16.083 Botschaft zur Genehmigung des Klimaübereinkommens von Paris vom 21. Dezember 2016

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Klimaübereinkommens von Paris.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. Dezember 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-2917

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Übersicht Mit dem Bundesbeschluss, der den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft zur Genehmigung unterbreitet wird, sollen die Voraussetzungen für die Ratifikation des Klimaübereinkommens von Paris1 geschaffen werden. Für dessen Umsetzung ist eine Totalrevision des CO2-Gesetzes nötig, die dem Parlament mit einer separaten Botschaft unterbreitet wird. Mit dem Übereinkommen hat die Staatengemeinschaft ein rechtlich verbindliches, regelbasiertes und dynamisches Regime für die Zeit ab 2020 geschaffen. Mit der Ratifikation dieses Übereinkommens würde die Schweiz ihr internationales Engagement in der weltweiten Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels fortsetzen.

Ausgangslage Das am 12. Dezember 2015 in Paris verabschiedete Übereinkommen von Paris ist ein globales, rechtlich verbindliches, dynamisches Klimaabkommen, welches alle Länder verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen sukzessive zu reduzieren und Massnahmen zu ergreifen, um sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen sowie die Finanzflüsse auf eine treibhausgasarme und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähige Entwicklung auszurichten. Damit ist das Übereinkommen von Paris zusammen mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 9. Mai 19922 über die Klimaänderung (Klimakonvention) und dem Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 19973 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto-Protokoll) Teil des globalen Klimaregimes zur Bekämpfung des anthropogenen Klimawandels. Anders als die Klimakonvention und das Kyoto-Protokoll verpflichtet das Übereinkommen von Paris erstmals alle Vertragsparteien, konkrete Emissionsreduktionsziele zu formulieren und inländische Massnahmen für dessen Erreichung zu ergreifen; es hebt damit die starre Zweiteilung zwischen traditionellen Entwicklungs- und Industrieländern weitestgehend auf. Das Übereinkommen von Paris ist ein globales Abkommen, welches alle Staaten gemäss ihrer aktuellen und zukünftigen Verantwortung und Kapazität einbindet und somit ein Rahmenwerk schafft, um den Klimawandel und dessen Folgen wirksam und langfristig zu bekämpfen. Nachdem zahlreiche Länder mit bedeutenden Treibhausgasemissionen, inklusive Staaten wie China, Indien, die USA, sowie die EU und einige Mitgliedsstaaten (z.B. Frankreich und Deutschland) das Übereinkommen ratifiziert haben,
trat das Übereinkommen am 4. November 2016 in Kraft. An der ersten Vertragsparteienkonferenz, die im November 2016 in Marrakesch begonnen hat und an welcher die Schweiz als Beobachterin teilgenommen hat, wurde beschlossen, dass die Umsetzungsrichtlinien bis 2018 1

2 3

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Der offizielle Name in Englisch lautet Paris Agreement und die mit anderen deutschsprachigen Ländern koordinierte deutschsprachige Übersetzung, welche dieser Botschaft zugrunde liegt, spricht lediglich vom «Übereinkommen von Paris». Die Ergänzung erfolgt hier wegen des besseren Verständnisses, worum es in dem genannten Übereinkommen geht.

SR 0.814.01 SR 0.814.011

erarbeitet werden sollen. Die entsprechenden Verhandlungen beginnen im Jahre 2017. Um aktiv an den Verhandlungen mitwirken zu können, müsste die Schweiz das Übereinkommen von Paris ratifizieren und damit Vertragspartei werden.

Inhalt der Vorlage Der vorliegende Entwurf eines Bundesbeschlusses hat die Genehmigung des Übereinkommens von Paris zum Inhalt. Mit der Zustimmung des Parlaments und der Ratifikation des Übereinkommens von Paris wird für die Schweiz das am 27. Februar 2015 beim UNO-Klimasekretariat eingereichte vorläufige Emissionsreduktionsziel (Intended Nationally Determined Contribution, INDC), bis 2030 die Treibhausgasmissionen um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken und dabei teilweise ausländische Emissionsreduktionen anzurechnen, ohne anderweitige Eingabe definitiv. Dieses gilt dann als nationales Reduktionsziel bis 2030 (Nationally Determined Contribution, NDC). Die Zielerreichung ist international nicht rechtlich verbindlich.

Verbindlich ist jedoch die Ergreifung von inländischen Massnahmen zur Erreichung des Ziels.

Mit der Genehmigung des Übereinkommens von Paris wird die Schweiz rechtlich verpflichtet, alle fünf Jahre ein Emissionsreduktionsziel einzureichen, welches jeweils ambitiöser als das vorangehende ist und entsprechende Massnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens zu ergreifen. Sie wird wie bereits unter der Klimakonvention weiterhin über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen, die geplanten Reduktionsmassnahmen sowie die Beiträge für die internationale Klimafinanzierung Bericht erstatten. Das Übereinkommen von Paris und die unter dem Übereinkommen eingereichten Emissionsreduktionsziele werden in der nationalen CO2Gesetzgebung umgesetzt. Dafür ist eine Totalrevision des CO2-Gesetzes vom 23. Dezember 2011 (SR 641.71) vorgesehen, insbesondere um die Ziele und Massnahmen nach 2020 zu verankern. In Bezug auf die Anpassung an den Klimawandel hat die Schweiz bereits heute die internationalen Verpflichtungen weitgehend umgesetzt. Um einen angemessenen Beitrag an die gemeinsame Verpflichtung der Länder im Bereich Klimafinanzierung zu leisten, wird die Schweiz die von ihr mobilisierten Mittel aus öffentlichen und privaten Quellen erhöhen müssen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Globale Emissionen und die Problematik der Klimaänderung

Die Gewinnung und Nutzung von fossilen Energieträgern, der Verkehr, die Industrie, die Haushalte, die Abfallwirtschaft sowie die Land- und Forstwirtschaft (insbesondere Rodungen) verursachen anthropogene Treibhausgasemissionen.

Dieser Ausstoss von Treibhausgasen gefährdet das natürliche Gleichgewicht der Atmosphäre und wirkt sich somit auf das globale Klima der Erde aus. Zu den unter dem aktuellen Klimaregime geregelten anthropogenen Treibhausgasen zählen Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und synthetische Stoffe wie teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFC), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3).

Seit 1988 die Zwischenstaatliche Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) gegründet wurde, an welcher auch die Schweiz beteiligt ist, liegen umfassende und regelmässig aktualisierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen der anthropogenen Treibhausgase auf Natur und Mensch vor. In seinem 2014 erschienenen Fünften Sachstandsbericht erhärtet IPCC seine früheren Feststellungen und zieht unter andere folgende Schlüsse:


Der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem ist klar und die jüngsten anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen sind die höchsten in der Geschichte. Die jüngsten Klimaänderungen haben weitverbreitete Folgen für menschliche und natürliche Systeme.



Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig und viele der seit den 1950er-Jahren beobachteten Veränderungen waren vorher über Jahrzehnte bis Jahrtausende nicht aufgetreten. Die Atmosphäre und der Ozean haben sich erwärmt, die Schnee- und Eismengen sind zurückgegangen, und der Meeresspiegel ist angestiegen.



In den letzten Jahrzehnten haben Klimaänderungen Folgen für natürliche und menschliche Systeme auf allen Kontinenten und überall in den Ozeanen gehabt. Diese Folgen sind auf den beobachteten Klimawandel zurückzuführen, unabhängig von dessen Ursache; sie zeigen die Empfindlichkeit natürlicher und menschlicher Systeme gegenüber dem sich ändernden Klima.

