00.431 Parlamentarische Initiative Rahmengesetz für kommerziell angebotene Risikoaktivitäten und das Bergführerwesen Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 27. März 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Bergführerwesen und das Anbieten von Risikoaktivitäten für den Fall, dass der Nationalrat den Abschreibungsantrag der Kommission erneut ablehnt. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt mit 12 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen, die parlamentarische Initiatve abzuschreiben beziehungsweise auf die Vorlage nicht einzutreten.

Eine Minderheit (Chevrier, Freysinger, Geissbühler, Huber, Jositsch, Lüscher, Markwalder Bär) beantragt, die Initiative nicht abzuschreiben beziehungsweise auf die Vorlage einzutreten.

27. März 2009

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Gabi Huber

2009-1882

6013

Übersicht Mit der Entwicklung von Sportarten mit höherem Risikopotenzial als beim «herkömmlichen» Sport ist ein neuer Markt entstanden. Aktivitäten wie Canyoning, River-Rafting, aber auch beispielsweise Hochgebirgstouren müssen angesichts der damit verbundenen Risiken von zuverlässigen Veranstaltern, welche die minimalen Sicherheitsnormen einhalten, angeboten werden. Im Bestreben, die körperliche Unversehrtheit der Konsumentinnen und Konsumenten besser zu schützen, reichte alt Nationalrat Jean-Michel Cina am 23. Juni 2000 eine parlamentarische Initiative ein, die die Schaffung eines Rahmengesetzes für kommerziell angebotene Risikoaktivitäten im Outdoorbereich und für das Bergführerwesen verlangt. Der Nationalrat hat dieser Initiative am 19. September 2001 Folge gegeben.

Am 1. Dezember 2006 nahm die Kommission den Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Bergführerwesen und das Anbieten von Risikoaktivitäten an. Sie legte den Entwurf dem Nationalrat vor und unterbreitete ihn dem Bundesrat zur Stellungnahme. Nachdem sie von der Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Februar 2007 Kenntnis genommen hatte, beantragte die Kommission, die parlamentarische Initiative, welche Anlass zur Erarbeitung dieses Entwurfs gab, abzuschreiben; sie zog also ihren Entwurf vom 1. Dezember 2006 zurück (AB NR Sommersession 2007, Beilagenband, S. 27). Der Nationalrat folgte diesem Antrag am 12. Juni 2007 nicht und hielt somit an seinem Auftrag an die Kommission, eine Vorlage auszuarbeiten, fest. Die Kommission beantragt ihrem Rat nun erneut, die parlamentarische Initiative abzuschreiben. Angesichts der bestehenden rechtlichen Grundlagen auf Kantonsund Bundesebene sowie aufgrund der Selbstregulierung der betroffenen Branche hält sie ein Bundesgesetz in diesem Bereich weiterhin nicht für notwendig. Eine Kommissionsminderheit beantragt, die Initiative nicht abzuschreiben.

Für den Fall, dass der Nationalrat die Abschreibung der Initiative erneut ablehnt, unterbreitet ihm die Kommission diesen Entwurf als Eventualvorlage, ohne ihn jedoch zu unterstützen.

Der Gesetzesentwurf regelt das gewerbsmässige Anbieten von Aktivitäten unter der Leitung von Bergführerinnen bzw. -führern, von Aktivitäten unter der Leitung von Schneesportlehrerinnen bzw. -lehrern ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und
Seilbahnanlagen und von weiteren Risikoaktivitäten, d.h.

das Canyoning, River-Rafting und Bungee-Jumping. Demnach muss, wer gewerbsmässig als Bergführerin bzw. -führer oder als Schneesportlehrerin bzw. -lehrer tätig ist oder eine andere vom Gesetz erfasste Risikoaktivität anbietet, Sorgfaltspflichten einhalten und namentlich den Sicherheitsanforderungen genügen, welche im Gesetz festgelegt sind. Neben der ausdrücklichen Statuierung von Sorgfaltspflichten sieht das Gesetz eine Bewilligungspflicht vor für Bergführer oder Bergführerinnen und unter gewissen Bedingungen für Schneesportlehrer und -lehrerinnen sowie für Unternehmen, welche die vom Gesetz erfassten Risikoaktivitäten gewerbsmässig anbieten. Was die Unternehmen betrifft, werden die sachlichen und zeitlichen Anforderungen an die Sicherheit in einer Verordnung des Bundesrates geregelt werden. Wer eine Bewilligung nach dem Gesetz hat, muss eine Berufshaftpflicht-

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versicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit seiner Tätigkeit verbunden sind, abschliessen oder eine gleichwertige finanzielle Sicherheit erbringen. Diese Versicherung stellt keine Voraussetzung zur Erteilung der Bewilligung dar.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Entstehungsgeschichte 1.1 Ausgangslage 1.2 Verlauf der Arbeiten der Kommission 1.2.1 Vernehmlassungsentwurf 1.2.2 Entwurf vom 1. Dezember 2006 1.2.3 Aufrechterhaltung des Auftrags zur Ausarbeitung einer Vorlage 1.2.4 Festhalten am Antrag auf Abschreibung der parlamentarischen Initiative

6017 6017 6017 6018 6018 6020

2 Geltende Rechtslage 2.1 Kantonale Regelungen 2.2 Zivile und strafrechtliche Verantwortlichkeit 2.3 Rettungspflicht 2.4 Richtlinien des Bundesamtes für Sport 2.5 Stiftung «Safety in adventures» 2.6 Weitere Diskussionspunkte der Kommission 2.6.1 Das professionelle Rettungswesen 2.6.2 Keine Entschädigung für Nachteile, die sich aus der Leistung erster Hilfe durch die Tourenleiter bzw. -leiterinnen gegenüber Dritten ergeben 2.6.3 Verhältnis der Vorlage zum Binnenmarktgesetz 2.6.4 Verhältnis der Vorlage zum Abkommen über den freien Personenverkehr 2.7 Rechtsvergleich

6021 6021 6023 6023 6024 6024 6025 6025

3 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 3.1 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen 3.2 2. Abschnitt: Bewilligung 3.3 3. Abschnitt: Versicherungs- und Informationspflicht 3.4 4. Abschnitt: Kantonale Einschränkungen für den Zugang zu bestimmten Gebieten 3.5 5. Abschnitt: Strafbestimmungen 3.6 6. Abschnitt: Unterstützung juristischer Personen des Privatrechts 3.7 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

6029 6029 6032 6039 6040 6041 6041 6042

4 Finanzielle und personelle Auswirkungen 4.1 Auf den Bund 4.2 Auf die Kantone

6043 6043 6043

5 Verfassungsmässigkeit

6044

Bundesgesetz über das Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten (Entwurf)

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6016

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6026 6026 6028 6029

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Ausgangslage

Am 23. Juni 2000 reichte Nationalrat Jean-Michel Cina eine parlamentarische Initiative ein, welche verlangt, dass der Bund ein Rahmengesetz für kommerziell angebotene Risikoaktivitäten im Freien sowie für das Bergführerwesen schafft. Der Zweck der Initiative besteht darin, die Sicherheit der Kundinnen und Kunden zu verbessern.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates hat diese parlamentarische Initiative am 4. Mai 2001 vorgeprüft. Mit 13 zu 7 Stimmen beantragte sie, ihr keine Folge zu geben und eine Motion zu überweisen. Eine Minderheit wollte der parlamentarischen Initiative Folge geben; eine zweite Minderheit wollte die Motion lediglich als Postulat überwiesen haben.

Am 19. September 2001 sprach sich der Nationalrat gegen den Antrag der Kommissionsmehrheit aus und gab der Initiative Folge mit der Begründung, dass mit einem Rahmengesetz nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten geschützt, sondern dass damit in der Öffentlichkeit auch ein deutliches Zeichen gegen die Banalisierung sportlicher Risikoaktivitäten gesetzt werde1.

Gestützt auf Artikel 21quater Absatz 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG)2 beauftragte der Nationalrat eine Kommission mit der Ausarbeitung einer Vorlage. Diese Aufgabe wurde mit Entscheid des Büros des Nationalrates der Kommission für Rechtsfragen übertragen.

1.2

Verlauf der Arbeiten der Kommission

Am 24. Juni 2003 beauftragte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (hiernach «die Kommission») eine ad hoc Subkommission mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs zu einem Gesetz im Sinne der parlamentarischen Initiative. Diese Subkommission (Cina, Präsident, Garbani, Huber, Joder, Mathys) trat zwischen November 2003 und Dezember 2004 fünfmal zusammen und hörte dabei Experten der verschiedenen von der Initiative betroffenen Branchen an sowie einen Vertreter des Kantons Graubünden, der schon damals ein Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen hatte, sowie einen Vertreter des Eidgenössischen Büros für Konsumentenfragen.

Am 6. Dezember 2004 verabschiedete die Subkommission einen Vorentwurf zuhanden ihrer Kommission. Am 27. Mai 2005 beauftragte die Kommission die Subkommission, einige Fragen genauer abzuklären. Zwischen Juni und Dezember 2005 trat die Subkommission in einer neuen Zusammensetzung (Chevrier, Präsident, Hämmerle, Huber, Joder, Mathys) zu insgesamt drei Sitzungen zusammen.

1 2

AB 2001 N 1065 SR 171.11; vgl. Art. 173 Ziff. 3 des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10)

6017

1.2.1

Vernehmlassungsentwurf

Am 17. Februar 2006 nahm die Kommission mit 12 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen einen Vorentwurf an, den sie in die Vernehmlassung gab.

Dieser regelte das gewerbsmässige Anbieten von geführten Bergtouren, geführten Abfahrten ausserhalb markierter Pisten und von bestimmten Risikoaktivitäten, d.h.

das Canyoning, River-Rafting und Bungee-Jumping. Die Vorlage sah insbesondere Folgendes vor: ­

Canyoning und River-Rafting, aber auch beispielsweise Hochgebirgstouren müssen angesichts der damit verbundenen Risiken von zuverlässigen Veranstaltern, welche die minimalen Sicherheitsvorschriften einhalten, angeboten werden;

­

wer gewerbsmässig als Bergführer oder -führerin oder als Schneesportlehrer oder -lehrerin tätig ist oder eine Risikoaktivität anbietet, muss Sorgfaltspflichten einhalten und namentlich den im Gesetz festgelegten Sicherheitsanforderungen genügen;

­

Bergführer und Bergführerinnen, unter gewissen Bedingungen Schneesportlehrer und -lehrerinnen sowie Unternehmen, welche die vom Gesetz erfassten Risikoaktivitäten gewerbsmässig anbieten, unterstehen einer Bewilligungspflicht, deren Erteilung insbesondere davon abhängt, ob der Anbieter resp. die Anbieterin über eine ausreichende Haftpflichtversicherung verfügt.

Die Bergführer und Bergführerinnen sowie die Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen müssen zudem im Besitz eines eidgenössischen Fachausweises oder eines gleichwertigen Fähigkeitsausweises sein;

­

die Anbieter von Canyoning, River-Rafting und Bungee-Jumping müssen sich zertifizieren lassen.

1.2.2

Entwurf vom 1. Dezember 2006

Am 8. September 2006 nahm die Kommission Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen. 24 Kantone, drei politische Parteien (CVP, FDP, SVP), das Bundesgericht und 32 interessierte Organisationen nahmen an der Vernehmlassung teil3.

Eine knappe Mehrheit der Kantone und Organisationen sprach sich für den Gesetzesvorentwurf aus. Die drei Parteien, die an der Vernehmlassung teilgenommen haben, vertraten unterschiedliche Auffassungen: Eine Partei hiess die Vorlage in ihren Grundzügen gut; eine zweite war mit den Zielen, nicht aber mit der Umsetzung einverstanden und die dritte lehnte die Vorlage mit der Begründung ab, dass es nicht notwendig sei, in diesem Bereich ein Rahmengesetz zu erlassen. Obwohl die Mehrheit der Vernehmlassenden anerkannte, dass es ein Gesetz braucht, um die Konsumentinnen und Konsumenten besser zu schützen, gab es auch einige, die der Meinung waren, die eidgenössische und kantonale Gesetzgebung sei ausreichend.

