehnung.

Eine schweizerische Warenhaussteuer würde wenige Millionen Franken abwerfen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass der Ertrag der sanktgallischen Kleinhandelsverkaufssteuer, die nicht nur die Warenhäuser und ähnliche Grossbetriebe getroffen hätte, mit rund Fr. 500 000 veranschlagt worden war. Überträgt man den Ertrag je Kopf der Bevölkerung auf die Schweiz, so ergibt sich ein Betrag von rund 7,5 Millionen Franken.

Zur Deckung eines bedeutenden Bedarfes kommt nur eine allgemeine Umsatzsteuer in Frage.

3. Zolhnassnahmen.

Die Schwierigkeiten, die sich der Erschliessung neuer Steuerquellen für den Bund entgegenstellen, lassen die Frage' berechtigt erscheinen, ob nicht auf dem Wege der Erhöhung der Zölle die nötigen Mittel beschafft werden könnten. Dieser Weg würde auch eine klare Ausscheidung der Steuerquelleu erleichtern. Er ist auch in der Expertenkonferenz in Vorschlag gebracht worden. Wir möchten uns zu dieser Frage wie folgt äussern: Die Zolleinnahmen sind in den letzten 30 Jahren bedeutend gesteigert worden. Sie betrugen im Jahre 1896 = 46 Millionen Franken im Jahre 1906 = 62 Millionen Franken im Jahre 1936 = 320 Millionen Franken <'°kl- J^.r)*-*"1""" Die grösste Steigerung trat nach Inkraftsetzung ^des [Gebrauchstarifes vom 1. Juli
1921 ein. Dieser Tarif wurde aufgestellt auf Grund des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921, wonach «der Bundesrat ermächtigt wurde, die Ansätze des Zolltarifs unter Beobachtung der Bestimmungen von Art. 29, Ziff. l, lit. o--c, der Bundesverfassung im Sinne einer^vorübergehenden Massnahme der wirtschaftlichen Lage anzupassen».

434

In der Tat war der Schutz, welcher der inländischen Produktion durch den Zolltarif gewährleistet werden sollte, in hohem Masse gesunken, da die Warenpreise gestiegen, die Zölle aber, die auf Grund des Bruttogewichtes erhoben werden, gleich geblieben waren. Durch den am 1. Juli 1921 in Kraft gesetzten Tarif wurde der gemässigte Schutzzoll zugunsten der einheimischen Produktion im grossen und ganzen wieder hergestellt.

Auf Grund dieses Tarifs sind nun zahlreiche Tarifverträge mit ausländischen Staaten abgeschlossen worden, zum Zwecke der Belebung unseres Exportes. Durch diese Abmachungen wurde ein Teil der Zollansätze gebunden, andere Ansätze sogar reduziert. Diese Bindungen und Herabsetzungen betreffen die wichtigsten Positionen des Tarifs und beschlagen hauptsächlich Fertigfabrikate, aber auch Halbfabrikate und Eohstoffe. Es ist richtig, dass nicht sämtliche Positionen gebunden sind und dass die Schweiz autonom die Ansätze der nicht gebundenen Positionen verändern könnte. Eine solche Massnahme darf aber nicht angeordnet werden, weil zwischen den Zollansätzen auf Eohstoffen, Halbfabrikaten und Pertigfabrikaten eine gewisse Eelation besteht und bestehen muss. Sind in einer Positionsgruppe einzelne Fertigfabrikate durch Handelsverträge gebunden, so kann an diesen Positionen während der Gültigkeitsdauer der Verträge nichts geändert werden. Würde man nun die nicht gebundenen Positionen der gleichen Gruppe autonom heraufsetzen, so würde die Eelation «Rohstoff-Halbfabrikat-Fertigfabrikat» gestört, und unsere Produktion würde für die aus dem Ausland bezogenen Eohstoffe und Halbfabrikate erhöhte Zölle bezahlen müssen, während das fremde Fertigprodukt nach wie vor zu den gebundenen Ansätzen eingeführt werden könnte.

Es bleibt daher nur die Frage, ob angesichts der heutigen Finanzlage des Bundes nicht ein neuer Zolltarif aufzustellen und in Kraft zu setzen sei. Diese Frage ist in der Botschaft des Bundesrates vom 10. September 1937 betreffend die Partialrevision der Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung behandelt; wir verweisen besonders auf die Ausführungen der Unterkomroission I (Bundesbl. 1987, II 917 und 918). Der Bundesrat schliesst sich diesen Ausführungen an.

So bleiben die sogenannten Finanzpositionen, soweit sie nicht gebunden sind. Es handelt sich hauptsächlich um Artikel, die im Inlande nicht
oder nur in unbedeutendem Masse erzeugt werden. Diese Finanzpositionen sind seit dem Jahre 1920 in bedeutendem Umfange herangezogen worden, und zwar durch Beschlüsse der Bundesversammlung, die auf Grund eingehend motivierter Anträge des Bundesrates gefasst worden sind; wir erwähnen die Zollzuschläge auf Gerste und Malz, die verschiedenen Beschlüsse betreffend Tabak, Benzinzoll, Zuckerzoll, Zoll auf Kaffee und Tee^ Die .Gültigkeitsdauer dieser Massnahmen läuft am 81. Dezember 1938 ab.

Das Steigen der Weltmarktpreise auf einzelnen dieser Artikel und die Abwertung des Schweizerfrankens haben den Bundesrat dazu veranlasst,

435

einzelne dieser Belastungen zeitweilig herabzusetzen, so den Benzinzoll von Fr. 28 auf Fr. 26.50, den Zuckerzoll um Fr. 8 für die Hauptpositionen, den Malz- und Gerstenzoll im Betrage, der einem Franken je Hektoliter Bier entspricht. Eine Wiederherstellung der ursprünglichen höhern Ansätze ist zurzeit weder beabsichtigt noch angezeigt.

Auf dem Gebiete der Zölle dürften also zurzeit Mehreinnahmen nicht beschafft werden können.

D. Die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhanshaltes des Bandes.

l. Grundsätze für die Führung des Finanzhaushaltes.

1. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte.

Angesichts der Ausgabenentwicklung seit Schaffung des Bundesstaates fragt sich mancher besorgt, wohin sie weiter führt. Bläht sich der Staat immer mehr auf, vergrössert sich die Gemeinschaftssphäre auf Kosten der persönlichen Sphäre scheinbar unaufhaltsam, so nähern wir uns schliesslich dem totalitären Staat, der sich in alles und jedes einmischt und auch finanziell unerhörte Anforderungen an die Opferwilligkeit seiner Bürger stellt. Wir unterhöhlen das Fundament, auf dem unser Staatswesen beruht. Welches wäre unter solchen Umständen das Schicksal der Kantone? Die Ausdehnung der Ausgabenwirtschaft des Bundes ist nicht bloss eine finanzielle Frage von allerdings grosser Tragweite; es steht vielmehr der Bestand und das Schicksal der schweizerischen Demokratie auf dem Spiele, die aufgebaut ist auf der Lebensfähigkeit und weitgehenden Selbständigkeit der Kantone einerseits und einem starken Eigenleben des Bürgers anderseits. Kann oder muss dieser Entwicklung Einhalt geboten werden? Oder liegt sie in der Natur der Dinge, unabhängig vom Willen des Menschen ? Wir erinnern in diesem Zusammenhange an unsere Botschaft vom 10. September 1937 über eine Partialrevision der Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung, worin wir die Auffassung vertraten, dass der Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsleben in normalen Zeiten zu begrenzen sei, während ihm in Krisenzeiten die Aufgabe zukomme, die Arbeitslosigkeit und ihre Folgen zu mildern.

Man hat sich bisher in der Ausgabenwirtschaft zu stark von den Ereignissen lenken lassen, ohne sich genügend Eechenschaft abzulegen, wohin diese Nachgiebigkeit führt. Ist es nicht eine Erfahrung, die auch mancher Familienvater gemacht hat, wenn wir in unserer Botschaft vom 80. Juni 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 feststellten : «Anderseits fliessen die Einnahmen in den Jahren der guten Konjunktur so reichlich, dass die öffentlichen Körperschaften unvermerkt der Versuchung unterliegen, in der Bewilligung neuer Ausgaben grosszügiger zu sein.»

436

In der Tat lehren die Erfahrungen langer Jahre folgendes: In der Zeit der Krise und Depression, wenn die Einnahmen der öffentlichen Hand spärlicher fliessen, ist man wohl oder übel gezwungen, mit den ordentlichen Ausgaben zurückzuhalten. Neue Kreditbegehren werden auf spätere, günstigere Zeiten vertröstet und hinausgeschoben. Wenn die Einnahmen mit der Verbesserung der Wirtschaftslage wieder anwachsen sollten, werde man auf die geäusserten Wünsche zurückkommen und ihnen dann wahrscheinlich entsprechen können, so heisst es in solchen Zeiten. Und beginnen dann die Einnahmen wirklich zu steigen, so löst man die Zusicherungen ein. Sobald man sich aber nach der einen Eichtung freigebiger als bis anhin gezeigt hat, wachsen die Ansprüche von allen Seiten, und die ausgleichende Gerechtigkeit erheischt, dass man auch ihnen nach Möglichkeit genüge. So kommt es, dass mit den steigenden Einnahmen auch die Ausgaben anschwellen. Das ist die eine Erfahrung. Eine andere geht dahin: In der Zeit des wirtschaftlichen Rückschlages und Darniederliegens kann der Staat nicht umhin, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und der notleidenden Bevölkerung durch Arbeitsbeschaffung oder Unterstützung zu helfen, sich durchzuschlagen. Die Ausgaben sind daher grösser denn je und das just in einer Zeit, wo die Staatseinnahmen zurückgehen und schliesslich auf einem Tiefstande beharren. Der Staat sieht sich, um mit den Jahren das gestörte Gleichgewicht in der Finanzlage zurückzuerlangen, gezwungen, nicht nur die bisherigen ordentlichen Ausgaben einzuschränken, sondern auch Umschau nach neuen Einnahmequellen zu halten und die alten ergiebiger fliessen zu lassen. Zieht schliesslich die Wirtschaft wieder an und bringen die bessern Verhältnisse eine grössere Wareneinfuhr und zahlreichere Emissionen von Anleihen und Aktien, so fliessen die Zoll- und Stempelsteuereinnahmen des Bundes unversehens über das bisherige Mass hinaus. Wohl wird die Verwaltung bestrebt sein, die zu erwartenden Einnahmen im nächsten Voranschlage möglichst vorsichtig einzuschätzen, so dass im Eechnungsabschluss Einnahmenüberschüsse erscheinen, die zur Eeservebildung geeignet sind. Solche Überschüsse brauchen sich aber nur ein- oder zweimal zu wiederholen, so wird im Parlament und in der Öffentlichkeit bereits mit einer regelmässigen Erscheinung gerechnet, und man lässt
den Ausgaben die Zügel schiessen. In der gleichen Eichtung wirkt der in wirtschaftlich günstigen Zeiten allgemein verbreitete geschäftliche und politische Optimismus, der jeweilen in der Überzeugung gipfelt, dass die Wirtschaftskrisen der Vergangenheit angehörten und die Blüte, wenn nicht ewig, so doch lange Jahre dauern werde. In dieser allgemeinen Geistesverfassung macht man sich kein Gewissen daraus, die Ausgaben das gleiche Tempo einschlagen zu lassen wie die Einnahmen. Und nochmals in der gleichen Eichtung ist auch die überkommene finanzpolitische Theorie wirksam, dass ein Staat keine Eücklagen machen solle, sondern diese Tätigkeit besser den einzelnen Bürgern überlasse; bei steigenden Einnahmen seien die Steuern zu ermässigen und bei mangelnden Einnahmen zu erhöhen.

Diese Anschauungen werden der Wirklichkeit nicht ganz gerecht. Die Zölle z. B. lassen sich in den Jahren günstiger Konjunktur technisch nicht

437

ohne weiteres herabsetzen (dem stehen die Handeisverträge und der verlangte Schutz der inländischen Erzeugung entgegen) ; schliesslich sind die wichtigsten Bundeseinnahmen, die Zölle sowohl als die Stempelabgaben, indirekte Steuern, die den Einzelnen nur mittelbar belasten und daher in Zeiten, wo es den meisten Leuten gut geht, ohne grossen Widerwillen getragen werden. Anderseits liessen sich einmal verkürzte Steuern und Zölle später in der Krise und Depression nur schwierig wieder erhöhen. So lässt man es geschehen, dass die Einnahmen stark anschwellen und die Ausgaben mit sich ziehen. Daher stellten wir schon in der Botschaft vom 3. November 1932 zum Voranschlag für das Jahr 1933 fest: «Unser Ausgabenbudget ist allzusehr auf die Jahre der Blüte, der reichen Einkünfte, zugeschnitten.» Kommt dann der Eückschlag durch eine Krise, gehen die Einnahmen infolgedessen schroff zurück und steigen die Ausgaben zur Bekämpfung und Überwindung der Arbeitslosigkeit und Not, so fehlen die Mittel. Die Schlussfolgerung lautete denn auch in der gleichen Botschaft : «Wir müssen uns daran gewöhnen, die Ausgaben nach den Einkünften der mageren Jahre zu richten. Wenn die fetten Jahre wiederkommen, so wollen wir die Schuldentilgung beschleunigen und die durch die Krise erschöpften Eeserven auffüllen.» Sind solche Rücklagen vorhanden, so können sie in der ersten Zeit der Krise und Depression unverzüglich eingesetzt werden, ohne dass man von vorneherein gezwungen wäre, erhöhte oder neue Steuern zu erheben oder übertriebene Einsparungen durchzusetzen, wodurch im einen wie im andern Falle die Kaufkraft der betroffenen, von der Krise bereits geschwächten Bevölkerungsteile nochmals geschmälert wird. Daher bedauerte der Bundesrat schon in seiner Botschaft vom 6. November 1931 zuin Voranschlag für das Jahr 1932, dass es in der vorangegangenen Zeit relativer Erholung nicht möglich gewesen sei, durch raschere Schuldentilgung und grössere Bückstellungen uns noch besser auf die mageren Jahre vorzubereiten.

Das sind die Erfahrungen der letzten Jahre. Blättern wir in früheren Botschaften nach, so stossen wir erstaunt auf Stellen, die zeigen, dass der Bundesrat schon vor dem Weltkriege die gleichen Erfahrungen gemacht hatte.

Dafür ein Beispiel: In der Botschaft vom 17. Juni 1907 über die finanzielle Lage des Bundes stellte der
Bundesrat fest, dass unser finanzielles Gleichgewicht hauptsächlich vom Ertrage der Zölle abhänge, der Zölle, die mehr als jede andere Steuer Schwankungen unterworfen seien. «Diese grossen Schwankungen ... gestatten uns nicht, uns leichthin dem Optimismus hinzugeben, der gewöhnlich in den Perioden der Überschüsse zutage tritt; denn wir müssen bei einem fast ausschliesslich auf den Zolleinnahmen beruhenden Budget immer befürchten, dass wir nicht in der Lage sein werden, den mageren Jahren standzuhalten.» Und der Bundesrat von damals scheute sich nicht, die gleiche Schlussfolgerung zu ziehen, nämlich:

438

«Eine weise Vorsichtsmassregel, die schon lange hätte getroffen werden können und in Zukunft, je nach den Umständen, getroffen werden sollte, bestände darin, jedes Jahr einen bestimmten Teil jener Einnahmen einem Eeservefonds zu überweisen, dem auch die jeweiligen Überschüsse der Staatsrechnung ganz oder teilweise zugewiesen werden könnten.» An diesen Äusserungen fällt auf, dass sich der damalige Bundesrat nicht damit begnügen wollte, allfällige Bechnungsüberschüsse einer Eeserve zuzuweisen; vielmehr wollte er ihr die zusätzlichen und ansteigenden Zolleinnahmen vorweg zuführen. Das hätte wahrscheinlich bedingt, dass er schon in den Voranschlägen zum Ausgleich der steigenden Einnahmen unter den Ausgaben eine Einlage in einen so oder anders benannten Fonds eingestellt hätte.

Der Bundesrat von 1907 fuhr fort : «Damit wäre ein Mittel geschaffen, den Mindereinnahmen und Defiziten zu wehren, ohne die Disponibilitäten und das Vermögen des Bundes anzugreifen. In den Jahren des Überflusses und des Gedeihens soll man der Hungerjahre und der schlechten Zeiten gedenken und die nötigen Massnahmen treffen, um die Zukunft sicherzustellen.» Diese Beformpläne blieben leider unverwirklicht. Der Weltkrieg, der 1914 ausbrach, liess alle bisherigen Sorgen in den Hintergrund treten. Kaum hatte er dem Frieden Platz gemacht, so begann eine riesige wirtschaftliche Anpassungskrise die Welt heimzusuchen. Die Schweiz litt darunter wie wenige andere Länder. An der Kandersteger Finanzkonferenz vom September 1920 wurde festgestellt, dass ein Finanzbedarf von 150 Millionen Franken jährlich zu decken sei. Alle Bestrebungen mussten darauf gerichtet sein, das Gleichgewicht in der Verwaltungsrechnung des Bundes wiederherzustellen. Man hoffte damals, dieses Ziel im Jahre 1925 zu erreichen. Tatsächlich gelang es im Jahre 1926. In der Botschaft vom 28. Oktober 1927 zum Voranschlage für das Jahr 1928 findet sich folgende Stelle: «Zunächst war die Anwendung des 1921 in Kraft gesetzten neuen Gebrauchstarifs und später der Verkehrsaufschwung, die zusammen die Zolleinnahmen in so erfreulichem Masse anwachsen Hessen. Indessen lässt sich der Schluss ziehen, dass die Zolleinnahmen im Jahre 1926 den Höhepunkt erreichten.» Und weiter hiess es: «Es wäre gewagt, von den Zöllen in der Zukunft wesentliche Mehrerträgnisse zu erhoffen.» Darin täuschte
sich der Bundesrat. In Wirklichkeit stieg der Ertrag der Zölle von 1926 mit 222 Millionen Franken bis 1931 um nicht weniger als 86 Millionen auf 308 Millionen Franken! Ähnlich verhielt es sich mit den Stempelabgaben, deren Ertrag ebenfalls alle Erwartungen übertraf. In den Jahren ausgesprochener Hochkonjunktur von 1927 bis 1930 steigerten sich die Einnahmen in der Hauptsache von selbst um nicht weniger als 120 Millionen

439

Franken, jährlich um durchschnittlich 30 Millionen Franken. Und die Ausgaben? In der gleichen Zeit nahmen sie um etwas über 100 Millionen Franken zu. Wäre da nicht der Augenblick gekommen gewesen, die überschiessenden Einnahmen nach dem Vorschlage des Bundesrates vom Jahre 1907 beiseite zu legen, noch bevor die Ausgaben den Wettlauf mitmachten?

2. Die Nutzanwendung für die Zukunft.

Wenn man daran geht, langjährige Erfahrungen der Vergangenheit für die Zukunft auszuwerten, so stellt sich sogleich die Frage, ob es überhaupt richtig sei, von der Vergangenheit auf die Zukunft zu schliessen. Wird sich der zyklische Wechsel in den wirtschaftlichen Konjunkturen, der sich auf manche Jahrzehnte zurück auch in der Schweiz verfolgen lässt, in der kommenden Zeit fortsetzen? Es gibt Leute, die das bezweifeln. Hätten sie recht, wäre dann nicht die Eeservepolitik auf Sand gebaut? Darauf lässt sich folgendes erwidern: In den Jahren vor dem Weltkriege, als der Bundesrat die oben erwähnte Forderung aufstellte, erwarteten manche Volkswirtschafter, dass die Konjunkturschwankungen im Laufe der Zeit zusehends abflachen und schliesslich sogar verschwinden würden. Es kam aber anders. Die zwei Wirtschaftskrisen, die die Welt seit Ende 1920 und Ende 1929 heimsuchten, übertrafen an Heftigkeit alle bisherigen Erfahrungen; dabei war die jüngste noch tiefgehender als die Nachkriegskrise. Es hat also nicht den Anschein, als ob wir in Zukunft von Wirtschaftskrisen verschont bleiben. Inzwischen hat sich übrigens in einigen der Länder, wo sich seit 1933 eine Verbesserung der Konjunktur anbahnte, bereits wieder ein Umschwung mit starker Vermehrung der Arbeitslosigkeit eingestellt. Dabei ist die Welt um eine neue Erfahrung reicher geworden. Es hat sich nämlich in jenen Ländern gezeigt, dass Hochkonjunktur (oder was man früher so bezeichnete) nicht unbedingt gleichbedeutend sein muss mit voller Beschäftigung der Arbeiterschaft. Während früher das Heer der Arbeitslosen mit dem Eintritt der Hochkonjunktur bis auf unbedeutende Beste verschwand, blieb das Mass der Arbeitslosigkeit unter der Herrschaft der letzten guten Konjunktur überraschend gross. Besorgt fragt man sich, ob hinfort allgemein damit zu rechnen sei, dass das grosse soziale Übel der Arbeitslosigkeit eine Dauererscheinung bleibe. Wenn dem so wäre, könnte der Posten
«Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsbeschaffung oder Krisenunterstützung» selbst in den besten Zeiten nicht mehr aus dem staatlichen Voranschlag gestrichen werden, ja, in der Krise und Depression müsste er noch eine beträchtliche Erhöhung erfahren. Damit fiele die Notwendigkeit, für noch schlimmere Zeiten durch Anlage von Eeserven Vorsorge zu treffen, keineswegs dahin.

