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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession für eine Eisenbahn von Bern durch das Gürbethal nach Thun.

(Vom 5. Juni 1899.)

Tit.

Durch Bundesbeschluß vom 28. Juni 1894 (B. A. S. XIII, 125) wurde in die Konzession für eine Eisenbahn von Bern durch das Gürbethal nach Thun vom 17. April 1891 (E. A. S. XI, 324 ff.) ein neuer Artikel 6 a eingefügt, lautend : ,,Die konzessionierte Linie zerfällt in zwei Sektionen : I. Bern-Wattenwyl, II. Wattenwyl-Thun.

,,Die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht aber für die andere Sektion zur Folge."

Mittelst Eingabe vom 16. Februar abbin stellte nun die Direktion der Gürbethalbahn das Gesuch, es möchte dieser Artikel dahin geändert werden, daß als Scheidepunkt der beiden Sektionen nicht W a t t e n w y l , sondern P f a n d e r s m a t t bezeichnet werde.

Die beiden Sektionen würden so eine mehr d i r e k t e Verbindung Berns mit Thun darstellen, und es kämen der Bahn die Vorteile einer Durchgangsbahn (im Unterschied von einer Sackbahn) besser zu gut als bei der ursprunglich projektierten Anlage Bern-Wattenwyl und Wattenwyl-Thun.

Der Regierungsrat des Kantons Bern ließ sich mit Schreiben vom 8. März 1899 über dieses Gesuch vernehmen wie folgt:

718 Von der Gürbethalbahn für die Beschaffung des zur Finanzierung dieses Unternehmens erforderlichen Obligationenkapitals angegangen, habe die Kantonalbank Bern Mitte August vorigen Jahres eine Expertise durch Herrn Ingenieur Hittmann veranlaßt, welchen sie beauftragte, die Grundlage des Unternehmens zu untersuchen und auch die Frage der Einführung der Linie nach Thun statt nach Wattenwyl zu prüfen. Der Experte sei in seinem Bericht vom 28. Dezember 1898 zu dem Schlüsse gekommen, daß eine Sackbahn Bern-Wattenwyl nicht auf die Verzinsung des gewünschten Anleihens rechnen könne, während eine durchgehende Linie Bern-Pfandersmatt-Thun unter Vorbehalt einer günstigen Erledigung der Einmündungsfrage für Bern und Thun die Verzinsung und Amortisation des Obligationenkapitals von Fr. 900,000, welches für diese erweiterte Linie in Aussicht genommen sei, garantiere.

Da sich nach dem nämlichen Gutachten die Ausführung des Zweigstückes Pfandersmatt-Wattenwyl nicht empfehle, so sei die Gürbethalbahngesellschaft veranlaßt, die erste Sektion auf die Strecke Bern-Pfandersmatt zu beschränken, womit dann selbstverständlich auch die zweite Sektion Wattenwyl-Thun in Pfandersmatt-Thun geändert werden müßte.

Der Regierungsrat sei nun der Ansicht, daß die projektierte Änderung nicht unbedingt eine Konzessionsänderung zur notwendigen Folge haben müsse. Sie betreffe nur eine Kürzung der Linie um cirka 2,6 Kilometer. Die Station Pfandersmatt liege nach der neuen Projektvorlage etwa 2,6 Kilometer vom Dorf'e Wattenwyl entfernt statt 1/y Kilometer nach dem früheren Projekt.

Allein dieselbe werde der Gemeinde Wattenwyl ebenfalls dienen, und es dürfte deren Bezeichnung ,,Pfandersmatt-Wattenwyl", wie in den Plänen vorgesehen, genehmigt werden.

Sollte aber das Eisenbahndepartement die Ansicht des Regierungsrates nicht teilen, so ersuche er, dem Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung die Änderung des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1894 zu beantragen.

Das Eisenbahndepartement neigte nun allerdings zu der Ansicht, es sei die Änderung der Konzession nötig, weil nach dem neuen Projekt, auch wenn man der Station Pfandersmatt den Namen ^Pfandersmatt-Wattenwyl"1 erteile, doch nicht mit gleichem Recht von einer Sektion Bern-Wattenwyl und einer Sektion Wattenwyl-Thun gesprochen werden könne.

Die Änderung des Artikels 6« drängt sich aber um so mehr auf, als die Gürbethalbahn gleichzeitig ein Gesuch um Änderung

719 der Artikel 15, 17 und 18 gestellt hatte, so daß dem ersten Begehren, dem unseres Erachtens nichts entgegensteht, gleichzeitig entsprochen werden kann.