Am meisten Reaktionen ausgelöst haben die Bestimmungen über die Bewilligungspflicht, denen die Anbieter und Anbieterinnen der vom Gesetz erfassten Risiko3

Der Bericht des BASPO über die Vernehmlassungsergebnisse ist auf der Internetseite der Kommission für Rechtsfragen unter der Rubrik »Berichte« abrufbar (http://www.parlament.ch)

6018

aktivitäten unterstellt sind, sowie das Haftpflichtversicherungsobligatorium. Verschiedentlich kritisiert worden war auch der Geltungsbereich des Gesetzes. Da diese Punkte bereits bei der Ausarbeitung der Vorlage in der Kommission am meisten Diskussionsstoff geboten hatten, beschloss die Kommission am 1. Dezember 2006 mit 12 zu 10 Stimmen, den Entwurf4 zu einem Bundesgesetz über das Bergführerwesen und das Anbieten von Risikoaktivitäten unverändert dem Nationalrat zu unterbreiten. Eine Kommissionsminderheit beantragte, die parlamentarische Initiative abzuschreiben.

Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 20075 Folgendes fest: «Die vom Geltungsbereich des Gesetzesentwurfs betroffenen Aktivitäten finden primär im Gebirgsraum statt. Es obliegt damit in erster Linie den Gebirgskantonen, bei Bedarf rechtsetzend tätig zu werden. In der Tat haben etliche Kantone im Alpenraum vor allem Regelungen über die gewerbsmässigen Tätigkeiten von Bergführerinnen und Bergführern sowie Schneesportlehrerinnen und Schneesportlehrern erlassen. Andere Kantone wiederum setzen auf die Selbstregulierung der Branchenverbände.

Darüber hinaus müssen sämtliche Anbieter von Risikoaktivitäten gemäss bundesrechtlichen Vorschriften alle Vorsichtsmassnahmen zum Schutz der Kundschaft treffen. Diese Pflicht trifft sie einerseits mit Blick auf ihre zivilrechtliche (vertragliche oder deliktische) Haftung, andererseits aufgrund der Garantenstellung, die ihnen in strafrechtlicher Hinsicht zukommt.

Im Rahmen der Stiftung setzen die verschiedenen interessierten Branchenverbände seit einigen Jahren gemeinsam mit der öffentlichen Hand und der Versicherungswirtschaft auf die Selbstregulierung der Branche. Diese zeichnet Anbieter von Risikoaktivitäten mit einem Label aus, wenn sie die Kriterien für die Zertifizierung erfüllen. Aktuell verfügen rund 60 Prozent der Anbieter über ein Zertifikat.» Angesichts der bestehenden rechtlichen Grundlagen auf Kantons- und Bundesebene sowie aufgrund der wirksamen Selbstregulierung der betroffenen Branche sah der Bundesrat keine Notwendigkeit für ein Bundesgesetz und beantragte, nicht auf die Vorlage einzutreten.

Die Kommission befasste sich am 22. Februar 2007 erneut mit der Vorlage und setzte sich dabei auch mit der von verschiedener Seite geübten Kritik am
Gesetzesentwurf auseinander. Sie beantragte daraufhin mit 12 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung, die parlamentarische Initiative, welche Anlass zur Erarbeitung der Vorlage gab, abzuschreiben; sie zog also ihren Entwurf vom 1. Dezember 2006 zurück. Die Kommission teilte die Ansicht des Bundesrates, wonach ein Spezialgesetz aufgrund der auf Kantons- und Bundesebene bestehenden gesetzlichen Grundlagen und der Selbstregulierung der Branche nicht notwendig ist. Eine starke Kommissionsminderheit beantragte, die Initiative nicht abzuschreiben, weil ein Bundesgesetz notwendig sei, um gesamtschweizerisch einen besseren Schutz der Kundschaft zu gewährleisten.

4 5

BBl 2007 1497 ff.

BBl 2007 1537

6019

1.2.3

Aufrechterhaltung des Auftrags zur Ausarbeitung einer Vorlage

Der Nationalrat folgte am 12. Juni 2007 dem Antrag der Kommissionsminderheit und beschloss mit 98 zu 75 Stimmen, die parlamentarische Initiative nicht abzuschreiben. Dies begründete er namentlich wie folgt: Es gibt zahlreiche Anbieter von Risikoaktivitäten, die Nachfrage nimmt ständig zu und es haben sich schon tödliche Unfälle ereignet. Die körperliche Unversehrtheit von Personen, die Risikoaktivitäten ausüben, auf von Bergführern resp. Bergführerinnen begleitete Touren gehen oder an von Schneesportlehrern bzw. -lehrerinnen geführten Abfahrten ausserhalb des Verantwortlichkeitbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen teilnehmen, muss geschützt werden. Das gewerbsmässige Angebot von Risikoaktivitäten wurde lange Zeit den Marktregeln überlassen. Gewisse Kantone erliessen jedoch ­ vor allem in jüngerer Zeit ­ Regelungen6, was zu der heutigen sehr uneinheitlichen und damit unübersichtlichen Rechtslage führte. Eine für die ganze Schweiz geltende Rahmengesetzgebung mit landesweit einheitlichen Sicherheitsstandards würde geregelte Vertragsbeziehungen gewährleisten und sowohl für die Gäste, welche auf ein in der ganzen Schweiz gleich hohes Sicherheitsniveau vertrauen dürfen, als auch für die Anbieter bzw. Anbieterinnen, welche sich mit den Standards als zentralem Qualitätsmerkmal besser am Markt positionieren können, Vorteile bringen. Die Meinung der betroffenen Kreise, die sich in der Vernehmlassung für ein Rahmengesetz auf Bundesebene ausgesprochen haben, ist zu berücksichtigen. Die Kommission hat bereits viel Zeit investiert; sie soll auf ihren Entwurf zurückkommen und ihn allenfalls in gewissen Punkten ändern.

1.2.4

Festhalten am Antrag auf Abschreibung der parlamentarischen Initiative

Am 12. September 2008 reaktivierte die Kommission zur Überarbeitung des Erlassentwurfes vom 1. Dezember 2006 die Subkommission. Diese tagte zwischen November 2008 und Januar 2009 zweimal und setzte sich neu aus den Nationalrätinnen Geissbühler, Huber und Leutenegger Oberholzer und den Nationalräten Chevrier (Präsident) und Freysinger zusammen. Sie hörte Vertreter des Schweizer Bergführerverbandes und des Schweizerischen Versicherungsverbandes an.

An ihrer Sitzung vom 27. März 2009 behandelte die Kommission den von der Subkommission ausgearbeiteten Vorentwurf. Dieser folgt im Wesentlichen der ersten, zurückgezogenen Vorlage. Er unterscheidet sich materiell insbesondere darin, dass er das Versicherungsobligatorium nicht mehr als Voraussetzung zur Erteilung der Berufsausübungsbewilligung vorsieht. Trotzdem müssen Bewilligungsinhaber resp.

Bewilligungsinhaberinnen eine Berufshaftpflichtversicherung abschliessen oder eine gleichwertige finanzielle Sicherheit erbringen. Sie müssen ihre Kundschaft darüber informieren (Art. 13 Abs. 1). Die weiteren Änderungen sind primär redaktioneller Art.

Die Kommission beschloss mit 12 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen, nicht auf die Vorlage einzutreten und beantragt somit erneut, die parlamentarische Initiative abzuschreiben. Angesichts der auf Kantons- und Bundesebene bestehenden recht6

Vgl. Ziff. 2.1

6020

lichen Grundlagen sowie aufgrund der Selbstregulierung der betroffenen Branche hält sie ein Bundesgesetz in diesem Bereich weiterhin nicht für notwendig (s. Ziff. 2 unten). Ausserdem bezweifelt sie, dass ein zusätzliches Gesetz Unfälle im Bereich der Risikoaktivitäten verhindern könnte, da in diesem Bereich per Definition ein gewisses Risiko besteht. Eine Minderheit (Chevrier, Freysinger, Geissbühler, Huber, Jositsch, Lüscher, Markwalder Bär, Nidegger) beantragt, die parlamentarische Initiative nicht abzuschreiben. Sie hält an ihrer Meinung fest, dass es gesamtschweizerisch gewisse Mindestanforderungen für die Durchführung von Risikosportarten geben muss, um so die Konsumenten besser zu schützen. Sie weist ausserdem darauf hin, dass auch die betroffenen Verbände ein solches Gesetz begrüssen würden.

Die Kommission hat in Anbetracht des Entscheides des Nationalrates vom 12. Juni 2007, die Initiative nicht abzuschreiben, den Vorentwurf im Detail beraten. Sie unterbreitet den von ihrer Subkommission ausgearbeiteten Vorentwurf sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen dem Nationalrat als Eventualvorlage für den Fall, dass dieser sich erneut gegen die Abschreibung der Initiative entscheidet. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission ihre Position bestätigt und den Entwurf mit 11 zu 8 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt.

Die Kommission wurde bei ihrer Arbeit gemäss Artikel 21quater Absatz 2 GVG durch das Eidgenössische Department für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) unterstützt. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartment (EJPD) war bei der Ausarbeitung ebenfalls beteiligt.

2

Geltende Rechtslage

2.1

Kantonale Regelungen

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts begannen die Gebirgskantone die Tätigkeiten der Bergführerinnen bzw. -führer und der Skilehrerinnen bzw. -lehrer zu reglementieren. Heute verfügen die Kantone Appenzell Innerrhoden7, Bern8, Glarus9, Graubünden10, Uri11, Waadt12 und Wallis13 über rechtliche Grundlagen zur Regelung des Bergführerwesens. Die Kantone Appenzell Innerrhoden, Bern, Graubünden, Uri, Waadt und Wallis regeln die Tätigkeit der Bergführerinnen und Bergführer auf Gesetzesstufe. Der Kanton Glarus seinerseits hat mittels Beschluss des Regierungsrates das Bergführerreglement einer privaten Organisation (Sektion Tödi des Schweizerischen Alpenclubs) als Rechtsgrundlage für das Bergführerwesen anerkannt. Einzelne Kantone sehen eine Bewilligungspflicht vor, andere lassen es 7 8 9 10

11 12 13

Grossratsbeschluss betreffend Bergführer (Bereinigte Sammlung der Gesetze des Kantons Appenzell Innerrhoden 1013) Gesetz über Handel und Gewerbe (BSG 930.1); Verordnung über Handel und Gewerbe (BSG 930.11) Beschluss über das Bergführerwesen (Gesetzessammlung des Kantons Glarus IX C/2) Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen (Bündner Rechtsbuch 947.100) und Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen (Bündner Rechtsbuch 947.200) Verordnung über das Skilehrer- und Bergführerwesen (Urner Rechtsbuch 70.2321) Loi sur l'exercice des activités économiques (RSV 930.01) Gesetz über die Ausübung der Bergführer-, Schneesportlehrer- und Wanderleiterberufe sowie das gewerbsmässige Anbieten von Sportaktivitäten mit erhöhten Sicherheitsanforderungen (SGS/VS 935.2)

6021

damit bewenden, die Anforderungen an die Ausübung der Tätigkeit der Bergführer resp. Bergführerinnen zu umschreiben. Die meisten Kantone kennen keine Regelung über das Bergführerwesen.

Eine Regelung über die Tätigkeit der Schneesportlehrer und -lehrerinnen beziehungsweise der Skilehrer- und lehrerinnen gibt es in den Kantonen Jura14, Graubünden15, Waadt16, Wallis und Uri17. Gleich wie bei den Regelungen des Bergführerwesens unterstellen diese Kantone die Tätigkeit der Schneesportlehrerin bzw.

des Schneesportlehrers entweder einer Bewilligungspflicht oder schreiben gewisse Anforderungen vor. In diesen Regelungen werden die Tätigkeiten der Schneesportlehrerin bzw. des Schneesportlehrers und jene der Bergführerin bzw. des Bergführers voneinander abgegrenzt. So wird im Kanton Graubünden je nachdem, ob eine Route von der Gemeinde freigegeben ist oder nicht, eine Schneesportlehrerausbildung mit Lawinenausbildung oder eine Bergführerausbildung verlangt, um Wintergebirgstouren und Abfahrten mit Schneesportgeräten abseits markierter Pisten anbieten zu dürfen.

Risikoaktivitäten werden einzig im Kanton Wallis umfassend gesetzlich geregelt.

Erfasst werden neben den Bergführerinnen bzw. -führern und den Schneesportlehrerinnen bzw. -lehrern namentlich auch Wanderleiterinnen bzw. -leiter, Höhlenführerinnen bzw. -führer, Führerinnen bzw. Führer mit besonderen Geräten und Hilfsmitteln auf Wasserläufen (Rafting- und Canyoningguides), Tauchlehrerinnen bzw.

-lehrer und Flug- und Sprunglehrerinnen bzw. -lehrer mit besondern Geräten und Hilfsmitteln, sofern sie sich gewerbsmässig betätigen. Die Ausübung dieser Tätigkeiten ist einer Bewilligungspflicht unterstellt, wobei die Ausstellung der Bewilligung mit dem Nachweis des Vorliegens einer Haftpflichtversicherung verknüpft ist.

