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Schweizerisches Bundesblatt.

5l. Jahrgang. IV.

Nr. 37.

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13. September 1899.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Korrektion der Kander von Reichenbach bis zur Wimmisbrücke.

(Vom 7. September 1899.)

Tit.

Mit Schreiben vom 9. Juni 1899 hat uns die Regierung des Kantons Bern zu Händen der h. Bundesversammlung ein Subventionsgesuch für die Korrektion der Kander von Reichenbach bis zur Wimmisbrücke eingereicht und zugleich den Wunsch ausgesprochen, die hohen eidgenössischen Räte möchten in der Sommersession noch ihre Kommissionen ernennen, damit die Angelegenheit in der Dezembersession zur Behandlung kommen könne.

Diesem Ansuchen der Regierung von Bern entsprechend, sind die Kommissionen in der Junisession bestellt worden.

Unterm 8. Juli hat die Regierung im weitern mitgeteilt, daß die Direktion der Spiez-Frutigen-Bahn, um ihren Bahnbau nicht aufzuhalten, genötigt sei, zwischen km. 2,8 und 3,5 des Eisenbahnplanes mit den Arbeiten der Kanderkorrektion zu beginnen, worauf wir mit Schreiben vom 18. gleichen Monats geantwortet haben, es werde in der sofortigen Ausführung dieser Arbeiten kein Grund erblickt, dieselben von einer eventuellen Subventionierung auszuBundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

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schließen, sofern sie solid, kunstgerecht und so erstellt werden, daß sie als Bestandteile einer rationellen Korrektion der Kander angenommen werden können.

Mit Schreiben vom 16. August 1899 hat dann die Regierung das bezügliche Projekt in zwei Doppeln übermittelt. Dasselbe sieht folgende Arbeiten vor : 1. beidseitige Eindämmung der Kander vom Kienbach bis zur Reudienbrücke auf rund 500 m. Länge, Kostenanschlag Fr.

60,100 2. rechtseitige Eindämmung und linksufrige Verbauung von der Reudienbrücke bis zur Einmündung des Suldgrabens, Länge 2000 m., Kostenanschlag ,, 177,000 3. Eindämmung mit kleinen Durchstichen und neun Überfällen vom Suldbach bis Wimmisallmend, Länge 4200 m., Kostenanschlag . ,, 841,900 Dazu kommen für Projektierung und Bauleitung, Entschädigungen etc. und Unvorhergesehenes ,, 171,000 Total Voranschlag

Fr. 1,250,000

Die Regierung bemerkt hierzu folgendes: ,,Die Sohlenbreite beträgt für die oberste Flußstrecke 22 m. ; beim Suldbach geht dieselbe dann für die untere Strecke auf 24 m. über. Die Seitendämme werden mit dem Ufer durch Binder befestigt. Wo Seitengewässer einfließen, werden deren Einmündungen in zweckmäßiger Weise in das neue Flußbett eingeführt.

,,Durch die vorgesehenen 2 m. und 2,so m. hohen Überfälle wird das Gefall möglichst ausgeglichen.

,,Wie aus den Plänen ersichtlich, ist der Flußlauf vielerorts ein sehr unregelmäßiger ; der Stromstrich wirft sich ziemlich rasch von einer Seite zur ändern. An einzelnen Stellen teilt sich das Wasser in mehrere Arme, zwischen denen große Geschiebsablagerungen liegen.

,,Die projektierte Korrektion ist deshalb notwendig. Während sie früher aus Mangel an den nötigen Mitteln nicht möglich war, kann sie jetzt mit Hülfe der im Bau befindlichen Spiez-FrutigeriBahn und unterstützt von Bund und Kanton ausgeführt werden.

Bliebe die Bahn auf sich selbst angewiesen, so würde sie sich begreiflich auf partielle Bauten beschränken, soweit diese für die Bahnanlage eben notwendig wären.

583 ,,Die Gelegenheit, jetzt eine rationelle Korrektion zu schaffen, ist daher zu begrüßen und sollte benutzt werden. Wir stellen deshalb an Sie das höfliche Ansuchen, Sie möchten der hohen Bundesversammlung das Projekt zur Genehmigung und Subventionierung empfehlen. a Wie aus dem summarischen Kostenvoranschlage hervorgeht, können an der vorliegenden Korrektion der Kander drei verschiedene Strecken unterschieden werden : 1. Strecke oberhalb der Reudienbrücke. Hier ist von der Einmündung des Kienbaches abwärts eine beidseitige Korrektion vorgesehen, zum Schutz der bestehenden Straßenbrücke und einer ·zu bauenden Eisenbahnbrücke.

Das Einzugsgebiet der Kander, inklusive Kienbach, beträgt 474 krn2. Das angenommene Normalprofil hat eine Sohlbreite von 22 m. und einmalige Böschungen. Bei einer Höhe der Wuhre von 3 m. vermag dasselbe eine Wassermenge von 433 m 8 in der .Sekunde abzuführen, da das Flußgefälle dort 9 °/oo beträgt, was also 0,93 m3 pro km 2 und Sekunde ausmacht.