Nachdem der Aufschwung, den unser Wirtschaftsleben seit der Abwertung genommen hat, wohl hauptsächlich infolge der amerikanischen Depression und infolge steigender politischer Unsicherheit zum Stillstand gekommen ist, fällt es schwer, sich vorzustellen, dass die Schweiz wieder einmal einer wirklich guten Konjunktur mit stark ansteigenden Zoll- und Stempeleinnahmen teil-

440

haftig werden könnte. Man darf sich aber nicht beirren lassen. Jedenfalls ist es nötiger als je, dass der Staat sich vorsehe und dem unvermeidlichen Wechsel im Auf und Ab des Wirtschaftslebens Eechnung trage.

3. Inhalt und Gegenstand der in die Verfassung aufzunehmenden Grundsätze gesunder Finanzgebarung.

a. Das anscheinend unaufhaltsame Ansteigen der Bundesausgaben, das von den unentwegten Staatsinterventionisten nicht ungern gesehen wird, flösst andern Bürgern schwere Bedenken ein. Es sollte eine obere Grenze vorgeschrieben werden, die unter keinen Umständen überschritten werden darf, wird gelegentlich gefordert. Aber die Überlegung zeigt, dass eine mechanisch abgesteckte Grenze kaum längere Zeit eingehalten werden könnte.

Setzt man den «Plafond» der Ausgaben'hoch an, damit der Verwaltung eine gewisse Elastizität namentlich in Krisenzeiten gewahrt bleibe, so läuft man Gefahr, dass der Spielraum schon in den Jahren guter Konjunktur ausgenützt werde; setzt man ihn im Gegenteil tief an, so lahmt er bei Ausbruch von Wirtschaftskrisen die staatliche Tätigkeit, die gerade dann am dringendsten ist und sogar einer Ausdehnung bedarf.

Eine andere Auffassung vom Ausgabenplafond, die in der Sachverständigenkommission geäussert worden ist und manches für sich hat, geht dahin, es sollte das jeweilige Volkseinkommen ermittelt und ein gewisses Verhältnis zwischen den Ausgaben des Bundes und diesem Volkseinkommen festgesetzt werden, das nicht überschritten werden dürfte. Diese Forderung stellt für die Bemessung der öffentlichen Ausgaben und der Steuern mit Eecht auf die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung ah. Aber abgesehen davon, dass das Volkseinkommen keine absolut feststehende Grosse darstellt, sondern eine mehr oder weniger begründete Schätzung, die überdies erst mit einer gewissen Verspätung vorgenommen werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass das Volkseinkommen mit der guten Konjunktur steigt und mit der Krise und Depression zurückgeht. Dürfte nun ein bestimmtes zahlenmässiges Verhältnis zwischen Volkseinkommen und Bundesausgaben nicht überschritten werden, so würde dies zunächst bedeuten, dass die Ausgaben mit zunehmendem Volkseinkommen anwachsen dürften. Wie dargestellt, halten wir aber gerade dieses Anschwellen der Ausgaben in den Jahren guter Konjunktur für fehlerhaft.

Umgekehrt müssten nach der
gleichen Formel die Ausgaben in der Krisenzeit stark eingeschränkt werden, also just in einer Zeit, wo der Staat seine Ausgaben notgedrungen zur Bekämpfung und Überwindung der Arbeitslosigkeit ausdehnen muss. Eichtigerweise wäre also vorzuschreiben, dass die Bundesausgaben in den Jahren der Blüte prozentual (gemessen am steigenden Volkseinkommen) zurückgehen und in den Jahren des wirtschaftlichen Eückschlages und Darniederliegens ansteigen sollten. Eine solche Formel erscheint aber etwas gekünstelt. Wir halten daher dafür, dass unser System, die in der Krisenzeit herabgesetzten ordentlichen Ausgaben in den Jahren guter Konjunktur nur

441

beschränkt anwachsen zu lassen, um sie im darauffolgenden Umschwung um so eher vorübergehend erhöhen zu können, dem Gedanken des Plafonds besser Rechnung trage.

Der entsprechende Grundsatz gesunder Finanzgebarung, den wir beantragen, in die Verfassung aufzunehmen, lautet daher: «Entstehen infolge besserer Wirtschaftslage Einnabmenüberschüsse, so sind daraus Eücklagen zu bilden, die in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten zur Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichtes verwendet werden können.» Wie kann diese Politik der Eücklagen praktisch durchgeführt werden?

Angenommen, es gelänge, im Verlaufe der nächsten Jahre das Gleichgewicht in der Verwaltungsrechnung des Bundes herzustellen und zu befestigen, und es würde sich zeigen, dass die Einnahmen (Zölle und Stempelabgaben) die Neigung haben, allmählich anzuwachsen, so würde der Bundesrat dieser Tatsache bei der Aufstellung des nächsten Voranschlages dadurch Eechnung tragen, dass er annähernd in der Höhe des mutmasslichen Zuwachses der Einnahmen eine Pondseinlage unter die Ausgaben einstellte. Würde sich bei Eechnungsabschluss dennoch ein Überschuss der Einnahmen erweisen, etwa, weil gewisse Einnahmen einen grössern Ertrag abwerfen als im Voranschlag angenommen worden war oder weil gewisse Ausgaben hinter den Erwartungen zurückblieben, so wäre auch dieser Überschuss der Eeserve zuzuführen. Damit dieses Verfahren wirksam sei, müsste für die im Laufe des Budgetjahres notwendig werdenden Ausgaben allerdings besondere Deckung entweder in Form von Einsparungen auf andern Ausgaben oder von neuen Einnahmen bereitgestellt werden. Andernfalls würde einfach die gesamte Fondseinlage durch rteue Fehlbeträge wettgemacht und das Ziel wäre nicht erreicht.

b. Daher bedingt der Grundsatz, dass Einnahmen oder Ersparnisse, die besserer Wirtschaftslage entspringen, für spätere ungünstigere Zeiten beiseitezulegen seien, eine Ergänzung durch einen zweiten Grundsatz, wonach neue Ausgaben nur beschlossen werden sollen, wenn durch Einsparungen oder durch neue Einnahmen für Deckung gesorgt ist. Dieser Weisung entsprechend, wird der Bundesrat bestrebt sein, in Vorlagen an die eidgenössischen Eäte, worin neue Ausgaben vorgesehen sind, wenn immer möglich die hinreichende Deckung vorzuschlagen, damit das Parlament sowohl als das Volk in voller Kenntnis der neuen Ausgaben-
und Deckungsbedürfnisse dazu Stellung nehmen kann.

Nun wird es Gesetzesvorlagen geben, deren Durchführung nur so nebenbei gewisse Ausgaben mit sich bringt, so dass es kaum angeht, in der gleichen Vorlage einlässliche Bestimmungen über bestimmte Sparmassnahmen oder neue Steuern und Zolle aufzunehmen. In solchen Fällen wird der Bundesrat bei späterer, passender Gelegenheit Deckungsvorschläge einbringen. Mitunter wird man einige Ausgaben zusammenkommen lassen und sie gemeinsam durch eine neue Steuer decken. Es kann aber auch sein, dass ein Ausgabenbeschluss unzweifelhaft dringlicher, unaufschiebbarer Natur ist, so dass nicht

442

abgewartet werden kann, bis Vorschläge über neue Einsparungen oder Einnahmen bereitliegen oder gar verwirklicht sind. Man denke an Kredite für die Landesverteidigung oder die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Da wird man darauf bedacht sein müssen, solche Ausgaben nachträglich möglichst, rasch durch Einsparungen oder Steuern zu decken, es sei denn, es stehen Reserven zur Verfügung, auf die man unmittelbar greifen kann. Ein Beispiel solcher nachträglicher Deckung sind die Wehrkredite im Betrage von 235 Millionen Pranken, die zunächst durch die Aufnahme der Wehranleihe (mit einem Ertrage von 335 Millionen Pranken) gesichert wurden und für die eine Tilgung in etwa zwölf Jahren vorgesehen ist.

Auch der gewissenhafte Haushalter entschliesst sich erst zu neuen, dauernden oder einmaligen grössern Ausgaben, wenn er über die entsprechenden neuen Einnahmen verfügt oder bisherige Ausgaben hinfällig werden oder eine Einschränkung vertragen, es sei denn, dass ein Notfall gebieterisch rasches Handeln verlange und die Veräusserung von Vermögen oder die Aufnahme von Schulden unabwendbar mache. Dass im öffentlichen Haushalt oft anders gehandelt worden ist, zeigt jahrelange Erfahrung. Es kommt nicht selten vor, dass Ausgabenvorlagen von den Einnahmenvorlagen getrennt zur Beratung und Beschlussfassung durch das Parlament und das Volk eingebracht werden, gelegentlich, weil die Verbindung aus diesem oder jenem Grunde gar nicht möglich ist. Neuen Ausgaben wird aber leichter zugestimmt, wenn man sich nicht den Kopf darüber zerbrechen muss, wie die entsprechenden Einnahmen aufzubringen sind. Handelt es sich auf der andern Seite darum, eine neue Einnahme zu beschliessen, so ist die Bereitwilligkeit dazu sowohl in den Bäten als im Volke bedeutend geringer. Dergestalt hat sich ein tatsächliches Missverhältnis in der Ausgaben- und Einnahmenbewilligungspraxis eingestellt.

Die Wiederherstellung der Parität erscheint daher nötig. Das war offenbar die Überzeugung der eidgenössischen Bäte selbst, die, ohne dass es vom Bundesrat beantragt worden wäre, auf eigene Initiative folgende Bestimmung in den Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die ausserordentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes im Bundeshaushalt aufgenommen hatten: «Neue Ausgaben sind nur zulässig, wenn die
erforderlichen Mittel entweder vorhanden sind oder auf dem ordentlichen verfassungsmässigen Wege bewilligt werden.» Das war Art. 31, Abs. 2, des ersten Finanzprogramms. Die Absicht war lobenswert; die Durchführung liess zu wünschen übrig. Das ist nicht weiter verwunderlich. In einer Zeit der Krise, die rasche Entschlüsse erheischt, war es ausgeschlossen, jede neue Ausgabe mit einer entsprechenden Einnahme zu verbinden. «Erforderliche Mittel» aber waren keine vorhanden. Eine solche Vorschrift kann nur für einigermassen normale Zeiten gelten. Aber auch in ruhigeren Zeiten bedingt sie gewisse Ausnahmen, sei es nur, weil es technisch schwierig wäre, für jede kleinere Ausgabe auch eine entsprechende neue Steuer

443

einzuführen. Nach dem voranstehenden hat die Formel überdies noch einen ·weitern Mangel: Gerade in normalen Jahren zeigt sich bei den Einnahmen die Neigung, selbsttätig anzuwachsen. Das hat zur Folge, dass, wenn es gilt, eine neue Ausgabe zu beschliessen, die «erforderlichen Mittel» leicht vorhanden sind. Also kann man in solchen Zeiten ruhig neue Ausgaben beschliessen, in der Erwartung, die meist in Erfüllung geht, dass die Einnahmen ohnehin anschwellen werden. Zur Bildung von Rücklagen für die Mangeljahre bleibt dann nichts übrig. Wir haben daher in die dritte Wegleitung für die Finanzgebarung des Bundes den Zwischensatz: «wenn die erforderlichen Mittel vorhanden sind» bewusst ausgemerzt. Sollen neue Ausgaben beschlossen werden, so wird man sich stets genau überlegen müssen, ob bestehende Ausgaben eingeschränkt werden können oder ob es verantwortet werden kann, den Steuerzahler im allgemeinen oder gewisse Schichten von Steuerzahlern im besondern neu zu belasten. Dieser Grundsatz ist eigentlich selbstverständlich, er entspricht ebenfalls gesunder Finanzpolitik. Er ergänzt und bestärkt den Willen zur Eeservebildung. «Spare in der Zeit, so hast du in der Not.» Freilich genügt es nicht, ihn bloss als Grundsatz in die Verfassung aufzunehmen: Bundesrat, eidgenössische Bäte und Volk müssen sich seiner stets gegenwärtig sein und wenn irgendwie möglich darnach handeln.

Hält man sich die geschilderten Erfahrungen und Erwägungen vor Augen, so lässt sich auch Stellung zu der Forderung nehmen, dass die Ausgabenbeschlüsse der eidgenössischen Bäte dem obligatorischen Finanzreferendum zu unterstellen seien, wie das in einer Reihe von Kantonen rechtens ist. Abgesehen davon, dass es nicht wohl angeht, den Schweizerbürger für jede neue, auch die kleinste Ausgabe an die Urne zu rufen, wäre eine solche Vorschrift kein Allheilmittel gegen eine starke Aufblähung der Ausgaben. Es wird gerade in den Jahren der wirtschaftlichen Blüte wirkungslos bleiben, nämlich dann, wenn das Volk weiss, dass die Finanzen in bester Ordnung sind und die Einnahmen reichlich fliessen, so dass es keine Bedenken zu haben braucht, der Vorlage zuzustimmen. Zu andern Zeiten wiederum wäre es gefährlich, gewisse Ausgaben, z. B. für die Landesverteidigung, dem Ungewissen Schicksal einer Volksabstimmung auszusetzen. Gerade diese Überlegung war es,
die die Initianten des Volksbegehrens zur Wahrung der Volksrechte in Steuerfragen (vom 29. Dezember 1984) bewegte, auf das obligatorische Referendum für · Ausgabenbeschlüsse zu verzichten und statt dessen die obligatorische Volksabstimmung «über die Einführung und die Erhöhung von Steuern und Abgaben» zu verlangen. Dieses obligatorische Beferendum für Einnahmenbeschlüsse, das sich ebenfalls in einer Beihe von Kantonen vorfindet, passt aber wiederum nicht gut für die grossen Verhältnisse der Eidgenossenschaft.

Wenn einem Kanton vom Volke dringende Einnahmen verweigert werden,, die er braucht, um das Gleichgewicht im Finanzhaushalt aufrechtzuerhalten, so leidet zwar sein Kredit darunter, nicht aber seine Existenz selbst, weil hinter ihm immer noch der Bund als letzte Stütze steht, wofür mehrere Beispiele angeführt werden könnten. Anders beim Bunde. Werden ihm in kri-

444

tischer Zeit die erforderlichen Mittel verweigert, so leidet darunter die Landeswährung, und die Folgen können finanziell und wirtschaftlich derart katastrophal sein, dass auch die Demokratie zu Schaden kommt. Wir halten aus diesen Überlegungen heraus dafür, dass es zweckmässiger sei, für die Ausgabenund Einnahmenbeschlüsse des Bundes mit Bezug auf die Mitwirkung des Volkes kein neues Eegime einzuführen, dagegen durch die Aufnahme der Deckungsklausel als Grundsatz in die Verfassung und durch ihre vernünftige und den Verhältnissen angepasste Anwendung in der Praxis zur Gesundung des Bundesfinanzhaushaltes beizutragen.

c. Bei Beratung zeitlich dringender, unaufschiebbarer allgemeinverbindlicher Bundesbeschlüsse, wo das Mitspracherecht des Volkes ausgeschaltet ist, besteht die Möglichkeit, dass die Vertreter des Volkes und der Stände grössere Ausgaben beschliessen, als der Bundesrat in Würdigung aller Verhältnisse vorschlägt. Das Parlament steht unter dem Eindruck, dass die Ausgabe unumgänglich und unaufschiebbar sei; gleichzeitig fehlt ihm aber zur Zeit der Beratung der Vorlage der Überblick über den gesamten Finanzhaushalt. Da die Deckungsklausel ausser Betracht fällt, entschliesst man sich auch leichter zur Bewilligung erhöhter Kredite, wenn aus der Mitte der Versammlung ein derartiger Antrag gestellt wird. Der Bundesrat hält dafür, dass in solchen Fällen der Dringlichkeit das von ihm vorgeschlagene Mass eingehalten werden sollte. Zeigt es sich in der Folge, dass der Kredit tatsächlich nicht genügt, so wird der Bundesrat zweifellos einen ergänzenden Antrag stellen. Findet das Parlament, dass der Kredit von Anfang an grösser sein müsse, so bleibt es ihm unbenommen, vom Bundesrat raschestens die Vorlage eines dem Eeferendum unterstehenden Bundesgesetzes oder Bundesbeschlusses zu verlangen. Bis zum Zeitpunkte, wo die Vorlage Gesetzeskraft erhielte, würde wohl der dringlich beschlossene, vom Bundesrat ursprünglich beantragte Kredit hinreichen. Ähnlich sollen nicht allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse im Hinblick auf die Höhe und den Zweck keine andern Ausgaben mit sich bringen dürfen, als der Bundesrat vorschlägt. Daher der Grundsatz, wie er unter Ziffer 4 von Art. 42 der Verfassungsvorlage aufgeführt ist.

Dagegen soll der Budgetbeschluss nicht unter diese Vorschrift fallen.

Fast alle Ausgabenposten
des Voranschlages haben ihre gesetzliche Grundlage in besondern Gesetzen und Bundesbeschlüssen. Die Erhöhung eines vom Bundesrat anbegehrten Kredites im bereits beschlossenen Kahmen stellt für den Bund keine entsprechende Ausgabenpflicht dar, sondern erweitert lediglich die ihm für seine Ausgaben zur Verfügung stehenden Mittel für den Fall, dass er sie trotz sparsamen Haushaltens benötigen sollte. Anders steht es bei den wenigen Posten, die ihre rechtliche Grundlage im Voranschlage selbst haben. Hier begründet der Budgetbeschluss auch eine Ausgabenpflicht. Da jedoch diese wenig ins Gewicht fallenden Ausgabenposten von den eidgenössischen Bäten im Zusammenhang mit der Gesamtheit der Ausgaben und Einnahmen behandelt werden, jedem Parlamentsmitglied daher der Überblick über den ganzen Haushalt des Bundes geboten ist, so besteht sachlich wohl

445 keine Notwendigkeit, das Budgetrecht der eidgenössischen Bäte einzuschränken.

In diesem Sinne nehmen wir Stellung zum letzten Satz des Volksbegehrens zur Wahrung der Volksrechte in Steuerfragen («Die Bundesversammlung kann bei Ausgabebeschlüssen nicht über die Anträge des Bundesrates hinausgehen») sowie zu der noch nicht erheblich erklärten Motion von Nationalrat Walter-Olten vom 7. Oktober 1936, die die Ausgabenkompetenz der Bundesversammlung grundsätzlich auf die Genehmigung, Herabsetzung oder Ablehnung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Ausgabenposten beschränken will, und der ebenfalls noch nicht erheblich erklärten Motion von Nationalrat Jäggi vom 18. März 1937 betreffend das obligatorische Eeferendum für Ausgabenbeschlüsse der eidgenössischen Eäte, die über die Anträge des Bundesrates hinausgehen.

d. Ein wichtiger Gegenstand der Finanzgebarung sind die Bundesbeiträge.

Schon oft ist es als Mangel empfunden worden, dass leitende Gesichtspunkte, die für alle Subventionen gleichmässig gelten sollen, nirgends anzutreffen sind.

Wir haben in Art. 42, Ziffer 5, versucht, die Bedingungen zu formulieren, an die die Ausrichtung von Bundesbeiträgen geknüpft werden sollte.