Die grosse Herausforderung des anthropogenen Klimawandels ist, dass die Treibhausgasemissionen zwar lokal und punktuell entstehen, die Auswirkungen aber global spürbar sind. Gemäss dem Fünften IPCC-Sachstandsbericht zeigen sich diese Auswirkungen in den zeitlichen Verschiebungen von Regen- und Trockenzeiten, im stetigen Anstieg des Meeresspiegels sowie im häufigeren Auftreten von extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen, Dürren und Wirbelstürmen. In der Schweiz hat sich die Temperatur seit dem Beginn der systematischen Messungen 320

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überdurchschnittlich stark erhöht, und in Zukunft ist mit wärmeren Temperaturen in Sommer und Winter sowie einer Verschiebung des Niederschlags vom Sommer in den Winter zu rechnen.

Der globale anthropogene Klimawandel ist eine grenzüberschreitende Problematik, weshalb für dessen wirksame Bekämpfung globale Lösungen gefunden werden müssen. Im bisherigen internationalen Klimaregime sind Schwellenländer wie China, die Republik Korea, Singapur oder Saudi Arabien als «Entwicklungsländer» klassiert. Die rasch ansteigenden Emissionen in diesen Ländern zeigen aber, dass diese starre Unterteilung in traditionelle Entwicklungs- und Industrieländer nicht mehr zeitgemäss ist. So sind seit 2010 die jährlichen Emissionen der traditionellen Entwicklungsländer höher als jene der traditionellen Industrieländer. Das IPCC geht zudem davon aus, dass bereits ab 2025 die kumulierten Emissionen der Entwicklungsländer und Industrieländer gleich hoch sein werden. Dazu kommt, dass zu den zehn grössten Emittenten sowohl absolut als auch pro Kopf einige traditionelle Entwicklungsländer gehören. Dies zeigt, dass die globale Problematik des anthropogenen Klimawandels nur unter Einbezug aller Staaten gelöst werden kann.

1.2

Klimakonvention und Kyoto-Protokoll: internationale Klimapolitik bis 2020

1992 wurde das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (im folgenden «Klimakonvention») als erste gemeinsame Antwort der internationalen Staatengemeinschaft auf die Bedrohung von Klimaänderungen durch den Anstieg von Treibhausgasemissionen verabschiedet. Die Klimakonvention ist 1994 in Kraft getreten4. Oberstes Ziel ist es, die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das jede gefährliche Störung des Klimas ausschliesst. Dieses Ziel hat die Staatengemeinschaft 2010 auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse dahingehend konkretisiert, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zum Niveau der vorindustriellen Zeit weniger als 2 Grad Celsius betragen sollte5 In Paris wurde dieses Ziel durch die Bestrebung ergänzt, Anstrengungen für eine Begrenzung der Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu unternehmen.

Die Klimakonvention enthält eine generelle Verpflichtung der Vertragsparteien, Massnahmen zur Reduktion von Emissionen zu ergreifen, und teilt die Vertragsparteien in Entwicklungs- und Industrieländer ein (siehe auch Ziff. 1.1).6 Gemäss dieser Zweiteilung gelten Schwellenländer wie die Republik Korea, Singapur, SaudiArabien und China als «Entwicklungsländer» und werden dementsprechend bezüglich Regeln und Verpflichtungen gleich behandelt wie beispielsweise Burundi oder Nepal, welche zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören. Bezüglich 4 5 6

Die Klimakonvention ist seit 21. März 1994 in Kraft. 196 Staaten haben sie ratifiziert, darunter die Schweiz am 10. November 1993 (SR 0.814.01).

Absatz 4 in 1/CP.16, einem Beschluss der Vertragsparteien der Klimakonvention.

Diese Einteilung basiert auf der Auflistung der Industrieländer in den Annex-1 der Klimakonvention. Dementsprechend gelten die Industrieländer unter der Klimakonvention als Annex-1- und die «Entwicklungsländer» als non-Annex-1-Länder.

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Emissionsreduktion, Berichterstattung sowie der finanziellen Unterstützung von klimarelevanten Massnahmen in Entwicklungsländern besitzen die Industrieländer mehr und robustere Verpflichtungen als die Entwicklungsländer. Die Klimakonvention enthält jedoch keine konkreten länderspezifischen und verbindlichen Emissionsreduktionsziele. Deshalb wurde 1997 in Kyoto ein Zusatzprotokoll verabschiedet, welches für die traditionellen Industrieländer eine quantifizierte und rechtlich verbindliche Verpflichtung zur Reduktion von Emissionen beinhaltet. Das sogenannte Kyoto-Protokoll ist 2005 in Kraft getreten.7 Es verpflichtete die traditionellen Industrieländer (OECD-Mitgliedstaaten und Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion) für die Zeit von 2008­2012 zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von durchschnittlich 5.2 Prozent gegenüber dem Referenzjahr von 1990. Mit der Ausnahme der USA ­ trotz der intensiven Beteiligung an den Aushandlungen des Kyoto-Protokolls hat die USA das Protokoll nie ratifiziert ­ sowie einigen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion haben sich alle Industriestaaten zu absoluten quantifizierten Emissionsreduktionen verpflichtet. Kanada hatte das Protokoll ratifiziert, ist jedoch per Ende 2012 vom Protokoll zurückgetreten.

Als Industrieland hatte sich die Schweiz zu einem Reduktionsziel von 8 Prozent verpflichtet, welches dank nationaler Massnahmen und der Anrechnung ausländischer Emissionsminderungszertifikate erreicht werden konnte. Auch die anderen Industrieländer haben ihre Ziele unter der ersten Verpflichtungsperiode des KyotoProtokolls erreicht und das Ziel einer durchschnittlichen Reduktion von 5.2 Prozent übertroffen. Diese Reduktionen reichen jedoch nicht aus, um die globale Klimaerwärmung auf weniger als 2 Grad Celsius beziehungsweise auf 1.5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, zumal die Emissionen der Entwicklungsländer inzwischen massiv angestiegen sind.

2009 scheiterte die Klimakonferenz in Kopenhagen am Ziel, ein globales Abkommen mit Regeln und Emissionsreduktionszielen für alle Länder für die Zeit nach 2012 zu beschliessen. Allerdings konnte ein Jahr später unter der Klimakonvention ein Regime bis 2020 verabschiedet werden, welches alle Staaten auffordert, freiwillig ein Emissionsbegrenzungs- oder -reduktionsziel sowie, speziell
für Entwicklungsländer, geeignete Emissionsminderungsmassnahmen auf nationaler Ebene (Nationally Appropriate Mitigation Actions, NAMAs) anzukünden. Zudem wurden neue Mechanismen zur Überprüfung dieser Ziele etabliert. Unter diesem System der freiwilligen Ankündigung und Überprüfung8 werden rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen abgedeckt. Diese Ziele haben aber lediglich eine politische und keine rechtliche Verbindlichkeit.

Ende 2011 haben sich die Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls auf eine zweite Verpflichtungsperiode von 2013­2020 mit neuen quantifizierten Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen geeinigt und diese Verpflichtungen ein Jahr später mit der Verabschiedung der Doha-Änderung9 des Kyoto-Protokolls formalisiert. Zu den 37 Ländern, welche neue Verpflichtungen eingegangen sind, gehören neben der Schweiz die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-28), Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, Australien, Belarus, Kasachstan und die 7 8 9

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SR 0.814.011. Die Schweiz hat das Protokoll von Kyoto am 9. Juli 2003 ratifiziert.

Auf Englisch: Pledge and Review.

http://unfccc.int/files/kyoto_protocol/application/pdf/kp_doha_amendment_english.pdf

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Ukraine. Auf diese Länder entfallen 14 Prozent der weltweiten Emissionen, und die von diesen Ländern angekündigten Reduktionen bis 2020 betragen im Durchschnitt 18 Prozent gegenüber 1990. Die Schweiz hat sich für die Zeit von 2013 bis 2020 zu einer durchschnittlichen Reduktion um 15.8 Prozent im Vergleich zu 1990 verpflichtet. Das im revidierten CO2-Gesetz vom 23. Dezember 201110 verankerte Ziel einer Reduktion von 20 Prozent bis 2020 gilt für das Jahr 2020, während sich das Reduktionsziel des Kyoto-Protokolls auf das gesamte Emissionsbudget in den Jahren 2013 bis 2020 bezieht. Da der Schwellenwert von 144 Ratifikationen noch nicht erreicht worden ist, ist die Doha-Änderung noch nicht in Kraft getreten.