Zur Begründung des zweiten Gesuches berief sich die Gürbethalbahndirektion ebenfalls auf das Gutachten Hittmann, indem sie geltend machte, eine Taxerhöhung sei, abgesehen davon, daß sie schon durch die Steigungsverhältnisse gerechtfertigt sei, auch im Interesse der Lebensfähigkeit des Unternehmens notwendig.

Ganz besonders gelte dies für die erste Sektion, um deren Finanzierung und Ausführung es sich in erster Linie handle und die bis zur Weiterführung der Linie nach Thun die Konsequenzen einer Sackbahn zu tragen habe. Das Rechnungsergebnis, welches Herr Hittmann in seinem Gutachten aufstelle, sei ungeachtet des bereits berücksichtigten Taxzuschlages ein ungünstiges. Mit Rücksicht hierauf habe die Kantonalbank von Bern ihrer Zusicherung für die Übernahme des Obligationenkapitals den Vorbehalt beigefügt, daß eine Erhöhung der in der Konzession vorgesehenen Transporttaxen erwirkt werde. Auf keinen Fall wäre es möglich, ohne eine erhebliche Erhöhung der Taxen den Anforderungen eines geordneten Betriebes gerecht zu werden, nicht zu reden von einer Verzinsung des Obligationenkapitals und von der vorschriftmäßigen Dotation des Erneuerungsfonds.

Etwas günstiger für das erste Teilstück gestalte sich nach den Berechnungen des Herrn Hittmann das Betriebsergebnis für die durchgehende Linie Bern-Thun. Hier reiche zwar der sich ergebende Einnahmenüberschuß für die Verzinsung eines Anleihens von Fr. 900,000 knapp aus, allein für das Aktienkapital von cirka Fr. 2,800,000 falle nichts ab. Was das Betriebsbudget unverhältnismäßig schwer belaste, seien die großen Kosten für die Mitbenützung der Bahnhofanlagen in Bern und Thun, wofür Beträge von Fr. 20,000, resp. Fr. 30,000 in die jährliche Betriebsrechnung eingestellt werden müssen, ein Umstand, welcher die Anwendung erhöhter Taxen als eine Bedingung für die Lebensfähigkeit und die Prosperität der Bahn erscheinen lasse. Ob und inwieweit dann nach der Ausführung und Inbetriebsetzung der zweiten Sektion (Pfandersmatt-Thun) aus Rücksichten der Konkurrenz der Schweizerischen Centralbahn eine Taxreduktion einzutreten haben werde, sei zur Zeit noch eine offene Frage.

Hinsichtlich des Maßes der Taxerhöhung schlage die Direktion vor, diejenigen Ansätze zu bewilligen, welche in der Konzession der Spiez-Erlenbach-Bahn vom 27. Juni 1890 (E. A. S. XI, 65 ff.)

enthalten seien.

720

Auch das Gesuch betreffend Änderung der Art. 15. 17 und 18 wird vom Regierungsrat des Kantons Bern mit Schreiben vom 8. März 1899 unterstützt.

Eine Vergleichung der Taxen, welche einigen neueren normalspurigen Sekundärbahnen durch die Konzession bewilligt wurden,.

ergiebt folgendes : Bahn.

Personen.

Elasse ,

11.

Gepäck.

Vieh.

Klasse

~~

III. Rappen Rappen. per 100 kg.

6 8 5

Freiburg-Murten .

.

Bern-Neuenburg .

5 Burgdorf-Thim } ' Thunerseebahn .

.

9,25 6,9 Spiez-Frutigen . .

7 . 10 Spiez-Erlenbach .

10 7 Erlenbach-Zweisimmen Langen thal-Huttwil 7 10 Huttwil-Wolhusen Gürbethalbahn .

. -7 5

Guter.

Klasse

in.

n.

1.

Rappen.

3 3

5

16 16

8 8

6,8

21,76

10,88

7 7

18 18

12 12

höchste niedrigst» Happen per 100 kg.

1 2

2

1

4,08

2,72

1,30

3 6

3 3

2

16 3 2 5 8 2 8 3 5 16 Plus Zuschlag nach Art. 18«.