Ob dieser für die Subventionen geltende Grundsatz den Anlass geben wird, ein besonderes Subventionengesetz auszuarbeiten oder die bestehenden Gesetze und Verordnungen über einzelne Bundesbeiträge zu revidieren, steht dahin und braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden.

e. Die Aufzählung der Grundsätze gesunder Finanzgebarung wäre unvollständig, wenn nicht noch der Schuldentilgung gedacht würde.

Die Notwendigkeit, die seit dem Weltkriege und der Nachkriegskrise gewaltig gestiegenen Schulden des Bundes innerhalb einer bestimmten Frist planmässig zu tilgen, ist in der Schweiz unbestritten. Schon der Art. 42bls betreffend die Erhebung einer einmaligen Kriegssteuer, der durch Volksabstimmung vom 6. Juni 1915 der Verfassung einverleibt worden war, diente dem Zwecke, die bis dahin aufgelaufenen Mobilisationskosten zu decken und abzutragen. Aber selbst die alle Erwartungen übertreffenden Eingänge aus dieser neuen Steuer auf Kapital und Erwerb genügten nicht, das gesteckte Ziel zu erreichen. Der Bundesrat hielt Ausschau nach weitern ausserordentlichen Einnahmequellen. Am 18. September 1916 beschloss er auf Grund der ihm bei
Kriegsausbruch verliehenen ausserordentlichen Vollmachten, eine eidgenössische Kriegsgewinnsteuer rückwirkend auf den 1. Januar 1916 einzuführen. Auch der Ertrag dieser Steuer übertraf alle Mutmassungen. Dennoch stiegen die Fehlbeträge der eidgenössischen Staatsrechnung unaufhaltsam und mussten fortwährend durch neue Anleihen gedeckt werden. Die Erhebung einer wiederholten eidgenössischen Kriegssteuer als Tilgungssteuer war nicht zu vermeiden. Dem Verfassungsartikel wurde am 4. Mai 1919 mit überwältigendem Mehr von Volk und Ständen Angestimmt. Der Bundesbeschluss über die neue ausserordentliche Kriegssteuer vom 28. September 1920 trat am 1. Januar 1921 in Kraft. Da aber damals rund 150 Millionen Franken Bundesblatt.

90. Jahrg.

Bd. l.

32

446

in der Verwaltungsrechnung des Bundes fehlten und das Gleichgewicht erst im Jahre 1926 wieder erlangt wurde, so liess die tatsächliche Tilgung für solange auf sich warten. Mit jenem Jahre begann der Bund, seinen Schuldenüberschuss nach dem Annuitätensystem auf Grundlage der Kriegssteuer bestimmungsgemäss und tatsächlich zu tilgen, und zwar noch bevor der Bundesbeschluss vom 15. Juni 1927 über die Tilgung der eidgenössischen Staatsschuld in Kraft getreten war. Ende 1932 fiel die Kriegssteuer dahin, und die weitere Tilgung vollzog sich seither ausschliesslich nach Massgabe der planmässig anwachsenden Zinseinsparungen auf der abnehmenden Schuld.

Bis Ende 1931 war dergestalt der Passivsaldo der eidgenössischen Vermögensbilanz um rund 310 Millionen Franken (einschliesslich der « Tilgungsreserve » im Betrage von 81,7 Millionen) auf 1839 Millionen Franken zurückgegangen.

1935 belief er sich auf genau die gleiche Summe, d. h., trotzdem der Tilgungsplan auch in der Krisenzeit strikte eingehalten wurde, nahm der Schuldenüberschuss nicht ab, weil sich die jährlichen Fehlbeträge und die Tilgungsquote ineinandergerechnet die Waage hielten. In den Jahren 1936 und 1937 erfuhr der Passivsaldo infolge militärischer Aufwendungen wieder einen Zuwachs.

Die langen Jahre der'Krise haben mit seltener Eindringlichkeit gelehrt, dass nicht nur der Privatmann, sondern auch der Staat gut daran tut, seine Schulden allmählich abzutragen. Der selbstgewollte Zwang zum Sparen und Tilgen wirkt sich in der Zukunft äusserst wohltätig aus. Die Schuldentilgung stärkt den Kredit des Schuldners und erlaubt ihm, wenn die Not wieder einkehrt und andere Mittel nicht zu beschaffen sind oder nicht genügen, den Kreditweg zu beschreiten. Daher stellen wir an die Spitze der Grundsätze, die massgebend sein sollen für die Finanzgebarung im Bunde, die Vorschrift: «Die Schulden sind planmässig zu tilgen.» /. Die genannten fünf Grundsätze gesunder Finanzgebarung haben wir gleichsam als Einleitung zur Finanzreform in Art. 42 zusammengefasst. Im Grunde genommen wären diese Leitsätze auch zu befolgen, wenn sie nicht in die Verfassung aufgenommen würden. Sie sind ja für jeden sorgfältigen Haushalter um ihrer sachlichen Eichtigkeit willen verbindlich. Die Aufnahme unter die geschriebenen Verfassungsartikel und am Eingang zur Finanzreform soll somit im
wesentlichen nur zum Ausdruck bringen, dass sich der Bund künftig mehr als bisher an diese Staats- und finanzpolitischen Grundsätze halten will und dass er in ihnen die Grundpfeiler einer durchgreifenden Finanzreform erblickt.

Diese Leitsätze stellen ihrer Bestimmung nach keine ins einzelne gehenden Normen dar, die sich gleichsam mechanisch anwenden lassen; sie sind vielmehr blosse Richtlinien für die künftige Finanzpolitik, allgemeine Anleitungen, deren genaue begriffliche Formulierung nicht möglich ist. Sie greifen ihrem Sinne nach alle ineinander und können die ihnen zugewiesene Aufgabe nur erfüllen, wenn sie nach den Grundsätzen pflichtgemässer Amtsführung und

447

ohne Schablone angewendet werden. Sie stellen weitgehend eine Einheit dar, und die Befolgung eines einzelnen dieser Grundsätze hilft vielfach nichts, wenn nicht auch die andern innegehalten werden. So führt beispielsweise die planmässige Tilgung der Schulden oder die Äufnung von Eücklagen nach Ziff. l und 2 nicht zum Ziele, wenn nicht nach Ziff. 8 eine Ausdehnung der ungedeckten Schuldenlast vermieden wird.

Wiewohl wir uns der inhaltlichen Unbestimmtheit bloss richtunggebender Grundsätze vollauf bewusst sind, scheint es uns richtiger, diesen Nachteil, der mit der Einfachheit und Allgemeinheit der Fassung zwangsläufig verbunden ist, in Kauf zu nehmen, als die Ausnahmen im Text zu umschreiben. Einmal wäre es kaum möglich, alle Ausnahmen aufzuzählen, ohne die gewollte Einschränkung der Ausgabengebarung zu beeinträchtigen, und anderseits gehört ins oberste Staatsgrundgesetz in einem solchen Fall nur die finanzpolitische Eichtlinie selbst, die immer innezuhalten ist, wenn nicht Eücksichten wichtigster Art unbedingt eine Abweichung verlangen. In der Formulierung lehnten wir uns dabei an den Wortlaut von Art. 29 der Bundesverfassung an.

II. Die Bestimmungen über die Einnahmen des Bundes.

Allgemeine Bemerkungen.

Art. 42 der Bundesverfassung, der sogenannte Finanzartikel, besitzt den Charakter einer orientierenden Übersicht über die hauptsächlichsten Einnahmequellen, die dem Bund zustehen. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend und schliesst nicht aus, dass sich der Bund weiterer Mittel bedient. So fehlt beispielsweise in der Übersicht der zweckgebundene Ertrag der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser und des Tabaks.

Konstitutiven Charakter besitzen nur Buchstabe e (Verteilung des Ertrages des Militärpflichtersatzes unter Bund und Kantone), sowie Buchstabe/ (Beiträge der Kantone, sogenannte Kontingente).

Irà Eahmen des vorliegenden Entwurfes tritt Art. 42Ws an Stelle von Art. 42. Er behält aber im übrigen seinen gemischten, vorwiegend enumerativen Charakter bei. Er stellt wie bisher in der Hauptsache eine Aufzählung der ordentlichen Einnahmequellen des Bundes dar. Abgesehen von redaktionellen Änderungen sind folgende Ergänzungen vorgesehen: 1. In der neuen Fassung wird neben dem Ertrag des Bundesvermögens auch der Ertrag der Bundesbetriebe genannt. Da die Post- und Telegraphenverwaltung sowie die Pulververwaltung unter den Begriff der Bundesbetriebe fallen, brauchen sie nicht besonders genannt zu werden. Buchstaben c und d des geltenden Verfassungsartikels werden deshalb überflüssig.

2. Als Einnahmequelle des Bundes werden nunmehr auch « Gebühren und andere Verwaltungseinnahmen» genannt. Diese Bestimmung schafft die Möglichkeit, neben speziellen auch allgemeine Verwaltungsgebühren zu erheben.

448

3. Wie bereits erwähnt, ist im geltenden Art. 42 unter den Einnahmen des Bundes der Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser nicht enthalten. In der neuen Fassung wird er aufgeführt.

Sowohl der Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks als auch der gebrannten Wasser ist gemäss Art. 32
4. Die im Entwurf vorgesehene Steuer auf Bier wurde in die Liste der Einnahmequellen aufgenommen.

5. Die Kontingentsbestimmung, die in Art. 42, Buchstabe /, der Bundesverfassung enthalten ist, erfährt eine Änderung in der Weise, dass die Bestimmung, wonach «die nähere Regulierung vorzugsweise nach Massgabe der Steuerkraft der Kantone» zu erfolgen hat, gestrichen wird.

Art. 42Ms stellt in der Fassung des Entwurfes dem Bund zur Bestreitung seiner Ausgaben die Erträge folgender Einnahmequellen zur Verfügung: Bundesvermögen, Bundesbetriebe, Gebühren und andere Verwaltungseinnahmen, Zölle, Hälfte des Militärpflichtersatzes, fiskalische Belastung der gebrannten Wasser (Hälfte), des Tabaks und des Bieres, Stempelabgaben, Beiträge der Kantone (Kontingente).

Zu diesen Einnahmequellen kommt die besondere Steuer für ausserordentliche Militärausgaben; sie wird in Art. 42Ws nicht genannt.

Der vorliegende Entwurf berührt indirekt die verfassungsmässigen Grundlagen für die Erhebung der Stempelabgaben und schafft die Grundlage für die Bierbesteuerung.

Den einzelnen Einnahmeartikeln des Entwurfes fügen wir die nachstehenden Erläuterungen bei.

1. Stempelabgaben.

(Streichen von Art. 41Ms, Abs. 2.)

In der Expertenkommission für die Neuordnung der Bundesfinanzen wurde die Aufhebung der kantonalen Anteile am Ertrage der Stempelabgaben und an andern Einnahmenquellen des Bundes vorgeschlagen. Soll der Bund in die Lage versetzt werden, sich möglichst bald aus dem Gebiete der direkten
Steuern zurückzuziehen, so muss ihm der Ertrag seiner indirekten Steuern, d. h. der Abgaben, auf welche er grundsätzlich für die Zukunft verwiesen wird, ungeschmälert überlassen werden.

449 Der Entwurf folgt dieser Anregung nicht in vollem Umfange. Die Anteile der Kantone am Eeinertrag aus der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser sollen ebenso wie die am Ertrag des Militärpflichtersatzes unangetastet bleiben. Dagegen scheint es angemessen, nach dem die Frage der Einführung einer Umsatzsteuer oder einer Kapitalertragssteuer vorläufig zurückgestellt worden ist, wenigstens den Ertrag der Stempelabgaben ganz dem Bunde zu überlassen.

Diese Änderung lässt sich um so eher rechtfertigen, als die Stempelabgaben ausschliesslich durch eidgenössische Organe erhoben werden, im Gegensatz zum Militärpflichtersatz, dessen Veranlagung und Bezug in die Hände der Kantone gelegt ist.

Der Verzicht der Kantone auf ihren bisherigen Anteil am Ertrag der Stempelabgaben würde für den Bund eine Mehreinnahme von jährlich ungefähr 15 Millionen Franken bedeuten.

2. Fiskalische Belastung von Tabak und Bier.

(Bevision von Art. 41ter.)

a. Die Neuordnung der Tabakbesteuerung.

Gemäss Art. 41ter der geltenden Verfassung ist der Bund ermächtigt, den rohen und den verarbeiteten Tabak zu besteuern.

In letzter Zeit hatten die kleinen und mittleren Betriebe der Zigarrenund Zigarettenindustrie immer mehr Mühe, im Konkurrenzkampf mit der Grossindustrie bestehen zu können. Sie stellten daher das Begehren, es sei Betrieben mit geringer Produktion bzw. geringem Eohtabakverbrauch eine zusätzliche Erleichterung zu gewähren, in dem Sinne, dass die Fabrikations abgäbe für eine bestimmte, begrenzte Produktion oder einen begrenzten Eohtabakverbrauch niedriger angesetzt werden solle, als für hohe Produktionsbzw. Verbrauchsziffern. Die Zigarrenindustrie verlangte überdies, um den ungesunden Konkurrenzverhältnissen in dieser Branche Einhalt zu gebieten, eine Kontingentierung des Eohtabakverbrauchs. Diesen Begehren ist dadurch Eechnung getragen worden, dass im Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 die Bestimmung aufgenommen wurde, der Bundesrat könne Massnahmen treffen zur Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie. Der in Ausführung dieses Bundesbeschlusses erlassene Bundesratsbeschluss vom 24. Dezember 1937 sieht daher für die Zigarrenindustrie eine nach dem Eohtabakverbrauch gestaffelte Eückvergütung auf der Fabrikationsabgabe und überdies
die Kontingentierung des Eohtabakverbrauchs vor und für die Zigarettenindustrie eine nach der Produktionshöhe gestaffelte Eückvergütung. Diese Eückvergütungen werden zusammen mit der ebenfalls neu eingeführten Eückvergütung für das Handpacken von Zigaretten den Betrag von zirka 2 Millionen Franken ausmachen. Zusammen mit der auf den 1. August 1937 in Kraft getretenen Ee-

450 duktion von ungefähr 4,7 Millionen Franken ergibt sich somit eine Entlastung der Tabakindustrie um ca. 6,7 Millionen Franken.

Die derzeitige Ordnung der fiskalischen Belastung des Tabaks ist sowohl für die Industrie als auch für den Konsumenten tragbar. Sie sollte daher beibehalten werden können.

Art. 8 des genannten Bundesbeschlusses vom 28. Oktober 1987 umschreibt die wirtschaftspolitischen Nebenzwecke der Tabakbesteuerung. Die Befugnis zur Anordnung von Massnahmen, die mit der Ausgestaltung der Steuer als solcher nicht zusammenhangen, wie Sicherung der inländischen Tabakkultur, Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie, Erhaltung der Handarbeit und Eegelung des Kleinhandels, folgt nicht aus der blossen Besteuerungskompetenz. Der Gesetzgebung muss vielmehr eine verfassungsmässige Ermächtigung zu besondern wirtschaftspolitischen oder gewerbepolizeilichen Anordnungen zugrunde liegen.

Um in Verbindung mit der Tabakbesteuerung die heute auf Fiskalnotrecht beruhenden wirtschaftspolitischen Ziele auch weiterhin verfolgen zu können, bedarf Art. 41ter der Bundesverfassung einer Erweiterung, wonach auf dem Gesetzeswege im allgemeinen Interesse liegende Massnahmen zum Schütze der durch die Besteuerung erfassten Wirtschaftszweige angeordnet werden können. Es mag auffallen, dass man eine derartige Eegelung in einem Steuerartikel und nicht in einem Wirtschaftsartikel trifft. Immerhin ist zu beachten, dass Tabak und Bier die einzigen Wirtschaftszweige sind, die der Bund mit besondern Steuern belastet. Daher mag sich rechtfertigen, dass sie der Bund auch mit besondern wirtschaftspolitischen Kautelen umgibt. Dazu gehört vor allem ein Schutz der wirtschaftlich schwächeren Betriebe gegen eine Erdrückung durch die Konkurrenz der Grossbetriebe.

b. Die Neuordnung der Bierbesteuerung.

Die Bierbesteuerung durch den Bund besteht einerseits in der Erhebung von Zollzuschlägen auf Gerste und Braumalz sowie auf Importbier, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 8. Juli 1932, und anderseits in der Besteuerung des in der Schweiz in den Verkehr gebrachten Bieres im Eahmen der Getränkesteuer, gestützt auf die Finanzprogramme 1933 und 1936. Die Gültigkeitsdauer beider Massnahmen ist durch Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes bis Ende 1938 verlängert worden.
Die Weitererhebung der Zollzuschläge nach 1938 wird dadurch gesichert, dass durch Bundesbeschluss der Zolltarif an das gegenwärtige Fiskalnotrecht angepasst wird. Die Weitererhebung der Biersteuer setzt eine verfassungsmässige Grundlage voraus.

Der Bundesrat beantragt Art. 41ter der Bundesverfassung dadurch zu erweitern, dass dem Bund die Befugnis erteilt wird, neben Tabak auch Bier zu besteuern.

451

Die Bierbesteuerung gebt auf das Finanzprogramm vom 13. Oktober 1933 zurück. Durch Bundesbeschluss vom 29. September 1934 war eine Getränkesteuer festgesetzt worden, wonach das Bier mit Fr. 4 je hl zu belasten ist. Dieser Ansatz wurde durch das Finanzprogramm 1936 auf Fr. 6 erhöht.

Gemäss Art. 7 des Bundesbeschlusses vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für 1938 wird die Getränkesteuer nur noch auf Bier erhoben.

Die fiskalischen Erwartungen, die an die Besteuerung des Bieres geknüpft wurden, haben sich erfüllt. Bei einem Ausstoss von jährlich etwa 2 Millionen hl und einer Gesamtbelastung aus Zollzuschlägen und Steuer von heute zusammen Fr. 11 je hl erhält der Bund einen Ertrag von etwa 22 Millionen Franken.

Die Belastung wird von der Brauereiindustrie ohne Abwälzung und ohne Verteuerung der Detailpreise getragen.

Die Zweiteilung der Abgabe in Zollzuschläge und Steuer hat sich bewährt.

Wir haben die Absicht, die Erhebung der Biersteuer nach 1938, gestützt auf den revidierten Art. 41ter, gesetzlich zu verankern.

3. Neuordnung des Gebührenrechts.

(Revidierter Art. 42bls, Buchstabe l.)

Zurzeit fehlt in der Bundesverfassung eine Norm, die den Bund ausdrücklich zur Erhebung von Gebühren ermächtigt. Die Bundesverfassung begnügt sich damit, dem Bunde das Gesetzgebungsrecht über eine bestimmte Materie einzuräumen, ohne dabei das Becht zu erwähnen, die Kosten von Amtshandlungen ganz oder teilweise durch Gebühren zu decken. Soweit die Ausführungsgesetzgebung Gebühren vorsieht, haben sich verfassungsmässige Bedenken nicht erhoben, weil man von der Erwägung ausging, dass die Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung für die Ordnung der Gebühren auf dem betreffenden Gebiet selbstverständlich sei. Das Gebührenwesen ist immer als nebensächlich behandelt worden. Allerdings hat man schon früher das Bedürfnis empfunden, das heute ausserordentlich mannigfaltige und teilweise wohl wegen seiner Vielgestaltigkeit unausgeglichene Gebührenwesen, das gelegentlich stossende Ungleichheiten zulässt, im Zusammenhang zu ordnen.

Der Bundesrat beantragte beispielsweise der Bundesversammlung schon mit Botschaft vom 5. Mai 1922 den Erlass eines Gebührengesetzes als Voraussetzung für eine übersichtliche und einheitliche Ordnung der Angelegenheit.

Der Bundesrat hat zwar die Botschaft
am 5. Juli 1923 zurückgezogen, weil sich in der ständerätlichen Kommission Widerstände gegen die gemeinsame Eegelung von Leistungs-, Konzessions- und Verleihungsgebühren in einem Gebührengesetz bemerkbar gemacht hatten, denen der Bundesrat Bechnung zu tragen geneigt war.