1.3

Internationale Klimapolitik für die Zeit nach 2020: Entstehung des Mandates und Verhandlungsergebnis

Bereits während der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls wurde klar, dass das Ziel der Beschränkung des globalen Temperaturanstiegs auf unter 2 Grad Celsius beziehungsweise auf 1.5 Grad Celsius mit den geplanten Massnahmen nicht zu erreichen ist. Die Trennung zwischen traditionellen Industrie- und Entwicklungsländern und die einseitige Verpflichtung zu quantifizierten Emissionsreduktionszielen nur für die Industrieländer haben zur Folge, dass ­ auch aufgrund des Abseitsstehens einiger Industrieländer (USA, Russland, Kanada) ­ mit der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls lediglich noch 14 Prozent der weltweiten Emissionen abgedeckt sind. Der Wirtschaftsaufschwung in den Entwicklungsund Schwellenländern hat deren Emissionen stark ansteigen lassen. Gleichzeitig haben in diesen Länder auch die Kapazitäten zugenommen, konkrete und effektive Massnahmen gegen das ungebremste Emissionswachstum zu unternehmen.

Zeitgleich mit dem formalen Entscheid für eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls beschlossen 2011 die Vertragsparteien der Klimakonvention unter dem Mandat von Durban11, ein Protokoll, ein rechtliches Instrument oder ein Abkommen mit rechtlicher Wirkung, welches alle Staaten umfasst, auszuhandeln und bis spätestens Ende 2015 zu verabschieden.12 Die Verhandlungen konnten am 12. Dezember 2015 in Paris mit der Verabschiedung des Übereinkommens von Paris13 erfolgreich abgeschlossen werden.

186 Länder und die EU haben das Übereinkommen unterzeichnet. Das Übereinkommen tritt in Kraft, sobald 55 Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention, welche für mindestens 55 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, ihre Ratifikationsinstrumente hinterlegt haben. Am 5. Oktober 2016 wurden die zwei Schwellenwerte erreicht, indem 74 Länder, welche für 58.82 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, zu diesem Zeitpunkt das Übereinkommen ratifiziert hatten. Somit trat das Übereinkommen am 4. November 2016 in Kraft, und die erste Vertragsparteienkonferenz hat während der Klimakonferenz in Marrakesch 10 11 12 13

SR 641.71 Auf Englisch: Durban Mandate.

Absätze 2 und 4 im Beschluss 1/CP.17 (FCCC/CP/2011/9/Add.1) Auf Englisch: Paris Agreement.

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im November 2016 begonnen. Die Geschwindigkeit, mit welcher das Übereinkommen von Paris nach dessen Verabschiedung ratifiziert und in Kraft getreten ist zeugt von der Bedeutung, welche diesem Abkommen und der gemeinsamen Bekämpfung des anthropogenen Klimawandels beigemessen wird.

Das Übereinkommen von Paris enthält folgende zentrale Elemente:


Gemeinsame Langzeitziele für die Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen, für die Anpassung an den Klimawandel und die Ausrichtung von Finanzflüssen auf eine treibhausgasarme und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähige Entwicklung.



Die Verpflichtung, regelmässig Emissionsreduktionsziele einzureichen welche jeweils ambitiöser als die vorangehenden sind und zu erläutern.



Die Zulassung von ausländischen Emissionsreduktionsleistungen zur Zielerreichung.



Die Stärkung der Anpassung an den Klimawandel, unter anderem durch Einreichung nationaler Anpassungspläne und -ziele.



Die Anerkennung und Stärkung bestehender Mechanismen zur Vermeidung und Minderung von Verlusten und Schäden14.



Die Weiterführung der Verpflichtung der Industrieländer, Entwicklungsländer bei deren Emissionsreduktions- und Anpassungsmassnahmen finanziell zu unterstützen, und eine Aufforderung an andere Länder, die hierzu in der Lage sind, dies ebenfalls zu tun.



Die Etablierung eines verbesserten Berichterstattungs- und ÜberprüfungsSystems zu den Klimamassnahmen für alle Länder, welches die unterschiedlichen Kapazitäten der Länder berücksichtigt.



Die regelmässige Bestandsaufnahme bezüglich der globalen Anstrengungen zur Reduktion der Emissionen, der Anpassung und der Unterstützung; gestützt auf diese Bestandsaufnahme sollen die Staaten neue, ambitioniertere Ziele formulieren (Ambitionsmechanismus).

Das Übereinkommen beauftragt zudem die Vertragsparteienkonferenz, spezifische Regeln für die Umsetzung zu erarbeiten, namentlich betreffend der Berechnung der Treibhausgasemissionen, der Sicherstellung der Umweltintegrität und der Vermeidung der doppelten Anrechnung von Treibhausgasreduktionen bei der Nutzung von Marktmechanismen sowie betreffend der Berichterstattungs- und Überprüfungspflicht.

1.4

Würdigung

Das Übereinkommen von Paris markiert einen Meilenstein in der Entwicklung der internationalen Umwelt- und Klimapolitik. Es schafft einen rechtlich verbindlichen, robusten und dynamischen Rahmen für eine zukünftige stetige Erhöhung der 14

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Auf Englisch: Loss and Damage.

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Anstrengungen aller Länder, die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Damit widerspiegelt das Klimaregime nach 2020 die aktuelle Situation und die zukünftige Entwicklung. Das Übereinkommen ist das erste globale Abkommen, welches alle Staaten gemäss ihrer Verantwortung und Kapazität in die Pflicht nimmt, konkrete Massnahmen zur Reduktion der Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandeln zu ergreifen. Es enthält Elemente zur sukzessiven Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen, basiert erstmals auf gemeinsamen Grundsätzen für alle Staaten und enthält eine gemeinsame Vision zur Reduktion der Emissionen, zur Anpassung an den Klimawandel und zur Ausgestaltung von Finanzflüssen auf treibhausgasarme und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähige Entwicklungen. Insgesamt gilt, dass die mit dem Übereinkommen erreichte Überwindung der starren Zweiteilung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern zentral ist, um das globale Klimaproblem effektiv anzugehen.

Das Klimaübereinkommen von Paris und die im September 2015 von den UNOMitgliedstaaten verabschiedeten universellen Zielen für eine Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG)15 stehen miteinander im Einklang.

Ziel 13 zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Anpassung an dessen Auswirkungen entspricht faktisch dem Übereinkommen von Paris.

1.5

Rolle der Schweiz in den Verhandlungen

Die Schweiz setzte sich während den Verhandlungen für ein rechtlich verbindliches, dynamisches und robustes Abkommen ein, welches gemäss den effektiven Kapazitäten und Verantwortlichkeiten differenziert. Ein wichtiges Anliegen war zudem, dass die national definierten Emissionsreduktionsziele auch durch Anstrengungen im Ausland erreicht werden können. Dabei sollen die Umweltintegrität dieser Anstrengungen sichergestellt und deren doppelte Anrechnung (sowohl im Investor- wie auch im Gastland) ausgeschlossen werden. Die Schweiz setzte sich zudem für griffige und verbindliche Transparenzregeln ein. Sie lehnte neue spezifische rechtlich verbindliche Finanzverpflichtungen ab. Die Ziele der Schweiz konnten erreicht werden. Die Verhandlungsdelegation der Schweiz hat in den Verhandlungen aktiv mitgewirkt, in mehreren Bereichen das Ergebnis entscheidend mitgeprägt und auch wichtige Verhandlungsstränge fazilitiert.

