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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Davos nach Filisur.

(Vom 18. Dezember 1899.)

Tit.

Unterm 31. März 1898 reichte die Direktion der Rhätischen Bahn in Chur ein Konzessionsgesuch ein für eine schmalspurige Eisenbahn von D a v o s nach F i l i s u r , eventuell Schmitten, im Anschluß an die Albulabahn.

Im Gesuche, das zugleich den allgemeinen Bericht darstellt, wird ausgeführt, als Besitzerin der Konzessionen Thusis-Filisur und Filisur-Samaden, welche Linien voraussichtlich schon in nächster Zeit zur Ausführung gelangen, müsse die Rhätische Bahn einen besondern Wert darauf legen, auch über die Konzession des wichtigen Zwischenstückes Davos-Filisur verfügen zu können. Nur dadurch werde es ihr möglich, den einen Endpunkt der Bahn, Davos, mit der zukünftigen Hauptlinie Chur-Engadin in direkte Verbindung zu bringen.

Die Bedeutung einer solchen Verbindung werde sofort klar, wenn man sich die bedeutende Steigerung des Fremdenverkehrs, welche eine Bahn nach dem Engadin unzweifelhaft hervorrufen werde, vergegenwärtige, die eine engere Fühlung zwischen den Fremdenplätzen Davos, Pontresina und St. Moritz zur Notwendigkeit mache.

Die Gemeinde Davos habe sich auch schon mit der Frage beschäftigt und eine ansehnliche finanzielle Beteiligung in Aussicht gestellt, um eine gleichzeitige Ausführung dieser Linie mit der Albulabahn zu ermöglichen.

983 Die zu konzessionierende Bahnlinie würde von Davos-Platz ausgehen und zunächst auf eine Länge von 10 km. den untern Teil des Kreises Davos mit den Ortschaften Frauenkirch und Glaris und zahlreichen Häusergruppen durchziehen. Vom Schmclzboden weg führe sie durch die Schlucht der ,,Züge", um bei km. 14.4 das kleine Wiesenplateau von Bodenje zu erreichen, wo für die Gemeinde Wiesen eine Station in Aussicht genommen sei.

Von hier "aus werde, je nachdem das definitive Tracé der Albulabahn sich gestalte, der Anschluß bei der Station Schmitten oder bei der Station Filisur zu suchen sein. Für Filisur seien sogar zwei Stationslagen, eine obere und eine untere, in unmittelbarer Nähe des Dorfes, projektiert worden. Die Direktion bitte, ihr in dieser Hinsicht freie Hand zu lassen, bis die Verhältnisse sich abgeklärt haben.

Je nachdem die eine oder die.andere Variante zur Ausführung gelange, erhalte die Bahn eine Länge von 18,4 km. mit Anschluß in Schmitten oder eine solche von 18,5, resp. 19,75 km. mit Anschluß in Filisur.

Stationen seien vorläufig in Aussicht genommen in Davos-Platz, Frauenkirch, Glaris, Schmelzboden für Monstein, Wiesen und Filisur, resp. Schmitten.

Laut dem technischen Bericht soll die Bahn, wie die übrigen Linien des rhätischen Eisenbahnnetzes, als Adhäsionsbahn mit l m.

Spurweite und hinsichtlich Bau und Ausrüstung in ganz gleicher Weise zur Ausführung gelangen. Die Maximalsteigung sei auf 35 %a festgesetzt; der Minimalradius solle nicht weniger als 100 m.

betragen.

Ob der Betrieb mittelst gewöhnlicher Dampflokomotiven oder auf elektrischem Wege bewerkstelligt werden solle, möchte die Konzessionsbewerberin noch unentschieden lassen. Angesichts der zahlreichen Wasserkräfte und der Fortschritte in der Verwendung der Elektrizität zu motorischen Zwecken dürfte der elektrische Betrieb bei dem im Verhältnis zu den Hauptbahnen immerhin geringea Verkehr und den größeren Steigungen ernstlich in Frage kommen.