In verschiedenen weiteren kantonalen Erlassen finden sich punktuelle Regelungen.

Der Kanton Bern hält beispielsweise in seiner Verordnung über Handel und Gewerbe18 (Art. 10 Abs. 3 Bst. a) fest, dass zum Führen auch das Begehen von Wasserläufen und Schluchten (Canyoning) gehört, und verlangt von Bergführerinnen und -führern, die Canyoning anbieten, dass diese über eine entsprechende Zusatzausbildung verfügen19. Im Kanton Graubünden wird das Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen sinngemäss auf verwandte Tätigkeiten angewandt. Die Verordnung
bezeichnet die verwandten Tätigkeiten. Zudem werden einzelne Risikoaktivitäten auch in den kantonalen Gesetzgebungen über die Gewässer oder im Bundesgesetz über die Binnenschifffahrt (Riverrafting) und in der eidgenössischen Luftfahrtsgesetzgebung (Tandemflug mit Hängegleiter oder Gleitschirm) geregelt.

Diese Regelungen zeichnen sich aber dadurch aus, dass nicht die Anwendung sondern das jeweilige für die Anwendung bestimmte Produkt (Boot oder Fluggerät) einer Regelung zugeführt wird.

14 15

16 17 18 19

Ordonnance concernant l'enseignement du ski dans le canton du Jura (RSJU 935.221) Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen (Bündner Rechtsbuch 947.100) und Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über das Berg- und Schneesportwesen (Bündner Rechtsbuch 947.200) Loi sur l'exercice des activités économiques (RSV 930.01) Verordnung über das Skilehrer- und Bergführerwesen (Urner Rechtsbuch 70.2321) BSG 930.11 Artikel 19 Absatz 2 Gesetz über Handel und Gewerbe (BSG 930.1)

6022

2.2

Zivile und strafrechtliche Verantwortlichkeit

Die Anbieter und Anbieterinnen einer Risikoaktivität haben bereits nach der heutigen Rechtslage die Pflicht, alle Vorsichtsmassnahmen zu treffen, die im konkreten Fall vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um die Sicherheit der Kundschaft zu garantieren20. Dies gilt sowohl mit Blick auf ihre zivilrechtliche (vertragliche oder deliktische) Haftung21 wie auch mit Blick auf ihre Garantenstellung, die ihnen gegebenenfalls in strafrechtlicher Hinsicht zukommt22. Um bei einem Unfall nicht zu haften, müssen die Anbieter bzw. Anbieterinnen allgemein gesprochen alle Gefahren eliminieren, mit denen die Kundschaft nicht rechnen muss; Gefahren also, welche für genügend aufmerksame Kundinnen und Kunden nicht ohne weiteres erkennbar sind und sich daher als eigentliche Fallen erweisen können.

2.3

Rettungspflicht

Gemäss Artikel 128 des Strafgesetzbuches (StGB)23 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer einem Menschen, den er verletzt hat, oder einem Menschen, der in unmittelbarer Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden könnte, sowie wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert. In Lehre und Praxis wird im Übrigen «einhellig die Aufopferung leicht ersetzbarer materieller Werte als zumutbar bezeichnet, wenn es um die Rettung eines Menschenlebens geht»24.

Bergführerinnen und Bergführer, Schneesportlehrerinnen und Schneesportlehrer, andere Anbieter und Anbieterinnen sowie die geführten Gäste unterstehen somit der allgemeinen Nothilfepflicht. In einer Notlage obliegt diese Pflicht in erster Linie der Tourenleiterin resp. dem Tourenleiter; ebenfalls strafbar machen würde sich der Gast, wenn er die Tourenleiterin resp. den Tourenleiter an der Hilfeleistung hindern würde.

Soweit kantonales Recht selbst die Nothilfepflicht statuiert, wird es durch Artikel 128 StGB verdrängt. Von Bedeutung bleibt kantonales Recht noch, soweit es «andere, sachlich mit der Nothilfe zusammenhängende Tatbestände» vorsieht25.

Nach dem allgemeinen Gefahrensatz hat derjenige, der eine Gefahr schafft, alle zumutbaren Massnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass jemand zu Schaden kommt26. Dieser Grundsatz wird im Entwurf zusammen mit verschiedenen Konkretisierungen, wie sie in der Rechtsprechung und Praxis entwickelt worden sind,

20

21 22 23 24 25 26

Eine vertragliche Sorgfaltspflicht ist namentlich anerkannt beim Vertrag zwischen dem Bergführer und seinen Kunden (vgl. dazu Laurent Moreillon, La responsabilité civile en cas d'accident de haute montagne, Diss. Lausanne 1987, S. 225 ff.; Fritz Anthamatten, Das Bergführer- und Skilehrerwesen in der Schweiz, Diss. Fribourg, Zürich 1986, S. 97 ff.)

BGE 126 III 115, E. 2a/bb; 113 II 246, E. 3­7 BGE 129 IV 121, E. 2.1; 122 IV 147, E. 3b; 122 IV 19, E. 2b; 121 IV 211, E. 2a SR 311.0 Peter Aebersold, Basler Kommentar Strafgesetzbuch II, Basel/Genf/München 2003, zu Art. 128, N 27 Gunther Arzt, Verfolgungsverzicht und Unterlassung der Nothilfe in: ZBJV 1991, S. 458 BGE 129 IV 121, E. 2.1; 122 IV 20, E. 2b/aa

6023

ausdrücklich verankert27. Dazu gehört insbesondere auch die Pflicht von Bergführern und -führerinnen, Schneesportlehrern und -lehrerinnen und anderen gewerbsmässigen Anbietern und Anbieterinnen von Risikoaktivitäten, sicherzustellen, dass entsprechend dem Schwierigkeitsgrad und der Gefahr einer Aktivität genügend Begleiter bzw. Begleiterinnen vorhanden sind28.

Angesichts der allgemeinen Nothilfepflicht nach Artikel 128 StGB sowie aufgrund der aus dem allgemeinen Gefahrensatz fliessenden Pflichten ist ein Bedürfnis nach Verankerung einer Rettungshilfepflicht für Bergführerinnen bzw. -führer, Schneesportlehrerinnen bzw. -lehrer und andere kommerzielle Anbieter bzw. Anbieterinnen von Risikoaktivitäten im Bundesgesetz nicht ersichtlich.

2.4

Richtlinien des Bundesamtes für Sport

Nach dem tragischen Unfall im Saxetbach (Berner Oberland), der am 27. Juli 1999 21 Personen das Leben kostete, hat das VBS bei den Kantonen und interessierten Verbänden eine Vernehmlassung über mögliche Massnahmen durchführen lassen. In den Antworten wurden vor allem einheitliche Ausbildungen verlangt, was den damaligen Departementsvorsteher bewog, das Bundesamt für Sport (BASPO) mit der Koordination der entsprechenden Arbeiten zu beauftragen. Gemeinsam mit den interessierten Fachverbänden wurde in der Folge unter der Führung des BASPO Richtlinien für das Canyoning für die Jahre 2000 und 2001 ausgearbeitet. Diese Richtlinien sahen eine zweistufige Ausbildung und regelmässige Weiterbildung der Canyoning-Guides vor. Die Richtlinien wurden danach überarbeitet und in eine definitive Form gebracht. Parallel dazu wurde ein Canyoning-Kodex erarbeitet, mit dem sich die Veranstalter verpflichteten, bei kommerziell durchgeführten Canyoning-Touren den Gästen grösstmögliche Sicherheit und Qualität anzubieten. Im Jahr 2002 wurden dann analoge Richtlinien auch für das Rafting ausgearbeitet. Den Richtlinien kommt keine rechtliche Verbindlichkeit zu, da entsprechende Rechtsgrundlagen auf Bundesebene fehlten. Ab 2007 wurden diese Richtlinien in erneuerter Form von einer überverbandlichen Fachkommission ohne Beteiligung des BASPO herausgegeben. Im Moment ist nicht abzusehen, ob und wann entsprechende Ausbildungen im Bereich Canyoning oder Rafting vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) als eigentliche Berufsausbildungen anerkannt werden.

2.5

Stiftung «Safety in adventures»

Im Nachgang zum tragischen Canyoningunglück im Saxetbach Mitte 1999 sowie dem Bungy-Jumping-Unfall in Stechelberg im Frühjahr 2000 wurden von verschiedenen Stellen Massnahmen gefordert, um das Sicherheitsrisiko bei Abenteuer-, Risiko- und Extremtätigkeiten in geeigneter Weise in Griff zu bekommen. Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern hat die Initiative ergriffen und in Zusammenarbeit mit interessierten Kreisen ein Konzept für mehr Sicherheit erarbeitet. Einbezogen waren andere Kantone, das BASPO, der Schweizerische Ver27 28

Vgl. Erläuterungen zu Art. 2 Vgl. Art. 2 Bst. f

6024

sicherungsverband, die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), die Tourismusbranche sowie die betroffenen Verbände. Die Vorarbeiten führten 2003 zur Gründung der Stiftung «Safety in adventures». Nebst den Kantonen Bern, Zürich und Basel Stadt, der SUVA und der bfu, dem Schweizer Tourismus-Verband, Schweiz Tourismus und den Branchenverbänden ist auch die Eidgenossenschaft Gründungsmitglied.

Die Stiftung29 setzt sich zum Ziel, die Sicherheit kommerziell angebotener Outdoorund Adventure-Aktivitäten wie Riverrafting, Canyoning usw. zu verbessern und den Standard mit dem Label «Safety in adventures» gegenüber der Öffentlichkeit zu dokumentieren. Die Stiftung hat die Schutzziele definiert und die Anforderungen an die Unternehmen festgelegt (dazu gehören alle sicherheitsrelevanten Anforderungen wie Ausbildung, Material und Abläufe). Interessierte Unternehmen können ihr Sicherheitskonzept von einer unabhängigen Stelle überprüfen lassen. Wird der verlangte Sicherheitsstandard eingehalten, dann verleiht die Stiftung ein jährlich zu erneuerndes Label. Ende 2008 waren 34 Betriebe aus sämtlichen Landesteilen zertifiziert, die deutlich mehr als 60 Prozent des Marktes an Outdoor-Aktivitäten abdecken. Die mit der Stiftung verbundene Zielsetzung, nämlich die Erhöhung des Sicherheitsstandards für Unternehmen, wird erreicht. Sämtliche gemeldeten Vorkommnisse werden mit ergänzenden Sicherheitshinweisen den zertifizierten Unternehmen zur Verfügung gestellt.

2.6

Weitere Diskussionspunkte der Kommission

Die Kommission befasste sich mit verschiedenen Aspekten, welche den Regelungsbereich tangieren und bei denen es angebracht sein könnte, eine gesetzliche Regelung vorzusehen.

2.6.1

Das professionelle Rettungswesen

Von der Nothilfepflicht nach Artikel 128 StGB und den aus dem allgemeinen Gefahrensatz fliessenden Pflichten zu unterscheiden ist die Organisation des professionellen Rettungswesens mit spezifischer Ausrüstung und Schulung des Rettungspersonals (wie z.B. im Fall sanitätspolizeilicher Dienste). Solche Rettungsorganisationen fallen in der Regel in die polizeiliche Zuständigkeit der Kantone (und Gemeinden). Es ist demnach Sache der Kantone, die diesbezüglichen Fragen zu regeln, insbesondere die Frage, ob und in welchem Rahmen Bergführerinnen und Bergführer oder Ärztinnen und Ärzte zur Mitwirkung in lokalen Rettungsdiensten verpflichtet werden sollen.

Tatsächlich wird das alpine Rettungswesen heute ausschliesslich vom Schweizerischen Alpenclub (SAC) betrieben, da einzig hier das notwendige Fachwissen zur Verfügung steht. Einzelne Sektionen des SAC stellen zusammen mit dem Zentralverband Rettungskolonnen auf und gewährleisten damit auch die Bergrettung. Der SAC hat mit den verschiedensten Kantonen Leistungsvereinbarungen geschlossen,

29

www.safetyinadventures.ch

6025

in denen im Detail geregelt wird, in welcher Form mit den zivilen Rettungskräften vor Ort zusammengearbeitet wird30.

Die Arbeit in der Rettungskolonne ist nicht ungefährlich und es braucht ein gut eingespieltes Team, um erfolgreich retten zu können. Rettungskolonnen müssen rasch einsetzbar sein und es können daher auch nur Leute eingesetzt werden, die in der unmittelbaren Nähe des jeweiligen Einsatzortes wohnen. Angesichts dieser Ausgangslage erscheint es sinnvoll, das alpine Rettungswesen weiterhin auf freiwilliger Basis zu belassen.