1.6

Positionen anderer Länder

Die EU, Norwegen und mehrere progressive Entwicklungsländer vertraten grundsätzlich dieselben Anliegen wie die Schweiz. Die Koalition dieser Länder hatte bereits 2011 in Durban den Beschluss des Verhandlungsmandats für das Übereinkommen von Paris erreicht. Auch die USA haben sich seit dem Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 unter der Obama-Administration für eine neues, alle Länder umfassendes Klimaabkommen stark gemacht. Die USA wollte insbesondere sicherstellen, dass das neue Abkommen ein Regime schafft, welches die 15

https://sustainabledevelopment.un.org/ > SDGs

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USA gegenüber China nicht benachteiligt und die starre Zweiteilung der Klimakonvention aufhebt. China hat sich zusammen mit der Gruppe der gleichgesinnten Entwicklungsländer16 lange sehr dezidiert für eine Aufrechterhaltung der Zweiteilung und gegen jegliche verbindliche Verpflichtungen für Entwicklungsländer eingesetzt. Erst in den letzten Monaten vor der Klimakonferenz in Paris hatte sich die Position Chinas weg von einem Beharren auf die Zweiteilung hin zu einer kompromissorientierteren Haltung bewegt. Die Bereitschaft der USA und Chinas, sich ab 2020 in einem neuen Regime zu verpflichten, unter welchem grundsätzlich dieselben Regeln für alle gelten und welches die unterschiedlichen Kapazitäten der Länder berücksichtigt, hat massgeblich zu der erfolgreichen Verabschiedung des Übereinkommens von Paris geführt. Die überwiegende Mehrheit der Länder sieht die Notwendigkeit eines globalen Klimaregimes für die Reduktion der Treibhausgasemissionen ein und ist gewillt, sich entsprechend zu engagieren.

1.7

Verhältnis zur Klimakonvention und zum Kyoto-Protokoll

Das Übereinkommen von Paris wurde unter den Vertragsstaaten der Klimakonvention verhandelt und ist wie das Kyoto-Protokoll Teil der Architektur der Klimakonvention. Die Konvention und die darin verankerten Ziele und Verpflichtungen bleiben als Rahmen bestehen. Das Übereinkommen von Paris deckt dieselben Bereiche ab wie die Klimakonvention. Dementsprechend kann das Übereinkommen als eine Erweiterung und Konkretisierung der in der Konvention verankerten Verpflichtungen interpretiert werden. Es regelt zudem umfassend die Emissionsreduktionsanstrengungen aller Länder für die Zeit nach 2020 und somit auch der Industrieländer mit Verpflichtungen unter dem Kyoto-Protokoll. Dementsprechend knüpft das Übereinkommen von Paris an das Kyoto-Protokoll an.

1.8

Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht

Die Schweiz und die EU gehen mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris vergleichbare Verpflichtungen ein. Die Mitgliedstaaten der EU haben die Prozesse zur Annahme des Übereinkommens beschleunigt, und die EU sowie mehrere Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Polen u.a.) haben das Übereinkommen von Paris bereits ratifiziert. Die Genehmigung des Übereinkommens von Paris ist damit im Einklang mit dem Europäischen Recht.

1.9

Ergebnisse der Vernehmlassung

Die Genehmigung des Übereinkommens wurde im Rahmen der Vernehmlassungsvorlage «Klimapolitik der Schweiz» zusammen mit den thematisch eng verknüpften Vorlagen zum bilateralen Abkommen mit der EU über die Verknüpfung der Emis16

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Auf Englisch: Like-minded developing countries, LMDC.

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sionshandelssysteme und zur Totalrevision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2020 zur Diskussion gestellt. Die Vernehmlassung dauerte vom 31. August bis zum 30. November 2016. Es sind 246 Stellungnahmen eingegangen. Die Vernehmlassung hat eine klare Zustimmung für die Ratifikation gezeigt. Mit dem Emissionsreduktionsziel bis 2030 ist etwas mehr als die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer einverstanden. Unter den ablehnenden Stellungnahmen finden sich sowohl Stimmen, welche eine Erhöhung verlangen, als auch solche, die eine Senkung des Ziels verlangen. In der vorliegenden Botschaft sind alle bis zum 7. Dezember 2016 eingegangenen Rückmeldungen berücksichtigt. 17

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Übereinkommens und zum Beschluss der Vertragsparteienkonferenz (1/CP.21)18

Präambel Die Präambel umschreibt die Ausgangslage. Sie setzt das Übereinkommen von Paris in Verhältnis zur Klimakonvention, betont die vom globalen Klimawandel ausgehende unmittelbare Bedrohung und bestärkt die übergeordneten Ziele, wie beispielweise den Schutz und die Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, die Berücksichtigung der Rechte und Bedürfnisse der Menschen und Gesellschaften, inklusive jener der ärmsten und verwundbarsten. Die Präambel betont die Dringlichkeit eines verstärkten gemeinsamen Handelns aller entsprechend ihrer Verantwortung und ihren Möglichkeiten und in Einklang mit einer nachhaltigen Entwicklung.

Art. 1

Definitionen19

Artikel 1 enthält Begriffsbestimmungen, welche für das Übereinkommen von Paris von Bedeutung sind. Zudem gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 1 der Klimakonvention.

Art. 2

Gemeinsame langfristige Ziele

Das Übereinkommen von Paris zielt darauf ab, die globalen Anstrengungen zum Schutze des Klimas zu stärken und definiert dafür drei gemeinsame langfristige Ziele:


17 18 19

Der globale Temperaturanstieg soll auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau beschränkt werden und Anstrengungen sollten unternommen werden, diesen auf 1.5 Grad Celsius zu limitieren. Dabei wird auch anerkannt, dass verstärkte Emissionsreduktionen die Auswirkungen und Risiken des Klimawandels stark reduzieren.

www.admin.ch > Bundesrecht > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2016 > UVEK.

http://unfccc.int/resource/docs/2015/cop21/eng/10a01.pdf#page=2 Weder der englische Originaltext noch die deutschsprachige Übersetzung enthalten Titel der Artikel. Diese dienen hier dem besseren Verständnis des Inhalts der jeweiligen Artikel.

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Die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel soll gesteigert, und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen und Gesellschaften gegenüber den Auswirkungen sowie eine emissionsarme Entwicklung sollen gefördert werden.



Finanzflüsse sollen so ausgerichtet werden, dass sie im Einklang mit treibhausgasarmen und gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähigen Entwicklungen stehen. Damit gibt das Übereinkommen von Paris erstmals ein klares Signal, dass sich private und öffentliche sowie nationale und internationale Finanzflüsse weg von fossilen hin zu klimafreundlichen Investitionen verlagern sollen.

Anders als die Klimakonvention enthält das Übereinkommen von Paris erstmals Ziele, welche nicht nur die Emissionsreduktionen, sondern auch die Anpassung an den Klimawandel und die Ausrichtung der Finanzflüsse betreffen. Als Grundsätze für die Umsetzung des Übereinkommens gelten das Konzept der Gerechtigkeit und das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten.

Mit dem Verweis auf die spezifischen unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten soll die starre Zweiteilung in traditionelle Industrie- und Entwicklungsländer für weite Teile des Übereinkommens überwunden werden.

Art. 3

Generelle Verpflichtung

Dieser Artikel enthält die generelle Verpflichtung aller Staaten, in den jeweiligen Bereichen des Übereinkommens ambitiöse Anstrengungen zu unternehmen und diese Anstrengungen über die Zeit zu intensivieren. Dabei soll berücksichtigt werden, dass Entwicklungsländer für die Umsetzung Unterstützung benötigen. Die Pflicht, Unterstützung zu leisten, wird jedoch nicht auf die traditionellen Industrieländer eingeschränkt, sondern allgemein formuliert.