Die Frage der Verfassungsmässigkeit von Gebühren ist in jüngster Zeit im Anschluss an die fiskalische Ausgestaltung gewisser Gebühren aufgeworfen

452

worden. Besonders wurde die Frage erörtert, ob der durch Art. 49 des Finanzprogrammes 1936 eingeführte Zollquittungsstempel durch die Zollartikel der Bundesverfassung gedeckt sei. Der Bundesrat hat den Zollquittungsstempel in der Botschaft vom 22. November 1935 über neue Fiskalmassnahmen als Gebühr im Sinne von Art. 25 des Zollgesetzes aufgefasst, der die «Erhebung einer Gebühr für die Ausstellung amtlicher Bescheinigungen» vorsieht. Die Gebühr für die Ausstellung der Zollquittung wird «nach dem einzukassierenden Betrag» abgestuft. Gerade die Abstufung einer «Gebühr» nach dem «einzukassierenden Betrag» verweist nun aber auf ihren Steuercharakter. Als Gebühr, d. h. unter Berücksichtigung des Entgeltcharakters, müsste der Zollquittungsstempel nach dem Arbeitsaufwand abgestuft werden. Nach der bisherigen Praxis bedarf es zur Erhebung von .Gebühren, die ihrem Entgeltscharakter gemäss den Kostenbetrag der staatlichen Leistung nicht überschreiten, keiner ausdrücklichen Verfassungsgrundlage. Nun mag aber das Bedürfnis eintreten, gewisse Gebühren zu fiskalischen Zwecken auszugestalten; abgaberechtlich liegt dann keine Gebühr vor, sondern eine Steuer. Die Grenze zwischen Gebühren im engern Sinne und Gebühren mit Steuercharakter kann aus naheliegenden Gründen nicht sauber gezogen werden. Um jeden Zweifel an der Zuständigkeit zur Erhebung von Gebühren zu beseitigen und um die fiskalische Bedeutung der Gebühren zu heben, ohne auf die Einrede der Verfassungswidrigkeit zu stossen, beantragt der Bundesrat in Art. 42bls der Bundesverfassung unter den Mitteln, die dem Bund zur Bestreitung seiner Ausgaben zur Verfügung stehen, die Gebühren ausdrücklich zu erwähnen.

Der Nennung der Gebühren in lit. b wäre gleicherweise kompetenzbegründende Wirkung zuzuerkennen wie beispielsweise der Nennung der Beiträge der Kantone in lit. h, die inhaltlich und hinsichtlich ihrer rechtlichen Bedeutung mit Art. 42, lit. /, der geltenden Verfassung übereinstimmt.

Die neue Bestimmung von Art. 42t)ls, lit. b, soll den ausreichenden Grund zur Erhebung allgemeiner Verwaltungsgebühren schaffen. Bei der Bemessung einer Gebühr soll in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Praxis ohne weiteres auch ein Anteil an den allgemeinen staatlichen Aufwendungen miteinbezogen werden dürfen. Der Bundesrat wird prüfen, ob das Gebührenwesen im
Bunde gestützt auf diese Bestimmung im Sinne der Zusammenfassung und im Interesse des Bundesfiskus im Wege der Gesetzgebung neu geordnet werden kann.

4. Beiträge der Kantone.

(Art. 421>lB, Buchstabe h.)

In der Diskussion über die Bundesfinanzreform ist die Frage einer Modernisierung der Beiträge der Kantone an den Bund (Kontingente) aufgeworfen worden. Entgegen der ursprünglichen Absicht, die kantonalen Kontingente wahlweise mit einer direkten Bundessteuer als Deckungsmittel für ausserordentliche militärische Ausgaben vorzusehen, wurde ihre bisherige verfassungs-

453 massige Eingliederung in die Einnahmen des Bundes beibehalten. Es stellt sich heute die Frage, ob die Beiträge der Kantone noch ihre Berechtigung haben und, falls die Frage bejaht wird, welche Möglichkeiten für die praktische Anwendung bestehen.

Art. 42, Buchstabe /, der Bundesverfassung nennt als Einnahmequelle des Bundes: «Beiträge der Kantone, deren nähere Eegulierung vorzugsweise nach Massgabe der Steuerkraft derselben, der Bundesgesetzgebung vorbehalten ist.» Für den Fall der Anwendung dieser Verfassungsbestimmung stellte die Bundesversammlung 1851 und 1875 Verteilungsgrundsätze auf, die sogenannte Geldskala. Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob die Kontingente eine veraltete Institution darstellten, der von vorneherein keine Existenzberechtigung mehr zukomme, und es ist deshalb erklärlich, dass heute weite Kreise gegen diese Institution voreingenommen sind.

Gelegentlich wird geltend gemacht, dass die Kontingente seit Bestehen des Bundesstaates nur einmal, 1849, zur Erhebung gelangt seien, woraus sich klar ergebe, dass sie überlebt seien. Dieser Einwand übersieht, dass bis zum Weltkrieg die Erhebung der Kontingente wie auch einer direkten Bundessteuer nicht notwendig war, weil der Bund in den Zöllen über eine reichlich fliessende Einnahmequelle verfügte, während die Kantone Mühe hatten, ihre direkten Steuern ertragreicher zu gestalten. Dass sich 1915 die Bundesversammlung für die direkte Bundessteuer entschlossen hat, erklärt sich aus dem Fehlen eines befriedigenden Verteilungsschlüssels für die Kontingente, aus der Grosse des zu deckenden Bedarfes und der Schwierigkeit der Aufbringung der Beiträge seitens der Kantone bei dem damaligen Stand der Steuergesetzgebung.

Auch liess die allgemeine Lage ausserordentliche Massnahmen als gerechtfertigt erscheinen. Dazu kam, dass seit Einführung des kantonalen Finanzreferendums die Aufbringung eines Kontingents in Frage gestellt war, weil damit gerechnet werden musste, dass das Volk in einzelnen Kantonen die nötigen Mittel nicht bewilligen würde.

Die praktische Anwendung der Kontingentsbestimmung der Bundesverfassung hängt davon ab, ob sich ein Verteilungsschlüssel finden lässt, der der Leistungsfähigkeit der Kantone gerecht wird, und ob die Möglichkeit besteht, die festgesetzten Kontingente mit Bundessubventionen und Anteilen zu
verrechnen.

a. Verteilungsschlüssel.

Die Ermittlung der Leistungsfähigkeit der einzelnen Kantone wird in erster Linie auf Grund bereits vorliegender statistischer Zahlen erfolgen müssen : Bevölkerungszahl, Bevölkerungsdichte, wirtschaftliche Struktur usw. Die Aufstellung eines befriedigenden Verteilungsschlüssels ist Gegenstand der Prüfung. Dabei hat sich bereits ergeben, dass die Leistungsfähigkeit der einzelnen Kantone ausschliesslich auf Grund von bevölkerungs- und wirt-

454

schaftsstatistischen Zahlen schwerlich befriedigend erfasst werden kann. Auf irgendeine Weise wird die effektive Steuerkraft (Einkommen und Vermögen) berücksichtigt werden müssen. Die Frage ist, ob dabei von den kantonalen Steuertaxationen ausgegangen werden kann.

Man wird selbstverständlich nicht auf eine gefühlsmässige Klassifikation der Kantone, wie sie bei der alten Geldskala vorgenommen wurde, abstellen können. Das Kontingent der einzelnen Kantone muss auf einwandfreier und leicht kontrollierbarer Grundlage berechnet werden. Diese Aufgabe erscheint heute, nachdem der Bund seit 1915 direkte Bundessteuern erhebt und die Statistik ausgebaut worden ist, bedeutend leichter als früher.

6. Überweisung der Kontingente.

Wir haben bereits betont, dass die Möglichkeit der Verrechnung der Kontingente mit Bundessubventionen und Anteilen eine wesentliche Voraussetzung für ein befriedigendes Funktionieren des Kontingentssystems bedeutet.

Für die Überweisung des Kontingentes an die Bundeskasse bestehen wiederum verschiedene Möglichkeiten: 1. Es findet keine Überweisung statt. Das Kontingent wird mit Bundessubventionen und Anteilen an bundesgesetzlich geregelten Einnahmen verrechnet. Diese Variante wäre grundsätzlich einfach und sachlich gerechtfertigt.

Die praktische Durchführung dürfte jedoch auf gewisse Schwierigkeiten stossen.

2. Die Kantone haben das Kontingent an den Bund abzuliefern. Bei Kantonen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, müsste eine dem Kontingent entsprechende Kürzung der Subventionen und Anteile statt' finden.

8. Den Kantonen ist es freigestellt, das Kontingent abzuliefern oder mit Bundessubventionen und Anteilen verrechnen zu lassen.

Bei allen Varianten wäre den Kantonen freigestellt, wie sie die Mittel für das Kontingent oder -- im Verrechnungsfalle --- für den entstandenen Ausfall an Subventionen und Anteilen aufbringen wollen. Sie können zu diesem Zwecke die eidgenössische [Krisenabgabe als kantonale Steuer weiterführen oder die kantonalen Steuern erhöhen und ausbauen oder ihre Ausgaben einschränken.

c. Finanzpolitische Bedeutung des Kontingentssystems.

Den Kontingenten liegt steuerpolitisch der Gedanke zugrunde, die Konkurrenzierung der Kantone durch den Bund auf dem Gebiete der direkten Steuern und die sich hieraus ergebenden Nachteile zu vermeiden.

Nach Auffassung gewisser Kreise besteht ein Nachteil der direkten Bundessteuer darin, dass für die ganze Schweiz einheitliche Steuersätze zur Anwendung

455

kommen müssen, so dass auf die Inanspruchnahme des Pflichtigen durch kantonale und kommunale Steuern keine Eücksicht genommen werden kann.

Es wird geltend gemacht, dass durch eine stark progressive Bundessteuer, die ohne Bücksicht auf die kantonale Progression den kantonalen Steuern aufgepfropft wird, die Ungleichheiten der Steuerbelastung wesentlich verschärft und die Gefahr der Steuerflucht vergrössert werden. Da bei der Bemessung der Kontingente der kantonalen Steuerbelastung Eechnung getragen werden kann und ausserdem jedem Kanton die Möglichkeit gelassen ist, nach eigenem Ermessen die Mittel zu beschaffen, könnte die Gefahr einer Überspitzung der Steuerbelastung abgeschwächt werden.

Seit dem Kriege macht sich allgemein die Tendenz einer Lastenverschiebung bemerkbar. Die Gemeinden suchen die Kantone, die Kantone den Bund zu vermehrten Leistungen zu verpflichten. Das -Finanzausgleichsproblem erschöpft sich nicht in der Neuverteilung der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen. Ebenso wichtig ist, dass den Bestrebungen, den Bund mit Aufgaben zu belasten, die ihrer Natur nach nicht in sein Tätigkeitsgebiet gehören, eine Schranke gesetzt wird. Dies ist auch eines der Ziele unserer Verfassungsvorlage. Je kleiner ein Gemeinwesen ist, um so leichter kann der Bürger die Finanzgebarung überblicken, um so eher ist er in der Lage, die Eückwirkung neuer Aufgaben auf das Budget und den Steuersatz zu beurteilen. Beim Bund geht ihm der Überblick verloren. Die Rückwirkungen der indirekten Steuern, die der Bund hauptsächlich erhebt, kommen ihm weniger zum Bewusstsein.

Das Verantwortungsgefühl gegenüber dem Bund ist deshalb im allgemeinen auch schwächer entwickelt.

Es ist zuzugeben, dass eine direkte Bundessteuer in dieser Hinsicht nicht erzieherisch zu wirken vermag. Sie wird stets nur eine kleine Zahl von Personen belasten.

B.eim Kontingentssystem müssen die Kantone ihre Beiträge in der Hauptsache durch direkte Steuern decken. Bei kantonalen Steuern ist der Kreis der Pflichtigen stets bedeutend grösser als bei einer Bundessteuer. Dementsprechend werden auch mehr Personen von der Ausgabengestaltung direkt berührt.

Das Kontingentssystem kommt der kantonalen Forderung nach vermehrter finanzpolitischer Selbständigkeit entgegen. Die Kantone haben aber ihrerseits eine entsprechend grössere Verantwortung zu
übernehmen. Sie müssen aus eigenen Mitteln den Kontingentsbetrag aufbringen oder die durch die Verrechnung mit Subventionen und Anteilen entstandene Lücke ausfüllen. Sind sie dazu ausnahmslos im Stande ? Das ist unseres Erachtens das Kernproblem. Im Vorentwurf unseres Finanz- und Zolldepartementes wurde deshalb auch die Frage offen gelassen, ob Kontingente oder eine direkte Bundessteuer erhoben werden sollen. Für den Bund ist das fiskalische Ergebnis grundsätzlich das gleiche. Allerdings kann durch die Kontingente wie auch durch eine direkte Bundessteuer kein beliebig grösser Betrag beschafft werden.

456

Die Kontingente sind kein Mittel, mit dessen Hilfe das Bechnungsgleicbgewicht in allen Fällen hergestellt werden kann. Aber auch eine direkte Bundessteuer, die stets auf die kantonalen Steuern Bücksicht nehmen muss, wird nie als Mittel zur Deckung von Ausgabenüberschüssen («Defizitsteuer») dienen können, weil sie nicht beliebig erhöht werden kann. Der jährlich durch Kontingente aufzubringende Betrag müsste ziemlich stabil sein. Starke Schwankungen wären aus Bücksicht auf die kantonalen Finanzen zu vermeiden. Jede Erhöhung des Kontingents würde zweifellos auch auf starken Widerstand der Kantone stossen.

So bestünde die Gefahr, dass durch das Kontingentssystem die Schwankungen im Finanzbaushalt des Bundes sich auf die kantonalen Finanzen übertragen und in der kantonalen Finanzgebarung eine gewisse Unsicherheit hervorrufen.

Der Finanzausgleich, wie er sich in den letzten Jahrzehnten zwischen Bund und Kantonen herausgebildet hat, führte fast zwangsläufig zu einer immer stärkeren Beeinflussung der kantonalen Finanzen durch den Bund.

Obwohl wir uns gewisser Nachteile, die den Kontingenten anhaften, bewusst sind, möchten wir die verfassungsmässige Grundlage dieser Institution doch nicht fallen lassen. Sie bietet für eine Beform des Finanzausgleiches gewisse Möglichkeiten, indem sie einerseits der Ausscheidung der Steuerkompetenzen im Sinne der kantonalen Forderungen Bechnung trägt, anderseits im Effekt einem Abbau der Subventionen und Anteile gleichkommt. Man darf deshalb das Kontingentssystem nicht einseitig unter steuerpolitischen Gesichtspunkten beurteilen.

5. Ausserordentliche Steuer vom Vermögen, vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen (Wehrsteuer) und Kriegsgewinnsteuern.

(Art. 42ter und Übergangsbestimmung.)

a. Voraussetzungen ihrer Erhebung.

Art. 42ter bildet die verfassungsmässige Grundlage, für das vom Bund beanspruchte Becht, unter ausserordentlichen Verhältnissen eine direkte Steuer erheben zu dürfen. Bei der Beratung des Vorentwurfs in der Expertenkonferenz herrschte Übereinstimmung darüber, dass der Bund im Falle ausserordentlicher Ausgaben für die militärische Landesverteidigung zur Erhebung einer solchen Steuer schreiten dürfe. Während jedoch von der einen Seite eine Ausdehnung in sachlicher Hinsicht auf ausserordentliche wirtschaftliche und soziale Ausgaben postuliert wurde,
ging die Meinung auf der andern Seite dahin, dass eine Beschränkung auf militärische Ausgaben im Falle von Krieg und Kriegsmobilmachûng vorzusehen sei. Der vorliegende Entwurf wählt eine Zwischenlösung, die den Interessen unserer Landesverteidigung entspricht und gleichzeitig jenen gewisse Garantien bietet, die befürchten, dass die ausserordentliche Bundessteuer leicht zu einer ordentlichen werden könnte.

Unser Vorschlag geht dahin, dass der Bund nur zur Deckung ausserordentlicher Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung eine direkte Bundessteuer erheben darf, dass ihm aber die Anwendung dieses Bechtes

457 schon bevor kriegerische Verwicklungen eintreten, also noch in Friedenszeiten, zustehen soll. Wir möchten noch besonders darauf hinweisen, dass der Bund zur Deckung ausserordentlicher Militärausgaben nicht eine direkte Steuer erheben muss, sondern dass es ihm überlassen bleibt, andere Deckungsmittel für diesen Zweck heranzuziehen. Auf alle Fälle müssen die Aufwendungen, auch wenn sie ausserordentlichen Charakter haben, einen Betrag erreichen, der es rechtfertigt, dass ein Erhebungsapparat, wie ihn eine direkte Bundessteuer erfordert, in Gang gesetzt wird. Eine solche Steuer kommt deshalb für die Deckung kleinerer Beträge nicht in Frage.

Die Forderung nach einer besondern Deckung für ausserordentliche Militäraufwendungen ist schon anlässlich der Beratung der Botschaft des Bundesrates über die Bewilligung von Krediten für die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee in Gestalt des nachstehenden Postulates (der Kommission des Ständerates vom 28. November 1933) gestellt worden: «Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber sobald als möglich den eidgenössischen Bäten Bericht zu erstatten, ob nicht die neuen Ausgaben für die Ergänzung der Bewaffnung und Ausrüstung der Armee durch Eröffnung einer neuen Finanzquelle ganz oder teilweise gedeckt werden können.» · Dieses Postulat wird durch die gegenwärtige Vorlage für einen neuen Verfassungsartikel 42ter und die Übergangsbestimmung dazu erledigt; wir möchten deshalb empfehlen, es abzuschreiben.

In der Expertenkonferenz wurde der Meinung Ausdruck gegeben, der Bund solle nur dann für ausserordentliche militärische Ausgaben eine direkte Steuer erheben dürfen, wenn die ordentlichen Einnahmen trotz strenger Sparsamkeit nicht genügen, um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Wir möchten eine solche Bindung ablehnen, hauptsächlich deshalb, weil sie in der Praxis zu Unzulänglichkeiten führen könnte. Sie würde zur Folge haben, dass die Steuer während ihrer Erhebung erhöht oder ermässigt werden müsste, je nachdem die ordentlichen Einnahmen mehr oder weniger reichlich fliessen. Eine Anpassung der Steuerhöhe an die jeweilige Finanzlage, wie sie bei vielen Kantonen üblich ist, scheint uns für eine Bundessteuer nicht geeignet zu sein.

Sollte sich während der Erhebungsdauer einer direkten Bundessteuer die allgemeine Finanzlage des Bundes wesentlich
günstiger gestalten, so dass Einnahmenüberschüsse entstehen, so sollen diese gemäss Art. 42, Ziff. 2, für Eücklagen verwendet werden, die in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten zu verwenden sind, damit Steuererhöhungen möglichst vermieden werden können.

6. Die Art der Steuer.

Art. 42ter ermächtigt den Bund zu erheben : a. eine Steuer vom Vermögen, vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen; b. Kriegsgewinnsteuern.

458

Kriegsgewinnsteîiern. Die vom Bund während des Weltkrieges und in den ersten Nachkriegsjahren erhobene Kriegsgewinnsteuer beruhte auf einem Bundesratsbeschluss, der sich auf den Vollmachtenbeschluss der Bundesversammlung vom 3. August 1914 stützte. Man kann die Auffassung vertreten, dass in einem zukünftigen Kriegsfall in analoger Weise vorgegangen würde, so dass die Kriegsgewinnsteuer aus Art. 42ter gestrichen werden könnte. Wenn auch kein Zweifel besteht, dass unter gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie infolge des Krieges entstanden sind, die Erhebung einer Kriegsgewinnsteuer auch ohne verfassungsmässige Grundlage Zustimmung fände, so möchten wir doch nicht darauf verzichten, diese Steuerart ausdrücklich in Art. 42ter zu erwähnen. Die Vorlage bezweckt im ganzen die Eückkehr zu einem verfassungsmässigen Zustand. Es wäre deshalb auffallend empfunden worden, wenn eine Steuer, mit deren Einführung bereits heute für Kriegszeiten gerechnet werden muss, dem Notrecht überlassen würde. Dagegen soll in Abweichung von der ordentlichen Gesetzgebung die Bundesversammlung ermächtigt werden, über die Erhebung und den Vollzug der Kriegsgewinnsteuern zu beschliessen.