2.6.2

Keine Entschädigung für Nachteile, die sich aus der Leistung erster Hilfe durch die Tourenleiter bzw.

-leiterinnen gegenüber Dritten ergeben

Die Kommission ging der Frage nach, ob es eine Bestimmung braucht, die festhält, dass bei Nachteilen, die sich aus einer Rettungshilfe gegenüber Dritten ergeben, z.B.

vorzeitiger Abbruch der Tour, kein Anspruch auf eine Entschädigung besteht.

Das Verhältnis zwischen dem Bergführer oder der Bergführerin bzw. einem anderen kommerziellen Anbieter von Risikoaktivitäten und den Gästen ist privatrechtlicher Natur. In der Regel dürfte es sich dabei um ein Auftragsverhältnis31 handeln (und nicht um einen Werk- oder Arbeitsvertrag). Soweit der Vertrag keine besonderen Vereinbarungen enthält, sind die Regeln des Obligationenrechtes (OR; SR 220) heranzuziehen, für die hier zu diskutierende Situation namentlich die Artikel 97 und 119 OR. Daraus ergibt sich, dass die Verpflichtung der Bergführerinnen oder der Bergführer zur Durchführung der geplanten Tour erlischt, wenn die Durchführung durch Umstände, die sie nicht zu verantworten haben, unmöglich wird. Haben sie ihr Entgelt bereits erhalten, so richtet sich die Frage der Rückzahlung an die Gäste nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (Art. 62 ff. OR). Das Bedürfnis nach einer besonderen Regelung im Bundesgesetz erscheint daher nicht als ausgewiesen.

2.6.3

Verhältnis der Vorlage zum Binnenmarktgesetz

Das Bundesgericht interpretierte das Binnenmarktgesetz vom 6. Oktober 1995 (BGBM) in seiner bis am 30. Juni 2006 geltenden Fassung dahingehend, dass sich jemand, der sich zum Zweck der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit in einem anderen Kanton niederlassen will, nicht auf das BGBM bzw. auf das Recht auf freien Marktzugang aufgrund der Herkunftsvorschriften nach Artikel 2 Absatz 1 und 3 BGBM berufen kann32. Nach Auffassung des Bundesgerichts regelt das BGBM einzig die Rechtsstellung von auswärtigen Anbietern im interkantonalen Verhältnis.

Artikel 2 Absatz 1 und 3 BGBM erfassen mit anderen Worten nur grenzüberschrei30

31 32

Als Beispiel kann die Leistungsvereinbarung zwischen dem Regierungsrat des Kantons Nidwalden, dem Schweizerischen Alpenclub (SAC) und der Sektion Titlis des SAC gelten, die auf den 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. In dieser Vereinbarung ist detailliert geregelt, welche Leistungen die Sektion Titlis des SAC erbringt und in welcher Weise sie dafür entschädigt wird.

Art. 394 ff. des Obligationenrechtes (OR; SR 220) BGE 125 I 276

6026

tende Tätigkeiten (z.B. Versand eines Medikaments in den Kanton A durch eine Apotheke mit Niederlassung im Kanton B; Vornahme einer Leitungsinstallation im Kanton A durch ein Sanitärgeschäft mit Niederlassung im Kanton B).

Absicht der am 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Revision des BGBM33 ist es, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu korrigieren und das Recht auf freien Marktzugang auf die vom Bundesgericht ausgeschlossenen Personen auszudehnen. Zu diesem Zweck wird auf eine Neuformulierung von Artikel 2 Absatz 1 und 3 verzichtet und stattdessen die ergänzende Regelung von Artikel 2 Absatz 4 BGBM eingefügt. Eine Beschränkung dieses Rechts ist, wie in den Fällen von Artikel 2 Absatz 1 und 3, einzig nach Massgabe von Artikel 3 BGBM möglich.

Gemäss revidiertem Artikel 2 Absatz 4 BGBM hat «jede Person, die eine Erwerbstätigkeit rechtmässig ausübt, (...) das Recht, sich zwecks Ausübung dieser Tätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz niederzulassen und diese Tätigkeit unter Vorbehalt von Artikel 3 nach den Vorschriften des Ortes der Erstniederlassung auszuüben. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeit am Ort der Erstniederlassung aufgegeben wird. Die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften der Erstniederlassung obliegt den Behörden des Bestimmungsortes.» Der Verweis auf die Vorschriften des Ortes der Erstniederlassung bezieht sich ausschliesslich auf Vorschriften, welche die persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit umschreiben. Darunter fallen fachliche und/oder andere persönliche Anforderungen wie etwa ein guter Leumund. Nicht erfasst werden andere polizeilich motivierte Vorschriften, welche bspw. Sicherheitsleistungen wie den Abschluss einer Haftpflichtversicherung vorschreiben.

Die Voraussetzungen von Artikel 3 Absatz 1 BGBM müssen kumulativ erfüllt sein.

Den Nachweis hiefür hat die Behörde des Bestimmungsortes zu erbringen. Von praktischer Bedeutung ist dies insbesondere im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung.

Die Präzisierung in Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2, was als verhältnismässig gilt, ergibt sich aus der besonderen Bedeutung dieses Erfordernisses in einem System, wo der Marktzugang auf der gegenseitigen Anerkennung unterschiedlicher Marktzugangsregelungen beruht. Aus diesem Grund werden zur Stärkung des freien Marktzugangs die
Voraussetzungen an die Verhältnismässigkeit verschärft, indem die Behörden des Bestimmungsortes neu auch die am Herkunftsort erlangte berufliche Erfahrung berücksichtigen müssen (Art. 3 Abs. 2 Bst. d). Diesbezüglich wird auf eine Präzisierung der Dauer bewusst verzichtet, um den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht werden zu können.

Aufgrund dieser Ausführungen sind folgende Auswirkungen zu erwarten: ­

33

Konstellation Bewilligungspflicht im Herkunfts- und Bestimmungskanton: Die Schneesportlehrerin und der Schneesportlehrer resp. die Bergführerin und der Bergführer aus dem Herkunftskanton hat gestützt auf Artikel 2 Absatz 4 BGBM Anspruch auf freien Marktzugang. Allfällige Beschränkungen (in Form von Auflagen oder Bedingungen) richten sich nach Artikel 3 BGBM. Solche dürften nur dann in Frage kommen, wenn die Anforderungen an die Bewilligung des Herkunftsortes deutlich tiefer liegen als diejeÄnderung vom 16. Dezember 2005 des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt (AS 2006 2363 ff.); Botschaft des Bundesrates vom 24. November 2004 über die Änderung des Binnenmarktgesetzes (BBl 2005 465 ff.)

6027

nigen des Bestimmungsortes (Abs. 2 Bst. a) und die betreffende Person nur wenig praktische Erfahrung vorzuweisen hat (Abs. 2 Bst. d).

­

Konstellation keine Bewilligungspflicht im Herkunftskanton und Bewilligungspflicht im Bestimmungskanton: Die Schneesportlehrerin und der Schneesportlehrer resp. die Bergführerin und der Bergführer aus dem Herkunftskanton hat gestützt auf Artikel 2 Absatz 4 BGBM Anspruch auf freien Marktzugang. Allfällige Beschränkungen richten sich nach Artikel 3 BGBM. Solche dürften hier gerechtfertigt sein; dies insbesondere dann, wenn der Bestimmungskanton den eidg. Fachausweis verlangt und die betreffende Person nur über wenig praktische Erfahrung verfügt. Eine (verhältnismässige) Beschränkung des freien Marktzugangs könnte in diesem Fall darin bestehen, dass die betreffende Person mittels Auflage oder Bedingungen verpflichtet wird, bestimmte Module der Ausbildung für den Erhalt des Fachausweises zu absolvieren.

Mittlerweile hat das Bundesgericht im Fall einer Bündner Psychotherapeutin bereits wie erwartet entschieden (vgl. BGE 2C_15/2008 vom 13. Oktober 2008).

2.6.4

Verhältnis der Vorlage zum Abkommen über den freien Personenverkehr

Das Abkommen über den freien Personenverkehr verpflichtet die Vertragsparteien, ihren Arbeitsmarkt sämtlichen Bürgerinnen und Bürgern anderer Vertragsparteien zu öffnen. Sofern der empfangende Staat für einen bestimmten Beruf eine staatliche Bewilligungspflicht vorsieht, schafft ein Mechanismus zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsausübungsausweisen dem freien Personenverkehr Nachachtung.

Falls der empfangende Staat für die Ausübung eines bestimmten Berufs keine Bewilligung verlangt, so ist die entsprechende Berufsausübung ohne Einschränkungen möglich. Somit müssen Arbeitnehmende aus der EU (Europäische Union) und den EFTA-Staaten (Europäische Freihandelsassoziation) ihre Berufsausübungsausweise nicht anerkennen lassen, um ihren Beruf in der Schweiz auszuüben.

Das Abkommen über den freien Personenverkehr überlässt die Festlegung von Berufsausübungsvorschriften und die Bestimmung des Ausbildungsniveaus den Vertragsparteien. Jeder Vertragsstaat kann ohne Verletzung des Abkommens die Berufsausübung freier Berufe einer staatlichen Regelung unterwerfen oder reglementierte Berufe liberalisieren.

Zurzeit können Bergführerinnen bzw. -führer und Schneesportlehrerinnen bzw.

-lehrer aus EU/EFTA-Staaten in der Schweiz ihren Beruf ausüben, wenn sie die jeweils massgebenden kantonalen Anforderungen erfüllen. So benötigen sie, wenn sie in den Kantonen Graubünden und Waadt ihren Beruf ausüben wollen, eine Bestätigung vom BBT, wonach ihre Berufsausübungsausweise den schweizerischen Fachausweisen für Bergführerinnen und Bergführer resp. für Skilehrerinnen und Skilehrer gleichwertig sind. Für den Kanton Wallis müssen sie sich darüber hinaus von der zuständigen kantonalen Stelle bestätigen lassen, dass ihr Ausweis der kantonalen Ergänzungsprüfung gleichwertig ist. In allen andern Kantonen ist kein Nachweis der Gleichwertigkeit notwendig, weil das Bergführer- und Skilehrerwesen dort nicht staatlich reglementiert ist. Diese Kantone könnten aber selbstverständlich jederzeit eine Bewilligungspflicht einführen.

6028

Sollte die Gesetzesvorlage angenommen werden, müssten sich ausländische Bergführer und Bergführerinnen sowie Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen auf dem ganzen Gebiet der Schweiz die Gleichwertigkeit ihrer Berufsausübungsausweise vom BTT bestätigen lassen, bevor sie ihren Beruf ausüben dürften.

Sollte der Bund die Tätigkeit von Bergführerinnen resp. Bergführern und Schneesportlehrerinnen resp. Schneesportlehrern ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen regeln und für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit in der Schweiz eine Bewilligung verlangen, so würde dies voraussetzen, dass Angehörige von EU/EFTA-Staaten zur Berufsausübung zugelassen sind, wenn sie in ihrem Heimatstaat eine vergleichbare Ausbildung absolviert haben. Sollte die Ausbildung nicht dem Standard der eidgenössischen Fachausweise entsprechen, so könnte die Schweiz jedoch von ausländischen Bergführerinnen bzw.

-führern und Schneesportlehrerinnen bzw. -lehrern den Nachweis einer erfolgreichen Ergänzungsprüfung verlangen. Das Gesetz hätte demzufolge keine Auswirkung auf die Zulassung von ausländischen Arbeitskräften, würde aber die Qualität ihrer Ausbildung sicherstellen.

2.7

Rechtsvergleich

Was die Regelungen betreffend das Bergführerwesen und die Tätigkeit des Schneesportlehrers bzw. der Schneesportlehrerin sowie weiterer Risikoaktivitäten in den Nachbarstaaten der Schweiz betrifft, verweist die Kommission auf ihre Ausführungen zu Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien in ihrem Bericht vom 1. Dezember 200634.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Geltungsbereich

In Absatz 1 wird festgehalten, dass das Gesetz nur bei gewerbsmässigem Handeln zur Anwendung kommt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Haupterwerb oder nur eine gelegentliche Erwerbstätigkeit handelt. Wer demgegenüber privat, sei es allein oder in einer Gruppe, auf eigenes Risiko eine vom Gesetz geregelte Aktivität ausübt, fällt nicht unter den Geltungsbereich. Ebenfalls nicht vom Geltungsbereich des Gesetzes erfasst sind die Tourenleiter bzw. Tourenleiterinnen alpiner Vereinigungen wie zum Beispiel des SAC. Diese Personen erhalten zwar für ihre Tätigkeit ein Entgelt. Doch handelt es sich hierbei um eine symbolische Aufwandentschädigung, die in der Regel nur die Spesen deckt, weshalb in solchen Fällen die Gewerbsmässigkeit fehlt.