Art. 4

Reduktion der Treibhausgase

Dieser Artikel umfasst die Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgase und legt die dazugehörigen Regeln fest.

Im ersten Absatz wird das Langzeitziel zur Begrenzung der globalen Erwärmung konkretisiert. Dabei soll das Maximum der globalen kumulativen Emissionen sobald als möglich erreicht werden; danach soll im Einklang mit den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen eine schnelle Reduktion der Emissionen angestrebt werden.

Eine Reduktion der globalen Emission ist nur möglich, wenn auch die Entwicklungsländer, welche heute für mehr als 50 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, ihre Emissionen reduzieren. Um das Ziel einer maximalen Erwärmung von deutlich unter 2 Grad Celsius beziehungsweise 1.5 Grad Celsius zu erreichen, soll in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den Quellen und Senken ­ als Senken gelten z.B. Wälder und Ozeane, welche CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und so dem Klimawandel entgegenwirken ­ von Emissionen erreicht werden. Dies bedeutet unter Umständen, dass zur Erreichung dieses Gleichgewichts mehr CO2 aus der Atmosphäre absorbiert als in sie emittiert werden darf.

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Das zentrale Element dieses Artikels ist die rechtliche Verpflichtung aller Staaten, auf internationaler Ebene alle fünf Jahre ein national festgelegtes Emissionsreduktionsziel einzureichen. Anders als unter dem Kyoto-Protokoll ist die Erreichung des Ziels lediglich politisch verbindlich. Die Staaten sind aber verpflichtet, im Hinblick auf das national festgelegte Ziel Massnahmen im eigenen Land zur Reduktion der Treibhausgase zu ergreifen. Sie müssen zudem die von den Vertragsparteien noch festzulegenden Regeln für die Erläuterung, Anrechnung, Berichterstattung und Überprüfung der Ziele befolgen. Namentlich müssen die national festgelegten Emissionsreduktionsziele eine Quantifizierung zulassen. Die Erläuterung des Ziels muss alle für Klarheit und Verständlichkeit nötigen Informationen20 umfassen. Zudem sind erstmals alle Staaten verpflichtet, gemeinsame Regeln für die Berechnung ihrer Emissionen21 einzuhalten. Erste Grundsätze wurden bereits in den Beschlüssen zum Übereinkommen von Paris festgelegt.22 Die Vertragsparteien müssen alle fünf Jahre ein neues Emissionsreduktionsziel einreichen, welches über das vorangehende hinausgeht und die jeweils höchstmögliche Reduktionsleistung darstellt. Industriestaaten sollen ihre Vorreiterrolle wahrnehmen, indem sie auch weiterhin gesamtwirtschaftliche absolute Reduktionsziele formulieren. Entwicklungsländer sind im Gegenzug angehalten, sich nach und nach ebenfalls gesamtwirtschaftliche Ziele zu setzen. Den ärmsten Ländern23 wird in der Umsetzung eigenes Ermessen zugestanden. Entwicklungsländer erhalten für die Umsetzung dieses Artikels Unterstützung, wobei wiederum der Geberkreis für diese Unterstützung bewusst nicht auf die traditionellen Industrieländer eingeschränkt worden ist.

Die Staaten sollen das erste Reduktionsziel für die Zeit nach 2020 spätestens bei der Ratifikation des Übereinkommens international einreichen. Hat ein Staat, wie die Schweiz, bereits ein vorläufiges Reduktionsziel (Intended Nationally Determined Contribution, INDC24) kommuniziert, wird dieses ohne anderweitige Eingabe mit der Ratifikation des Übereinkommens bestätigtStaaten, die wie die Schweiz bereits ein Reduktionsziel bis 2030 angekündigt haben, können dieses Ziel für den Zeitraum 2025 bis 2030 bestätigen, ohne die Reduktionsleistung zu erhöhen. Staaten, welche ein Ziel bis
2025 angekündigt haben, müssen bis 2020 ein neues Ziel für den Zeitraum 20252030 einreichen. Die Staaten sind rechtlich verpflichtet, die Emissionsreduktionsziele jeweils 9 bis 12 Monate vor der entsprechenden Vertragsparteienkonferenz einzureichen (sprich für das Emissionsreduktionsziel von 20252030 heisst dies 9 bis 12 Monaten vor der Konferenz in 2020). Die Staaten werden zudem angehalten, bis 2020 langfristige Strategien zur emissionsarmen Entwicklung zu entwickeln und international zu kommunizieren.

Die Schweiz hat am 27. Februar 2015 beim UNO-Klimasekretariat auf der Basis des Bundesratsbeschlusses vom 19. November 2014 und unter Vorbehalt parlamentari-

20 21 22 23 24

Auf Englisch: Information to Facilitate Clarity, Transparency and Understanding.

Sogenannte Anrechnungsregeln. Auf Englisch: Accounting Rules.

Siehe Beschluss 1/CP.21 Absätze 31 und 32.

Least Developed Countries (LDCs) und Small Island Developing States (SIDS).

Als Vorbereitung für die Verabschiedung des Übereinkommens von Paris wurden an der Klimakonferenz Ende 2013 alle Staaten eingeladen, bereits 2015 ein vorläufiges Reduktionsziel für die Zeit nach 2020 zu kommunizieren.

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scher Zustimmung ein vorläufiges Reduktionsziel für die Zeit nach 2020 (INDC) 25 eingereicht. Die Schweiz hatte angekündigt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken und dabei teilweise ausländische Emissionsreduktionen anzurechnen. Im Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2030 entspricht das genannte Ziel einer Reduktion um 35 Prozent gegenüber 1990. Die Schweiz stellt in ihrem INDC zudem ein indikatives Gesamtreduktionsziel von minus 70 bis 85 Prozent gegenüber 1990 unter teilweiser Verwendung von ausländischen Emissionsreduktionen in Aussicht. Ohne anderweitigen Beschluss wird das international angekündigte Reduktionsziel, bis 2030 die Treibhausgasemissionen unter teilweiser Verwendung von ausländischen Emissionsreduktionen gegenüber 1990 zu halbieren, mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris durch die Schweiz definitiv.

Die Zielerreichung ist jedoch nicht rechtlich verbindlich, das Umsetzen von Massnahmen im eigenen Land hingegen schon.

Die Schweiz hat international kommuniziert, dass sie das Ziel, ihre Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 50 Prozent zu reduzieren, hauptsächlich durch inländische Massnahmen erreichen will. Der genaue Umfang wurde international nicht kommuniziert. Dieser Anteil wird im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes festgelegt.

Art. 5

Senken und Speicher von Treibhausgasen

Artikel 5 anerkennt die zentrale Rolle von Kohlenstoffsenken und -speichern inklusive des Waldes. Darin werden die Staaten aufgefordert, Massnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung von Kohlenstoffsenken und -speichern sowie Massnahmen im Rahmen der existierenden Leitlinien und Instrumente für die Landnutzung und den Wald, insbesondere zur Reduktion der Emissionen von Entwaldung und Walddegradierung26, zu ergreifen.