Wehrsteuer. Von weit grösserer wirtschaftlicher und politischer Tragweite als die Kriegsgewinnsteuer ist die in lit. a vorgesehene Steuer vom Vermögen, vom .Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen. Es handelt sich dabei nicht um eine Häufung von gleichzeitig zu erhebenden Steuern, sondern um die Aufzählung von Alternativen. Dem Bund soll die Möglichkeit offenstehen, die Form der direkten Steuer den Verhältnissen der Wirtschaft und der steuerpolitischen Anschauungen anzupassen, ohne dass für jede Systemänderung eine Verfassungsrevision nötig wird.

Nachdem der Bund von 1915 bis 1932 direkte Bundessteuern in Form der allgemeinen Vermögenssteuer und der Erwerbssteuer (Kriegssteuern) erhoben hatte, wechselte er 1933 das System und ging zur allgemeinen Einkommenssteuer mit ergänzender Vermögenssteuer über (Krisenabgabe). Die bisherige Entwicklung der direkten Bundessteuer lässt es ratsam erscheinen, den Bund nicht verfassungsmässig zu enge an ein bestimmtes Steuersystem zu binden.

Die vorgesehene Fassung bietet folgende, hauptsächlich in Betracht fallende Möglichkeiten : 1. Allgemeine Vermögenssteuer und Einkommenssteuer. Dieses System,
das auch bei den Kriegssteuern Anwendung fand, war bis in die Nachkriegszeit in der Schweiz vorherrschend. Das Kennzeichen besteht darin, dass der Schwerpunkt der Besteuerung beim Vermögen liegt, während vom Einkommen nur der Erwerb, d. h. das Arbeitseinkommen belastet wird. Die Belastung des Kapitaleinkommens erfolgt mittelbar durch die Vermögenssteuer. Dieses Steuersystem eignet sich vor allem für landwirtschaftlich orientierte Erhebungsgebiete.

2. Allgemeine Einkommenssteuer und e r g ä n z e n d e Vermögenssteuer. Auf diesen Grundsätzen ist die eidgenössische Krisenabgabe auf-

459 gebaut. Der Schwerpunkt der Besteuerung liegt beim Einkommen (Arbeitsund Kapitaleinkommen). Die Vermögenssteuer ist relativ massig und hat die funktionelle Aufgabe, das Kapitaleinkommen zusätzlich zu belasten. Das Steuersystem eigent sich besonders für städtische Verhältnisse und industrielle Erhebungsgebiete.

3. Vermögenssteuer ohne gleichzeitige Erhebung einer Einkommenssteuer. Die Vermögenssteuer ist in der Schweiz die älteste Form der direkten Steuer. Nur zögernd ist im Laufe des letzten Jahrhunderts die Erwerbs- und später die Einkommenssteuer neben sie getreten. Diese Entwicklung hat auf kantonalem Gebiet erst mit dem Jahre 1937 ihren Abschluss gefunden (Schwyz).

Im Jahre 1916 hat Nationalrat Speiser eine Bundesvermögenssteuer vorgeschlagen. Er liess sich dabei von der Erwägung leiten, dass der Bund, wenn er sich gezwungen sehe, die Kantone auf dem Gebiete der direkten Steuern zu konkurrenzieren, sich auf ein Teilgebiet beschränken solle, d. h. auf das Vermögen.

4. Einkommenssteuer ohne gleichzeitige Erhebung einer Vermögenssteuer. Die Beschränkung der Besteuerung auf das Einkommen ist im Ausland häufig, findet dagegen in der. Schweiz zurzeit keine Anwendung.

Als sich 1933 die Notwendigkeit ergab, eine Krisenabgabe vorzubereiten, bestand ursprünglich die Absicht, nur das Einkommen zu besteuern, um die infolge der Krise geschwächten und zum Teil ertragslosen Vermögen nicht zu belasten. Der Gedanke musste jedoch fallengelassen werden. In der Expertenkonferenz für die Beratung der Finanzreform wurde ebenfalls beantragt, die dem Bund in Art. 42ter gewährte Steuerkompetenz ausdrücklich auf das Einkommen zu beschränken. Wir haben diesem Antrag keine Folge gegeben, weil wir, wie wir bereits ausgeführt haben, dem Bund keine engen Bindungen auferlegen möchten. Eine ergänzende massige Vermögenssteuer ist normalerweise gerechtfertigt; denn auch ein erträgsloses Vermögen stellt eine gewisse steuerliche Leistungsfähigkeit dar. Damit möchten wir jedoch nicht die Beschränkung der Besteuerung auf das Einkommen grundsätzlich ablehnen.

Bei stark geschwächter Kapitalkraft des Landes, z. B. infolge inflatorischer oder anderer Störungen, kann ein Verzicht auf die Besteuerung des Vermögens durch den Bund durchaus geboten erscheinen.

Wir haben davon abgesehen, in den Verfassungsartikeln Bestimmungen über
Steuerbefreiungen, Steuererleichterungen, Steuersätze und ähnliches aufzunehmen, da der Vollzug von Art. 42ter durch ein Bundesgesetz zu erfolgen hat.

c. Übergangsbestimmungen.

Wir sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Steuer, wie sie in Art. 42ter, Buchstabe a, vorgesehen ist, heute gegeben sind,

460

da der Bund vor der Notwendigkeit steht, einen Best von 411 Millionen Franken der in den Jahren 1933, 1936 und 1937 bewilligten ausserordentlichen Militärkredite zu verzinsen und innerhalb möglichst kurz bemessener Frist zu tilgen. Bis ein Ausführungsgesetz zu Art. 42ter, Buchstabe a, in Kraft tritt, soll die Bundesversammlung ermächtigt werden, eine Steuer nach den Grundsätzen der zurzeit erhobenen Krisenabgabe zu erheben. Der Bundesrat wird alle nötigen Vorkehren treffen, damit die in Art. 42ter, Buchstabe a, vorgesehene Steuer innerhalb dreier Jahre, d. h. spätestens auf Anfang 1942, eingeführt werden kann.

III. Einrichtung einer Alters- und Hinterlassenenfürsorge.

(Übergangsbestimmung zu Art. 84quater.)

Nach dem Volksbegehren vom 30. November 1931, das die Schaffung einer vorübergehenden unentgeltlichen Fürsorge für G-reise und Greisinnen im Alter von über 65 Jahren sowie für Witwen und Waisen verlangt, sollen aus den Erträgnissen und Einlagen des Fonds jährlich 25 Millionen Franken unter etwa 350 000 Fürsorgebedürftige verteilt werden.

In der Absicht, das Volk so rasch als möglich über das älteste der hängigen Volksbegehren entscheiden zu lassen, hat der Bundesrat der Bundesversammlung am 17. September 1937x) beantragt, dieses Volksbegehren abzulehnen und einem als Übergangslösung gedachten Gegenvorschlag zuzustimmen, wonach der Bund den kantonalen Versicherungs- und Fürsorgeeinrichtungen für bedürftige Greise, Witwen und Waisen schweizerischer Nationalität 10 Millionen Franken zur Verfügung stellt. Zum gleichen Zwecke soll der Bund der Stiftung für das Alter und ebenso der Stiftung für die Jugend Jahresbeiträge bis zu 2 Millionen Franken gewähren. Der Ertrag aus der fiskalischen Belastung von Tabak und gebrannten Wassern soll für solange zur Bestreitung der allgemeinen Bedürfnisse des Bundes verwendet werden, als es das finanzielle Gleichgewicht im Gesamthaushalte erfordert, längstens aber bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Die Kommission des Nationalrates hat Volksbegehren und Gegenvorschlag des Bundesrates im November 1937 ein erstes Mal beraten. Gegenüber dem Gegenvorschlag wurde namentlich eingewendet, dass er die Beanspruchung der Erträgnisse aus Tabak und gebrannten Wassern zur Bestreitung der allgemeinen Bedürfnisse des Bundes
auf unbestimmte Zeit verlängere und ausserdem dem Fonds weitere Mittel entziehe.

Nach Art. III, Ziff. l, des Beschlussesentwurfes soll ab 1939 während neun Jahren die Hälfte des Eeinertrages aus der fiskalischen Belastung ge!) Bundesbl. 1937, Bd. III, S. 51.

461 brannter Wasser und ein Drittel der Einnahmen aus der Tabakbesteuerung in den Fonds fallen, dessen Verzinsung ab 1989 aufgenommen wird. Bis zum Inkrafttreten der Alters- und Hinterlassenenversicherung werden aus Mitteln des Fonds jährliche Beiträge für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge ausgerichtet, die von 14 Millionen Franken in den Jahren 1989--1941 bis auf höchstens 20 Millionen Franken nach 1947 ansteigen sollen. Die Frage der Verwendung der Erträgnisse aus der fiskalischen Belastung von Tabak und gebrannten Wassern hängt also mit der verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes aufs engste zusammen. Unter diesen Umständen erscheint es gegeben, die Übergangslösung hinsichtlich ihrer finanziellen Gestaltung in die Neuordnung des Finanzhaushaltes einzubeziehen.

Das in der Volksabstimmung vom 7. Dezember 1931 verworfene Tabakgesetz rechnete mit einem jährlichen Ertrag von rund 30 Millionen Franken 1).

Die Steigerung des Ertrages von rund 26 Millionen Franken im Durchschnitt der Jahre 1932 und 1933 auf 40 bis 42 Millionen Franken seit 1934 beruht auf Massnahmen des Fiskalnotrechtes, das gleichzeitig den gesamten Ertrag für die allgemeinen Bedürfnisse des Bundes freigab. Wird das kommende Tabakgesetz derart gestaltet, dass auch künftig mit dem bisherigen Ertrage von 40 bis 42 Millionen Franken gerechnet werden kann, so lässt es sich wohl rechtfertigen, während einer Übergangszeit von neun Jahren noch einen Teil dieses Ertrages für die allgemeinen Bedürfnisse des Bundes zu verwenden. Würden nach dem Inkrafttreten des zu revidierenden Art. 82Ws der Bundesverfassung über die Verwendung des · Eeinertrages aus der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser die von der Alkoholverwaltung zu tilgenden Betriebsausfälle der letzten Jahre --· rund 26 Millionen Franken -- ganz oder doch teilweise vom Bunde übernommen und .seinem Schuldenüberschuss beigefügt, so dürfte es möglich sein, dem Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung aus dem Eeinertrag der Alkoholverwaltung jährlich l bis 2 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen.

Nach dieser Lösung würde sich der Versicherungsfonds im Zeitabschnitt 1989--1947 wie folgt entwickeln: ^Bundesbl. 1929, Bd. I, S. 537.

ßundesblatt. 90. Jahrg. Bd. I.

33

462 Spezialfonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

18

Jahr

Einlage In den Fonds Anteil a m Ertrag der Tabak- des Alkoholbesteuerung monopols

Fondszinsen

Ausgaben für Einnahmen Alters- und zusammen HinterlassenenfUrsorge

Bestand des FondsVermögens (Jahresende)

in Millionen Franken

1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946' 1947

.

14 14 14 14 14 14 14 14 14

1 1 2 2 2 2 2 2 2

6,5 6,7 6,9 7,2 7,4 7,7 7,9 8,1 8,2

21,5 21,7 22,9 23,2 23,4 23,7 23,9 24,1 24,2

14 14 14 16 16 16

.

18 18 18

216,4 223,9 · 231,6 240,5 247,7 255,1 262,8 268,7 274,8 281,0

Die Verordnung des Bundesrates vom 9. März 1934 über die Ausführung von Art. 80 des Finanzprogramms 1988 enthält die näheren Grundsätze über die Durchführung der Fürsorge. Verbesserungen auf Grund der Erfahrungen werden nötig sein.. Vor allem wird man dafür sorgen müssen, dass tatsächlich die Kantone die empfangenen Bundesleistungen nicht für die Bedürfnisse ihrer Armenpflege verwenden und diese im Umfang der Bundesgelder entlasten.

Die Kosten für die Armenpflege sollen durch die vom Bunde unterstützten Fürsorge- und Versicherungseinriehtungen nur mittelbar verringert werden, und zwar in der Weise, dass Personen, die sonst.armengenössig würden, durch Leistungen der Fürsorge und der Versicherung vor dauernder Armengenössigkeit bewahrt bleiben.

Die am 14. und 15. März 1938 in Lugano versammelt gewesene Kommission des Nationalrates zur Vorberatung des Volksbegehrens um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. S4i'mter der Bundesverfassung und des Gegenvorschlages des Bundesrates hat die sachliche Verbundenheit der Übergangslösung mit der Neugestaltung des Finanzhaushaltes des Bundes bejaht und den in Art. III, Ziff. l, formulierten Vorschlag grundsätzlich als annehmbar bezeichnet.

IV. Übergangsordnung und Ausführungserlasse.

Allgemeine Voraussetzungen.

Eines der Ziele der Neuordnung bildet die Wiederherstellung und Sicherung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Ausgaben im Finanzhaushalte des Bundes. Ein erster Schritt zur Erreichung dieses Zieles ist die Ersetzung der ausserordentlichen und vorübergehenden finanziellen Massnahmen, die zur Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Landes und zur Festigung seines

463

Kredites ergriffen werden mussten, durch ordentliches verfassungsmässiges Eecht. Gegenstand und Inhalt dieser ausserordentlichen Massnahmen, wodurch das ordentliche Eecht ausser Wirksamkeit gesetzt, ergänzt oder umgeändert worden ist, ergibt sich aus den Finanzprogrammen der Jahre 1983 und 1986, sowie dem Bundesbeschluss über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechts für 1938.

Nach Natur und Zweck der Massnahmen handelt es sich dabei wesentlich um Eingriffe, wodurch die gesetzlichen oder auch nur verordnungsmässigen finanziellen Verpflichtungen des Bundes eingeschränkt, vermindert oder ganz aufgehoben wurden. Ein anderer Teil dieser ausserordentlichen Massnahmen galt der Erschliessung neuer Einnahmequellen oder der Steigerung des Ertrages bisheriger ordentlicher Fiskalmasgnahmen. Die finanzielle Bedeutung und Tragweite aller dieser Anordnungen ist an anderer Stelle im einzelnen dargestellt. Wir erinnern lediglich daran, dass durch das für das laufende Jahr verlängerte Notrecht die Finanzlage im Gesamthaushalte des Bundes um rund 214, diejenige der Kantone, allerdings. ohne Eücksicht auf den Abbau der Bundesbeiträge, um rund 25 Millionen Franken verbessert werden soll.

Der Hinfall aller dieser Massnahmen, ohne gleichzeitigen Ersatz in verfassungsmässiger Form, müsste also mit einem Schlage den Finanzhaushalt des Bundes und einzelner Kantone in entsprechendem Umfange verschlechtern und zum Teil schwer erschüttern. In der Folge wären diese Gemeinwesen ausserstande, ihren gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen noch nachzukommen. Die Verfassungsvorlage will einen derartigen unvermittelten Übergang vermeiden. Sie schafft das rechtliche Fundament, gestützt worauf der Finanzhaushalt vorweg des Bundes schrittweise neu aufgebaut werden kann.

Erst die Ausführungsgesetze oder die Umgestaltung, Änderung und Ergänzung der bestehenden Gesetzgebung werden es ermöglichen, den Finanzhaushalt dauernd ins Gleichgewicht zu bringen. Neuaufbau und Umgestaltung erfordern geraume Zeit der Vorbereitung; die parlamentarische Beratung der verschiedenen Vorlagen und der Entscheid des Volkes, soweit für einzelne Massnahmen das Eeferendum angerufen wird, machen es zur zwingenden Notwendigkeit, den gesetzgebenden Bäten verfassungsmässig die Befugnis einzuräumen, im Eahmen des bestehenden Notrechtes und für
eine kürzere Zeit von sich aus die erforderlichen Anordnungen zu treffen, die zur Sicherung des Gleichgewichtes im Finanzhaushalte des Bundes unerlässlich erscheinen. Die Verfassungsvorlage beschränkt die Frist mit einer einzigen Ausnahme auf vier Jahre. Die Wirksamkeit, aller ihrer Anordnungen soll in jedem Fall Ende des Jahres 1942 aufhören, ganz gleichgültig, ob bis dahin die durch die Verfassung neu vorgesehenen Ausführungsgesetze erlassen und ob die erforderlichen Änderungen an bestehenden Gesetzen und allgemeinverbindlichen Bundesbeschlüssen durchgeführt und in Wirksamkeit getreten sind. Das ist der Sinn von Art. III, Ziff. 3, des Beschlussentwurfes. Der Bundesrat hat die Meinung, dass die Frist ausreichen werde, um alles Erforderliche vorzukehren; er ist aber vollständig darüber

464

im klaren, dass es angesichts der grossen Zahl der in Betracht fallenden Erlasse und der Schwierigkeit der einzelnen, darin zu lösenden Probleme einer gehörigen Kraftanstrengung bedürfe, um die Aufgabe rechtzeitig zu erledigen. Nötig ist gleichzeitig das verständnisvolle Zusammenarbeiten aller Parteien und Volksgruppen und ihr Wille zur Verständigung.

1. Neuordnung der Schuldentilgung.

Die geltende Ordnung für die Schuldentilgung des Bundes beruht auf dem Bundesbeschluss vom 15. Juni 1927 über die Tilgung des Passivsaldos der eidgenössischen Staatsrechnung. Sie setzt voraus, dass sich Einnahmen und Ausgaben der Staatsrechnung in aller Eegel ausgleichen und dass Bückschläge nur ausnahmsweise vorkommen. Deshalb bestimmt Art. 2, dass allfällige Bückschläge unverzüglich durch die Voranschläge der folgenden fünf Jahre auszugleichen seien. Dabei nahm man an, dass die zusätzliche Belastung der Voranschläge mit je einem Fünftel des Bückschlages durch Einsparungen auf den Ausgaben wettgemacht werden könnte.

Dieser Tilgungsplan musste praktisch versagen, als der Finanzhaushalt trotz der ausserordentlichen Massnahmen des Fiskalnotrechtes wegen der zunehmenden Schrumpfung der Einnahmen und des gewaltigen Aufwandes für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schwer und anhaltend erschüttert worden ist, so dass die Staatsrechnungen dauernd mit Ausgabenüberschüssen abschlössen. Das ist seit 1932 der Fall. Zwar wurden die planmässigen Tilgungen formell weiterhin aufrechterhalten; die Tilgungsraten blähten jedoch nur den Ausgabenüberschuss auf. Im planmässigen Umfang kann tatsächlich nur getilgt werden, wenn in der Verwaltungsrechnung das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben, einschhesslich Tilgungsaufwand, hergestellt ist. .

Schon im Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 ist wenigstens zu einem Teil die Folgerung aus dieser Lage gezogen worden. Die Staatsrechnung 1936 hat mit einem Bückschlag von 77,6 Millionen Franken abgeschlossen. Gestützt auf Art. 2 des genannten Bundesbeschlusses vom 15. Juni 1927 über die Tilgung des Passivsaldos hätte in den Voranschlag für 1938 folgender Tilgungsaufwand eingestellt werden müssen: Millionen Franken

XII. Planmässige Bäte zur Tilgung des Passivsaldos...

IV. Bäte zur Tilgung des Bückschlages 1933

III.

II.

I.

» » »

» » »

» » »

» » »

» » »

1934 1935 1936

Gesamter Tilgungsaufwand

19,8 8,2

5,7 4,1 15.5 53,3

Im Zeitpunkt der Erstellung der Botschaft über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für 1938 schien es jedoch gewiss, dass das Budget-

465

gleichgewicht bei einem rund 40 Millionen Franken übersteigenden Tilgungsaufwand nicht zu erreichen war. Der Bundesrat beantragte deshalb eine Bestimmung -- und die Bundesversammlung genehmigte sie --, wonach im Jahre 1988 von der planmässigen Tilgung des Eückschlages der Staatsrechnung 1936 Umgang zu nehmen sei. Dabei bestand die Meinung, das der Eückschlag 1936 sowie ein allfälliger Eückschlag im Jahre 1937 dem auf Ende 1938 neu festzustellenden Schuldenüberschuss zuzuzählen seien.

In anderem Zusammenhang wurde dargelegt, dass auf Ende 1938 mit einem Schuldenüberschuss von 2 100 Millionen Franken zu rechnen ist l).