Der summarische Kostenvoranschlag geht davon aus, daß die obere Strecke der Bahn, von Davos-Platz bis zur Haltestelle Schmelzboden, keine besonderen Bauschwierigkeiten biete. Die Verhältnisse seien ungefähr gleich wie auf der Linie LandquartDavos, und es können die Baukosten der letztern recht gut als Grundlage für die Berechnungen dienen.

984 Als Vergleichsobjekt für die sehr schwierige äußere Partie Schmelzboden-Filisur, beziehungsweise -Schmitten, habe die Konzessionsbewerberin die analoge Verhältnisse bietende Strecke ThusisTiefenkastels herangezogen, deren Kosten auf Grund detaillierter Aufnahmen seiner Zeit ermittelt worden seien.

So gelange man zu folgender Aufstellung: Davos-Filisur Davos-Filisur . Davosobere Linie, untere Linie. Schmitten.

Fr.'

Fr.

Fr.

I. Bahnanlage und feste Einrichtungen : A. Organisation und Verwaltung B. Verzinsung des ßaukapitals C. Expropriation . . .

D . Bahnbau . . . .

I I . Rollmaterial . . . .

III. MobiliarundGerätschaften

210,000

225,000

200,000

200,000 129,500 3,885,000 222,000 27,750

215,000 138,250 4,147,500 237,000 29,650

210,000 128,800 3,680,000 220,800 27,600

Total oder rund

4,674,250 4,700,000

4,992,400 5,000,000

4,467,200 4,500,000

Die Regierung des Kantons Graubünden ließ sich über das Konzessionsgesuch mittelst eines Schreibens, das arn 28. August abbin eintraf, vernehmen wie folgt: Die Bedeutung des Ausbaues des .Zwischenstückes zwischen dem Endpunkt der Davoserbahn und der im Bau begriffenen Albulabahn, also der Strecke Davos-Filisur, liege auf der Hand. Auch finde sie es durchaus angezeigt, daß die Konzession für diese Linie dem Konzessionsinhaber der Linie Thusis-Filisur übertragen werde.

Dagegen könne, nachdem das Tracé der Albulabahn festgestellt sei, von einem Anschluß nach Schmitten keine Rede mehr sein. Dieser Anschluß müsse unbedingt in Filisur erfolgen.

Mit dem Begehren der Konzessionsbewerberin, daß die gleichen Taxen zur Anwendung kommen, wie für die Linien LandquartDavos und Filisur-Samaden, sei die Kegierung einverstanden. Es rechtfertige sich dies sowohl mit Rücksicht auf die Stoigungsverhältnisse, als auch mit Rücksieht auf die schwierigen und kostspieligen Bauverhältnisse.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 4. d. Mts. statt.

Sowohl der Vertreter der Konzessionsbewerberin als derjenige der

985 kantonalen Regierung pflichteten dem vom Eisenbahndepartement vorgelegten Konzessionsentwurf bei, welcher durchgängig, so namentlich auch hinsichtlich der Taxansätze, mit den Konzessionen für Landquart-Davos und Filisur-Samaden (Albulabahn) übereinstimmt. Eine Bestimmung indessen wurde von den beiden genannten Vertretern angefochten, nämlich das zweite Alinea der litt, a des Art. 26, wonach der Bundesversammlung vorbehalten bleiben soll, die im ersten Alinea enthaltene Bestimmung betreffend die Wirksamkeit des Rückkaufsrechtes zu ändern, falls sie die verschiedenen der Rhätischen Bahn erteilten, beziehungsweise auf sie übertragenen Konzessionen in eine einheitliche Konzession zusammenfassen sollte.

Da sowohl die Direktion der Rhätischen Bahn als die Regierung von Graubüiideri befürchteten, diese Klausel möchte dazu führen, daß die Linie Davos-Filisur dereinst zu ungünstigen Bedingungen abgetreten werden müßte (z. B. schon nach 10--12 Jahren nach der Betriebseröffnung und lediglich auf Grund des durchschnittlichen zehnjährigen Reinertrages), so schlugen ihre Vertreter folgende Änderungen vor: In erster Linie beantragten sie, das zweite Alinea der litt, a des Art. 26 zu streichen.