Art. 6

Marktmechanismen und kooperative Ansätze

Das Übereinkommen von Paris lässt Emissionsverminderungen im Ausland zur Erreichung des national festgelegten Emissionsreduktionsziels explizit zu, sofern diese umweltinteger und transparent sind, zur nachhaltigen Entwicklung beitragen und Doppelzählungen von Emissionsreduktionen vermieden werden. Das Übereinkommen von Paris bietet dafür unter Artikel 6 zwei Möglichkeiten: Zum einen durch die freiwillige Kooperation zwischen Ländern, beispielweise mit plurilateralen oder bilateralen Vereinbarungen, sofern diese die oben genannten Voraussetzungen erfüllen. Zum anderen können Emissionsverminderungen im Ausland durch einen multilateralen Marktmechanismus mit spezifischen Regeln unter dem Übereinkommen von Paris erfolgen. Detaillierte Regeln zu Standards und Anrechnung sind noch Gegenstand von Verhandlungen der nächsten Jahre. Die Eckpunkte wurden jedoch schon im Beschluss von Paris festgelegt, insbesondere soll die Doppelzählung durch die Ausweisung von transferierten Reduktionen im Treibhausgasinventar vermieden werden, und die Emissionsreduktionen durch den Marktmechanismus sollen effek25 26

330

www.unfccc.int > UNFCCC process and meetings > INDC Portal > Submitted INDC > Switzerland Auf Englisch: Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation (REDD+).

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tiv, messbar, langfristig und zusätzlich sein. Des Weiteren etabliert das Übereinkommen einen Rahmen für nicht marktbasierte Ansätze.

Anders als unter dem Kyoto-Protokoll erlaubt das Übereinkommen von Paris somit nicht nur multilaterale sondern auch bi- und plurilaterale Ansätze und legt bereits erste grundlegende Regeln dafür fest.

Art. 7

Anpassung an den Klimawandel

Artikel 7 anerkennt die Anpassung an den Klimawandel als eine globale Herausforderung und damit als zentrales Element der langfristigen Antwort auf den Klimawandel im Rahmen des Übereinkommens.

Der erste Absatz etabliert das globale qualitative Ziel, die Anpassungsfähigkeit zu erhöhen, die Widerstandsfähigkeit zu verstärken und die Verletzlichkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren.

Es wird anerkannt, dass Anpassung ein länderspezifischer Prozess ist und dass verstärkte Massnahmen zur Emissionsreduktion die Notwendigkeit zur Anpassung reduzieren. Die Staaten sollen bestehende Kooperationen in den Bereichen Informationsaustausch, institutionelle Arrangements und Wissenschaft, einschliesslich in den Bereichen Forschung und systematische Klimabeobachtung, sowie Unterstützung von Entwicklungsländer in der Identifikation effektiver Anpassungsmassnahmen verstärken.

Der Artikel verpflichtet alle Vertragsparteien, Anpassungsmassnahmen zu planen und umzusetzen, sowie die Planungen einzureichen und regelmässig zu aktualisieren. Entwicklungsländer erhalten für die Umsetzung dieses Artikels Unterstützung.

Wiederum wird die Verpflichtung, derartige Unterstützung zu leisten, nicht auf Industrieländer eingeschränkt.

Art. 8

Verminderung von Verlusten und Schäden

Dieser Artikel anerkennt die Wichtigkeit, Verluste und Schäden aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels anzugehen, abzuwenden und zu reduzieren. Dabei soll der Internationale Mechanismus von Warschau für Verluste und Schäden27 dem Übereinkommen von Paris dienen und gestärkt werden. An der Klimakonferenz in Paris wurde explizit festgehalten, dass Artikel 8 keine Grundlage für Haftung oder Kompensationsforderungen bildet.28 Art. 9

Finanzierung

Das Übereinkommen wiederholt die rechtliche Verpflichtung unter der Klimakonvention, gemäss welcher die Industrieländer die Entwicklungsländer in ihren Emissionsreduktions- und Anpassungsmassnahmen finanziell unterstützen müssen.

Artikel 9 Absatz 2 lädt erstmals auch andere Länder dazu ein, freiwillig finanzielle Unterstützung zu leisten. Damit sind auch Schwellenländer aufgefordert, einen Beitrag für die Unterstützung der ärmsten Länder zu leisten. Bei der Bereitstellung 27 28

Auf Englisch: Warsaw International Mechanism for Loss and Damage (WIM L&D).

Siehe 1/CP.21, Absatz 51.

331

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finanzieller Ressourcen soll eine ausgewogene Unterstützung von Emissionsreduktions- und Anpassungsmassnahmen angestrebt werden.

Die Mobilisierung von Investitionen aus öffentlichen und privaten Quellen ist neu Aufgabe aller Länder. Entsprechende Anstrengungen sollen über die Zeit zunehmen.

Die Industrieländer sollen aber weiterhin die Vorreiterrolle einnehmen. Das angestrebte gemeinsame Ziel der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln aus öffentlichen und privaten Quellen zu mobilisieren, wurde per Beschluss der Vertragsparteienkonferenz in Paris bis 2025 bestätigt. Für die Zeit nach 2025 wurde ein neues, mindestens vergleichbares Ziel in Aussicht gestellt. Aus Sicht der Schweiz sollen dann auch die Schwellenländer in die Pflicht genommen werden, Beiträge an dieses neu zu formulierendes Finanzierungsziel zu leisten.

Die Industrieländer sind rechtlich verpflichtet, alle zwei Jahre indikative quantitative und qualitative Informationen bezüglich ihrer finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländer sowie der mobilisierten Mittel zugunsten von Emissionsreduktionsund Anpassungsmassnahmen in Entwicklungsländern zu liefern. Die Nichtindustrieländer, welche finanzielle Ressourcen bereitstellen, werden ebenfalls eingeladen, diese Informationen freiwillig offenzulegen.

Der Finanzmechanismus der Klimakonvention dient auch als Finanzmechanismus des Übereinkommens von Paris.

Art. 10

Technologieentwicklung und -transfer

Das Übereinkommen von Paris hält fest, dass der Technologieentwicklung und dem Technologietransfer eine zentrale Bedeutung zukommt, um die Widerstandsfähigkeit der Länder gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu stärken und um den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Um das Potenzial von Technologieentwicklung und -transfer auszuschöpfen, werden die Länder zu einer engeren Kooperation aufgerufen.

Der bereits etablierte Technologiemechanismus der Konvention soll der Umsetzung des Übereinkommens von Paris dienen. Mit den neuen Bestimmungen betreffend Technologieentwicklung und -transfer sind keine unmittelbaren neuen finanziellen Forderungen verbunden.

Art. 11

Kapazitätsaufbau

Dieser Artikel widerspielgelt die Wichtigkeit von Kapazitätsaufbau in Entwicklungsländer für die Umsetzung von Emissionsreduktions- und Anpassungsmassnahmen.

Die Absätze 3 und 4 von Artikel 11 enthalten die Verpflichtung aller Länder, zusammenzuarbeiten, um die Kapazität von Entwicklungsländer zu stärken, und regelmässig über die Massnahmen zum Kapazitätsaufbau in Entwicklungsländer Bericht zu erstatten.

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Im Rahmen des Übereinkommens von Paris wurde zudem das Pariser Komitee für Kapazitätsaufbau29 etabliert. Dessen Ziel ist es, aktuelle und zukünftige Lücken und Bedürfnisse in Entwicklungsländern anzugehen, Anstrengungen für den Kapazitätsaufbau zu verbessern und die Kohärenz und Koordination mit den Aktivitäten unter der Klimakonvention sicherzustellen.

Art. 12

Bildung

Staaten sind verpflichtet, bei der Ergreifung von Massnahmen zur Verbesserung von Klimabildung und -ausbildung sowie in der Öffentlichkeitsarbeit, sofern angebracht, zusammenzuarbeiten.

Art. 13

Transparenz

Dieser Artikel etabliert ein verbessertes Berichterstattungs- und Überprüfungssystem für alle Staaten, welches die unterschiedlichen Kapazitäten der Länder berücksichtigt und auf der kollektiven Erfahrung aufbaut. Um den unterschiedlichen Kapazitäten der Länder gerecht zu werden, bietet das System Flexibilität in der Umsetzung.