Das jährliche Tilgungsbetreffnis ist abhängig von der Dauer und vom Zinsfuss, die dem Tilgungsplan zugrunde gelegt werden. Über der unbestreitbaren Notwendigkeit, den Schuldenüberschuss so rasch als möglich zu tilgen, darf die Leistungsfähigkeit der Gegenwart nicht vernachlässigt werden. Wird der Tilgungsbedarf überspannt, und das ist praktisch der Fall, wenn die mit einer Tilgungsquote belastete Verwaltungsrechnung mit einem Ausgabenüberschuss abschliesst, so kommt die Tilgung ins Stocken, weil der rechnungsmässigen Verminderung des Passivsaldos durch die Tilgungsquote eine Erhöhung des Passivsaldos um den Ausgabenüberschuss gegenübersteht.

Dem künftigen Amortisationsplan können ein Zinsfuss von 3% % und eine Tilgungsdauer von 60 Jahren zugrunde gelegt werden. Zwar hat die Eidgenossenschaft ihre Anleihen zurzeit noch zu durchschnittlich 4% zu verzinsen.

Aller Voraussicht nach werden sich aber umfangreiche Konversionen auf der Grundlage von 3 bis 3%% durchführen lassen. Eine kürzere Amortisationsdauer als 60 Jahre hätte eine Belastung der jährlichen Voranschläge zur Folge, die bei den für die Neuordnung der Bundesfinanzen massgebenden Fiskalgrundsätzen kaum erträglich wäre.

Bei Annahme eines Zinsertrages vonc 3% % wächst die Tilgungsquote jedes Jahr um den Zinsertrag des getilgten Kapitals, der sich in eine entsprechende Verminderung der Zinslasten der festen Anleihen und schwebenden Schulden des Bundes übersetzt, so dass die künftigen Voranschläge durch das Anwachsen der Tilgungsquote nicht weiter belastet werden. Der nachfolgende Tilgungsplan zeigt da» Anwachsen der Tilgungsraten: !) Vergi. S. 398.

466

Tilgungsplan.

19

.

Jahr

In den Voranschlag einzustellender Tilgungsbetrag Franken

Franken

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 usw.

10 690 000 11 060 000 11 451 000 ·11852000 12267000 12 696 000 13140000 13 600 000 14076000 14 569 000 15079000 15 607 000 16 153 000 16 718 000 17 303 000 17 909 000 18 536 000 19 185 000 19 856 000 20 551 000 usw.

10 690 000 21 754 000 33 205 000 45057000 57324000 70020000 83 160 000 96 760 000 110 836 000 125 405 000 140484000 156091000 172 244 000 188 962 000 206 265 000 224 174 000 242 710 000 261 895 000 281 751 000 302 802 000 usw.

Verminderung des Passivsaldos

Der Bundesrat wird der Bundesversammlung beantragen, den Bundesbeschluss vom 15. Juni 1927 durch einen Bundesbeschluss zu ersetzen, der die Tilgung im Eahmen dieser Voraussetzungen und Annahmen ordnet.

2. Neuordnung des Subventionswesens.

Nach dem in Art. 42, Ziff. 5, der Verfassungsvorlage formulierten Grundsatze soll der Bund künftig Beiträge an Kantone, Gemeinden und andere Körperschaften oder an Private nur leisten, wenn die damit verfolgten Zwecke wegen ihrer kulturellen, sozialen, volkswirtschaftlichen oder militärischen Bedeutung im Interesse der Schweiz oder eines grösseren Teils derselben liegen und sonst nicht ausreichend erfüllt werden könnten.

Zwei Gesichtspunkte sollen damit für die künftige Subventionspolitik des Bundes in den Vordergrund gerückt werden, einmal die Forderung, dass die Mittel des Bundes der Erfüllung von Zwecken vorbehalten bleiben, die dem Gesamtinteresse des Landes oder wenigstens eines grösseren Teiles desselben zugute kommen. Der Bund soll aber nur in Anspruch genommen werden können, wenn anders der Zweck nicht ausreichend erfüllt werden kann.

467

Wie in den einleitenden Betrachtungen betont wurde, kommt der Gestaltung des Subventionswesens des Bundes vom Gesichtspunkte des Finanzausgleiches zwischen Zentralstaat und Kantonen erhebliche Bedeutung zu.

In dem Umfange, wie der Bund ,seine finanzielle Mitwirkung bei der Erfüllung von Aufgaben, die nicht unmittelbar von ihm wahrzunehmen sind, vermindert oder einschränkt, werden die Kantone finanziell stärker belastet werden. Bei den Vorarbeiten für die Verfassungsrevision ist vielfach die Forderung erhoben worden, der Finanzhaushalt des Bundes sei wesentlich von der Ausgabenseite her zu ordnen und es sollte besonders das Subventionswesen umfassend und im Sinnender Einschränkung umgestaltet werden. Man darf nicht übersehen, dass es zum Wesen unseres Bundesstaates gehört, die Aufgaben kultureller, sozialer und volkswirtschaftlicher Natur, die zwar in den Aufgabenkreis der Kantone fallen, von ihnen aber nicht oder nur unzureichend gelöst werden können, durch eine den Bedürfnissen der Gesamtheit entsprechende Ordnung zu verwirklichen; das kann aber nur geschehen, wenn der Bund den Kantonen finanziell hilft. Es dürfte mit grossen Schwierigkeiten verbunden, wenn nicht geradezu ausgeschlossen sein, diese Unterstützung ohne erheblichen Schaden für die kulturellen, sozialen und volkswirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes weitgehend einzuschränken oder für einzelne Gebiete vollständig zu unterdrücken. Die Beitragsleistung des Bundes auf den verschiedenen Gebieten des Subventionswesens bildet zudem zu einem wesentlichen Teil Gegenstand besonderer Gesetzeserlasse; ist man daher entschlossen, die dort verankerten Bundesleistungen weitgehend einzuschränken, so bedarf es dafür einer Eevision dieser Gesetze, die geraume Zeit erfordern wird und deren schliessliches Schicksal ungewiss ist. In seinen Berechnungen über den Bedarf des Bundes im Zeitabschnitt 1939 bis 1947 ist der Bundesrat allerdings davon ausgegangen, dass es gelingen sollte, nicht nur die durch das Fiskalnotrecht auf den ordentlichen Beiträgen verwirklichten Einsparungen (1988: 22 Millionen Franken) aufrechtzuerhalten, sondern sie im Durchschnitt der nächsten neun Jahre auf 28 Millionen Franken zu erhöhen. Diese Ersparnis wird allerdings teilweise wettgemacht durch die von 8 auf 14 Millionen Franken zu erhöhende Einlage in den Fonds für die Alters-
und Hinterlassenenversicherung.

Nach dem Fiskalnotrecht sind die auf Gesetz oder Verordnung beruhenden Grundlagen für die Bemessung der Beitragsleistungen des Bundes in dem Sinne verändert worden, dass die gesetzlichen Verpflichtungen des Bundes verringert werden konnten. Nach Art. III, Ziffer 3, der Übergangsbestimmungen des Beschlussesentwurfes kann die Bundesversammlung bis zur Eevision der einschlägigen Subventionsgesetze und im Eahmen der für das Jahr 1938 gültigen Bestimmungen des Fiskalnotrechtes die Subventionsleistungen weiterhin einschränken, d. h. die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnungsgrundlage abändern.

Man hat der Ordnung des Fiskalnotrechtes zum Vorwurf gemacht, dass sie die Beiträge allzu schematisch nach einem für alle Subventionsgebiete und Beitragsgruppen gleichen Prozentsatzes herabsetze. Für das Finanzprogramm

468

1938 mag diese Kritik nicht ganz unbegründet gewesen sein. Nach den geltenden Abbauvorschriften wird indessen die Beitragsleistung nicht schematisch um 40 % vermindert, vielmehr ist in der Bemessung des Abbausatzes auf die wirtschaftliche Lage des Beitragsempfängers abzustellen; je nach der Würdigung dieser Verhältnisse darf mit der Kürzung bis auf 25 % zurückgegangen werden.

Wesentlich hinter dem normalen Abbausatze von 40% zurückbleibende Kürzungen gelten für einzelne Subventionsgebiete, wie die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversicherung und die Tuberkuloseorganisationen.

Bis zum Zeitpunkte, in dem innerhalb des Eahmens des geltenden Fiskalnotrechtes die gesetzlichen Masstäbe ermessensmässig verändert werden können, dürfte es kaum möglich sein, eine Neuordnung zu verwirklichen. Die Eevision der einschlägigen gesetzlichen Erlasse, besonders über die Beitragsleistungen betreffend Kranken- und Unfallversicherung, über Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose, Arbeitslosenversicherung, berufliches Bildungswesen, Förderung der Landwirtschaft usw., erfordert umfassende Vorbereitungen, die Jahre beanspruchen werden. Sollen daher die Einsparungen durchschnittlich 28 Millionen Franken im Jahr erreichen, so wird kaum etwas anderes übrig bleiben, als zunächst in einem Bundesgesetze diejenigen Grundsätze festzulegen, die vorläufig und bis zur Kevision der einzelnen Subventionsgesetze für die Bemessung der Beitragsleistung wegleitend sein sollen. Dabei steht wesentlich die Frage im Vordergrund, wie die Beiträge nach der Bedeutung und Wichtigkeit des Subventionszweckes, der wirtschaftlichen Lage des Beitragsempfängers und der Grosse der zu subventionierenden Arbeiten oder Lieferungen abgestuft werden können. Gleichzeitig wäre zu bestimmen, dass durch die neuen Grundsätze die geltende gesetzliche Ordnung entsprechend geändert werde.

Im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Gesetzesvorlage wird auch zu den Postulaten der nationalrätlichen Kommission für die Vorberatung des Finanzprogrammes 19861) und des Ständerates Malche2) über die Neuordnung des Subventionswesens Stellung zu nehmen sein.

^Postulat zu Nr. 3320 der Nationalrätlichen Kommission vom 9. Januar 1936 : «Der Bundesrat wird eingeladen, in ihrer Gesamtheit die Frage der Subventionen einer erneuten Prüfung zu unterziehen, Bericht zu erstatten
und Antrag zu stellen, ob ein System verwirklicht werden könnte, das die Abstufung der Subventionen nach der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Subventionsempfängers gestattet.» 2 ) Postulat Nr. 3358 von Ständerat Malche vom 30. Januar 1936: «Das den eidgenössischen Kammern unterbreitete neue Finanzprogramm wird dem Voranschläge weder die immer noch erhofften Einnahmen noch alle gewünschten Einsparungen bringen. Der vorgeschlagene Abstrich von 10 Millionen Pranken auf den Bundessubventionen von insgesamt 211 Millionen ist durchaus ungenügend.

Infolgedessen und angesichts der dringenden Notwendigkeit, den Voranschlag vorerst durch Einsparungen ins Gleichgewicht zu bringen, wird der Bundesrat gebeten, zu prüfen, ob nicht folgende Massnahmen zu ergreifen wären:

469 Das Gesetz wird auch diejenigen Subventionsgebiete namhaft machen müssen, wo Leistungen des Bundes künftig wegfallen könnten, wie das beispielsweise für die Beitragsleistung des Bundes an die Prämien für Nichtbetriebsunfälle und die Verwaltungskosten der Unfallversicherungsanstalt zutreffen mag. Eine Klarstellung wird auch für gewisse Grenzgebiete nötig sein, wo heute Zweifel darüber bestehen, ob es sich tatsächlich um die Förderung eines Subventionszweckes handle oder ob nicht eine unmittelbar vom Bunde zu erfüllende Aufgabe in Frage stehe, wie die Grundbuchvermessung und gewisse mit der Förderung unseres Wehrwesens eng verbundene Leistungen (freiwilliges Schiesswesen).

Besondere Würdigung erfordern vor allem die Beitragsleistungen des Bundes einerseits für die Getreideversorgung des Landes, anderseits für den Ausbau der Alpenstrassen und der schweizerischen Verkehrswege. Diese drei Subventionsleistungen entsprechen, abgestellt auf das Jahr 1937, einer jährlichen Gesamtaufwendung des Bundes von über 43 Millionen Franken. Stärkere Einsparungen auf dem Gebiete des Subventionswesens liessen sich in erster Linie dadurch verwirklichen, dass besonders auf diesen drei Gebieten grössere Abstriche gemacht oder dem Bunde entsprechende besondere Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten. Bei der Getreideversorgung käme möglicherweise die Einführung eines Getreidezolles auf den Zeitpunkt und in dem Umfange in Frage, als die Weltgetreidepreise sinken1).

Die bedeutenden Aufwendungen des Bundes für den wesentlich in den Aufgabenkreis der Kantone fallenden Bau und Unterhalt von Verkehrsstrassen könnten durch eine Besteuerung der Motorfahrzeuge auf der Strasse ganz oder zum Teil wettgemacht werden, wenn die Beiträge an die Strassenbaukosten in Zukunft nicht vollständig oder doch zum grössern Teil wegfallen sollen.

3. Personalmassnahmen.

Das Fiskalnotrecht hat eine Verminderung der Personalkosten einerseits durch Eingriffe in gesetzliche Vorschriften, Statuten, Verordnungen und 1. Möglichst baldige Einreichung einer Vorlage an die Bundesversammlung für einen Gesamtabstrich von 20 % auf den Bundesbeiträgen aller Art.

2. Gleichzeitige Einreichung einer Vorlage für die Reform auf dem Gebiete der Subventionen, die nur noch zu einem geringen Teil von ihrer Natur oder von dem ins Auge gefassten Ergebnis
abhängen werden, während ein grosser Teil davon der Lage jedes einzelnen Nutzniessers gemäss seinen Bedürfnissen entsprechen soll. Wenn einmal die Subvention nach der Einzellage der Mitglieder festgesetzt ist, so bleiben die Verbände, Vereinigungen, Sekretariate und andern Gemeinschaften zuständig zu deren Verteilung.

3. Da die Gesamtheit dieser Abstriche keineswegs aus einem Grundsatze entspringt, sondern aus der Notwendigkeit, nicht mehr auszugeben, als man hat, sollte der Bundesrat die Möglichkeit prüfen, durch dieses Mittel eine Ersparnis einerseits von 42 Millionen und anderseits von 33 Millionen zu bewirken, die zur Ausgleichung des Voranschlages unbedingt unerlässlich ist.» 1 ) Vgl. dazu den Bericht des Bundesrates vom 11. Mai 1937 und den Nachtrag vom 16. Juli 1937 zu den Postulaten betreffend die Abänderung der Getreideordnung, Bundesbl. 1937, Bd. I, S. 945 und Bd. II, S. 577.

470

Eeglemente, teils durch konkrete Normen über die Bemessung des Personalbestandes angestrebt und verwirklicht.

Einsparungen auf den Personalkosten1).

20

Einsparung

Jahr

auf den Bezügen des Personals (Besoldungen, Gehälter und Löhne) in Mili.

Rechnung 1934 .

do.

1935 .

do.

1936 .

Voraussichtliches Ergebnis 1937 .

auf den übrigen Personalausgaben

in % der nominellen in Millionen r r.

Bezüge

auf den Leistungen der Versicherungskassen des Bundes in Millionen Fr.

9,3

2,4 1,7 1,5

-- 3,6

9,3

1,0

4,1

15,54 16,8 31,3

4,65 4,65

81,8

aus dem Abbau des Personalbestandes (Schätzung) in Millionen Fr.

3,0 3,5

4,0 4,0

Der Abbau der festen Bezüge seit dem Jahre 1934, die Kürzung der statutarischen Versicherungsleistungen und Buhegehälter seit 1936 und ebenso die Sistierung der statutarischen Einlagen von eins vom Tausend des gesamten versicherten Verdienstes können nach Ablauf des Jahres 1938 gleich wie die vorübergehende Veränderung der gesetzlichen Masstäbe für. die Bemessung der Bundesbeiträge im Eahmen des Bundesbeschlusses vom 28. Oktober 1937 nur weitergeführt werden, wenn die eidgenössischen Bäte von der ihnen in Art. III, Ziffer 3, des Bundesbeschlussesentwurfes verliehenen Ermächtigung Gebrauch machen. Einzig für die Fortsetzung der Massnahmen zur Verminderung des Personalbestandes sind die Verwaltungsorgane von sich aus zuständig. Der Bundesrat ist denn auch fest entschlossen, durch praktische Eeorganisationsmassnahmen der Bemessung des Personalbestandes sowohl in der Verwaltung als in den Betrieben seine besondere Aufmerksamkeit zu schenken und alles zu tun, was geeignet und möglich erscheint, den Bestand in Berücksichtigung des Aufgabenkreises, der Geschäftslast und der Anforderungen des Betriebes so knapp als möglich zu halten.

In anderm Zusammenhange haben wir auf die Beiziehung von Experten zur Untersuchung und Abklärung der Frage hingewiesen, welche weitergehenden Einsparungen im Bundeshaushalte verwirklicht werden können.

Die Frage, in welchem Umfange der gegenwärtig bereits gemilderte Abbau der festen Bezüge der Beamten, Angestellten und Arbeiter weitergeführt x ) Bundesverwaltung, einschliesslich Bundeshahnen und Post-, Telegraphund Telephonhetriebe.

471

werden könne, hängt vornehmlich von der Entwicklung der Lebenskosten ab.

Formalrechtlich erfordert die Neuordnung der Bezüge eine Eevision der besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Beamtenstatutes. Die Vorarbeiten für diese Eevision sind an Hand genommen. Der Bundesrat gibt der Erwartung Ausdruck, dass.es möglich sein werde, sich mit den Vertretern des Personals über die Hauptpunkte der gesetzlichen Neuordnung der Bezüge der Bundesbeamten auf tragbarer Grundlage zu verständigen. Das Personal wird nicht abseits stehen wollen, wenn durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Volkskreise der Finanzhaushalt des Bundes auf eine sichere und dauernde Grundlage gestellt werden soll. Das Ziel wird nur zu erreichen sein, wenn alle zu Opfern bereit sind.

Die Neugestaltung der Eenten, der Euhegehälter und Hinterbliebenenleistungen steht in engstem Zusammenhange mit der Entschuldung der beiden Personalversicherungskassen. Dieses Problem beschäftigt den Bundesrat seit längerer Zeit; eine Lösung ist wegen der finanziellen Eeorganisation der Bundesbahnen dringend geworden.

Glücklicherweise ist es gelungen, mit den Vertretern der Versicherten und Eentenbezüger der beiden Kassen schon im Verlaufe der vergangenen Jahre eine Verständigung herbeizuführen. Danach beteiligen sich Versicherte und Eentenbezüger der beiden Kassen an der Tragung der gewaltig angewachsenen Fehlbeträge in Form erhöhter Personalbeiträge, veränderter statutarischer Versicherungsleistungen und herabgesetzter Eenten. Allerdings ist die Finanzlage beider Kassen derart unbefriedigend geworden, dass trotz dieser Opfer des Personals Bund und Bundesbahnen im Interesse der Sanierung der Kassen künftig noch grössere Aufwendungen zu machen haben werden als bisher.

An der Sanierung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen wird sich der Bund, durch Übernahme von 180 Millionen Franken des Fehlbetrages beteiligen. Daraus erwächst .ihm eine zusätzliche jährliche Leistung von rund 8 Millionen Franken. Geringer ist seine Mehrbelastung aus der Sanierung der eidgenössischen Versicherungskasse; sie übersteigt aber auch hier jährlich 6 Millionen Franken.

Die Entschuldung der Versicherungskassen erfordert gesetzgeberische Massnahmen; für die Pensions- und Hilfskasse sind die nötigen Bestimmungen im Entwurfe für das neue Bundesbahngesetz enthalten, das in
seinen Hauptzügen vom Nationalrate bereits durchberaten ist. Für die eidgenössische Versicherungskasse kommt eine Novelle zum Versicherungskassengesetz vom 30. September 1919 in Frage. Der Bundesrat hat die Absicht, den Eäten diese Gesetzesvorlage noch im laufenden Jahre so rechtzeitig zu unterbreiten, dass sie vor dessen Ablauf verabschiedet werden kann. Die veränderten Kassenstatuten sollten auf 1. Januar 1939 in Wirksamkeit gesetzt werden. Darin wird auch zu bestimmen sein, ob und in welcher Weise der Unterstützungsfonds künftig vom Bunde weitergeäufnet werden soll.

