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Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. V.

Nr. 49.

# S T #

2. Dezember

1891.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Oktober 1891.

(Vom 24. November 1891.)

Tit.

Unterm 10. April abhin haben Sie ein neues Zolltarifgesetz vereinbart und dessen Veröffentlichung im Sinne der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17.-Juni 1874 angeordnet.

Diese Veröffentlichung erfolgte am 15. April 1891 (s. Bundesblatt von 1891, Bd. l, Seite 1036 ff.); die Einspruchsfrist lief mit dem 14. Juli ab.

Innert dieser Frist langten aus 15 Kantonen Referendumsbegehren ein, welche nach einer durch das statistische Bureau vorgenommenen Prüfung 51,564 gültige und 742 ungültige Unter·sehriften enthielten. 38 gleichartige Begehren mit zusammen 856 Unterschriften konnten, weil zu spät eingelangt, nicht mehr berücksichtigt werden.

Diese sämmtlichen Unterschriften vertheilen sich auf die einzelnen Kantone wie folgt :

Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. V.

35

522

Kantone.

1 1

i i ;

j i ', ' } i j '

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz . . .

Obwalden Nidwaiden Glarus . .

Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen .

Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh.

St. Gallen Graubünden .

Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

GUItlge Unterschriften.

Ungültige Unterschriften.

952 3,936 362

38 89 1

Zu spät eingelangte Unterschriften.

145 75

21

. . .

-- . . .

3,155 845 98

. . .

. .

. . .

140

17 3

52 26

45 367

1

192

336 39 '6,927 5,757 1,739 14,898 12,008

6 30 193 10 16 120 78

94 110

51,564

742

856

. . .

. . .

22

119 ,,

--

Hiernach war die verfassungsmäßig geforderte Anzahl von Unterschriften vorhanden, und wir hatten demgemäß die Volksabstimmung anzuordnen.

Wir beschlossen, dieselbe auf den 18. Oktober 1891 anzusetzen.

Mittlerweile hatten Sie einen andern Beschluß gefaßt, welcher schon seiner Natur nach der Abstimmung des Volkes zu unterstellen war.

523 Sie beschlossen nämlich unterm 29. Juli 1891 eine Revision von Art. 39 der Bundesverfassung im Sinne der Uebertragung des ausschließlichen Rechtes zur Ausgabe von Banknoten an den Bund.

Der daherige Beschluß lautet in extenso, wie folgt: ,,Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. Dezember 1890; .

in Anwendung der Art. 84, Art. 85, Ziffer 14, und Art. 118 der Bundesverfassung, beschließt : Art. 1. Artikel 39 der Bundesverfassung wird aufgehoben und an seine Stelle,folgender Artikel gesetzt: Art. 39.

Das Recht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen steht ausschließlich dem Bunde zu.

Der Bund kann das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben, oder es, vorbehaltlich des Rückkaufsrechtes, einer zu errichtenden centralen Aktienbank übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird.

Die mit dem Notenmonopol aur-geslattete Bank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern.

Der Reingewinn der Bank über eine angemessene Verzinsung, beziehungsweise eine angemessene Dividende des Dotations- oder Aktienkapitals und die nöthigen Einlagen in den Reservefonds hinaus kommt wenigstens zu zwei Drittheilen den Kautonen zu.

Die Bank und ihre Zweiganstalten dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

Eine Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen kann der Bund, außer bei Nothlagen in Kriegszeiten, nicht aussprechen.

Die Bundesgesetzgebung wird über den Sitz der Bank, deren Grundlagen und Organisation, sowie über die Ausführung dieses Artikels überhaupt das Nähere bestimmen.

Art. 2. Vorstehender Bundesbeschluß wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterstellt."

Wir beschlossen, die Abstimmung über diese Vorlage auf den gleichen Tag, d. h. auf den 18. Oktober, anzuberaumen.

524 Aus einer Prüfung der über diese Abstimmung eingelangten Berichte ergibt sich, daß die Betheiligung eine stärkere war, als in einer Reihe unmittelbar vorhergegangener Abstimmungen, indem von 654,372 Stimmfähigen etwas über 400,000 an der Abstimmung Theil nahmen.

Das Nähere erhellt aus nachstehender Tabelle: I. Für und gegen die Revision des Art. 39 der Bundesverfassung haben gestimmt mit: Ja.

Kantone.

Zürich Bern . . . . .

Luzern Uri Schwyz Obwalden . . .

Nidwaiden . . .

Glarus Zug Freiburg Solothurn . . .

Baselstadt . . .

Baselland . . .

Schaffhausen .

Appenzell A.-Rh. .

Appenzell I.-Rh. .

S t . Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau Tessin Waadt . .

