Bundesgesetz über das Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten

Entwurf

vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 63 Absatz 1, 95 und 97 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 27. März 20092, und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 26. August 20093, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für gewerbsmässig angebotene Risikoaktivitäten im gebirgigen oder felsigen Gelände und in Bach- oder Flussgebieten, wo:

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a.

Absturz- oder Abrutschgefahr oder ein erhöhtes Risiko durch anschwellende Wassermassen, Stein- und Eisschlag oder Lawinen besteht; und

b.

zur Begehung besondere Kenntnisse oder besondere Sicherheitsvorkehren erforderlich sind.

Diesem Gesetz sind unterstellt: a.

die Tätigkeit als Bergführer oder Bergführerin;

b.

die Tätigkeit als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerinnen ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen;

c.

Canyoning;

d.

River-Rafting und Wildwasserfahrten;

e.

Bungee-Jumping.

Der Bundesrat kann weitere vergleichbare Risikoaktivitäten diesem Gesetz unterstellen; er orientiert sich dabei an den objektiven Gefahren, mit denen bei diesen Aktivitäten zu rechnen ist.

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SR 101 BBl 2009 6013 BBl 2009 6051

2009-1883

6045

Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten. BG

Art. 2

Sorgfaltspflichten

Wer eine diesem Gesetz unterstellte Aktivität anbietet, muss die Massnahmen treffen, die nach der Erfahrung erforderlich, nach dem Stand der Technik möglich und nach den gegebenen Verhältnissen angemessen sind, damit Leben und Gesundheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht gefährdet werden.

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2

Er oder sie muss insbesondere: a.

die Kundschaft über die besonderen Gefahren aufklären, die mit der Ausübung der gewählten Aktivität verbunden sein können;

b.

überprüfen, ob die Kundschaft über ein ausreichendes Leistungsvermögen verfügt, um die gewählte Aktivität auszuüben;

c.

sicherstellen, dass das Material mängelfrei ist und die Installationen in einem guten Zustand sind;

d.

die Wetter und Schneebedingungen überprüfen;

e.

sicherstellen, dass das Personal ausreichend qualifiziert ist;

f.

sicherstellen, dass entsprechend dem Schwierigkeitsgrad und der Gefahr genügend Begleiterinnen und Begleiter vorhanden sind;

g.

Rücksicht auf die Umwelt nehmen und namentlich die Lebensräume von Tieren und Pflanzen schonen.

2. Abschnitt: Bewilligung Art. 3

Bewilligungspflicht

Wer eine diesem Gesetz unterstellte Aktivität anbietet, braucht eine Bewilligung.

Art. 4 1

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4

Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen

Bergführer und Bergführerinnen erhalten eine Bewilligung, wenn sie: a.

«Bergführer/Bergführerin» mit eidgenössischem Fachausweis nach Artikel 43 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20024 sind oder einen gleichwertigen in- oder ausländischen Fähigkeitsausweis erworben haben; und

b.

Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten;

Der Bundesrat regelt: a.

die Anerkennung in- oder ausländischer Fähigkeitsausweise;

b.

welche Risikoaktivitäten auch Bergführer und Bergführerinnen als Einzelpersonen anbieten dürfen.

SR 412.10

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Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten. BG

Art. 5

Bewilligung für Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerinnen

Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen erhalten eine Bewilligung für das Führen von Gästen ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen, wenn sie:

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a.

«Schneesportlehrer/Schneesportlehrerin» mit eidgenössischem Fachausweis nach Artikel 43 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20025 sind oder einen gleichwertigen in- oder ausländischen Fähigkeitsausweis erworben haben;

b.

Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.

Der Bundesrat regelt die Anerkennung in- oder ausländischer Fähigkeitsausweise.

Art. 6

Bewilligung für Anbieter von Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e

Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e anbieten, erhalten eine Bewilligung, wenn sie:

1

2

a.

für die Durchführung der entsprechenden Aktivitäten zertifiziert sind;

b.

Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.

Der Bundesrat regelt die Mindestanforderungen an die Zertifizierung.

Art. 7

Erteilung und Erneuerung der Bewilligung

Die kantonale Behörde am Wohnsitz oder Sitz des Bewerbers oder der Bewerberin erteilt die Bewilligung.

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2

Erneuerungen von Bewilligungen erfolgen in einem vereinfachten Verfahren.

Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen wird erneuert, wenn diese die Voraussetzungen nach den Artikeln 4 und 5 erfüllen und eine angemessene Weiterbildung nachweisen können.

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Der Bundesrat erlässt die näheren Vorschriften über die Erteilung und Erneuerung der Bewilligung, insbesondere auch über die Erteilung und Erneuerung von Bewilligungen an Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland.

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Art. 8 1

Wirksamkeit der Bewilligung

Die Bewilligung einer kantonalen Behörde gilt für das ganze Gebiet der Schweiz.

Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen ist persönlich und nicht übertragbar.

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Die Zuständigkeit der Kantone zur Überprüfung der Sicherheit beim Aufstellen und beim Betrieb von stationären Einrichtungen für die Ausübung von Risikoaktivitäten bleibt vorbehalten.

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SR 412.10

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Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten. BG

Art. 9

Geltungsdauer der Bewilligung

Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen gilt vier Jahre.

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Die Bewilligung für Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e anbieten, gilt zwei Jahre.

2

Für Bewilligungen für Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland kann eine kürzere Gültigkeitsdauer vorgesehen werden.

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Art. 10

Entzug der Bewilligung

Die kantonale Behörde entzieht die Bewilligung, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung nicht mehr erfüllt sind.

Art. 11

Gebühren

Die Kantone erheben für die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Bewilligung Gebühren.

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2

Der Bundesrat regelt die Höhe der Gebühren.

Art. 12

Auskunft

Dritte erhalten von der kantonalen Behörde auch ohne Nachweis eines berechtigten Interesses Auskunft, ob eine Person über eine Bewilligung verfügt.

3. Abschnitt: Versicherungs- und Informationspflicht Art. 13 Wer eine Bewilligung nach diesem Gesetz hat, muss für die Ausübung der bewilligten Tätigkeiten eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit seiner Tätigkeit verbunden sind, abschliessen oder eine gleichwertige finanzielle Sicherheit erbringen sowie seine Gäste sowie Kunden und Kundinnen informieren.

1

Der Bundesrat regelt die Mindesthöhe der Versicherungssumme und die Anforderungen an gleichwertige Sicherheiten.

2

Minderheit (Leutenegger Oberholzer, Daguet, Jositsch, Sommaruga Carlo, Thanei, Vischer, Wyss Brigit) Der Bundesrat regelt die Mindesthöhe der Versicherungssumme, die Anforderungen an gleichwertige Sicherheiten sowie die geeignete Information der Kundinnen und Kunden.

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Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten. BG

4. Abschnitt: Kantonale Einschränkungen für den Zugang zu bestimmten Gebieten Art. 14 Die Kantone können den Zutritt zu bestimmten Gebieten verbieten, namentlich wenn dies aus Gründen des Natur- oder Gewässerschutzes geboten ist.

5. Abschnitt: Strafbestimmungen Art. 15 1

Übertretungen

Mit Busse bis zu 10 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben macht, um eine Bewilligung zu erhalten;

b.

ohne Bewilligung als Bergführer oder Bergführerin oder als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerin tätig ist oder Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e anbietet.

Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 5000 Franken.

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Art. 16

Strafverfolgung

Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

6. Abschnitt: Unterstützung juristischer Personen des Privatrechts Art. 17 Der Bund kann juristische Personen des Privatrechts gründen, finanziell unterstützen oder sich an solchen beteiligen; sie müssen zum Zweck haben, die Sicherheit von diesem Gesetz unterstellten Angeboten durch die Einführung von Sicherheitskonzepten und Sicherheitsüberprüfungen zu verbessern.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 18

Vollzug

Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit es nicht den Bund für zuständig erklärt.

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Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

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Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten. BG

Art. 19

Übergangsbestimmungen

Kantonale Bewilligungen für Bergführer und Bergführerinnen sowie Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen, die aufgrund bisherigen kantonalen Rechts ausgestellt worden sind, bleiben bis zu ihrem Verfall gültig, längstens aber bis zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.

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Personen, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes als Bergführer oder Bergführerinnen oder als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerinnen tätig sind und nicht über eine kantonale Bewilligung verfügen, haben innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkraftreten in ihrem Wohnsitzkanton ein Gesuch um Erteilung der Bewilligung einzureichen.

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Der Bundesrat regelt, ab wann Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c­e anbieten und die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits tätig sind, die Anforderungen nach diesem Gesetz erfüllen müssen.

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Art. 20

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

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Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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