Sollte dieser Antrag nicht annehmbar sein, so möge man wenigstens den Vorbehalt aufnehmen, daß unter allen Umständen die Frist von 30 Jahren beobachtet werden müsse.

Für den Fall, daß auch dieser Antrag verworfen würde, könnten sie sich damit zufrieden geben, daß der Gesellschaft garantiert würde, es sollen ihr mindestens die Kosten der ersten Anlage vergütet werden, wenn der Rückkauf vor Ablauf von 30 Jahren nach der Betriebseröffnung eintrete.

In letzter Linie, d. h. wenn auch ein solcher Vorbehalt nicht belieben sollte, wünschten sie das Alinea durch den Zusatz zu ergänzen : ,,immerhin unter billiger Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft1'-.

Wir haben, auf den Antrag des Eiseubahndepartements, die unveränderte Fassung seines Entwurfes acceptiert und beantragen Ihnen, derselben ebenfalls zuzustimmen, und zwar aus folgenden Gründen : Durch Bundesbeschluß vom 30. Juni 1898 (E. A. S. XV, 275) wurde dem Kanton Graubünden eine einmalige Subvention zum Zwecke der Erstellung schmalspuriger Eisenbahnen von Thusis über Filisur nach St. Moritz und von Reichenau nach Ilanz unter

986 der Bedingung bewilligt, ,,daß die Konzessionen des gesamten Schmalspurnetzes der Rhätischen Bahn mit Bezug auf die Rückkaufsbestimmungen vereinheitlicht werden".

Durch Bundesbeschluß vom 29. Oktober 1898 (E. A. S. XV, 261) wurden die Konzessionen für schmalspurige Eisenbahnen von Filisur nach Samaden und von Thusis nach Filisur, sowie von Reichenau nach Ilanz und von llanz nach Disentis auf die Gesellschaft der Rhätischen Bahn in Chur übertragen, ,,unter dem Vorbehalt, im geeigneten Zeitpunkte die verschiedenen, der Rhätischen Bahn erteilten, beziehungsweise auf sie übertragenen Konzessionen in eine einheitliche Konzession zusammenzufassen111.

Durch Bundesbeschluß von gleichem Datum (E. A. S. XV, 263) wurde die Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Davos nach Samaden für das Teilstück von Bevers nach Cinuskel auf den Namen der Rhätischen Bahn erneuert, unter dem Vorbehalt, ,,eventuell bei späterer Zusammenfassung der verschiedenen, der Rhätischen Bahn erteilten Konzessionen in einen einheitlichen Konzessionsakt auch die durch diesen Beschluß erneuerte Konzession einzubeziehen"1.

Angesichts dieses mehrfach ausgesprochenen Grundsatzes, daß die Konzessionen der Rhätischen Bahn vereinheitlicht werden sollen, rechtfertigt es sich nicht, neuerdings eine Konzession ohne einen bezüglichen Vorbehalt zu erteilen, so daß die Möglichkeit des Rückkaufes immer weiter hinausgeschoben würde. Es kann daher 'o*von einer Streichung des fraglichen Alineas keine Rede sein.

Aber auch der zweite Vorschlag, nämlich: durch einen Vorbehalt die Beobachtung der dreißigjährigen Frist zu garantieren^ ist unannehmbar ; denn durch einen solchen Vorbehalt würde ja das ganze Alinea illusorisch, weil durch dasselbe der Bundesversammlung gerade das Recht und die Möglichkeit gewahrt werden soll, den Zeitpunkt des Rückkaufes der ganzen Rhätischen Bahn früher anzusetzen als 30 Jahre nach der Betriebseröffnung auf der Strecke Davos-Filisur.