Das Gesetz regelt das Anbieten von bestimmten Aktivitäten, da bei diesen davon ausgegangen wird, dass ein erhöhtes Risiko- oder Gefahrenpotential besteht, weil sie sich in gebirgigem oder felsigem Gelände oder in Bach- oder Flussgebieten abspie34

BBl 2007 1497 ff.

6029

len, wo mit anschwellenden Wassermassen, mit Stein- bzw. Eisschlag oder mit Lawinen zu rechnen ist oder wo die Gefahr besteht, dass man abstürzt oder abrutscht. Unerheblich ist dabei, ob es sich um eine Naturgefahr handelt oder ob die Gefahr von Menschenhand (z.B. Wasserüberlauf bei Kraftwerken) geschaffen wurde. In jedem Fall verlangen die Aktivitäten besondere Kenntnisse oder besondere Sicherheitsvorkehrungen.

In Absatz 2 werden die Aktivitäten, die unter den Geltungsbereich des Gesetzes fallen, konkret bezeichnet. Die Bezeichnung ist für die heute gängigen Risikoaktivitäten im Gesetz selbst vorzunehmen, weil damit verbundene Bewilligungspflicht einen erheblichen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellt. Nebst der Tätigkeit als Bergführer resp. Bergführerin sollen auch die Schneesportlehrerinnen und -lehrer vom Geltungsbereich erfasst werden, sofern sie ihre Gäste ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen führen. Darüber hinaus ist vorgesehen, das gewerbsmässige Anbieten einzelner spezifischer Risikoaktivitäten wie Canyoning, River-Rafting und Wildwasserfahrten (darunter fallen z.B. auch Kanufahren, Hydrospeed und Fun-Jak) sowie Bungee-Jumping dem Gesetz zu unterstellen. Bei diesen Aktivitäten sind in den letzten Jahren schwere Unfälle vorgekommen.

In der Schweiz sind zahlreiche Schneesportlehrerinnen und -lehrer tätig. Nicht sämtliche Aktivitäten, die von diesen angeboten werden, sollen einer Bewilligungspflicht unterstehen. Bei Schneesportaktivitäten auf markierten Pisten lassen sich nämlich Naturgefahren nahezu ausschliessen und es bedarf auch keiner besonderen Kenntnisse oder Sicherheitsvorkehren. Eine Ausdehnung des Gesetzes auf sämtliche Schneesportaktivitäten, die auf und neben den Pisten ausgeübt werden, würde den diesem Gesetz zugrunde liegenden Risikobegriff verändern. Das Risiko ergäbe sich lediglich daraus, dass Schneesportaktivitäten auf Pisten ein gewisses Gefahrenpotential innewohnt. Wird dieser Ansatz konsequent verfolgt, müssten auch andere Aktivitäten wie z.B. Tauchen, Mountainbiken, Segeln oder Surfen dem Geltungsbereich des Gesetzes unterstellt werden. Beim Führen von Gästen auf markierten Pisten steht die Vermittlung der richtigen Technik und des korrekten Benehmens auf Skipisten im Vordergrund. Hierfür braucht ein
Schneesportlehrer oder eine Schneesportlehrerin keine staatliche Bewilligung. Eine Ausbildung, wie sie vom Verband Schneesport Schweiz «swiss snowsports» angeboten wird, ist ausreichend.

Als Abgrenzungskriterium für die Unterstellung unter den Geltungsbereich wird der Verantwortungsbereich von Skilift- und Seilbahnunternehmungen gewählt. Ausserhalb dieses Verantwortungsbereichs benötigen Schneesportlehrer und -lehrerinnen eine Bewilligung. Zur Abgrenzung des Verantwortungsbereichs sei auf die Richtlinien der Seilbahnen Schweiz35 und die Richtlinien für Anlage, Betrieb und Unterhalt von Schneesportabfahrten der Schweizerischen Kommission für Unfallverhütung auf Schneesportabfahren SKUS36 verwiesen. Diese Richtlinien werden schon heute in der Gerichtspraxis zur Bestimmung des Verantwortungsbereichs herangezogen37.

35 36 37

http://www.seilbahnen.org/dcs/users/6/Verkehrssicherungspflicht_06_d.pdf http://www.bfu.ch/PDFLib/1119_42.pdf Heinz Walter Mathys, Eigenverantwortlichkeit und Verkehrssicherungspflicht für Schneesportabfahrten, ZbJV 2008, 645 ff., insbesondere 651

6030

Im Bereich von Trendsportarten oder -aktivitäten ist eine stete Entwicklung zu beobachten. In den letzten Jahren haben sich bestehende Angebote verändert und neue Angebote entwickelt. Es ist daher angebracht, in Absatz 3 dem Bundesrat die Kompetenz einzuräumen, neue Aktivitäten im umschriebenen Gefahrenbereich dem Gesetz zu unterstellen oder Risikoaktivitäten ausserhalb dieses Bereichs vom Geltungsbereich des Gesetzes erfassen zu lassen, sofern diesen ein vergleichbares Gefährdungspotential zukommt.

Die Kommission hat ebenfalls geprüft, ob der Geltungsbereich nicht breiter zu fassen wäre und sich generell am Risiko bzw. an der Gefahr einer Aktivität orientieren sollte. Dies würde darauf hinauslaufen, im Gesetz sämtliche Aktivitäten zu erfassen, die gegebenenfalls risiko- oder gefahrenträchtig sein können (z.B.

Schneesport, Tauchen, Segeln, Surfen oder Motorsport). Dabei wären nur ausgewählte Aktivitäten einer Bewilligungspflicht unterstellt. Für die übrigen erfassten gewerbsmässig angebotenen Aktivitäten käme nur die Sorgfaltspflichten (Art. 2) zur Anwendung. Es hat sich jedoch gezeigt, dass bei diesem Ansatz die Umschreibung von Risiko und Gefahr in generell-abstrakter Weise nicht zu bewerkstelligen ist, ohne den Geltungsbereich des Gesetzes ins Uferlose auszudehnen.

Die Ausdehnung des Gesetzes auf sämtliche gewerbsmässig ausgeübte Aktivitäten, die mit einem gewissen Risiko behaftet sind, ist zudem auch deshalb nicht notwendig, als der allgemeine Gefahrensatz nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohnehin für sämtliche Risikoaktivitäten gilt. Nach dem allgemeinen Gefahrensatz verpflichtet nämlich die Schaffung einer Gefahr dazu, alle nach den Umständen erforderlichen Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, einen Unfall zu vermeiden. Mit der im vorliegenden Entwurf vorgeschlagenen Beschränkung des Gesetzes auf Aktivitäten, die der Bewilligungspflicht unterstellt werden, wird Übereinstimmung zwischen Geltungsbereich und Bewilligungspflicht hergestellt und damit einer einfachen und transparenten Lösung der Vorzug gegeben.

Art. 2

Sorgfaltspflichten

Die Einführung der Bewilligungspflicht38 soll dazu beitragen, Polizeigüter wie namentlich Leib und Leben präventiv vor den Gefahren und Risiken zu schützen, die mit den erfassten Aktivitäten verbunden sind. Im Gesetz sind daher materiell die Anforderungen an die Sicherheit umschrieben, die Anbieter und Anbieterinnen der Aktivitäten als Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung zu erfüllen haben.

Die vorliegende Umschreibung der Sicherheitsanforderung orientiert sich an der Gerichtspraxis zum allgemeinen Gefahrensatz und zählt insbesondere eine ganze Reihe von konkreten Pflichten auf, die in der Praxis zum allgemeinen Gefahrensatz entwickelt worden sind39. Da sämtlichen Aktivitäten ein im Vergleich zu «normalen» Aktivitäten erhöhtes Risikopotential innewohnt, werden die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten relativiert. Das heisst, es sind zum Schutz von Leben und Gesundheit der an den Aktivitäten teilnehmenden Personen nur jene Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig und dem Stand der Technik möglich sind.

Zudem müssen sie nach den gegebenen Verhältnissen angemessen sein. Damit wird verhindert, dass an die Anbieter und Anbieterinnen unerfüllbare Anforderungen gestellt werden.

38 39

Vgl. Art. 3 BGE 129 IV 119, BGE vom 7. Juni 1996 abgedruckt in: Pra 85/1986, Nr. 212 S. 817 und BGE 118 IV 130

6031

Die Sorgfaltspflichten werden zudem um die Dimension der Rücksicht auf Schutzanliegen der Natur und Umwelt erweitert (Abs. 2 Bst. g). Fachleute, welche sportliche Aktivitäten in der Natur leiten, sollen auf Natur, Fauna und Flora Rücksicht nehmen und letztlich auch ihre Kundschaft zu umweltfreundlichem Verhalten anhalten. Die Versicherungspflicht und die Informationspflicht (vgl. Art. 13) können in einem weiteren Sinn auch zu den Anforderungen an die sorgfältige Ausübung der Risikoaktivitäten gezählt werden. Sie werden aber in Art. 2 nicht aufgeführt, da sie nicht zu den Konkretisierungen des Gefahrensatzes gehören, die die Rechtsprechung entwickelt hat.

3.2

2. Abschnitt: Bewilligung

Art. 3

Bewilligungspflicht

Der Geltungsbereich des Gesetzes umfasst zwei Kategorien kommerziell angebotener Aktivitäten: einerseits die bereits erwähnten Risikoaktivitäten und zwar unabhängig vom jeweiligen Anbieter, andererseits die Aktivitäten unter der Leitung von Bergführerinnen und Bergführern sowie das Führen von Gästen ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen durch Schneesportlehrerinnen und -lehrer.

Sämtliche Anbieter und Anbieterinnen benötigen eine Bewilligung zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Damit Bergführerinnen bzw. Bergführer und Schneesportlehrerinnen bzw. -lehrer eine Bewilligung erhalten, müssen sie unter anderem über einen eidgenössischen Fachausweis verfügen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1). Für das Anbieten der andern Risikoaktivitäten ist dieser Weg nicht möglich. Es gibt keine eidgenössischen Fachausweise für das Anbieten dieser Risikoaktivitäten und es wird diese auch auf absehbare Zeit nicht geben. Der Gesetzesentwurf ist vergleichbar mit dem System, welches im Rahmen des Reisendengewerbegesetzes40 für die Kontrolle von Schaustellern und Zirkusbetreibern gewählt wurde. Die Anbieter von Risikoaktivitäten müssen ­ genau gleich wie Bergführerinnen resp. Bergführer und Schneesportlehrerinnen resp. Schneesportlehrer ­ Gewähr für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten bieten. Da nicht auf das Vorliegen eines eidgenössischen Fachausweises abgestellt werden kann, müssen sie sich zudem zertifizieren lassen (Art. 6 Abs. 1).

Der Bundesrat wird auf Verordnungsstufe die nötigen Regelungen erlassen; es wird ihm hierzu die Kompetenz eingeräumt, die Mindestanforderungen an die Ausübung der betreffenden Aktivitäten zu regeln (Art. 6 Abs. 2). Dabei ist nach diesem Regelungskonzept klar, dass der Bundesrat nicht selbst die Anforderungen im Einzelnen festlegen wird, sondern vielmehr die Art und Weise, wie der Nachweis der Sicherheit erbracht werden kann, nämlich mittels Zertifikaten. Das Zertifikat ist demnach eine der Voraussetzungen, um eine Bewilligung zu erhalten. Die Aufsicht der öffentlichen Hand beschränkt sich auf die Kontrolle, ob ein Zertifikat vorliegt.

Zertifikate sollen von akkreditierten Zertifizierungsstellen ausgestellt werden. Eine solche Zertifizierungsstelle prüft das Sicherheitskonzept des Anbieters (sicherheitsrelevante Anforderungen wie Ausbildung,
Material und Abläufe) nach dem aktuellen Stand der Technik. Der Bundesrat wird so hauptsächlich die Anforderungen an Zertifizierungsstellen und die Aufgaben, die diese Stellen im Einzelnen wahrzuneh40

SR 943.1

6032

men haben, regeln. Er wird in der Verordnung die Anforderungen, welche nach dem Stand der Technik theoretisch denkbar wären, nicht zu hoch ansetzen dürfen.

Ansonsten würde nämlich eine Zertifizierung praktisch verunmöglicht. Personen, die an Risikoaktivitäten im Sinne des Gesetzesentwurfs teilnehmen, sind definitionsgemäss bereit, ein gewisses Risiko einzugehen. Entscheidend ist, dass dieses letztlich kalkulierbar bleibt.