1,6

1 1

Nach dem von der Direktion der Gürbethalbahn vorgelegten Längenprofil finden sich Steigungen von mehr als 12 °/oo auf drei Strecken vor, nämlich : 1. Km. 9,697--11,679, Länge 1982 m., 22 %o (Kehrsatz-Belp), 2. Km. 24,820--25,487, Länge 667 m., 15 %o (PfandersmattSeftigen), 3. Km. 25,770--26,437,Länge 667m. l , K O / ,,, ,,,.

, ».

r,,.

A Km.

v nrr.o T ·· orvon 4.

26,537--28,597, Lange 2060 m. j> 15 %o ' (Seftigen-Utendori ) Die Länge der ganzen Linie Bern-Thun beträgt 33,787 km., diejenige der zunächst zu bauenden Strecke Bern-Pfandersmatt23,o76 km.

Würde man nun den gemäß Art. 18« zulässigen Zuschlag für die entsprechenden Stationsrelationen bewilligen, so kämen folgende Taxen zur Erhebung: Vieh.

Personen. Gepïck.

Klisse

II.

Strecken bis 12 %o Steigung 7 (25,640 Meter) Strecken mit 15 °/o Steigung 7,7 (5192 Meter, die Länge zwischen den betreffenden Stationen gerechnet) Strecken mit 22 %o Steigung 9,45 (2955 Meter)

Güter.

Klasse

Klasse»

III.

5

6

i.

16

II.

8

3

5,5

5,5

17,6

8,8.

3,3

2,2

1,1

6,75

6,75

21,1

4,05

2,7

l ,.15

10,8

III. höchste, ohülrigste.

2 1

721

In diesem Falle würde aber die Bahn ihre Rechnung nicht finden, und es muß somit, wenn Sie mit uns die von der Direktion vorgebrachten Gründe für ausreichend erachten, eine Änderung der in der Konzession angesetzten Taxen eintreten.

Wir beantragen, diese Änderung in der Weise vorzunehmen, daß die für die Strecke mit 22 °/oo Steigung nach obigem zulässigen Maximaltaxen auf die ganze Linie anwendbar erklärt werden, was auch an sich deshalb gerechtfertigt erscheint, weil nach der für die Zugsbelastung maßgebenden größten Steigung der Betrieb auf der ganzen Linie eingerichtet werden muß. Immerhin schlagen wir vor, die Personen- und Gepäcktaxen nach oben auf 10, 7 und 7 Rappen, wie bei Spiez-Erlenbach, aufzurunden und bezüglich der Viehtransporttaxen ebenfalls die für letztere Linie admittierten (in der obersten Klasse etwas niedrigeren, in den beiden ändern Klassen etwas höheren, als nach Art. 18« zulässigen) Ansätze von 18, 12 und 6 Rappen aufzunehmen. Werden in dieser Weise für die ganze Linie erhöhte Einheitstaxen festgesetzt, so ist dann Art. 18« der Konzession zu streichen.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 5. Juni 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riugier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Aenderung der Konzession für eine Eisenbahn von Bern durch das Gürbethal nach Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Gesuches der Direktion der Gürbethalbahn 16. Februar 1899; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1899,

vom

beschließt: I. Die durch Bundesbeschluß vom 17. April 1891 (E. A. S.

XI, 324 ff.) erteilte und durch Bundesbeschluß vom 28. Juni 1894 (E. A. S. XIII, 125) ergänzte Konzession für eine Eisenbahn von Bern durch das Gürbethal nach Thun wird wie folgt geändert : 1. Statt in die Sektionen Bern-Wattenwyl und WattenwylThun (Art. 6 a) zerfällt die Linie in die Sektionen Bern-Pfandersmatt und Pfandersmatt-Thun.

2. Die Gesellschaft ist berechtigt, für die Beförderung von Personen (Art. 15) Taxen bis zur Höhe von 10 Rappen in der II. und 7 Rappen in der III. Wagenklasse zu erheben.

3. Die Taxe für den Gepäcktransport (Art. 15) darf pro 100 kg. und per Kilometer 7 Rappen betragen.

4. Die Taxen für den Transport von Vieh in Warenzügen (Art. 17) werden per Stück und Kilometer festgesetzt wie folgt: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 18 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 12 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 6 Rp.

723 5. Für den Gütertransport (Art. 18) ist in der höchsten Tarifklasse eine Taxe von 2,7 und in der niedrigsten eine solche von 1,3» Rappen pro 100 kg. und per Kilometer zulässig.

6. Art. 18« wird gestrichen.

II. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession für eine Eisenbahn von Bern durch das Gürbethal nach Thun. (Vom 5. Juni 1899.)

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1899

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14.06.1899

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