Waltig . . . .

Neuenburg . . .

Genf . .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

49,336 37,579 8,023 1,298 2,116 320 580 4,365 1,209 2,891 8,585 4,830 4,984 6,167 6,907 1,233 26,497 6,851 22,497 13,465 3,093 7476 2 277 7,895 1 104 231,578

Nein.

9,668 17,562 4,499 1,245 1,695 1,044 473 1,467 443 13,276 1,916 1,345 2,443 872 2,429 1,449 11,714 7,492 9,967 3,010 9,780 20 260 12 330 9,614 12622 155,615

Bei ungültigen leeren Stimmkarten.

33 257 20 14

6236 i 2195 160 44

29 29 14 165

9 -- 19

29 -- 64

235 151

59 16 12 3 6 68 25 79 8 33 879 21 82

295 103 372 50 867 282 893 239 65 140 49 712 125

525 II. Für und gegen das Zolltarifgesetz mit: Kantone.

Zürich . . .

Bern Luzern Uvi Schwyz Obwalden . .

Nidwaiden . .

Gltu'ds Zu°i Freiburg Solothurn . .

Baselstadt . .

Baselland . .

Schaffhausen .

Appenzell A.-Rh.

Appetiteli I.-Rh.

S t . Gallen . .

Graubünden .

Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg . .

Genf

. .

. .

. .

. .

. .

.

.

.

. .

.

. .

Be!

uiuliltlgen leeren Stimmkarten.

Ja.

Nein.

43 550 34,296 9,949 1,193 1,879 705 674 1,923 1,104 11,356 8,190 4,209 5,258 4,488 6,709 1,417 23,991 9,232 22,631 13,124 499 7,480 5,074 677 396

16386

31

5456

18721 2,342 1 243 1,672 573 346 3,457 438 4,682 2,259 1,663 2,068 2,429 2,295 1,005 10,769 4,857 8964 2,990 11,128 19013 9 315 16,936 13,383

432 25 26

3883 386 107

220,004

158,934

29 3 L6

121 47 620

139 -- 58

364 199 362

LO L3 3 4 >5 !!8 1 8 9 ;!3 2'i5 '12 117

402 224 704 312 3460 533 1723 578 65 2022 225 603

72

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, daß beide Vorlagen angenommen sind, und zwar: 1. die Verfassungsrevision mit einer Mehrheit von 231,578 gegen 158,615 Stimmen und von 12 ganzen und l halben gegen 7 ganze und 2 halbe Stände. (Es haben verworfen Freiburg, Graubünden, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf, Obwalden und Appenzell I.-Rh.); 2. das Zolltarifgesetz mit 220,004 gegen 158,934 Stimmen.

Beschwerden gegen die Abstimmungsresultate sind keine eingelangt. Eine Beschwerde betreffend verspätete Austheilung der Abstimmungsvorlagen in einer Gemeinde des Kantons Luzern hat

526 die Luzerner Regierung, auf unsere Veranlassung hin, iu der Weise erledigt, daß sie der fehlbaren Gemeindebehörde einen Verweis ertheilte und gleichzeitig die bestimmte Erwartung aussprach, daß dieselbe zu ähnlichen Beschwerden keinen Anlaß mehr gebeu werde.

Noch haben wir einer Anregung des Regierungsrathes von Zug Erwähnung zu thun.

Dieser äußert in seinem die Resultate der Abstimmung im Kanton Zug einbegleitenden Schreiben vom 30. Oktober den Wunsch, es möchte, wenn wiederum das Volk gleichzeitig über m e h r als e i n e Vorlage zu entscheiden habe oder ihm m e h r e r e Fragen vorgelegt würden, auf der eidgenössischen Stimmkarte das Ja und Nein je oberhalb des für die Votation bestimmten Raumes -- also zwei, eventuell drei oder noch mehr Male gedruckt werden, und fügt bei, daß dadurch, seiner Ansicht nach, in jenen Fällen, in welchen der Stimmende vorziehe, seine Willensäußerung einfach durch Streichung der .,,Jaa oder ,,Neintt auszudrücken, von vorneherein Zweifel über die Gültigkeit des betreffenden Votums für jede einzelne der zu beantwortenden Fragen nicht aufkommen könnten und das Abstimmungsbüreau nicht in die Lage kommen würde, über diesfalls auseinander gehende Ansichten entscheiden zu müssen, wie solches auch am 18. Oktober, wenn schon nur vereinzelt, vorgekommen sei.

Wir glauben indessen dieser Anregung keine weitere Folge geben zu sollen, da unserer Ueberzeugung nach der von Zug vorgeschlagene Modus, welcher so ganz von den bisherigen, bis jetzt uoch nie beanstandeten Gepflogenheiten abweicht, statt die erhoffte Abklärung zu bringen, eher neue Verwirrung zu stiften geeignet erscheint.