Das Gesetz umschreibt sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung abschliessend und überlässt den Vollzug den Kantonen. Die Kantone ihrerseits können für die in diesem Gesetz geregelten Aktivitäten keine weitergehenden Anforderungen stellen. Es ist ihnen hingegen unbenommen, für das jeweilige kantonale Territorium zum Beispiel aus gewerbe- oder gesundheitspolizeilichen Überlegungen, weitere Regeln zu erlassen, sofern diese nicht den gleichen Regelungsgegenstand wie der vorliegende Erlass umfassen. So steht es Ihnen ­ unter Vorbehalt nationaler oder internationaler Vorschriften ­ etwa frei, von sämtlichen Schneesportlehrerinnen oder -lehrern eine gewerbepolizeiliche Bewilligung zu verlangen.

Bei den Bergführern und Bergführerinnen wird davon abgesehen, ein eidgenössisches Berufsregister zu schaffen. Ein eidgenössisches Register würde auch auf Stufe Bund eine Vollzugsinstanz bedingen. Dieser Aufwand rechtfertigt sich nicht. Für die notwendige Transparenz wird die Konkurrenz zwischen den einzelnen Anbietern und Anbieterinnen sorgen sowie die Tatsache, dass Gäste jederzeit die Möglichkeit haben, bei den Kantonen Auskunft darüber zu verlangen, ob eine bestimmte Person tatsächlich über die Bewilligung verfügt, die sie zu haben behauptet (Art. 12).

Art.4

Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen

Es ist nicht Sache dieses Gesetzes, die fachlichen Anforderungen an die Bergführer und Bergführerinnen im Detail zu regeln. Mit dem eidgenössischen Fachausweis existiert ein Dokument, das sich über deren fachliche Befähigung ausspricht. Der Fachausweis oder ein gleichwertiger Fähigkeitsausweis wird denn auch zur Voraussetzung gemacht, um eine Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde zu erhalten (Abs. 1 Bst. a). Bei der Beurteilung der Gewähr prüft die zuständige kantonale Behörde, ob der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin Aussicht auf die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bietet (Abs. 1 Bst. b). Die Gewähr muss in jenen Fällen verneint und die Bewilligung verweigert werden, in denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin die im Gesetz verankerten Pflichten nicht einhalten wird. Die Beurteilung der Gewähr vor der erstmaligen Aufnahme der bewilligungspflichtigen Aktivität ist dabei zwangsläufig hypothetischer Natur.

Zu den Pflichten nach diesem Gesetz gehören auch die Versicherungs- und Informationspflicht (vgl. Art. 13). Im neuen Entwurf soll es im Unterschied zum Entwurf vom 1. Dezember 2006 (vgl. BBl 2007 1497 ff.) nicht mehr zu den Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung gehören, ob eine Haftpflichtversicherung besteht oder eine gleichwertige finanzielle Sicherheit vorliegt. Diese Änderung geht auf Kritik der Versicherungswirtschaft zurück, die befürchtete, im Konzept des früheren Entwurfs mit dem Entscheid über den (Nicht-) Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur "Richterin" über die Bewilligungserteilung zu werden. Die Änderung lehnt sich an das Regelungskonzept des Medizinalberufe- und des Anwaltsgesetzes an. Es stellt nun allenfalls einen Grund für den Entzug der Bewilligung dar, wenn die Bewilligungsbehörde erfährt, dass ein Bewilligungsinhaber oder eine Bewilligung6033

sinhaberin keine Versicherung hat bzw. über keine gleichwertige Sicherheit verfügt (s. Ausführungen zu Art. 10). Nur in ganz besonderen Fällen könnte die Haftpflichtversicherung bzw. die Sicherheit bereits bei der Bewilligungserteilung eine Rolle spielen. Steht schon a priori fest, dass ein Gesuchsteller oder eine Gesuchstellerin etwa aufgrund früherer Schadenfälle keine Versicherung erhalten wird und beispielsweise aufgrund eines Konkurses auch keine gleichwertige Sicherheit leisten können wird, so muss die Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz verneint und die Bewilligung darf gar nicht erst erteilt werden.

Gemäss Absatz 2 Buchstabe a kommt dem Bundesrat auch die Kompetenz zu, in der Verordnung die Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit der Ausweise festzulegen.

Es sollen nach dem Wortlaut der Delegationsnorm nicht die einzelnen Ausweise aufgezählt werden. Vorgesehen ist vielmehr, dass in generell-abstrakter Weise die Voraussetzungen aufgezählt werden, damit ein in- oder ausländischer Fähigkeitsausweis dem Fachausweis gleichwertig ist. Die Kantone müssen sich bei der Erteilung der Bewilligung an diese bundesrechtlichen Vorgaben halten.

Der Bundesrat wird in der Verordnung regeln, welche Risikoaktivitäten Bergführer und Bergführerinnen auch als Einzelpersonen anbieten dürfen (Abs. 2 Bst. b), wobei es sich hier um Zusatzaktivitäten zur jeweiligen Stammaktivität handelt. Aktuell wird es sich ausschliesslich um Canyoning handeln, das mit einer entsprechenden Zusatzausbildung angeboten werden darf.

Art. 5

Bewilligung für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen

Wer heute einen Schneesportlehrer oder eine Schneesportlehrerin engagiert, will häufig auch Abfahrten ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen bestreiten. Sofern sich solche Abfahrten noch im Verantwortungsbereich von Betreibern von Skilift- oder Seilbahnanlagen befinden, bedarf es keiner besondern Bewilligung. Ausserhalb dieses Perimeters sind aber solche Abfahrten mit ähnlichen Gefahren verbunden wie Aktivitäten, die von Bergführerinnen und Bergführern angeboten werden. Es rechtfertigt sich daher, für das gewerbsmässige Anbieten von Abfahrten ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Skilift- oder Seilbahnanlagen eine Bewilligung zu verlangen. Diese wird nach den genau gleichen Kriterien erteilt wie für die Bergführer und Bergführerinnen.

Das Gesetz regelt nicht die fachlichen Anforderungen an die Schneesportlehrerinnen und -lehrer. Gleich wie bei den Bergführerinnen und -führern ist vorgesehen, dass sie über einen eidgenössischen Fachausweis oder einen gleichwertigen in- oder ausländischen Fähigkeitsausweis verfügen müssen. Um zur eidgenössischen Fachprüfung zugelassen zu werden, müssen Schneesportlehrer sich über das Bestehen eines Lawinenkurses ausweisen können. Es versteht sich von selbst, dass sich Schneesportlehrer auf Abfahrten ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Skiliftoder Seilbahnanlagen einer gewissen Selbstbeschränkung unterziehen müssen. Es dürfen ausschliesslich Aktivitäten angeboten werden, die keine alpintechnischen Kenntnisse verlangen, weil bei der Ausbildung ­ abgesehen vom Lawinenkurs ­ keine weiteren Befähigungen für die Bewältigung der Anforderungen des Hochgebirges vermittelt werden.

6034

Art. 6

Bewilligung für Anbieter von Aktivitäten nach Art. 1 Abs. 2 Bst. c­e

Während bei den Bergführern bzw. Bergführerinnen und Schneesportlehrern bzw.

Schneesportlehrerinnen für die Erteilung einer Bewilligung unter anderem auf das Vorliegen eines Fachausweises abgestellt werden kann, ist dies bei den Anbietern der übrigen Risikoaktivitäten, die diesem Gesetz unterstellt sind, nicht möglich41.

Die meisten Aktivitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschliesslich oder zumindest überwiegend durch Unternehmen erbracht werden (einzige Ausnahme stellt aktuell das Canyoning dar, das auch von hierzu speziell ausgebildeten Bergführern oder Bergführerinnen angeboten wird). Das heisst, für die Durchführung einer Aktivität ist nicht eine Person alleine, sondern je nach Aktivität sind verschiedene Personen in verschiedenen hierarchischen Positionen des Unternehmens verantwortlich. So werden an einer Aktivität interessierte Personen durch verschiedene Personen betreut und es ist entscheidend, durch die Gestaltung der Betriebsabläufe ein möglichst hohes Mass an Sicherheit zu erreichen. Kommt dazu, dass zwar für die einzelnen Aktivitäten mittlerweile Ausbildungsgänge existieren und auch Bestrebungen im Gang sind, diese durch das BBT als Berufsbildung anerkennen zu lassen.

Kein Ausbildungsgang befähigt aber derzeit die Absolventen, ohne Beizug weiterer Spezialisten oder Spezialistinnen ein Angebot mit den erstrebenswerten Sicherheitsstandards durchzuführen.

Um dieser spezifischen Situation gerecht zu werden, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Anbieter von Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e sich zertifizieren lassen müssen (Abs. 1 Bst. a). Die Einzelheiten sollen nicht auf Gesetzesstufe geregelt werden. Nach Absatz 2 kommt dem Bundesrat die Kompetenz zu, die minimalen Anforderungen an die Sicherheit zu regeln. Er hat insbesondere auch sicherzustellen, dass sich die Sicherheitsanforderungen in einem zumutbaren Rahmen bewegen und nicht so hoch angesetzt werden, dass die Ausübung der Aktivitäten verunmöglicht wird.

Auch der Bundesrat wird jedoch in der Verordnung die Sicherheitsanforderungen nicht im Detail regeln. Er wird sich vielmehr auf vorhandene Strukturen im Bereich der Zertifizierung von Dienstleistungen hinsichtlich der Konformität mit Sicherheitsanforderungen stützen. Die Details der Sicherheitsanforderungen werden ­ in dem durch Gesetz und Verordnung
definierten Rahmen ­ von den Zertifizierungsstellen definiert. Dieses Vorgehen lehnt sich an die Regelung an, wie sie das Bundesgesetz über das Gewerbe der Reisenden für das Schaustellergewerbe und Zirkusse kennt. Im Rahmen der Zertifizierung werden vor allem die Prozesse, Betriebsabläufe, das verwendete Material sowie die Aus- und Weiterbildung der konkret bei der Durchführung von Aktivitäten eingesetzen Personen überprüft. Die Stiftung «Safety in adventures» erteilt z.B. Qualitätslabels an Unternehmen, die sich vorgängig einem entsprechenden Zertifizierungsverfahren unterworfen haben, das von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Managementsysteme SQS durchgeführt wird42.

Um die Qualität von Zertifizierungsstellen zu gewährleisten, wird der Bundesrat in der Verordnung vorsehen, dass diese akkreditiert sein müssen. Akkreditierung bedeutet dabei die Anerkennung der Fachkompetenz einer Zertifizierungsstelle zur Erteilung von Zertifikaten in einem bestimmten Bereich. In der Schweiz werden

41 42

Vgl. Erläuterungen zu Art. 3 Vgl. Ziff. 2.5

6035

Akkreditierungen namentlich durch die Schweizerische Akkreditierungsstelle erteilt, welche dem Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung angegliedert ist43.

Die Anbieter und Anbieterinnen müssen zudem auch Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten (Abs. 1 Bst. b). Dazu sei auf die Ausführungen zu den Bergführern und Bergführerinnen verwiesen.

Art. 7

Erteilung und Erneuerung der Bewilligung

Sind die materiellen und formellen Voraussetzungen der Artikel 4, 5 und 6 erfüllt, so erteilt die zuständige kantonale Behörde am Wohnsitz oder Sitz des Bewerbers die Bewilligung (Abs. 1). Für Kantone, die bereits heute Bewilligungen vorsehen, werden aller Voraussicht nach die bisherigen Bewilligungsbehörden weiter funktionieren. Alle anderen Kantone müssen die zuständigen Behörden neu festlegen.

In Absatz 3 wird festgehalten, dass sich Bergführer und Bergführerinnen resp.

Schneesportlehrerinnen und -lehrer für eine Erneuerung ihrer Bewilligung über den Besuch einer angemessenen Weiterbildung ausweisen müssen. In der Regel verlangen bereits die jeweiligen Berufsverbände, dass in periodischen Abständen eine Weiterbildung zu absolvieren ist. Der Bundesrat wird sich daher in der Verordnung darauf beschränken, diese Weiterbildungsangebote als angemessen zu bezeichnen.

In der Verordnung wird auch zu regeln sein, dass in jenen Fällen, in denen zwischen Erwerb eines Fähigkeitsausweises und dem erstmaligen Ersuchen um eine Bewilligung längere Zeit vergeht, die kantonale Behörde vom Gesuchsteller resp. der Gesuchstellerin bereits bei der erstmaligen Erteilung einer Bewilligung den Nachweis einer angemessenen Weiterbildung verlangen kann.