Alle Vertragsparteien sind verpflichtet, mittels Treibhausgasinventaren über die Entwicklung ihrer Emissionen, über die Erreichung ihres Emissionsreduktionsziels sowie über die Unterstützung in den Bereichen Finanzierung, Technologieentwicklung und -transfer zu berichten. Grundsätzlich müssen diese Informationen alle zwei Jahre eingereicht werden. Da im Beschluss jedoch festgehalten wurde, dass die Länder die Qualität und Frequenz der aktuellen Berichterstattung aufrechterhalten müssen, werden Länder wie die Schweiz die Treibhausgasinventare auch in Zukunft jährlich einreichen müssen30. Die Berichterstattung zu Anpassungsmassnahmen ist nicht rechtlich verbindlich. Der gemeinsame Überprüfungsprozess besteht aus einer technischen Überprüfung der eingereichten Informationen und einem multilateralen Austausch zu den Anstrengungen im Bereich Finanzierung (Art. 9) und zur Erreichung des Emissionsreduktionsziels. Weil das Übereinkommen von Paris Entwicklungsländer stärker in die Pflicht nimmt, ist das Berichterstattungs- und Überprüfungssystem gegenüber Klimakonvention robuster und erhöht die Transparenz und Vergleichbarkeit von Informationen über die Zeit.

Detailliertere Modalitäten und Richtlinien für die Berichterstattung und Überprüfung müssen noch erarbeitet werden. Diese werden das aktuelle System 31 ersetzen.

Entwicklungsländer erhalten für die Umsetzung dieses Artikels Unterstützung, wobei der Geberkreis für diese Unterstützung wiederum nicht auf die Industrieländer eingeschränkt wird. Das Übereinkommen von Paris anerkennt zudem die Not29 30 31

Auf Englisch: Paris Committee on Capacity-building (PCCB).

Siehe 1/CP.21, Absatz 92e.

Das aktuelle Measurement, Reporting and Verification (MRV)-System wurde in 1/CP.16 (Absätze 40-47 und 60-64) und 2/CP.17 (Absätze 12-62) etabliert und umfasst die zweijährliche Berichterstattung und Überprüfung durch die Biennial Reports (BR) und International Assessment and Review (IAR) für Industrieländer und die Biennial Update Reports (BUR) und International Consultation and Analysis (ICA) für die Entwicklungsländer. Das neue System wird voraussichtlich nach 2020 zur Anwendung kommen.

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wendigkeit des Kapazitätsaufbaus im Bereich Transparenz. Mit einer dafür geschaffenen Initiative32 sollen die institutionellen und technischen Kapazitäten aufgebaut und Entwicklungsländer bei Bedarf dabei unterstützt werden, die TransparenzVerpflichtungen nach Artikel 13 zu erfüllen.

Art. 14

Globale Bestandsaufnahme

Um den gemeinsamen Fortschritt in der Erreichung des Zwecks des Übereinkommens sowie seiner langfristigen Ziele zu bewerten, wurde eine globale Bestandsaufnahme beschlossen, welche erstmals 2023 und danach alle fünf Jahre stattfinden wird. Diese soll die kollektiven Anstrengungen zur Reduktion der Emissionen, zur Anpassung sowie auch bei den Unterstützungsleistungen erfassen. Die Bestandsaufnahme soll auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und im Lichte von Gerechtigkeit erfolgen. Das Ergebnis der globalen Bestandsaufnahme soll Grundlage für die von den Staaten alle fünf Jahre neu zu formulierenden Emissionsreduktionsziele sowie für die Anstrengungen im Bereich Finanzierung und Anpassung sein.

Ein erster Dialog zu den Emissionsreduktionsanstrengungen der Staaten findet bereits 2018 statt.

Die globale Bestandsaufnahme ist im Vergleich zur Klimakonvention und zum Kyoto-Protokoll neu und ein zentrales Element des mit dem Übereinkommen von Paris geschaffenen Fünfjahreszyklus für die kontinuierliche Erhöhung der globalen Anstrengungen.

Art. 15

Einhaltung der Bestimmungen

Dieser Artikel etabliert einen Mechanismus zur Erleichterung der Umsetzung und zur Förderung der Einhaltung der Bestimmungen des Übereinkommens von Paris.

Dieser soll aus einem Expertinnen- und Expertenkomitee bestehen und unter den Modalitäten und Verfahren der Vertragsparteienkonferenz agieren.

Anders als unter dem Kyoto-Protokoll sieht dieser Mechanismus keine sanktionierenden Massnahmen vor.

Art. 16

Vertragsparteienkonferenzen

Die Vertragsparteienkonferenz der Klimakonvention (Conference of the Parties, COP) soll als Treffen der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris (Conference of the Parties serving as the meeting of the Parties to the Paris Agreement, CMA) dienen. Vertragsparteien der Konvention, welche nicht Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris sind, können an den Treffen als Beobachter teilnehmen.

Die erste Vertragsparteienkonferenz des Übereinkommens von Paris findet an der ersten Vertragsparteienkonferenz der Klimakonvention nach Inkrafttreten des Übereinkommens statt. Diese hat bereits im November 2016 an der letzten Klimakonferenz in Marrakesch begonnen.

32

334

Auf Englisch: Capacity-building Initiative for Transparency (CBIT).

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Art. 17, 18 und 19

Sekretariat, Nebenorgane und andere Institutionen

Das Sekretariat und die Nebenorgane33 der Klimakonvention dienen auch dem Übereinkommen von Paris. Die in der Klimakonvention festgehaltenen Funktionen und Aufgaben für das Sekretariat und die Nebenorgane finden entsprechend Anwendung. Die Vertragsparteienkonferenz kann zusätzliche Funktionen beschliessen.

Art. 20

Unterzeichnung sowie Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt

Das Übereinkommen von Paris liegt vom 22. April 2016 bis 21. April 2017 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf. Danach steht es zum Beitritt offen. Regionale Organisationen der Wirtschaftsintegration können dem Übereinkommen beitreten. Artikel 20, Absätze 2 und 3 legen die damit verbundenen Bestimmungen fest.

Art. 21

Inkrafttreten

Das Übereinkommen tritt am dreissigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, an welchem mindestens 55 Vertragsparteien der Klimakonvention, welche für mindestens 55 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, ihre Ratifikations-, Annahme, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden hinterlegt haben.

Dies wurde am 5. Oktober 2016 erreicht, das Übereinkommen trat somit am 4. November 2016 in Kraft.

Art. 22­29

Schlussbestimmungen

Die Bestimmungen der Klimakonvention über die Beschlussfassung über Änderungen der Klimakonvention (Art. 15 der Klimakonvention) (Art. 22) sowie Änderungen von Anlagen (Art. 16 der Klimakonvention) finden entsprechend Anwendung auf das Übereinkommen (Art. 23). Auch die Bestimmungen der Klimakonvention über die Beilegung von Streitigkeiten (Art. 14 der Klimakonvention) finden Anwendung (Art. 24). Jede Vertragspartei hat eine Stimme, spezifische Bestimmungen zu regionalen Organisationen der Wirtschafsintegration finden sich in Artikel 25. Verwahrer des Übereinkommens ist der Generalsekretär der Vereinten Nationen (Art. 26). Zum Übereinkommen von Paris können keine Vorbehalte eingebracht werden (Art. 27). Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation vom Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach dem Eingang der Notifikation beim Verwahrer wirksamen (Artikel 28). Ein Rücktritt wird somit frühestens vier Jahre nach dem Inkrafttreten wirksam. Als Originalsprachen gelten die Amtssprachen der Vereinten Nationen (Art. 29).

33

Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Beratung (auf Englisch: Subsidiary Body for Scientific and Technological Advice, SBSTA) und Nebenorgan für die Durchführung (auf Englisch: Subsidiary Body for Implementation, SBI).