Bei der Hasliaare hat man bei dem größt bekannten Hochwasser 0,82 m 3 pro km 2 und Sekunde gefunden, bei einem Einzugsgebiet von 594 km 2 ; bei der Emme bei Emmenmatt, Einzugsgebiet 434 km 2 , 0,53 m 3 pro km 2 und Sekunde ; und bei der Wiese und Töß 1,06 m 3 und 0,98 m 8 pro km 2 und Sekunde, bei Einzugsgebieten von 425 km 2 und 390 km 2 .

Man kann also annehmen, daß das angenommene Normalprofil groß genug ist, um so mehr, als die bisherigen Beobachtungen ,an der Reudienbrücke ergeben haben, daß die Wasserhöhe bei 16--18 m. Sohlbreite und ähnlichen Gefallen bisher 2,s m. nicht überschritten hat.

Als Uferversicherung wird ein durch zwei Zangen gehaltenes und mit Pfählen befestigtes Sohlenholz eingelegt, auf welches dann ·eine Steinverkleidung zu stehen kommt, welche oben 0,55, unten 0,8o m. dick ist. Wenn nötig, wird dann der Fuß noch durch ·einen aus großen Blöcken bestehenden Steinwurf verstärkt werden.

Indem unterhalb der Reudienbrücke bereits eine Sohlversicherung erstellt worden ist, so kann das' Sohlengefäll hier als gegeben angenommen werden, so daß eine abnorme Vertiefung der Sohle kaum stattfinden dürfte.

2. Auf der nun folgenden Strecke bis zur Einmündung des 'Sulda:rabens soll das rechte Ufer mittelst ununterbrochenem Ufer-

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schütz vollständig versichert werden, indem sich hier die größte» Interessen für den Schutz der Ortschaften, des wertvollen Bodens,, der Thalstraße und der Eisenbahn zusammendrängen. Auf dem linken Ufer werden dann vorläufig nur niedrige Traversen eingebaut, welche eine Versandung der alten Flußläufe bewirken und ein Herumschweifen der Strömung verhindern sollen.

Die Sohlbreite ist hier, infolge des vermehrten Einzugsgebietes und der daherigen zu erwartenden größern Wassermenge, zu 23 m.

angenommen.

3. Nun folgt als weitaus wichtigste Strecke diejenige von der Einmündung des Suldgrabens bis zum Wehr des neuen Elektricitätswerkes.

Hier handelt es sich auf dem rechten Ufer nun vornehmlich um den Schutz der Eisenbahn Spiez-Frutigen, welche der Terrainverhältnisse wegen hart an den Fluß gelegt werden mußte. Um einer allzugroßen Vertiefung der Flußsohle, welche infolge der verschiedenen Durchstiche ohne Zweifel eintreten würde, zu begegnen, sind hier neun Überfälle von 1,72 rn., 2 m. und 2,so nu vorgesehen worden, welche das Flußgefälle auf 9 %o vermindern, gleich demjenigen, welches sich bei der Reudienbrücke, unter dem Einfluß der dortigen Korrektion und nach dem Einsetzen einer Sohlversicherung daselbst, successive ausgebildet hat.

Bei der Konstruktion dieser Überfälle ist darauf gesehen worden, daß die Überfallsmauer, sowie die beiden Seitenmauern, durch Spundwände gegen Unterspülung geschützt werden und daß sich unterhalb des Absturzes ein Wasserbassin bilden könne, welches eine fernere Vertiefung der Sohle dort verhindern soll.

Auf dem linken Ufer wird durch die Korrektion das wertvolle Gebäude des Heustrichbades geschützt und die Steilborde, welche die Ränder seit ihrer Ableitung in den Thunersee zuerst bildete und dann immer mehr unterspülte, vor weiterm Abbruche gesichert werden.

Das Tracé besteht aus langen Geraden, die untereinander mit Bogen von 500 bis 1000 m. Radius verbunden sind ; nur zu unterst kommen zwei Kurven von 300 m. Radius vor.

Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Korrektionsstrecken l und 3 sozusagen aus einem Guß und in kürzester Zeit erstellt werden sollen, während die Mittelstrecke nur successive zur Ausführung gelangen und längere Zeit hindurch als Ablagerungsplatz für das von oben herabkommende Geschiebe dienen wird.

