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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Errichtung von Armeekorps.

(Vom 29. Mai 1891.)

Tit.

Seit einer Reihe von Jahren ist die Frage der Errichtung von Armeekorps vom Generalstab, wie von der höhern Truppenführung, eingehend geprüft worden. Diese Studien haben die Ansicht bestärkt und in immer weitere Kreise getragen, daß die Aufstellung von Armeekorps im Kriegsfalle ganz unvermeidlich sei.

Unsere jetzige strategische Einheit, die Armeedivision, ist mit allen Hülfsanstalten zu selbstständiger Operationsfàhigkeit derart ausgerüstet, wie sie in andern Armeen nur den Armeekorps zukommen. Dadurch hat unsere Armeedivision wohl die Schwerfälligkeit eines Armeekorps, aber nicht einmal die Hälfte seiner Gefechtskraft. Die Einführung eines Armeekorpsverbandes setzt an die Stelle der komplizirten Führung der Armeedivision eine zweckmäßige Arbeitstheilung : Das Armeekorpskommando übernimmt hauptsächlich die s t r a t e g i s c h e Führung der beiden zu einem Armeekorps vereinigten Divisionen, die strategische Aufklärung und die Verwendung der übrigen Korpstruppen ; den Kommandanten der von den schweren Fuhrwerkskolonnen entlasteten und dadurch viel beweglicher gewordenen Divisionen bleibt mehr die t a k t i s c h e Führung dieser Gefechtskörper.

Durch die Errichtung von Armeekorps wird aber nicht nur die Führung der bisherigen Divisionen vereinfacht, sondern es wird auch eine wirksamere Verwendung eines Theiles der den Divisionen

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zugetheilteu Truppen gesichert. Die Zutheilung aller Kavallerie zu den Divisionen ist eine Kraftzersplitterung, welche die Lösung ihrer Hauptaufgabe der strategischen Aufklärung unmöglich macht. Im Armeekorpsverband werden je 2 Regimenter zu einem kräftigern Körper unter einheitlicher Leitung vereinigt. Ebenso wird das Ausscheiden eines Theiles der Divisionsartillerie und die Formirung einer Korpsartillerie eine den jeweiligen umständen entsprechende Verwendung der Artillerie wesentlich begünstigen und der hohem Leitung in dieser Richtung größere Freiheit gewähren. Aehnlich verhält es sich in Bezug auf die Genie-, die Sanitäts- und Verpflegungstruppen, wobei unter Andern) zu bemerken ist, daß die jetzigen Divisionsbrückentrains bald zu klein waren, einen größern Fluß zu überbrücken, bald umgekehrt sich als ein überflüssiges Hemmniß für die Bewegungen der Division erwiesen.

Es wird aber auch die Führung der gesamraten Armee an Kraft und Einfachheit wesentlich gewinnen, wenn der Oberbefehlshaber nur noch vier Hauptglieder zu leiten hat, anstatt deren acht.

Auch dürfte in's Gewicht fallen, daß sich in unserm Milizheere leichter vier zur Führung selbstständiger, strategischer Einheiten befähigte Führer finden werden, als doppelt so viele.

Endlich wird die Zusammenstellung von Truppeneinheiten je zweier Divisionen in neue Verbände vielerorts eine Reduktion der Stäbe und der Rekrutirung dieser Truppen gestatten, welche unserer Hauptwaffe, der Infanterie, in nicht geringem Maße zu Statten kommen werden.

Wenn es aber keinem Zweifel unterliegt, daß im Kriegsfalle die Errichtung von Armeekorps sich als ein unabwendbares Bedürfniß erweisen wird, so ergibt sich die Nothwendigkeit von selber, diese Organisation schon im Frieden zu schaffen. Es genügt nicht, die neuen Formationen vorzubereiten und die nöthigen Stäbe zu ernennen. Wenn der Arrneekorpsverband im Kriege richtig funktioniren soll, muß die gesammte Armeekorpsorganisation schon im Frieden in's Leben gerufen werden und bei den Friedensübungen in Thätigkeit kommen.

In dem Gesetzesentwurfe, den wir Ihnen zu unterbreiten uns beehren, sehen wir daher die sofortige definitive Errichtung von vier Armeekorps vor.

