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Schweizerisches Bundesblatt.

5l. Jahrgang. III.

Nr. 25.

21. Juni 1899.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erlaß eines Bundesbeschlusses, betreffend Erwerbung von schweizerischen Eisenbahnobligationen und Aufnahme eines Staatsanleihens zum Zwecke der Eisenbahnverstaatlichung.

(Vom 15. Juni 1899.)

Tit.

Auf den 1. Mai 1903 sind die erforderlichen Gelder für den Rückkauf der Bahnlinien der Jura-Simplon-Bahn, der Centralbahn, der Vereinigten Schweizerbahnen und des größern Teiles des Bahnnetzes der Nordostbahn mit Inbegriff der Anteile derselben an Gemeinschaftsbahnen zu beschaffen und auf den 1. Mai 1909 diejenigen für den Rückkauf der Gotthardbahn. Zur Zeit sind die bundesgerichtlichen Entscheide über die grundsätzliche .Festsetzung des konzessionsgemäßen Reinertrages und des Anlagekapitales mit Ausnahme des Urteiles im Rekursfalle der Centralbahn noch ausstehend; zudem hat das Bundesgericht es abgelehnt, im staatsrechtlichen Vorverfahren über die Abzüge von der Rückkaufsentschädigung für Minderwerte Bestimmungen zu treffen. Es ist daher nicht möglich, über die Höhe der Rückkaufsentschädigungen jetzt schon genauere Mitteilungen zu machen, als sie in der Rückkaufsbotschaft vom 25. März 1897 enthalten sind. In derselben Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. III.

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1058 sind die Rückkaufsentschädigungen für die fünf Hauptbahnen mit ihren Nebenlinien auf Fr. 1,021,530,541 berechnet; es wurde ferner angenommen, daß im Zeitpunkte des Rückkaufes die konsolidierten. Anleihen der Bahngesellschaften Fr. 677,756,200 betragen werden. Aus den Bilanzen der fünf Hauptbahnen auf Ende 1898 ergiebt sich, daß deren Obligationenschuld sich belauft bei : Jura-Simplon-Bahn auf Fr. 216,249,000 Centralbahn ,, ,, 119,877,500 Nordostbahn ,, ,, 187,282,000 Vereinigte Schweizerbahnen n n 43,799,575 Gotthardbahn ,, ,, 116,700,000 Zusammen

Fr. 683,908,075

Von diesen Anleihen sind zu verzinsen : zu 5 % Fr.

964,200 ,, 4V« % ,, 1,837,500 ,, 4% ,, 212,300,375 ,, 3Va % ,, 430,855,000 .,3% ,, 7,947,000 ,, 2"/n% ,, 17,072,000 Subventionsdarleihen der Nordostbahn zu verschiedenem Zinsfuß, 2--4 V» % . . . . ,, 12,932,000 Fr. 683,908,075 Der heutige Kursstand der Bahnobligationen läßt es als möglich erscheinen, daß der Bund sich zu vorteilhaften Bedingungen den Besitz eines erheblichen Teiles derselben sichern kann. Der Kurs der 3'/s % Obligationen ist bis auf 97% und 96% gefallen; auch 4 % Obligationen sind in jüngster Zeit zu pari emittiert worden und mit einem leichten Agio käuflich. Wenn es nun gelingt, einen Teil der genannten Titel zu erwerben, so wird die betreffende Summe bei der Beschaffung der Geldmittel für den Rückkauf nicht mehr in Betracht fallen.

Wir nehmen dabei in erster Linie den U m t a u s c h von 3'/a % Bahnobligationen in solche der Eidgenossenschaft in Aussicht.