Indem wir uns vorbehalten, das nun vom Volke sanktionirte Zolltarifgesetz auf den uns geeignet scheinenden Zeitpunkt in Wirksamkeit zu setzen, unterbreiten wir Ihnen, die Kevision von Art. 39 der Bundesverfassung betreffend, den hiernach folgenden Beschlussesentwurf zu gutflndender Beschlußfassung.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. November 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

527

(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

die Erwähnung der Volksabstimmung vom 18. Oktober 1891 über die Revision von Art. 39 der Bundesverfassung (Banknotenartikel).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Protokolle betreffend die Sonntag den 18. Oktober 1891 stattgehabte Volksabstimmung über die durch Bundesbeschluß vom 29. Juli 1891 vorgelegte Abänderung von Art. 39 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, nach Einsieht einer Botschaft des Bundesrathes vom 24. November 1891, aus welchen Aktenstücken sich Folgendes ergibt: I. In B e z i e h u n g auf die A b s t i m m u n g des Volkes.

Es haben sich ausgesprochen: Im Kanton

Zürich .

Bern Luzern .

Uri Schwyz .

Obwalden

. . .

. . .

. . .

. . .

üebertrag

FUr Annahme der VorIage m,, Ja>

FUr Verwerfung der Vor,age mlt Neln>

49,336 37,579 8,023 1,298 2,116 320

9,668 17,562 4,499 1,245 1,695 1,044

98,672

35,713

528

Im Kanton Uebertrag Nidwaiden . . .

Glarus . . . . .

Zue *"***& · · · · · Freiburg . . .

Solothurn . . .

Baselstadt . . .

Baselland . . .

Schaffhausen . .

Appenzell A.-Rh. .

Appenzell I.-Rh. .

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau . . .

Tessin . . . .

Waadt . . . .

Wallis . . . .

Neuenburg . .

Genf

Ftlr Annahme der Vor- FUr Verwerfung der Vorlage mit Ja.

läge mit Nein.

98,672 35,713 1 580 473 4,365 1,467 1,209 443 2,891 13,276 8,585 1,916 4,830 1,345 4,984 2,443 6,167 872 6,907 2,429 1,233 1,449 26,497 11,714 6,851 7,492 22,497 9,967 13,465 3,010 3,093 9,780 7,476 20,260 2,277 12,330 7,895 9,614 1,104 12,622 r

231,578

158,615

II. In B e z i e h u n g auf die S t a n d e s s t i m m e n .

Es haben sich ftlr A n n a h m e der Vorlage ausgesprochen folgende Kantone : Zürich Schwyz Schaffhausen Bern Glarus St. Gallen Luzern Zug Aargau ' Uri Solothurn Thurgau (12) , und folgende Halbkantone : Nidwaiden Baselland Baselstadt Appenzell A.-Rh.

(4) das heißt 12 ganze und 4 halbe Stände.

529

Für V e r w e r f u n g dagegen die Kantone: Freiburg Wallis Graubünden Neuenburg Tessin Genf (7) Waadt und die Halbkantone: Obwalden und Appenzell I.-Rh.

das heißt 7 ganze und 2 halbe Stände; erklärt: I. Die mit Bundesbeschluß vom 29. Juli 1891 vorgelegte theilweise Aenderung der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 ist sowohl von der Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger als von der Mehrheit der Kantone angenommen und tritt sofort in Kraft.

II. Demgemäß tritt an die Stelle des Art. 39 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 folgender Artikel :

Art. 39.

Das Recht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen steht ausschließlich dem Bunde zu.

Der Bund kann das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben, oder es, vorbehaltlich des Rückkaufsrechtes, einer zu errichtenden centralen Aktienbank übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird.

Die mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern.

Der Reingewinn der Bank über eine angemessene. Verzinsung, beziehungsweise eine angemessene Dividende des Dotations- oder Aktienkapitals und die nöthigen Einlagen in den Reservefonds hinaus kommt wenigstens zu zwei Dritttheilen den Kantonen zu.

530

Die Bank und ihre Zvveiganstalten dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

Eine Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen kann der Bund, außer bei Nothlagen in Kriegszeiten, nicht ausspreehen.

Die Bundesgesetzgebung wird über den Sitz- der Bank, ·deren Grundlagen und Organisation, sowie über die Ausführung dieses Artikels überhaupt das Nähere bestimmen.

III. Der Bundesrath ist mit der Veröffentlichung und weitem Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Oktober 1891. (Vom 24. November 1891.)

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02.12.1891

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