472

4. Die Massnahmen au£ dem Gebiete der Militärverwaltung.

Zur Erzielung von Ersparnissen im Gebiete der Militärverwaltung hat das Fiskalnotrecht folgende Anordnungen getroffen.

a. Militärversicherung. Nach Überweisung von 20 Millionen Franken aus den «Bückstellungen Aktivdienst» an den Deckungsfonds der Militärverwaltung wurde die Äufnung dieses Fonds eingestellt. Es durfte angenommen werden, dass weitere Einzahlungen in den Fonds zu Lasten der Verwaltungsrechnung unterbleiben könnten. Seit 1934 hat sich das Fondsvermögen wie folgt verändert: Bestand je am 1. Januar Millionen Franken

1934 1935 1936 1937

59,8 57,3 54,0 51,3

Das für Invalidenrenten, laufende Witwenrenten, Elternrenten und übrige Renten erforderliche Deckungskapital beläuft sich auf 1. Januar 1937 auf 46,1 Millionen Franken. Es ergibt sich daraus der Schluss, dass die Deckung für einmal ausreicht, vorausgesetzt immerhin, dass das nicht fest angelegte Vermögen der Fondsguthaben bei der eidgenössischen Staatskasse weiterhin zu vier vom Hundert verzinst wird. Der Bundesrat behält sich indessen ausdrücklich vor, anhand der Rentenbilanz der Militärversicherung auf 1. Januar 1939 erneut zu prüfen, ob der Deckungsfonds immer noch als ausreichend dotiert zu betrachten sei. Dannzumal wäre auch die weitere Frage zu erwägen, ob der Invalidenfonds mit dem Deckungsfonds der Militärversicherung verschmolzen werden könnte. Damit stiege das gesamte Deckungskapital auf über 100 Millionen Franken an, so dass alsdann die Erträgnisse zur Auszahlung der Rentenverpflichtungen des Bundes mehr als ausreichen würden. Eine solche Lösung erfordert indessen eine bundesgesetzliche Ordnung.

b. Militärsold. Der Militärsold ist nach Art. 11 der Militärorganisation von 1907 durch Bundesgesetz zu regeln. Dieses Bundesgesetz ist nie erlassen worden. Es blieb in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Militärorganisation von 1907 bei den Ansätzen, die durch die Militärorganisation von 1874 und durch Ergänzungsgesetz von 1878 festgelegt worden waren.

Während des Krieges wurden dann auf dem Wege des Vollmachtsbeschlusses die Soldansätze erhöht, nach dem Krieg verschiedentlich herabgesetzt bis zu dem Beschlusses des Bundesrates, der auf Grund des Art. 21 des Finanzprogramms 1936 ergangen ist. Es ist vielleicht nicht zweckmässig, den Militärsold auf dem Wege der Gesetzgebung zu ordnen; die Materie eignet sich ihrer Natur nach kaum dazu. Dieser Gedanke ist auch schon in den eidgenössischen Räten vertreten worden. Wir haben daher in Erwägung gezogen, ob nicht durch eine Revision von Art. 11 der Militärorganisation die Bundesversammlung, eventuell der Bundesrat zur Regelung des Militär-

473

soldes zuständig erklärt werden könnte. Unser Militärdepartement beschäftigt sich zurzeit mit der Aufstellung eines Gesetzesentwurfes über den Militärsold, der Anhaltspunkte dafür liefern wird, ob schliesslich doch ein Gesetz erlassen werden oder ob man Art. 11 der Militärorganisation revidieren soll. Der Entwurf wird auch den Überblick über die Frage verschaffen, ob die bisherigen Soldansätze beibehalten werden können.

c. Barbeiträge für die Ausrüstung der Offiziere (Art. 22 des Finanzprogramm.es 1936). Die Barbeiträge, die durch das Finanzprogramm 1936 gekürzt worden sind, reichen heute kaum mehr aus, um daraus die aliernotwendigsten dem Offizier vorgeschriebenen Kleidungsstücke zu bezahlen, es sei denn, dass sie von der Militärverwaltung bezogen werden. Dieser Zustand erscheint um so weniger haltbar, als vielleicht in absehbarer Zeit mit einem Aufschlag auf den Uniformpreisen gerechnet werden muss. Unter diesen Umständen wäre es kaum zu rechtfertigen, die Kürzung der Barbeiträge, deren Festsetzung übrigens Sache des Bundesrates ist, auf die Dauer weiterzuführen.

5. Gesetzgebung über die Stempelabgaben.

a. Überführung des Notrechts in ordentliches Becht.

Durch das Fiskalnotrecht sind auf dem Gebiete der Stempelabgaben folgende Massnahmen angeordnet worden: 1. zunächst Veranderthalbfachung und dann (ab 6. Februar 1936) Verdoppelung der Abgabe auf den Coupons inländischer Wertpapiere; 2. die Einführung der Stempelabgabe auf Urkunden über Kommanditbeteiligungen (wirksam seit 1. Januar 1934); 3. die Einführung der Stempelabgabe auf Urkunden über Miteigentumsrechte an Grundpfandforderungen und ausländischen Wertpapieren (wirksam seit 6. Februar 1936); 4. die Ausdehnung der Vorschriften über die Abgabepflicht langfristiger Bank- und Darlehensguthaben (teils seit 1. Januar 1934, teils seit 6. Februar 1936 wirksam).

Der gesamte Jahresertrag' dieser neuen Massnahmen beläuft sich 1937 auf ungefähr 20 Millionen Franken, wovon 16 Millionen dem Bunde verbleiben und 4 Millionen unter die Kantone zu verteilen sind.

Die Finanzlage des Bundes wird es nicht gestatten, auf diese Einnahmen nach Ablauf des Jahres 1938 zu verzichten. Es wird vielmehr nötig sein, das bisherige Fiskalnotrecht in ordentliches, zeitlich unbeschränktes Stempelsteuerrecht überzuführen.

Die einfachste Form für die Überführung des
Notrechts in ordentliches Gesetzesrecht wäre die Zusammenfassung der einschlägigen Vorschriften der Bundesbeschlüsse vom 13. Oktober 1933 und 31. Januar 1936 in einer weitern Novelle. Ein solches Gesetz könnte vielleicht bis Ende September 1938 von den Bäten verabschiedet und auf 1. Januar 1939 in Kraft gesetzt werden.

474

Zwecknaässiger wird es aber sein, die gesetzinässige Verankerung des bisherigen Notrechts mit der Eevision und Kodifizierung des gesamten Stempelabgaberechts zu verbinden. Eine solche ist bereits bei Erlass des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1937 über Ergänzung und Abänderung der eidgenössischen Stempelgesetzgebung postuliert worden; sie drängt sich schon deshalb auf, weil infolge der zahlreichen Änderungen die Klarheit und Übersichtlichkeit der anzuwendenden Normen beeinträchtigt worden ist, was bei einer Bechtsverkehrssteuer, die das Veranlagungsgeschäft zur Hauptsache in die Hände der Abgabepflichtigen legt, einen bedenklichen Nachteil darstellt. Zudem würde sich die Beseitigung zahlreicher, im Laufe der Zeit zutage getretener Mängel empfehlen: die Schliessung gewisser Lücken, die Milderung von Härten, eine bessere Zusammenfassung allgemein gültiger Normen, die Verfeinerung einiger etwas roh geratener Vorschriften des Notrechtes usw. Die vorbereitenden Arbeiten für eine derartige Neufassung des Stempelabgaberechtes sind bereits aufgenommen worden. Sie werden aber naturgemäss mehr Zeit in Anspruch nehmen als der Erlass eines kurzen Ergänzungsgesetzes.

Die Lösung, die unseres Erachtens geboten scheint, besteht infolgedessen darin, dass die Bundesversammlung im Laufe des Jahres 1938, gestützt auf Art. III, Ziffer 3, des vorgelegten Beschlussesentwurfes, die Verlängerung der Wirksamkeit des die Stempelabgaben betreffenden Notrechtes über den 81. Dezember 1938 hinaus und bis zum Inkrafttreten des revidierten einheitlichen Stempelgesetzes beschliesst.

l. Ausdehnung auf neue Gegenstände.

Die Kommission für die Begutachtung der Finanzreform hat sich für eine Ausdehnung der Couponstempelabgabe auf den Ertrag von Kontokorrentguthaben und Depositenheften ausgesprochen. Es handelt sich um eine Massnahme, die ebenfalls ohne Verfassungsänderung auf Grund von Art. 4l1*18 der Bundesverfassung angeordnet werden kann.

Wir sind der Auffassung, dass dieser Anregung Folge gegeben werden sollte.

Die Frage, ob man es bei der Erfassung der Zinsen von Kontokorrent- und Depositenguthaben bewenden lassen darf, ohne die Abgabe auch auf den Ertrag von Sparheften auszudehnen, wird noch weiter zu prüfen sein. Man darf nicht übersehen, dass die Spareinlagen die typische Anlagegelegenheit für die weniger bemittelten Schichten darstellen, und dass es wirtschaftlich und sozialpolitisch klug ist, den ersten Ansätzen der Kapitalbildung steuerlich mit Schonung -zu begegnen. Es wird auch nicht ausser acht gelassen, dass die Spareinlagen bei der Finanzierung des Hypothekargeschäfts eine bedeutende Eolle spielen.

Andrerseits ist in den Sparguthaben wie in den Obligationen Anlagekapital investiert, während die übrigen Bankguthaben (ausgenommen die zum guten Teil bereits versteuerten Kreditorenguthaben auf Zeit) Betriebsmittel von Handel, Industrie und Gewerbe darstellen. Sparguthaben wurden wegen ihres besondern wirtschaftlichen Charakters und der daraus resultierenden

475 längern durchschnittlichen Anlagedauer einen höhern Zinsertrag ab als die gar nicht oder sehr niedrig verzinslichen Kontokorrentguthaben auf Sicht oder kurze Kündigung (durchschnittlicher Zinssatz 1936: für Sparhefte 8,19%, für Depositenhefte 2,90%, Checkrechnungen und Kreditoren auf Sicht unverzinslich oder Bruchteile von 1%). Vom Standpunkt der Steuergerechtigkeit aus wäre es nicht völlig zu billigen, die einen höhern Ertrag abwerfenden und zudem gesetzlich mit einem wertvollen Vorrecht (Konkursprivileg) ausgestatteten Spareinlagen gegenüber andern Bankguthaben zu begünstigen.

Das Sparheft erfreut sich übrigens wachsender Beliebtheit als Kapitalanlage. Die durchschnittliche Einlage je Sparheft belief sich auf Ende 1986 auf 1854 Franken. 63% des Gesamtbetrages aller Spareinlagen entfielen im Jahre 1918 (neueste Sparkassenstatistik) auf 2000 Franken und 24% auf 5000 Franken übersteigende Guthaben. In der Zwischenzeit ist der Anteil der grossen Guthaben sicher nicht kleiner geworden. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass einzelne Grosseinleger oft mehrere Sparguthaben bei verschiedenen Banken unterhalten. Das Konkursprivileg und die Stempelsteuerfreiheit (Belastung der Obligationen und langfristigen Bankdepots : Titelstempel früher 1%, jetzt 1,2%; Couponsteuer auf dem Zins früher 2%, jetzt 4%) haben die Beliebtheit der Spareinlagen für weite Kreise erheblich gesteigert.

Aus diesen Gründen sollte man nicht von vornherein und für alle Zeit die Zinsen von Spareinlagen gänzlich von der Besteuerung ausnehmen. Dem besondern Charakter der Anlageform wäre in der Weise Eechnung zu tragen, dass ein ermässigter Steuersatz vorgesehen würde. Ob die technischen Schwierigkeiten überwindbar sind, die einer Freilassung der kleinen Sparguthaben (z. B.

bis zum Kapitalbetrag von 1000 Franken oder bis zu 50 Franken Jahreszins) entgegenstehen, bedarf noch näherer Untersuchung.

6. Zollmassnahmen.

Durch das Fiskalnotrecht sind die Zölle auf Zucker, Motorentreibstoffen, Kaffee, Tee, Gerste, Malz und Bier erhöht worden. Auf dem Finanzprogramm 1936 beruht schliesslich auch die Erhebung einer Gebühr bei.der Ausstellung von Zollquittungen.

Die fiskalische Bedeutung dieser Notmassnahmen geht aus nachstehender Übersicht hervor:

476 Finanzielle Tragweite des Fiskalnotrechtes aul dem Gebiete der Zollverwaltung.

2l

Ertrag im Durchschnitt der Jahre 1936--1938

Massnahme

Erhöhung der Zuckerzölle

Erhöhung der Zölle auf Motorentreibstoffen Erhöhung der Zölle auf Kaffee und Tee . .

Zollzuschläge auf Gerste, Malz und Bier . .

Zollquittungsstempel Zusammen

ca. Millionen Franken 15,0 15,5 6,5 12,0 8,0 57,0

Der Bund kann auf diese ihm durch das Fiskalnotrecht erschlossenen Einnahmequellen auch nach 1938 nicht verzichten; ihre Überführung in das ordentliche Zollrecht ist deshalb notwendig. Die ordentliche Eechtsgrundlage für die Zölle bildet der am 1. Juli 1921 in Kraft gesetzte Gebrauchstarif, dessen Gültigkeit zurzeit auf dem Bundesbeschluss vom 26. April 1923 beruht, womit bestimmt worden ist : «Die Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 betreffend die vorläufige Abänderung des Zolltarifs wird bis zum Inkrafttreten des revidierten Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif verlängert.» Die Konsolidierung erscheint auch wirtschaftlich gerechtfertigt.

Die Erhöhung der Zuckerzölle ist auf den Konsumenten überwälzt worden.

Die Detailzuckerpreise sind jedoch bis zur Abwertung unserer Währung niedriger gewesen als im Juni 1914, ein Zeichen, dass das Ausland die Zollerhöhung getragen hat. Um eine abwertungsbedingte Detailpreiserhöhung zu verhindern, hat der Bunderat den Zuckerzoll am 5. Oktober 1936 um 3 Franken je 100 kg herabgesetzt. Sollte der Weltmarktpreis sinken, so würde sich die Frage stellen, ob der frühere Ansatz in dem Umfang wieder hergestellt werden soll, dass sich daraus keine Detailpreiserhöhung ergibt.

Ähnliches gilt für die Erhöhung der Zölle auf Motorentreibstoffen. Um eine Steigerung des Detailpreises im Ansehluss an die Abwertung zu vermeiden, hat der Bundesrat am 27. November 1936 den Benzinzoll von 28 Franken auf 26 Fr. 50 ermässigt. Die Erhöhung des Benzinpreises von 43 auf 45 Eappen je Liter im Kleinhandel von Ende Juli 1937 war die Folge der gestiegenen Weltmarktpreise für sämtliche Mineralöle.

Durch die Erhöhung der Zölle auf Kaffee, Kaffeesurrogaten und Tee ist eine Verteuerung der Detailpreise dank der rückläufigen Weltmarktpreise nicht eingetreten.

477

Die durch Bundesbeschluss vom 8. Juli 1932 erhöhten Zollzuschläge auf Bier und Bierrohstoffen sind durch Bundesratsbeschluss vom 13. Dezember 1937 mit Bücksicht auf die zum Teil abwertungsbedingte Steigerung der Preise für Gerste und Malz vorübergehend wie folgt ermässigt worden : Zollzuschläge Fr.

Gerste zur Herstellung von Braumalz oder Bier Braumalz Bier

20.30 27.50 5.--

Der Zollquittungsstempel stellt eine Zollbehandlungsgebühr dar, deren Ertrag zur Deckung der Kosten beiträgt, die dem Bund aus der Nachprüfung der Einfuhrgüter entstehen; seine Beibehaltung lässt sich daher sehr wohl rechtfertigen.

Die Weitererhebung der dargestellten Zollerhöhungen, Preiszuschläge und des Zollquittungsstempels nach 1938 ist dadurch sicherzustellen, dass die Bundesversammlung in Anlehnung an den genannten Bundesbeschluss vom 26. April 1923 durch allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss die materielle Gültigkeit der heute auf Fiskalnotrecht beruhenden Massnahmen bis zum Inkrafttreten des revidierten Bundesgesetzes über den schweizerischen Zolltarif verlängert. Dergestalt wird die Aufnahme der ausserordentlichen Massnahmen in den geltenden Gebrauchszolltarif ermöglicht.

7. Revision der Alkoholgesetzgebung.

Durch Art. 39 des Finanzprogrammes 1936 bzw. Art. 6 des Bundesbeschlusses über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für 1938 sind die folgenden Bestimmungen von Art. 11, Abs. 2 bis 6, des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser für die Gültigkeitsdauer des Fiskalnotrechtes ausser Kraft gesetzt worden: «2 Sie sind für gebrannte Wasser, die durch das Verarbeiten von inländischen Kartoffeln oder von Büokständen der Presshefe- und Rübenzuokerfabrikation aus inländischen Rohstoffen gewonnen werden, so festzusetzen, dass sie dem Produzenten für seine Rohstoffe eine der Überschuss- und Abfallverwertung entsprechende Vergütung gewähren, dem Brenner einen angemessenen Brennlohn sichern und die Verzinsung und Abschreibung seines Anlagekapitals ermöglichen.

3 Für den Kernobstbranntwein ist der Übernahmepreis alljährlich vor Beginn der Ernte nach Anhörung der Beteiligten festzusetzen. Er ist nach dem in Abs. 2 aufgestellten Grundsatz zu bemessen. Als Mindestpreis gelten zwei Rappen, als Höchstpreis zweieinhalb Rappen für das Literprozent Alkohol. Immerhin darf dadurch die Obstversorgung des Landes nicht beeinträchtigt werden.

* Der Bundesrat wird die Hackfrucht- und Kernobstbrennereien durch Konzessionsbedingung verpflichten, den Produzenten für die Rohstoffe angemessene Mindestpreise zu bezahlen. Diese sollen bei kostenfreier Lieferung in die Mosterei oder auf die Abgangsstation auf den Meterzentner für gesunde, vollwertige MostBundesblatt. 90. Jahrg. Bd. I.

34

478

birnen viereinhalb Pranken und für gesunde, vollwertige Mostäpfel fünf Franken betragen.

5 Hat die Anwendung der in Abs. 8 und 4 festgesetzten Mindestpreise nachweisbar die Vermehrung des Mostobstbaues oder der Erzeugung von Kernobs tbranntwein zur Folge, so ist der Bundesrat befugt, nach Anhörung der Beteiligten, diese Mindestpreise im Rahmen des in Abs. 2 aufgestellten Grundsatzes herabzusetzen.

6 Der den Industriebrennereien und Alkoholfabriken zu bezahlende Übernahmepreis soll in der Regel den mittleren Einstandskosten des von der Alkoholverwaltung eingeführten Auslandsprites gleicher Qualität entsprechen. Dabei können die nachgewiesenen Herstellungskosten einschliesslioh Verzinsung und Abschreibung des Anlagekapitals angemessen berücksichtigt werden.» Gleichzeitig wurde der Bundesrat ermächtigt, der Alkoholvenvaltung die Abgabe von Sprit zur Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen, Biechund Schönheitsmitteln zu einem verbilligten Preisansatz zu gestatten, ohne an den Höchstsatz gemäss Art. 89, Abs. 2, des Alkoholgesetzes gebunden zu sein.

Schliesslich wurde dem Bundesrat die Befugnis eingeräumt, vorgängig der Eevision des Alkoholgesetzes Massnahmen zu treffen, welche der Alkoholverwaltung die Erzielung von Aktivüberschüssen gestatten. Besonders soll er zum Schutz der Interessen der Alkoholverwaltung gegen Missbräuche über die Alkoholgesetzgebung hinausreichende Blassnahmen treffen können.

Auf Grund dieser Bestimmungen war es möglich, die Obsternten der Jahre 1986 und 1937 weitgehend vor dem Brennen zu bewahren und damit die Alkoholverwaltung finanziell zu entlasten. An Stelle der Branntweinübernahme traten umfangreiche Vorkehren für die brennereilose Verwertung der Obstüberschüsse und -abfalle, wie die Abgabe von verbilligtem Obst an die Gebirgs- und die unbemittelte Stadtbevölkerung, die Verarbeitung zu Obstkonzentraten usw.

Überdies wurden in den Brennjahren 1986/1937 und 1937/1938 Brennermächtigungen nur an Gewerbetreibende erteilt, die sich zum Selbstverkauf des ganzen Brennerzeugnisses verpflichteten. Dadurch konnten die Einnahmen der Alkoholverwaltung aus der Verkaufsabgabe wesentlich gesteigert werden. Der Anreiz zum Brennen wurde vermindert durch die Herabsetzung des Übernahmepreises für Kernobstbranntweine von 2 Franken auf Fr. 1.60 je Liter 100%.