Ein solcher Umtausch sollte für beträchtliche Summen durchführbar sein, da mit Rücksicht auf die in kurzer Zeit bevorstehende totale Änderung in den Rechtsverhältnissen der Bahngesellschaften der Besitz absolut sicherer Titel des Bundes den Vorzug einer nach allen Richtungen klaren Situation bietet. Es dürften namentlich größere Institute, wie Banken, Versicherungsgesellschaften

1059 u. s. w., die einen bedeutenden Teil ihrer Reserven in Obligationen der schweizerischen Hauptbahnen angelegt haben, Konvenienz finden, die letztern gegen 3 */2 % Bundesobligationen umzutauschen, da sie sich damit vor Kursschwankungen sichern könnten, welche in jüngster Zeit die Eisenbahnobligationen betroffen haben und die sich beim Näherrücken des Rückkauftermines wiederholt einstellen könnten. Es ist auf den Umstand hinzuweisen, daß laut dem bundesgerichtlichen Urteile im Rekursfalle der Centralbahn, der Bund die Obligationenschuld der Eisenbahngesellschaften nicht übernehmen muß. Er hat die Rückkaufsentschädigung in bar auszuzahlen, und es ist Sache der Aktiengesellschaften, sich mit ihren Obligationären über die Lösung des Anleihensverhältnisses abzufinden. Aus dieser 'Rechtslage können sich für die Obligationsinhaber Komplikationen ergeben, während bei den Bundesobligationen der klare Wortlaut des Titels über die Bedingungen der Anleihensdauer und der Rückzahlung zuverlässigen Aufschluß geben wird. Es wird Sache des Bundesrates sein, im Einvernehmen mit der sachverständigen Finanzkommission die näheren Bedingungen festzustellen, welche den im Umtausch auszugebenden Bundesobligationen eine günstige Aufnahme sichern.

Zur Vornahme einer solchen Umtauschoperation ist jedoch der Bundesrat von sich aus nicht kompetent. Die zum Austausch zu verwendenden Schuldtitel sind Bestandteile eines Anleihens, zu dessen Aufnahme gemäß Art. 85, Ziff. 10, der Bundesverfassung ein Beschluß der Bundesversammlung erforderlich ist.

Wir gestatten uns daher, Ihnen einen Beschlussesentwurf vorzulegen, welcher den Bundesrat zur Emission eines Anleihens für den genannten Zweck ermächtigt. Der Zeitpunkt, in welchem der Austausch vor sich gehen soll, läßt sich ebensowenig genau zum voraus bestimmen, als die Summe, um welche es sich bei dieser Operation handeln wird. Wenn wir in Betracht ziehen, daß die S'/sVo Anleihen der fünf Hauptbahnen auf Ende 1898 Fr. 430,855,000 betragen haben, wozu noch die 20 Millionen der II. Serie des Simplonanleihens kommen, daß aber die Fr. 116,700,000 der Gotthardbahn, welche laut Konzession erst 1909 zurückzukaufen ist, vorerst weniger in Berücksichtigung fallen, dürfte für die bevorstehende Operation eine Limite VOLI 200 Millionen festgesetzt werden.

Wir betonen ausdrücklich, daß es sich nicht um' Emission eines Bundesanleihens in diesem Betrage handelt, dessen Produkt zum Ankauf von Bahnobligationen verwendet werden soll, sondern

1060 in erster Linie um einen Austausch von Bundesobligationen gegen Eisenbahnobligationen.

Wir müssen wünschen, daß der Zinsfuß der Bundesobligationen auf 3 */2 % festgesetzt werde, in Übereinstimmung mit denjenigen des Simplonanleihens, welche seiner Zeit in gleichartige Bundesobligationen werden umgetauscht werden.

Ziffer 2 sieht den Fall vor, daß sich a u s n a h m s w e i s e Gelegenheit bieten würde, Eisenbahnobligationen zu günstigen Bedingungen g e g e n bar anzukaufen, und gleichzeitig Bundesobligationen günstig zu verkaufen. Für diese Eventualität soll der Bundesrat ermächtigt werden, durch die Ausgabe von Bundesobligationen in dem durch die Zweckbestimmung begrenzten Betrage sich die erforderlichen Gelder zu beschaffen.

Es wird sich diese Art des Vorgehens namentlich empfehlen, wenn es sich um die Erwerbung von 4 % Obligationen handelt, wo der bloße Umtausch größern Schwierigkeiten begegnen dürfte.