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Während also obéi den erstgenannten Strecken der Schutz der beiden Ufer Hauptzweck ist, wird einer rationellen Auflandung des beidseitigen Terrains die größte Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Was die Kosten der Korrektion anbelangt, so ist der vorliegende Voranschlag ausreichend, um die Bauten in der oben beschriebenen Ausdehnung zu erstellen und eine rationelle Korrektion durchzuführen; für den vollständigen Ausbau derselben wird es nach Jahren noch weiterer Summen bedürfen. Jetzt schon hierüber eine Berechnung vorzunehmen und eine Kostensumme anzusetzen, erscheint nicht angezeigt; es ist ohne Zweifel den Verhältnissen angemessener, zuerst die Erfahrungen der ersten Bauperiode abzuwarten und dann auf Grund der gewonnenen Daten definitive Vorschläge und Devise einzubringen.

Zu der Frage übergehend, ob diese Korrektion vom Bunde zu subventionieren ist, so können wir dieselbe nur bejahen. Gemäß Wasserbaupolizeigesetz sollen die vom öffentlichen Interesse verlangten Verbaimngen, Eindämmungen und Korrektionen mit thunlicher Beförderung ausgeführt werden. Die Notwendigkeit einer solchen Korrektion liegt nun hier vor, die betreffenden Gemeinden verlangen Abhülfe; daß hierzu noch der Schutz einer neuen Bahnlinie hinzukommt, erhöht das allgemeine Interesse nur noch mehr.

Das ist schon bei der Rhonekorrektion im Wallis betont "worden, wo der Bau der Bahn von Leuk nach Brig größtenteils mit demjenigen der vorgenannten Korrektion stattgefunden hat.

Nachher ist der gleiche Grundsatz beim Bau der Bahn VispZermatt angewandt worden, im Domleschg bei der Rhätischen Bahn, am Durchstich der Töß bei Bauma etc.

Was dann das Beitragsverhältnis anbelangt, so sind wir der Ansicht, daß mit Rücksicht auf die gegenwärtige Finanzlage des Eundes SSYs % das Richtige sein dürfte; die Ausführung der Korrektion würde dann durch Bund, Kanton und Interessenten zu gleichen Teilen übernommen werden.

Die erste Abschlagszahlung sollte auf das Jahr 1901 verlegt und das Jahresmaximum auf Fr. 55,000 angesetzt werden.

Besondere forstliche Bedingungen an die Subventionierung zu knüpfen, erachteten wir nicht als angezeigt, indem dieselben «ventuell besser bei Bewilligung von Bundesbeiträgen an die Verbauung der Seitenzuflüsse ihre Stelle finden.

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Somit erlauben wir uns, den hohen eidgenössischen Räten den folgenden Beschlußentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen; Hochachtung.

B e r n , den 7. September

1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Korrektion der Kander von Reichenbach bis zur Wimmisbrücke.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht dreier Schreiben der Regierung des Kantons Bern vom 9. Juni, 8. Juli und 16. August 1899; einer Botschaft des Bundesrates vom 7. September 1899 ; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Bern wird ein Bundesbeitrag für die Korrektion der Kander von Reichenbach bis zur Wimmisbrücke zugesichert.

Dieser Beitrag wird festgesetzt auf 331/3 % der wirklichen Kosten bis zum Maximum von Fr. 416,700, als 331/3 % der Voranschlagssumme von Fr. 1,250,000.

Art. 2. Für die Ausführung der Arbeiten werden 8 Jahre eingeräumt, von dem Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 7} an gerechnet.

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Art. 3. Das Ausführungsprojekt und der definitive Kostenvoranschlag bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 4. Die Ausbezahlung dieser Subvention erfolgt im Verhältnis des Fortschreitens der Arbeiten, gemäß den von der Kantonsregierung eingesandten und vom eidgenössischen Departement des Innern verifizierten Kostenausweisen ; das jährliche Maximum beträgt Fr. 55,000 und die Auszahlung desselben findet erstmals im Jahre 1901 statt.

Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschließlich Expropriationen und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausführungsprojektes und des speciellen Kostenvoranschlages, sowie die Aufnahme des Perimeters; dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen die Funktionen vou Behörden, Kommissionen und Beamtungen, irgend welche andere Präliminarien (von den Kantonen laut Art. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht Geldbeschaffung und Verzinsung.

Art. 5. Dem eidgenössischen Departement des Innern sind jährliche Bauprogramme zur Genehmigung einzureichen.

Art. 6. Der Bundesrat läßt die planmäßige Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontrollieren. Die Kantonsregierung wird zu obigem Zwecke dem Beauftragten des Bunderrates die nötige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 7. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem von Seiten des Kantons Bern die Ausführung dieser Korrektion gesichert sein wird.

Für die Vorlegung der bezüglichen Ausweise wird der Regierung eine Frist von einem Jahr, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

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Der Bundesbeitrag fällt dahin, wenn der geforderte Ausweis nicht rechtzeitig geleistet wird.

Art. 8. Der Unterhalt der subventionierten Arbeiten ist gemäß dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze vom Kanton Bern zu besorgen und vom Bundesrate zu überwachen.

Art. 9. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 10. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Korrektion der Kander von Reichenbach bis zur Wimmisbrücke. (Vom 7. September 1899.)

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13.09.1899

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