In dritter Linie ist vorgeschlagen worden, für den Fall, daß die projektierte Bahn zurückgekauft werden sollte, bevor sie 30 Jahre im Betrieb gewesen sei, wenigstens die Rückzahlung der Kosten der ersten Anlage zu garantieren. Durch Aufnahme einer solchen Bestimmung würde man aber ein Prinzip durchlöchern, an dem seit l886 ständig festgehalten wurde und das auch gegenüber einem Vorstoß der Regierung des Kantons Bern im Jahr 1897 behauptet wurde, indem sich die Bundesversammlung weigerte, die Rückzahlung des Anlagekapitals bei den seit 1886

987 konzessionierten Bahnen zu garantiere^. Würde man aber heute bei der Konzession für Davos-Filisur eine Ausnahme gestatten, so wäre dies nicht nur eine Unbilligkeit gegenüber den Inhabern der seit 1886 erteilten Konzessionen, sondern es müßte auch zur Folge haben, daß das Begehren in den zukünftigen Konzessionsgesuchen immer wieder auftauchen würde. Wir halten es daher nicht für angezeigt, diesem dritten Vorschlage der Regierung von Graubünden und der Direktion der Rhätischen Bahn zu entsprechen.

Aber auch dem Zusatz ,,immerhin unter billiger Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft11 müssen wir die Aufnahme verweigern, da es keiner solchen Vorschrift bedarf, um die Bundesbehörden zu veranlassen, die Interessen der Gesellschaft in billiger Weise zu berücksichtigen. Sowohl bei der Zusammenlegung der Konzessionen der Centralbahn als derjenigen der Vereinigten Schweizerbahnen, sowie bei der Bestimmung eines einheitlichen Rückkaufstermins für die Linien der Seethalbahn haben die Bundesbehörden sich vor dem Vorwurf zu bewahren gewußt, sie hätten den Bahngesellschaften Unbilliges zugemutet ; dies dürfte der Rhätischen Bahn genügend Garantie dafür bieten, daß es auch bei der Zusammenlegung i h r e r Konzessionen nicht anders werde gehalten werden.

Um übrigens eine Wiederholung derartiger Erörterungen auszuschließen, erscheint es angezeigt, diese Zusammenlegung sobald als möglich vorzunehmen. Wir haben als gegebenen Zeitpunkt die bevorstehende Eröffnung der Hauptlinie des Rhätischen Bahnnetzes, nämlich der Albulabahn, in Aussicht genommen und werden nicht ermangeln, die Unterhandlungen mit der Bahngesellschaft rechtzeitig einzuleiten.

Indem wir Ihnen Zustimmung zum nachstehenden Beschlußentwurf empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 18. Dezember 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

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(Entwurf.)

Bimdesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Davos nach Filisur.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Rhätischen Bahn in Chur vom 31. März 1898; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Dezember 1899, beschließt: Der D i r e k t i o n der R h ä t i s c h e n B a h n in Chur wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von D a v o s nach F i l i s u r unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Die Bundesversammlung behält sich vor, im geeigneten Zeitpunkt die verschiedenen, der Rhätischen Bahn erteilten, beziehungsweise auf sie übertragenen Konzessionen in eine einheitliche Konzession zusatn menzufassen.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Chur.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

989 Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Dampflokomotiven, eventuell mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. a. w., sind Eigentum des Kantons Graubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahn Verwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens zweimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

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Die Festsetzung der Geschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, dürfen dieselben erst nach ihrer Genehmigung durch den Buudesrat eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 30 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 20 Rappen, in der dritten Wagenklasse 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 12 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen auszugeben.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Per-

991 sonentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 32 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 16 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 6 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 6 Rappen, die niedrigste nicht über 4 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Dungungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelneu Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

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Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21; Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent tibersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

993 Reicht der Ertrag dea Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffhung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltend machung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Betriebseröffnung und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

Der Bundesversammlung bleibt indessen vorbehalten, diese Bestimmung zu ändern, falls sie die verschiedenen der Rhätischen Bahn erteilten, bezw. auf sie übertragenen Konzessionen in eine einheitliche Konzession zusammenfassen sollte.

b. Durch den Rückkauf wird der Rüekkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem
1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht.

Bandesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

66

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den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtiiche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 27. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1899

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982-994

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