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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erweiterung der Konzession elektrischer Straßenbahnen im Kanton Genf.

(Vom 28. Juni 1899.)

Tit.

Mit Eingabe vont 16. April 1899 stellte Herr F. Forestier, Transportunternehmer in Genf, welchem durch Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1898 (E. A. S. XV, 339 ff.) die Konzession für ein Netz elektrischer Straßenbahnen im Kanton Genf erteilt worden ist, das Gesuch, es möchte ihm nunmehr auch die damals nicht einbezogene Linie von Séeheron nach Versoix-La-Ville konzessioniert werden.

Das Hindernis, welches im Dezember der Einbeziehung der Linie in die Konzession entgegenstand, nämlich das Ausstehen der Antworten einiger beteiligten Gemeinden, sei jetzt gehoben, indem, wie Petent zu wissen glaube, alle interessierten Gemeinden gegenüber dem Staatsrate zu gunsten der Erstellung der genannten Linie sich ausgesprochen hätten.

Am 28. April 1899 ließ dann Herr Forestier ein gleiches Gesuch betreffend die im Dezember 1898 ebenfalls zurückgelegte eventuelle Linie P l o n g e o n - V é s e n a z - H e r m a n c e folgen.

Diese Linie werde von der ganzen Bevölkerung längs der Straße lebhaft gewünscht, und alle Gemeinden, wie der Staatsrat gehen einig in der Forderung des Baues derselben. Das kürzlich unterzeichnete Pflichtenheft lege deshalb dem Petenten ausdrücklich

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die Verpflichtung auf, für die Strecke Plongeon-Vésenaz-Herrnance neuerdings die Konzession zu verlangen, welche die Legung eines zweiten Geleises zwischen Plongeon und Véseaaz gestatte Ouf diesem Teilstück besteht nämlich bereits eine Linie der Genfer Schmalspurbahnen).

In beiden Gesuchen berief sich Petent auf seine frühere Konzessionsvorlage vom 30. November 1897, deren technische Beilagen auch die beiden in Frage kommenden Linien umfassen.

Die Konzessionsbegehren wurden zur Vernehmlassung dem Staatsrat von Genf übermittelt und dieser ersucht, sich namentlich darüber auszusprechen, ob die Frage der Straßenbenutzung abschließlich erledigt sei.

Mit Schreiben vom 30. Mai 1899 unterstützte zwar der Staatsrat das Konzessionsgesuch für die in der That im Pflichtenhefte vom 14. April 1899 vorgesehene Erweiterungslinie P l o n g e o n - H e r m a n c e , erklärte aber die Legung eines zweiten Geleises auf der Straße zwischen Eaux-Vives und Vésenaz nicht bewilligen zu können, da die geringe Breite und die beträchtliche, immer mehr zunehmende Frequenz dieser Verkehrsader die Erstellung einer zweiten Linie neben der bestehenden (die auch normale Güterwagen auf Schemelwagen befördere), ohne wirkliche Gefahren nicht erlauben. Der Staatsrat knüpfte demgemäß seine Empfehlung des Konzessionsgesuches an folgende Bedingungen : 1. daß kein zweites Geleise gelegt werde; 2. daß der Konzessionsbewerber, Herr Forestier, mit der Gesellschaft der Schmalspurbahnen über gemeinsamen Betrieb des bestehenden Geleises mit Ausweichungen sich zu verständigen habe; 3. daß allfällige neue Ausweichungen außerhalb des bestehenden Geleises erstellt und die dafür nötigen Parzellen von den Konzessionären auf ihre Kosten beschafft werden ; 4. daß die Situationspläne und die Oberbaunormalien für die Strecke Vésenaz-Hermance vorher dem Staatsrat und den Gemeinden zur Genehmigung vorzulegen seien, daß die Konzessionäre allfällig infolge der Geleiseanlage notwendig werdende Straßenverbreiterungen und Kunstbauten jeder Art auf ihre Kosten zu erstellen und sich dem für die neue Linie aufzustellenden besonderen Pflichtenhefte zu unterziehen haben.

In einer spätem Zuschrift vom 10. Juni 1899, erklärte dann aber der Staatsrat, daß ihm seither von den Konzessionsbewerbern in Bezug auf Legung des zweiten Geleises Vorschläge gemacht und Zusicherungen gegeben worden seien, die ihm nunmehr erlaubten, hinsichtlich dieses Punktes auf die früher ge-

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machten Vorbehalte zu verzichten. Dabei ersuchte dei' Staatsrat um Vorlage des Konzessionsgesuches noch in der gegenwärtigen Session der eidgenössischen Räte, da er an möglichst beforderlicher Erledigung der Konzessionsfrage ein wirklich dringendes Interesse habe.

Bezüglich des Konzessionsgesuches S é c h e r o n - V e r s o i x L a - V i l l e gab der Staatsrat mit Schreiben vom 19. Juni 1899 seine Vernehmlassung ebenfalls in empfehlendem und ebenso dringlichem Sinne ab.