Die Einzelheiten der Bewilligung, insbesondere jene über ihre Erteilung und Erneuerung, sind auf Verordnungsstufe festzulegen (Abs. 4). Die Bewilligungen sollen nach einem einheitlichen Muster ausgestellt werden. Ebenfalls auf Verordnungsstufe wird festgelegt, wo die gesuchstellende Person ihr Gesuch einzureichen hat. Dies dürfte für Unternehmen der Sitzkanton, für natürliche Personen der Wohnsitzkanton und für vom Ausland aus ihre Aktivitäten ausübende Personen der Kanton der ersten Tätigkeitsaufnahme sein. Der Absatz schafft zudem die Grundlage, Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland, die nur für eine beschränkte Zeit in die Schweiz einreisen, um hier ihre Aktivitäten auszuüben, eine Bewilligung mit kürzerer Geltungsdauer abzugeben. Es wird dabei an Anbieter oder Anbieterinnen gedacht, die in der Schweiz Kundschaft anwerben wollen. Wenn ein ausländischer Bergführer oder eine ausländische Schneesportlehrerin oder ein ausländisches Unternehmen mit ausländischen Gästen für die Durchführung einer bestimmten Aktivität in die Schweiz einreist, dann rechtfertigt
sich die Erteilung einer Bewilligung mit kürzerer Geltungsdauer nicht. Der Aufwand für die Kontrolle wäre unverhältnismässig gross. Hingegen finden die Bestimmungen des Gesetzes auch auf diese ausländischen Personen oder Unternehmen Anwendung. Das heisst, ein Bergführer resp. eine Bergführerin oder ein Schneesportlehrer resp. eine Schneesportlehrerin muss die Sorgfaltspflichten einhalten und über einen Fähigkeitsausweis verfügen; das Unternehmen muss Gewähr für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten

43

Vgl. zum System der Akkreditierung: Art. 10 des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse, SR 946.51, sowie die Verordnung über das schweizerische Akkreditierungssystem und die Bezeichnung von Prüf-, Konformitätsbewertungs-, Anmelde- und Zulassungsstellen, SR 946.512

6036

bieten. Der Bundesrat wird in der Verordnung die Kriterien festlegen, gemäss welchen auf die Ausstellung einer Bewilligung verzichtet werden kann.

Art. 8

Wirksamkeit der Bewilligung

Abs. 1 stellt klar, welche Tragweite die angestrebte bundesrechtliche Vereinheitlichung der Bewilligungspflicht in räumlicher Hinsicht haben soll. Die Bewilligung soll, obschon von den Kantonen erteilt, nicht nur für das jeweilige Kantonsgebiet gelten. Sie ermächtigt vielmehr zur Ausübung der im Gesetz geregelten Aktivitäten auf dem ganzen Gebiet der Schweiz.

Die Bewilligung für Bergführerinnen und Bergführer sowie für Schneesportlehrerinnen und -lehrer ist persönlich und nicht übertragbar (Abs. 2), diejenige für Betriebe wird dem jeweiligen Betrieb erteilt. Mittels regelmässiger Audits im Rahmen des Zertifizierungsprozesses wird sichergestellt, dass die für den Betrieb verantwortlichen Personen über die notwendigen Qualifikationen verfügen.

In Absatz 3 wird ein Vorbehalt zu Gunsten der kantonalen Zuständigkeit für die Kontrolle von Bau und Betrieb von stationären Einrichtungen gemacht, die im Zusammenhang mit den Risikoaktivitäten im Sinne dieses Gesetzes stehen. Hier ist vor allem an die baupolizeiliche Überprüfung von Klettersteigen oder Hochseilgärten zu denken. Da diese nach der geltenden Kompetenzordnung in die kantonale Zuständigkeit fällt, handelt es sich um einen deklaratorischen Vorbehalt. Er rechtfertigt sich insofern, als damit die Kantone daran erinnert werden, dass auch solche stationären Anlagen auf ihre Sicherheit hin überprüft werden müssten.

Art. 9

Geltungsdauer der Bewilligung

Die Bewilligungen für Bergführerinnen und Bergführer resp. Schneesportlehrerinnen oder -lehrer sollen eine Gültigkeitsdauer von vier Jahren haben. Diese Dauer lässt sich angesichts der vorgesehenen Bewilligungsvoraussetzungen rechtfertigen (Fachausweis). Zudem besteht immer auch die Möglichkeit des Bewilligungsentzugs.

Bei den Betrieben verhält sich die Situation anders. Zertifiziert werden vor allem die Prozesse und im Rahmen dieser Prozesse die jeweils verantwortlichen Personen. Da diesbezüglich erfahrungsgemäss mit mehr Änderungen gerechnet werden muss, ist durch regelmässige Audits sicherzustellen, dass die Sicherheit des Angebotes gewährleistet bleibt. Solche Audits müssen ­ um wirksam zu sein ­ in einem Abstand von höchstens zwei Jahren durchgeführt werden. Es rechtfertigt sich daher auch, die Bewilligungsdauer auf zwei Jahre festzusetzen.

Für Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland ist eine Bewilligung mit kürzerer Geltungsdauer vorgesehen44.

Art. 10

Entzug der Bewilligung

Artikel 10 umschreibt die Voraussetzungen, unter denen eine einmal erteilte Bewilligung entzogen wird. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn keine Gewähr für eine ordnungsgemässe Ausübung der jeweiligen Aktivitäten mehr besteht, also etwa bei schweren Verfehlungen der Bewilligungsinhaber oder -inhaberinnen. Übt bei44

Vgl. Erläuterungen zu Art. 7

6037

spielsweise ein Bewilligungsinhaber oder eine Bewilligungsinhaberin seine bzw.

ihre Tätigkeit ohne die nötige Haftpflichtversicherung bzw. ohne eine gleichwertige Sicherheit aus, so kann auch dies Grund für den Entzug der Bewilligung sein.

Der Bewilligungsentzug ist die schwerste aufsichtsrechtliche Massnahme. Das Gesetz beschränkt sich darauf, explizit nur diese Massnahme zu nennen. Es versteht sich aber von selbst, dass die kantonalen Vollzugsorgane bei aufsichtsrechtlichen Interventionen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten haben. Für den Fall, dass der ordnungsgemässe Zustand auch durch Massnahmen wieder hergestellt werden kann, die milder als der Bewilligungsentzug sind, ist daher den milderen Massnahmen der Vorzug zu geben. Zu denken ist beispielsweise an die Anordnung zusätzlicher Ausbildung oder an die Anweisung an ein Unternehmen, einen nicht geeigneten Mitarbeiter nicht mehr einzusetzen. Besteht die Aussicht, dass ein Bewilligungsinhaber oder eine Bewilligungsinhaberin, welche nicht über eine Haftpflichtversicherung oder eine gleichwertige Sicherheit verfügen, noch eine Versicherung abschliessen oder eine Sicherheit beschaffen können, so kann es verhältnismässig sein, dass die Bewilligungsbehörde sie vor dem Bewilligungsentzug auffordert, die Versicherung abzuschliessen oder die Sicherheit zu leisten.

Art. 11

Gebühren

Bei der vorliegenden Gebühr handelt es sich um das Entgelt für die Erteilung, die Erneuerung oder den Entzug der Bewilligung. Im Zuge der bundesrechtlichen Vereinheitlichung der Bewilligungsanforderungen für das Anbieten von Risikoaktivitäten erscheint es auch geboten, die Gebühren für die Bewilligung landesweit einheitlich zu regeln. Der Kreis der Abgabepflichtigen ergibt sich aus dem Gesetz; es sind die Bergführer und -führerinnen, die Schneesportlehrer und -lehrerinnen sowie die Unternehmen, die eine diesem Gesetz unterstellte Aktivität anbieten.

Absatz 2 ermächtigt den Bundesrat, die Höhe der für die Bewilligung zu erhebenden Gebühr festzulegen. Bei der Bemessung der Höhe der Gebühr ist insbesondere das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip zu beachten. Die Gebühren sind so festzusetzen, dass sie den tatsächlichen Aufwand der Bewilligungserteilung durch die Kantone nicht übersteigen. Die Gebühr für die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Bewilligung wird im Übrigen von den kantonalen Abgabestellen erhoben.

Gemäss Lehre und Rechtsprechung45 ist dem Legalitätsprinzip Genüge getan, wenn ­ wie vorliegend ­ auf Stufe des formellen Gesetzes die Kompetenz zur Abgabeerhebung erwähnt wird, da es sich um eine kostenabhängige Kausalabgabe handelt, die der Überprüfung durch das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip unterliegt.

Art. 12

Auskunft

Die zuständige kantonale Stelle kann Dritten auf Anfrage mitteilen, ob eine bestimmte Person oder eine Unternehmung über die von ihr behauptete Bewilligung verfügt. Dritte müssen hierfür kein berechtigtes Interesse geltend machen.

45

BGE 131 II 735 ff., E. 3.2; 125 I 173 ff., E. 9

6038

3.3

3. Abschnitt: Versicherungs- und Informationspflicht

Art.13 Der Gesetzeszweck dient einem verbesserten Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten. Als ein Kernelement dieses Schutzes ist auch eine ausreichende finanzielle Sicherheit in einem Schadensfall zu bezeichnen. Diese Verpflichtung wird im Gesetz ausserhalb der Bewilligungspflicht umschrieben. Damit prüft die Bewilligungsinstanz bei der Erteilung einer Bewilligung nicht, ob ein ausreichender Versicherungsschutz gegeben ist. Der Schutz der Kundschaft wird dadurch gewährleistet, dass Bergführer oder Bergführerinnen, Schnessportlehrer und Schneesportlehrerinnen sowie Anbieter von Risikoaktivitäten ihre Gäste über das Vorhandensein einer Haftpflichtversicherung resp. das Vorliegen gleichwertiger finanzieller Sicherheiten informieren müssen. Gäste können somit bei keiner oder mangelnder Versicherungsdeckung im Vorfeld einer Aktivität entscheiden, ob sie die betreffenden Personen oder Unternehmen trotzdem engagieren wollen. Eine entsprechende Pflicht kann beispielsweise durch einen Verweis im Vertragsformular erfüllt werden. Damit wird der Kundschaft erspart, sich selbst nach dem Bestehen einer Versicherung oder ausreichender anderweitiger finanzieller Sicherheiten erkundigen zu müssen.

Eine strafrechtliche Sanktion der Verletzung der Informationspflicht ist nicht vorgesehen und unnötig. Erfährt die Bewilligungsbehörde, dass Bewilligungsinhaber ohne Versicherung oder ohne Sicherheit tätig sind, so fordert sie diese auf, eine Versicherung abzuschliessen oder eine Sicherheit nachzuweisen. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, so muss die Bewilligung entzogen werden. Sind Bewilligungsinhaber ohne Versicherung oder Sicherheit tätig, passiert ein Unfall und haben Bewilligungsinhaber Sorgfaltspflichten verletzt, so können sie dafür straf- und zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden. Hat sich ein Bewilligungsinhaber oder eine Bewilligungsinhaberin strafbar gemacht, z.B. wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Gefährdung des Lebens, so würde die zusätzliche Bestrafung mit einer Busse wegen fehlender Versicherung kaum ins Gewicht fallen. Falls er zivilrechtlich zwar haftet, aber mangels Versicherung den Schaden nicht decken kann, so muss sich der Geschädigte damit begnügen, dass der Bewilligungsinhaber bestraft wird. Hat er sich aber nicht wegen eines Delikts nach Strafgesetzbuch strafbar gemacht,
so erscheint die blosse Bestrafung mit einer Busse wegen fehlender Versicherung wenig verhältnismässig. Letztlich lassen sich gewisse unbefriedigende Situationen mit keiner rechtlichen Norm völlig verhindern.

Gemäss Absatz 2 legt der Bundesrat die Mindesthöhe der Versicherungssumme fest.

Kantone mit einer Regelung des Bergführerwesens sehen zurzeit eine Versicherung für Haftpflichtsummen zwischen 5 und 10 Millionen Franken vor. Es ist in Anbetracht der Rechtsgüter, die zur Disposition stehen, davon auszugehen, dass die Mindestsumme für die Haftpflichtversicherung bei 10 Millionen Franken liegen dürfte.

Dabei wird zu beachten sein, dass die Höhe der Mindestsumme einen erheblichen Einfluss auf die Bereitschaft der Versicherer hat, die Risiken zu erschwinglichen Prämien abzusichern. An Stelle einer ausreichenden Haftpflichtversicherung kann auch der Nachweis über eine gleichwertige finanzielle Sicherheit erbracht werden.