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3

Umsetzung in der Schweiz

Mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris ist die Schweiz rechtlich verpflichtet, für die Zeit nach 2030 alle fünf Jahre Emissionsreduktionsziele einzureichen, welche jeweils ambitiöser sind als die vorangehenden, und entsprechende inländische Massnahmen zu ergreifen. Sie muss zudem wie bis anhin gegenüber der Klimakonvention alle zwei Jahre über die umgesetzten und geplanten Reduktionsmassnahmen Bericht erstatten und jährlich ein Inventar über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen vorlegen. Das Übereinkommen von Paris und die unter dem Übereinkommen eingereichten Emissionsreduktionsziele werden in der CO2-Gesetzgebung umgesetzt. Um die Ziele und Massnahmen nach 2020 rechtlich zu verankern, ist eine Totalrevision des CO2-Gesetzes nötig. Eine entsprechende Vorlage wird der Bundesrat dem Parlament in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 unterbreiten.

Mit der Zustimmung des Parlaments und der Ratifikation des Übereinkommens von Paris wird das Emissionsreduktionsziel der Schweiz bis 2030 definitiv. Die Schweiz wird die nötigen Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen, und sie wird über die Zielerreichung Bericht erstatten müssen. Die Zielerreichung ist völkerrechtlich nicht verbindlich.

Die internationalen Verpflichtungen, welche die Anpassung an den Klimawandel betreffen, hat die Schweiz schon weitgehend umgesetzt. So hat der Bundesrat in zwei Stufen (2012 und 2014) eine Anpassungsstrategie gutgeheissen, welche die betroffenen Sektoren systematisch auf die klimabedingten Herausforderungen vorbereitet.

Die Schweiz muss einen angemessenen finanziellen Beitrag zur Unterstützung der ärmeren Länder bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen sowie zur Anpassung an die nicht mehr vermeidbaren Klimaänderungen leisten. Die industrialisierten Staaten haben sich gemeinsam verpflichtet, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren. Damit die Schweiz einen angemessenen Beitrag dazu leisten kann, wird sie die von ihr mobilisierten Mittel aus öffentlichen und privaten Quellen gegenüber heute erhöhen müssen. Je nach Berechnungsmethodik beläuft sich der angemessene Beitrag der Schweiz an die internationale Klimafinanzierung ab 2020 auf jährlich 450 Millionen bis 600 Millionen US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen. Die öffentlichen Mittel werden derzeit hauptsächlich
aus den Rahmenkrediten für die Internationale Zusammenarbeit (IZA) sowie für die Globale Umwelt aufgebracht. Für eine verstärkte Mobilisierung von privaten Mitteln muss die Schweiz ihre entsprechende Strategie weiterentwickeln.

Für die systematische Beurteilung der Klimaverträglichkeit von Finanzierungs- und Investitionsentscheiden sind international vergleichbare Messmethoden und Indikatoren erforderlich. Der Bundesrat will bei der Entwicklung international anerkannter einheitlicher Standards mitwirken, damit relevante Finanzmarktakteure wie Finanzinstitute, sowie institutionelle und private Investoren die Klimaverträglichkeit ihrer Finanzierungen und Investitionen messen und transparent machen können.

336

BBl 2017

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Erreichung der Ziele unter dem Übereinkommen von Paris ist völkerrechtlich nicht verbindlich. Die Länder sind jedoch verpflichtet, innerstaatliche Emissionsreduktionsmassnahmen im Hinblick auf die national festgelegten Ziele zu ergreifen.

Der Vollzug der klimapolitischen Massnahmen beziehungsweise die Umsetzung dieser Verpflichtungen stützt sich auf bestehende nationale Gesetze sowie die Totalrevision des CO2-Gesetzes. Der Bundesrat wird dem Parlament die entsprechende Botschaft in der zweiten Jahreshälfte 2017 unterbreiten.

4.1.1

Finanzielle und Personelle Auswirkungen

Aus der Genehmigung des Übereinkommens resultieren keine zusätzlichen finanziellen und personellen Auswirkungen, welche über die im Rahmen der Verpflichtungen der Schweiz unter dem Kyoto-Protokoll bereits aufgebauten institutionellen Strukturen und Stellen hinausgehen. Die finanziellen und personellen Auswirkungen der Totalrevision des CO2-Gesetzes werden in der entsprechenden Botschaft erläutert.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens von Paris hat keine direkten Folgen für Kantone und Gemeinden.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Genehmigung und Umsetzung der Verpflichtungen des Übereinkommens von Paris zur Einreichung von Emissionsreduktionszielen und zur Berichterstattung hat keine direkten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Die Umsetzung der unter dem Übereinkommen eingereichten Emissionsreduktionsziele wird hingegen volkswirtschaftliche Auswirkungen haben. Diese werden in der Botschaft zur Totalrevision des CO2-Gesetzes dargelegt werden. Dabei sollen nebst den Kosten der Massnahmen auch die durch den Klimaschutz verhinderten Schäden und Kosten (negative Folgen auf Ökosysteme und die Lebensgrundlage der Menschen und damit auch auf die menschliche Gesundheit) berücksichtigt werden. Dem Parlament wird die Botschaft zur Totalrevision des CO2-Gesetzes in der zweiten Jahreshälfte 2017 unterbreitet.

337

BBl 2017

4.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich bereits heute. Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters des Klimawandels kann nur ein globales Klimaregime die negativen Auswirkungen des Klimawandels eindämmen und bekämpfen.

Dies ist für die Sicherstellung der ökologischen Lebensgrundlage zentral. Durch ihre geografische und topologische Lage ist die Schweiz bereits heute überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffen. Ein umfassendes und robustes Übereinkommen zur Beschränkung der weltweiten Treibhausgasemissionen ist demnach sowohl für die Umwelt, die Gesellschaft als auch für die wirtschaftliche Prosperität in der Schweiz von grosser Bedeutung.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 201634 zur Legislaturplanung 2015­ 2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201635 über die Legislaturplanung 2015­2019 als Teil der Botschaft zur Klimapolitik nach 2020 angekündigt.

5.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage soll im Einklang mit internationalen Verpflichtungen einen angemessenen Beitrag an das Ziel leisten, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius beziehungsweise auf 1.5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Genehmigung entspricht der Stossrichtung des Bundesrates, wie sie etwa in der Strategie «Nachhaltige Entwicklung 2016­2019» im Handlungsfeld 3 des Aktionsplanes durch das Ziel 3.1 festgehalten ist36.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV 37), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die 34 35 36

37

338

BBl 2016 1105, hier 1215 und 1222 BBl 2016 5183, hier 5186 Aktionsplan mit Zielen bis 2030. Handlungsfeld 3: Energie und Klima. Ziel 3.1: «Die Treibhausgasemissionen sind gegenüber 1990 um 50 % gesenkt, und davon sind mindestens 30 % durch Massnahmen im Inland erfolgt (durchschnittliche Reduktion 20212030 von minus 25 % bzw. 35 %» (BBl 2016 1200).

SR 101

BBl 2017

Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 RVOG38).

Für die Genehmigung des Übereinkommens ist eine solche Delegation an den Bundesrat nicht ersichtlich, sodass die Bundesversammlung das Übereinkommen von Paris genehmigen muss.

6.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV) unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200239 sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten. Die entscheidende, zu beantwortende Frage ist demnach jeweils, ob Vertragsbestimmungen im Hinblick auf ihren normativen Gehalt als formelles Gesetz erlassen werden müssen, wenn es sich um rein landesrechtliche Regelungen handeln würde.

Der vorliegende völkerrechtliche Vertrag enthält Bestimmungen, die eine Anpassung des CO2-Gesetzes erfordern. Diese Bestimmungen sind als wichtig rechtsetzend im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu qualifizieren, da durch Emissionsbeschränkungen stets auch Personen in die Pflicht genommen werden (vgl. Art. 164 Abs. 1 Bst. c BV).

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Vertrags ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

38 39

SR 172.010 SR 171.10

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