Die gestützt auf das
Fiskalnotrecht durchgeführten Massnahmen haben sich fiskalisch und volkswirtschaftlich bewährt. Ihre Überführung in die ordentliche Gesetzgebung ist eines der Erfordernisse für eine erfolgreiche Sanierung der Alkoholverwaltung. Die Vorarbeiten für die Eevision des Alkoholgesetzes sind in jüngster Zeit zwar etwas verzögert worden im Anschluss an ein Volksbegehren, das die Wiederherstellung des vor dem 6. April 1980 bestehenden Zustandes wünscht. Am 6. April 1930 sind bekanntlich durch Volksabstimmung die zurzeit geltenden Verfassungsgrundlagen für das heutige Alkoholgesetz geschaffen worden.

479

Schlussbemerkungen.

Unmittelbarer Anlass zur Neuordnung des Finanzhaushaltes ist der auf Ende 1988 eintretende Wegfall des bestehenden Fiskalnotrechtes, das dem Kampf gegen eine übermächtige Wirtschaftskrise und unerhörte Arbeitslosigkeit entsprang. Sparmassnahmen drängten sich auf, neue Einnahmen mussten dringlich erschlossen werden, sollte die Finanzlage des Bundes nicht eine gefährliche Erschütterung erfahren. Nach den für kurze Sicht bestimmten Noterlassen soll wieder eine für die Dauer wirksame Finanzwirtschaft eintreten.

Dabei sind die Schlussfolgerungen zu ziehen aus alten und immer wieder von neuem gemachten Erfahrungen in der Ausgabengestaltung des Bundes. Es gilt, den Aufgabenkreis zwischen Bund und Kantonen, zwischen Staat und Wirtschaft abzugrenzen, auf dass das Gleichgewicht der politischen und wirtschaftlichen Kräfte im Lande gewahrt bleibe. Die Grundsätze der Finanzgebarung sollen in der Art festgelegt werden, die der bundesstaatlichen Einmischung in die kantonale Domäne in normalen Zeiten eine Schranke setzen, in ausserordentlichen Zeiten aber gestatten, für die Landesverteidigung das Nötige zu leisten sowie allgemeiner wirtschaftlicher und sozialer Not wirksam zu begegnen. Die rechtliche Neuordnung, die sich aufdrängt, fällt in eine Zeit grosser Anforderungen. Noch.lassen sich die Krisenausgaben, die während eines halben Jahrzehnts schwer auf dem Bund lasten, nicht völlig ausschalten, weil die Arbeitslosigkeit immer noch einen bedeutenden Umfang aufweist. Daneben machen sich seit den letzten Jahren in immer grösserem Umfange die Aufwendungen für die Verstärkung der militärischen Landesverteidigung geltend, denen der Bund, soweit es sich dabei um ausserordentliche Ausgaben handelt, durch eine rasche Tilgung der Wehranleihe genügen muss.

Angesichts dieser wachsenden Bedürfnisse kann mit den verfügbaren Mitteln trotz energischer Weiterführung der durch das Notrecht angeordneten Sparmassnahmen der Bedarf des Bundes, der für die nächste Zukunft auf durchschnittlich 515 Millionen Franken zu veranschlagen ist, nicht voll gedeckt werden; für einmal fehlen wenigstens 18 Millionen Franken. Dennoch möchte der Bundesrat, um die Vorlage nicht zu überlasten, sich in einer ersten Etappe mit diesem Ergebnis begnügen. Einer Ergänzung zu der jetzt beantragten Eevision der Finanzartikel der
Bundesverfassung soll dann das Problem weiterer Ersparnisse sowie die Entscheidung über die bereits erörterte Frage vorbehalten bleiben, ob die ordentlichen Mittel des Bundes und auch der Kantone durch eine bessere steuerliche Erfassung der Vermögen und Einkommen oder aber durch Erschliessung einer anderen geeigneten Einnahmequelle vermehrt werden können. Bis dahin wird es möglich sein, eine Eeihe von Fragen zu studieren, die in bezug auf die besprochenen Einkommensquellen noch weiterer Abklärung bedürfen.

480

Wir haben die Ehre, Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes zur Annahme zu empfehlen.

Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 18. März 1988.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Baumann.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

811

481

(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 85, Ziffer 14, Art. 118 und Art. 121, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988, in der Absicht, den Finanzhaushalt des Bundes auf eine sichere und dauerhafte Grundlage zu stellen, dem Bunde zu ermöglichen, die Ausgaben einzuschränken, aber auch die unerlässlichen Mittel zu beschaffen, deren er bedarf, um die ihm durch Verfassung, Gesetzgebung und Verträge überbundenen Verpflichtungen zu erfüllen, die ausserordentlichen und vorübergehenden finanziellen Massnahmen, die zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Landes und zur Befestigung seines Kredites ergriffen werden mussten, durch ordentliches verfassungsmässiges Eecht zu ersetzen, beschliesst :

Art. I.

Art. 42 der Bundesverfassung wird durch folgende Bestimmungen ersetzt : Art. 42.

Für die Führung des Finanzhaushaltes des Bundes sollen folgende Grundsätze beachtet werden: 1. Die Schulden sind planmässig zu tilgen.

2. Entstehen infolge besserer Wirtschaftslage Einnahmenüberschüsse, so sind daraus Eücklagen zu bilden, die in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten zur Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichtes verwendet werden können.

482

8. Neue Ausgaben sollen nur beschlossen werden, wenn durch Einsparungen oder durch neue Einnahmen für Deckung gesorgt ist. Unaufschiebbare neue Ausgaben sind nachträglich zu decken.

4. In Bundesbeschlüssen, die dem Eeferendum nicht unterstehen, sollen keine höhern oder dem Zwecke nach keine andern als die vom Bundesrate beantragten Kredite bewilligt werden.

5. Der Bund soll Beiträge an Kantone, Gemeinden und andere Körperschaften oder Private nur leisten, wenn die damit verfolgten Zwecke kulturell, sozial, volkswirtschaftlich oder militärisch im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grössern Teils derselben liegen und ohne Bundeshilfe nicht ausreichend erfüllt werden könnten.

Art. 42b»s.

Zur Bestreitung seiner Ausgaben stehen dem Bunde die folgenden Mittel zur Verfügung: a. Ertrag des Bundesvermögens und der Bundesbetriebe; b. Ertrag von Gebühren und andern Verwaltungseinnahmen; c. Ertrag der Zölle (Art. 80) ; d. Hälfte des Bruttoertrages des Militärpflichtersatzes (Art. 18) ; e. Hälfte des Eeinertrages der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser (Art. 32Ws); /. Ertrag der fiskalischen Belastung von Tabak und Bier (Art. 41ter) ; g. Ertrag der Stempelabgaben (Art. 41Ws); h. Beiträge der Kantone, deren nähere Eegelung einem Bundesgesetz vorbehalten bleibt.

Art. 42*er.

Zur Deckung ausserordentlicher Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung kann der Bund erhoben: a. eine Steuer vom Vermögen, vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen ; b. Kriegsgewinnsteuern.

Art, Höhe, Dauer und die Grundsätze des Bezugsverfahrens einer Steuer nach Buchstabe o werden durch Bundesgesetz bestimmt.

Über die Erhebung von Kriegsgewinnsteuern beschliesst die Bundesversammlung.

Art. II.

1 . Art. 41bls, zweiter Absatz, der Bundesverfassung wird aufgehoben.

2 Art. 41ter der Bundesverfassung erhält folgende neue Fassung: Der Bund ist befugt, Tabak und Bier zu besteuern.

483

Art, Höhe und Grundsätze des Bezugsverfahrens dieser Steuern werden durch Bundesgesetz bestimmt. Darin können im allgemeinen Interesse liegende Massnahmen zum Schütze der durch die Besteuerung erfassten Wirtschaftszweige angeordnet werden.

Art. III.

In die Bundesverfassung sind folgende Übergangsbestimmungen aufzunehmen : 1. Übergangsbestimmung zu Art. 34
Vom Jahre 1939 an und bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung sind die Hälfte des Beinertrages der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser und ein Drittel der Einnahmen der fiskalischen Belastung des Tabaks, spätestens vom Jahre 1948 an der gesamte Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu legen. Vom Jahre 1989 an ist das Vermögen des Fonds zu drei vom Hundert zu verzinsen.

Bis zum Inkrafttreten der Alters- und Hinterlassenenversicherung leistet der Bund aus Mitteln des Fonds Beiträge an kantonale allgemeine Alters- und Hinterlassenenversicherungseinrichtungen und an kantonale sowie an gemeinnützige, auf das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft sich erstreckende Fürsorgeeinrichtungen für bedürftige Greise, Witwen und Waisen und für ältere und aus wirtschaftlichen Gründen dauernd arbeitslos gewordene Personen schweizerischer Nationalität. Die Gesamtsumme dieser Beiträge soll betragen: in den Jahren 1939--1941 jährlich 14 Millionen Franken, » » » 1942--1944 » 16 ·» » » » » 1945--1947 » 18 » » nachher höchstens . . . . » 20 » » Die Kantone haben sich an der Versicherung oder der Fürsorge angemessen zu beteiligen.

Die Leistungen der Fürsorge dürfen nicht als Armenunterstützung behandelt werden.

Über die Vollziehung dieser Übergangsbestimmung beschliesst die Bundesversammlung.

2. Übergangsbestimmung zu Art. 42ter.

Bis zum Inkrafttreten der in Art. 42ter, Buchstabe a, vorgesehenen Steuer erhebt der Bund zur Verzinsung und Tilgung der in den Jahren 1933, 1936 und 1937 bewilligten und im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Beschlusses noch nicht getilgten ausserordentlichen Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung eine Steuer vom Vermögen und Einkommen nach den Grundsätzen der im Jahre 1938 erhobenen Krisenabgabe.

Den Kantonen verbleibt ein Anteil an den eingehenden Abgabebeträgen von 40% in den Jahren 1939--1941 und von 20 % ab 1942.

Über die Vollziehung dieser Übergangsbestimmung beschliesst die Bundesversammlung.

484

3. Übergangsbestimmung betreffend Ermächtigung der Bundesversammlung zur Anordnung von Massnahmen für die Sicherung des Gleichgewichtes im Finanzhaushalte des Bundes.

Bis zum Inkrafttreten der Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zur Ausführung der in Art. l dieses Beschlusses enthaltenen Bestimmungen der Bundesverfassung und bis zur Änderung bestehender Bundesgesetze und allgemeinverbindlicher Bundesbeschlüsse mit finanzieller Tragweite trifft die Bundesversammlung im Eahmen des Bundesbeschlusses vom 28. Oktober 1987 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes die zur Sicherung des Gleichgewichtes im Finanzhaushalte des Bundes erforderlichen Massnahmen.

Deren Wirksamkeit endigt in jedem Fall mit dem Ablaufe des Jahres 1942.

Art. IV.

Die Änderung von Art. 41bls, zweiter Absatz, der Bundesverfassung gemäss Art. II dieses Beschlusses wird ab 1. Januar 1989 wirksam.

Art. V.

Dieser Beschluss wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

2 Der Bundesrat ist mit seiner Vollziehung beauftragt.

1

485 Anhang.

Übersicht über die Finanzartikel der Bundesverfassung.

Bundesverfassung.

(Geltender Text.)

Revisionsvorlage.

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

Art. 18.

(Vierter Absatz.)

(Nicht in die Eevision einbezogen.)

Der Bund wird über den Militärpflichtersatz einheitliche Bestimmungen aufstellen.

Art. 82W'».

(Neunter Absatz.)

(Nicht in die Kevision einbezogen.)

Von den Eeineinnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser erhalten die Kantone die Hälfte, die im Verhältnis der Wohnbevölkerung unter sie zu verteilen ist; von seinem Anteil hat jeder Kanton wenigstens zehn Prozent zur Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen zu verwenden. Die andere Hälfte der Eeineinnahmen verbleibt dem Bunde und ist für die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu verwenden und bis zu deren Einführung in den bezüglichen Fonds zu legen.

Art. 84«ua*er.

(Sechster und siebenter Absatz.)

Vom 1. Januar 1926 an leistet der Bund einen Beitrag in der Höhe der gesamten Einnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks an die Alters- und Hinter lassenenversicherung.

(Unverändert.)

486

Bundesverfassung.

(Geltender Text.)

Der Anteil des Bundes an den Eeinemnahmen aus einer künftigen fiskalischen Belastung gebrannter Wasser wird für die Alters- und Hinterlassenenversicherung verwendet.

Revisionsvorlage.

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

Übergangsbestimmung : Vom Jahre 1989 an und bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung sind die Hälfte des Beinertrages der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser und ein Drittel der Einnahmen der fiskalischen Belastung des Tabaks, spätestens vom Jahre 1948 an der gesamte Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks in den Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu legen. Vom Jahre 1989 an ist das Vermögen des Fonds zu drei vom Hundert zu verzinsen.

Bis zum Inkrafttreten der Altersund Hinterlassenenversicherung leistet der Bund aus Mitteln dés Fonds Beiträge an kantonale allgemeine Alters- und Hinterlassenenversicherungseinrichtungen und an kantonale sowie an gemeinnützige, auf das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft sich erstreckende Fürsorgeeinrichtungen für bedürftige Greise, Witwen und Waisen und für ältere und aus wirtschaftlichen Gründen dauernd arbeitslos gewordene Personen schweizerischer Nationalität.

Die Gesamtsumme dieser Beiträge soll betragen: jährlich in den Jahren 1989--1941 . 14 Millionen Franken 1942--1944 . 16 » » » » 1945--1947 . 18 nachher höchstens . . . 20

487

Bundesverfassung.

Revisionsvorlage.

(Geltender Text.)

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

Die Kantone haben sich an der Versicherung oder der Fürsorge angemessen zu beteiligen.

Die Leistungen der Fürsorge dürfen nicht als Armenunterstützung behandelt werden.

Über die Vollziehung dieser Übergangsbestimmung beschliesst die Bundesversammlung.

Art. 41WS.

ist befugt, Stempelab/ertpapieren, Quittungen irungsprämien, Wechseln [ähnlichen Papieren, auf iden und andern Urkunidelsverkehrs zu erheben; lis erstreckt sich nicht auf .*,, urnimden des Grundstückverkehrs und des Grundpfandverkehrs.

Urkunden, für die der Bund die Abgabepflicht oder die Abgabefreiheit festsetzt, dürfen von den Kantonen nicht mit Stempelabgaben oder Eegistrierungsgebühren belastet werden.

Vom Eeinertrag der Stempelabgaben fällt ein Fünftel den Kantonen zu.

Der Vollzug dieser Bestimmungen erfolgt durch die Bundesgesetzgebung.

(Erster Absatz: unverändert.)

(Zweiter Absatz: streichen1).)

(Dritter Absatz: unverändert.)

Art. 41ter.

Der Bund ist befugt, Tabak und Der Bund ist befugt, den rohen und den verarbeiteten Tabak zu besteuern. Bier zu besteuern.

*) Die Streichung von Art. 41bls, zweiter Absatz, wird ab 1. Januar 1989 wirksam.

488

Bundesverfassung.

(Geltender Text.)

s

Revisionsvorlage.

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

Art, Höhe und Grundsätze des Bezugsverfahrens dieser Steuern werden durch Bundesgesetz bestimmt. Darin können im allgemeinen .Interesse liegende Massnahmen zum Schütze der durch die Besteuerung erfassten Wirtschaftszweige angeordnet werden.

Art. 42.

Für die Führung des Finanzhaushaltes des Bundes sollen folgende Grundsätze beachtet werden: 1. Die Schulden sind planmässig zu tilgen.

2. Entstehen infolge besserer Wirtschaftslage Einnahmenüberschüsse, so sind daraus Eücklagen zu bilden, die in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten zur Aufrechterhaltung des finanziellen Gleichgewichtes verwendet werden können.

8. Neue Ausgaben sollen nur beschlossen werden, wenn durch Einsparungen oder durch neue Einnahmen für Deckung gesorgt ist.

Unaufschiebbare neue Ausgaben sind nachträglich zu decken.

4. In Bundesbeschlüssen, die dem Eeferendum nicht unterstehen, sollen keine höhern oder dem Zwecke nach keine andern, als die vom Bundesrate beantragten Kredite bewilligt werden.

5. Der Bund soll Beiträge an Kantone, Gemeinden und andere Körperschaften oder Private nur leisten, wenn die damit verfolgten Zwecke kulturell, sozial, volkswirtschaftlich oder militärisch im Interesse der

489

Bundesverfassung.

(Geltender Text.)

Revisionsvorlage.

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

Eidgenossenschaft oder eines grössern Teils derselben liegen und sonst nicht ausreichend erfüllt werden könnten.

Art. 42^8.

Die Ausgaben des Bundes werden bestritten : a. aus dem Ertrag des Bundesvermögens ; b. aus dem Ertrag der schweizerischen Grenzzölle; c. aus dem Ertrag der Post- und Telegraphenverwaltung ; d. aus dem Ertrag der Pulververwaltung; e. aus der Hälfte des Bruttoertrages der von den Kantonen bezogenen Militärpflichtersatzsteuern ; /. aus den Beiträgen der Kantone, deren nähere Eegulierung, vorzugsweise nach Massgabe der Steuerkraft derselben, der Bundesgesetzgebung vorbehalten ist; g. aus dem Ertrag der Stempelabgaben.

Zur Bestreitung seiner Ausgaben stehen dem Bunde die folgenden Mittel zur Verfügung: a. Ertrag des Bundesvermögens und der Bundesbetriebe; b. Ertrag von Gebühren und andern Verwaltungseinnahmen ; c. Ertrag der Zölle (Art. 80) ; d. Hälfte des Bruttoertrages des Militärpflichtersatzes (Art. 18) ; e. Hälfte des Bruttoertrages der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser (Art. S2ws) ; /. Ertrag der fiskalischen Belastung von Tabak und Bier (Art. 41^); g. Ertrag der Stempelabgaben (Artikel 41bls); h. Beiträge der Kantone, deren nähere Eegelung einem Bundesgesetz vorbehalten bleibt.

Art. 42ter.

Zur Deckung ausserordentlicher Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung kann der Bund erheben : a. eine Steuer vom Vermögen, vom Einkommen oder vom Vermögen und Einkommen; 6. Kriegsgewinnsteuern.

Art, Höhe, Dauer und die Grundsätze des Bezugsverfahrens einer Steuer

490

Bundesverfassung.

Revisionsvorlage.

(Geltender Text.)

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1988.)

nach Buchstabe a werden durch Bundesgesetz bestimmt.

Über die Erhebung von Kriegsgewinnsteuem beschliesst die Bundesversammlung.

Übergangsbestimmung : Bis zum Inkrafttreten der in Art. 42ter, Buchstabe a, vorgesehenen Steuer erhebt der Bund zur'gVerzinsung und Tilgung der in den Jahren 1933, 1936 und 1937 bewilligten und im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Beschlusses noch nicht getilgten ausserordentlichen Aufwendungen für die militärische Landesverteidigung eine Steuer vom Vermögen und Einkommen nach den Grundsätzen der im Jahre 1938 erhobenen Krisenabgabe.

Den Kantonen verbleibt ein Anteil an den eingehenden Abgabebeträgen von 40 % in den Jahren 1939 bis 1941 und von 20 % ab 1942.

Über die Vollziehung dieser Übergangsbestimmung beschliesst die Bundesversammlung.

Übergangsbestimmung betreffend Ermächtigung der Bundesversammlung zur Anordnung von Massnahmen für die Sicherung des Gleichgewichtes im Finanzhaushalte des Bundes.

Bis zum Inkrafttreten der Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zur Ausführung der in Art. l dieses Beschlusses enthaltenen Bestimmungen der Bundesverfassung und bis zur Änderung bestehender Bundesgesetze und allgemein verbindlicher Bundesbeschlüsse mit finanzieller Tragweite

491

Bundesverfassung.

(Geltender Text.)

Revisionsvorlage.

(Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1938.)

trifft die Bundesversammlung im Rahmen des Bundesbeschlusses vom 28. Oktober 1987 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes die zur Sicherung des Gleichgewichtes im Finanzhaushalt des Bundes erforderlichen Massnahmen. Deren Wirksamkeit endigt in jedem Fall mit dem Ablauf des Jahres 1942.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes. (Vom 18. März 1938.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1938

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

3671

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.03.1938

Date Data Seite

381-491

Page Pagina Ref. No

10 033 564

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.