Dabei haben wir indessen noch Folgendes zu bemerken. Die Verschiebungen und Zusammenstellungen einzelner Truppenkörper, welche mit der Bildung von Armeekorps verbunden sind, werden eine theihveise Revision der Vorarbeiten für die Mobilisirung und

106 die Aufmärsche der Armee zur Folge haben. Diese Revisionaarbeiten werden von unserem Generalstabe kaum in kürzerer Zeit, als binnen einem Jahre bewältigt werden können. Sie können aber nicht begonnen werden, bevor jene Neuformationen festgestellt sind. Einer solchen Beschlußfassung werden jedoch noch eingehende Untersuchungen vorangehen müssen, und wir schlagen daher, damit nicht eine vielleicht kostbare Zeit verloren gehe, in Artikel 3 unseres Entwurfes vor, es sei der Bundesrath ermächtigt, die nöthigen Aenderungen in der Zusammensetzung jener Truppenkörper auf dem Verordnungswege zu reguliren.

Dem Bundesrath wird unseres Erachtens eine solche Befugniß um so eher eingeräumt werden können, als sich bei der nahe bevorstehenden Gesammtrevision der Militärorganisation Gelegenheit finden wird, auch diese Verhältnisse gesetzlich zu ordnen.

Schließlich erwähnen wir noch, daß für den Fall einer allgemeinen Mobilmachung vor dem Abschluß der oben erwähnten Kriegsvorbereitungen uns bereits eine Verordnung vorliegt, welche die Mobilisirung und den Aufmarsch der vier Armeekorps auf Grund der b e s t e h e n d e n Vorarbeiten ermöglicht.

Wir empfehlen Ihnen den mitfolgenden Gesetzesentwurf zur Annahme und benutzen im Uebrigen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. Mai 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Errichtung von Armeekorps.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes, vom 29. Mai 1891, beschließt: Art. 1. Aus den Truppen der 8 Armeedivisionen werden 4 Armeekorps gebildet.

Art. 2. Ein Armeekorps besteht aus dem Armeekorpsstab, zwei Divisionen, der Kavalleriebrigade, der Korpsartillerie, |dem Korpspark, dem Brückentrain, der Telegraphenkompagnie, den Sanitäts- und Verpflegungsanstalten des Armeekorps.

Art. 3. Der Stab des Armeekorps wird gemäß der diesem Gesetze beigefügten Tafel gebildet.

Die neu aufzustellenden Truppenverbände werden aus den entsprechenden Einheiten der beiden zum Armeekorps vereinigten Divisionen gebildet.

Der Bundesrath ist befugt, durch Verordnung je nach Bedürfniß Aenderungen in der Zusammensetzung dieser Verbände und ihrer Stäbe vorzunehmen.

108 Art. 4. Die Kommandanten der Armeekorps werden vom Bundesrathe frei aus den höheren Offizieren gewählt, die Kommandanten der Divisionen auf den unverbindlichen Vorschlag einer Kommission, welche unter dem Vorsitze des Chefs des Militärdepartements aus den Armeekorpskommandanten, den vier Waffenchefs und dem Chef des Stabsbüreau besteht.

Art. 5. Die Bestimmungen der Militärorganisation vom 13. November 1874, welche mit gegenwärtigem Bundesgesetze in Widerspruch stehen, werden aufgehoben.

Art. 6. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Stab des Armeekorps.

l Armeekorps-Kommandant, Oberst-Korpskommandant 4 Reitpferde.

l Stabschef, Oberst 3 ,, 1 II. Generalstabsoffizier, Hauptmann od. Major 2 ,, 2 Adjutanten, l Major, l Hauptmann oder Lieutenant 4 ^ l Artilleriechef, Oberstbrigadier 3 ,, l Adjutant 2 ,, l Geniechef, Oberstlieutenant oder Oberst . 2 ,, l Adjutant 2 ,, l Parkchef, Oberstlieutenant 2 ,, l Adjutant 2 ,, l Trainchef, Oberstlieutenant 2 ,, l Adjutant 2 ,, l Korpsarzt, Oberstlieutenant oder Oberst . l ,, l Adjutant l ,, l Korpspferdearzt, Major oder Oberstlieutenant l ,, l Adjutant l ,, l Korps-Kriegskommissär, Oberstlt. od. Oberst 2 ^ 1 Adjutant, Hauptmann l ,, 2 zugetheilte Verwaltungsoffiziere.

l Feldpostchef, Major.

l Feldtelegraphenchef, Major.

3 Stabssekretäre.

3 Postsekretäre.

1 Traingefreiter.

5 Trainsoldaten.

Total 35 Mann und 37 Reitpferde.

2 l l 4

Stabsfourgons Bagagewagen Feldpostwagen Wagen Beigegeben Va Guidenkompagnie.

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4 Zugpferde.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Errichtung von Armeekorps. (Vom 29. Mai 1891.)

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1891

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10.06.1891

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