Da kein Kontrahierungszwang auf Seite der Versicherungen besteht, erlaubt diese Möglichkeit auch dann die entsprechenden Aktivitäten anzubieten, wenn sich kein Sachversicherer bereit erklären sollte, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen.

Die Gleichwertigkeit der finanziellen Sicherheit wird sich an der vom Bundesrat

6039

festzulegenden Mindesthöhe der Haftpflichtsumme orientieren. Der Bundesrat wird auch hier die Einzelheiten in der Verordnung regeln.

Mit 17 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung hat die Kommission den Vorschlag verworfen, in Absatz 2 den Bundesrat damit zu beauftragen, die Art und Weise einer geeigneten Information der Kunden und Kundinnen zu regeln. Nach der Auffassung der Mehrheit der Kommission könnte der Bundesrat ausschliesslich die Schriftlichkeit für eine solche Information vorsehen. Eine solche Vorschrift wäre nach Auffassung der Mehrheit unnötig bürokratisch, da z.B. die Abmachungen zwischen Bergführern und Bergführerinnen und deren Gästen auf gegenseitigem Vertrauen beruhen und häufig mündlich abgeschlossen werden. Die Minderheit ist demgegenüber der Auffassung, dass die Information der Konsumentinnen und Konsumenten eine zentrale Voraussetzung darstellt und das beste Mittel für eine effiziente Kontrolle ist. Eine solche Information könne sowohl mündlich als auch im Rahmen der Werbung erfolgen; die Form des schriftlichen Vertrags sei nur eine von mehreren Möglichkeiten.

Nicht weiter verfolgt wird die Idee, von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an einer dem Gesetz unterstellten Aktivität eine Unfallversicherung zu verlangen. Für Personen aus der Schweiz erübrigt sich eine Verischerungsdeckung. Die von der Bewilligungspflicht erfassten Aktivitäten gehören nicht zu den Wagnissen, deren Deckung von der SUVA und den andern Unfallversichern ausgeschlossen wird. Es ist daher in der Regel davon auszugehen, dass die jeweilige Unfallversicherung für Schäden vollumfänglich aufkommen würde. Etwas anders sieht es bei ausländischen Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus. In vielen Fällen fehlt ein vergleichbarer Versicherungsschutz. Die Einführung einer kollektiven Unfallversicherung ausschliesslich für den Bereich der dem Gesetz unterstellten Aktivitäten würde jedoch zu exorbitant hohen Versicherungsprämien führen, was letztlich die Durchführung von entsprechenden Aktivitäten verunmöglichen könnte.

3.4

4. Abschnitt: Kantonale Einschränkungen für den Zugang zu bestimmten Gebieten

Art. 14 Das Gesetz räumt den Kantonen die Möglichkeit ein, namentlich aus Gründen des Natur- oder Heimatschutzes die gewerbsmässige Begehung bestimmter Gebiete oder Wasserläufe zu verbieten. Dieser Hinweis ist im Prinzip deklaratorischer Natur, da entsprechende Verbote bereits gestützt auf die geltende Natur- und Umweltschutzgesetzgebung erlassen werden könnten. Es erscheint jedoch sinnvoll, im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetz daran zu erinnern. Es versteht sich von selbst, dass der Inhaber einer Bewilligung keinen Rechtsanspruch auf die Ausübung einer Aktivität in allen Gebieten ableiten kann.

6040

3.5

5. Abschnitt: Strafbestimmungen

Art. 15

Übertretungen

Widerhandlungen gegen die Bestimmungen des Bundesgesetzes sind als Übertretungen ausgestaltet. Die Strafandrohung ist Busse bis 10 000 Franken. Diese Bussenhöhe rechtfertigt sich in Anbetracht der zur Disposition stehenden Rechtsgüter aus präventiven Gründen, um die Ausübung einer dem Gesetz unterstellten Aktivität ohne Bewilligung unattraktiv zu machen. Als Straftatbestände figurieren die Erschleichung einer Bewilligung durch unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben (Bst. a) oder die Ausübung der Tätigkeit als Bergführerin oder Bergführer resp. Schneesportlehrerin oder Schneesportlehrer oder das Anbieten einer Risikoaktivität nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e ohne Bewilligung (Bst. b).

Art. 16

Strafverfolgung

Die Strafverfolgung obliegt den Kantonen.

3.6

6. Abschnitt: Unterstützung juristischer Personen des Privatrechts

Art. 17 Mit Artikel 17 wird die Rechtsgrundlage für eine Beteiligung des Bundes an der Stiftung «Safety in adventures» geschaffen46. Eine gesetzliche Grundlage ist gemäss herrschender Lehre und Praxis47 erforderlich, wenn die Eidgenossenschaft sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Form der juristischen Person des privaten Rechts bedienen will. Mit der Umschreibung des Zwecks wird das Engagement des Bundes inhaltlich begrenzt.

Da seinerzeit die Gründung der Stiftung «Safety in adventures» als dringlich erachtet wurde und es für deren Akzeptanz von entscheidender Bedeutung war, dass der Bund von allem Anfang an mitwirkt, beschloss der Bundesrat am 16. Juni 2003 die Stiftung auch ohne klare formellgesetzliche Grundlage mitzugründen und für das Stiftungskapital eine Sacheinlage von 50 000 Franken aufzubringen. Mit der vorliegenden Norm steht dem Bund grundsätzlich auch die Möglichkeit offen, sich an andern juristischen Personen zu beteiligen, sofern sich dies als notwendig erweisen sollte.

46 47

Vgl. hierzu auch die Hinweise in Ziff. 2.5 Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zürich/St.Gallen 2006, Rz. 1509; Pierre Moor, Droit administratif, volume III, Bern 1992, S. 153 mit Hinweis auf S. 149 f.; sowie aus der Praxis: Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 über Massnahmen zur zivilen Friedensförderung und Stärkung der Menschenrechte (SR 193.9)

6041

3.7 Art. 18

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Vollzug

Die Kantone vollziehen das Gesetz. Sie bestimmen die für die Erteilung, die Erneuerung oder den Entzug der Bewilligung zuständigen Abgabestellen. Der Rechtsweg gegen die Verweigerung oder den Entzug einer Bewilligung richtet sich nach kantonalem Recht.

Absatz 2 stellt klar, dass die für die Ausführung des Gesetzes erforderliche Rechtsetzung dem Bundesrat vorbehalten ist und nicht den Kantonen überlassen wird. Der Bundesrat wird mit dem Erlass der Ausführungsbestimmungen auch gesetzesvertretendes Recht erlassen müssen. Dies vor allem im Bereich der Regelung der Bewilligungsvoraussetzungen.

Art. 19

Übergangsbestimmungen

Übergangsrechtlich ist vorgesehen, Bewilligungen, die auf Grund bisherigen kantonalen Rechts ausgestellt worden sind, bis zu ihrem Verfall, längstens aber für zwei Jahre als gültig zu erklären. Damit kann eine zeitlich sinnvolle Staffelung erreicht und der administrative Aufwand reduziert werden. Verschiedene Kantone sehen zurzeit eine Bewilligung vor. Die Bewilligungsdauer ist je nach Kanton unterschiedlich geregelt. Im Kanton Wallis werden die Bewilligungen auf ein Jahr ausgestellt, während für bewilligungspflichtige Aktivitäten im Kanton Graubünden grundsätzlich eine unbefristete Bewilligung vorgesehen ist. Es braucht daher eine Obergrenze für die zeitliche Gültigkeitsdauer der kantonalen Bewilligungen.

Absatz 2 legt fest, dass Bergführer bzw. Bergführerinnen und Schneesportlehrer bzw. Schneesportlehrerinnen, die beim Inkrafttreten des Gesetzes ohne kantonale Bewilligung tätig sind, innert sechs Monaten beim Wohnsitzkanton ein Gesuch um eine Bewilligung einzureichen haben. Bis zum Entscheid der kantonalen Behörde können sie ihre Tätigkeit weiter ausüben.

Welche Voraussetzungen in Bezug auf die Sicherheit Anbieter, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits Risikoaktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c bis e anbieten, erfüllen müssen, wird der Bundesrat in der Verordnung regeln müssen (Abs. 3). Im Bereich der Risikoaktivitäten decken die von der Stiftung «Safety in adventures» mit einem Label versehenen Anbieter derzeit rund 60 Prozent des Marktes ab. Der Bundesrat wird diesem Umstand beim Erlass des Verordnungsrechts entsprechend Rechnung tragen und den mit einem Label versehenen Unternehmen eine angemessene Frist einräumen, bis sie um eine Bewilligung nachsuchen müssen.

Art. 20

Referendum und Inkrafttreten

Das Gesetz wird in Kraft treten können, wenn die entsprechenden Ausführungsvorschriften des Bundesrates erlassen sind. Es rechtfertigt sich daher, dem Bundesrat die Kompetenz zur Bestimmung des Inkrafttretens zu übertragen.

6042

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

4.1

Auf den Bund

Die Vorlage wird weder finanzielle Mehraufwendungen mit sich bringen noch personelle Auswirkungen haben. Der Vollzug liegt vollumfänglich bei den Kantonen.

4.2

Auf die Kantone

Die Kantone müssen für das Bergführerwesen und sonstige dem Geltungsbereich des Gesetzes unterstellte Aktivitäten eine Bewilligung ausstellen. Es handelt sich dabei um gewöhnliche Polizeibewilligungen, bei welchen der Verwaltungsaufwand überschaubar ist. Der Bundesrat wird in der Ausführungsverordnung die Gebührenhöhe festlegen und sich dabei am Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip orientieren. Das heisst, mit den Einnahmen sollten auch die Kosten für die Ausstellung der Bewilligung gedeckt werden können.

Es ist davon auszugehen, dass die bestehenden Bewilligungsbehörden den je nach Kanton anfallenden Mehraufwand ohne Weiteres abdecken können. In der Schweiz gibt es circa 1400 Bergführer und Bergführerinnen. Gut 90 Prozent üben ihren Beruf regelmässig aus, womit zu erwarten ist, dass sie um eine Bewilligung nachsuchen werden. Sehr viele sind in den Kantonen Bern und Wallis aktiv. Beide Kantone kennen bereits heute eine staatliche Bewilligungspflicht. Ähnlich verhält es sich bei den Schneesportberufen. Nach Angaben des zuständigen Verbandes wird mit ca.

5000­6000 Personen zu rechnen sein, die um eine staatliche Bewilligung nachsuchen werden. Gut ein Drittel sind im Kanton Wallis tätig und müssen dort schon heute um eine Bewilligung nachsuchen. Der überwiegende Teil der übrigen Schneesportlehrer und -lehrerinnen arbeitet in den Kantonen Bern und Graubünden, beides Kantone, die sich mit bewilligungspflichtigen Bergsportaktivitäten auskennen. Bei den Anbietern oder Anbieterinnen der übrigen dem Gesetz unterstellten Risikoaktivitäten ist von rund 34 Betrieben auszugehen, die bereits heute Aktivitäten anbieten.

Ein zusätzlicher Aufwand ergibt sich allenfalls dann, wenn in bestimmten Fällen die Gewähr für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten nicht gegeben scheint. In diesen Fällen haben die Kantone die Pflicht, nähere Abklärungen zu treffen und gegebenenfalls einzuschreiten. Der Aufwand für die Bewältigung dieser Fälle ist kaum zu beziffern, da Vergleichswerte fehlen. Entsprechende Pflichten der Kantone können sich aber auch bereits vor Erlass des Gesetzes aufgrund der zivil- oder strafrechtlichen Verantwortlichkeit ergeben, die die Anbieter entsprechender Aktivitäten trifft.

Bei der Erteilung von Bewilligungen steht es den Kantonen schliesslich frei, sich mittels Konkordaten oder Vereinbarungen
für den Vollzug des Gesetzes zusammenzuschliessen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Kantone beratende Kommissionen einsetzen, die das der Verwaltung fehlende Wissen für den Vollzug des Gesetzes bereitstellen.

6043

5

Verfassungsmässigkeit

Der Bund kann gestützt auf seine Kompetenz zur Regelung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (Art. 95 der Bundesverfassung; BV48), des Schutzes der Konsumentinnen und Konsumenten (Art. 97 BV) sowie der Berufsbildung (Art. 63 BV) das Bergführerwesen, das Schneesportwesen und das kommerzielle Anbieten von Risikoaktivitäten regeln. Das Gesetz stützt sich auf diese Normen. Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind die wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen, wozu auch die Bestimmungen über Rechte und Pflichten von Personen gehören, auf Stufe Gesetz zu regeln.

48

SR 101

6044