Obwohl die Gemeinderäte der Ufergemeinden der Konzession nicht ausnahmslos zugestimmt hätten, habe der Staatsrat doch geglaubt, darüber weggehen zu sollen, weil die projektierte neue Linie einem allgemeinen Interesse entspreche, das vor allem zu berücksichtigen sei. Auf der ändern Seite nehme die Linie keine Gemeindestraßen in Anspruch, sondern verlaufe längs der Kantonsstraße Genf-Lausanne.

Die empfehlende Begutachtung dieser im Pflichtenhefte ebenfalls vorgesehenen Ergänzungslinie werde übrigens an alle Vorbehalte und Verpflichtungen jenes Pflichtenheftes geknüpft und es werden ferner die oben, betreffend Plongeon-Hermance, unter Ziff. 4 angegebenen Bedingungen auch hier gestellt.

Mit Schreiben vom 19. Juni 1899 gab dann noch die Direktion der Genfer Schmalspurbahnen von einem ihrerseits an den Staatsrat von Genf gerichteten, mit der vorliegenden Konzessionsangelegenheit im Zusammenhang stehenden Gesuche Kenntnis, welches darauf abzielte, es möchte der Gesellschaft als Konzessionärin von Bahnen auf verschiedenen Kantonsstraßen, behufs successiver Vermehrung ihrer Kurse, das Recht zur Erstellung zweiter Geleise vorbehalten oder wenigstens den neuen, mit ihr in Konkurrenz tretenden Konzessionären die Verpflichtung auferlegt werden, ihr die freie Mitbenutzung derjenigen Geleisestrecken zu gestatten, deren sie für Einschaltung neuer Kreuzungen bebedürfen werde.

Der Staatsrat, um Bekanntgabe der diesem Gesuche gegebenen Erledigung ersucht, teilte uns unterm 24./26. Juni 1899 die der Gesellschaft der Schmalspurbahnen erteilte Antwort mit. Sie ging dahin, der Staatsrat habe sich in den neuen Konzessionen das Recht, über die Tracefragen nach Kenntnisnahme der definitiven Pläne sich auszusprechen, vorbehalten, und er werde den verschiedenen vorhandenen Gesellschaften die gegenseitige Benutzung der für ihren Betrieb notwendigen Geleise bewilligen.

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Nachdem auf diese Weise die in die Kompetenz der kantonalen Behörden fallende Frage der Straßenbenutzung ihre Erledigung gefunden hat, erblicken wir kein Hindernis, dem Gesuchsteller die Konzession für die zwei genannten Linien zu erteilen.

Da sie als Bestandteile des Gesamtnetzes elektrischer Straßenbahnen gebaut und betrieben werden sollen, ist es gegeben, sie den für jenes geltenden Konzessionsbedingungen zu unterwerfen.

Dabei erscheint es indessen, um Zweifel auszuschließen, notwendig, ausdrücklich zu bestimmen, daß die Konzessionsdauer die gleiche sein wird, wie für das übrige Netz, und daß auch dieselben Rückkaufsbestimmungen Anwendung finden, d. h. die neuen Linien mit dem übrigen Netz ein einheitliches Rückkaufsobjekt zu bilden haben.

Ferner sind auch die Fristen für Einreichung der vorgeschriebenen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Statuten, für den Beginn der Arbeiten und die Bauvollendung festzusetzen, sowie endlich die vom Staatsrat in seinen verschiedenen Schreiben an die Gewährung der Straßenbenutzung geknüpften Bedingungen in der üblichen Weise vorzubehalten.

Indem wir Ihnen, Tit., den nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung empfehlen, benutzen wir den Anlaß zur wiederholten Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 28. Juni 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bundesbeschluß betreffend

Erweiterung der Konzession elektrischer Straßenbahnen im Kanton Genf.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Herrn F. Forestier in Genf, vom 16.

und 28. April 1899 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 1899, beschließt: 1. Dem Herrn F. F o r e s t i e r , Transportunternehmer in Genf, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb von zwei weitern elektrischen Straßenbahnlinien von S é c h e r o n nach V e r s o i x - L a - V i l l e und von P l o n g e o n über V è s e n a z nach He r m a n c e unter den in der Konzession elektrischer Straßenbahnen im Kanton Genf, vom 22. Dezember 1898 (E. A. S. XV, 339 ff.), enthaltenen Bedingungen, jedoch mit nachstehenden Änderungen, erteilt: a. Die Konzessionsdauer ist die gleiche wie für das übrige Netz (22. Dezember 1978).

b. Die Frist zur Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen für beide Linien, sowie der Gesellschaftsstatuten wird auf sechs Monate, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, festgesetzt; innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang

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mit den Erdarbeiten für Erstellung der Linien zu machen und binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, sind die beiden Linien zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

c. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb gelten die vom Staatsrat des Kantons Genf in seinen Schreiben vom 30. Mai, 10., 19. und 24. Juni 1899 gemachten Vorbehalte, sowie die von ihm aufzustellenden weitern Vorschriften, soweit dieselben mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Beschlusses, der Konzession vom 22. Dezember 1898 und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen.

d. Für die zwei Linien gelten dieselben Rückkaufsbestimmungen wie für das übrige Netz, in der Meinung, daß jene mit diesem ein einheitliches Rückkaufsobjekt bilden.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erweiterung der Konzession elektrischer Straßenbahnen im Kanton Genf. (Vom 28. Juni 1899.)

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05.07.1899

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