Es erscheint nicht zweckmäßig, den Übernahmspreis für die Eisenbahnobligationen, den allfälligen Emissionskurs für die Bundesbahnobligationen und die nähern Modalitäten des Anleihens zum voraus festzusetzen. Die Durchführung der Operation muß sich bezüglich dieser Punkte der jeweiligen Situation anpassen. Festzuhalten ist nur die Bedingung, daß das Anleihen sich im Rahmen des allgemeinen Amortisationsplanes der Eisenbahnschuld gemäß Art. 7 des Rückkaufsgesetzes zu halten hat.

Der Bundesrat · wird diese nähern Bedingungen auch nicht einseitig festsetzen, sondern bezüglich derselben die von ihm bestellte ExpertenKommission anhören; in dieser Beschränkung ersucht er durch Ziff. 3 des Beschlusses um Ermächtigung zur Vollziehung der beabsichtigten Maßnahmen.

Die in Ziff. 4 beantragte Höhe des Anleihens auf 200 Millionen haben wir schon oben begründet. Für einmal dürfte diese Summe ausreichen, und es wird von der weitern Entwicklung der Rückkaufsfrage abhängen, ob wir uns für eine folgende Session der Bundesversammlung zu weitern Anträgen veranlaßt sehen. Zu bemerken ist nur noch, daß die projektierte Operation nach keiner Seite für die Durchführung der Verstaatlichung irgend eine Hemmung bringen kann.

Wir beehren uns daher, Ihnen den Erlaß des beiliegenden Bundesbeschlusses betreffend Erwerbung von schweizerischen Eisenbahnobligationen und Aufnahme eines Staatsanleihens zum Zwecke der Eisenbahnverstaatlichung zu beantragen.

1061 Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. Juni 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

1062 (Entwurf.)

Bundes!) eschluß betreffend

Erwerbung von schweizerischen Eisenbahnobligationen und Aufnahme eines Staatsanleihens zum Zwecke der Eisenbahnverstaatlichung,

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 15. Juni 1899, in Ausführung des Art. 7 des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen, vom 15. Oktober 1897; besehließt: 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, für Rechnung der zukünftigen Bundesbahnverwaltung Obligationen derjenigen schweizerischen Eisenbahngesellschaften zu erwerben, welche laut Art. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Er.

Werbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen in den Eisenbahnrückkauf einbezogen sind.

1063 Die Übernahme solcher Obligationen soll erfolgen gegen Aushändigung von S1/-} % eidgenössischen Obligationen im gleichen Nominalwerte, welche einen Teil der zukünftigen Eisenbahnschuld des Bundes bilden werden.

2. Der Bundesrat wird ferner ermächtigt, solche Eisenbahnobligationeii gegen bar in denjenigen Beträgen zu erwerben, welche er durch Begebung von 372 °/° Obligationen der zukünftigen Eisenbahnschuld verfügbar machen wird.

3. Die Bestimmung des jeweiligen Übernahmspreises für die Eisenbahnobligationen, die Festsetzung des anfälligen Emissionskurses für die Bundesbahnobligationen, sowie die Aufstellung der nähern Modalitäten des Anleihens im Rahmen des allgemeinen Amortisationsplanes der Eisenbahnschuld ist Sache des Bundesrates nach Anhörung der von ihm be: stellten Expertenkommission.

4. Die Höhe solcher Erwerbungen, durch Umtausch oder Ankauf, wird für einmal auf 200 Millionen Franken festgesetzt und damit zugleich die Bewilligung zur Aufnahme eines Staatsanleihens in derselben Höhe, nach Anleitung von Art. 85, Ziff. 10, der Bundesverfassung, erteilt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erlaß eines Bundesbeschlusses, betreffend Erwerbung von schweizerischen Eisenbahnobligationen und Aufnahme eines Staatsanleihens zum Zwecke der Eisenbahnverstaatlichung. (Vom 15. Juni 1899.)

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